Pondìlí 5. bøezna 1849

Brestel, Leopold Neumann, Neuwall, Borkowski. — Wird der Antrag auf Schluß der Debatee unterstützt? — Er ist nicht unterstützt.

Abg. Brestel. Meine Herren! Es wird dem ganzen Hause erinnerlich sein, daß ich mich schon bei Gelegenheit der Grundtechte gegen die Berathung in den Abtheilungen ausgesprochen habe, weil ich schon damals der Ansicht war, daß dadurch die Berathung in den öffentlichen Sitzungen um nichts abgekürzt, sondern bloß die Zeit, die zu den Abtheilungsberathungen verwendet wird, mehr oder weniger verloren wird. Ich glaube, in Betreff der Berathungen über die Grundrechte dürften sich Alle von der Richtigkeit meiner Meinung überzeugt haben; hätten wir nicht die Berathungen in den Abtheilungen über die Grundrechte vorgenommen, so würden wir wahrscheinlich mit den Grundrechten zu Ende sein, so wird es aber noch 14 Tage, ja noch 3 Wochen länger dauern, es wird durch diese Sache einfach ein Zeitverlust hervorgerufen. Es hat sich aber ergeben, daß der Constitutions-Ausschuß auf die Worte der Abtheilungen keine Rücksicht genommen und dort eine Abänderung vorgenommen hat, wo es die Majorität der Abtheilungen gewünscht, in anderen Fällen wieder da eine Abänderung vorgenommen, ohne daß sich die Abtheilung dafür ausgesprochen hätte. Es war dieß schon bei den Grundrechten natürlich, ist aber bei der gesammten Verfassung, bei welcher die einzelnen Theile so wesentlich mit einander zusammenhängen, etwas noch weit Natürlicheres, und ich muß mich daher dahin aussprechen, daß ich nicht glaube, daß die Abtheilungsberathungen irgend eine wesentliche Abänderung im Entwurfe selbst hervorrufen werden. Es war die ganze Abtheilungsberathung nur eine Verzögerung. Wenn das in der Geschäftsordnung enthalten ist, und wenn wir schon so viel Zeit mit der Geschäftsordnung verloren haben, so hat der letzte Redner vor mir ganz richtig bemerkt: weil wir schon so viele Zeit verloren haben, so ist das kein Grund, warum wir noch mehr Zeit verlieren sollten, sondern es ist höchstens ein Grund, daß wir uns bestreben, jetzt möglichst viel an Zeit zu gewinnen. Ich glaube, die gestimmte Abtheilungsberathung dürfte zu nichts führen, als zu einem reinen Zeitverlust. — Dasjenige, was man als den eigentlichen Grund der Abtheilungsberathung stets angegeben hat, die Instruction der einzelnen Mitglieder, wird eben so gut durch die Clubbs erreicht werden. Ich bin also der Ansicht, daß der Dringlichkeitsantrag angenommen werde, nämlich daß es von der Berathung in den Abtheilungen ganz abzukommen habe, — eben aus dem Grunde, weil ich gar keinen Nutzen, sondern nur reinen Zeitverlust davon erwarte. Und meine Herren, ich glaube, unsere gegenwärtigen Verhältnisse sind von der Art, daß es unsere heiligste Pflicht ist, so schnell als möglich mit dem Constitutionswerk zu Ende zu kommen, denn das ist der einzige Weg, auf dem wir wieder in einen normalen Zustand zurück kommen können. Ich kann allen Denjenigen, denen die Entwicklung unserer Institutionen, denen unsere Freiheit am Herzen liegt, nicht genug empfehlen, so schnell als möglich mit dem Constitutionswerke zu eilen; denn dadurch nur haben wir unsere Freiheit gesichert, nur dadurch kann dem gegenwärtigen traurigen Zustande ein Ende, und zwar ein baldiges Ende bereitet werden. Eben aus dem Grunde, weil ich glaube, die Abtheilungsberathungen werden keine wesentlichen Verbesserungen erzielen wohl aber das Verfassungswerk der Constitution hinausschieben und das Zustandekommen des Werkes verzögern, und fest überzeugt bin, daß das schnellste Zustandebringen desselben die höchste Nothwendigkeit für unsere Völker, unsere heiligste Pflicht ist, so muß ich mich dahin aussprechen, daß wir unmittelbar zur Vollberathung des Entwurfes der Constitution übergehen. (Beifall links.)

Abg. Leop. Neumann. Eben weil ich den Wunsch, den der verehrte Redner vor mir geäußert hat, ebenso lebhaft wie irgend Jemand in dieser hohen Versammlung theile, eben deßhalb schließe ich mich dem Antrage des Abg. Strobach an. Es ist auch kein Widerspruch zwischen dem, daß einige der Herren — und ich befinde mich unter diesen Mitgliedern — den Antrag des Herrn Abg. Haimerl unterschrieben haben, und sich dem Antrage des Abg. Strobach gegenwärtig anschließen. Ich glaube im Gegentheile, daß darin eine Consequenz liegt. Denn der Antrag des Herrn Abg. Haimerl bezweckt nichts Anderes, als eine Beschleunigung unserer Berathung über das Verfassungswerk. Ich glaube aber, daß nach der eigenthümlichen Natur der Verfassungsarbeit dieser Zweck gerade durch den vom Abg. Strobach gestellten Antrag noch leichter und schneller realisirt wird. Es handelt sich nämlich, meine Herren, um einen Aufschub von sieben Tagen — wenn ich nicht irre, von übermorgen bis 14. inclusive. Erwägen Sie, meine Herren, die ganz eigenthümliche Natur der Verfassung Oesterreichs, welche in so vielen und wesentlichen Puncten von der Verfassung anderer Staaten abweicht, und abweichen muß. Erwägen Sie ferner den Umstand, daß entgegen der Voraussetzung des Herrn Abg. Haimerl, der bei weitem größte Theil der Mitglieder des Hauses die Verfassungs-Urkunde allenfalls nur in den äußerten Umrissen kennt, nicht in dem ganzen Umfange zu lesen in der Lage war. Erwägen Sie das Alles, so werden Sie gewiß mit mir überzeugt sein, daß dieser kurze Aufschub von sieben Tagen eine Aufklärung der Begriffe, und sonach die einzige mögliche Beschleunigung der Discussion herbeiführen muß. Der Abg. Dylewski hat bemerkt, daß es eine Unzukömmlichkeit wäre, dem Constitutions-Ausschusse die Zuweisung derjenigen Puncte, bei welchen es hauptsächlich in dieser Abtheilung auf die Discussion der Abtheilungen ankommen soll, anzuvertrauen. Ich glaube, meine Herren, daß, nachdem wir diesem Ausschusse die Abfassung der größten und wichtigsten, entscheidendsten Arbeit für Oesterreichs Zukunft anvertraut haben, können wir ihm mit voller Beruhigung nun um so mehr auch die Aushebung dieser für die Verfassung entscheidenden Puncte überlassen, als dieses ja aus der Natur der Sache selbst hervorgeht und keiner eigentlichen Bestimmung des Constitutions-Ausschusses bedarf. Ich sehe aber auch nicht ein, was dem im Wege steht, daß sich der Constitutions-Ausschuß heute oder allenfalls morgen versammle und durch eine Berathung in seinem Schoße diese Puncte feststellt. — Von Herzen schließe ich mich dem Antrage des Abg. Mayer an, daß wir für die erste Lesung des Verfassungsentwurfes eine eigene Sitzung auf den 15. März bestimmen, damit wir in dieser Art die Feier des 15. März in der würdigsten Weise begehen, auf daß die Völker sehen, daß es uns hoher und eifriger Ernst mit der Zustandebringung der Verfassung sei, und daß nach so vielen Leiden endlich der Regenbogen, die Hoffnungssonne einer besseren Zeit über die Völker Oesterreichs aufgehe.

Präs. Das Wort hat jetzt der Herr Abg. Neuwall.

Abg. Neuwall. So viel bis jetzt aus dieser Debatte klar geworden ist, haben die drei verschiedenen Herren Antragsteller in der Wesenheit ein und dasselbe bezweckt, nämlich das Werk, welches wir zu begründen hier versammelt sind, wesentlich zu fördern, nur die Ansichten über die dazu führenden Wege sind verschieden; wesentlich wollen Alle die erste Lesung so viel als möglich beschleunigen. Der Herr Abgeordnete für Ellbogen will sonach, sobald der Entwurf vertheilt sein wird, sie vornehmen; der Herr Abgeordnete für Prag will sie den 15. d. M. vorgenommen wissen, knüpft aber diese Lesung an vorläufige Bedingungen; der Herr Abgeordnete für Brünn will sie bestimmt, kategorisch den 15. in einer eigenen Sitzung stattfinden lassen. Ich möchte wohl am liebsten für den Antrag des Abgeordneten für Brünn, mich aussprechen, obwohl viel gesprochen wurde von der Nothwendigkeit, Zweckmäßigkeit, von der Unerläßlichkeit einer vorläufigen Abtheilungsberathung, insbesondere mit Beziehung auf jene Puncte der Verfassung, welche auf den eigenthümlichen Verhältnissen Oesterreichs begründet sind. Ich verkenne keineswegs das Gewicht dieser Gründe, aber ich kann mir leinen Grund klar vorstellen, warum diese Abtheilungsberathungen nicht eben so gut zwischen der ersten und zweiten Lesung vorgenommen werden könnten, als wie vor der ersten Lesung. Die erste Lesung ist ohnehin nichts Anderes als die bloße Formalität des Herunterlesens, um den Beschluß zu fassen, ob eine zweite Lesung zulässig sei oder nicht. Es wird also wesentlich gar nichts dadurch verändert, wenn die Abtheilungsberathung erst nach der ersten Lesung stattfindet.

Der Herr Abgeordnete von Prag hat den Antrag gemacht, daß wir mit der Berathung der Grundrechte aussetzen sollen, und diese erst nach der ersten Lesung des zweiten Theiles der Constitution vorzunehmen hätten. Meine Herren, ich muß Sie darauf aufmerksam machen, daß es zwei Monate sind, seitdem wir die zweite Lesung der Grundrechte in Verhandlung haben, und wir sind gerade bis zur Hälfte derselben gelangt. Gehen wir in diesem Schritte fort, so werden wir noch zwei Monate brauchen, um diesen Theil unserer Aufgabe zu vollenden. Nie lange wird dann die zweite Lesung des Constitutionswerkes, wie lange die dritte Lesung beider währen? Um nun im Einklange zu bleiben mit dem heiligen Eifer, der von allen Seiten für die Vollendung des großen Werkes an den Tag gelegt wird, so muß ich mich dagegen auf das bestimmteste aussprechen, daß die Lesung der Grundrechte auch nur einen Tag in jener Art, wie solche bisher stattzufinden pflegte, unterbrochen werde. Es ist wahr, wir werden viel zu thun haben, wenn wir die zweite Lesung und Berathung der Grundrechte gleichzeitig mit der Verhandlung des 2. Theiles des Constitutions-Entwurfes in den Abtheilungen fortsetzen wollen. Es ist dankbar und unter dem Beifalle des hohen Hauses anerkannt worden, welcher ausgezeichneten Mühe, Aufwand an Zeit und Kraft und Aufopferung sich der aus unserer Mitte hervorgegangene Constitutions-Ausschuß unterzogen hat, um jeden nur immer verfügbaren Moment der Förderung und Vollendung des Verfassungswerkes zu widmen; aber wir können ihm keine schönere Anerkennung zollen, als dadurch, daß wir das gegebene Beispiel nachahmen. Wenn wir auch die Grundrechte in der zweiten Lesung fortsetzen, so hindert uns nichts, die Nachmittage den Berathungen in den Abtheilungen zu widmen. Wir können das Eine thun, und brauchen das Andere deßhalb nicht zu unterlassen. Ich glaube mich unbedingt für den Antrag des Abgeordneten für Brünn aussprechen zu sollen, zugleich aber auch darauf antragen zu dürfen, daß die zweite Lesung der Grundrechte nicht sistirt werden möge.

Präs. Es hat mittlerweile der Abg. Brauner einen Antrag vorgelegt, und zwar einen Zusatzantrag zu dem Antrage des Abg. Mayer. Dieser lautet: "Die Berathungen über die Grundrechte bis dahin (bis zum 15.) zu unterbrechen, und hat die Berathung über den Constitutions-Entwurf in den Abtheilungen stattzufinden. Sodann bleibt es der Schlußfassung des hohen Reichstages anheim gestellt, ob die Fortsetzung der Berathungen in den Abtheilungen auch nicht in dem Zeitraume zwischen der ersten und zweiten Lesung stattfinden soll."

Präs. Es hat nun das Wort der Abg. Borkowski.

Abg. Borkowski. Ich theile ebenfalls die Wünsche, welche die Abgeordneten für die Roßau und für die Leopoldstadt ausgesprochen haben, und doch kann ich mich weder mit dem Hauptantrage, noch mit dem Verbesserungsantrage des Herrn Abgeordneten für Prag einverstanden erklären. Ich glaube, daß diese Wünsche in Erfüllung gehen können, wenn auch diese Anträge verworfen werden sollten. Ich kann mich nicht einverstanden erklären, weil es eine Unmöglichkeit ist über die Grundrechte und Constitution zugleich zu berathen. Der Redner vor mir erwähnte, daß wir über die erste Hälfte der Grundrechte schon zwei Monate berathen, und wenn wir über die zweite Hälfte, wenn auch nicht so lange, verhandeln sollten, so werden wir doch genug lange berathen, damit man sich auch in den Abtheilungen über den zweiten Theil der Constitution äußern könnte, und besonders über diese Puncte, welche der Abg. Rieger hervorgehoben hat, und vielleicht auch über das Ganze. — Mit dem Verbesserungsantrage des Abgeordneten für Prag kann ich mich deßwegen nicht einverstanden erklären, weil ich nicht begreife, warum die Sitzungen von morgen angefangen auf eine bestimmte Zeit aufhören sollten. Im Gegentheile, ich glaube, well es sich hier um Zeit und Gewinn handelt, und um nicht die Zeit zu vergeuden, sollen wir täglich Sitzungen halten, und Nachmittag werden sich schon noch einige Stunden finden, um den zweiten Theil des Verfassungs-Entwurfes zu berathen.

Was den Antrag betrifft, daß die erste Lesung des Constitutions-Entwurfts am 15. d. M. vorgenommen werde, damit bin ich ganz einverstanden. Ich erlaube mir also folgenden Verbesserungsantrag zu stellen:

"Der zweite Theil des Constitutions-Entwurfes soll so lange in den Abtheilungen berathen werden, bis die Kammer mit der Berathung der Grundrechte fertig ist. Der Constitutions-Entwurf soll am 15. d. M. zum erstenmal in dieser Kammer vorgelesen werden."

Präs. Der Abänderungsantrag des Herrn Abg. Borkowski lautet: (wird nochmals vorgelesen.) Wird dieser Antrag unterstützt? — Er ist unterstützt.

Es wurde auf den Schluß der Debatte angetragen. — Wird dieser Antrag unterstützt? Er ist unterstützt. — Diejenigen Herren, die dafür sind, wollen aufstehen. — Der Schluß der Debatte ist ausgesprochen.

Ich werde die Unterstützungsfrage stellen bezüglich des Zusatzantrages des Abg. Brauner. Er lautet:

"Die Berathung über die Grundrechte bis dahin (nämlich bis 15. d. M.) zu unterbrechen, und es haben die Berathungen über den Constitutions-Entwurf in den Abtheilungen stattzufinden. — Es bleibt der Schlußfassung des Reichstages an heimgestellt, ob die Berathung nicht auch in dem Zeitraume zwischen der ersten und zweiten Lesung stattfinden soll."

Wird dieser Antrag unterstützt? — Ist unterstützt. Es sind als Redner noch eingeschrieben, Mayer und Borrosch. — Indem ich den Dringlichkeitsantrag des Abg. Haimerl als den Hauptantrag ansehe, so wollen sich die Herren erklären, ob Sie dafür oder dagegen zu sprechen wünschen.

Abg. Mayer. In soferne ich keinen eigenen Antrag gestellt habe: dagegen.

Abg. Borrosch. Und ich dafür. (Heiterkeit.)

Präs. Also haben beide Herren Redner das Wort. Nachdem noch der Herr Antragsteller das letzte Wort haben wird, demnach dafür sprechen wird, hat nun der Herr Abg. Borrosch das Wort.

Abg. Borrosch. Vor Allem glaube ich, muß ich ernstlich gegen alle Ueberstürzungen warnen, wie sie der Herr Abgeordnete für die Roßau bevorworten zu wollen scheint. Wenn wirklich die constitutionelle Freiheit so sehr gefährdet ist, dann wird es eben auch die Constitutions-Urkunde sein. Es handelt sich, daß wir ein gutes Werk schaffen, und dabei das: Eile mit Weile! beobachten, daß wir dem Volke nicht eine Constitution geben, in der die Keime der Reaction, und dadurch der Revolution niedergelegt sind. Ich bin durchaus dafür, daß zu allererst die Berathung in den Abtheilungen stattfinde, wie ich schon gesagt habe, um der Verständigung und der Aussöhnung so vieler widerstreitenden Provinzial-Interessen willen, denn kaum der fünfte Theil des Hauses kennt bis jetzt die Constitutions-Urkunde. Der Antrag des Abgeordneten für Prag, nochmals gesagt, erfüllt alle Wünsche, welche in dieser Beziehung nur immer mögen gesagt werden. Was der Herr Abgeordnete für die Leopoldst adt von Doppelsitzungen gemeint hat, und der Abg. Borkowski gleichfalls, muß ich wirklich sonderbar finden. Es sind hier gewiß Viele, die Tag für Tag angestrengt sind, auch Nächte hindurch, wenigstens zur Hälfte, und Derjenige, der noch in Ausschußsitzungen ist, Derjenige, der als Referent seine Pflichten zu erfüllen hat, dem kann wahrlich nicht zugemuthet werden, doppelte Sitzungen zu halten. Uebrigens halten wir auch Sitzungen diese sechs Tage über. Das hohe Haus zertheilt sich nur in neun Sectionen, es ist aber täglich eine parlamentarische Sitzung bis zum 15. März. Endlich will ich mich im Namen der Ehre des hohen Hauses dagegen verwahren, daß wir vom Marke des Volkes zehren. Es haben bisher Andere am Marke des Volkes gezehrt, und wir wollen eben wieder das Mark des Volkes kräftigen. (Rechts Beifall.)

Abg. Cajetan Meyer. In der Wesenheit, meine Herren, habe ich im hohen Hause Einhelligkeit gesehen, nämlich, daß der Constitutions-Entwurf am 15. März zur ersten Lesung kommt; bloß über die Mittel und Wege, wie dieß zu bewerkstelligen sei, sind einige Bedenken aufgetaucht, welche eine Verletzung der Geschäftsordnung besorgen lassen. Es ist ferner behauptet worden, daß während der Zeit, während der kurzen Zeit, die den Abtheilungen gegönnt wird, um den Entwurf zu prüfen und zu berathen, die Verhandlungen über die Berathung der Grundrechte, fortgesetzt werden sollen. Von Seite jenes verehrten Mitgliedes des Hauses, welches dieses ausgesprochen hat, ist nicht in Erwägung gezogen worden, daß die Mitglieder des Constitutions-Ausschusses und zugleich Mitglieder dieser hohen Versammlung als Referenten in den einzelnen Abtheilungen fungiren, den öffentlichen Plenarberathungen beiwohnen müssen, und dann wirklich gar keine Zeit mehr erübrigen, um den Constitutions-Entwurf im Constitutions-Ausschusse zur neuerlichen Berathung zu ziehen, und dieses soll doch der Hauptzweck der Berathung in den Abtheilungen sein. Ich glaube daher, wenn man den Zweck will, muß man auch die Mittel wollen, und man muß dem Constitutions-Ausschusse auch die Möglichkeit gönnen, daß er das, was in den Abtheilungen an Abänderungen gewünscht wird, in reifliche Berathung nehme. Diesen Zweck zu erreichen, wird nur dann möglich sein, wenn für diese wenigen Tage die öffentlichen Sitzungen ausgesetzt werden. In diesem Puncte, meine Herren, muß ich mich dem Zusatzantrage des Abg. Brauner vollkommen anschließen, und zwar im Interesse des Constitutions-Ausschusses, wenn er das leisten soll, was Sie von ihm auch jetzt erwarten. Ick schließe mich auch dem zweiten Theile des Antrages des Abg. Brauner an, wonach der hohe Reichstag, jetzt oder später, beschließen möge, daß zur ersten und zweiten Lesung des Constitutions-Entwurfes noch die Berathung in den Abtheilungen vorausgesetzt werde. Ich glaube, damit ließe sich auch der Antrag des Abg. Borkowski vollkommen vereinigen, indem das hohe Haus jetzt schon feststellen könnte, daß die zweite Lesung des Constitutions-Entwurfes nicht früher eintreten soll, bis nicht die zweite Lesung der Grundrechte vollendet ist. Ich glaube, alle Anträge lassen sich darin zusammenfassen. Es wäre die Möglichkeit gegeben, den Hauptzweck zu erreichen, und es ist zugleich die Möglichkeit gegeben, daß wir uns nicht überstürzen, sondern mit ruhiger Ueberlegung in der langen Zeit als die Berathungen über die Grundrechte dauern werden, in den Abtheilungen fort und fort den Constitutions-Entwurf nicht nur in den Haupttheilen, sondern auch in den kleinsten Details, in den feinsten Nüancen berathen. Ich erlaube mir daher wiederholt die Bitte, das hohe Haus wolle den Beschluß aussprechen: Am 15. März findet die erste Lesung des Constitutions-Entwurfes, und dazu eine eigene Sitzung Statt. Ferner möge der Zusatzantrag des Abg. Brauner und der des Abg. Borkowski angenommen werden: daß die zweite Lesung des Constitutions-Entwurfes nicht früher beginne, als bis die zweite Lesung der Grundrechte vollendet ist.

Präs. Wollen der Herr Antragsteller das letzte Wort ergreifen?

Abg. Haimerl. Ich habe aus der ganzen Debatte mit Vergnügen bemerkt, daß das hohe Haus die Haupttendenz meines Antrages theilt: daß der Constitutions-Entwurf, respective der zweite Theil desselben am 15. d. M. zum erstenmal gelesen werde. Ob das möglich ist, wenn der Constitutions-Entwurf in die Abtheilungen geht, dort berathen wird, wenn er dann in den Constitutions-Ausschuß zurückgeht, dort revidirt, wieder gedruckt und übersetzt werden soll, das überlasse ich dem Urtheile der hohen Kammer. Ist es ausführbar, so ist mein Antrag nicht dagegen, ist es nicht ausführbar, so muß der Entwurf, wie er fertig ist, gelesen, oder gar nicht gelesen werden. Nun, das Zweite glaube ich, wollen Sie selbst nicht; das Erste aber beweist die Richtigkeit meiner Behauptung, daß die Berathung in den Abtheilungen nur zum Scheine geschieht; daß die Debatte, respective die zweite Lesung des zweiten Theiles der Constitutions-Urkunde gleichzeitig mit der der Grundrechte vorgenommen werde, habe ich nicht im Geringsten behauptet; ich habe gesagt, es sollen die Beratungen über die Grundrechte ununterbrochen fortgesetzt werden, es soll am 15. jedenfalls der zweite Theil der Constitutions-Urkunde zur ersten Lesung gebracht werden, und es soll die zweite Lesung sich unmittelbar an die beendigte zweite Lesung der Grundrechte anschließen. Ich habe auch durchaus nicht behauptet, daß nicht die Zwischenzeit zu solchen Berathungen in den Abtheilungen oder Clubbs, oder auf irgend eine andere Weise benützt werden solle; im Gegentheile, ich habe ausdrücklich darauf hingewiesen, daß diese Zeit dazu benützt werden kann. Ich bleibe daher in der Hauptsache bei meinem Antrage, daß von der Geschäftsordnung in sofern abgegangen werde, als es sonst nicht möglich sein wird, die erste Lesung am 15. d. M. vorzunehmen.

Präs. Alle Anträge vereinigen sich dahin: der Constitutions-Entwurf sei am 15. März zur ersten Lesung zu bringen. Es ist diese Bestimmung als ein Verbesserungsantrag anzusehen, nachdem im Hauptantrage ausgedrückt ist, daß die erste Lesung sogleich stattzufinden habe, ohne den Tag dieser Lesung anzugeben. Ich würde demnach diesen Punct als ersten zur Abstimmung bringen. Wenn diese Bestimmung, die im Verbesserungsantrage des Abg. Mayer enthalten ist, angenommen werden sollte, so werde ich dann den Zusatzantrag des Abg. Brauner zur Abstimmung bringen, nämlich: daß bis dahin die Berathung über die Grundrechte ausgesetzt werden soll, und zwar, wenn der §. 15, der jetzt an der Tagesordnung ist, zum Abschluß gekommen ist. Sodann würde kommen der Antrag des Abg. Strobach, weil dieser eine Abweichung von der Geschäftsordnung beantragt, bezüglich der Art der Berathung in den Abtheilungen; sollte dieser fallen, so kommen die Zusatzanträge der Abg. Brauner und Borkowski zur Abstimmung.

Der Antrag des Abg. Mayer lautet:

"Der Constitutions-Entwurf habe am 15. März zur ersten Lesung zu gelangen, und es sei dazu eine eigene Sitzung anzuordnen."

Diejenigen Herren, welche für diesen Antrag sind, wollen aufstehen. — Der Antrag ist einstimmig angenommen. (Beifall.)

Der Zusatzantrag des Abg. Brauner lautet: "Die Berathung über die Grundrechte ist —"

Abg. Brauner. Ich bitte, Herr Präsident, es ist im Anschluß an den Antrag: "zu diesem Behufe"

Präs. (liest):

"Zu diesem Behufe sind die Berathungen über die Grundrechte bis dahin zu unterbrechen" (zum Abg. Brauner:) Sie waren der Meinung, daß mit Abschluß des §. 15?

Abg. Brauner. Ja, allerdings.

Präs. Ich werde es dazusetzen, es könnte sonst ein Zweifel sein. (Liest:)

"Zu diesem Behufe sind die Berathungen über die Grundrechte, mit Abschluß der Berathung über §. 15 derselben, bis dahin zu unterbrechen, und hat die Berathung darüber in den Abtheilungen stattzufinden?" —

Diejenigen Herren, die für die Annahme dieses Antrages sind, wollen aufstehen. (Geschieht.) Ich bitte stehen zu bleiben, es scheint mir zweifelhaft. Es ist die Majorität. Der Antrag ist angenommen.

Ich werde auch gleich den zweiten Absatz des Antrages des Herrn Abg. Brauner zur Abstimmung bringen, nämlich, nach welchem es der Schlußfassung des hohen Reichstages anheim gestellt sein soll, ob die Fortsetzung der Berathung in der Abtheilung nicht auch in dem Zeitraum zwischen der ersten und zweiten Lesung stattfinden soll. Sollte er angenommen oder verworfen werden, so kommt der Antrag des Herrn Abg. Strobach über die Art des Vorganges bei der Berathung zur Abstimmung. —

Der zweite Theil des Antrages des Abg. Brauner lautet:

"Es bleibt der Schlußfassung des hohen Reichstages anheimgestellt, ob die Fortsetzung der Berathung in den Abtheilungen nicht auch noch in dem Zeitraume zwischen der ersten und zweiten Lesung stattzufinden habe."

Diejenigen Herren, welche dafür sind, wollen aufstehen. (Geschieht) Es ist die Minorität.

Es könnte jetzt der Antrag des Abg. Borkowski zur Abstimmung kommen, weil der Antrag des Abg. Strobach nur über die Art des Vorganges bei den Berathungen sich ausspricht, und ganz neben dem bestehen kann. — Der Antrag des Abg. Borkowski ist in einem Theile angenommen, in wiefern er nämlich den Umstand betrifft, daß die Constitutions-Urkunde am 15. d. M. zum ersten Mal verlesen werde. Der andere Theil lautet:

"Der zweite Theil des Constitutions-Entwurfes soll so lange in den Abtheilungen berathen werden, bis die hohe Kammer mit der Berathung der Grundrechte fertig ist."

Diejenigen Herren, welche für den Antrag dieser Bestimmung sind, wollen aufstehen. (Geschieht.) Es ist die Minorität.

Der Antrag des Abg. Strobach lautet:

"Vom Mittwoch an bis inclusive" — also es müßte, nachdem der Antrag des Abg. Brauner in dem Puncte angenommen ist, daß die Sitzungen nach dem Schlusse der Verhandlung über den §. 15. ausgesetzt werden, nun heißen:

"Nach Schluß der Verhandlung über §. 15 haben die Abtheilungen die Verfassungs-Urkunde in Verhandlung zu nehmen, und zwar in der Art, daß:

1. "Nur jene Theile dieser Urkunde der Debatte und Schlußfassuug zu unterziehen sind, welche die eigenthümlichen Verhältnisse Oesterreichs betreffen. Der Constitutions-Ausschuß hätte diese Gegenstände den Referenten zu bezeichnen"

2. "Andere, in den meisten Urkunden Europa's vorkommende Bestimmungen sind vom Referenten lediglich zu motiviren, und die darauf Bezug nehmenden Interpellationen zu beantworten."

"Während dieser Zeit sind die Beschlüsse der Abtheilungen von dem Constitutions-Ausschusse in Erwägung zu ziehen. Zur ersten Lesung des Constitutions-Entwurfes ist eine besondere Sitzung am 15. März abzuhalten; indeß ist die Verhandlung über die Grundrechte fortzusetzen."

Diejenigen Herren, welche für diesen Antrag sind, wollen aufstehen. (Geschieht.) Es ist die Minorität.

Die Abstimmung über den Hauptantrag entfällt demnach, und die gefaßten Beschlüsse als Ganzes lauten:

"Die hohe Kammer beschließt: Der Constitutions-Entwurf hat am 15. März zur ersten Lesung zu gelangen, wofür eine eigene Sitzung anzuberaumen ist. Zu diesem Behufe ist die Berathung über die Grundrechte mit Schluß der Debatte über §. 15, und Abstimmung über denselben bis dahin zu unterbrechen, und hat die Berathung über den Constitutions-Entwurf in den Abtheilungen stattzufinden."

Abg. Strobach. Ich glaube den Beschluß dahin verstanden zu haben, daß binnen dieser kurzen Zeit über alle Paragraphen, über alle Bestimmungen des Constitutions-Entwurfes debattirt, und die Beschlüsse in den Abtheilungen zu fassen sind.

Präs. So ist es. — Als nächster Gegenstand der Tagesordnung erscheint nun die Fortsetzung der zweiten Lesung der Grundrechte, und namentlich die Debatte über §. 15. In der letzten Sitzung hat gesprochen der Abg. Szabel, und nun hat das Wort der Abg. Brauner.

Abg. Brauner. Ich habe die Priorität dem Abg. Lomnicky abgetreten. Ich trete dann an seine Stelle.

Abg. Lomnicky. Meine Herren, ich habe bisher Ihre Geduld nicht in Anspuch genommen, da ich besorgte, daß ich Ihnen mit meiner Rede lästig fallen dürfte, um so mehr, als ich der deutschen Sprache nicht vollkommen mächtig bin. Allein, da es sich um eine der wichtigsten Angelegenheiten der Kirche handelt, fühle ich mich als Seelsorger besonders verpflichtet, das Wort zu ergreifen, um Sie mit den Verhältnissen und der Stellung der Seelsorger in meinem Vaterlande ganz einfach bekannt zu machen.

Das wechselseitige Verhältniß des Staates und der Kirche ist hier durch mehrere geistreiche Redner schon hinlänglich besprochen und dargethan worden, von welch hoher Wichtigkeit die Kirche für den Staat sei. Der Staat kann in Betreff des Bestandes vieler anderer Associationen gleichgiltig sein, nicht aber in Betreff des der Kirche. Der Bestand und die Festigkeit eines Staates wird nur durch die Ausübung der Gesetze begründet. Bei den weisesten Gesetzen der freisinnigsten Institutionen zerfällt der Staat, wenn diese nicht strenge geachtet werden. Wo hat aber der Staat eine völlige Garantie für die Ausübung seiner Gesehe, wenn die Staatsbürger die Gesetze nur als den Ausspruch eines Theiles ihrer Mitbürger ansehen, wenn sie nur das Auge des Menschen, vor dem man sich verbergen kann, scheuen, wenn sie nur den Arm des weltlichen Richters, dem man sich leicht entziehen kann, fürchten, wenn die Uebung der Gesetze nur durch Bajonete gesichert ist: alsdann hat der Staat eine nur sehr spröde, ja morsche und gefährliche Stütze, ja der Staat ist nicht im Stande, jene Wirkungen hervorzubringen, die er selbst nicht überwachen, und daher weder belohnen, noch bestrafen kann, von denen doch das Glück einzelner Familien, und mittelbar das des ganzen Staates abhängig ist. Welches Gesetz kann der Mutter die zärtliche Pflege ihrer Kinder vorschreiben, welches Gesetz kann die Eintracht der Ehen, die Treue der Freundschaft, den Wohlthätigkeitssinn für Armen- und Krankenpflege, welches Gesetz überhaupt die Uebung der wahren Tugend verbürgen? Nur die innere Ueberzeugung von der Zweckmäßigkeit der Gesetze gibt dem Staate Kraft und Stärke. Daher Ueberzeugung und Belehrung zu verbeiten, die Achtung des Gesetzes als einen Act moralischer Nothwendigkeit darzustellen, wird die Aufgabe der Kirche, und in der gewissenhaften Ausführung dieser Aufgabe wird sie eine wesentliche Stütze des Staates. Die Kinder entwachsen den Schulen, die weitere Bildung, besonders des gemeinen Volkes, wird immer den Seelsorgern belassen, und je freisinnigere Gesetze aufgestellt werden, desto mehr Belehrung braucht das Volk; daher ist der Staat schon seinetwegen verpflichtet, die Kirche und ihre Träger zu sichern.

Eben so würde auch der Zweck der Kirche gefährdet sein ohne Schutz und Unterstützung des Staates. Die Kirche ist nicht im Stande durch die ihr zu Gebote stehenden Mittel sich vor den böswilligen und thatsächlichen Angriffen der Feinde, die ihrer Entwicklung und ihrem Fortschritt hemmend in den Weg treten, zu sichern, ohne den Schutz und die Hilfe des Staates in Anspruch zu nehmen. Ich zweifle, ob irgend einer der Bischöfe offen erklärt habe, daß er auf jeden Schutz der Kirche von Seite des Staates verzichte. Die Wirksamkeit der Kirche erstreckt sich auch auf das Aeußere, als Folge des Innern ihrer Mitglieder, und diese Wirksamkeit hat ihre Garantie nur im Schutze des Staates.

Uebrigens der entferntere Zweck, sowohl des Staates, als der Kirche, ist ein und derselbe, nämlich das wahre Beste des Volkes zu fördern, welcher Zweck an einem und demselben Substrate, nämlich dem Menschen zu realisiren ist. Das gemeinschaftliche Wohl der Menschheit kann nur durch eine vollkommene Harmonie dieser beiden Gewalten, wenn sie sich nämlich wechselseitig unterstützen, wenn sich keine einen Eingriff in die Sphäre der anderen erlaubt, wenn eine die Rechte der anderen achtet und schützt, begründet werden. Einer besondern Unterstützung bedarf die Kirche von Seite des Staates in der Erhaltung ihrer Seelsorger. Die Staatsbeamten werden von dem Staate besoldet, auf daß sie, unbekümmert um ihre und der Ihrigen Lebensbedürfnisse, ihren Pflichten nachkommen, und alle ihre Kräfte dem Besten des Staates widmen können; eben so wird auch von den Seelsorgern gefordert, daß sie alle ihre Kräfte dem Besten der Kirche und mittelbar dem des Staates zuwenden. Nothwendig ist es daher, daß auch diese, unbekümmert um ihre Lebensbedürfnisse, ihre Pflichten erfüllen können. Allein, wenn man die gegenwärtigen Vermögensumstände der Kirche betrachtet, sind diese nicht der Art, damit die Kirche ihre Seelsorger würdig erhalten könnte. Urkund dessen ist der uns vorgelegte Staatsvoranschlag, laut welchem, bei der nur geringen Dotation der Seelsorger, dennoch zur Deckung der Erfordernisse für die Religions anstalten ein Abgang von 633.664 fl. C. M. sich zeigt. Es wird zwar von mancher Seite gesprochen: die Geistlichkeit habe Ueberfluß an Einkünften. Ich kann es nicht längnen; es gibt manche reich dotirte Pfründen; allein ich frage, wie viele gibt es solche, deren Einkünfte nicht einmal zur Erhaltung eines einzelnen Seelsorgers hinreichend sind? Wenn man einige höher dotirte Pfründen in Anbetracht zieht, vergißt man hunderte gering dotirte; aber auch selbst die ersteren sind durch die Aufhebung der Zehent- und Urbarialbezüge, welche den bedeutendsten Theil ihrer Einkünfte ausmachten, derart geschmälert, daß die Subsistenz der Pfarrer äußerst bedroht wird. Beweise


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