Pondìlí 11. prosince 1848

vollkommen in seiner Willkür, und dieß ist auch so der Gebrauch der Kammer. Die Erhöhung von 20 Mitgliedern auf 40 ist an und für sich eine Ansichtssache, allein ich muß der Konsequenz wegen bei der Zahl 20 verbleiben. Wenn wir uns bei wichtigen Hauptanträgen mit 20 Mitgliedern begnügen, so sehe ich nicht ein, warum wir bei minder wichtigen Anträgen 40 Mitglieder bedürfen. Übrigens, glaube ich, sind wir es dem Vorstande schuldig, daß er nicht bis zur Zahl 40 zählen muß.

Präs. Zu dem Antrage der Kommission liegt ein Verbesserungsantrag des Abg. Brestel vor. Der Abg. Brestel wünscht nämlich die Textierung des ersten Absatzes des Paragraphes folgendermaßen:,, Abänderungs- und Verbesserungsanträge können zu jeder Zeit vor dem Schlüsse der Verhandlung gestellt werden, und müssen, wenn sie von 40 Mitgliedern nach dem Schlüsse der Debatte unterstützt werden, zur Abstimmung gebracht werden. Dann folgt das Übrige, wie die Kommission es beantragt hat. Ich werde den Abänderungsantrag des Abg. Brestel vor Allem zur Abstimmung bringen. Wird dieser Antrag des Abg. Brestel unterstützt? (Ruf: Die Teilung.) Also bezüglich der 40 Mitglieder, und sodann, daß nach dem Schlüsse der Debatte die Unterstützungsfrage gestellt werde. Wird der Antrag wegen Aufnahme der Bestimmung wegen der 40 Mitglieder unterstützt? (Geschieht.) Diejenigen Herren, welche für die Aufnahme dieser Bestimmung sind, wollen ausstehen. (Minorität.) Es erübrigt nur noch der Absatz, nämlich, daß nach dem Schlüsse der Debatte die Unterstützungsfrage gestellt werden soll. (Wird nicht zureichend unterstützt.) Ich werde demnach den Paragraph, so wie er von der Kommission beantragt ist, verlesen, er lautet: "Abänderungsanträge (Amendements) können zu jeder Zeit vor dem Schlüsse der Verhandlung gestellt, vom Antragsteller begründet, und wenn sie von 20 Mitgliedern unterstützt sind, sogleich beraten werden. Dieselben müssen mit der Hauptfrage in wesentlicher Verbindung stehen, und werden dem Präsidenten schriftlich, und zwar ohne Begründung übergeben. Der Reichstag hat das Recht, solche Anträge an die Abteilungen zu verweisen, und die Verhandlung darüber bis zur Berichterstattung des Ausschusses abzubrechen. " Diejenigen Herren, welche für diesen eben verlesenen §. 51. nunmehr 53. stimmen, wollen aufstehen. (Majorität.) Er ist angenommen.

Abg. Mayer. Der Ausschuß beantragt als §. 56 Folgendes:,, Sollte jedoch der Nebenantrag mit dem Hauptantrage in keiner wesentlichen Verbindung stehen, so ist jener sogleich, ohne daß eine Debatte hierüber zugelassen wird, durch Beschluß des Reichstages abzulehnen. Anträge, welche den Haupt oder Nebenantrag gänzlich aufheben, sind unzulässig. " (Beifall.) Der Antrag dieses Paragraphes gründet sich auf gemachte Erfahrungen, sowohl in Hinsicht auf eine Menge Amendements, die mit der Hauptsache in gar keinem Zusammenhange standen, als auch bezüglich einer Menge von Amendements, welche als Mörder gestellter Amendements betrachtet worden sind. (Heiterkeit.)

Präs. Diejenigen Herren, welche für die Annahme des so eben vorgelesenen §. 56 sind, wollen es durch Aufstehen zu erkennen geben. (Majorität.) Der §. 56 ist angenommen.

Abg. M a y e r. §. 52 nunmehr 57.,, Der Antragsteller kann seinen Vorschlag jederzeit zurücknehmen; wenn aber die Verhandlung einmal eröffnet worden ist, kann der Reichstag auch nach erfolgter Zurücknahme von Seite des Antragstellers die Fortsetzung der Verhandlung beschließen. " Als Zusatz wird beantragt: "Ein vom Reichstage abgelehnter Antrag darf nicht mehr vorgebracht werden. "

Abg. Brestel. Ich möchte bloß den Herrn Berichterstalter interpellieren, ob diese Fassung sich auch auf Amendements bezieht, oder bloß auf selbstständige Anträge?

Abg. M a y e r. Auch auf Amendements.

Abg. Brestel. Dann muß ich dagegen auftreten, und ersuchen, daß der Paragraph so umgeändert werde:,, Daß jedem andern Mitgliede gestattet werde, ein Amendement, welches Jemand fallen läßt, selbst für sich wieder aufzunehmen, " weil es sonst in der Gewalt jedes Einzelnen ist, einen Zweiten zu verhindern, sein Amendement zur Abstimmung zu bringen, denn zu dem Zwecke dürfte ich nur, wenn ich weiß, daß ein Zweiter ein gewisses Amendement stellen will, dasselbe früher stellen, weil ein Zweiter es nicht mehr stellen darf, wenn ich, bevor es zur Abstimmung kommt, dasselbe zurückziehe. Sobald Jemand ein Amendement gestellt hat, so ist es Gemeingut der ganzen Kammer, und es muß daher, sobald irgend einer es verlangt, notwendig zur Abstimmung gebracht werden, weil vorausgesetzt werden kann, daß, wenn der Erste das Amendement nicht gestellt hätte, es vielleicht irgend Jemand anderer gestellt haben wurde; wenn der Paragraph in der Art festgehalten würde, würde man dazu kommen, daß man genötigt wäre, ein und dasselbe Amendement von mehreren zugleich gestellt zu hören.

Abg. Paul. Ich muß mich gegen den, vom Herrn Berichterstatter beantragten Zusatz erklären, da ein vom Reichstage jetzt abgelehnter Antrag in der Folge als zweckmäßig erscheinen kann, die Kammer aber dadurch dann nicht mehr in der Möglichkeit sein wird, diesen Antrag wieder aufzunehmen, und den entsprechenden Beschluß zu fassen.

Abg. Hawliczek. Ich verlange den Schluß der Debatte.

P r ä s. Es wird der Schluß der Debatte beantragt. Diejenigen Herren, welche dafür sind, wollen aufstehen. (Die Majorität erhebt sich.) Der Abg. Goldmark hat noch das Wort.

Abg. Gold mark. Auch ich bin der Meinung, daß wir heute nicht die Frage über das absolute Veto aufgreifen; es ist aber hierin dasselbe enthalten für den Reichstag, weil es möglich ist, daß eine Frage, die heute von gar keiner Wichtigkeit ist, in einigen Tagen hochwichtig werden kann. Darum, glaube ich, dürfen wir durch solche Paragraphe nicht jede Debatte für die Zukunft abschneiden.

Präs. Wünscht der Herr Berichterstatter zu erwidern?

Abg. Mayer. Dem Herrn Abg. Brestel erlaube ich mir zu erwidern, daß der Ausschuß unter den Worten: "Ein vom Reichstage abgelehnter Antrag" einen verworfenen Antrag, einen durch Abstimmung verworfenen verstanden, und bloß mildernd statt,, verworfen" das Wort "abgelehnt" gefetzt hat.

Einen Antrag ablehnen kann man bloß dadurch, wenn er durch die Majorität nicht angenommen wird. Ist er aber einmal verworfen, so wird es der Deutlichkeit wegen heißen müssen: "Ein verworfener Antrag darf nicht mehr vorgebracht werden. "

So war die Tendenz des Ausschusses. Der Antrag des Abg. Brestel geht dahin, daß nicht der Reichstag, sondern jedes einzelne Mitglied des Hauses das Recht haben solle, einen vom Antragsteller fallen gelassenen Antrag oder Amendement aufzunehmen.

Dafür spricht die bisherige Übung, und dasjenige, was der Einzelne aufnimmt, wenn es nicht die Unterstützung der Majorität findet, wird auch schwerlich bei der Abstimmung die Majorität der Kammer erlangen.

Ich muß daher bei dein beharren, daß bloß der Reichstag das Recht habe, ein gefallenes Amendement aufzunehmen.  Bezüglich der Weglassung, nach einmal fallen gelassene oder verworfene Anträge oder Amendements wieder zur Sprache gebracht werden dürfen, deßwegen, weil im Laufe der Zeit sich die Nothwendigkeit einer Wiederaufnahme herausstellt, oder weil jede Debatte dadurch unmöglich gemacht wird, erlaube ich mir, das hohe Haus bloß an jene Vorfälle zu erinnern, wo in einer und derselben Sitzung ein und derselbe Beschluß des Hauses drei, viermal aufzuheben versucht worden ist. Ich glaube, solche Beispiele wollen wir in Zukunft nicht mehr geben. Das war das Motiv des Antrages.

Abg. S z ab e l. Ich halte diese Fesselung der Kammer für so wichtig, daß ich vor der Abstimmung um 10 Minuten Bedenkzeit bitte.

Abg. Goldmark. Meine Herren! (Ruf: die Debatte ist schon geschlossen.) Ich bitte bloß über die Formalfrage ums Wort. Die ungeheure Tragweite dieses Paragraphes, der in ganz einfachen, beinahe unscheinbaren Worten abgefaßt ist, bestimmt mich, Sie zu ersuchen, nochmals über diesen Paragraph die Debatte zu eröffnen. Es ist zu wichtig, als daß man mit einem absoluten Veto von 5 bis 6 Worten über einen Antrag abstimmen sollte. Ich stelle daher den Antrag, daß die Debatte nochmals eröffnet werde.

P r ä s. Es würde der Antrag gestellt auf 10 Minuten Bedenkzeit. (Unterstützt und angenommen.) Nach Verlauf der 10 Minuten werde ich den Antrag des Abg. Goldmark zur Abstimmung bringen. 

(Nach 10 Minuten.)

Abg. M a y e r. Der Ausschuß beantragt nach wiederholter Berathung, daß in Folge des gedruckten §. 63 das hohe Haus den Gegenstand, nämlich den §. 57. zur näheren Prüfung dem Ausschusse samt allen gestellten Amendements. zurückgebe, und die Verhandlung über den §. 57 bis zur nächsten Sitzung vertagen möge. (Dieser Antrag wird einhellig angenommen.)

Präs. Der Abg. Fischer hat eine Interpellation an den Herrn Finanzminister angemeldet, und nachdem dieselbe dringlich ist, so ersuchet der Herr Abgeordnete, dieselbe gleich vorbringen zu dürfen.

Abg. Fischer. Nicht weil der Gegenstand so dringlich ist, sondern weil er ein bloß locales Interesse betrifft. und ich den Herrn Finanzminister in der Kammer nicht aufhalten will, habe ich gebeten, meine Interpellation allsogleich vorbringen zu dürfen.  Es werden dein Finanzministerium die Zerwürfnisse nicht unbekannt sein, welche zwischen Tausenden von Bauern und den k. k. Forst und Montan Behörden um einen großen Theil der Landwaldungen bestehen. Der Ursprung dieser Streitigkeiten datirt sich vom 16. Jahrhunderte her.

Es war nämlich ein alter Erzbischof, welcher in seinen Amtsinstructionen, die er gegeben hat, die Behauptung aufstellte, es seien alle Hoch und Schwarzwälder von den deutschen Kaisern als ein Anhang der Regalien des römischen Reiches dem Erzstifte verliehen worden. Während nun die genannten Behörden sich auf diesen Ausspruch beziehen, berufen sich die Bauern auf ihren Besitz, auf ihre Erwerbstitel, auf ihre Erwerbungsarten und vorzugsweise auch auf die fortwährende Besteuerung der Waldobjekte. Daß diese Zwistigkeiten nicht schon lange einen gefährlichen Charakter angenommen haben, und in Gewalttätigkeiten ausgeartet sind, ist nur der Gemütlichkeit und dem geraden Sinne der Bauern zuzuschreiben, einerseits, und dann dem Ansehen, welches die Behörden genossen haben, andererseits.

Allein jetzt ist es anders geworden, und dringend zu besorgen, daß, wenn man dein Bauern nicht gibt, wozu er berechtigt ist, er sich es selbst nehmen wird. Und ähnliche Auftritte sind immer bedauerungswürdig, weil sie gewöhnlich die Grenzen des Rechtes überschreiten. In Tirol war dasselbe Verhältniß; es ist behoben worden durch eine Commission, welche die Hofkammer in dieses Land abgesendet hat, mit dem Auftrage, dasselbe von Gericht zu Gericht zu bereisen, und das Waldeigentumsrecht zu liguidiren. Ich war unlängst in dieser Provinz, ich habe sie nach allen Richtungen hin bereist und habe: zu meinem größten Vergnügen wahrgenommen, daß man im allgemeinen mit dem Resultate dieser Liquidationen vollkommen zufrieden ist. Ich frage demnach, ob das Finanz  Ministerium nicht geneigt sei, eine gleiche Commission auch in das Land Salzburg abzuordnen, und sowohl das Forsteigentumsrecht, als auch die Servitutsrechte, und die in diesem Lande vielleicht allein vorkommenden ominösen Feigelacke der Liquidation zu unterziehen, um hierdurch das Landvolk zu beruhigen. (Bravo.)

Finanzminister Krauß. Den angenommenen Grundsätzen zu Folge werde ich in einer der nächsten Sitzungen die Ehre haben, die Antwort auf diese Interpellation vorzutragen.

P r äs. Es haben auch die Abgeordneten aus Dalmatien eine Interpellation vorgelegt in italienischer Sprache; es wurde diesen Herren Abgeordneten zu Folge eines Kammerbeschlusses gestattet, solche Interpellationen in die deutsche Sprache überfetzt vorlesen zu dürfen. Ich ersuche den Herrn Schriftführer, diese Interpellation zu lesen.

Schriftf Streit. (liest.)

Interpellation ans Ministerium.

Den unterzeichneten Abgeordneten für Dalmatien ist ans den öffentlichen Blättern die vor Kurzem erfolgte Ernennung Sr. Exzellenz des Herrn Feldmarschall Lieutenant Baron Jellachich zum Civil und Militärgouverneur von Dalmatien zur Kenntniß gekommen.

Anbelangend die ausgezeichneten Verdienste des Neuerwählten, müssen sie die Wahl eine ehrenwerthe nennen, und nicht deswegen findet gegenwärtige Interpellation Statt.

Die Abgeordneten bemerken nur: daß Dalmatien, welches durch Jahrhunderte zur venezianischen Republik, hierauf zu Österreich, dann zu Frank reich, und endlich feit 1813 abermals zu Österreich gehörte, sowohl in der ersten, als in dieser zweiten Periode ununterbrochen als eine österreichische, den nämlichen Gesetzen und der gleichen Administration, wie die übrigen Länder des Reiches, untergeordnete Provinz betrachtet, mithin als ein Theil, welcher zum Ganzen gehört, behandelt wurde.

Sie bemerken ferner: daß die von der ungarischen Krone auf Dalmatien gemachten Anspracheunbegründet wie sie es waren, und von Thatsachen und historischen Dokumenten entkräftet  von dem österreichischen Hofe stets zurückgewiesen würden. Sie bemerken: daß sowohl unter der früheren, als späteren österreichischen Herrschaft Dalmatien immer als ein getrenntes und besonderes Königreich betrachtet wurde, und aus diesem Grunde, wie auch wegen seiner topographischen Lage, da es an das Meer, an Montenegro, an die Türkei und an Ungarn glänzt, hatte es als ein besonderes. Königreich auch einen eigenen Gouverneur, und einen solchen hatte Dalmatien in allen Epochen, selbst zur Zeit des römischen Reiches.

Sie bemerken: daß wegen den so nöthigen Rücksichten auf den Seehandel des österreichischen Staates, wegen den gegenwärtigen politischen Verhältnissen der Stadt Venedig, endlich wegen allen jenen Theilen des Reiches, die an^ adriatische Meer grenzen, die so ausgedehnte, mit den schönsten, sichersten und geräumigsten Häfen versehene Küste Dalmatiens aus allen diesen evidenten Gründen eine ganz besondere ungeteilte Aufmerksamkeit verdient.

Sie bemerken: daß nach den Concessionen des 15. März dieß der erste Fall ist, wo mit der früher stets selbständigen Würde eines Landesgouverneurs eine Person betraut wird, welche ähnliche Würden in anderen Provinzen bekleidet.

Sie bemerken: daß Se. Excellenz der Herr Feldmarschall  Lieutenant Baron Jellachich Banus von Croatien und Slavonien ist, welche Provinzen früher mit Ungarn verbunden waren.

Sie bemerken: daß, wenn der Ban von Croatien und Slavonien auch zugleich Ban von Dalmatien genannt wurde, diese Eigenschaft nur eine Würde ad honorem war, und daß hieraus weder auf die Verwaltung, noch auf die Regierung der Provinz Dalmatien für ihn ein Einfluß erwachsen ist.

Sie bemerken endlich: daß eine solche Eigenschaft sich jetzt mehr auf die Wirklichkeit, als auf Worte zu erstrecken scheint, wie es auch wirklich durch das ihm übertragene Amt, auf eine neue und sehr ernste Weise bestätiget wird, um so mehr als man ihn zu gleicher Zeit Gouverneur von Fiume nennt, ein Land, welches gegenwärtig wirklich zu Croatien gehört. Bei so bewandten Umständen interpelliren die unterzeichneten Dalmatiner Deputirten das Gesamtministerium, damit es gefälligst erkläre: Ob die Ernennung Seiner Excellenz des Feldmarschall  Lieutenant Baron Jellachich zum Civil und Militärgouverneur von Dalmatien irgend eine Alteration in der so ersehnten und nöthigen abgesonderten Verwaltung und Autonomie Dalmatiens erwarten lasse?

Kremsier, 11. Dezember 1848.

Giov. Giuseppe Filippi, Simon de Micheln Vitturi, Friedrich de Paitoni, Radmilli, Grabovaz, Plenkovich, Ivichievich, Petrovich.

Minister des Innern, Graf Stadion. In einer der nächsten Sitzungen werde ich die Ehre haben, auf diese Interpellation zu antworten, bitte aber, mir diese Interpellation schriftlich mittheilen zu wollen, damit sie genau geprüft und beantwortet werden kann.

Präs. Es hat noch der Herr Abg. Plaß eine Interpellation an den Herrn Minister der Finanzen angemeldet.

Abg. Plaß. Ich erlaube mir den Herrn Finanzminister zu fragen, ob es wahr ist, daß der suspendierte Kreishauptmann aus dem Traukreise, Baron Hohenbruk, welcher sich jetzt in Ischl befindet, seinen vollen Gehalt und sogar seine Reisediäten bezieht? Ich wünsche darüber vollkommene Aufklärung, damit ich meinen Wählern Nachricht darüber ertheilen kann.

Finanzminister Krauß Auch dieß wird in einer der nächsten Sitzungen beantwortet werden

P r ä s Ich ersuche den Herrn Berichterstatter, zum Vortrage über die Geschäftsordnung zu schreiten.

Abg. Mayer (besteigt die Tribune)

Präs Es hat der Abg. Borrosch einen Antrag vorgelegt über einen, zwischen dem jetzt zu berathenden und dein nachfolgenden Paragraph einzuschaltenden Paragraph Dieser Antrag lautet:

"Anträge (Motionen), welche zu Folge eines Ausschußberichtes oder unmittelbar durch Vollberathung zu einem Verhandlungsgegenstande der Kammer geworden sind, müssen bis zur endlichen Beschlußfassung an der Tagesordnung bleiben " Wünscht der Herr Antragsteller dieß zu begründen?

Abg. B o r r o s c h Zur Unterstutzung dieses Antrages genügt es, der hohen Kammer die Geschichte dieses Reichstages in Erinnerung zu bringen Seine innere Geschichte hat sich mit abgespiegelt in den äußeren Ereignissen, und ich brauche Ihnen, meine Herren, einen mir namentlich vorschwebenden Antrag nicht erst als einen Beweis ins Gedächtniß zu rufen, daß es oft nichts Nachtheiligeres unter bestehenden Verhältnissen geben kann, als wenn Motionen wieder von der Tagesordnung verschwinden. Es war dieses nicht bloß bei jenem Antrage der Fall, sondern mit mehreren andern hochwichtigen Anträgen, die wochenlange gar nicht mehr zur Berathung kamen. Es ist übrigens, wie die verehrten Mitglieder wissen werden, der von mir vorgeschlagene Paragraph so sehr ein parlamentarisches Gesetz in England, daß es feit 160 Jahren stets beobachtet wird, nicht minder in Frankreich und sonst überall, wo man auf einen geregelten ununterbrochenen Geschäftsgang sieht Es kann die hohe Kammer keinen anderen Gesetzen unterworfen sein, wie Individuen eben auch, die in dem Maße ihre Geschäfte besser vollbringen werden, wenn sie Eins und Dasselbe vollenden, und nicht Zehnerlei zugleich beginnen

Abg .Strobach. Ich unterstütze den Antrag des Abg. Borrosch aus den von ihm entwickelten Gründen, doch glaube ich, dürfte dieser Antrag nicht in diesem Capitel:,, über Anträge und Gesetzvorschläge" Platz finden, sondern er sollte vielmehr dem § 54, der die Bestimmung der Tagesordnung betrifft, angereiht werden.

Prä. Wünscht noch Jemand das Wort zu ergreifen?  Da Niemand das Wort ergreift, so ersuche ich den Berichterstatter, von seinem Rechte, das letzte Wort zu nehmen, Gebrauch zu machen

Abg .Mayer. Ich bin mit dem Antrage des Abgeordneten für die Kleinseite von Prag vollkommen einverstanden, nur stelle ich den Antrag, daß er dem Ausschusse überwiesen werde, damit dieser §. an dem gehörigen Orte in die Geschäftsordnung eingeschaltet werde

Präs. Erklärt sich der Herr Abgeordnete damit einverstanden?

Abg. Borrosch. Vollkommen, wenn er nur eingeschaltet wird. (Heiterkeit)

P r a s. Wollen der Herr Berichterstatter fortfahren.

Abg Mayer §. 53 jetzt 58. lautet: "Gesetzvorschläge des Ministeriums müssen gleichfalls schriftlich an den Reichstag gelangen, in Druck gelegt, vertheilt und an einen Ausschuß verwiesen werden. Die Verhandlung im Reichstage hat erst über den Bericht des Ausschusses in der, §. 52. bezeichneten Frist zu beginnen, wenn der Reichstag nicht eine längere zu bestimmen für nöthig erachtet. "  Darüber ist nichts zu bemerken

P r a s. Wünscht Jemand über diesen §. zu sprechen? (Der §. wird angenommen)

Abg. Mayer. In Folge eines feststehenden Beschlusses des hohen Hauses erlaubt sich die Commission, folgenden § beizufügen: § 59. "Antrage (§ 51.), Gesetzvorschläge (§ 57), Ausschußberichte (§ 47) und Sitzungsprotokolle (§ 18.), welche in deutscher Sprache in Druck zu legen sind, werden auf Verlangen derjenigen Reichstagsabgeordneten, welche der deutschen Sprache nicht vollkommen mächtig sind, durch einen von ihnen gezahlten Translator, für welchen der Reichstagsvorstand die Belohnung zu bestimmen hat, in ihre Muttersprache übersetzt, gedruckt und vertheilt. "

Präs. Verlangt Jemand über diesen §. zu sprechen? (Niemand) Diejenigen Herren, die für die Annahme des eben verlesenen § sind, wollen aufstehen (Majorität) Der §. ist angenommen.

Abg. Mayer. "Neunter Abschnitt. Tagesordnung § 60 Der Präsident bestimmt im Einvernehmen mit dem Reichstage am Schlusse jeder Sitzung die Tagesordnung, sowie den Tag und die Stunde für die nächstfolgende Sitzung, und läßt die Tagesordnung im Reichstagssaale und in den Abtheilungen anheften "(Angenommen).

Der Ausschuß erlaubt sich nachstehende 3 neugefasste §§. zu beantragen: § 61,, Ist die zur Beschlußnahme erforderliche Anzahl von Mitgliedern in einer Sitzung nicht vorhanden, so fallt die nächste Sitzung auf den folgenden Tag " In Folge der Bestimmungen des vorangehenden Paragraphs war für den Fall, als eine angeordnete Sitzung wegen nicht hinlänglicher Anzahl zur Beschlußnahme ausgesetzt werden mußte, jede Möglichkeit abgeschnitten, wieder im ordentlichen Wege zu einer neuen Sitzung zu kommen Diesem sucht der neue §. zuvorzukommen. (Der §. wird hierauf angenommen),, § 62 Sollten durch unvorhergesehene Ereignisse der Präsident und die beiden Vicepräsidenten an dem Vorsitze gehindert sein, so schreitet der Reichstag mit Berufung des Alterspräsidenten entweder zur Festsetzung des Tages für die nächste Sitzung, oder zur Wahl eines provisorischen Präsidenten "

Abg. Brauner. Ich erlaube mir die Frage, wer über diese Alternative zu entscheiden hat?

Abg. Mayer. Der Reichstag selbst, denn es heißt:"so schreitet der Reichstag u. s. w. " Ich erlaube mir zu bemerken, daß, wenn ein Mitglied den Antrag auf eine oder die andere Alternative stellen wird, sich der Reichstag für die eine oder die andere Alternative aussprechen wird. (Der §. wird hierauf angenommen.)

Abg. Mayer. (liest.),,. §. 63. Der Reichstags  Vorstand ist berechtigt, die Anberaumung einer außerordentlichen Sitzung zu beschliefen, zu welcher der Präsident die Abgeordneten durch Karten und in sonst geeigneter Weise einzuladen hat. "

Präs. Wünscht Jemand über diesen. §. zu sprechen? (Pause.) Diejenigen Herren, welche für die Annahme des verlesenen. §. sind, wollen ausstehen. (Majorität.) Der §. ist angenommen.

Abg. Mayer. Nun kommt der §. im Drucke 55. "Nach Eröffnung der Sitzung wird das Protokoll der vorhergehenden"  statt "im Entwurfe" "Sitzung vorgelesen",  das Wörtchen "u n d" wäre wegzulassen  "über allfällige Erinnerungen berichtigt",  und nun folgender Satz anzuhängen: "und nach nochmaliger Lesung der berichtigten Stellen die Annahme durch den Präsidenten ausgesprochen. " Das Übrige wäre wegzulassen. (Mehrere Stimmen verlangen die nochmalige Lesung des Paragraphes, welchem Verlangen der Berichterstatter folgt.)

Er lautet:,, Nach Eröffnung der Sitzung wird das Protokoll der vorhergehenden Sitzung vorgelesen, und nach nochmaliger Lesung der berichtigten Stellen die Annahme durch den Präsidenten ausgesprochen. " Was nun der Schlußsatz enthält, gehört nicht an diese Stelle, sondern zum §. 80., der von der Drucklegung der Protokolle spricht.

Schriftf. Gleiswach. Ich kann mich mit der Textirung nicht einverstanden erklären, nach welcher die Annahme des Protokolles durch den Präsidenten ausgesprochen werde. Das Protokoll ist eine Erzählung von Thatsachen; diese Thatsachen können nicht weggeleugnet werden, das Protokoll ist also in jedem Falle, da es Thatsachen erzählt, anzunehmen, ob es berichtigt wird, oder unberichtigt bleibt. Ich glaube daher, es müßte heißen, daß die Richtigkeit der Fassung durch den Präsidenten ausgesprochen wird.

Präs. Wünscht noch Jemand zu sprechen?

Abg. Mayer. Daß das Protokoll Thatsachen enthält, die nicht zurückgewiesen oder weggeleugnet werden können, ist gewiß; wenn aber die aufgeführten Thatsachen nach geschehener Lesung als richtig oder als unrichtig befunden, und in Folge der Anträge einzelner Redner wirklich richtig gestellt werden, enthält der Ausspruch des Präsidenten, das Protokoll sei anzunehmen, in der That nichts Anderes, als daß die Thatsachen richtig in das Protokoll aufgenommen seien.

Präs. Zum Antrage der Commission und bezüglich des Schlußsatzes: "und nach nochmaliger Lesung der berichtigten Stellen die Annahme durch den Präsidenten ausgesprochen"  hat der Herr Abg. Gleispach eine andere Textirung vorgeschlagen, nämlich, daß die Richtigkeit der Fassung des Protokolles vom Präsidenten ausgesprochen werde. Wird dieser Antrag unterstützt? (Er ist hinreichend unterstützt.) Ich werde ihn sodann vor dem Antrage der Commission zur Abstimmung bringen. Diejenigen Herren, welche dafür sind, daß die Richtigkeit der Fassung des Protokolles durch den Präsidenten ausgesprochen werde, wollen aufstehen. (Es ist die Majorität.) Es dürfte demnach heißen: "und nach nochmaliger Lesung der berichtigten Stellen die Richtigkeit der Fassung des Protokolls vom Präsidenten ausgesprochen".

Abg. Mayer. In Folge dessen erlaube ich mir, den weitern Zusatz zu beantragen: "und die Wahrheit der Thatsachen".

Präs. Der Herr Berichterstatter stellt nun nach Annahme dieses Amendements das weitere Amendement: "und die Wahrheit der Thatsachen".

Abg. Brestel. Die Debatte ist bereits geschlossen, das Amendement kann daher nicht mehr zur Abstimmung gebracht werden.

Präs. Ich werde demnach den ganzen Paragraph zur Abstimmung bringen, er wird lauten: "Nach Eröffnung der Sitzung wird das Protokoll der vorhergehenden Sitzung vorgelesen, über allfällige Erinnerungen berichtigt, und nach nochmaliger Lesung der berichtigten Stellen die Richtigkeit der Fassung des Protokolles vom Präsidenten ausgesprochen". Diejenigen Herren, welche für die Annähme dieses so geänderten Paragraphes sind, wollen aufstehen. (Majorität.) Der Paragraph ist in der vorgelesenen Fassung angenommen.

Abg. Mayer. Der Beisatz, welcher zu §. 18. in Folge der Weglassung des Schlußsatzes vom. §. 55. hinzukömmt, wird folgendermaßen beantragt: Nach den Worten "und die gefaßten Beschlüsse aufgenommen werden müssen" wäre folgender Zusatz beizufügen: "Sie sorgen ferner für die Eintragung der nach §. 55. berichtigten Protokolle in das Protokollsbuch des Reichstages, unter jedesmaligen Fertigung des Präsidenten und zweier Schriftführer, so wie für die Drucklegung derselben. "

Präs. Wünscht Jemand über diesen Zusatz zum. §. 18. zu sprechen? Diejenigen Herren, welche für die Annahme dieses Zusatzantrages sind, wollen aufstehen. (Majorität.) Der verlesene Zusatz zum §. 18. ist angenommen.

Abg. Mayer. §. 56. "Hierauf werden die Anträge und Ausschussberichte angekündigt. Nach Verlauf einer Stunde vom Beginne der Sitzung darf auf den Übergang zur Tagesordnung der Antrag gestellt werden".

Präs. Wünscht Jemand über diesen Gegenstand zu sprechen?

Abg. Mayer. Es steht nämlich der Beschluß fest, daß die Eingaben nicht abgelesen werden sollen, da dieselben in den stenographischen Berichten ohnehin im Drucke vorkommen.

P r ä s. Wenn die Herren Abgeordneten mit der verbesserten Fassung dieses Paragraphes einverstanden sind, so mögen Sie dieß durch Aufstehen kund geben. (Majorität.) Der Paragraph ist in der verbesserten Fassung angenommen.

Abg. Mayer. (liest)"R e d e o r d n u n g. §. 57. Diejenigen Mitglieder, welche über einen auf der Tagesordnung stehenden"  nun wird beantragt, statt "Antrag" zu setzen: "Gegenstand"  nun wäre einzuschallen das Wörtchen"ausführlicher sprechen wollen, " nun weiter die Abänderung "haben es mit der Angabe, ob sie dafür oder dagegen sprechen wollen" anstatt einschreiben zu lassen "anzumelden, und erhalten dadurch das Recht, vor anderen gehört zu werden. "

Abg. Borrosch. "Ausführlicher sprechen" ist ein sehr ungeeigneter Ausdruck, wir müßten zugleich eine Censur über ausführlich oder nicht ausführlich feststellen, oder es würde dann immer ein Streit entstehen; ich beantrage daher als vollkommen den Zweck, der in diesem Paragraph beabsichtigt wird, erreichend, den Ausdruck: "welche von der T r i b u n e sprechen wollen. "

Abg. Mayer. Die Censur, die jedem einzelnen Redner durch das Wort "ausführlich" auferlegt wird, legt er sich selbst auf, indem es ihm ganz freigestellt ist, sich zu melden; ich würde also, wenn dieser Ausdrücke Anstand findet, lieber die Weglassung dieses ganzen Satzes beantragen, als den Zusatz "von der Tribüne" hineinzunehmen, weil die eingeschriebenen Redner in Folge der Consequenz der späteren Paragraphe immer von der Tribune sprechen müssen, und es daher nicht in ihre Willkür gefetzt ist.

Präs. Zum Antrage der Commission hat der Abg. Borrosch den Antrag gestellt, statt des Wortes "ausführlich" zu setzen: "von der Tribüne. " (Dieser Verbesserungsantrag bleibt in der Minorität.) Es kommt demnach der Commissionsantrag zur Abstimmung, er lautet: "Diejenigen Mitglieder, welche über einen auf der Tagesordnung stehenden Gegenstand ausführlich sprechen wollen, haben es mit der Angabe, ob sie dafür oder dagegen sprechen wollen, anzumelden, und erhalten dadurch das Recht, vor anderen gehört zu werden. " (Dieser so veränderte Antrag wird angenommen.)

Abg. Mayer. Der Ausschuß beantragt sollende zwei neu einzuschiebende Paragraphe: "§. 67. Die Anmeldung kann erst an dem Tage der Berathung über den betreffenden Gegenstand, und zwar nur in der halben Stunde vor dein zum Beginne der Sitzung anberaumten Zeitpuncte erfolgen; sie muß persönlich und mündlich bei dem zunächst zur Linken des Präsidenten sitzenden Schriftführer geschehen. (Heiterkeit.) Die Liste der eingezeichneten Redner ist von dem Präsidenten vor dem Anfange der Berathung so zu verlesen, daß sie nachgeschrieben werden kann. " Gründe dafür sind zweierlei: 1. der Autoritätsgrund, daß selbst die Frankfurter Versammlung beschlossen hat, ganz dasselbe anzunehmen in Folge gemachter Erfahrungen. 2. Aber einzelne Gründe, die auch aus der Geschichte unserer Reichsversammlung hergenommen worden sind, und uns bestimmt haben, dieß anzunehmen.

Wir erinnern uns, meine Herren, daß es nöthig erscheinen wird, daß der Schluß der Debatte auf einen andern Zeitpunct verlegt werde, als es bisher stattgefunden hat. Wird der Schluß der Debatte zugleich die Folge nach sich ziehen, daß keiner der später eingeschriebenen Redner mehr zugelassen werden könne, so erscheint es von Wichtigkeit, daß das Verzeichniß der Redner genau abgefaßt fei, damit über die Rangordnung zum Sprechen kein Zweifel entstehe. Einerseits ist es wünschenswerth, daß das Verzeichniß der Redner dem hohen Hause, so wie jedem Einzelnen bekannt sei, damit andererseits das Begehren des Schlusses der Debatte nicht übereilt werde. Daß die Einschreibung an einen bestimmten Zeitpunct und an bestimmte Personen gebunden sei, hat ebenfalls die Erfahrung als nothwendig erscheinen lassen, indem oft Einschreibungen bei verschiedenen Personen stattfanden, und sich dann bei der Reihenfolge, und selbst über das Verzeichniß der eingeschriebenen Redner Zweifel herausgestellt haben. Sonst habe ich nichts anzuführen.

Abg. Trojan. Wenn ich auch für die angetragene Abänderung stimmen werde, so verwahre ich mich gegen die Deutung, als ob ich den ersten Grund des Antragstellers anerkennte. Ich erkenne keine Autorität des Frankfurter Parlaments für uns an. (Bewegung.)

Präs. Wünscht noch Jemand zu sprechen?

Abg. Borrosch. Ich finde diese Bestimmungen jedenfalls so ins Minutiöse gehend, daß sie leicht veratorisch für die sich einschreiben wollenden Redner werden können. Ich erachte genaue Bestimmungen, und insofern eine gesetzliche Ordnung für sehr nöthig, mir scheint es aber hier etwas übertrieben zu werden. Ich sehe nicht ein, warum nicht eine schriftliche Anmeldung vollkommen hinreichen soll, warum es nur eine halbe Stunde, warum gerade die Person zur Linken des Präsidenten es sein muß? Ich glaube, daß ein ordentlich eingerichtetes Vormerkprotokoll, mit dessen Führung ein Schriftführer zu beauftragen wäre, und statt einer halben Stunde vor der Sitzung, ein Tag vorher den Zweck auch erreichen werde, ohne uns in kleinliche Bestimmungen zu verirren, und uns in Schnürstiefel und Mieder zu zwängen.


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