Ètvrtek 1. bøezna 1849

aus einem unrichtigen Gesichtspuncte, wenn man ihn als Oberhaupt der Kirche eine fremde Macht heißt. Der Papst ist eine weltliche und eine geistliche Macht. Als weltlicher Fürst hat er mit den österreichischen Staatsbürgern nichts zu schaffen, seine Anordnungen gelten für den Kirchenstaat, und Niemand von uns darf ihnen gehorchen. Als Oberhaupt der Kirche hat er die Macht über die ganze katholische Welt, und auch wir Katholiken in Oesierreich müssen ihm gehorchen, weil wir alle einen und denselben Papst haben. Der Papst als Papst ist keinem Katholiken fremd, jeder verehrt in ihm den Stellvertreter Christi unseres Herrn auf Erden. Der Papst ist überall zu Hause, wie der Bischof in seiner Diöcese, überall einheimisch, wo nur Katholiken wohnen. Er mag nach Neapel, nach Frankreich, nach Spanien, er mag zu uns kommen, und Hunderttansende von Katholiken werden sich um ihren Vater schaaren, und kniend und weinend den apostolischen Segen sich von ihm erbitten. Oder haben Sie vergessen, wie das katholische Volk von Oesterreich zur Zeit Kaiser Joseph II. Pius VI. empfangen hat? Und man sagt, der Papst ist uns fremd? Mag sein — für einen josephinischen, aber nicht für einen römischen Katholiken, und römischer Katholik ist Jeder, der im römischen Papste sein Oberhaupt verehrt, er mag des lateinischen, griechischen, armenischen oder maronitischen Ritus sein. Der Papst und Katholicismus, das sind nicht zwei von einander verschiedene Dinge, es ist vielmehr nur ein unzertrennliches Ding; trennt man den Papst von dem Katholiken, und er hat aufgehört Katholik zu sein. Was das Haupt dem Leibe, das ist der Papst der kalholischen Kirche. Wie der Baum vom Stamme, so wird der Katholicismus vom Papste getragen, und kann nur durch ihn bestehen. Darum darf der Papst keinem Katholiken fremd sein. Die Gewalt und der Einfluß des Papstes ist den josephinischen Katholiken ein Dorn. Man vergreift sich an dem Dogma, wenn man den Einfluß des Papstes entweder untersagt oder hemmt; darum sind auch die Bekanntmachungen des Papstes für uns verbindlich und sollen keiner Censur unterliegen. Ausländische Blätter und Bücher unterliegen keiner Prävention, warum sollen die päpstlichen Bullen ihr placetum regium haben?

Der Papst ist unverantwortlich, sagt man; ja wohl, aber die ausländischen Buchdrucker und ausländischen Schriftsteller sind es nicht minder. Und will man durchaus eine Verantwortung haben, so hat man sie in uns, in den Bischöfen, zu unsern Händen kommen die päpstlichen Bullen, wir sind im Lande, wir unterwerfen uns den Landesgesetzen, somit auch den Repressiv-Maßregeln der Presse, und ich glaube, unsere Personen dürften in dieser Hinsicht hinreichende Garantie für den Staat bieten. Darum sollte der Verkehr mit dem Papste frei gegeben werden, darum sollten Sie, meine Herren! das Mißtrauen fahren lassen, das sich gegenüber dem Oberhaupte der Kirche nicht ziemt.

Der letzte Punct meines Amendements betrifft nur die Ordnung und Verwaltung des Kirchenvermögens durch die Kirche. Daß das Kirchenvermögen kein Staatsgut, sondern ein privatrechtliches Eigenthum der Kirche als Gesellschaft ist, daß es nach dem Willen der Stifter, und nur zu geistlichen Zwecken verwendet werden darf, daß es nach dem domnium eminens des Staates nur den für jedes Eigenthum geltenden Bestimmungen unterliegt, glaube ich nicht näher erörtern zu dürfen, weil hierüber so ziemlich eine allgemeine Uebereinstimmung ist. Nicht so ist es in Betreff der Verwaltung, des Kirchenvermögens. Seit den Zeiten Kaiser Joseph des Zweiten verwaltet der Staat ausschließlich das Kirchenvermögen, sowohl jenes, das zur zeitweiligen Nutznießung an die Beneficaten und Körperschaften überlassen ist. als auch das dem Religionsfonde im strengeren Sinne gehörige. Wie hoch sich der Religionsfond beläuft, ob er sichergestellt und nach Provinzen geschieden ist, wie er und zu welchen Zwecken er verwendet wird, ob die Rechnungen ordnungsgemäß und treu geführt werden — das weiß die Kirche nicht, das wissen auch die Bischöfe nicht, weil man ihnen die Einsicht in die Rechnungen des Religionsfondes nie gestattete, obwohl sie ihnen gesetzlich zugesichert wurde. Das wissen nur die Bischöfe, daß, so oft sie um eine Verbesserung der traurigen Lage der Seelsorger und der niederen Capläne dringend ersuchten, von Seite der Regierung immer große Schwierigkeiten erhoben und nach vielem Hin- und Herschreiben, Commissioniren wenig oder nichts bewilligt, und der arme Pfarrer mit dem vertröstet wurde, er solle durch gute Bewirthschaftung das einbringen, was ihm an der Congrua fehlt. Bei reicher dotirten Pfründen drang man mit aller Strenge auf die Reinventirung des Pfarreinkommens, um vielleicht einen größeren Beitrag zum Alumnaticum oder Zehentsteuer zu erzielen. Aber bei armen Pfarrern, wo man im Voraus sah, daß ein Beitrag für dieselben wird gegeben werden müssen, gab es sehr viele Schwierigkeiten. Es brauchte von Seite des Pfarrers, des Dechants, des Consistoriums viele anhaltende, langjährige Bitten, um nur eine Erwirkung zur Reinventirung des Pfarreinkommens zu bekommen, und kam endlich die Erlaubniß dazu, so suchte man das Einkommen des armen Pfarrers so hoch als möglich hinaufzuschrauben, und strich dagegen willkürlich bedeutende Ausgabsrubriken hinweg, so daß dem armen Pfarrer nicht viel geholfen wurde. Das Inventarium ging an die Staatsbuchhaltung; sah die Staatsbuchhaltung, daß der Beitrag doch werde nothwendig gegeben werden müssen, se half sie sich aus der Verlegenheit, sie zog eine alte Fassion hervor, strich das ganze kreisämtliche Operat, setzte mit rother Tinte neue Zeilen darunter, und die Freude des armen Pfarrers war dahin, er mußte schweigen, jeder Recurs war vergeblich. Ich weiß sehr viele solche Fälle aus eigener Anschauung, ich war auch Pfarrer und Dechant, und habe sie zum Belege angeführt, damit man sehe, was für eine Rücksicht der Religionsfond auf die Besserung der nieder dotirten Pfarreien und überhaupt auf den Cultus der Kirche nahm. Kein Wunder, daß die Kirche jetzt die Verwaltung des Religionsfondes auch in dieser Richtung wünscht, da es der katholischen Kirche daran gelegen sein muß, daß das Kirchenvermögen in ihrem Geiste nur zu kirchlichen Zwecken verwendet, die Seelsorger standesmäßig erhalten, der Gottesdienst mit Anstand gefeiert werde. Da ihr die heilige Pflicht obliegt, daß die zum Heile der Verstorbenen gestifteten Messen und Andachten pünctlich verrichtet, die Armengelder an die Armen verabreicht, die kirchlichen, Schul- und Spitalbeiträge geleistet werden, so hat sie auch das Recht, auf die selbstständige Verwaltung des Kirchenvermögens anzutragen. Sie verlangt nichts Unmögliches, sie will dem Staate keine Verlegenheiten bereiten, sie verlangt nicht die Zurückgabe der Capitalien vom Religionsfonde, die Zinsen mögen wie bisher in den Religionsfond einstießen, aber sie will einen leitenden Einfluß auf den Religionsfond miterwirken.

Man wird fragen: wie wird die Kirche das Kirchenvermögen verwalten, wenn es ihr übergeben werden sollte? In Betreff des Beneficialvermögens und desjenigen der Körperschaften würde die Kirche nach den bestehenden Kirchensatzungen, nach welchen der Kirchenpatron einen bedeutenden Einfluß auf die Verwaltung des Kirchenvermögens hat, es verwalten, weil man hier von den allgemeinen Satzungen der Kirche ohne Bewilligung des Papstes nicht abgehen darf. In Betreff der Verwaltung des Religionsfondes im engeren Sinne, dessen Existenz das kanonische Recht ignorirt, müßten sich die Bischöfe jeder Provinz zu einer Synode vereinigen, um zu bestimmen, durch wen und wie er verwaltet werden sollte. Das ist meine Ansicht in Betreff der Verwaltung des Kirchenvermögens. Es versteht sich von selbst, daß man auch nach der Anerkennung des Principes es nicht gleich morgen ins Werk sehen könnte, weil es längere Zeit bedarf, um diese Verhältnisse zu regeln; und sie könnte auch nicht ins Leben treten, bevor nicht die Patronatsverhältnisse und die übrigen Verhältnisse der Kirche zum Staate durch die Gesetze geregelt sind.

Dieses wohl erwägend, habe ich den weitern Zusatz zu meinem Amendement gemacht:

"Die übrigen Verhältnisse zwischen Staat und Kirche werden im Einverständnisse mit dem Kirchenoberhaupte durch ein besonderes Gesetz bestimmt werden."

Unter diesen übrigen Kirchenverhältnissen verstehe ich vorzugsweise das obengenannte Patronatsrecht, dann die Wahl der Kirchenvorsteher und die Ehesachen. Das Patronatsrecht wurzelt im kanonischen Rechte und ist von der Kirche anerkannt. Ohne Einwilligung der Betheiligten dürfte an ihm nichts geändert, und es nicht an einen dritten überlassen werden. Die Kirche achtet die Rechte Aller und könnte so eine Schmälerung der Rechte der Kirchenpatrone nicht gut heißen. Die Wahl der Bischöfe, Prälaten und Domherren ist ein von der Kirche anerkanntes Recht der Krone; würde die Krone auf dieses Recht zu Gunsten der Kirchengemeinte verzichten, so würde die Kirche diese Verzichtleistung mit Freuden aufnehmen, weil dieß einer der wichtigsten Schritte zu ihrer völligen Freiheit wäre; so lange die Krone auf ihrem Rechte festhält, wird es die Kirche achten, in der Hoffnung, daß ihr nicht im Interesse der Dynastie, nicht im Interesse des oft schlecht verstandenen Zeitgeistes, sondern im Interesse wahrer religiöser Volksbedürfnisse katholische Bischöfe werden gegeben werden.

Was nun die Ehesachen betrifft, geht der Staat und die Kirche ihren eigenen Weg, der Staat ist auf seinem die Kirche auf ihrem Gebiete autonom. Weil aber die Ehe ein so wichtiger Gegenstand für den Staat und die Kirche ist, wäre es zu wünschen, daß sich sowohl die weltliche als die kirchliche Macht hierüber verständigen, um in der Praxis Reibungen vorzubeugen. Ueberhaupt sind alle diese drei Gegenstände gemischter Natur, und darum sollten sie auch von beiden Gewalten, des Staates und der Kirche gemeinschaftlich behandelt werden, damit dann jedem Mißverständnisse im Voraus vorgebeugt werde.

Sie sehen, meine Herren, daß ich für die katholische Kirche kein besonderes, kein neues Recht in Anspruch nehme, sondern nur die Rückgabe ihrer alten, ihr gebührlichen Rechte vom Staate verlange, ich wünsche nur das Aufhören jener Bevormundungen, womit die Kirche bis nun zu vom Staate behandelt wurde. Die Kirche hat um diese Bevormundung nie nachgesucht, sie war ihr vom Staate aufgedrungen, sie hat ihrer nie bedurft und nie bedürfen können, weil sie vom Anbeginne her mündig war, und durch den Verlauf von Jahrhunderten mündig bleiben mußte. Der Verlauf von Jahrhunderten hat sie um ihre Mündigkeit nicht gebracht, daß sie etwa wie ein altes Mütterchen unter Curatel käme; der Geist Gottes ist nicht von ihr gewichen; ihr Alter hat sie ehrwürdiger, aber nicht kindischer, unbehilflich und schwach gemacht. Ihr Gewand hat ein altes Aussehen, aber es ist ein unzerrissenes unbeflecktes Gewand, es ist zeitfest, wie das der Israeliten in der Wüste, es schützt vor der Leidenschaft besser, als alle die neu zugeschnittenen Modekleider. Im alten Gewande steht sie da in jugendlich frischer unverwelkter Kraft, ihre Kraft hat nicht gealtert, weil die Wahrheit nicht altern kann. Warum hätte sie auch einen Vormund suchen sollen! Ihre Bischöfe sind ihre Väter, und Väter sorgen für ihre eigenen Kinder besser, als Vormünder für fremde Waisen. Die Kirche verlangt keine Vorrechte für sich, keine Vorrechte, keine Vorzüge, keine Begünstigungen vor anderen Confessionen; ihr alleiniges Vorrecht, wie der verehrte Herr Abgeordnete für Rymanów *) [Bielecki.] so treffend als wahr gesagt hat, ist das Vorrecht der Wahrheit, sie ist katholisch und apostolisch, ihr Vorzug ist der der Unfehlbarkeit und der ewigen Dauer: "Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen". Ihre Begünstigung ist, mit der sittlich-religiösen Erziehung der Menschen von Gott beauftragt zu sein. Im Bewußtsein dieser ihrer Rechte kämpft sie für Wahrheit und Recht, für Tugend und Pflicht, wohl wissend, daß der Herr für sie ihre Widersacher bekämpfen werde. Weil sie aber auch die Pflichten eines Staatsbürgers erfüllt, so hat sie auch die Rechte, die ein jeder Staatsbürger hat und die ihr nicht genommen werden dürfen, wenn der §. 13 durchgeführt werden soll. Im §. 13 haben Sie die Freiheit des Glaubens gewährleistet und die öffentliche Religionsausübung unbeschränkt gelassen, den Fall ausgenommen, daß sie gegen die Sitten, gegen das Recht, gegen die staatsbürgerlichen oder bürgerlichen Pflichten streite. Wollen Sie consequent sein, so müssen Sie auch die Freiheit der katholischen Kirche unbeirrt belassen, weil Sie dem Katholiken sonst mit der Linken nehmen, was Sie ihm mit der Rechten gegeben, und stellen sich in einen Widerspruch. Der Katholik hat keinen besonderen Glauben für sich, sondere nur den der allgemeinen Kirche, keine besondern Religionsübungen für sich, sondern die der allgemeinen Kirche. Was der Kirche frommt, muß auch ihm frommen, was ihr schadet, muß auch ihm schaden. Wenn Sie daher consequent sein wollen, und das wollen Sie, so müssen Sie der Kirche ihre volle Freiheit, die unbeirrte Freiheit innerhalb ihrer Gränzen auf dem kirchliche Gebiete belassen, die bisherigen Einschränkungen aufheben, und die weitere Bevormundung aufgeben.

Wenn man das Auftreten der Kirche in der Geschichte erwägt, so zeigt sich, daß sie erst seit den 4 Jahrhunderten, nachdem ihr der Schutz der weltlichen Gewalt zu Theil geworden, in ihrem Rechte geschmälert wurde. Die Apostel predigten die göttliche Lehre, feierten die heiligen Geheimnisse, erließen Gesetze und Anordnungen, stellten Bischöfe zu ihren Nachfolgern, straften die Widerspänstigen, ohne um eine Bewilligung, um eine placetum regium nachgesucht zu haben. Und würden sie sich darum bekümmert haben, fürwahr! wir würden vielleicht bis heute Heiden geblieben sein. Sie haben sich in ihrem Berufe auch durch Androhung von Strafen nicht stören lassen, und ihrem Beispiele, ihrer Weisung folgten die Bischöfe der ersten 3 Jahrhunderte, in denen keine Spur von Einmischung der Staatsgewalt in kirchliche Angelegenheiten erscheint. Ja der heidnische Kaiser Alexander Philippus wies eine von der christlichen Gemeinde zu Antiochia an ihn gelangte Streitfrage geradezu zur Entscheidung an den römischen Bischof. Erst seit Constantin der Große die christliche Religion angenommen hatte, stand er in dem Wahne, daß er auch nach dem Uebertritte zum Christenthume das Recht eines Summus Pontifex eben so gut in der Kirche ausüben dürfe, wie er es im Heidenthume ausgeübt hatte, weßwegen er auch vom spanischen Bischof Kosius nach dem Zeugnisse des heiligen Athanasius zurückgewiesen wurde mit den Worten: "Mische dich nicht in geistliche Dinge und erlasse über dergleichen Sachen keine Verordnungen an uns, sondern umgekehrt, lasse dich hierüber von uns belehren. Dir hat Gott das Kaiserthum, uns das Kirchliche anvertraut. So wie Derjenige sich schwer versündiget, der dein Kaiserthum antastet, so wirst auch du dich eines schweren Verbrechens schuldig machen, wenn du das Kirchliche an dich ziehest." Seine Nachfolger, die byzantinischen Kaiser, erließen sogar Verordnungen in Glaubenssachen — ich erinnere nur an das Henoticon des Kaisers Zeno, an die Ecthesis des Kaisers Heraclius — so daß die Verordnungen jener Kaiser oft von der allgemeinen Kirche desavouirt werden mußten. In dem Abendlande gab es in jeder Periode einzelne Fürsten oder Fürstenhäuser, die in das Kirchliche schwerer Uebergriffe sich schuldig machten. Der üppige Boden, auf den damals die Kirche gepflanzt wurde, lähmte ihre innere Kraft und legte den Keim zur künftigen Knechtung derselben. Die Religionswirren des 15. und 16. Jahrhunderts, die so drohend für die Kirche auftraten, gaben damals den katholisch gebliebenen Fürsten die Gelegenheit, die Kirche zu schützen, aber auch den erwünschten Anlaß, sich in das Kirchliche zu mischen und sich des Einflusses auf die Kirche zu versichern. Dieser Einfluß blieb und erreichte seine Höhe zu Ende des vorigen Jahrhunderts. Seit Kosius, den ich genannt habe, bis auf die Zeilen des Clemens August von Köln, Dunin von Posen und Gnesen und Gutkowski von Podlachien hat die Kirche sich dieser Anmaßung von Seite des Staates widerseht, und ihre Rechte entgegengehalten; leider umsonst, selten mit gutem Erfolge! denn die Politik der Knechtung aller Interessen konnte die Kirchenfreiheit auf ihrem Gebiete nicht lassen. Sie aber, meine Herren, stehen jetzt auf dem Boden des Rechtes, Sie verabscheuen die vorige, unedle Politik, Sie wollen daß sich der Bürger frei bewege auf dem rechtlichen Boden. Wer Freiheit will, muß sie auch gleichmäßig für Alle wollen, wer Recht spricht, der darf auf die Person keine Rücksicht nehmen. Warum kann denn die freie Kirche neben dem freien Staate nicht bestehen? Eine Wahrheit hebt die andere nicht auf. Warum können sich nicht zwei Körper in ihren Bahnen neben einander bewegen? — Wohl sagt man: Aber das Ausgleiten aus dieser Bahn fürchtet man, man fürchtet die Uebergriffe der Kirche der Vorzeit. Sie wollte früher im Staate herrschen; man sollte auf der Huth sein, daß sie nicht auch jetzt ihren Einfluß mißbrauche. — Ich läugne nicht, daß die einzelnen Vorsteher der Kirche sich Uebergriffe in das weltliche Regiment erlaubten; ich dedaure sie, sie sind ein Beweis menschlicher Schwäche, ein Beweis des so oft im Leben vorgekommenen Widerspruches zwischen glauben und thun; aber die weitere Folgerung kann ich nicht zugeben, daß sie der Kirche zur Last gelegt werden. Ueberhaupt wird viel dem Mittelalter zur Last gelegt, was näher beleuchtet, und nicht nach unserer, sondern nach der damaligen Ansicht beurtheilt, sich in einem ganz anderen Lichte, oder sogar als historisch unrichtig herausstellt. Wie viel wurde dem Papst Gregor VII. vorgeworfen! wie sehr wurde er wegen Mißbrauch seiner Gewalt getadelt, bis sich ein wahrheitsliebender Protestant fand, der mit einer seiner Gelehrsamkeit eigenen Gründlichkeit der Sache auf den Grund schaute — und sieh! seine unparteiischen Forschungen führten ihn zu dem unerwarteten Resultate, daß Gregor VII. nicht nur frei sei von allen ihm gemachten Vorwürfen, sondern als ein heiliger Mann, als der größte Geist in seinem Zeitalter dasteht, der von der Idee der Freiheit der Kirche ergriffen, eine neue Bahn ungeachtet aller Hindernisse sich brach, und fern von allen weltlichen Gelüsten mit apostolischem Muthe bis zu seinem im Exil erfolgten Tode verfolgte. Würden wir über einzelne Gegenstände, über einzelne Perioden des Mittelalters so gelehrte und gründliche Monographien haben, wie eines Dr. Voigt über Gregor VII. und eines Dr. Hurter über Innocenz III., wir würden im Manchem unser Urtheil ändern, und uns in Manchem der Kirche zum Danke verpflichtet finden, da sie den Muth hatte, allein damals der weltlichen Rohheit entgehen zu treten. Heute haben sich die Zeiten wesentlich geändert; der Mißbrauch der kirchlichen Macht, den sich einzelne Kirchenvorsteher, Päpste und Bischöfe in der Vorzeit zu schulden kommen ließen, kann heute bei dem ausgebildeten Rechtszustande, bei den ungeheuren Fortschritten in den Künsten und Wissenschaften, bei dem erwachten politischen Selbstbewußtsein des Volkes, bei der von der Vorzeit ungeahnten Macht der öffentlichen Meinung und Presse, moralisch beinahe nicht mehr möglich sein, — überhaupt sollte auch hier der Grundsatz seine Anwendung finden, daß der Mißbrauch den guten Gebrauch nicht ausschließe. — Die Kirche wegen Furcht des Mißbrauches fortan beschränken wollen, heißt Jemanden darum in sein Recht nicht einsetzen wollen, weil man besorgt, er würde, eingesetzt in diese seine Rechte, es nicht verstehen, mit seinem Rechte umzugehen. Meine Herren, wir müssen die Kirche von der Menschheit nicht trennen; die Kirche ist sich ihres Berufes, sittliche Erzieherin des menschlichen Geschlechtes zu sein, vollkommen bewußt, sie hat diesen ihren Zweck nie aus den Augen verloren, sie weiß sich immer nach den Bedürfnissen der Gläubigen zu richten, und weiß wohl, daß die Anordnungen vor 100O Jahren heute nicht mehr frommen, obwohl sie zu ihrer Zeit heilsam waren. Die Kirche war dem wahren Fortschritt auf dem geistigen Gebiete nicht entgegen und hat ihn von sich nicht zurückgewiesen, was ich so ganz natürlich finde, weil ihre Lehrer, die Bischöfe und Priester aus dem Volke gewählt werden, unter dem Volke und für das Volk wirken, und in der Regel das Gepräge das Volkes an sich tragen. Die größten Lehrer der Kirche: Ambrosius, Chrisostomus, Augustinus, Cyprianus waren früher gelehrte Laien, ehe sie in den Dienst der Kirche traten; natürlich daß sie dann einen ehrenvollen Gebrauch von der weltlichen Gelehrsamkeit in der Kirche machten. Meine Herren! auch heute versteht die Kirche ihre Zeit, sie weiß sehr wohl, wo sie der Schuh drückt, sie will sich verjüngen und bebet nicht zurück vor dem Worte: "Reform!" (Bravo.) Der heilige Vater Papst Pius IX. hat es bereits in einem im Jahre 1847 an alle Bischöfe erlassenen Breve im Betreff der Klöster ausgesprochen; allein etwas Anderes ist das Messer in der Hand eines verständigen Gärtners und etwas Anderes in der Hand eines ungeübten Gärtnerbuben (Bewegung). Lösen Sie die Bande der Kirche, und Sie besitzen die Kunst in hohem Grade, den Baum des Herrn so zu pflanzen, daß er Früchte trage zum ewigen Leben; aber einen Fortschritt kann die Kirche nicht billigen, den Fortschritt, welcher sich des Glaubens an die göttliche Offenbarung entschlägt, der die katholischen Dogmen für starre Formen betrachtet, der die biblischen Thatsachen für Mythen der Vorzeit erklärt, der den höchsten, den einzigen Gegenstand unserer Verehrung, unserer Hoffnung, unseren Trost, unser Heil, den Sohn Gottes Jesus Christus in eine Reihe mit Sokrates und Huß zusammenwirft, — einen solchen Fortschritt verwirft und verdammt die Kirche. (Bewegung.) Er ist kein Fortschritt, er ist ein beklagenswerther Rückschritt, er führt in weiterer Folge zum Unglauben, und jeder echte Vaterlandsfreund wird mir hierin beistimmen, weil er die Ueberzeugung nicht fahren lassen darf, daß das religiös-sittliche Element, sowie es die Lebenskraft des Einzelnen und das Band der Familie ist, so auch die Grundlage eines jeden Staates bildet, jeder Gesetzgebung die innere Weihe verleiht. Ist das Fundament schwach, so kann auch das Haus nicht fest sein, man kann daran flicken wie man will, aber über kurz oder lang wird es doch zusammenstürzen. Sie, meine Herren, wollen ein festes Haus aufbauen, darum empfehle ich Ihnen mein Amendement, in der Hoffnung, daß Sie der Kirche in einem freien und gerechten Staate die gebührende Rechnung tragen, die sie als Aufbewahrerin und Pflegerin der Religion verdient. Sie werden, so hoffe ich, ihre Hände nicht binden wollen, damit sie rechts und links Wohlthaten spende. Sie werden ihren Mund nicht sperren wollen, damit sie den herannahenden Sturm der Zeit beschwöre. Sie werden ihrer Entwicklung nicht entgegen wirken, damit sie ihrer Aufgabe genüge, Erzieherin, sittliche Erzieherin des Menschen zu sein. Sollten Sie jedoch beschließen, daß die katholische Kirche noch fortan bevormundet, polizeilich gedrückt und in ihrer Sphäre beirrt werde, so wird die katholische Kirche diese Entscheidung als eine Verletzung ihrer Rechte, als eine Verachtung ihrer Autonomie, als eine erniedrigende Behandlung von Seite des Staates ansehen und dagegen Klage erheben müssen; aber von ihrem Heilande an die Geduld gewiesen, wird sie dieser Entscheidung keine Gewalt entgegen setzen, sie wird nur mit den Waffen des gottlichen Wortes und des Gebetes dagegen ankämpfen, fest vertrauend auf den Schutz ihres Heilandes und den Trost ihres Apostels, daß Denjenigen, die Gott lieben, Alles zum Guten gereicht.

(Beifall rechts und im Centrum.)

Präs. Der Verbesserungsantrag des Abg. Wierzchlejski lautet: (liest ihn.) Wird dieser Verbesserungsantrag unterstützt? (Zureichend.) Es hat das Wort der Abg. Borrosch.

Abg. Borrosch. Ich habe die Priorität dem Abgeordneten von Myslenice eingeräumt.

Abg. Kosakiewicz. Meine Herren, ich bin ein einfacher Mensch, ein einfacher Priester, und ich will auch einfach meinen Antrag begründen. Meiner Ansicht nach macht einen großen Theil des Glückes der Menschen auf der Erde die Empfindung des religiösen Glaubens. Ohne diesen Glauben hat die ganze Welt nichts mehr Anziehendes, keinen Reiz für den Menschen, als eine sich zur Auflösung neigende Leiche. Ohne diesen Glauben flucht der Unglückliche, der mit Noth und Elend Ringende dem Tage seiner Geburt, und mit der Materie Uebersättigte hat kaum eine andere Empfindung, als den des Ekels und Verdrusses. Nur der religiöse Glauben macht das Schöne schön, macht den Arbeiter lebensfroh und heiter, nur der religiöse Glauben hat den Reiz für den Reichthum des Lebens. Ich kann mir ohne religiösen Glauben keinen sittlichen Menschen vorstellen. Ich habe gar nichts gegen die Aufklärung, Erziehung, halte aber dafür, daß ein Mensch ohne Glauben, wenn er auch noch so viele Sprachen spricht, wenn er alle Weltwinkel besucht hat, doch sehr ähnlich einem Tiger ist, der seine Dressur nur dazu benützt und gebraucht, den rechten Augenblick zu treffen, seine Beute verschlingen zu können. Der religiöse Glaube ist die hohe Constitution, die uns nicht nur vorschreibt, daß man einem Jeden das Seine lassen soll, diese Constitution schreibt uns mehr vor, sie schreibt uns vor: Eintracht, Freundschaft, Liebe, Wohlwollen und Wohlthätigkeit, ohne Rücksicht auf Nationalität. (Beifall.) Diese Constitution hat ihre Executivgewalt in sich selbst, sie bewacht den Menschen überall, man kann sie weder betrügen, noch hintergehen.

Meine Herren! Meiner Meinung nach ist die Aufgabe der Kirche, den Glauben zu wecken, zu erhalten und zu stärken. Dazu sind die Tempel, die Seelsorger und alle geistlichen Einrichtungen da. — Ich verlange Freiheit für die Kirche, für ihre Lehre, Freiheit in ihrem Organismus; ich verlange aber keine unbedingte, keine obsolute Freiheit, ich anerkenne das Recht der Aufsicht des Staates über die Kirche. In einem Rechtsstaate gibt es keine absolute Freiheit; in einem Rechtsstaate hat sich selbst das Oberhaupt des Staates zu seinem eigenen und zum Wohle des Staates beschränkt durch verantwortliche Minister. Ich will die Kirche nicht so frei wissen, wie sie in Nordamerika ist, wo der Kirche frei steht, zu leben und zu sterben, und wo man ihr aus Europa Lebensmittel schicken muß, um sie zu erhalten. Ich will auch nicht so große Freiheit, wie sie in Ungarn ist, ich weiß, daß dort die Bischöfe Hunderttausende jährlich Einkünfte haben, ich weiß, daß dort die Domherren mit sechs Luxuspferden fahren, ich weiß, daß dort die Pfarr-Capläne, die Tag und Nacht dem mühevollen Landmanne an der Hand mit Trost und Hilfe waren, kaum 20 Gulden jährlich haben, ich weiß aber auch, daß dorten weder große Lust zu Synoden, noch ein reinerer und stärkerer Glaube war, als bei uns. Im Gegentheile wage ich zu sagen, daß bei uns, obgleich unter der Aufsicht des Staates, — ja ich wage zu behaupten, daß bei uns Glaube und Menschenfreundlichkeit mehr sichtbar im Wachsthume waren. Ich anerkenne das Recht des Staates zur Aufsicht, ich anerkenne auch das Recht der Verwaltung der kirchlichen Güter. Der göttliche Stifter des Christenthums hat seinen Aposteln nicht gesagt, sie sollen Sorge tragen für zeitliche Güter, nein, im Gegentheile, er hat ihnen gesagt, sie sollen weder zwei Kleider noch eine Tasche besitzen (Heiterkeit, Beifall), wohl aber hat er ihnen gesagt: Wo ihr bleibt, dort sollt ihr essen und trinken, was man euch vorlegt, denn ein jeder Arbeiter verdient seinen Lohn. Nun meine Herren, geben Sie einem Jeden seinen Lohn, geben Sie der Kirche was sie braucht; das ist Ihr Recht, das ist Ihre Pflicht, das gehört nicht zur Synode. Die ersten Apostel in ihrer ersten christlichen Versammlung beschäftigten sich nicht mit zeitlichen Gütern; es wollten sie zwar die ersten christlichen Gemeinden auch zum Verwalten der zeitlichen Güter wählen, sie sagten aber bald: Es geht uns schwer mit dem Verwalten der zeitlichen Güter, wählt demnach aus Eurer Mitte ehrliche Männer zu diesem Zwecke, wir aber wollen predigen und beten. (Heiterkeit, Beifall.) Nun meine Herren, die Kirche soll predigen, mit den Christen und für die Christen beten, der Staat aber soll für den Cultus sorgen, er soll für die Seelsorger sorgen und einem jeden seinen gebührenden Lohn geben. Bis jetzt war das nicht der Fall, bis jetzt hatten Einige mehr als sie brauchten, die Andern nicht einmal das, was sie brauchten; die Einen hatten Titel und Glanz und wenig Arbeit, die Andern hatten Arbeit und kaum einen Lohn. (Heiterkeit.) Ueberhaupt scheint der Caplan zur Arbeit bestimmt, Sie wissen das selbst, ich berufe mich auf Sie; er predigte, er taufte, er katechisirte, er besuchte die Schule, man forderte von ihm Anstand in der Kleidung, in Kost, Bibliothek, Aufklärung, die Gastfreundschaftlichkeit, und weil er meistentheils predigen und zur Wohlthätigkeit ermahnen mußte, forderte man von ihm den ersten Beweis. Man gab ihm 33 kr. C. M. und ein Drittel (Heiterkeit), davon sollte er Alles bestreiten; er war einer unbeschränkten Willkür seiner Obern ausgesetzt; er mußte Reisen so vielmal vornehmen, als man ihm befahl; er konnte übersetzt werden, wenn auch fünfmal des Jahres; auf der Reise hatte er gar nichts, selbst nicht die 33 kr. und ein Drittel. (Heiterkeit.) Man ließ ihn reisen 15 und 20 Meilen, man fragte nicht, wie er dieß könnte, man befahl und er mußte, wenn auch das Unmögliche, leisten. Wollen Sie das, meine Herren, noch länger dulden, wollen Sie von Ihren Committenten den Vorwurf verdienen, daß Sie das in die Länge schieben, was Sie jetzt schon beseitigen könnten und sollten? Ich höre über diesen Gegenstand von allen Seiten die Stimmen, und man erwartet mit Ungeduld, was wir hierüber beschließen. Ja, wird man mir sagen, weil es jetzt Mode ist auf jedes Eigenthum Anspruch zu haben. Nein, sage ich, ich habe Niemanden gefunden, der auf ein gerechtes Eigenthum einen Anspruch hätte. Aber ist denn Kircheneigenthum nicht ein gerechtes Eigenthum? Ja, sage ich, es ist ein gerechtes Eigenthum, aber nicht einzelner Priester, sondern Eigenthum der Kirche. In der Vorzeit waren die Bischöfe verpflichtet, von den reichen Stiftungen nicht nur ihre eigenen Bedürfnisse, sondern auch die der Diöcesankirche zu decken. (Bravo!) Man hat es aber mit der Zeit vergessen, man hat sich gewöhnt, die Bisthümer als Eigenthum Einzelner zu betrachten, die Seelsorge aber und die Diöcesankirche ihrem besseren oder schlechteren Schicksale zu überlassen. Meine Herren, Sie sind Christen, Sie sind Katholiken, vertreten hier Christen und Katholiken, und ich glaube, Sie haben auch die Vollmacht, auch in Hinsicht der Kirche was das Materielle betrifft, das Gerechte zu treffen. Wollen Sie denn noch länger dulden, daß statt der Kirche Palläste gebaut, und statt dem Seelsorger Luxuspferde mit kirchlichen Gütern erhalten und genährt werden? (Bravo.) Ich habe eine gute Meinung von Ihnen.

Ich habe noch zwei Puncte zu berühren. Der erste davon betrifft die Wahl der kirchlichen Vorsteher. Ich habe in meiner Vorrede berührt, daß der religiöse Glaube der Grundstein des Erdenglückes und der reinen Sitten sei; daß der religiöse Glaube von einem fähigen und eifrigen Seelsorger hauptsächlich abhängt, dazu brauche ich leinen Beweis zu führen, bemerken aber muß ich, daß die christlichen Gemeinden so lange keine fähigen und eifrigen Seelsorger zu hoffen haben, als die Wahl der Kirchenvorsteher von einem Einzelnen und nicht von der ganzen Gemeinde vorgenommen wird. Ich läugne nicht die Ausnahmen und die ehrlichen Charaktere, die wie überall, so auch in dieser Hinsicht die christlichsten Absichten haben, im Allgemeinen aber pflegen die Individuen immer individuelle Zwecke zu verfolgen. Dieß war bei der Besetzung der Pfarreien nicht selten der Fall, wo ein Indifferentist oder sogar Atheist das Recht hat, einen Pfarrcandidaten zu präsentiren. So ein Patron wird kaum fragen: Hat der Candidat Fähigkeiten? ist er ein guter Prediger? katechisirt er gerne? besucht er fleißig die Schule? Nein! Er wird fragen nach seinen persönlichen Interessen, zum Exempel: ist er ein guter Kartenspieler? (Heiterkeit und Zischen.) Das sind praktische Sachen, meine Herren! Also er wird fragen: Ist der Candidat ein guter Kartenspieler? (Zischen.) Sucht er einen Gewinn in der Propination, so wird er fragen: Ist er ein guter Trinker? (Heiterkeit) und kann er seinen Untergebenen mit gutem Beispiele vorangehen? (Heiterkeit.) Sucht der Patron Geld, so fragt er um Geld, und wenn er das Geld nicht sucht, so sucht es häufig sein Kammerdiener. Solche Sonderinteressen kann die ganze Gemeinde nicht haben. Die ganze Gemeinde, wenigstens ihrer Majorität nach, ihrer Natur nach, muß trachten, einen würdigen, einen fleißigen Seelsorger zu haben. Werden die christlichen Gemeinden ihre kirchlichen Vorsteher selbst wählen, so werden auch die Seelsorger trachten, durch Fleiß, durch gute Sitten, durch würdige Haltung die Gunst der ganzen Gemeinde zu haben; sie werden haben so viele Examinatoren, so viele Sitten-Censoren, als Glieder der Kirchengemeinde da sind, und diese Examinatoren, Sitten-Censoren werden oft unparteiischer sein, als die jetzigen, wirklich Angestellten. Bis jetzt war das nicht der Fall. Man suchte nur die Gunst eines Einzelnen durch Schmeichelei, Kriecherei und Heuchelei zu erwerben, um die Gemeinde kümmerte man sich wenig. — Daß in der ersten christlichen Zeit die Kirche und ihre Geistlichkeit so viele Heldenthaten, so viel Tugend aufzuweisen haben, schreibe ich hauptsächlich dem Umstande zu, daß die ersten Christen ihre kirchlichen Vorsteher selbst wählten. Das Recht der freien Wahl der kirchlichen Vorsteher ist ein heiliges, in der Natur der Sache selbst liegendes Recht. Die ersten Christen übten es und die Apostel konnten nur dort predigen, nur dort ihren Sitz haben, wo man sie aufgenommen hatte. Es wurde zwar die christliche Gemeinde in Ausübung dieses Rechtes so wie manches anderen, sowohl persönlichen als auch sächlichen, lange Zeit gehindert, das Recht aber bleibt immer Recht, so wie die Wahrheit immer Wahrheit, und das Licht immer Licht bleibt, wenn es auch der Blinde nicht sieht. Ich glaube, daß sich auch die geistlichen Patrone über die Wahl der kirchlichen Gemeinden nicht beschweren werden, obgleich sie mehr zur Erhaltung des Cultus und der Seelsorge als Andere hergeben. Man behauptet zwar, das Recht der Wahl der kirchlichen Vorsteher stehe nur demjenigen zu, der die Lasten für den Cultus und für die Seelsorge trägt Wenn das wahr ist, so frage ich Sie, warum haben denn die Gemeinden dieses Recht nicht, die doch alle Arbeiten bei dem Baue der kirchlichen Gebäude und bei Reparaturen verrichten, und Zehent und jura stolae geben müssen? Ich habe gesagt, daß hierüber die jetzigen Patronate kein Recht haben sich zu beschweren; der Cultus ist ein Hauptmittel zur Erhaltung Meines und Deines. (Heiterkeit.) Er erhält ihrer mehr, es ist daher nicht unbillig, wenn sie mehr als ärmere geben. Uebrigens sie beschweren sich ja nicht, wenn sie obgleich Besitzer von einigen Tausend Joch Gründen sind, eben so einen Sohn zur Vertheidigung des Vaterlandes geben, als der Arme kaum zehn Joch besitzende Landmann.

Nun meine Herren! zu den Klöstern. Nun meine Herren, ich will nicht untersuchen, ob der Staat das Recht habe, die Klöster aufzuheben oder nicht, bemerken muß ich aber, daß verschiedent Staaten verschiedene Klöster aufgehoben haben, und daß ich so einen Fall auch bei uns nicht unmöglich halte; nur ist eine Frage: kann denn der Staat mit den Klöstern und mit den kirchlichen Gütern nach Belieben schalten und walten? Ja, meine Herren, in einem absoluten Staate ja, denn die Kirche wie der religiöse Glaube kann sich mit seinen Bajonetten nicht messen; ein constitutioneller, ein Rechtsstaat kann es aber nicht. Ein Rechtsstaat soll, muß Jedem das Seinige wahren, die Klöster und kirchlichen Güter sind durch den Glauben und für den Glauben entstanden, sie müssen also für den Glauben erhalten und verwendet werden. Ich fürchte nichts für die Kirche in einem Rechtsstaate, vielmehr habe ich die schönsten Hoffnungen. In einem absoluten Staate hatte ich Manches zu fürchten, ein Mensch bleibt immer Mensch, wenn er auch die größte Macht besitzt; er kann nicht überall sein, nicht Alles wissen, er kann von bösen Dämonen hintergangen und betrogen werden; er kann böse Laune bekommen und in dieser auch so manches Ueble für die Kirche anrichten Dieses Alles und wenigstens so Manches wird in der Constitution beseitigt. Hier wird von den Volksrepräsentanten beständig um den Kaiser und die verantwortlichen Minister ein gewisses Licht verbreitet, und böse Dämonen haben nie so viel Lust bei Lichte, als im Dunkeln zu wandeln.

Meine Herren! ich Habe meine Ansichten ausgesprochen, und habe nichts mehr zu thun als Ihnen meinen Verbesserungsantrag anzuempfehlen; wollen Sie ihn annehmen oder doch gewisse Verbesserungen vornehmen.

Präs. Der Verbesserungsantrag des Herrn Abg. Kosakiewicz lautet:

"Jede Kirche ordnet und verwalten ihre kirchlichen Angelegenheiten selbstständig, bleibt aber unter der Aufsicht des Staates. Jede kirchliche Gemeinde hat das Recht, ihre kirchlichen Vorsteher zu wählen; der Staat sorgt für den würdigen Unterhalt der Seelsorger und des kirchlichen Cultus. Er verwaltet ferner die kirchlichen Güter, kann sie aber weder verkaufen, noch zu anderen als kirchlichen Zwecken verwenden. Die Klostergüter, wenn die Klöster aufgehoben werden sollten, können nur zum Gebrauche des kirchlichen Cultus verwendet werden."

Wird dieser Antrag unterstützt? Er ist nicht unterstützt.

(Antrag auf Schluß der Sitzung — Bewegung, Ruf: Nein!)

Präs. Es wird der Antrag auf Schluß der Sitzung gemacht, ich werde mir auch erlauben, meine Herren, den Schluß der Sitzung zu beantragen, denn der Constitutions-Ausschuß wird heute zeitlicher zusammen kommen, und höchst wahrscheinlich das Werk beendigen; denn es ist die Hoffnung vorhanden, daß der Entwurf für heute fertig werden wird. (Bravo! Bravo!) Und deßwegen beantrage ich den Schluß der Sitzung. Die nächste Sitzung ist morgen um 9 Uhr. Tagesordnung wie heute. Die heutige Sitzung erkläre ich für geschlossen.

(Um 2 Uhr.)


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