Úterý 23. ledna 1849

geht, dann weiß die Partei, daß der Richter so informirt ist, daß er über ihre Angelegenheit sprechen kann, dann stehen Richter, Geschworene, Volk, Ankläger, Angeklagte, Zeugen wie im Bruderbunde da, sich wechselseitig kontrollierend, wechselseitig unterstützend, hintanhaltend jede geheime Meckerei, suchend das Wahre, sprechend das Recht. (Bravo.) Da ist eine juridische Bildungsschule für das Volk, da hebt der Eindruck, den die Bestrafung der Schuld, die Lossprechung der Unschuld wie mit einem Zauberschlage auf die Versammlung führt, die moralische Kraft des Volkes. Diese Öffentlichkeit der Verhandlung verbannt auch alle Einschierlinge von Richtern und Advokaten, die ihrem Fache nicht gewachsen sind.

Meine Herren, ich habe lange Ihre Geduld in Anspruch genommen, doch zu wichtig war mir der Gegenstand, zu tief ergriff er mich, als ich auch am linken Rheinufer praktisch diese deutsche Schule mitmachte. Man sage mir nicht, ich hatte gegen den früheren österreichischen Proceß etwa zu viel gesprochen, es habe sich ja nichts, oder nur weniges nachtheiliges gezeigt. Meine Herren, wird sind einen finstern Gang durchgewandelt, w i r h a b e n nichts gesehen; bleiben wir bei der Wahrheit, sagen wir auch, wir haben nichts gesehen, allein das können wir nicht aussprechen, daß, wenn es hell geworden, auch nichts zusehen gewesen wäre Gottgelbe es! (Allgemeiner anhaltender Beifall.)

P r ä s. Als erster Redner für den Paragraph ist der Herr Abg. Borrosch eingeschrieben.

Abg. Borrosch. Wenn ich es wage, nach einem Redner, der sich gegen den Paragraph hatte einschreiben lassen, aber in der That mit einer so zum innersten Herzen dringenden Weise für denselben gesprochen hat, auch noch das Wort zu ergreifen, so geschieht es nur im Bewußtsein, daß ich als ein Volksvertreter auch ein Teilchen jenes großen Ganzen  des Volkes selber  bin, an welches eben dieser Redner appelliert hat. Es hat sich bei de Abstimmung über den letzten Paragraph (ich muß dieses Vorganges erwähnen, weil es zur Sache gehört, wie ich im Verlaufe nachweisen werde), ein für mich sehr betrübender Vorfall ergeben, nämlich, daß einer der allerwichtigsten Zusatzanträge, welcher die Garantie für eben diesen Paragraph enthielt, der Constitutionsurkunde vorbehalten wurde. Wenn der hohe Reichstag bei dem ersten Paragraph unserer Grundrechte dieses für zweckmäßig erachtet hat, so fühle ich mich dennoch verpachtet, für die weiteren Paragraphe den innigen Wunsch auszusprechen, daß alles dasjenige, was wir irgend schon jetzt in den Grundrechten als eine bleibende Errungenschaft staatsbürgerlicher Freiheit uns zu wahren vermögen, auch denselben einverleibt werde. Uns allen schwebt das Verfassungswerk als ein von der Gunst einer noch Ungewissen Zukunft abhängiges vor, nicht also sollen wir die Grundrechte dem künftigen Verfassungswerke, sondern dieses den Grundrechten unterordnen; in ihnen liegt die Anerkennung der vollen staatsbürgerlichen Freiheit,  mit dieser Anerkennung legt der hohe Reichstag sein politisches Glaubensbekenntnis ab  diesem gemäß verfaßt er den Urcodex, auf welchen jede freisinnige Verfassung sich stützen muß. Nur auf diese Weise kann er in den dankbaren Herzen der freien Völker sich verewigen, sich selber ein unvergängliches Ehrendenkmal setzen, und ich hoffe somit, daß der Wunsch des Berichterstatters für den dritten Paragraph an den löblichen Verfassungsausschuss kein fruchtlos hingeworfenes Wort wird gewesen sein, und jenes Amendement noch vor der 3. Lesung der Grundrechte zur Berathung des hohen Hauses kommen wird, um so mehr, da der Beschluß ein geschäftsordnungswidriger war, laut §. 55 derselben, wonach eine Verhandlung soll ausgefetzt werden, bis über das Amendement der Bericht erstattet worden ist.

Über diesen Paragraph im Allgemeinen etwas zu sagen, nach einem so ausgezeichneten Redner vor mir, hieße Eulen nach Athen tragen. Jenen, welchen die geschichtliche Entwickelung der neuern Zeit bekannt ist, Jenen ist es zugleich ein wohltauendes Gefühl, die Tatsache aussprechen zu dürfen, daß gerade Männer des Rechtes und Rechtslehrer von Justus Mieser an bis herab auf Mittlermeier und Feuerbach, welche zuerst wieder dem natürlichen Rechtsgefühle, diesem Rechtsvorstande des Volkes gebührende Rechnung trugen. die ersten Vorkämpfer waren gegen jene Art römischen Rechtes, für dessen polizeistaatsgemäße Ausübung einst den römischen Juristen bei den alten Deutschen die Zungen ausgeschnitten wurden. Dem ungeachtet haben wir eine Menge von Juristen, wie dieß nicht anders sein kann, welche jenen Doctrinismus, den sie auf der Hochschule durchmachen mußten, sich dann im praktischen Leben durch die stäte Anwendung von doktrinären Formen nach und nach unvermerkt so bis zur zweiten Natur aneignen (wofür sie kaum verantwortlich gemacht werden können), daß sie um das natürliche Rechtsgefühl, um den gefunden einfachen Rechtsverstand kommen.

Es liegt ein Entwurf vor für die Einführung von Geschworenengerichten in Österreich, er ist jedoch der hohen Kammer als solcher noch nicht mitgetheilt worden, daher ich es auch nicht für angemessen erachte, näher darauf einzugehen, wohl aber muß ich den Wünsch ausdrücken, daß er einer Commission dieser Kammer zur definitiven Ausarbeitung vorgelegt werde; denn, wie er hier abgefaßt ist, würden wir wahrhaft statt des Kernes nur die Schale dessen bekommen, was gerade durch die Einführung von Geschworenengerichten angestrebt werden will. Wir würden zufolge dieses Entwurfes noch immer zu schwache Barrieren gegen die Nachtheile des bisherigen strafgerichtlichen Verfahrens erhalten, nämlich außer der Öffentlichkeit und Mündlichkeit nur die Formen, und nicht das Wesen der Geschworenengerichte erlangen. Er ist dem französischen Systeme gefolgt, wo ich denn namentlich darauf aufmerksam machen will, daß nach dem rein erhaltenen Systeme der englischen Jury die Stimmeneinhelligkeit zur Fällung des Verdiktes erforderlich ist. Schon der Herr Redner vor mir hat klar nachgewiesen, daß die Jury, wie es auch in England der Fall ist, eigentlich nur über den Thatbestand ihr Urtheil abzugeben bestimmt fei; da nun dieser etwas rein Objektives ist, wenn auch immer die Auffassung des Tatbestandes eine etwas subjective Färbung erhält, die wir vermöge unserer menschlichen Natur nun einmal nicht gänzlich abzuwehren vermögen, so frage ich, wie können zwei Drittel den Thatbestand zu einem wahren machen, wenn er für ein Drittel nicht vorhanden ist? Welch innerer Widerspruch! und soll der Angeklagte abhängen von dieser Zufälligkeit, von einer Stimme mehr oder weniger? Will man consequent vorgehen, so ist Unanimität zur Fällung eines Verdiktes nothwendig. Ich hoffe, daß auch bei uns die Institution der Friedensrichter für leichtere Vergehen, und ein wohl organisirtes schiedsrichterliches Verfahren in Zivilstreitigkeiten werde eingeführt werden, wodurch vielen kostspieligen Processen vorgebeugt würde. Gegen eine Anklagejury wäre ich in den gegenwärtigen Zeitumständen gleichfalls unbedingt, denn wenn auch dieselben Männer, welche sie bilden, natürlich von jener Jury ausgeschlossen werden, welche das Verdikt zu fällen hat, so sind doch beide Arten von Geschworenengerichten immer nur Theile eines und desselben Ganzen, des Volkes, also gewissermaßen Partei und Richter zugleich, und ich gebe zu bedenken, daß es in aufgeregten Zeiten sehr gefährlich ist, die Anklagejury selber dem Einstusse der Volksleidenschaften und Vorurteile Preis zu geben, während, wenn die Ergebnisse der Voruntersuchung geliefert sind, bis dahin auch Zeit genug verstrichen ist, um mit voller Gemütsruhe das Verdikt fällen zu können. Um dessentwillen würde ich auch wünschen, daß, wo nach vorausgegangenen Parteikämpfen Verdikte über Angeklagte, die politischer Verbrechen beschuldigt sind, gefällt werden sollen, jedes Mal der Ort der Assisen ein anderer sein möge, als gerade der Ort, wo das Verbrechen vielleicht als die Kollektivschuld Vieler begangen wurde, und nur an dem Verdikte unwillkürlich Parteileidenschaften sich betheiligen. Ich habe bezüglich dieses Entwurfes die §§. 19, 57, 106, 107, 110, 114 und 151 als Beweise dessen notirt, was ich früher dagegen bemerkte, und Diejenigen, welche den Entwurf besitzen, wollen gütigst denselben in dieser Art prüfen.

Ich habe mir erlaubt, meinerseits ein Amendement zu stellen, und kann hier meine Verwunderung darüber nicht unterdrücken, daß der geehrte Herr Redner vor mir, der mit solchem Enthusiasmus, mit solcher innerer

 Überzeugung für das Geschworenengericht sprach, dem ungeachtet es wieder zu einer illusorischen Institution, gewiß ganz gegen seine Absicht macht, denn das tritt jedenfalls ein, sobald man sich nicht bloß eine auf Formmängel beschränkte Kassation vorbehält, sondern an und für sich die Schuld oder Nichtschuld nochmals zum Gegenstande eines gerichtlichen Verfahrens machen will.

Das Eigentümliche des Geschworenengerichtes liegt ja gerade in dem Vertrauen zu demselben, liegt mit darin, daß es nur über den Thatbestand, der überhaupt jedem gefunden Menschenverstande, jedem natürlichen Rechtsgefühle erkennbar ist, ohne künstliche und darum trügerische Beweismittel abzuurteilen hat. Wenn nun die Voruntersuchung gründlich geleitet wurde, wenn die Zeugen ihre Schuldigkeit thun, wozu man sie zu verhalten die Mittel hat, wenn Richter, Zeugen und Angeklagte, ja das Zuhörerpublikum selber unter der Controlle der Öffentlichkeit stehen, wie kann man noch glauben, daß grobe Verstöße der Jury häufig vorkommen werden? Fälle solcher Art sind unendlich selten, sie betreffen in der Regel Freisprechungen; nun denn, in diesem Falle ist es weit besser, wenn einmal ein Schuldiger entkommt, als wenn wir zehn Tausend Unschuldige mit nachträglicher Willkür, weil es an erkünstelten Gründen zur Kassation nicht leicht mangeln wird, einem zweiten Geschworenengerichte aussetzen. Träte aber der unendlich seltene Fall einer vermeintlich auf einen Irrthum hin ausgesprochenen Verurtheilung ein, so steht der Krone in solchen Fällen die Pflicht zu, ihr Recht der Begnadigung auszuüben;  ich erinnere hier nur an den berühmt gewordenen Fonk'schen Proceß in Köln.

Endlich hoffe ich, wird die Todesstrafe von dieser Kammer als für immer abgeschafft erklärt werden, denn alles Andere läßt sich vergüten, nur das genommene Leben nicht, und keine Art von Gerichtsverfahren macht Justizmorde unmöglich. Daß man aber dem Volke nicht selber Mißtrauen in sich einimpfe, daß man nicht im vorhinein schon die volkstümlichen Geschworenengerichte mit einem sie herabsetzenden juristischen Mißtrauen bemackle, das gilt mir für hochwichtig; stellen wir erst das Princip auf, die Jury könne ein erstes, und wenn es den an künstliche Beweismittel gewohnten Richtern nicht gefällt, auch ein zweites Verdikt fällen, dann sind wir so ziemlich, nur mit einigen Formen mehr, wieder auf dem alten Pfade. Mein Amendement lautet, und zwar stimmt es überein mit dem §. 77 des Entwurfes, wird also umsomehr befürwortet sein: "In keiner Weise soll Jemand genöthigt werden, gegen sich selber auszusagen" (das ist die frühere Abfassung unserer Grundrechte); "eben so wenig dürfen als Zeugen wider ihren Willen Diejenigen vernommen werden, welche mit dem Angeklagten in auf oder absteigender Linie verwandt, dessen Geschwister, Geschwisterkinder, oder im ersten Grade mit ihm

 verschwägert sind; das Gleiche gilt von dein Manne oder der Frau, auch nach ausgesprochener Ehescheidung. " Ganz eonsecsuent habe ich dem beigefügt: "Eine solche von der Verpflichtung zur gerichtlichen Ausfragung enthobene Person darf auch nicht kriegsrechtlich wegen der Hilfe, die sie einem als politischen Verbrecher Angeklagten durch Verbergung oder Fluchtbeförderung geleistet hat, zur Rechenschaft gezogen werden, den Fall des Mordes, Mordversuches oder eines sonstigen, zugleich mitbegangenen gemeinen Verbrechens ausgenommen. " Den Begriff eines gemeinen Verbrechens kennt unser Gesetzbuch noch nicht, wie es denn überhaupt trotz seiner sonstigen Vortrefflichkeit hinsichtlich mancher Begriffsdefinitionen und namentlich der Classisication der Verbrechen eine wesentliche Umarbeitung wird erfahren müssen, um für Geschworenengerichte wahrhaft brauchbar zu sein. Ein gemeines Verbrechen ist dasjenige, welches das nicht trügende allgemeine Rechtsgefühl, das Gewissen in der Brust aller Bessern als solches erklärt. Daß es aber Denjenigen, die nicht verpflichtet werden können, Ankläger oder Zeugen zu werden, unter allen Umständen gestattet sein muß, die heiligsten Familienpflichten zu üben gegen einen bloß politischen Verbrecher, dafür glaube ich bloß an das Herz eines Jeden in dieser Versammlung appellieren zu dürfen. Das Standrecht kennt keine Blutsverwandtschaft, kennt keine heiligen Familienbande. Wenn nun schon in Zeiten politischer Gährung das Entsetzlichste ist, daß in derselben Familie, daß zwischen Brüdern, Gegner, Hasser, Seinde bis an den Tod sich finden. dann wird es wahrlich zu einer moralischen Verpachtung, daß das Gesetz wenigstens Jene in Schutz nehme, die auch in solchen Zeiten eingedenk dessen bleiben, was Gott in die Menuchenbrust schrieb.  Was ich mir hier notirt habe von den überreichten Amendements, gehört in das von mir bereits erörterte Kapitel.

Präs. Ich werde das von dem Abg. Borrosch bevorwortete Amendement zur Unterstützung bringen. Der Antrag lautet: "Zusatz zum. §. 5. In keiner Weise soll Jemand genöthigt werden, gegen sich selber auszusagen, ebenso wenig dürfen als Zeugen wider ihren Willen Diejenigen vernommen werden, welche mit dem Angeklagten in auf oder absteigender Linie verwandt, dessen Geschwister, Geschwisterkinder, oder im ersten Grade mit ihm verschwägert sind; das Gleiche gilt von dem Manne oder der Frau, auch nach ausgesprochener Ehescheidung. Eine solche von der Verpachtung zur gerichtlichen Aussagung enthobene Person darf auch nicht kriegsrechtlich wegen der Hilfe, die sie einem als politischen Verbrecher Angeklagten durch Verbergung oder Fluchtbeförderung geleistet hat, zur Rechenschaft gezogen werden, den Fall des Mordes, Mordversuches oder eines sonstigen, zugleich mitbegangenen gemeinen Verbrechens ausgenommen. " Wird dieser Antrag unterstützt? Er ist nicht hinreichend unterstütz. 

Als Redner dagegen kommt der Herr Abg. Ullepitsch.

Abg. Allepitsch. Meine Herren, war der §. 4 der Grundrechte als Österreichs Habenscorpus Acte ein wichtiger, so ist dies nicht minder der. §. 5, der die principielle Normierung und Regulirung unserer künftigen Justizverhältnisse enthält, somit jener wichtigen Staatsgewalt, von deren kräftigen Handhabung die Erreichung des ersten und wichtigsten Staatszweckes, nämlich die Erhaltung eines wahren und gesicherten Rechtszustandes abhängig ist. Der Inhalt dieses höchst wichtigen Paragraphen bietet daher ein weites Feld der Besprechung. Nachdem jedoch der erste Herr Redner die Hauptpunkte dieses Verhandlungs-  Gegenstandes bereits gründlich  und sachkundig beleuchtet hat, und die Debatte dermal ohnehin nur eine principielle sein kann und soll, so will ich mich zur Vermeidung jeder unnötigen Verzögerung der Verhandlung lediglich auf einige allgemeine Bemerkungen beschränken, welche ich für nothwendig und zweckdienlich erachte, um das von mir zum zweiten Absätze dieses Paragraphes gestellte Amendement zu begründen.

Der erste Absatz des § 5. flutet: "Das Verfahren vor dem erkennenden Gerichte in Civil und Strafsachen ist öffentlich und mündlich. Die Ausnahmen bestimmt das Gesetz. " Dieser Absatz enthält nun die Anerkennung des Principes der Öffentlichkeit und Mündlichkeit im gerichtlichen Verfahren, und diesem Principe maß ich mich aus innigster Aberzeugung anschließen. Öffentlichkeit, meine Herren, ist ja das herrliche Palladium des Rechtes, sie ist die Appellation an die öffentliche Meinung, an die allgemeine Menschenvernunft. Hat auch die Justitia bisher eine Binde um die Augen gehabt,  es ist Zeit, es ist des freien Österreichs würdig, daß wir dieselbe nunmehr lösen, damit sie klar sehen möge, wie sie fortan Wage und Strafschwert handhaben werde! (Bravo.) Hat aber auch die Publicität des Verfahrens im Allgemeinen als Regel zu gelten, so kann doch Niemand leugnen, daß es auch Ausnahmefälle gibt, wie z. B. wegen Verletzung der Sittlichkeit, wo die Öffentlichkeit anderen wichtigeren Rücksichten weichen muß, und deßhalb poflichte ich der im ersten Absatze des. §. 5 enthaltenen Bestimmung vollkommen bei, daß die Feststellung der dielfälligen Ausnahmen dem Gesetze vorbehalten bleibt.

 Der zweite Absatz dieses Paragraphes lautet:,, An Strafsachen gilt der Anklageprotzes. Schwurgerichte haben jedenfalls bei Verbrechen, bei politischen und Pressvergehen zu erkennen. " In diesem Absatze werden zwei wesentliche Grundsätze in Bezug auf den künftigen Strafprotzes ausgesprochen, nämlich die Annahme des Anklageprincipes statt des inquisitorischen, und die Einführung des Institutes der Schwurgerichte. Was den ersten Satz betrifft, nämlich die Einführung des Anklageprozesses, so

 habe ich im Principe nichts dagegen zu bemerken, was hingegen den zweiten Satz anbelangt, nämlich: "Schwurgerichte haben jedenfalls bei Verbrechen, der politischen und Press vergehen zuerkennen  so muß ich mir dießfalls einige detaillierteren Bemerkungen erlauben, weil sich das von mir zum § 5 gestellte Amendement eben auf diesen Satz bezieht.

Das Institut der Schwurgerichte ist ein eigenthümliches, welches weder mit den alten Schöppelgerichten, noch mit den Volksrichtern der Schweiz zusammenfällt, noch aus der Idee eines Genossengerichtes hervorgeht, noch auch, wie es der erste Herr Redner gemeint hat, ein vom Staate bestelltes Gericht ist Wenn wir der Wesenheit dieses Institutes dort, wo es praktisch besteht, nachforschen, so werden sich folgende wesentliche Merkmale desselben herausstellen Vorerst sind die Geschwornen Staatsbürger, die als Geschworne gewählt werden, ohne vom Staate angestellte Richter zu sein, und ohne nothwendiger Weise Rechts Kenntnisse zu besitzen. Weiteres werden dieselben entweder für einen einzelnen Fall, die sogenannte Special Jury, oder aber für gewisse, in einem bestimmten Territorium und während einer bestimmten Zeitdauer zur Aburteilung kommende Straffalle gewählt, und endlich erkennen dieselben nur über mündliche Verhandlung, ohne Entscheidungsgrunde abgeben zu müssen, noch auch bezüglich der Entscheidung selbst verantwortlich zu sein Dieses nach seinen wesentlichen Merkmalen charakterisierte Institut der Jury findet sich nun in der Praxis in zwei flacher Art ausgeführt Es besteht nämlich in den verschiedenen Staaten, wo das Institut der Geschwornen eingeführt ist, theils eine einfache, und theils eine doppelte Jury So wie nämlich das Strafverfahren selbst sich in die zwei wesentlichen Stadien des Anklage und Strafprozesses theilt, eben so gibt es auch bloß eine Strafjury, die lediglich beim Strafprozesse fungirt, oder nebst der selben auch noch eine besondere Anklagejury für den Anklageprotzes Das Institut der Anklage und Strafjury, hiermit der doppelten Jury, findet sich nur in England und seinem Tochterstaate Nord Amerika, in den übrigen Staaten, wo das Institut der Geschwornen besteht, erscheint lediglich die Strafjury eingeführt Wenn nun mit Rücksicht auf das Gesagte der zweite Absatz des in Verhandlung stehenden Paragraphes in Erwagung gezogen, und die Frage gestellt wird, in welcher Art durch denselben das Institut der Geschwornen eingeführt werden wolle, ob nämlich nur die einfache oder Anklagejury, oder die doppelte, nämlich die Anklage und Strafjury unter denselben subsumierbar sei, so muß ich in der That gestehen, daß, wenn auch der Constitutions Ausschuß nur die Einführung der Strafjury im Auge gehabt haben mag, doch aus der zu allgemeinen Textirung des Absatzes eine bestimmte und befriedigende Antwort nicht entnehmbar ist.

Der bezügliche Satz läutet nämlich: "Schwurgerichte haben jedenfalls bei Verbrechen, bei politischen und Pressvergehen zu erkennen" Das Erkenntnis aber ist mit Rücksicht auf den Anklage und Strafprozess als den zwei wesentlichen Stadien des Strafverfahrens ein doppeltes, es findet nämlich sowohl im ersten Stadium des Anklageprozesses, als auch in jenem des Strafprozesses Statt, und zwar mit dem wesentlichen Nexus, daß die Fällung des letzteren von der affirmativen Fällung des ersteren bedingt wird Es läßt sich daher als der Textirung des Entwurfes durch eine strenge wörtliche Auslegung sogar folgern, daß durch dieselbe nur die doppelte, nämlich die Anklage und Strafjury eingeführt werden wollte Gegen diese Textirung nun muß ich mich entschieden erklären, und eine klarere und bestimmtere Fassung in Antrag bringen, weil ich mich eines Theiles wohl für die Einführung der Strafjury, anderen Theiles aber auch entschieden gegen die Einführung der Anklagejury aussprechen zu müssen glaube.

Ich erlaube mir nun zur Begründung meiner dielfälligen Ansicht vorerst die Hinweisung auf England, wo das Institut der doppelten Jury practisch besteht. Wenn nämlich daselbst der Polizei  oder Friedensrichter seinen Haftbefehl erlassen, und den zur Anzeige gebrachten Fall einer strafbaren Handlung zur Anklage geeignet befunden hat, so wird von der durch den Sheriff zusammengesetzten Grandjury oder dem großen Geschworenengerichte vorerst das Erkenntnis gefällt, ob die Anklage stattzufinden habe oder nicht, und erst in Folge dieses ersten bejahenden Erkenntnisses tritt die Wirksamkeit der Petitjury oder des kleinen Geschworenengerichtes ein. Was nun den Erfolg der Wirksamkeit und die Zweckmassigkeit dieses Institutes betrifft, so kann ich mich nur auf das Urtheil eines großen englischen Staatsmannes und auf die praktischen Erfolge berufen Der berühmte Lord Brougham nennt nämlich in einer Darstellung des englischen Strafwesens die Anklagejury ein Corps, das ohne Verantwortung urteilt, und Mehrendteils ohne alle Gerechtigkeit Anklagen zulasst, und wenn man die mir zugänglich gewesenen englischen Straf Justiztabellen von den Jahren 1842 und 1843 in Berücksichtigung zieht, so ergibt es sich aus denselben, daß von den durch die Grandjury des Anklageprozesses an die Petitjury des Strafprozesses gewiesenen Straf Verbandlungen im Durchschnitte jährlich über 6000 Anklagen als unstatthaft zurückgewiesen wurden, und somit jährlich mehr als 6000 Staatsbürger der Gefahr ausgesetzt worden sind, vor ein Öffentliches Gericht ohne hinreichenden Grund zur Verantwortung gezogen zu werden Wenn nun in einem Staate wie England, wo dieses Strafverfahren durch Jahrhunderte besteht, wo es, im Volksleben wurzelnd, sich im Kampfe um die Garantien der Freiheit 

gegen Bedrückung entwickelt und ausgebildet hat, wo es durch das bewegte öffentliche Leben und politische Einrichtungen Kraft und Wirksamkeit erhält, und wo bei dem Abgange vieler formeller Gesetze dem Volke die und Gewohnheitsrechte unterstützend zur Seite stehen, das Institut der Anklagejury sich in der Praxis doch nicht als zweckgemäß und heilbringend herausgestellt hat, dann glaube ich meine Meinung begründet zu haben, daß es um soviel weniger dermal in Österreich einzuführen wäre, wo die Geschwornen mit der Natur und dem Wissen des neuen Strafverfahrens noch nicht praktisch vertraut sein werden, und wo ihnen auch keine Usuanz oder Gewohnheitsrechte leitend zur Seite stehen werden.

Es ist allerdings wahr, Geschivornengerichte erscheinen bei einem Volke, das einen denselben entsprechenden Kulturgrad erreicht hat, als echte Organe der Menschenvernunft und vorzüglich in Fällen, wo eine befriedigende positive Beweisnorm mangelt, als wahre Gottesurteile. Fehlen aber diese Bedingungen, welche Gefahr, welches Unheil steht zu befürchten? Durch wie viele Aufopferung von Unschuldigen müßte sich das Volk seine Erfahrungen theuer erkaufen, und ein Institut, in der Idee vortrefflich, aber in der Zweckmäßigkeit der Modalitäten seiner Realisirung von Umständen abhängig, würde sich in seiner praktischen Durchführung nur als verwerflich darstellen.

Ich glaube nun mein Amendement begründet zu haben, welches lautet: "Bei Verbrechen, bei politischen und Pressvergehen erfolgt die Entscheidung über Schuld oder Nichtschuld des Angeklagten durch Schwurgerichte"  welches Amendement keinen anderen Zweck hat, als die Einführung der Anklagejury auszuschließen, und klar auszudrücken, daß durch den §. 5 nur die Strafkuh eingeführt sei. Was den letzten Absatz des §. 5 anbelangt, der da lautet: "Niemand darf wegen einer strafbaren Handlung, rücksichtlich deren er bereits durch das Geschworenengericht für nicht schuldig erklärt wurde, nochmals in Untersuchung gezogen werden so habe ich gegen denselben als eine Thesis, die sich auch im englischen Strafprozesse findet, nichts einzuwenden, glaube aber, daß derselbe daselbst nicht an seinem Platze fei, und es am zweckmäßigsten wäre, ihn hier wegzulassen, und ihn in das Gebiet des künftigen Strafgesetzbuches als dahin gehörig zu verweisen.

Präs. Der Antrag des Abg. Ullepitsch lautet:, Im § 5, zweiter Absatz, wäre statt dem zweiten Satze: Schwurgerichte haben jedenfalls rc. zu fetzen: Bei Verbrechen, bei politischen und Pressvergehen erfolgt die Entscheidung über Schuld oder Nichtschuld des Angeklagten durch Schwurgerichte. " Wird dieser Antrag unterstützt? (Geschieht.) Er ist

 hinreichend unterstützt.  Als Redner für den Paragraph kömmt nun der Abg. Brestel.

Abg. Brestel. Ich vertausche mein Wort mit dem des Abg. Violand.

Abg. Violand. In dem letzt beschlossenen Paragraphe haben wir den Grundsatz ausgesprochen, daß die Freiheit der Person gewährleistet sei, und wir haben auch jene Anordnungen festgesetzt, welche nöthig sind, damit in Zukunft von einer gesetzgebenden Versammlung dieser Grundsatz nicht umgestoßen werden könne. Eben so wichtig ist es, daß wir in dem §. 5, der nun zur Berathung vorliegt, darauf Rücksicht nehmen, daß das Verfahren eine solche Einrichtung erhalte, damit wirklich die Gesetze, welche im Interesse der Freiheit gegeben wurden, auch consequent durchgeführt werden können; denn es ist ganz klar. daß bei den besten Gesetzen dieselben doch zur Illusion werden. wenn das Verfahren ein schlechtes ist.

Als notwendige Bedingung eines guten Gerichtsverfahrens erkennt man gewiß in ganz Europa Öffentlichkeit und Mündlichkeit; und da gegen Öffentlichkeit und Mündlichkeit wohl Niemand etwas einwenden wird, so glaube ich die Vorzüge desselben nicht auseinander fetzen zu müssen. Dieses Princip der Öffentlichkeit und Mündlichkeit erfordert aber auch Ausnahmen. Das Princip der Öffentlichkeit erfordert eine Beschränkung im Interesse der Sittlichkeit; außer diesem Falle jedoch sehe ich nicht einen einzigen weitern, in welchem die Öffentlichkeit beschränkt werden sollte. Auch die Mündlichkeit ist zu beschränken, z. B. bei großen Rechnungsprofessen und in mehreren anderen Fällen. Weiteres fordert die gegenwärtige Bildung der Zeit und die Erkenntnis derselben, daß das inquisitorische Verfahren aufgehoben werde. Unter dem inquisitorischen Verfahren, meine Herren, verstehe ich eigene lich ein solches, wo der Richter den Inquisiten für verpflichtet hält, ein Geständnis abzulegen, gegen sich selbst auszufragen, damit der Richter aus den von dem Inquisiten selbst vorgebrachten Aussagen neue Inzuchten gegen ihn sammle, ein solches Verfahren, meine Herren, erscheint mir einen Widerspruch in sich selbst zu enthalten, indem es ganz unnatürlich ist, einen Menschen durch Fragen dahin zu bewegen, daß er gegen sich selbst aussage.

Wir sehen auch in jenen Ländern, wo das inquisitorische Verfahren vereinigt ist mit dem Institute der Jury, d. h. wo von Amtswegen untersucht werden muß, bevor die Jury entscheidet, da sehen wir, daß von der Jury auf Geständnisse ein außerordentliches Gewicht gelegt wird, und wenn die Verbrecher gestanden haben, die Jury sie für jeden Fall schuldig erklärt, es wäre denn, daß sie am bösen Vorsatz selbst zweifelt; in anderen Lauern jedoch, wo dieses inquisitorische Verfahren nicht stattfindet, sehen wir, daß die Jury trotz dem Geständnisse manchmal ein Nichtschuldig spricht, und

 die Geschichte der Kriminaljustiz weiset sehr viele Fälle nach, wo Leute zu Geständnissen gebracht worden sind, theils in Folge der geistigen Torturen, welche mit dem inquisitorischen Verfahren verbunden sind, theils aus Heroismus, aus Lebensüberdruss, oder aus noch anderen Ursachen. Die neue Zeit fordert auch unbedingt Geschworenengerichte; über die Wichtigkeit derselben finde ich ebenfalls nicht nöthig, etwas weiteres zu bemerken. 

Dieses vorausgeschickt, gehe ich nun zur Beurtheilung des § 5. Dem Wesen nach bin ich mit demselben vollkommen einverstanden, wünsche jedoch noch Einiges hinzugefügt, und im ersten Satze eine Abänderung. Es heißt hier, das Verfahren vor dem erkennenden Gerichte in Civil und Strafsachen ist öffentlich und mündlich. Mehrere Herren Vorsprecher haben auf den Ausdruck "vor dem erkennenden Gerichte" ein besonderes Gewicht gelegt aus dem Grunde, weil sie durch diesen Ausdruck die Anklagejury ausschließen wollen. Ich glaube, es wäre besser, es dem künftigen gesetzgebenden Körper zu überlassen, das Institut der Anklagejury zu verwerfen oder es einzuführen; übrigens glaube ich, daß durch dieses Wort der Zweck eigentlich gar nicht erreicht wird, denn man könnte auch diesen Paragraph dahin auslegen, daß das Verfahren vor dem erkennenden Gerichte, also auch vor dem Gerichte, welches zu erkennen hat, ob Jemand in den Anklagezustand zu versetzen sei, öffentlich und mündlich sei; der Zweck wird also nicht erreicht, und da meine Ansicht dahin geht, diese Bestimmung jenem Körper zu überlassen, welcher das Strafgesetz selbst geben wird, so möchte ich diese Worte ausgelassen sehen. Es heißt weiteres: Das Versehren in Civil und Strafsachen ist öffentlich und mündlich. "In Zivilsachen" dieß könnte zu Irrungen Anlaß geben, indem in Österreich unter Zivilsachen sowohl Processe über Zivilstreitigkeiten, als auch Verhandlungen im adeligen Rechte, Grundbuchsachen u. s. w. verstanden werden. Ich erlaube mir demnach folgendes Amendement vorzuschlagen, nämlich statt des ersten Satzes wäre zu setzen: "Das Verfahren in Zivilstreitigkeiten und Strafsachen ist öffentlich und mündlich. "  Der zweite Satz lautet dahin: "Die Ausnahmen bestimmt das Gesetz. " Gegen diese Bestimmung muß ich mich durchaus erklären; denn es könnte sehr leicht geschehen, daß in Zukunft das, was wir als Regel hinstellen, zur Ausnahme, was wir als Ausnahme hinstellen, zur Regel werde. Die Öffentlichkeit, wie ich schon früher erwähnt habe, soll nach meiner Ansicht nur beschränkt werden in dem einzigen Fall des Interesses der Sittlichkeit; es ist hier auch große Gefahr von Seite der Regierungsgewalt, wie wir namentlich aus Englands Geschichte ersehen. Rücksichtlich der Beschränkungen der Mündlichkeit ist aber keine Gefahr vorauszusehen. Ich stelle demnach das Amendement, statt dem zweiten

 Satze zu sagen: "Die Ausnahmen von der Öffentlichkeit aus Rücksicht für die Sittlichkeit, und die Ausnahmen von der Mündlichkeit bestimmt das Gesetz. " Ferner möchte ich sagen: "Über alle Gesetzesübertretungen entscheiden die Gerichte; der Polizei steht keine Strafgerichtsbarkeit zu. Bis gegenwärtig haben wir leider gesehen, daß die Polizei und in großen Städten die Polizeioberdirektionen, und dann die politischen Behörden, welche unter der Regierung als zweiter Instanz gestanden sind, über strafwürdige Handlungen erkannt haben, ja wo es bei diesen Behörden oft vorkam, daß sie über ganz gleiche Fälle, z. B. wegen geringeren Diebstahls anders entschieden, als bei Diebstahl als Verbrechen eigentliche Strafgerichtsbehörden d. i. Kriminalbehörden geurteilt hätten.

Es heißt weiter:,, In Strafsachen gilt der Anklageprotzes. Schwurgerichte haben jedenfalls bei Verbrechen, bei politischen und Pressvergehen zu erkennen. " Hiermit bin ich einverstanden, ebenso mit dem Schlusse, wo es heißt: "Niemand darf wegen einer strafbaren Handlung, rücksichtlich deren er bereits durch das Geschworenengericht für nicht schuldig erklärt wurde, nochmals in Untersuchung gezogen werden. " Hierbei komme ich zurück auf das Geschworenengericht und auf die Vorstellung, welche ich mir von demselben mache. Der Ausspruch des Geschworenengerichtet muß nach meiner Ansicht als Ausspruch der Gottheit oder der Gesammtheit des Volkes selbst angesehen werden. Eine weitere Beruhung, eine Appellation erkennt kein Land, wo das Institut der Jury in seiner Reinheit besteht. Demnach kann es auch consequent keine Wiederausnahme der Untersuchung geben, über einen Spruch des Geschworenengerichtes. Ja ich weiß, daß in Ländern, wo die Jury besteht, dieser Satz für so nöthig gehalten wird, daß einmal in Frankreich, wo Jemand von der Jury für schuldig erklärt worden ist, und wo in einiger Zeit darauf ganz klar nachgewiesen worden ist, daß er nicht der Schuldige sei, dessen ungeachtet die Wiederaufnahme der Untersuchung nicht bewirkt werden konnte. Weil dieses jedoch dem Constitutionsausschusses zu hart erscheint, so hat der Ausschuß darauf Rücksicht genommen und traf die Bestimmung: Niemand darf wegen einer strafbaren Handlung, rücksichtlich deren er bereits durchs Geschworenengericht für nicht schuldig erklärt wurde, nochmals in Untersuchung gezogen werden.

Es ist auch ganz natürlich, daß eine Wiederaufrahme der Untersuchung nicht stattfinden kann aus dem weiteren Grunde, weil die Geschwornen die Motive nicht angeben, aus welchen sie das Erkenntnis schöpften, und man in Zukunft nicht weiß, ob sie das "Nichtschuldig" ausgesprochen haben, weil sie in der Handlung selbst kein Verbrechen erblickten oder keine böse Absicht des Angeklagten fanden, oder weil sie nicht genug Inzuchten gegen den Thäter hatten. Aus derselben Idee beruht das Amendement, 

welches ich jetzt vorzutragen die Ehre haben werde, und welches auch schon früher in dem ersten vorgelegten Entwurfe der Grundrechte enthalten war, nämlich, daß nach dem Worte "gezogen" eingeschaltet werde: "noch auch wegen derselben Übertretung zweimal verurtheilt werden"; weiteres trage ich an, zu fetzen: "eben so wenig soll Jemand genöthigt werden, gegen sich selbst auszusagen. " Diese letzte Bestimmung halte ich für außerordentlich wichtig, denn eigentlich wird hierdurch das inquisitorische Verfahren erst aufgehoben. Bei den Bestimmungen, wie sie hier in der Vorlage des ConstitutionsAusschusses enthalten sind, wäre es noch immer möglich, daß die über eine Anklage eingeleiteten Untersuchungen schriftlich und jahrelang inquisitorisch ohne Beziehung eines Vertreters fortgeführt, und dann erst vor die Jury gebracht würden. Nehmen wir aber diesen Satz auf, dann ist es unmöglich, auf solche Weise zu verfahren. Weiter möchte ich hinzufügen: "oder gegen seine Ältern, Kinder, Geschwister, Geschwisterkinder, oder die mit ihm im ersten und zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind, auszusagen. Man wird mir vielleicht einwenden, diese Bestimmung sei Sache der künftigen gesetzgebenden Verrammlung, und es fei kein Zweifel, daß sie aufgenommen werden wird, indem es sogar in dem gegenwärtigen Strafgesetzbuche enthalten sei. Es ist richtig, es ist dieß in dem Strafgesetzbuche enthalten, aber es ist auch zugleich eine Ausnahme darin, wonach in den Fällen des Hochverrates ein derartiges Verhältnis oft nicht berücksichtiget wird, ja daß sogar, wenn ein Vater, dessen Sohn an einem Hochverrats betheiligt war, ihn nicht anzeigte, trotzdem, daß der Vater an dieser hochverräterischen Unternehmung keinen Antheil genommen hatte, dessen ungeachtet derselbe als Mitschuldiger behandelt, und mit lebenslänglichen schweren Kerker bestraft werden konnte. Ich wünschte das dießfalls von mir vorgebrachte Amendement jetzt gleich aufgenommen, indem es grausam, inhuman erscheint, daß bis zur Erlassung des neuen Strafgesetzes noch immerfort die Ältern ihre Liebe gegen ihre Kinder, und umgekehrt die Kinder gegen ihre Ältern verleugnen, und zu Denunzianten gegen dieselben werden sollen. Ich glaube, durch dieses letzte Amendement wird auch die Absicht des Abg. Borrosch erreicht, mit dessen Amendement ich nicht einverstanden bin. Er will, daß die Verhehlung und Verbergung eines gemeinen Verbrechers durch seine Verwandten, an diesen als Verbrechen bestraft werde, daß jedoch bei politischen Verbrechen eine solche Verhehlung von Seite der Verwandten nicht strafbar sein solle; dagegen erlaube ich mir zu bemerken, daß nach unfern Strafgesetzen allgemein der Satz feststeht, daß das Verbergen der Verbrecher durch ihre nächsten Verwandten kein Verbrechen begründet, nur in Fällen des Hochverrates ist eine Ausnahme gemacht: Herr Abg. Borrosch will demnach, wo er in einer Beziehung freisinniger ist als unser gegenwärtiges Strafgesetzbuch, auf der ändern Seite viel härter und inhumaner sein.

Ich habe diese Amendements, welche ich vorgebracht habe, absondert gestellt, indem es vielleicht sein könnte, daß eines oder das andere der hohen Versammlung genügen würde, die übrigen hingegen nicht. Sollten aber alle meine Amendements angenommen werden, so laute der Paragraph folgendermaßen: "Das Verfahren in Zivilstreitigkeiten und Strafsachen ist öffentlich und mündlich. Die Ausnahmen von der Öffentlichkeit aus Rücksicht für die Sittlichkeit, und die Ausnahmen von der Mündlichkeit bestimmt das Gesetz. Über alle Gesetzesübertretungen entscheidet das Gericht, der Polizei steht keine Strafgerichtsbarkeit zu. In Strafsachen gilt der Anklageprotzes. Schwurgerichte haben jedenfalls bei Verbrechen, bei politischen und Pressvergehen zu erkennen. Niemand darf wegen einer strafbaren Handlung, rücksichtlich deren er bereits durch das Geschworenengericht für nicht schuldig erklärt wurde, nochmals in Untersuchung gezogen, noch auch wegen einer Übertretung zweimal verurteilt werden. Ebenso wenig soll Jemand genöthigt sein, gegen sich selbst auszusagen, oder gegen seine Ältern, Kinder, Geschwisterkinder, oder mit ihm näher verwandte oder im ersten oder zweiten Grade verschwägerte Personen Zeugniß abzugeben. " (Verlässt unter Beifall die Rednerbühne.)

Präs. Wird der eben verlesene Verbesserungsantrag des Abg. Violand unterstützt? (Hinreichend unterstützt.) Als nächster Redner folgt der Abg. Fleck.

Abg. Fleck. Ich trete die Priorität des Wortes dem Herrn Abg. Kudler ab.

Abg. K u d l er. Ich, meine Herren, gehöre zu den unglücklichen Juristen, von denen man gesagt hat, sie unternehmen alles zu beweisen, was zu ihrem Zwecke taugt. Solchen muß man, wenn sie sprechen, natürlich misstrauen. Allein ich bemerke andererseits, daß ein solches Streben gar Vielen eigen ist, die Absichten erreichen wollen. Das Mittel, diesem Streben Genüge zu leisten, besteht in Anwendung der Künste der Dialektik.

Glücklicher Weise aber hat das Gift derselben auch sein Gegengift, nämlich die Aufdeckung der Fehlschlüsse, die begangen werden. Der Antrag, für welchen ich die Bühne bestieg, bedarf, wie ich glaube, solcher Künste nicht, es dürften vielmehr gute Gründe dafür sprechen. Man hat  weil ich schon von einem Vorwurfe spreche  uns getadelt, daß wir die Stimme des Gefühles öfters verderben, daß wir solche Dinge auf das Feld des Raisonzement bringen, die eigentlich in des Menschen Brust gegraben sind. Man hat sich oft bemüht, auf das Gefühl der hohen Versammlung zu wirken. Meine Herren! Ich habe darüber eine andere Ansicht. Hier müssen Verstandesgründe entscheiden (Bravo); nicht Gefühle, nicht die Phantasie, nicht das Herz wollen wir bewegen, sondern wir wollen den Verstand überzeugen. (Bravo.) Ich weiß es wohl, ich habe


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP