Støeda 31. ledna 1849

sind bevorwortet und unterstützt worden. Nur der Abg. Pokorny kam nicht zum Worte. Ich werde seinen Antrag zur Unterstützung bringen. Er lautet: Vor dem letzten Satze des Paragraphes: "Es soll kein Abfahrtsgeld gefordert werden,  soll es heißen: ,, Die Auswanderung der Besitz oder Erwerblosen wird vom Staate durch ein eigenes Kolonisationsgesetz unterstützt. Es ist dieß ein Zusatzantrag, wird er unterstützt? (Unterstützt.)  Es hat jetzt noch der Herr Berichterstatter das Wort.

Abg. H e i n. Hätte der Constituions  Ausschuß die in dem frühern Entwürfe vorangestellten ersten zwei Paragraphe beibehalten, so hätte die hohe Versammlung daraus entnommen, daß der. §. 10 nur eine reine Consequenz aus diesen Paragraphen ist. Es gehört zur Freiheit der Person, daß die Person und ihr Vermögen, in so weit dieß mit den Staatszwecken nicht kollidiert, sich von einem Orte zum andern begeben können. Das Princip selbst ist nicht angefochten worden, ich habe daher nicht nöthig, es besonders zu verteidigen. Ich will mich nur darauf beschränken, hinzuweisen, daß das Abfahrtsgeld und überhaupt alle Beschränkungen über Freizügigkeit, wie sie bisher bestanden haben, nur ein trauriger Überrest aus den Zeiten des Feudalismus, der Knechtschaft, ja sogar aus den Zeiten der Leibeigenschaft sind.

Der Staat ist nach gebrochener Zwingherrschaft des Feudalismus in den Besitz aller jener Feudalrechte getreten, welche sich anzumaßen die jeweilige Regierung für nothwendig oder nützlich fand, und deßwegen hat man auch beliebt, das Abfahrtsgeld als eine Art Steuer zu Gunsten des Staates beizubehalten.  Wollen wir alle Erinnerungen an jene rechtlose Zeit verbannen, so müssen wir uns auch für die Annahme des §. 10 erklären.

Zum. §. 10 sind mehrere Amendements gestellt worden. Ich werde bei den Amendements anfangen, welche gegen das Abfahrtsgeld gerichtet sind, weil die meisten Redner darüber gesprochen haben.

Der letzte Herr Redner vor mir hat einen Grund geltend gemacht, welchen kein Anderer der Herren Redner angeführt hat; er verlangt die Beibehaltung des Abfahrtsgeiles als einer Art Deckung für die Forderungen der Staatsgläubiger. Es ist dieß ein mir ziemlich neuer Grund. Es würde also in dem Abfahrtsgelde so gleichsam eine billige Entschädigung für die Verminderung des öffentlichen oder des Staatsvermögens liegen, das unter den Schütz des Staates oder der Staatsgemeinde gestellt ist.  Ich mache die Versammlung darauf aufmerksam, daß meines Bedankens in dieser Begründungsart seines Antrages der Abg. Kudler sich einer Begriffsverwechslung schuldig gemacht hat. Das Vermögen des Einzelnen ist eben Privatvermögen, zwar unter den Schütz des Staates gestellt, aber nicht eigentliches, direktes Staatsvermögen. Man würde also einen Theil des Privatvermögens der Staatsbürger, und zwar auf sehr arbiträre Art als Staatsvermögen erklären. Ich will bei dieser Vegriffsverwechslüng nicht stehen bleiben, und mache nur aufmerksam, daß der Staatsgläubiger, wenn er so bedeutende Summen dem Staate vorschießt, wahrscheinlich keine Rück. sicht auf das ewig wechselnde Mobiliarvermögen der einzelnen Staatsbürger nimmt, sondern daß er dem Staate Credit schenkt in Rücksicht auf die dein Staate einwohnenden, nicht wechselnden, immer bleibenden Kräfte und zwar die materiellen Kräfte, welche in dein Besitze von Grund und Boden liegen. Jeder Auswandernde nimmt denn doch nur Mobiliarvermögen mit. Dasjenige, was eigentlich die Kraft des Staates bildet, der Grund und Boden und was ihm anklebt, ist es, was den Kredit des Staates schafft, weil Alles dieß doch da bleibt und nicht fortgetragen werden kann. Es muß ein anderer an die Stelle des abtretenden Besitzers des verlassenen Grundes und Bodens treten, denn der Grund und Boden kann nicht mitgenommen werden; es kann also der Staatskredit nicht geschmälert werden, wenn Einzelne auswandern, und wanderten Alle aus, so könnten die Gläubiger Besitz nehmen, und sich reichlich bezahlt finden. Wollte man diese Thesis in ihrer Consequenz verfolgen, so würde man ungerecht gegen einzelne Staatsbürger. Das Abfahrtsgeld würde sich denn doch nur als Steuer herausstellen für ein Vermögen, welches nicht mehr den Schutz des Staates genießt. Nun kann ich mir eine Steuer sehr gerecht denken, so lange die Person oder das Vermögen den Schütz des Staates genießt; wenn aber die Person oder das Vermögen ans dem Schutze des Staates tritt, dann, glaube ich, ist nach den Rechtsgründsätzen der Staat nicht berechtigt, eine Steuer davon abzufordern. Für die Zeit, als das Privatvermögen und die Person im Staatsverbande waren, ist ja eben die Steuer in Form einer Einkommensteuer, Gewerbsteuer oder wie immer Namen habenden Steuer bereits bezahlt worden, der Austretende ist also weder für seine Peron, noch für sein Vermögen etwas schuldig.

Ein Redner vor mir hat an die Worte eines Dichters gemahnt: "An das Vaterland, an das teure schließ dich an. Diese Worte sind wohl in die Brust eines Jeden tief gegraben, und ohne Noth verläßt wohl in der Regel Niemand die Heimat für immer, es wandert Niemand aus, den nicht ein sehr wesentlicher Grund dazu bestimmt. Entweder ist er wohlhabend, aber unzufrieden mit den Institutionen des Staates; er findet in ihnen nicht jene Garantien für die Freiheit, die er als Ideal anstrebt, oder er ist nicht zufrieden mit den Instituten des Staates in andern Hinsichten; glauben Sie, meine Herren, daß der Staat irgend einen Vortheil oder Gewinn ziehe, wenn er solche Missvergnügte und Unzufriedene zurückhält? glauben Sie, daß der Staat berechtigt ist, auch nur indirect einen Zwang auszuüben, damit Jemand, der mit den Instituten des Staates nicht zufrieden ist, im Staate bleibe, und nicht sein Heil anderwärts suchet

Ich glaube, der Staat hat dießfalls nur ein einziges Mittel, es besteht darin, seine Institutionen so zu verbessern, damit Jeder sich darin wohl und heimisch finde. Es gibt aber auch noch eine weit unglücklichere Classe, welche die Auswanderung anstrebt, das ist jene Classe, die von der Noth getrieben wird, die in dem Staate nicht jene Versorgung, nicht jenen Lebenserwerb findet, welche jeder Einzelne finden soll, finden muß, und zu suchen berechtigt ist. Es wäre eine große Ungerechtigkeit vom Staate, solche Menschen an der Auswanderung zu verhindern, sie zu verhindern, ihr Brot, ihren Lebensunterhalt auf eine bessere, leichtere und viel reichlichere Weise zu finden; aber noch viel ungerechter wäre es  wenn diese Armen ihr weniges Vermögen mitnehmen  ich säge, noch viel ungerechter wäre es, dieses Wenige ihnen beim Auszüge aus dem Staate auch noch zu schmälern. Sie sehen, der Constitutionsausschuß hat allen Anforderungen der Humanität und des Rechtes Rechnung zu tragen gesucht, als er den Satz aufstellte: "Es darf kein Abfahrtsgeld gefordert werden. "

Man hat endlich auf Reziprozität hingewiesen, man hat gesagt, es gibt Staaten, welche von dem Vermögen, welches aus ihrem Bezirke in unseren Staat übergeht, das Abfahrtsgeld fordern, und deßwegen müßten wir als Repressalie eben dasselbe thun. Ich bin überhaupt kein Freund von solchen Regtorsionen, auch überzeugte mich das Beispiel, welches der Herr Abgeordnete für Brandens angeführt hat, nämlich das Beispiel von der Reziprozität der Zollgesetze, in dieser Beziehung nicht. Durch die Zollgesetzgebung wollen wir den ganzen Handel und die Industrie schützen, aber dieser Zweck ist bei den Repressalien rücksichtlich des Abfahrtsgeldes nicht vorhanden. Es ist höchstens, daß man, wie der Herr Abgeordnete für Werfen gesagt hat, dem Sprichworte eine praktische Anwendung gibt: Schlägst du meinen Hund, so schlage ich deinen Hund. Will Jemand unsere Staatsbürger und unser Vermögen in der Hinsicht mit Steuer belegen, so ist das noch nicht eine Berechtigung für uns, das Vermögen, welches dorthin gehen soll, und das alsdann jenseitiges Vermögen wird, mit einer Steuer zu belegen, gegen welche das Rechtsgesetz überhaupt spricht; aus dem Unrechte Anderer kann mir nach meiner Überzeugung kein Recht erwachsen.

Herr Thiemann hat das Abfahrtsgeld für eine Notwendigkeit gehalten, weil es für jene Österreicher, welche in Spanien, Portugal, Südamerika, den westindischen Inseln sich aufhalten, einen plausiblen Vorwand abgibt, der Nötigung zum Eintritt in die dortige Staatsbürgerschaft auszuweichen. Erstens finde ich hier nicht den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung; wenn Jemand fest entschlossen ist, nicht eine fremde Staatsbürgerschaft zu übernehmen, also nicht von hier dorthin auszuwandern, wenn er nur dort ist als zeitlich Handeltreibend, so sehe ich nicht ein, wie er gezwungen werden könne, dort die Staatsbürgerschaft zu erwerben, oder wie er darin eine gültige Ausrede finden könne, wenn die dortigen Gesetze ihn nöthigen sollten, die Staatsbürgerschaft nach einer gewissen Reihe von Jahren zu erwerben. Wenn er sagt, er müsse sonst fünf oder zehn Percent Abfahrtsgeld bezahlen, so kann ihn dieß nicht vor dem Zwange, dort Staatsbürger zu werden, schützen, wenn die dortigen Gesetze dieß nämlich verlangen sollten. Aber ich glaube, ein solcher Zwang besteht nicht, und es war zwar ein gut gemeinter, aber ein irriger Grund, welchen der Abg. Thiemann für die Beibehaltung des Abfahrtsgeldes im Falle der Reziprozität vorgebracht hat.

Er beruft sich ferner darauf, daß in Spanien, mit welchem Lande wir noch keine Convention haben, die österreichischen Erben, welche Erbschaften aus Spanien zu erhalten hätten, immer benachteiligt würden, indem die Spanier nur sehr wenig von den Erbschaften herausschickten, unter dem Vorwande, es sei noch keine Convention über das Abfahrtsgeld getroffen; allein dieß streitet eben für den §. 10, denn wenn die Spanier sehen, daß wir kein Abfahrtsgeld mehr abverlangen, so können sie sich nicht mehr darauf berufen, daß noch keine Convention getroffen sei, und wir können es von dem Rechtlichkeits- und Billigkeitsgefühle der Spanier hoffen, daß sie den Erbschaften, die nach Österreich gehen, auch die freie Abfahrt gestatten werden. Herr Thiemann hat gesagt, in diplomatischen Angelegenheiten solle man nicht vorangehen, und beruft sich auf Talleyrand, welcher geäußert haben soll: Ich bin noch nie zu spät gekommen. Dieses Wort beweiset nichts, es zeigt nur, daß Talleyrand sich bestrebt hat, zur rechten Zeit zu kommen oder vielleicht voranzugehen.

Ich komme nun zu jenen Amendements, welche die Kolonisation unter den Schutz des Staates gestellt wissen wollen. Es ist dafür so Wichtiges, so Gründliches angeführt worden, daß ich durchaus in eine Widerlegung der Gründe, welche es wünschenswerth machen, daß die Kolonisation unter den Schutz des Staates gestellt werde, nicht eingehen will. Ich würde es nicht vermögen, diese Gründe zu widerlegen. Ich glaube aber, eben diese Gründe sollen diese Herren, welche dafür so nachdrücklich gesprochen haben, bewegen, diesen Gegenstand durch einen eigenen Antrag vor das hohe Haus zu bringen, erstens, damit er vielleicht schneller zur Kenntniß des Ministeriums gelange, und bei dem Ministerium jene Beachtung finde, die er verdient, zweitens, weil das Colonisations System immer nur von vorübergehenden Maßregeln begleitet sein wird, die sich je nach dem Laufe der Zeiten und Umstände ändern, und ich daher glaube, daß es nicht nöthig sei, so Etwas in die Grundrechte aufzunehmen, weil die Grundrechte nach ihrem Begriffe nur die bürgerliche Freiheit gegen Übergriffe von Oben und Unten schützen sollen, das Colonisationssystem aber in dieser Beziehung den Grundrechten fremd ist, und es nicht zu erwarten steht, daß die Regierung sich gegen die Colonisationsausgabe stemmen wird, indem sie selbst die Wichtigkeit dieser Aufgabe begreifen muß, weil eben von den Übelständen, welche durch die Kolonisationen behoben werden sollen, die wesentlichsten Gefahren für die Ruhe und Einheit des Staates, für die Wohlfahrt seiner Bürger und die Kraft der Regierung drohen.  Das Amendement des Abg. Wiser ist besonders von dem Herrn Redner, welcher unmittelbar nach ihm gesprochen hat, sehr heftig angefochten worden. Der Abg. Dylewski bat dem Abg. Wiser Vorwürfe gemacht, die, wie ich glaube, Herr Wiser nicht verdient, denn er hat nicht die poetische Seite herausgekehrt, sondern er hat die Sache von der ganz praktischen Seite angesehen und in Angriff genommen. Ich theile ganz die Gründe, welche der Abg. Wiser für sein Amendement vorgebracht hat, und würde ich nicht als Berichterstatter des ConstitutionsAusschusses hier stehen, so würde ich mich offen für das Amendement des Abg. Wiser aussprechen. Als Berichterstatter des Constitutionsausschusses kann ich aber dieß nicht thun.

Wenn ich diesen Beisatz des Herrn Abg. Wiser für eine specielle Gesetzgebung hinausweise, so kann ich mich dann nicht mehr für sein Amendement: "Die Freizügigkeit der Person und des Vermögens innerhalb des Staates kann unbeschränkt sein", nicht aussprechen. Die Gründe, warum die Freizügigkeit der Person und des Vermögens innerhalb des Staatsgebietes gewissen Beschränkungen unterworfen sein soll, sind von allen Rednern, insbesondere zuletzt vom Herrn Abg. für Werfen hinreichend auseinander gefetzt worden, ich glaube mich nicht in Wiederholungen einlassen zu sollen, und obwohl der Herr Abg. Wiser nicht den Staat, sondern die Kreisgemeinde für die Unterstützung der Armen in Anspruch genommen hat, muß ich mich doch gegen dieses Amendement erklären, weil es der speziellen Gesetzgebung viel zu sehr vorgreift, und auch nicht nach meiner Überzeugung in die Grundrechte gehört, sondern es den Kreisgemeinden oder der Zentralgesetzgebung, wenn diese es als in ihren Bereich gehörig erkennen sollte, überlassen bleiben muß, diesem speciellen Übelstande abzuhelfen.

Ich gehe nun über auf den Ausdruck "Gemeindegesetz", an Stelle dessen viele Redner den Ausdruck "Gemeindeordnungen" vorgeschlagen haben. Schon der Ausdruck "Gemeindeordnungen" zeigt, daß wir da ein Vielerlei von Bestimmungen bekommen sollen, die wahrscheinlich je nach den Einzelgemeinden ausfallen werden; es ist dieß sehr bedenklich. Wenn Jemand mit seiner Person, mit seinem Vermögen im Staate freizügig sein soll, so muß er denn doch auch die Bedingungen wissen, unter welchen er jeden falls in jeder Gemeinde die Aufnahme zu verlangen berechtigt ist.

Wenn wir nun so vielerlei, ich möchte sagen, so viel tausenderlei Gemeindeordnungen und verschiedene Gemeindeordnungsbestimmungen über die Aufnahme von Personen in den Gemeindeverband bekommen sollen, meine Herren, dann frage ich, welcher österreichische Staatsbürger wird dann im Stande sein, wenn er auch nur 10 Meilen weit ziehen will, zu wissen, was dort in dieser oder jener Gemeinde für Bedingungen zur Aufnahme als Mitglied oder als Genieindiangehöriger vorgeschrieben sind? Ist dann die ganze Freizügigkeit nicht zu einer Fabel, einer Illusion gemacht? Es ist eine bekannte Thatsache, daß besonders in kleinen Gemeinden eine Art Egoismus herrscht, welcher mit der allgemeinen Freiheit im ewigen Widerspruche zu stehen Besthissen ist, wenn er nicht eben durch den vernünftigen Gesamtwillen geregelt wird. Es gibt nichts Exklusiveres  die Erfahrung hat es gezeigt  als die kleinen Gemeinden, denen die Aufnahme von Mitgliedern unbedingt und ohne Rekurs zusteht. Dieß ist auch sehr natürlich, Jeder scheut die Concurrenz im Gewerbe oder in der Parteiherrschaft. Wer steht nun dafür, daß diese kleinen Gemeinden sich nicht hinter Institutionen verschanzen werden, welche die Aufnahme von neuen Mitgliedern oder Gemeindeangehörigen auf die härteste Weise verweigern Institutionen, welche die benachbarten Gemeinden vielleicht zu ähnlichen, als Repressalien aufgestellten Bestimmungen verleiten, und so wird sich das von Gemeinde zu Gemeinde, von Kreis zu Kreis, in immer schrofferer Weise fortpflanzen. Es werden ewig und immer Repressalien von einer Gemeinde zur andern geübt werden, und wir kommen am Ende dahin, daß wir die Unmöglichkeit, von einer Gemeinde in eine andere, auch nur für die kürzeste Entfernung zu übersiedeln, entstehen sehen. Der Herr Abg. Wéžnicky hat vorzüglich aus der Unverletzlichkeit des Hausrechtes der Gemeinde den Antrag begründet, daß statt "Gemeindegesetz" "Gemeindeordnung" gesetzt werden soll. Meine Herren, nach den Erfahrungen, die ich bei der gestrigen Abstimmung gemacht habe, bin ich seiner Ansicht nicht, eben wegen der Unverletzlichkeit des Hausrechtes, welches wir dem Einzelnen auch garantieren wollen, bin ich nicht der Ansicht, daß man jeder Gemeinde ihre Statuten, ihre Gemeindeordnung zu regeln, ganz überlassen soll  namentlich in dem wichtigsten und wesentlichsten Theile rücksichtlich der Aufnahme von Gemeindegliedern. Eben weil wir jedem Einzelnen sein Hausrecht gewahrt haben wollen, und gestern wieder einem Gemeindevorstande das Recht zuwiesen, jedem Einzelnen das Hausrecht deliebig stören zu können, wünsche ich, und sind wir, wie ich glaube, verpflichtet, durch allgemeine Gemeindegesetze dafür zu sorgen, daß das Hausrecht der Gemeinde nicht zum Unrechte an den Rechten der Einzelnen, so wie des ganzen Staates werde. Und eben darum wurde uns von dem geehrten Mitgliede, dem Herrn Abgeordneten für Perchtoldsdorf das Gemeindegesetz vorgeschlagen. Dieses Gesetz muß die Grenzlinien enthalten, welche nothwendig sind, damit keine einzelne Gemeinde oder auch keine Kreisgemeinde und keine Provinzgemeinde über jene Grenzen hinausgehe, die gezogen sein müssen, damit sich ihre speciellen Freiheiten mit den Freiheiten Aller und dem Staatszwecke vertragen. In dieser Hinsicht kann das Gemeindegesetz nur von der Centrallegislation ausgehen, nur von uns; und Sie, meine Herren, würden in einen ungeheueren Widerspruch mit sich selbst gerathen, wenn Sie, die Sie gestern eine Commission zur Berathung eines Gemeindegesetzes einsetzten, eben diesem Zwecke entgegen, durch die Annahme des Ausdruckes " Gemeindeordnungen" in diesem Paragraphe dieser Commission ihre Aufgabe zur Unmöglichkeit machen wollten.

Präs. Die vorliegenden Verbesserungsanträge sind derartig, daß die Abstimmung bezüglich jedes einzelnen Satzes des §. 10 vorgenommen werden muß, auch müssen einige Anträge bei der Abstimmung getheilt werden. Zum ersten Satze, welcher lautet: "Die Freizügigkeit der Person und des Vermögens innerhalb des Staatsgebietes unterliegt nur den in dem Gemeindegesetze enthaltenen Beschränkungen, " liegen drei Verbesserungsanträge vor; es ist nämlich der des Abg. Wiser, des Abg. Jonák und des Abg. Borrosch. Bezüglich der Ordnung, in welcher sie zur Abstimmung kommen sollen, kommt der des Abg. Wiser vor allen zur Abstimmung, weil er nämlich gar keine Beschränkung bezüglich der Freizügigkeit zulässt, demnach sich vom Antrage des ConstitutionsAusschusses am meisten entfernt. Was die zwei anderen Anträge anbelangt, so kommt zunächst der Antrag des Abg. Jonák zur Abstimmung, weil derselbe in Entgegenhaltung zu dem Antrage des Abg. Borrosch und zu dem Kommissionsantrage die weiter reichende Beschränkung enthält, die Beschränkung, daß die Freizügigkeit durch die Gemeindeordnungen geregelt werden solle. Der Antrag des Abg. Borrosch geht auf die Aufnahme der Worte "gesetzlichen Beschränkungen, " unter welchen auch Gemeindegesetze verstanden werden können, demnach steht derselbe dem Kommissionsantrage näher, und kömmt daher später zur Abstimmung. Es ist zu bemerken, daß, wenn der Antrag des Abg. Wiser angenommen wird, die Anträge der Abg. Jonák und Borrosch entfallen; sollte der Antrag des Abg. Jonák angenommen werden, so entfällt der des Abg. Borrosch. Sodann kommen die Zusatzanträge, welche zwischen dem ersten und zweiten Satze des §. 10 eingeschaltet werden sollen; es sind dieß Anträge, welche Bestimmungen über die Kolonisation, das ist über Ansiedlungen innerhalb des Staatsgebietes aufgenommen haben wollen. In dieser Beziehung kömmt der Antrag des Hrn. Abg. Wiser früher zur Abstimmung in seinem 2. Theile, und zwar aus dem Grunde: Es ist in dem §. 10 gar keine Bestimmung enthalten bezüglich der Kolonisation. Es werden in dieser Beziehung den Staatsgliedern keine Verpflichtungen auferlegt. Specielle und bestimmte Verpflichtungen will auferlegt haben der Antrag des Abg. Wiser, welcher eine Beitragspflicht ausspricht. Allgemeiner ist der Antrag des Abg. Szábel, welcher überhaupt das Kolonisationswesen unter den Schutz des Staates stellt. Diesem zu Folge kömmt zuerst der Antrag des Abg. Wiser und dann der Antrag des Abg. Szábel zur Abstimmung.  Weiterhin kommt der zweite Absatz des § 10: "Von Staatswegen wird die Freiheit der Auswanderung nicht beschränkt, " zur Abstimmung, zu welchem kein Verbesserungsantrag vorliegt.  Nun kömmt der Antrag des Abg. Pokorny, welcher als ein Zusatzantrag nach dem eben gelesenen und vor dem letzten Satze des §. 10 beantragt wird, und welcher die Auswanderung außerhalb des Staatsgebietes betrifft.  Endlich kommt der dritte Satz zur Abstimmung, und in dieser Beziehung vor demselben der Verbesserungsantrag des Abg. Ullepitsch. Derselbe ist mit Bezug auf den Antrag des ConstitutionsAusschusses, wenn er in seine Theile aufgelöst wird, ein stilistischer Verbesserungs-  und Zusatzantrag. Ein stilistischer Verbesserungsantrag in der Beziehung, als er mit ändern Worten denselben Grundsatz ausspricht, nämlich: "Die Entrichtung des Abfahrtsgeldes findet nicht Statt, " und beantragt weiterhin auch noch den Zusatz: "Fälle der Notwendigkeit der Reziprozität ausgenommen. " Es kommt demnach zuerst der stilistische Verbesserungsantrag zur Abstimmung, und dann der Zusatzantrag.

Ich werde also zur Abstimmung bringen die Verbesserungsanträge zum ersten Satze des §. 10. Dieser lautet: "Die Freizügigkeit der Person und des Vermögens innerhalb des Staatsgebietes unterliegt nur den in dem Gemeindegesetze enthaltenen Beschränkungen. " Nach der von mir festgesetzten Ordnung kommt vor allem der Antrag des Abg. Wiser zur Abstimmung, und zwar durch Aufstehen und Sitzen bleiben. Der Antrag lautet: "Die Freizügigkeit der Person und des Vermögens innerhalb des Staatsgebietes unterliegt keiner Beschränkung. " Diejenigen Herren, welche für diesen Verbesserungsantrag sind, wollen aufstehen. (Minorität.) Der Antrag ist gefallen.

Nun kömmt der Verbesserungsantrag des Abg. Jonák zur Abstimmung, und zwar vermittelst Kugelung; derselbe will, daß anstatt der Worte des ersten Satzes des §. 10: "in dem Gemeindegesetze, " gesetzt werde: "in den Gemeindeordnungen. " Diejenigen Herren, welche für diesen Antrag stimmen, wollen die weiße Kugel in die rechte, und die schwarze in die linke Urne werfen.

Diejenigen Herren, welche dagegen sind, wollen die schwarze Kugel in die rechte, dagegen die weiße Kugel in die linke Urne werfen. (Ruf: Übersetzen.)

Wird der Antrag auf Übersetzung dieses Antrages unterstützt? (Wird unterstützt.)

(Der Abg. Szaszkiewicz übersetzt den Antrag ins ruthenische und polnische der Abg. Plato ins italienische, der Abg. Tomek ins böhmische.)

Präs. Der Herr Sekretär Ullepitsch wird die Namen verlesen. (Nach der Kugelung.) Die Abstimmung führte zum folgenden Resultate: für den Antrag des Abg. Jonák stimmten 176, gegen den Antrag 136; der Antrag ist mit einer Majorität von 40 Stimmen angenommen. Durch diese Abstimmung entfällt die Abstimmung über den Antrag des Abg. Borrosch, und der verbesserte Absatz des §. 10 ist demnach in folgender Form angenommen, er lautet: "Die Freizügigkeit der Person und des Vermögens innerhalb des Staatsgebietes unterliegt nur den in den Gemeindeordnungen enthaltenen Beschränkungen. "

Es kommen nun vermöge der von mir festgesetzten Frageordnung die Zusatzanträge zur Abstimmung, die nach diesem Satze zu stehen kommen sollen. In dieser Beziehung sollte vor Allem der Zusatzantrag des Abg. Wiser zur Abstimmung kommen, der Herr Abg. Wiser hat ihn jedoch zurückgenommen, weil er seinen Antrag nur als Ganzes angenommen oder verworfen haben will. Es entfällt demnach die Abstimmung über diesen Zusatzantrag. Der letzte Zusatzantrag ist der des Herrn Abg. Szábel, er wünscht nämlich, damit nach diesem Satze zu stehen komme sollender Satz: "Die Colonisations Angelegenheit innerhalb des Staatsgebietes wird unter den Schutz und die Fürsorge des Staates gestellt. " Diejenigen Herren, welche für die Annahme dieses Zusatzes sind, wollen aufstehen. (Geschieht.) Es ist die Minorität. Der Antrag ist gefallen.

Nun kommt der zweite Satz des Antrages des Constitutionsausschusses zur Abstimmung, weil zu demselben weder ein Verbesserung noch ein Zusatzantrag gestellt wurde, derselbe lautet: "Von Staatswegen wird die Freiheit der Auswanderung nicht beschränkt. " Diejenigen Herren, welche für die Annahme dieses Satzes sind, wollen aufstehen. (Geschieht.) Er ist angenommen.  Zwischen diesem eben angenommenen und dem letzten Satze des §. 10 wurde ein Zusatz beantragt vom Herrn Abg. Pokorny, derselbe lautet: "Die Auswanderung der Besitz oder Erwerblosen wird vom Staate durch ein eigenes Colonisationsgesetz unterstützt. " Diejenigen Herren, welche für diesen Antrag sind, wollen aufstehen. (Geschieht.) Es ist die Minorität. Der Antrag ist gefallen. Jetzt kommt der 3. Absatz zur Abstimmung. In dieser Beziehung kommt der Antrag des Herrn Abg. Ullepitsch zur Abstimmung, und zwar zuerst in seinem stilistischen Theile. Der Abg. Ullepitsch hat nämlich denselben Grundsatz ausgesprochen, wie im Antrage des ConstitutionsAusschusses, nur in einer ändern Form, nämlich: "Die Entrichtung des Abfahrtsgeldes findet nicht Statt"; ich werde darüber abstimmen lassen, vorbehaltlich des Zusatzes: "Fälle der Notwendigkeit der Reziprozität ausgenommen. " Die Ordnung ist dem nach die: Vor allen der stilistische Verbesserungsantrag des Abg. Ullepitsch, sodann der Antrag des Constitutionsausschusses, und endlich der Zusatzantrag. Diejenigen Herren, welche für die stilistische Abänderung sind:,, Die Entrichtung des Abfahrtsgeldes findet nicht Statt, " vorbehaltlich des Zusatzantrages, wollen aufstehen. (Minorität.) Der Antrag ist verworfen. Es kommt nun die Textirung des §. 10 zur Abstimmung, ebenfalls vorbehaltlich des Zusatzes, den der Herr Abg. Ullepitsch gestellt hat, er lautet: "Es darf kein Abfahrtsgeld gefordert werden. " Diejenigen Herren, welche für diese Stylisirung sind, wollen aufstehen. (Majorität.) Ist angenommen. Jetzt kommt der Zusatzantrag des Herrn Abg. Ullepitsch, welcher lautet: "Fälle der Nothwendigkeit der Reziprozität ausgenommen. " Diejenigen Herren, welche für diesen Zusatzantrag sind, wollen aufstehen. (Majorität.) Der Zusatzantrag ist angenommen.

Ich werde nun den Paragraph als ein Ganzes zur Abstimmung bringen. Der Paragraph als Ganzes lautet: "Die Freizügigkeit der Person und des Vermögens innerhalb des Staatsgebietes unterliegt nur den in den Gemeindeordnungen enthaltenen Beschränkungen. Von Staatswegen wird die Freiheit der Auswanderung nicht beschränkt. Es darf kein Abfahrtsgeld, Fälle der Notwendigkeit der Reziprozität ausgenommen, gefordert werden. " Diejenigen Herren, die für die Annahme dieses Paragraphes als eines Ganzen sind, wollen aufstehen. (Geschieht.) Es ist die Majorität, der Paragraph ist angenommen. (Ruf: "Gegenprobe" und "ist schon ausgesprochen. ") Ich habe es unzweifelhaft für die Majorität gehalten und ausgesprochen, kann demnach die Gegenprobe nicht zulassen.  Es folgt nun der §. 11. (Ruf: Schluß der Sitzung.) Es wird der Antrag auf den Schluß der Sitzung gestellt, wird dieser Antrag unterstützt? (Geschieht.) Er ist unterstützt. Diejenigen Herren, welche für den Schluß der Sitzung sind, wollen aufstehen. (Geschieht.) Es ist die Majorität, der Sitzungsschluss ist angenommen. Die nächste Sitzung ich morgen um 10 Uhr, und als Tagesordnung würde ich vorschlagen:

1. Die Verlesung des Sitzungsprotokolls,

2. Prüfung von Wahlacten und beanstandeten Wahlen, dann

3. Die Berathung über den Antrag des Abg. Schuselka, endlich

4. Petitionen.

Sind die Herren damit einverstanden? (Ja, ja.)  Die heutige Sitzung erkläre ich für geschlossen.

Schluß der Sitzung 2  1/2 Uhr.


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