Støeda 3. ledna 1849

Minister des Inneren, Stadion Ich habe einige Interpellationen zu beantworten, und bitte um das Wort

Es wurde von einigen Deputirten von Niederosterreich eine Interpellation an das Ministerium gerichtet, über die Entwaffnung, die in Niederösterreich stattgefunden hat Ich habe auf die Frage Folgendes zu erwidern

In Beantwortung der von den Herren Abgeordneten Nieder Osterreiches in der Sitzung vom 20. v M. gemachten Interpellation habe ich die Ehre, Folgendes zu eröffnen:

ad 1. Als in den beklagenswerten Oktobertagen, die im kaiserlichen Zeughause in Wien verwahrten Waffen die Beute eines Jeden wurden, der nehmen wollte, und die Begriffe über Burgerrecht und Bürgerpflicht unklar wurden, bewaffnete sich auch das Landvolk, und die Folge dieser allgemeinen Bewaffnung war Geringschätzung der Organe der vollziehenden Gewalt und ihrer Anordnungen, und insbesondere Eingriffe in das fremde Eigenthum durch Jagdexzesse aller Art.

Um diesem, der inneren Ruhe des Staates und der Sicherheit des Lebens und Eigenthums immer gefährlicher werdenden Übelstande ein Ende zu machen, hat das niederösterreichische Landes Präsidium im Einvernehmen mit dem Civil und Militär Gouverneur von Wien, die Entwaffnung des Land Volks angeordnet, eine Maßregel, welche der Ministerrats im Interesse des allgemeinen Wohles nur billigen kann, und die auch von den Gemeinden selbst als heilsam anerkannt worden ist 

ad 2 Da der Ministerrats die allgemeine Bewaffnung als ein constitutionelles Recht nicht anerkennen kann, weil es in Österreich weder durch ein Gesetz zugestanden ist, noch in anderen constitutionellen Staaten bestehet, und Ordnung und Ruhe gar nicht denkbar wäre, wenn sich Jeder man ohne Rucksicht aus Stand und staatsbürgerliche, so wie moralische Haltung bewaffnen konnte, so wurde

ad 3. Der Ministerrats gegen seine Pflicht handeln, wenn er die, von den Kreisämtern im Grunde höheren Auftrages getroffenen Verfugungen wider rufen würde

ad 4. Zumal die Entwaffnung nicht allgemein und rücksichtslos durchgeführt, sondern ausdrücklich an geordnet wurde, daß jene, welche bisher zum Be sitze und Tragen der Waffen nach dem Gesetze berechtiget waren, zur Ablieferung derselben nicht verhalten werden sollen, und daß den Besitzern einzeln stehender Gehöfte, so wie jenen, bei welchen sonstige besondere Rücksichten eintreten, die Belassung der Waffen zuzugestehen sei, wenn gegen ihr staatsbürgerliches Betragen keine Bedenken obwalten.

 Durch diese Verfugung werden jene, die bisher das Recht zum Besitze der Waffen gehabt, und davon keinen Mißbrauch gemacht haben, die ihnen allenfalls abgenommenen Waffen wieder zurück erhalten.

Sollte sich aber in einzelnen Fallen die Rückgabe untunlich oder unzulässig darstellen, so wird den früheren Besitzern der Werth der Waffen, die nicht als corpora delicti, sondern aus anderen Grunzen zurückbehalten werden, vergütet werden, sobald sie darum beim Kreisamte einschreiten .

 Die zweite Interpellation, die ich in Kürze beantworten muß, ist die des Abg Heimerl, welcher sich sehr viele Deputirte angeschlossen haben, in Absicht auf die bessere Stellung und Dotierung der Schullehrer. In dieser Beziehung sind vom Ministerium bereits die Vorarbeiten eingeleitet, und ich hoffe, in Kürze in der Lage zu sein, den Beschluß des Ministeriums in dieser Sache mittheilen zu konnen Das hohe Haus wird begreifen, daß dieser Gegenstand von so hoher Wichtigkeit ist, und in Absicht auf das finanzielle Interesse auch so bedeutende Opfer erheischt, daß die Verzögerung von einigen Tagen Ihnen leicht erklärlich sein wird.

Eine dritte Interpellation ist hinsichtlich des Kreishauptmannes von Steyer gestellt worden Auf diese antworte ich, daß, nachdem der Kreishauptmann in Ouiescentenstand versetzt worden ist, ihm jene Bezüge werden ausgezahlt werden, die ihm als Ouiescenten gebühren 

Abg Lohner Ich erlaube mir eine Anfrage an das Präsidium des Hauses Es ist bekannt, daß bei der Revision, respective bei der 3 Lesung der Geschäftsordnung eine Bestimmung festgesetzt worden ist in Bezug auf Ausschreibung neuer Wahlen von Jenen, welche ein Staatsamt angenommen haben Wo zu gleicher Zeit bemerkt wurde, daß, sobald ein § die 3 Lesung durchgemacht hat, und angenommen ist, er in die Wirksamkeit zu treten habe, so muß alsogleich über die Ausschreibung sammtlicher Neuwahlen von Seite des Prasidiums die Mit Theilung an das Ministerium ergangen sein. Ich erlaube mir daher an das verkehrliche Präsidium die Anfrage, ob dem Präsidenten der Erfolg dieser Mittheilungen bekannt ist, und ob in Folge dieser Mitheilung diese neuen Wahlen stattgefunden haben?

P r ä s. So viel mir bekannt ist, wurde damals die Ausschreibung unter dem früheren Präsidenten eingeleitet, was den Erfolg anbelangt, bin ich nicht in der Lage, darauf zu antworten, werde mir aber jedenfalls vorbehalten, dem Herrn Abgeordneten für Saaz die erforderliche Auskunft nach Maßgabe der Acten bei der nächsten Sitzung zu ertheilen.

Minister Thinnfeld Ich habe eine Interpellation zu beantworten, die neulich vom Abg Sie her gestellt wurde In Betreff desjenigen, was das Ministerium in Bezug auf den Bergbau im Erzgebirge und namentlich auf den Bergbau in Joachimsthal einzuhalten gedenkt, spricht sich das Ministerium dahin aus, daß es beabsichtigt, die im Joachimsthaler Bergbau an vielen Orten zersplitterten Kräfte dahin zu concentriren, um mit Kraft durch Abteufung eines Schachtes, und Herstellung zweckmäßiger Wasserherb und Förderungs- Maschinen die Teufe zu gewärtigen, die daselbst besinnlichen Erzmittel aufzuschießen, und einen regelmäßigen Abbau derselben vorzubereiten. Obschon ein lohnender Erfolg dieses Versehrens nicht mit Gewißheit verbürgt werden kann, so gewährt dieses doch die einzige Hoffnung, den Bergbau in Joachimsthal in jene Lage zu bringen, sich selbst zu erhalten, und den Bewohnern der dortigen Gegend eine naturgemäße Erwerbsquelle zu sichern, ohne dem Staatsschatze fortwährende beträchtliche, und in die Länge nicht zu rechtfertigende Opfer aufzubürden. Die Regierung hat schon im vorigen Jahre den im Jahre 1826 den Privaten überlassenen, von diesen jedoch aufgegebenen, und ganz herabgekommenen Zinnbau in Schlangenwald an sich gebracht, und wird noch einige Versuche machen, ob der inländische Zinnbergbau ohne zu große Einbuße sich noch aufrecht erhalten lasse

Finanz Minister Krauß. In derselben Interpellation ist auch des Bobinetts (Spitzengrundes) erwähnt worden, und zwar wegen der Noth, in welcher sich die Spitzenklöppler in Böhmen befinden. Es ist die Frage gestellt worden, ob das Ministerium die Absicht habe, den Eingangszoll von dieser Waare zu erhöhen. Nun muß ich mir die Bemerkung erlauben, daß diese Frage so innig mit dein Zollsystem überhaupt, und insbesondere mit der Zollbelegung anderer, damit in naher Verbindung stehender Artikel zusammenhängt, daß ich unter den gegenwärtigen Umständen keine andere, als folgende Antwort geben kann. Das Ministerium ist entschieden, den Schütz, welcher der Industrie durch die bisherigen Gesetze eingeräumt worden ist, nicht zu schmälern, und alle diejenigen Änderungen, welche man vorschlagen wird, werden sehr reiflich erwogen werden, sie werden nur insofern vorgeschlagen werden, als man die Beruhigung erhält, daß jener Schutz nicht geschmälert werde. Was insbesondere die Noth betrifft, die in einem Theile von Böhmen besteht, so war sie bisher und wird immer der Gegenstand besonderer Erwägung des Ministeriums sein.

 Präs. Der Abg. Smolka hat das Wort.

Abg. Smolka. In Bezug auf die vom Ab geordneten für Saatz an das Präsidium gerichtete Interpellation, und über die Hinweisung des Herrn Präsidenten, auf die Wirksamkeit des früheren Präsidiums sehe ich mich verpflichtet, folgende Aufklärung zu geben. Als das hohe Haus beschlossen hat, daß die §§. der Geschäftsordnung, welche bei der dritten Lesung angenommen würden, sogleich in Wirksamkeit zu setzen seien, habe ich angekündet, daß rücksichtlich derjenigen Mitglieder dieser hohen Kammer, welche ein Staatsamt angenommen haben, das Ersuchschreiben an das Ministerium des Innern wegen Ausschreibung neuer Wahlen gerichtet werden wird. Ich habe da zumal auch die Herren aufgefordert, sich im Vorstandsbureau zu melden, diejenigen nämlich, welche in der Lage sind, daß die Bestimmungen des §. 8 der Geschäfts  Ordnung auf sie Anwendung haben können. Dazumal hat sich aber Niemand gemeldet; demnach konnte von dem Vorstandsbureau nur hinsichtlich jener Herren Abgeordneten ein Ersuchschreiben an das Ministerium des Innern wegen Ausschreibung neuer Wahlen gerichtet werden, hinsichtlich deren dem Vorstande die stattgefundene Annahme von Staatsämtern von Amtswegen bekannt war. Dieses waren bloß die Abgeordneten und jetzigen Minister Stadion, Bach und Thinnfeld, und der Abgeordnete für Tschau. Es ist bezüglich dieser Herren Abgeordneten an das Ministerium das dielfällige Ersuchschreiben ergangen, der Erfolg aber ist mir nicht bekannt geworden.

Minister Stadion. Ich glaube hier erklären zu müssen, daß die Note, von der hier gesprochen wird, in die Hände des Ministeriums gelangt ist. Der Minister des Innern hat geglaubt, diesen Gegenstand dem Ministerium vorlegen, und einer Berathung unterziehen zu sollen, denn es handelt sich hier um einen principiellen Fall, den einzelne Minister nach ihrem Programme nicht entscheiden können. Es theilt sich die Frage in zwei Theile: in die principielle Frage, und in das, was einzelne Minister, die Deputirte sind, zu thun für ihre Pflicht halten. In der zweiten Beziehung sind die Herren Abgeordneten selbst übereingekommen, sich einer neuen Wahl unterziehen zu wollen, und zwar darum, weil es im constitutionellen Staate so Sitte ist, und weil schon in der Verfassung vom 25. April diese Vorschrift lag. Was aber den Gegenstand des Principes betrifft, so kann das Ministerium sich der Ansicht nicht entschlagen, daß das hohe Hans in der Geschäftsordnung einen Grundsatz, eine Prinzipienfrage aufgenommen hat, um so weniger, als dieß ein Grundsatz ist, der in die Constitution gehört, und mit der ganzen Constitution der allerhöchsten Sanction unterbreitet werden muß. In diesem Sinne wird auch das Ministerium an den Vorstand des hohen Hauses eine Note richten, und jedes einzelne Mitglied des Ministeriums Schritte machen, um sich einer neuen Wahl zu unterziehen, und persönlich seine Stellung als Deputirter im Grunde der alten Wahlen niederzulegen.

Präs. Diese Eröffnung des Herrn Ministers dürfte mich der Beantwortung der Interpellation des Herrn Abg. von Saatz entheben. Ich werde so frei sein, sobald die Eröffnung des Ministeriums an das hohe Haus gelangt, diese dem hohen Hause mitzutheilen. Der zweite Gegenstand der heutigen Tagesordnung. 

Abg. Kratochwill. Ich mache den Antrag, daß die Sitzung auf zwei Stunden unterbrochen werde, während welcher Zeit der Saal mit jener Wärme versehen werde, um hier ferner sitzen zu können.

Präs. Wird dieser Antrag unterstützt? Er hat nicht die erforderliche Unterstützung gefunden.

Abg. Schopf. Es ist wirklich zu kalt hier, und nicht auszuhalten. (Durch Unruhe unterbrochen.)

Präs. Ich bitte, meine Herren, ich höre den Herrn Abg. nicht, und weiß nicht, welchen Antrag er stellt.

Abg. S c h o p f. Es ist wegen der Kälte hier im Saale kaum auszuhalten, und ich stelle den Antrag, daß die Sitzung heute vertagt, und morgen fortgesetzt werde. (Nein, Nein!)

Präs. Wird der Antrag auf Vertagung der Sitzung unterstützt? (Nicht unterstützt.) Es entfällt der weitere Antrag.

Abg. Schopf. Ich meinte, nach der 3. Lesung des Finanzantrages.

Präs. Was die Berichte über die Wahlakte anbelangt, die den zweiten Gegenstand der heutigen Tagesordnung bilden, so dürften kaum welche zu erstatten sein. (Ruf: Nein.) Eben so dürfte kaum der Ausschuß für beanstandete Wahlen einen Vortrag zu halten haben. (Ruf: Nein.) Ich ersuche daher den Herrn Berichterstatter des Finanzausschusses, zum Vortrage zu schreiten, indem wir zum dritten Gegenstand der heutigen Tagesordnung übergehen, das ist die 3. Lesung des Finanzberichtes.

Abg. Szábel. (Liest von der Tribune die Beschlüsse über den Bericht des Finanzausschusses hinsichtlich der Kredit Bewilligung von 80 Millionen).

Präs. Zu diesem Antrage ist mir ein Zusatzantrag des Abg. Borrosch überreicht worden. Es ist derselbe Zusatzantrag,  ich glaube wenigstens, der bei der zweiten Lesung durch den Ausspruch des Hauses abgelehnt wurde, und zwar aus dem Grunde, weil dieser Antrag mit dem Hauptantrage in keiner wesentlichen Verbindung steht. Nunmehr ist dieser Zusatzantrag mit der Unterschrift von mehr als 50 Mitgliedern überreicht worden, und zwar mit Berufung auf die neue Bestimmung der Geschäftsordnung, nämlich mit Berufung auf den §. 58, der lautet: (liest ihn.)

Es handelt sich meines Erachtens jetzt nur darum, ob durch die neuerliche Produzierung des Antrages er in näheren Zusammenhang mit dem Hauptantrag als früher gebracht wurde. Der Antragsteller hat nach diesem Paragraphe das Recht, zur Begründung zu schreiten wegen Wiederaufnahme, und es dürfte dann darüber abzustimmen sein. Ich werde den Antrag vorlesen. (Liest.),, Die hohe Kämmer beauftragt den Finanzausschuss, binnen möglichst kurzer Zeit einen umfassenden Plan vorzulegen, und die zwischen dem Staate und der Nationalbank bestehenden finanziellen Missverhältnisse zu regeln, dadurch beiden zu ihrer finanziellen Selbständigkeit zu verhelfen, die Interessen des Staatshaushaltes mit der Nationalbank vor weiterer Gefährdung zu wahren, und die Industrie und den Handel, die durch jene Missverhältnisse Zwangsmaßregeln unterworfen wurden, wieder zu entfesseln. "

Abg. Borrosch. Ich glaube, daß der Zeitpunkt, wo ein neuer, so ansehnlicher Kredit bewilliget worden ist, zugleich der geeignetste sein dürfte, auf eine so wichtige, bisher nur allzu lang hinaus geschobene Entscheidung über eine finanzielle Lebensfrage einzugehen. Was kürzlich in den Journalen pro contra mit Parteilichkeit von beiden Seiten in dieser Angelegenheit verhandelt wurde, ist den verehrten Mitgliedern der hohen Kammer zu gut bekannt, als daß ich die Zeit mit Wiederholungen verlieren sollte; das wesentliche davon ist auch schon längst in diesem Hause, z. B. bei der Bewilligung des Kredites von 20 Millionen, zur Sprache gekommen. Nun handelt es sich darum, daß der Reichstag als ein unparteiischer Schiedsrichter gleichsam zwischen diese finanziellen Wirren vermittelnd eintrete, daß er dadurch den Völkern wieder das so notwendige Vertrauen in die Unabhängigkeit der Finanzverwaltung von fremdartigen Einflüssen gebe, und die Besorgniß vor den unbestreitbaren, bis zur drohenden Gefahr eines Staatsbankrottes oder einer Insolvenz der Nationalbank heran gediehenen finanziellen Mißverhälnissen sofort wieder beseitiget werde. Ein geeigneteres Mittel in dieser Beziehung kann es nicht geben, als die Ausführung eines derartigen umfassenden Planes, der mit gänzlicher Parteilosigkeit für den Staatshaushalt, wie für die Interessen der Nationalbank auszuarbeiten ist. Ich selber bin durchaus kein Gegner der Nationalbank, denn es ist ein hochwichtiges Institut, und wird sich in seiner wohltätigen Wirksamkeit dann erst ganz bewähren, wenn es unabhängig gemacht wird vom Staate, dem es jetzt dienen muß, und wenn umgekehrt der Staatshaushalt frei gemacht wird von der Nationalbank.

Ich will noch ein Einiges anführen, um ein Beispiel für die Dringlichkeit des Antrages zu geben. Es ist die letzte halbjährige Dividende per 46 fl. für eine Bankaktie, was bei dem Nominalwerte von 600 fl. dem Genusse einer Verzinsung mit 15 1/3 Prozent vom ursprünglichen Kapitale gleich kommt. Es wird auf diese Art bei einem großen Teile des Publikums Hass und Eifersucht gegen diese, auf Kosten aller übrigen Gewerbes und Handelsinteressen stattfindende Begünstigung eines ohnehin monopolistisch bevorzugten Institutes erregt. In der Tat aber ist diese Begünstigung eine mehr scheinbare und eigentlich nur eine Assekuranzprämie. Diese so höhne Assekuranz Prämie möge aber den Actien Besitzern auch sagen, daß in der Tat ihre Aktien nicht mehr so ganz sicher stehen, wenn man trotz der finanziellen Missverhältnisse dennoch für notwendig findet, eine so hohe Assekuranz  Prämie zu gewähren. Wie gesagt, dieser Antrag ist ein pro und contra ganz parteiloser. Er liegt im Interesse des Volkes, des Staatshaushaltes und endlich der Nationalbank selbst.

Finanz Minister Krauß. Ich bitte ums Wort.

Präs. Ich bitte nur in formeller Beziehung?

Finanz Minister Krauß. Ich werde nicht eine Discussion über die Sache selbst eröffnen, nachdem dieß gegen die Ordnung des hohen Hauses ist. Nur zwei Umstände muß ich berühren, die in der Rede des Herrn Abgeordneten vorgekommen sind, nämlich er hat vom Staatsbankrotte, als nahe stehend oder wenigstens zu besorgend, gesprochen. Dagegen muß ich mich auf das Bestimmteste aussprechen. Die Hilfsquellen des Staates sind von solcher Größe, daß man die Idee von einem Staatsbankrott durchaus nicht zulassen kann. Es sind auch in der Darstellung, die ich dem hohen Hause die Ehre hatte vorzutragen, die Mittel angedeutet, durch welche, wie ich hoffe, wenn nicht äußerst unerwartete Umstände eintreten, wir in nicht langer Zeit zu einem günstigen Zustande gelangen werden. Vorzüglich muß ich aber dieses bemerken, weil das Verhältniß, in welchem der Staat zur Bank steht, durchaus nicht von solcher Art ist, daß dadurch der Staatsbankrott, wenn er ja zu besorgen wäre, herbei geführt würde; sondern geradezu umgekehrt hat die Bank dem Staate große Hilfe geleistet, und die Steuerpflichtigen sind durch die Hilfe der Bank größerer und bedeutender Abgaben entledigt worden, als man ihnen hätte auferlegen müssen, wenn man die Hilfe der Bank nicht hätte benützen können.

Der zweite Gegenstand, über den ich mir eine Bemerkung zu machen erlaube, bezieht sich auf die Dividende der Bankaktien; ich muß hier dem hohen Hause anzeigen, daß die Dividende nicht einmal von jenem Organe für das nächste Jahr vorgeschlagen worden ist, welches allein berechtigt ist, die Dividende vorzuschlagen. Nach den Statuten der Bank ist nur der Bankausschuss berechtiget, die Dividende für den zweiten Semester vorzuschlagen, dieser hat sich aber noch nicht versammelt. Dasjenige, worauf sich die Angaben des Herrn Redners beziehen, sind verschiedene Anträge, die bei der Direktion gestellt wurden und, ich weiß nicht, auf welche Art in das Publikum kamen, und zu ganz irrigen Voraussetzungen geführt haben. Rücksichtlich der Dividende muß ich also bemerken, daß dieß erst ausgesprochen werden wird, wenn der Bankausschuss zusammentritt.

Präs. Über die formelle Frage, ob ein von dem hohen Hause verworfener Antrag wieder aufzunehmen sei, oder nicht, wird eine Debatte nicht gestattet. Ich fasse auch den Antrag des Abg. Borrosch nur vom formellen Standpunkte auf, ob er zur Debatte zuzulassen sei, oder nicht.  Es ist derselbe Antrag, gegen welchen eine Protestation vom Abg. Herrn Borrosch zu Protokoll gegeben wurde. Ich erlaube mir daher, von diesem Standpunkte die Abstimmungsfrage zu stellen. Diejenigen Herren, welche der Meinung sind, daß der vor gelesene Antrag des Herrn Abg. Borrosch zu der Debatte zuzulassen sei, als ein Zusatzantrag zum Antrage der Commission, wollen aufstehen. (Geschieht) Es ist die Minorität. Es sind neuerdings einige Redner für die dritte Lesung eingeschrieben, und zwar dagegen haben sich einschreiben lassen: der Herr Abg. Sierakowski gegen die Bewilligung der Summe, und Herr Abg. Wildner gegen gen den §. 2. Dafür Niemand. Weitere Einzeichnungen liegen nicht vor. Ich ersuche daher den Herrn Abg. Sierakowski, die Rednerbühne zu besteigen.

Abg. Klaudi. Ich bin für den §. 2, und bitte ums Wort für den Antrag.

Präs. Der Herr Abg. Sierakowski scheint nicht anwesend zu sein; es hat also der Herr Abg. Wildner das Wort.

Abg. Wildner. Ich verzichte auf's Wort.

Abg. Klaudi. Ich verzichte auch auf's Wort.

Präs. Dann ist Niemand mehr als Redner eingeschrieben. Nur der Herr Berichterstatter ?

Abg. Szábel. Sobald keine Einwendungen gegen den Antrag vorgebracht werden, habe auch ich nichts vorzutragen.

Präs. Ich glaube, es wären die einzelnen Paragraphe zur Abstimmung zu bringen, dann wieder als ein Ganzes. (Ruf: Als Ganges.) Diejenigen Herren, welche wünschen, daß über diesen Antrag der Commission als Ganzes sogleich abgestimmt werde, wollen aufstehen. (Geschieht.) Es ist die Majorität. Das war eine rein formelle Frage Diejenigen Herren, welche für den Antrag, wie er amendirt vorgelesen wurde, stimmen wollen, wollen es durch Aufstehen kund geben. (Geschieht.) Es ist die Majorität. Den weiteren Gegenstand der heutigen Tagesordnung  (Häufiger Ruf: Schluß der Sitzung.)

Präs. Der Herr Abg. Streit will das Wort ergreifen.

Abg. Streit. Als der §. 68 der Geschäftsordnung angenommen wurde, habe ich den damaligen Präsidenten Smolka um die Weisung ersucht, ob ich als Schriftführer zur Linken des Präsidenten die Eintragung der Redner hier, oder ob ich sie im Vorstandsbureau zur bestimmten Zeit vornehmen soll; der Herr Präsident Smolka war damit einverstanden, daß ich die Eintragung im Vorstandsbureau vorzunehmen habe. Seit dieser Zeit habe ich mich auch darnach benommen, und es sind auch ohne Widerspruch des Reichstages die Eintragungen im Vorstandsturrau von mir in der bestimmten Zeit vorgenommen worden. Heute ergab sich aber das unliebsame Ereignis, daß mehrere Herren Abgeordnete hier vor der Sitzung gewartet haben, und vermeinten, die Eintragungen würden in diesem Saale vorgenommen werden, weil ich nur dann der Schriftführer " zur Linken" sei, wenn ich hier sitze; obwohl ich nur dann, wenn der Herr Präsident ebenfalls eine halbe Stunde vor der Sitzung sich hier aufhält, der Schriftführer "zur Linken" wäre. Ich überlasse nun dem hohen Hause die Entscheidung der Frage, ob ich in Gemäßweit der früheren Gewohnheit im Vorstandsburen in der bemessenen Stunde die Eintragung der Redner vornehmen darf, oder ob ich hier sein muß. (Hier!.  Vorstandsbureau!) Dann die zweite Frage erlaube ich mir an das hohe Haus zu stellen, und die Entscheidung einzuholen, ob die bisher vorgenommene Einschreibung, welche sich auf die Grundrechte bezieht und zwar aus alle §§. der Grundrechte, noch zu gelten habe oder nicht, lieber beschlossen werden wolle, daß nur immer je 1 oder 2 §§. der Grundrechte auf die Tagesordnung zu setzen, und die Einschreibung für die an die Tagesordnung zu fetzenden §§. vorzunehmen fei, welches meinem Ermessen nach das Zweckmäßigste sein dürfte.

Präs. Der Gegenstand ist so klar, daß eine Debatte überflüssig erscheinen dürfte; ich werde daher die Frage gleich zur Abstimmung bringen, ob es bei der bisherigen Manipulation sein Verbleiben haben solle, daß die Einschreibungen an dem Tage der Sitzung im Vorstandsbureau stattzufinden haben.

Abg. Borrosch. Ich gehöre zu den sieben Rednern, welche sich noch wollten vormerken lassen, und der hier eine Stunde wartete, indem ich dem Wortlaute und Sinne des §. 97 der Geschäfts Ordnung gemäß nicht anders vermuthen konnte als daß die Einschreibung hier vorgenommen werde. Wenn sie nun anderswo stattfindet, habe ich nichts dagegen, nur muß man die Redner davon verständigen, und wenn selbe ohne ihr Verschulden zu diesem Irrthum veranlaßt wurden, so muß ihnen zufolge des Wortlautes und Sinnes des betreffenden Geschäftsordnungsparagraphen das parlamentarische Recht vorbehalten bleiben, ihr Vormerkungsrecht nachträglich zu wahren.

Präs. Ich erlaube mir nochmals die Abstimmungsfrage zu stellen. Diejenigen Herren, welche dafür sind, daß die Einschreibung als Redner im Vorstandsbureau während der halben Stunde vor dem Beginne der Sitzung stattzufinden hätte, wollen aufstehen. (Geschieht.) Es ist die Majorität.

Abg. Rieger. Ich erlaube mir die Anfrage, ob damit die Einzeichnungen hier selbst im Saale ausgeschlossen sind?

Präs. So lange die Sitzung nicht begonnen hat, sind sie nicht behoben.

Abg. Streit. Gegen den Herren Abg. Rieger muß ich mir die Bemerkung erlauben, daß die Geschäftsordnung nur einen Schriftführer und zwar den zur Linken des Präsidenten sitzenden zur Vornähme der Aufzeichnung der Redner bestimmt. Der Schriftführer kann nur an einem Orte, und muß nach dem so eben gefaßten Beschlusse zur bestimmten Stunde im Vorstandsbureau sein. Ist die festgesetzte Zeit um, so können keine weiteren Aufzeichnungen mehr vorgenommen werden, eben weil die Zeit verstrichen ist, sondern, wenn die Debatte angefangen hat, kann die Eintragung vom Präsidenten geschehen, sobald der Redner vom Platze zu sprechen wünscht.

Abg. Rieger. Ich sehe nicht ein, warum es den Rednern verwehrt sein sollte, sobald der Schriftführer erscheint, sich nicht auch hier einschreiben zu lassen; es geht eine bedeutende Zeit verloren, wenn vor dem Beginne der Sitzung das geschieht, dann mit der Ablesung des Protokolles u. s. w. Während dieser Zeit kann ja jeder Redner sehr leicht zum Schriftführer hingehen, und seinen Namen einschreiben lassen. Ich sehe nicht ein, warum die Redner in dieser Beziehung so sehr beschränkt sein sollten.

Abg. Mayer. Ich muß meinem Herrn Vorredner einen factischen Irrthum aufklären. Die Gefchäftsordnung bestimmt ganz genau, daß die Einschreibung in der halben Stünde vor Beginn der Sitzungsstunde geschehen müsst, nicht bis zum Beginne der Sitzung selbst. Wenn nun das hohe Haus beschlossen hat, daß der zur Einzeichnung berechtigte Schriftführer diese halbe Stunde im Vorstandsbureau zubringen soll, so ist es dann nicht möglich, daß jeder Redner sich zugleich im Saale ein schreiben lassen könne, auch würde die Einschreibung an zwei verschiedenen Orten Streit gegen die Priorität zur Folge haben, was ich bei der Redaction der Geschäftsordnung vermieden wissen wollte.

Abg. R i e g e r. Ich erkenne allerdings das Gewicht der Gründe des Herrn Abg. Mayer. Ich glaube aber, daß in der Geschäftsordnung keine Bestimmung ist, die sagt, daß einem Redner verboten fei, sich auch während der Sitzung, nachdem einige Redner gesprochen haben anzumelden. Aus diesem Grunde muß man sich auch zu jeder Zeit, so lange nicht der Schluß der Debatte beantragt ist, bei dem Schriftführer zur Linken als Redner einschreiben lassen können.

Präs. Ich glaube, die Sache ist schon zur Sprache gekommen, und es dürfte nichts mehr darüber zu erwähnen sein. Nunmehr ist der zweite Antrag des Herrn Abg. Streit, daß immer nur einige §§. der Grundrechte auf die Tagesordnung zu stellen feien, und für diese die Einschreibung der Redner einzutreten hätte. Ich glaube, das ist ein Gegenstand, der mit der Feststellung der Tagesordnung in einiger Verbindung steht, im ersten Punkte; über den zweiten Punkt müßte sich das hohe Hans aussprechen. Wünscht Jemand darüber das Wort?

Abg. Rieger. Ich glaube, man kann die Grundrechte oder überhaupt die Verfassung nicht als ein einziges Gesetz betrachten, man muß jeden Paragraph, weil jeder eine gesetzliche Bestimmung enthält, als ein besonderes Gesetz betrachten. Deshalb muß auch für jeden einzelnen Paragraph eine besondere Einschreibung stattfinden. Hinsichtlich des Antrages, daß auf die jedesmaligen Tagesordnung nur dieser oder jener §. gesetzt werde, glaube ich, man könnte überhaupt die Grundrechte auf die Tagesordnung fetzen, und wird davon soviel zur Verhandlung bringen, als die Zeit zulässt, aber für jeden §. muß sich der Redner besonders einschreiben lassen.

Abg. Streit. Ich erlaube mir zur Aufklärung Folgendes zu bemerken: ich habe die Redner paragraphweise eingeschrieben, da sich aber der Anstand ergeben hat, daß, während ich im Vorstandsbureau war, mehrere Abgeordnete mich hier suchten, und ich glaube, daß die Rechte jener Herren auch nicht verletzt werden können, erlaube ich mir vorzuschlagen, daß die Einschreibung nochmals zu geschehen hätte, und zwar paragraphweise im Vorstandsbureau.

Präs. Der ursprüngliche Antrag ist etwas modificirt worden; es handelt sich darum, Streitigkeiten wegen der Priorität vorzubeugen, welche aus der bisherigen Manipulation entstanden sind. Um also ferner die Priorität nicht zweifelhaft zu machen, hat der Abg. Streit den Antrag gestellt, damit die Einschreibung zur Debatte über die Grundrechte nach dem heute gefaßten Beschluß stattfinde. Diejenigen Herren, welche dafür sind, wollen aufstehen. (Majorität.) Ich ersuche also die Redner, eine halbe Stunde vor der nächsten Sitzung sich einschreiben zu lassen  Nunmehr handelt es sich um die Feststellung der Tagesordnung. Für die nächste Tagesordnung würde ich beantragen: 1. Die Ablesung des Protokolles über die heutige Sitzung, dann Berichte über die Wahlacte. Ferner die zweite Lesung der Grundrechte, ferner die Vollberathung über den Antrag des Finanzausschusses, betreffend die Optierung seiner Mitglieder und jenes des ConstitutionsAusschusses. Der letzte Antrag dürfte wahrscheinlich in der letzten halben Stunde vor Aufhebung der nächsten Sitzung zur Sprache kommen; dann der Bericht des Ausschusses über die Revision der Reichstagsrechnungen. So viel der Gegenstand. Hat Niemand gegen den Gegenstand etwas einzuwenden?

Ein Abg. Ich bitte, ich möchte den Bericht des Ausschusses über die Reichstagesrechnung  (Ruf: Schon heute.)

Präs. Ich glaube, daß der Antrag in Bezug des 5. Punktes der beantragten Tagesordnung bereits erledigt sein wird. Der Herr Abgeordnete scheint mich nicht recht verstanden zu haben, ich glaube, daß der jetzige Antrag des Finanz  Ausschusses, der bereits heute auf der Tagesordnung sich befindet, und die Optierung der Mitglieder betrifft, in der morgigen Tagesordnung aufgenommen werde, und sobald er morgen erledigt wird, auf die nächste Tagesordnung der Bericht des Ausschusses zur Revision der Reichstagsrechnungen komme. Was die Zeit anbelangt, so würde ich mir dießfalls einen Antrag erlauben. Ich glaube, es dürfte vielleicht dem Geschäfte am zweckdienlichsten sein, wenn die Plenarsitzungen des Reichstages am Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag abgehalten würden; die freien Tage Samstag, Sonntag und Montag dürften wahrscheinlich dein Constitutionsausschusse Gelegenheit bieten, in seiner Arbeit fortzufahren. Sind die Herren mit diesem Antrage einverstanden? (Ja.) Die Herren die dafür sind, wollen es durch Aufstehen kund geben. (Angenommen.) Was nun die Stünde anbelangt, so dürfte die 10. Stünde am angemessensten sein, und die Sitzung dürfte beiläufig von 10 bis 3 Uhr zu dauern haben. Sind die Herren damit einverstanden? (Ruf: Ja.)

Die morgige Sitzung ist also um 10 Uhr, und ich erkläre die heutige Sitzung für geschlossen. 

Schluß 2 Uhr.

Berichtigungen. Im XII. Hefte der offiziellen stenographischen Berichte sind aus Anlaß der Unrichtigkeit des Manuskriptes folgende Fehler unterlaufen:

In der Rede des Herrn Abg. Jonak, Seite 210, 1. Spalte, 15. Zeile von oben, fehlt der Saß: "    von welchen das Sprichwort gilt, daß sie zu wenig haben, um zu leben, zu viel, um zu verhungern. "

Dann in der zweiten Spalte derselben Seite, 23. Zeile von oben, soll es statt:,, 2 Millionen in Gelb " richtig heißen. 200. 000 Rekruten. "

Endlich Seite 211, I. Spalte, von oben die 9 Zeile, lese man start: "dann wird der Credit""dann wird der Cours."

Ferners, in der Rede des Herrn Abg. Trojan, Seite 242, 1. Spalte, 27 Zeile von oben, soll der Satz.

"Ich hatte leider in dem Petitionsausschüsse noch mehr Gelegenheit gehabt, davon mich zu über zeugen, daß das wichtigste die Volksbildung ist" in vollständiger Fassung also lauten:

., Ich hatte leider in dem Petitionsausschüsse noch wehr Gelegenheit gehabt, mich von dem traurigen Zustande der Volksschulen zu überzeugen, und kaum ist Jemand unter uns, der nicht von der Überzeugung durchdrungen wäre, daß für die Sicherung einer glücklichen Zukunft bei uns das wichtigste die Volksbildung ist. "

Kremsier. Aus der k. k. Hof und Staatsdruckerei.


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