Støeda 17. dubna 1861

Dr. Brauner: Meine Herren, wie es der Wortlaut meines Auftrags besagt, so geht er dahin, ein Mittelglied zu bilden zwischen Gemeinde und zwischen Landesvertretung; für dieses Mittelglied ist vorgesehen in den Uiberbleibseln unseres früheren kurzen Konstituellen Lebens, in dem provisorischen Gemeindegesetze vom 17. März 1849. Es ist dies das Mittel der Bezirksgemeinden. Es sind nur wenige Gesetzbestimmungen über diese Gemeinden, die so kurz sind, daß ich glaube, anstatt einer eingehenden Erklärung diese Gesetzstellen einfach verlesen zu dürfen. Den Inbegriff sämmtlicher in einem Bezirke liegenden Ortsgemeinden bilden Bezirksgemeinden, und die Bezirkseintheilung fällt mir der untersten politischen Eintheilung zusammen. Die Interessen des Bezirkes werden verwaltet durch einen Bezirksausschuß unter Leitung eines Obmannes. Zur Bildung eines Bezirksausschußes werden die Ausschüße sämmtlicher zu den Bezirken gehörender Ortsgemeinden in den Hauptorten des Bezirkes vom Bezirkshauptmann zusammenberufen, und wählen auch aus ihrer Mitte den Bezirksausschuß.

Es waren wohl schon zur Zeit der Patrimonialjurisdikzion und der nach Domainen und Stadtbezirken sich richtenden Steuerbezirken dermalen, Auslagen unter dem Namen Extra-Auslagen, aber die warenn damals für einen kleinen Bezirk. Ihre Evidenz war eine leichtere und durch den Schutz und die Kontrolle der Kreisämter kamen sie nie dahin, daß dieselben im Allgemeinen zu einer bedeutenden Last angewachsen wären. Erst nach Einführung der landesfürstlichen Behörde im Jahre 1850 und 1851 übergingen diese Interessen und ihre Verwaltung an die Bezirkshauptmannschaft und sodann an die reorganisirten Bezirksamtmannschaften. Bis zum Jahre 1856 hat sich aber ein gewaltiger, man kann sagen, heilloser Mißbrauch in der Einrepartirung und auch in der Verrechnung, besonders in der Evidenz dieser Auslage eingeschlichen. Ich will, meine Herren, kein detailliertes Bild von allen den Uibelständen entwerfen, ich würde nur auf solche Uibelstände übergehen, die analog sind, und die wohl in der Staatswirthschaft von oben unsern Staat an den Abgrund des Verderbens gebracht, so zu sagen seine Existenz in Frage gestellt haben. Es ist wie dort im Großen so hier im Kleinen. Ich will nur einige Daten anführen, bei welchen ich mir, weil sie meist aus Zahlen bestehen, mit ihrer gütigen Erlaubniß meinem Gedächtnisse zu Hilfe kommen muß. Seit der Einführung der k. k. Verwaltungsbehörden wurde nebst den 5 ursprünglichen Rubriken, Hauptrubriken für die Bezirksauslagen, welche darin bestanden: Konservazion der Bezirksstrassen, Sanitäts- und Krankenhauskosten, Konskripzions- und Rekrutirungskosten und anderen verschiedenen Auslagen. Seit dieser Zeit wurden unter der letzten Rubrik auch noch andere bedeutende Auslagen nach den Bezirken umgelegt und zwar nachstehende:

1. Auslagen für Unterstützung der durch Elementarunfälle Verunglückten.

2. Drucksorten.

3. Beiträge zu Handelskammern.

4. Vorspannsauslagen.

5. Todtenbeschaukosten.

6. Kosten der Landesregierungsblätter für die Gemeinden.

7. Gendarmerieauslagen.

8. Gebühren für die Zeitungsinserzionen.

9. Quarteirkosten für die Katastralschätzungsbeamten.

10. Auslagen für die Anschaffungen von Ortschaftstafeln und Hausnummern (Gelächter), wie z. B. die theueren und unleserlichen im Prager Kreise. (Bravo!)

11. Auslagen für die Gesetze.

Diese heillige willkürliche Wirthschaft hat endlich das hohe Ministerium aufgeschreckt, und es hat gefragt, wie ist man im Stande, diese Kontribuens zu erschwingen. Man sah auf Verminderung, auf Sparsamkeit, und eine Mkinisterial-Verordnung vom 17. Februar 1858, hat alle diese letzteren 11 Rubriken von den Bezirksauslagen gestrichen, weil sie entweder Gemeindeauslagen oder ärariscvhen Staatsauslagen, oder kurz Auslagen für andere Konkurrenzen sind, als jene , welche sich für unsere Bezirke eignen. Durch die Statthalterei-Verordnung vom 18. Oktober 1855, 6. März 1857, 28. März 1858, 29. Oktober 1858 wurde die Verwaltung, Verrechnung und Kontrolle der Bezirksumlagen geregelt, die Verwaltung dem Bezirksvorstand, die Verrechnung dem Steueramt, die Kontrolle dem Kreisamt zugewiesen, und die ziffermäßige Revision durch die Staatsbuchhaltung gehandhabt.

Es ist also durch diese Verordnung, und namentlich durch die zuerst zitirte streichende Ministerial-Verordnung um ein Bedeutendes dem Uibel abgeholfen worden. Aber meine Herren, da das Uibel noch heut zu Tage besteht, so erlauben Sie mir, statt mit Worten, ihnen mit wahren Daten, mit Ziffern, für die ich einstehen und Belege liefern kann, zu beweisen.

Von den 207 Bezirken Böhmens, zahlen gegenwärtig an Bezirksumlagen 14 Bezirke keine, weil diese durch die Ersparnisse aus den frühern Jahren gedeckt ist. Meine Herren! in den frühern Jahren, wo eilf unberechtigte Rubriken nebst den fünf berechtigten darin waren, hat man noch Ersparnisse gemacht, Ersparnisse nicht von einigen Hunderten, sondern Ersparnisse von 6 bis 12000 Gulden und diese Ersparnisse, die zu einer Zeit gemacht wirden sind, meine Herren, wo unser Volk das Naztionalanlehen subskribirt hat. Aus diesen Ersparnissen hat man hin und wieder es für bequem gefunden, sogar Kreisfonde zu bilden, Kreisfonde, von denen das Gesetz und die Regierung gar keine Kenntniß hatte, denen amn erst hintern nach auf die Spur kam, und ihre Auflösung diktirte. 34 Bezirke Böhmens decken die Bezirksumlagen durch eine Beisteuer unter 5 Perzent, 68 eben nur durch 5 Perzent, aber 91 über 5 Perzent und darunter sind 65 zwischen 5 und 10 Perzent, 26 über 10 Perzent.

Ich werde mir erlauben, jene 26 unglückliche Orte zu nennen, die bis heut zu Tage über 10 % zahlen müssen: Sobeslau 121/2 %, Seltschan, Policka 11 1/2 % , Oberplan 12 %, Karbitz 12 %, Zwickau, Schüttenhofen 12 %, Königinhof 12 1/2 %Caslau, Kolin, Auscha, Manetin, Wottiz 13 %, Brandeisl a. d. Elbe 13 1/2 %, Wildenschwert 14 %, Hlinsko 15 %, Senftenberg, Wegstädtl 15 %, Chotebor, Schwarzkostelez 17 %, Pardubitz 18 %, Kamenitz und Grulich 25 bis 29 % , Kamenitz im Taborer Kreise an der Grenze Oestrreichs und Grulich im Sudetengebirge 25 bis 29 %, extra Auslagen noch dermalen. Meine Herren! die Summen, welche noch dermalen jährlich umgelegt werden, betragen in Böhmen alle seit dem Jahre 1856, also seit dem Jahre des Besserwerdens 1,200.000 fl., unter 1,000.000 nicht. Also seit diesen 6 Jahren eine Summe von 6,000.000, welche hauptsächlich auf die Bezirksstrassen verwendet worden ist.

Ich frage, meine Herren, ich könne doch Böhmen auch in verschiedenen Gegenden aus früherer und jetziger Zeit; ich fareg, meihe Herren, ob es einer zweckmäßigen Kontrolle beim Befragen Desjenigen, der eigentlich zu zahlen hat, möglich gewesen wäre, auf Straßen, in dem Zustande, wie wir sie haben, rechtmäßig und vernünftig eine Summe von 6 Millionen Gulden zu verwenden binnen 6 Jahren. Die einzelnen Beträge, welche dermalen im letzten Jahre umgelegt werden, sind eben auch nicht unbedeutend; sie sind überall über 5000 Gulden; sie sinds im Bezirke Pardubitz 22000 , Caslau; Kolin 26000, Senftenberg 12000, Leitmeritz 21000, Brandeis an der Elbe 38000, Karolinenthal 12000, Unhoscht 12000, Kamenic, eben das arme Kamenic 13000 mit der übrigen Aufzahlung.

Meine Herren, ich will Ihnen nicht lästig fallen, ich glaube, diese Daten sprechen genug für die Nothwendigkeit, um so schnell als möglich ein Organ zu bilden, daß nicht nur einer weiteren Umwirthschaft, solange wir nicht in der Lage sind, eine andere Verwaltung des Landes einzuführen, steuern solle, sondern auch wenigstens ein Mittel zu bilden, daß interimistisch diese Interessen gewahrt werden. Und dieses ist nun die Bezirksgemeinde. So wichtig diese administrativ-wirthschaftlichen Interessen sind, so kann ich doch nicht das Moment verschweigen, welches die Bildung dieser Gemeinde auch in politischen Beziehung nothwendig und wünschenswerth macht.

Wir gehen jetzt vom 1. Abschnitte unserer parlamentarischen Thätigkeit auf unbestimmte - Gott gebe, nicht auf lange - Zeit auseinander. Sollen wir diese Zewit für die politische Erziehung unseres Volkes ganz nutzlos vorüber gehen lassen? Werden wir nicht in der konstituirten Bezirksgemeinde ein Medium finden, welches dem Landtage für seine nächste legislative Thätigkeit wichtige Daten liefert, und, meine Herren, wenn man Schulen braucht und wenn man sie so leicht haben kann, wie wir die Bezirksgemeinde, so soll man sie wahrlich nicht von heut auf morgen verschieben. Wenn daher die Herren nur einigermaßen überzeugt sind von der Wichtigkeit der Angelegenheit, die ich hier darzulegen mir erlaubt habe, so bitte ich, pflichten Sie meinem Antrage bei.

"Die Bezirksausschüße haben aus nicht weniger als 12 und aus nicht mehr als 30 Mitgliedern zu bestehen. Der Bezirksausschuß wählt aus seiner Mitte den Obmann mit absoluter Stimmenmehrheit und eine entsprechende Anzahl von Schriftführern. Gegenstand der Verhandlung und Schulußfassung des Bezirksausschußes bilden alle Angelegenheiten, welche die Interessen des ganzen Bezirkes oder mehrerer zu denselben gehörenden Ortsgemeinden innerhalb ihres natürlichen Wirkungskreises betreffen." Ich brauche, meine Herren, nicht weiter zu lesen für meinen Zweck. Letzterer Paragraph umfaßt eien solche Masse gemeinsamer Interessen eines Bezirkes, daß in jedem der Wunsch rege gemacht werden muß, es möge ein repräsentatives Organ für diese Interessen entstehen, welches wir leider noch nicht haben; die gesetzliche Grundlage macht die Schaffung dieses Mitgliedes ebenso leicht, als die Wichtigkeit der Interessen nöthig. Von den Interessen will ich, meine Herren, nur eines kollektiven Interesses erwähnen, nämlich den Inbegriff jener Anliegen, welche die Umlegung sogenannter Bezirksauslagen betreffen. Wer nur eine Spanne Landes im Vaterlande besitzt, den hat mehr oder weniger fühlbar bereits die Erfahrung getroffen, daß die Bezirksauslagen keine unbedeutende Last sind für den ohne dies hochbesteuerten Grundbesitzer.

Präsidentenstellvertreter Dr. W a n k a: Wird der Antrag unterstützt? (Wird unterstützt.) Dann werden wir den Gegenstand nach der Geschäftsordnung einer Kommission zur Berichterstattung übergeben, und es dürfte vielleicht die Wahl dieser Kommission jetzt gleich vorgenommen werden.

Dr. H a n i s ch: Ich beantrage den Landesausschuß damit zu betrauen.

Präsidentenstellvertreter Dr. W a n k a: Es wäre vielliecht das zweckmäßigste, er ist bereits gewählt, man könnte es dem Landesausschuße, ob auf eine Wahl einzugehen wäre, zur weiteren Berichterstattung übergeben.

Dr. B r a u n e r: Auch ich bin hiermit ganz einverstanden. Sind die Herren einverstanden, daß dieser Antrag der Kommission übergeben werde? (Alle sind einverstanden.)

Se. Excellenz der Herr Statthalter: Die Sache ist dem Landesausschuße zugewiesen, wird natürlicherweise gründlich erörtert werden, und wir werden sie hier im Landtage zur Verhandlung bekommen. Da aber die vorhin gesprochenen Worte des Antragstellers vielleicht dahin gedeutet werden könnten, daß etwa bei denen Geldern, die als Bezirks-Zuschläge einbezahlt werden, eine schlechte Verwaltung oder gar Veruntreuungen stattfinden, so erlaube ich mir doch eine kleine Bemerkung zu machen. Die Sache ist vom Antragsteller ganz generell gehalten, und in solcher Fassung ist es für gewisse Sätze sehr leicht, eine Popularität und Unterstützung zu finden. Man muß aber derlei Angaben, um recht zu haben, auch einzeln nachweisen. Es ist faktisch, daß einzelne Bezikre viel zahlen. Wenn man aber nach der Ursache forscht, wird man finden, daß sie deshalb mehr zahlen, wie sie sich konkurrenzmäßig dazu verpflichtet haben, um diese oder jene Straße in diese oder jene Gegend zu führen. Ich gebe zu, daß bei der Verwaltung eines zu großen Lnades, wie das Königreich Böhmen, mitunter Unregelmäßigkeiten Platz greifen können; aber das werde ich nie zugeben, daß man es selbst nur vermuthe, es sei in ganz Böhmen in allen Bezirken schlecht gewirthschafttet worden. Ich bin überzeugt, daß, wenn heute eine Kontrolle in allen Bezirken eintritt, der Fall doch immer bestehen wird, daß ein oder der andere Bezirk mehr Zuschläge zahlen wird. Das im Punkte der Kultur und Industrie hochstehende Land Böhmen wird immer mehr gute Straßen bedürfen, als das arme Galizien, welches unsere Bedürfnisse nicht kennt; wir werden daher immer mehr zahlen als andere, weil unsere Bedürfnisse mehr erheischen. Ich bin überzeugt, der Landtag wird diesen Worten durch seine Billigung vollkommenen Geltung verleihen. (Bravo!)

Dr. B r a u n e r: Ich erlaiube mir zu bemerken, daß bei meinem Vortarge fern war vor Hanschen nach Popularität. Diese Zumuthung, mag sie auch von einer Stelle herkommen, die mir persönlich und objektiv die größte Achtung einflößt, muß ich als Abgeordneter des Hauses zurückweisen, denn ich bin mir dessen nicht bewußt. (Bravo!) Meine Herren, ich habe auch durch meine Thaten keine Anschuldigung vorgebracht, ich habe mich vorzüglich an den Grundsatz gehalten, daß die Kontrolle Desjenigen fehlt, der eigentlich zu zahlen hat; und, meine Herren, wir haben ja Beispiele; wir wollen keineswegs bei einer großen Wirthschaft alle diejenigen für untreue Menschen erklären, welche eine große Wirthschaft schlecht und zum Nachtheile des Herrn verwalten; aber wo der Herr, derjenige, der zu zahlen hat, nicht nachsteht, dart ist überall schlechte Wirthschaft. Meine Ansicht, meine Herren ist rein objektiv.

Präsidentenstellvertreter Dr. W a n k a: Wir werden die Situng schließen. Für morgen ist an der Tagesordnung die Reichsrathswahl, die Verlesung des Protokolls und der Einläufe. Ich muß endlich noch bemerken, morgen wird die Sitzung um 1 Uhr erst stattfinden, weil es höchst wahrscheinlich ist, daß Se. Excellenz der Herr Oberstlandmarschall erscheinen dürfte.

Se. Eminenz der Herr Erzbischof: Ich erlaube mir die Bitte auszusprechen, daß die morgige wichtige Sitzung erst um 2 Uhr beginnen möge; die Vorbereitungen zu den Wahlen sind bekannt, und ich glaube, es ist nothwendig, daß dieses Geschäft mit würdiger und ruhiger Vorbereitung geschehe, und ich glaube, daß die Stunde von 1 bis 2 Uhr dazu noch nothwendig sein wird.

Präsidentenstellvertreter Dr. W a n k a: Wird der Antrag unterstützt? (Die Majorität dafür.) Also wird die Sitzung morgen um 2 Uhr stattfinden.

(Schluß der Sitzung um 3 Uhr Nachmittags.)

Josef Karl Ritter v. Peche,

als Korrektor.

Peter Steffens,

Korrektor.

Alois Matousovský,

Korrektor.

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Aus der Statthalterei-Druckerei in Prag.


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