Støeda 13. listopadu 1872

Stenografická zpráva

o

XIII. sezení prvního výroèního zasedání snìmu èeského od roku 1872, odbývaném dne 13. listopadu 1872.

Stenographischer Bericht

über die

XIII. Sitzung der ersten Jahres=Session des

böhmischen Landtages vom Jahre 1872,

am 13. November 1872.

Pøedseda: Jeho Jasnost nejvyšší maršálek zemský kníže Karel Auersperg.

Pøítomní: Námìstek nejvyššího maršálka Edvard Klaudi a poslancové v poètu k platnému uzavírání dostateèném.

Co zástupce vlády: Jeho Exe. c. kr. místodržitel svob. pán Koller, místopøedseda místodržitelství svob. pán z Riegershofen a místodržitelský rada Dr. Grokmann.

Sezení poèalo o 11 hod. 15 min. dopoledne.

Vorsitzender: Se. Durchlaucht Oberstlandmarschall Fürst Karl Auersperg.

Gegenwärtige: Oberstlandmarschall=Stellvertreter Eduard Claudi und die beschlußfähige Anzahl von Landtags=Abgeordneten.

Am Regierungstische: Se. Erc der Statthalter Freiherr von Koller, der Statthalterei= Vicepräsident Freiherr von Riegershofen und der Statthaltereirath Dr. Grohmann.

Beginn der Sitzung: - 11 Uhr 15 Min. Vormittags.

Oberstlandmarschall: Ich eröffne die Sitzung. Bei Konstituirung der Petitionskommission wurden gewählt: zum Obmann Se. Excell. Oswald Graf Thun, als Stellvertreter Abt Liebsch, als Schriftführer Dr. Alter. Fürst Schönburg hat sich für die heutige Sitzung Wegen dringender Familienangelegenheiten entschuldigt. Für jene Kommission, welche in der geheimen Sitzung von gestern beschlossen wurde, ist die Wahl vollzogen, und zwar aus der Kurie des Großgrundbesitzes wurden bei Abgabe von 51 Stimmzetteln gewählt: Grf. Quido Thun mit 50, Freih. von Mallowetz mit 50, Dr. Weiß mit 49; - aus der Kurie der Städte und Industrialorte bei Abgabe von 35 Stimmzetteln die Herren Dr. Alter, Dr. Haßmann und Dr. Aschenbrenner mit je 35 Stimmen; - aus der Kurie der Landgemeinden bei Abgabe von 26 Stimmen Dr. Klepsch, Dr. Volkelt und Weber mit je 25 Stirnmen. Ich ersuche die Herren, sich als Kommission zu konstituiren und mich vom Resultate in Kenntniß zu setzen. Ich habe dem hohen Hause die Mittheilung zu machen, daß Dr. Roser als krank entschuldigt ist. Dr. Woratschka und Genossen haben folgende Interpellation an Se. Erc. den Herrn Statthalter gestellt:

Ldtg. =Sekretär Schmidt liest: Interpellation an Se. Erc. den Herrn k. k. Statthalter:

In dem zwischen Sr. Majestät dem Kaiser v. Oesterreich und Könige von Ungarn einerseits und Sr. Majestät dem Könige von Sachsen andererseits abgeschlossenen Staatsvertrage ddto. Dresden den 29. September 1869 betreffend die Herstellung von Eisenbahnverbindungen zwischen Komotau und Annaberg über Weipert, Gr. =Schönau und Warnsdorf, endlich von Rumburg über Georgswalde an die Süblausitzer Staatsbahn bei Ebersbach, wurde im Art. 14 festgestellt, in den zu errichtenden Grenzbahnhöfen zu Weipert, Warnsdorf, Georgswalde, Ebersbach und außerdem zu Rumburg kombinirte

Grenzabfertigungsstellen mit gleichen Abfertigungsbefugnissen zu errichten; die näheren Bestimmungen in dieser Beziehung wurden der speziellen Festsetzung durch Beauftragte der beiderseitigen Zollverwaltungen überlassen. In dem über die von den Vertretern der beiderseitigen Zollverwaltungen gepflogenen Verhandlungen aufgenommenen Protokolle ddto. "Rumburg 5. Oktober 1870" ist bestimmt worden, daß von Seite der österr. Zollverwaltungen das Hauptzollamt zweiter Klasse zu Rumburg auf den dortigen Bahnhof verlegt und in Konformität mit dem von der Sächsischen Zollverwaltung beobachteten Vorgange nicht nur mit unbeschränkten Abfertigungsbefugnissen für die Güteranweisung, den Loosungsund Appreturverkehr versehen, sondern auch mit den Verzollungsbesugnissen von Hauptzollämtern 1. Klasse, folglich mit unbeschränkter Verzollungskompetenz, betheilt werden solle. Nachdem in dem bestehenden Aufnahmsgebäude des Rumburger Bahnhofes die für den gemeinschaftlichen Abfertigungsdienst ber zusammenzulegenden Zollämter erforderlichen Lokalitäten nur theilweise eruirt wurden, hat sich die Errichtung eines Zollamtsgebäudes im Bahnhofe zu Rumburg als unumgänglich notwendig herausgestellt. Die böhm. Nordbahn hat durch ihre Vertreter in demselben Protokolle sich bereit erklärt, die für die beiderländischen Zollzwecke notwendigen Baulichkeiten gegen Restitution der erwachsenden Baukosten herzustellen.

Nachdem die zum Auschluße der böhmischen Nordbahn an die Südlausitzer Staatsbahu in Ausführung begriffenen Bahnbauten ihrer Vollendung entgegengehen und diese Bahnlinie im nächsten Frühjahre dem Verkehre eröffnet werden dürfte, zu dieser Zeit sonach auch die kombinirte Grenzabfertigungsstelle am Rumburger Bahnhofe in's Leben treten soll, bisher aber am Rumburger Bahnhofe auch nicht die geringsten Anstalten getroffen werden, um die fùr die beiderseitigen Zollämter nothwendig

befundenen Baulichkeiten herzustellen, obschon die mit der Eröffnung dieser Bahulinie sosort einznführenden kombinirten Grenzabfertigungsstelken für den Handelsverkehr der Stadt Rumburg und Umgebung von der größten Wichtigkeit sind, so erlauben sich die Gefertigten an die hohe Regierung die Anfrage zu stellen, welche Vorkehrungen getroffen werden, um den Bestimmungen des Eingangs erwähnten Staatsvertrages gerecht zu werden und mit der im nächsten Frühjahre zu gewärtigenden Verkehrseröffnung auf der Bahnstrecke Rumburg, Rumburg-Georgswalde, Georgswalde-Ebersbach, Ebersbach-Lobau die kombinirte Zollabfertigungsstelle am Rumburger Bahnhofe in's Leben treten zu lassen.

Prag, am 13. November 1872.

Dr. Woraischka, A. Richter, Dr. Aschenbrenner, Dr. Zintl, Dr. Haßmann, Wenzl, Dr. Alter, Pfeifer, Klepch, Herrmann Adam, Janota, Dr. Klier, Grasse, Pickert, Streernwitz, Hanisch, Ferdinand Lehmann, Forster, Fürth, Bareuther, Friedrich, Schmeykal, Dotzauer.

Oberstlandmarschall: Seine Ercellenz der Herr Statthalter hat das Wort.

Se. Erc. der H. Statthalter: Ich werde die Ehre haben, diese Interpellation in einer der nächsten Sitzungen zu beantworten.

Oberstlandmarschall: In Druck wurde vertheilt:

Ldtgs. -Sekretär Schmidt: Bericht des LandesAusschußes zum zuständigen Berichte der ans dem Landesfoude dotirten landwirthschafilichen Schulen für die Schuljahre 1869-70 und 1870-71.

Antrag des Abgeordneten Dr. Pickert und Genossen, womit die kais. Regierung aufgefordert werde, dem Reichsrathe einen Gesetzentwurf, betreffend die Befreiung der auf dem Prinzipe der Selbsthilfe beruhenden Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften, welche keinen Gewinn aus Geschäften mit Nichtmitgliedern ziehen, von der Erwerb- und Einkommensteuer und Sonstigen Gebühren vorzulegen.

Oberstlandniarschall: Ich frage den Ankragsteller Dr. Pickert, wann er den Antrag zu begründen wünscht ?

Dr. Pickert: Ich erlaube mir das hohe Präsidium zu bitten, den Antrag mit Rücksicht auf die kurze Daner der Session thunlichst bald begründen zu, dürfen.

Oberstlandrnarschall: Ich werde tiesem Wunsche entsprechen. Ich bitte die Petitionen vorzulesen.

Ldtgs. -Sekretär Schmidt: Landtagsabgeordneter. Dr. Pickert unterbreitet das Gesuch des Gabler Lehrervereins um Abänderung der Paragraphe 22 und 88 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse des Lehrerstandes.

Derselbe: Gesuch des Winterberger Lehrervereins in derselben Angelegenheit.

Derselbe: Gesuch des Trantenauer Lehrervereins um Abänderung des §. 22 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse des Lehrerftoudes.

Derselbe: Gesuch des Buchauer Lehrervereins in derselben Angelegenheit.

Oberstlandmarschall: Wurde der Schulkommission zugewiesen.

Abg. Dr. Zintl: Geluch der Theilnehmer des ehemaligen Herschaft Kuttenplaner Kontribuzions-Getreide- und Kontribuzionsgetreide - GeldFondes, wegen Gründung eines Spar- und Vorschußvereins.

Oberstlandmarschall: Wurde der Petizionskommission zugewiesen.

"Ldtgs. -Sekretär Schmidt (liest): Abgeordneter Seidemann überreicht das Gesuch des Gablonzer Lehrervereins um Regelung der Ouinquennalzulagen.

Oberstlandmarschall: Wurde der Schulkommission zugewielen.

Ldtgs. -Sekretär Schmidt (liest): Abg. Dr. Volkelt überreicht das Gesuch der Semiler Bezirksvertretung um Subvention zum Ausbau mehrerer Verbindungsstrassen im Bezirke Semil.

Oberstlandmarschall: Abg. Dr. Volkelt hat um's Wort gebeten; ich ertheile ihm das Wort

Abg. Dr. V o l k e l t: Diese Petition hat einen wesentlich formalen Inhält. Sie geht nämlich darauf hin, daß eine Eingabe, welche von Seite der Bezirksvertretung Semil an den Landesansschuß um Subvention zum Straßenbau gerichtet worden ist, noch im Laufe der jetzigen Landtagssession erledigt werde. Nachdem voraussichtlich im Lause der nächsten Zeit wahrscheinlich an den hohen Landtag berichtet und der Bericht der Budgetkommission zugewiesen wird, der Gegenstand aber wegen der Höhe der Forderung ein eminent finanzieller ist, so glaube ich, wäre es angezeigt, diese Angelegenheit statt dem Petitionsausschuße dem Budgetausschuße zuzuweisen. Ich erlaube mir daher den Antrag zu stellen, daß diese Petition dem Budgetausschußc zugewiesen werde.

Oberstlandmarschall: Wird dieser Antrag unterstützt? (Geschieht). Er ist unterstützt. Wünscht Jemand darüber das Wort? (Niemand meldet sich).

Ich bitte um Abstimmung. Diejenigen, welche dem Antrage zustimmen, bitte ich die Hand zu erheben. (Geschieht. ) Der Antrag ist angenommen.

Ldtgs. -Sekretär Schmidt (liest): Abgeordneter Ritter von Streeruwitz. Gesuch der GemeindeVertretungen von Nemlowitz und Mogolzen, Bezirk Bischosteinitz, um Enthebung von der Konkurrenz zur Krenowa-Putzlitz-Radsteiuer Gemeindestraße.

Derselbe: Gesuch der Teilhaber des Choteschauer Kontributionsgetreidegeldfondes um Zerlegung dieses Fondes in Vorschußkassen der einzelnen Gemeinden.

Oberstlandmarschall: Beide Petitionen werden dem Petitions-Ausschuße zugewiesen. Wir gehen nunmehr zur Tagesordnung über und zwar zum Vortrage des Landesausschußberichtes über die andauernde Uiberfüllung der Landesfindelanstalt und über einige einznführende Reformen der Fintelver-

pflegung. Berichterstatter ist der Landesausschußbeisitzer Dr. Tedesco. Er wird ersucht, den Bericht vorzulesen.

L. =A. =Beisitzer Dr. Tedesco:

Hoher Landtag !

Die böhmische Landesfindelanstalt leidet schon seit einigen Jahren an dem Uebelstande der Ueberfüllung mit Ammen und Säuglingen, hauptsächlich in Folge verminderter Abnahme der Letzteren durch auswärtige Pflegeparteien, einer Kalamität, die sich nicht mir in der rauhen Jahreszeit, sondern selbst auch bei günstigeren, die Zureise der Pflegeparteien vom Lande in die Anstalt weniger behindernden Witterungsverhältnissen fühlbar macht.

Diese Nothlage der Findelanstalt scheint nicht nur permanent sich zu gestalten, sondern droht mit jedem Jahre bedenklichere Dimensionen annehmen zu wollen, falls nicht rasche und durchgreifende Abhilfe geschaffen wird.

Deutlich tritt diese Thatsache zu Tage bei Vergleichung des höchsten und niedrigsten Standes der in der Findelanstalt Versorgten ans dem Jahre 1872 mit dem Jahre 1871.

Der höchste Stand an Kindern hat im Jahre 1871 u. zw. gerade am 31. Dezember, also ohnehin in der ungünstigsten Jahreszeit 125, an Ammen (im März) 102, dagegen im Jahre 1872 an Kindern 175 (im Juli, wo die Landleute durch Feldarbeiten nicht übermäßig beschäftigt zu sein pflegen), an Ammen 142 betragen.

Der niedrigste Stand hat im Jahre 1871 an Kindern 51, an Ammen 40, im Jahre 1872 bisher an Kindern 97 und an Ammen 86, durchschnittlich im Jahre 1872 um 50 Kinder und 45-48 Ammen mehr ausgewiesen als im Jahre 1871, welches Jahr in Bezug auf die Belegverhältnisse der Anstalt ohnehin auch nicht zu den günstigsten zählt.

Es ist übrigens konstatirt, daß auch aus Ortschasten, deren Bevölkerung bisher an der Uibernahme von Findlingen ans der hiesigen Anstalt sich sehr lebhaft betheiligt hatte, der Zufluß von Pflegeparteien nunmehr geradezu stocke.

Bei den beschränkten Räumlichkeiten, die der Findelanstalt theils in dem gemietheten Werr'schen Hause, theils in dem Administrutionsgebände der Irrenanstalt zu Gebote stehen und da in nächster Nähe dieser Gebäude keine weiteren, zur Unterbringung einer bedeutenderen Zahl von Ammen und Säuglingen passenden Lokalitäten aufzufinden sind, macht sich der Uibelstand der Anhäufung von Verpflegten in der Anstalt zu um so größerem Nachtheile für die Gesundheit derselben geltend, - ganz abgesehen von dem unverhältnißmäßig steigenden Regieanfwande der Anstalt.

Die Gewährung von Reisekostenpauschalien an die sich meldenden Pflegeparteien, die erwirkte Begünstigung der unentgeltlichen Rückfahrt der Pflegeparteien im Falle der Benützung der Eisenbahnverbindungen auch auf der Herreise, die Zu-

sicherung von Prämien nach dem 6. und 10. Lebensjahre des Pfleglings im Falle dessen sorgsamer Erziehung, - all' dies hat sich als bloßes Palliatwmittel erwiesen, welches erst bei radikaleren, die häufigere Abnahme von Findelkindern in auswärtige Pflege in umfassendster Weise fördernden Maßregeln nebenbei auch einen allgemeineren Erfolg versprechen könnte.

Als ein derartiges radikal wirkendes Mittel gegen die stetige Ueberfüllung der Findelanstalt wurde bereits wiederholt die Erhöhung der an die Pflegeparteien zu zahlenden Verpflegsgebühren bezeichnet.

Da die Uiberfüllung der Findelanstalt im Laufe dieses Jahres einen Grad erreichte, der für die Zukunft ernstliche Besorgnisse hervorruft, so erneuerten der Findelanstaltsprimärarzt Dr. von Ritter und die k. k. Krankenhaus=Direktion die diesbezüglichen Vorschläge und begründeten dieselben in ausführlicher Weise, wobei sie namentlich auf die erhöhten Gebühren in anderen Kronländern, besonders in Niederösterreich, und auf die Rückwirkung derselben auf Böhmen hinwiesen.

Uiber das Maß der Erhöhung und die Art der Durchführung stellten sowohl Professor Ritter als auch die Krankenhaus=Direktion und die Landesbuchhaltung von einander nicht unbedeutend abweichende Anträge.

Der Findelprimärarzt hatte jedoch in einem weiteren Berichte eine zweite, mit dem Zwecke der Beseitigung des Anhäufens von Ammen und Säuglingen in der Findelanstalt im Zusammenhange stehende Maßregel in Antrag gebracht: Die Gestaltung der unbedingten Eigenübernahme der Findlinge durch ihre eigenen Mütter überhaupt, dann die bedingungsweise Gewährung von Subventionen an derlei Mütter.

Auch hierüber erstattete die Krankenhaus= Direktion ein zur Gänze befürwortendes Gutachten, während die Gebär- und Findelanstaltsverwaltung diesfalls einen im Wesen zwar gleichen, in einzelnen Durchführungsmodalitäten jedoch differirenden separaten Antrag dem Landesausschuße vorlegte.

Da nun über die beiden obangeführten Fragen die einzelnen Vorschläge unter einander nicht übereinstimmten und überhaupt auch mit Rücksicht auf die besondere Tragweite dieses Gegenstandes für das Wesen der Findelverpflegung selbst wie für die Finanzen des Landes, beschloß der Landesausschuß, die Angelegenheit früher noch einer internen Kommission behufs Erzielung eines thunlichst einheitlichen Gutachtens zur Vorberathung zuzuweisen und wurden zu dieser Kommission als Mitglieder bestimmt die Herren: MDr. Tedesco (als bezüglicher LandesAusschuß=Referent, zugleich als Vorsitzender der Kommission), JUDr. Waldert, Landesausschußbeisitzer, MDr. Biermann, k. k. Krankenhaus= und zugleich Gebär= und Findelanstalts=Direktor, MDr. Streng und MDr. Ritter von Weber, Gebärhausprimärärzte, MDr. Ritter von Rittershain, Findelhausprimärarzt, Gebär= und Findelanstalts=Verwalter

Jelinek, Buchhaltungs=Rechnungsrath Pechtl und Buchhaltungs=Official Brandeis.

Das Resultat der Kommissionsberathungen, Soweit es dem hohen Landtage zur Kenntniß zu bringen ist, erscheint in den beiliegenden zwei Protokollen vom 25. und 29. Oktober I. J. umständlich niedergelegt und es erlaubt sich der Landesausschuß auf Grundlage dieser Beratung zunächst

A. die Frage der Erhöhung der Verpflegskosten für die in auswärtiger Pflege besindlichen Findlinge zu erörtern und hieran seine Anträge zu knüpfen.

Die Kommission hat die Nothwendigkeit der Erhöhung der Verpflegsgebühren im Principe einhellig anerkannt. Vor der Diskussion über die Art und Weife und das Maß der Erhöhung wurde aber noch die Frage in Erwägung gezogen, ob die Normaldauer der Findelpflege herabzusetzen sei oder nicht.

Gegen die Reduzirung wurde eingewendet, daß ohnehin schon bei der gegenwärtig geltenden Grenze dieser Normaldauer insbesondere der höhere Zweck der Findelpflege, diesen unglücklichen Kindern nicht allein die physische Pflege zu verschaffen, sondern auch für Gewinnung der Grundlagen zur Heranbildung der Findlinge zu brauchbaren Staatsbürgern obzusorgen, sehr unvollständig erreicht werde. Das Opfer, welches man bei noch weiterer Restringirung der Verpflegszeit für die Kinder bringt, Sei dann ein halbes Opfer, geradezu zwecklos dargebracht. Wichtig und besonders rücksichtswürdig sei auch der Umstand, daß gerade während der Periode vom 6. bis zum 10. Lebensjahre des Findlings erfahrungsgemäß in zahlreichen Fällen dadurch, daß das Kind den Pflegeeltern bereits mancherlei Dienste und Aushilfe leisten könne, die gegenseitige Anhänglichkeit zwischen dem Kinde und den Pflegeeltern mächtig gefördert und die immerwährende Eigenübernahme (resp. Adoptirung) des Pfleglings durch die Pflegeeltern hiedurch begünstigt werde. Dem entgegen wurde zu Gunsten der Herabsetzung der Verpflegsdauer auf den Umstand hingewiesen, daß nach den dermaligen Schulgesetzen der Schulbesuch vom erreichten 7. bis zum 14. Jahre dauert; werde nun das Kind nach vollendetem 10. Lebensjahre, also mitten in der Schulpflichtigen Zeit, in die Aufenthaltsgemeinde der Mutter, eventuell die Heimatsgemeinde transferirt, so könne leicht der Uibelstand eintreten, daß das Kind, wenn es bei Pflegeeltern anderer Nationalität sich befand, bei denen es feine Muttersprache zu sprechen gar nicht in die Lage kam, nunmehr nach dem 10. Jahre in seiner neuen Umgebung, besonders in der Schule, in Sprachlicher Hinsicht großen Verlegenheiten und Schwierigkeiten begegnen werde.

Mit Rücksicht auf diese für und gegen die Herabsetzung der Verpflegsdauer vorgebrachten, beiderseits ziemlich gleichgewichtigen Argumente einigte sich schließlich die Kommission für den kombinirten Vorschlag: die normale Verpstegsdauer zwar auf das vollendete 6. Lebensjahr des Findlings herabzusetzen, da-

gegen das Kind jenen Parteien, welche sich verpstichten, dasselbe für immer als eigen zu behalten, bis zum vollendeten 10. Jahre in weiterer entgeltlicher Pflege zu belassen (in ähnlicher Weife, wie dies bei den früher in Uibung gewesenen Verlängerungen der Verpflegskostenzahlung an die Pflegeparteien bis zum 12. Jahre des Findlings gestattet wurde).

Hierauf kam nun die Art und Weise und das Maß der Gebührenerhöhung zur umfassenden Berathung, wobei die Kommission sich in dem Grundsatze einigte, daß das größere Maß der Erhöhung in dem ersten Lebensjahre der Kinder Platz zu greifen habe, weil man dies als das stärkere Anlockungsmittel für Pflegeparteien betrachtete und auch dem Fonde hiedurch Vortheile erwüchsen, indem die Verpflegung einer Amme in der Findelanstalt selbst täglich gegen 80 Kreuzer kostet, während die Pflegeparteien pr. Tag blos 14 kr. gegenwärtig erhalten.

Für das zweite Lebensjahr des Kindes sollte eine mäßigere Erhöhung stattfinden, die dann vom 3. Lebensjahre angefangen abermals ermäßigt bis zum Schluße der Verpflegszeit anzudauern hätte.

Ebenso einigte sich die Kommission auf den Grundsatz, daß die erhöhten Verpflegsgebühren vorderhand nur für die neu in die auswärtige Pflege übergebenen Findlinge Geltung haben sollen.

Auf Grundlage dieser Kommissionsberathung, über welche ausführliche Protokolle vorliegen, beehrt sich der Landesausschuß dem hohen Landtage folgende Anträge zu stellen:

Der hohe Landtag wolle beschließen:

I. Die normale Verpflegsdauer für einen Findling wird auf das vollendete 6. Lebensjahr desselben herabgesetzt. Jenen Pflegeparteien jedoch, welche sich verpflichten, das ihnen übergebene Findelkind für immer als eigen zu behalten, wird die Verpflegsgebühr bis zum vollendeten 10. Lebensjahre des. Kindes auch weiterhin vom Landesfonde geleistet.

IL Für die vom 1. Jänner 1873 an neu in die auswärtige Pflege übergebenen Findlinge werden die Verpflegsgebühren an die Pflegeparteien festgesetzt: im ersten Lebensjahre des Kindes mit monatlichen sechs Gulden, im zweiten Lebensjahre mit monatlichen vier Gulden, vom dritten bis incl. sechsten resp. Zehnten Jahre mit monatlichen drei Gulden ö. W.

Der Mehraufwand in Folge der erhöhten Verpflegsgebühren würde für die gestimmte Verpflegsperiode von 6 Jahren mit 52400 fl., resp. von 10 Jahren im Ganzen mit 68000 fl. betragen, vorläufig jedoch im ersten Jahre der Einführung sich blos circa mit 9300 fl. berechnen und würde demnach weiters beantragt werden, der hohe Landtag geruhe eventuell diesen Mehrbetrag pr. 9300 fl. im Voranschlage für das Jahr 1873 bei der Rubrik "Verpflegskosten für Findlinge außer dem Hause" einzustellen, hingegen bei der Rubrik "Regieauslagen" Subrubrik "Beköstigungsauslagen'' die hiedurch zu gewärtigende Ersparniß pr. 4000 fl. in Abfchlag zu bringen.

Unmittelbar an diese Angelegenheit ist nun vor Allem noch die Erörterung einer zweiten Frage anzureihen, die verhältnißmäßig nicht weniger wichtig und ebenso dringend ist, als jene der Erhöhung der Findelverpflegsgebühren.

Es ist eine bekannte Thatsache, daß die Auslagen in allen Humanitätsanstalten fortwährend steigen; dem entsprechend wurden in allen öffentlichen Krankenanstalten die Verpflegstaren regulirt, beziehungsweise erhöht, eine Solche Erhöhung ist insbesondere auch bei dem Prager k. k. allgem. Krankenhause im Zuge.

Ebenso tritt nun aber die Frage heran, ob nicht auch die Gebärhausverpflegskosten und Findelausnahmstaren entsprechend erhöht werden sollen, umsomehr, wenn der hohe Landtag sich bestimmt fände, die Erhöhung der Findelverpflegsgebühren nach den obigen Anträgen, und hiemit eine namhafte Erhöhung der Findelfondsauslagen zu genehmigen.

Die vorgenannte Kommission zog deshalb auch diese Frage in den Kreis ihrer Erwägung und erkannte einhellig die prinzipielle Notwendigkeit auch diese Gebühren zu erhohen an und sprach sich, was die Gebärhausverpflegskosten betrifft, ebenfalls einstimmig für die Erhöhung in der 3. Klasse auf tägliche 90 kr., in der 2. Klasse auf 1 st. 40 kr. pr. Tag und für Belassung der Tagesgebühr pr. 2 fl. ö. W. in der 1. Klasse aus, nachdem bezüglich der 3. Klasse (die am meisten zu berücksichtigen ist) auf den in der Wiener Gebäranstalt in dieser Klasse dermal gezahlten Betrag pr. 95 kr. täglich und aus den Umstand hingewiesen worden, daß die Differenz zwischen dem in der 3. Klasse der Geheimabtheilung gezahlten Beirage, selbst wenn er von 65 kr. sogar auf 90 kr. täglich erhöht werden möchte, und dem in den Kliniken für einen Tag festgesetzten Verpflegskostenbetrage pr. 52 1/2 kr. noch nicht als ein vollkommenes Acquivalent für den Vortheil, sich den Zwecken des öffentlichen Untenichtes nicht hergeben zu müssen, angesehen werden könne.

Bezüglich der Findelausnahmstaxen wurde deren Erhöhung allgemein als nothwendig und wünschenswerth erkannt und nur in Betreff des Maßes derselben in den einzelnen Klassen der geheimen Abteilung der Gebäranstalt machten sich einigermaßen abweichende Anschauungen geltend, welche, sowie deren Gründe in den Protokollen ersichtlich gemacht sind.

Auf Grundlage dieser Verhandlungen stellt nun der Landesausschuß den Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen:

III.      Vom 1. Jänner 1873 an werben die Verpflegskosten der geheimen Abtheilung der Gebäranstalt festgesetzt: In der 3. Klasse aus 90 kr. pr. Tag, in der 2. Klasse auf 1 fl. 40 kr. pr. Tag, in der ersten Klasse bleiben dieselben unverändert mit 2 fl.

IV.    Gleichermaßen werden die Findelaufnahmstaren festgesetzt: In der 3. Klasse auf 60 fl., in

der zweiten Klasse auf 120 fl., in der ersten Klasse auf 200 fl. ö. W.

In Betreff der Einstellung eines besonderen Betrages an Mehreinnahmen des Fondes in das Budget glaubt der Landesausschuß einen Antrag nicht stellen zu sollen, da sich der finanzielle Erfolg dieser Maßregel für das erste Jahr, wenn auch ein solcher überhaupt mit voller Gewißheit zu erwarten ist, gleichwohl der Ziffer nach dermal auch annäherungsweise nur sehr schwer berechnen läßt.

Was die Eigenübernahme der Findlinge durch ihre eigenen Mütter betrifft, so hat der Findelanstaltsprimärarzt diesfalls zwei Anträge entwickelt:

i. Die unbedingte (unentgeltliche) Eigenübernahme eines Findlings von Seite der eigenen Mutter möge in keinem Falle verweigert werden, wo nicht verbrecherischer Lebenswandel oder Geistesstörung der betreffenden Person diese Uibergabe aus gesetzlichen Gründen unzulässig machen.

2. Es werde die Unterstützung der eigenen Mütter, welche ihr Kind unter Ansprechung dieser Wohlthat übernehmen wollen und können, unter gewissen Bedingungen an der böhmischen Landesfindelanstalt eingeführt.

Zum Antrage ad 1) wurde bemerkt, daß die Fälle der Eigenübernahme seit den letzten Jahren in erfreulicher Weise zugenommen haben; (im Jahre 1867 haben sie 61, 1808 84, 1869 86, 1870 124, 1871 175 und bis incl. September 1872 129 betragen. Vom Rechtsstandpunkte aus könne auch das Recht der eigenen Mutter, ihr Kind wann immer ans der Anstalt zu reklamiren, durchaus nicht bezweifelt werden.

Durch die Entbindung auf der Klinik und die Ammendienste in der Findelanstalt habe die Mutter das Recht erworben, ihr Kind in die unentgeltliche Pflege des Landes zu geben, dies sei aber nicht zugleich auch ihre Pflicht. Es müsse ihr also unbenommen bleiben, ihren erworbenen Rechtsanspruch wann immer aufzugeben und das Kind, mag sie arm sein oder nicht, einfach zu sich zu nehmen. Diese Freiheit konnte sowie die persönliche Freiheit des Staatsbürgers überhaupt nur dann eine Beschränkung erfahren, wenn der Verdacht, daß sie entweder ihrer verbrechetischen Neigung oder ihrer geistigen Unfähigkeit, Idiotie oder sonstiger Geistesstörung wegen das Leben des Kindes gefährden könnte, begründet wäre.

Die Kommission hat den ad 1) entwickelten Antrag im Prinzige einhellig gutgeheißen und wurde noch insbesondere betont, daß eine Restitution des so als eigen übernommenen Kindes prinzipiell als unzulässig erklärt werden und die übernehmende Mutter den Restitutions=Verzichtleistungsrevers jedenfalls ausstellen müßte.

Wichtiger noch und von viel bedeutenderer Tragweite ist der Antrag ad 2) vom Antragsteller der Hauptsache nach damit motivirt, daß abgesehen von der Zuwendung der mütterlichen Pflege und Aussicht, also von dem Gewinne für das Kind be-

züglich seiner Unterhaltung, gewiß auch die Mutterliebe durch das ungestörte Zusammenleben mit dem Kinde, sowie das Streben, für dessen Zukunft vorzusorgen, wachsen, und der Fond eine bessere Verpflegung des Kindes mit geringeren Kosten (da nämlich nach Dr. Ritters Antrage die Subventionen der Mütter die Höhe des Pflegelohnes fremder Pflegeparteien nicht erreichen dürsten), ja mit wirklicher wenngleich spärlicher Entlastung des Fondes erzielen würde, und daß endlich bei dem steigenden Mangel an Pflegeparteren auch auf diese Weise am besten für viele Findlinge vorgesorgt und deren Abgang aus der Anstalt ermöglicht wäre.

Die Kommission empfahl gleichfalls u z.: einhellig die Subventionirung der eigenen Mütter, auch die Ertheilung von Pflegegeldern an die Eltern der Kindesmutter im Principe als eine für das Wohl der Kinder wie für die Landesfinanzen sehr wohltätige Maßregel. Habe in letzter Zeit Schon die unentgeltliche Uibernahme der Kinder durch ihre Mütter zugenommen, um wie viel mehr werde bei Gewährung eines Beitrages an die Mütter die Erziehung der Kinder durch ihre eigenen Mütter - die dies in vielen Fällen lediglich wegen absoluten Mangels jeglicher, wenn auch noch so geringer Unterstützung zu thun außer Stande sind befördert, die Mutterliebe geweckt und gestärkt der Möglichkeit einer besseren Zukunft des Kindes Bahn gebrochen.

Unter den Bedingungen und Modalitäten der Durchführung dieses Grundgesetzes ist die wesentlichste die Frage, in welcher Hohe die Subvention an die Mütter zu leisten ist und wie lange sie dauern solle.

In ersterer Beziehung wurde auch im Schooße der Kommission die gleiche Höhe der Subvention mit den Sonstigen Pflegegebühren aus dem Grunde befürwortet, die Mutter, welche ihr eigenes Kind zu erziehen und zwar sorgfältiger zu erziehen in den Stand gesetzt sein werde, verdiene doch gegenüber der fremden Pflegepartei keine Zurücksetzung; es fei im Interesse des Kindes gelegen, daß dessen Mutter ebenso behandelt werde, wie die Pflegeparteien, zumal ohnehin der Pflegelohn die gesammten Erzichungskosten nicht decke.

Dem gegenüber winde geltend gemacht, es. müsse ein Unterschied zwischen der fremden Pflegepartei und der eigenen Mutter gemacht werden. Die erstere betrachte die Sache doch immer mehr vom Standpunkte eines Verdienstes und der Pflegelohn werde ihr als Entgelt für eine von ihr kontraktlich übernommene Gegenleistung bezahlt. Die Mutter dürfe hieraus kein Geschäft machen, ihre eigene mütterliche Pflege solle und dürfe nicht bezahlt, sondern es solle ihr nur eine Wohlthat gewährt werden, welche ihr die Erhaltung und Erziehung ihres Kindes lediglich zu erleichtern bestimmt ist. Die Subventionirung der Mütter und zwar mit geringeren Beträgen als dem normalen Pflegelohn

sei auch in Frankreich eingeführt worden und habe sich der Erfolg als sehr günstig bewährt.

Anschließend an dieses Gutachten der Kommission beantragt der Landesausschuß, der hohe Landtag wolle beschließen:

I.   Die unbedingte unentgeltliche Eigenübernahme eines Findlings ist der eigenen Mutter über ihr Ansuchen in jedem Falle zu gestatten, wo nicht der begründete Verdacht eines verbrecherischen Lebenswandels oder einer Geistesstörung derselben vorliegt.

II.    Der Landesausschuß wird ermächtiget, Findelkinder auch der eigenen Mutter oder deren Eltern in entgeltliche Pflege unter nachstehenden Bedingungen zu geben:

a)  die Uibergabe kann stets nur über eigenes Verlangen der betreffenden Mutter erfolgen;

b)  dieselbe muß die Fähigkeit, das Kind bei sich zu haben, womöglich selbst zu stillen und es mit Zuhilfenahme der Unterstützung des Landes erhalten zu können, nachweisen;

c)   sie untersteht für die Zeitdaner der Unterstützung der Uiberwachung Seitens der Findelaufsichtsorgane;

d)   die Subvention wird mit zwei Dritteln der entfallenden Pflegegebühren bemessen und nur während der ersten vier Lebensjahre des Kindes ausbezahlt;

e)   eine Restitution des so übernommenen Kindes ist unzulässig.

Obwohl nun der nachfolgend noch berührte Gegenstand mit den vorbesprochenen Angelegenheiten in keinem unmittelbaren Zusammenhange steht, glaubt der Landesausschuß nichtsdestoweniger denselben bei gegenwärtigem Anlasse gleichfalls zur Sprache bringen zu sollen.

Es handelt sich um die zeitgemäße, im Hinblicke auf die dermalige Theuerung und allgemeine Preissteigerung ebenfalls dringend nothwendige Erhöhung der Irrenhausverpflegskosten. Es müssen jedoch diesfalls die eingehenden Erhebungen, die bereits im Zuge sind, zum vollständigen Abschluße gelangen.

Damit nun seinerzeit die ziffermäßig ermittelte Erhöhung der Irrenverpflegsgebühren im Interesse des Fondes thunlichst rasch in's Werk gefetzt werden konnte, erlaubt sich der Landesausschuß den hohen Landtag um die geneigte Ermächtigung zu bitten, die als nothwendig befundene Erhöhung der Irrenverpflegskosten sofort einführen zu dürfen und diese Ermächtigung überhaupt auch für die eventuelle weitere Erhöhung der Gebühren in sämmtlichen Landeshumanitätsanstalten hochgeneigt auszudehnen, damit nicht eine dem Fonde vortheilhafte Maßregel, sobald deren Durchführung sich als nothwendig herausstellen sollte, erst von dem jeweiligen, im Vorhinein nicht bestimmbaren Zusammentreten des hohen Landtages abhängig gemacht werden müßte.

Bezüglich der formellen Behandlung dieses Gegenstandes beantragt der Landesausschuß, diesen

Bericht einer ven den drei Kurien aus dem ganzen Hause zu wählenden Kommission von nenn Mitgliedern zur Vorberathung zuweisen zu wollen. Vom Landesausschuße des Königreiches Böhmen. Prag, am 2. November 1872.

Zemský aktuár Sládek ète: Zemský výbor èiní návrh, aby ráèil slavný snìm zprávu tuto k pøípravní poradì pøikázati devítièlenné komisi každou kurií po tøech èlenech z celé snìmovny zvolené.

Oberstlandmarschall: Wünscht Jemand zu dem Antrage das Wort? Da dies nicht der Fall ist, so schreite ich zur Abstimmung und bitte diejenigen, die für den Antrag stimmen, daß zur Prüfung dieses Gegenstandes eine Kommission von 9 Mitgliedern ernannt werde, die Hand zu erheben. (Geschieht. ) Angenommen. Ich werde bitten, am Schluße der Sitzung die Wahlen vorzunehmen.

Ich erlaube mir der hohen Versammlung mitzutheilen, daß die Kommission, die in der vertraulichen Sitzung am gestrigen Tage gewählt wurde, sich konstituirt hat und zwar wurden gewählt:

Graf Quido Thun als Obmann, als Obmann= Stellvertreter Dr. Haßmann, als Schriftführer Dr. Aschenbrenner.

Ich gehe nun in der Tagesordnung weiter zum 2. Gegenstände: Landesausschußbericht mit dem Gesetzentwürfe betreffs Einführung eines Schulbeitrages aus den in Böhmen vorkommenden Verlassenschaften.

Berichterstatter Landesausschußbeisitzer Dr. Grasse.

Dr. Grasse (liest): Bericht des Landesausschußes mit dem Gesetzentwürfe über die Einführung eines Schulbeitrages aus den im Königreiche Böhmen vorkommenden Verlassenschaften. Hoher Landtag!

Es ist unbestrittene Thatsache, daß die Beitragsleistung zu Volksschulzwecken, zu welchen das Land nach §. 56 des Gesetzes vom 19. Februar 1870 über die Errichtung die Erhaltung und den Besuch öffentlicher Volksschulen verpflichtet ist, den Landesfond im hohen Grade beansprucht.

Soll nicht durch diese in dringenden gesetzlichen Bedürfnissen des Volksschulwesens wohlbegründete Erhöhung der an das Land gestellten Anforderungen immer nur der direkte Steuerträger getroffen werden, so muß dafür gesorgt werden, dem Landesfonde neue Einnahmsquellen zu eröffnen, aus welchen wenigstens theilweise die Mittel zur Bestreitung der Auslagen für das Volksschulwesen zufließen könnten.

Außer dem, daß wegen den in jedem Jahre dem Gesetze gemäß errichteten neuen Schulen die Beitragsquote des Landes an die Schulbezirke zunimmt, weist auch der Lehrerpensionsfond einen Ausfall von 76. 000 nach, welchen nach §. 83 des Gesetzes vom 21. Jäner 1870 über die Regelung der Rechtsverhältnisse des Lehrerstandes ebenfalls der Landesfond zu decken hat.

In diesen Lehrerpensionsfond nun sind feit dem 1. Oktober 1870 nach §. 82 desselben Gesetzes jene Beiträge aus Verlassenschafte geflossen, welche laut Hofdecket vom 1. Dezember 1788 J. G. S. Nr. 926 für den Normalschulkond bestimmt waren.

Die seitdem vollständig veränderten Zeitverhältnisse, namentlich die durch die neuen Schulgesetze so bedeutend vermehrten Bedürfnisse des Volksschulwesens, deren vollständige Befriedigung zum Zwecke einer allgemeinen und erhöhten Volksbildung zur dringenden unabweislichen Notwendigkeit geworden ist, sind gewiß hinreichende Gründe, die durch jene Verordnung normirten Beiträge den Verhältnissen der Gegenwart entsprechend zu regeln.

Diese Beiträge aus den Verlassenschaften betrugen, wenn der reine Nachlaß 300 fl. überschritt, bei dem Prälaten- und Herrenstande vier, bei dem Ritterstande, den Honoratioren und dem Handelsstande zwei, bei dem Stande der Bürger, der Gewerbsleute und den Bauern einen Gulben.

Der Landesausschuß hat nun, um zur Deckung des Schulaufwandes vermehrte Einnahmen zu erzielen, diesen bisher bestehenden Normalschulfondsbeitrag einer Sorgfältigen Revision unterzogen, deren Resultat in der sub % beiliegenden Gesetzvorlage dem hohen Landtage zur Berathung mit dem Antrage unterbreitet wird, der hohe Landtag wolle diese Gesetzesvorlage der bereits am 7. November gewählten aus 15 Mitgliedern bestehenden Schulkommission zur Berathung und Berichterstattung zuweisen.

Zemský aktuár Sládek ète: Zemský výbor èiní návrh, aby slavný snìm tuto pøedlohu zákona pøikázati ráèil školní komisi, již dne 7. listopadu zvolené a z 15 èlenù sestávající, by se o ní uradila a zprávu podala.

Oberstlandmarschall: Wünscht Jemand zu diesem Antrage das Wort? (Niemand meldet sich). Da dies nicht der Fall ist, schreiten wir zur Abstimmung.

Ich bitte Diejenigen, welche diesem Antrage zustimmen, daß nämlich bieser Gegenstand der Kommission, welche schon bestellt ist zur Prüfung der Schulangelegenheiten, zugewiesen werde, die Hand zu erheben. (Geschieht). Der Antrag ist angenommen. Der nächste Gegenstand ist der Landesausschußbericht, betreffend die Befreiung der Offiziale und Assistenten der böhmischen Landeskassa von der Verpflichtung zum Erlage der Dienstkaution. Berichterstatter ist der Landesausschußbeisitzer Ritter von Peche. Ich ersuche den Bericht vorzutragen.

Ritter von Peche: Vor Allem erlaube ich mir dem h. Hause zu bemerken, von der Drucklegung dieses Berichtes im Sinne des §. 50 der Geschäftsordnung Umgang genommen wurde, da dieser Bericht den administrativen Wirkungskreis der h. Landesvertretung berührt und von minderer Wichtigkeit ist. Der Bericht, welcher bereits wiederholt den h. Landtags=Sessionen vorgelegen war und vom 21. Feder 1870 datirt ist, lautet folgendermaßen:

Hoher Landtag ! "Wie bei landesfürstlichen Kassen besteht auch hier die Uibung, daß die Kassabeamten von ihrer ersten Anstellung als Assistenten angefangen Dienstkantionen in dem gleichen Betrage ihres jeweiligen Gehaltes, sei es in Baarem, in Wertheffekten oder hypothekarisch erlegen. Die Erfüllung dieser Verpflichtung machte erfahrungsgemäß den meisten der Angestellten die größten Schwierigkeiten, da dieselben größtentheils vermögenslos gezwungen sind, den Kantionsbetrag oft unter sehr drückenden Bedingungen zu entlehnen, oder zur theilweisen Deckung der Kaution um Gehaltsvorschüsse bittlich zu werden, und so sich gleich am Beginn ihrer Beamtenlaufbahn in Verhältnisse zu stürzen, die mit der Zeit für sie höchst drückend werden, da sie die aufgenommenen Anleihen abzutragen nur sehr selten in der Lage sind und sich aus den Händen gewissenloser Darlehungsgeber zu befreien nimmer vermögen. Gerade bei dem Kassabeamten muß es aber für eine sehr erwünschte ja geradezu unerläßliche Bedingung seines Fortkommens angesehen werden, daß er sich in geordneten Vermögensverhältnissen befindet, auf der einen Seite also oft der Grund und erste Anfang zu höchst mißlichen Verhältnissen des Beamten; entsprechen die Beamtenskautionen anderseits ihrem eigentlichen Zwecke doch nicht, da sie vor Veruntreuung nicht schützen und des verhältnißmäßig mir geringen Betrages wegen vorkommenden Falles höchst selten eine genügende Entschädigung bieten können. Aus diesem Grunde hat auch der alederösterreichische Landtag gelegenheitlich der Organisirung der Landesämter die Verpflichtung der Kassabeamten zum Kautionserlage im Allgemeinen behoben. Soweit zu gehen und sämmtliche Kassabeamten von der Verpflichtung zum Kautionserlage zu befreien, erscheint dem Landesausschuße aber aus obigen Gründen gerade weder nothwendig noch auch angezeigt; um so überflüssiger aber und ganz zwecklos erscheint es, die Kautionsverpflichtung gegenüber den niederen Kassabeamten aufrecht zu erhalten, welche höchst selten oder gar nie in die Lage kommen, mit Geld oder Geldeswerth zu manipuliren. Der Landesausschuß ist somit der Ansicht, daß die Kautionsverbindlichkeit bei den höheren Dienstposten und zwar jenen des Kassadirektors, Kontrolors, Liquidators, der Kassiere und Kassaadjunkten aufrecht zu erhalten wäre, glaubt aber den Antrag stellen zu können, der hohe Landtag wolle beschließen, daß die Landeskassaoffiziale und Kassaoffistenten von der Verpflichtung zum Kautionserlage befreit und die von denselben eingezahlten Kautionsbeträge und Kautionseffekten rückgestallt werden.


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