Ich muß ferner mich gegen die Bemerkung aussprechen, die hier gefallen ist, daß der Satz,, von den früheren Wahlmännern vorzunehmenden Wähl" wegbleibe; es sind diejenigen, die ihn gewählt haben, vor Allem berufen, sich darüber auszusprechen, ob dadurch, daß er ein Amt angenommen, er ihres Vertrauens sich unwürdig gezeigt hat, ob er ihr Vertrauen noch besitzt oder nicht.
Derjenige, von dem der Act des Wählens ausging, der ist vor Allem dazu berufen. Ich halte es daher vor Allem in Consequenz mit dem Grundsätze, daß dieser Satz, wie er von der Commission angetragen wurde, stehen bleibe. Ich möchte aber auch noch hinweisen, wenn man darauf sich beruft, daß in allen constitutionellen Gesetzgebungen die Annahme einer Stelle die Notwendigkeit einer Wiederwahl nach sich ziehe, so läßt sich wohl dagegen nichts einwenden, es muß aber dieses durch ein Gesetz früher bestimmt sein. Nun aber der Satz,, oder ein während der Dauer des Reichstages angenommenes bekleidet" würde, wenn die Auslegung beliebt werden sollte, gegen welche ich ankämpfe, daß das Gesetz rückwirkend sein sollte, würde mit dieser Rückwirkung in sofern sich nicht vereinigen, als eben das, was man durch die Wiederwahl vermeiden will, sanctioniren würde.
In einem constitutionellen Staate kann sich der Fall ereignen, daß eine einflussreiche Stimme, auf die man einen Werth legt, selbst durch Übertragung eines Amtes, mit dem ein momentaner Vortheil verbunden ist, bestochen wird, und nach dem Acte seine Stelle zurück legt, ohne sich einer neuen Wahl unterziehen zu müssen. Es kann eine Stelle mit einem Pauschale verbünden sein, mit einer Abfertigung, er kann also nach zwei, drei Tagen das Amt niederlegen, und auf diese Weise mißbraucht er das Vertrauen seiner Wähler. Er hat das Vertrauen seiner Wähler mißbraucht, und sich dessen unwürdig gezeigt, und bleibt dennoch im Amte; mein Antrag geht also dahin, daß dieses Gesetz nicht rückwirke; vereinige mich also in dieser Beziehung mit dem Antrage des Abg. Greller.
Hawliczek. Ich beantrage den Schluß der Debatte. (Wird unterstützt.)
Präs. Diejenigen Herren, welche für den Schluß der Debatte sind, wollen aufstehen. (Majorität.)
Es sind noch folgende Herren als Redner vorgezeichnet! Wieznicki, Brestel, Heimerl, Paul, Borrosch, Klaudy, Helfert, Zimmer, Lasser, Mahalski und Goldmark.
Goldmark. Ich verzichte auf das Wort.
Präs. Der Abg. Wieznicky hat das Wort.
Wieznicky. Für den eventuellen Fall, als der Antrag des Herrn Abg. Gredler verworfen werden sollte, stelle ich nachstehenden Antrag, daß der Zusatz "oder ein während der Dauer des Reichstages angenommenes Staatsamt bekleidet" ausgelassen werde, sollte bloß heißen: "Jeder Reichtagsabgeordnete, der ein Staatsamt annimmt. " Wollte man den Zwischensatz nicht auslassen, so ist es folgerichtig, daß man in dessen Textirung die Worte aufnimmt:,, oder ein nach der vollendeten Wahl angenommenes Staatsamt bekleidet" denn die Textirung der Commission läßt immer dem Zweifel Raum, ob Jemand, der gewählt worden ist, und ein Staatsamt annahm, bevor noch der Reichstag eröffnet würde, sich einer Wiederwahl unterziehen müsse. Es ist hier bei der Textirung der Commission nicht auf jene Momente Rücksicht genommen worden, die zwischen der vollendeten Wahl, und zwischen der Eröffnung des Reichstages stattfinden können. Darum bin ich der Ansicht, daß diesem Übelstande auf eine doppelte Art abgeholfen werden könne, entweder, daß man die Textirung in der Art vornimmt, indem man sagt:,, Jeder Reichstagsabgeordnete, der ein Staatsamt annimmt, " weil der Reichstags Abgeordnete als Abgeordneter anzusehen ist, auch vor Eröffnung des Reichstages, nachdem er gewählt wurde; oder wenn es schon beliebt, die Textirung beizubehalten, dann sollte man sagen: "Jeder Abgeordnete, der ein Staatsamt annimmt, oder nach der auf ihn gefallenen Wahl ein Angenommenes bekleidet. "
Zweitens glaube ich auch den Schlußsatz ändern zu müssen:,, hat aber so lange Sitz und Stimme, bis das Ergebniß der Wahl dem Reichstage bekannt ist. " Wenn der hohe Reichstag den zu einem Beamten gewählten Abgeordneten schon so lange belässt, bis das Ergebniß der Wahl dem Reichstage bekannt ist, so sehe ich keinen Grund, warum man dieß nicht weiter ausdehnen sollte, bis der neue Abgeordnete zur Reichsversammlung eingelangt sein wird; denn jedenfalls wird es so besser sein, weil der Wahlbezirk bis zu dieser Zeit nicht unvertreten bleiben wird; was Abg. Sadil rücksichtlich des Umstandes sagt, daß bei Wiederwahl diese Wiederwahl nicht von den alten Wahlmännern vorgenommen werden sollte, möchte ich einen Unterschied machen. Wenn es sich darum handelt, die Wiederwahl eines Abgeordneten zur constituirenden Reichsversammlung vorzunehmen, so bin ich der Ansicht, daß diese Wahl nur durch dieselben Wahlmänner geschehen könne, weil das Volk die Wahlmänner ja zu diesem Behufe gewählt hat, die Reichstags Abgeordneten zu einem bestimmten Zwecke, und zwar zum constituirenden Reichstage zu ernennen. Wenn es sich aber um andere Reichstage handelt, so würde ich dem Antrage des Abg. Sadil ganz beistimmen.
Präs. Der Abg. Brestel hat das Wort.
Brestel. In Betreff der Bemerkung des Abg. Sadil, daß die Wahl nicht von frühern Wahlmännern vorgenommen werden solle, sondern daß neue Wählen ausgeschrieben werden sollen, hat, glaube ich, die Praxis bereits entschieden, denn es ist nicht abzusehen, warum ein Unterschied zu machen sei, wenn ein Abgeordneter vermöge des betreffenden Paragraphs austritt aus der Versammlung, oder wenn er freiwillig austritt. Nun sind bereits eine ziemliche Anzahl Deputirter freiwillig ausgetreten, statt ihrer sind Neue gewählt worden und alle diese Neugewählten wurden von den früheren Wahlmännern gewählt, es ist folglich durch die Praxis bereits entschieden, daß auch diese Wahl von den früheren Wahlmännern vorgenommen werden muß.
In die Rechtfertigung des Antrages, wie er von der Commission gesellt ist, will ich nicht näher eingehen Die Gründe für diese in allen constitutionellen Staaten sind allgemein bekannt, und basieren sich hauptsächlich auf den Umstand, daß wenn die Wahlmänner gewusst hatten, daß sie einen Mann wählen, der sich in Staatsdiensten befindet, sie denselben vielleicht nicht gewählt hatten Ich glaube, das ist der wirkliche Grund, keineswegs aber derjenige der Verdächtigung, daß er möglicher Weise seine Gesinnung geändert haben konnte Das ist der Hauptgrund, und dann ist meines Erachtens kein Anstand, daß die Maßregel ruckwirkend gemacht werden könne Diese Maßregel ist meines Erachtens nicht ruckwirkend in dem Sinne, daß man sägen kann, es findet die Gesetzesanwendung zum Nach theile der Gewahlten Statt; sondern es steht ihm die Wähl frei, ob er das Staatsamt behalten, oder ob er die Deputiertenstelle behalten will Wenn er sich für das Erste entscheidet, so verpflichtet er sich einer neuen Wahl zu unterziehen Es ist daher das Gesetz keineswegs in dein Sinne ruckwirkend, daß man einen Schaden erleide, den er nicht erlitten haben wurde, wenn er das Gesetz früher gewußt hatte. Die Ursache, warum man sich gegen die Ruckwirkung eines Gesetzes erklärt, ist ganz einfach die, daß derjenige, welcher das Gesetz gekannt hätte, anders gehandelt und dadurch für sich einen Schaden vermieden hatte, aber so wie die Textirung jetzt ist, welche ihm die Wahl frei stellt, entweder das Staatsamt, oder die Deputiertenstelle anzunehmen, so hat er keinen anderen Schaden, als den, wenn er das Gesetz bei der Annahme gekannt hätte ich will nicht weiter auf den theoretischen Standpunct eingehen, sondern mich geradezu auf den praktischen stellen Ich sage einfach, sollte das Amendement des Abg. Gredler angenommen werden, daß es nicht ruckwirkend sein soll, so werde ich wenigstens für meinen Theil für die Verwerfung des ganzen Paragraphes stimmen, denn ich sehe dann keine Ursache mehr ein, warum wir diesen Paragraph aufnehmen sollten, und ich sage dann, es ist auch gegen die Rechtsprinzipien, gegen das Princip der Gleichheit unter uns, war es einer gewissen Anzahl Deputaten gestattet, ohne sich einer neuen Wahl zu unterziehen, ein Staatsamt angenommen zu haben, so muß es auch in demselben Fall allen Übrigen noch gestattet sein. Ich sehe nicht warum da eine exeptionelle Stellung eintreten soll, warum sollen wir hier eine neue Bestimmung einführen, für die übrige Zeit des constituirenden Reichstages Es ist nicht anzunehmen, daß wir während desselben noch einen Ministerwechsel zu erwarten haben. Folglich da das nicht vorausgesetzt werden kann, kann das Gesetz nur aus Einen oder Zwei in der Reichsversammlung Anwendung finden Es ist aber nicht nöthig, besondere Bestimmungen wegen einzelner Individuen zu treffen, und soll der Zweck des Gesetzes erfüllt werden, so ist es besser und ich werde dann auch dafür stimmen, daß der Paragraph ganz wegbleibe, und ich stelle auch subsidiarisch für den Fäll, daß der Antrag des Abg Gredler angenommen würde, den Antrag, daß der ganze Paragraph wegbleibe.
Präs Der Abg Heimerl hat das Wort
Heimerl Rucksichtlich der Frage, ob das zu votierende Gesetz rückwirkende. Kraft haben könne oder nicht, erlaube ich mir zu dem, was der Herr Abgeordnete aus der Natur des Gesetzes mit der nöthigen juristischen Schärfe erruirt hat, nur den Zusatz zu beantragen, daß das, was in dem Kommissionsentwurfe beantragt wird, in Bezug auf die Gehaltserhöhung, daß dieß auch auf Personalzulagen ausgedehnt werde, weil ich glaube, daß dieselben Gründe, welche die Commission veranlaßt haben, einen solchen Vorschlag zu machen, auch bei den Personalzulagen und hier nur noch in verschärftem Maße eintreten würden. Ich habe bereits meinen Veränderungsantrag vorgestellt.
Präs Der Antrag des Abg Heimerl geht dahin, daß nach dem Worte höhere Dienstescathegorien gesetzt werde "oder eine Personalzulage. " Der Abg Paul hat das Wort.
Paul Ich spreche mich ebenfalls gegen die Ruckwirkung des Gesetzes aus, wünsche jedoch, daß anstatt des Schlußsatzes:,, muß sich einer neuen, von den früheren Wahlmännern vorzunehmenden Wahl untergehen, hat aber so lange Sitz und Stimme, bis das Ergebniß der Wahl dem Reichstag bekannt wird, '' daß anstatt dieses Zusatzes gesetzt werde: "verliert damit Sitz und Stimme in der Kammer, und kann seine Stelle nur durch eine neue Wahl wieder erlangend Dann wünsche ich noch den weitern Beisatz: "Jeder in die vorgenannte Kategorie gehörige Abgeordnete hat daher unverzüglich die Anzeige von der ihn betreffenden Bezugnahme dieses Paragraphes an die Reichsversammlung zu erstatten, weil manche Fälle der Reichsversammlung nicht bekannt sein dürften. ''
Präs. Ich ersuche den Antrag schriftlich zu überreichen. Der Abg Borrosch hat das Wort.
Abg. Borrosch. Es haben sich zwei Ansichten geltend gemacht, die erste, daß es sich hier nur um die innere Ordnung des Hauses handle, wir aber dadurch gleichsam der Verfassung vorgreifen. Ich glaube, dieser Einwand behebt sich. Das Wahlgesetz hat eben auch der Constitution und zwar so bedeutend vorgegriffen, daß es wahrscheinlich mehrfache Abänderungen in dein eigentlichen Verfassungswerke für künftige Falle erfahren wird. Wir waren noch in anderen Fallen gezwungen und sind es naturgemäß fortwahrend, Theile der künftigen Verfassung schon jetzt zu anticipiren, in sofern sie zugleich Lebensbedingungen eines constituirenden Reichstages sind.
Demnach glaube ich, es durfte sich jener Entwurf von selber als ein unstichhaltiger beheben. Es wird ferner geltend gemacht, daß dem Paragraphe hier eine rückwirkende Gesetzeskraft eingeräumt werde; ich sehe das durchaus nicht ein, denn nicht deßhalb, weil Jemand um so viele Wochen früher ein Amt angenommen hat, wird er als Abgeordneter durch diese neue Anordnung in Frage gestellt, sondern wegen der jetzt noch fortdauernden Wirkung der Amtannahme, und wegen welcher Wirkung es eben nothwendig ist, daß man die Wahlmänner befrage, ob sie noch ihr früheres Vertrauen dem Deputaten schenken, oder in mehrfacher Beziehung, sei es auch ohne sein Verschulden, fei es durch vielleicht entschuldingbare Grunde von Seiten der Wahler, sich der Verdächtigung aussetzt, von der Regierung das Amt als Bestechung angenommen zu haben, oder künftig die Volksfreiheit nicht so zu vertreten, wie es seine Pflicht ist, und auf welches Vertrauen hin, er zum Deputaten gewählt wurde.
Präs. Der Abg. Claudi hat das Wort.
Claudy. Ich spreche mich für den Kommissionsentwurf unbedingt aus, und zwar aus dem Grunde, weil ich die Ansicht eines Herrn Vorredners durchaus nicht theilen kann, daß dadurch das Gesetz zurück wirkt, selbst theilte ich diese Ansicht, so lehrt uns ein anderer Satz der Theorie, daß eine ruckwirkende Kraft eines Gesetzes von dem Gesetzgeber, und das ist in diesem Falle die Reichsversammlung, ausgesprochen werden kann Ich sehe darin keine rückwirkende Kraft, weil nach meiner Überzeugung bei der Vornahme der Wahl für diesen constituirenden Reichstag allerdings eine Constitution vorgelegen ist, und die Volker Österreichs gewählt haben in der Überzeugung, daß sie Männer für den Reichstag wählen, die Ihnen eine mit freisinnigeren Institutionen ausgestattete Verfassung geben sollen, als es in der Verfassungsurkunde vom 25 April der Fall war. Ich gehe da auf Theorien zurück, und weise auf andere Verfassungen anderer Länder hin. Abänderungen von Satzen der Verfassungsurkunde, Abänderungen der Verfassung überhaupt können und dürfen in der Regel nicht in der Session in der sie beantragt worden sind, vorgenommen werden, sondern es müssen neue Wahlen vorgenommen werden, damit das Volk, welches wählt, wisse, zu welchem Behufe, mit welcher Intention es zu wählen hat. Die Volker Österreichs haben nach dem 26. Mai durch die Verwerfung der Verfassungsurkunde vom 25 April gewußt, warum, mit welcher Intention sie wählen, sie wollten eine freisinnigere Verfassung als die vom 25. April, sie haben also auch mit Rucksicht aus diese Verfassungsurkunde gewählt, und schon in dieser Verfassungsurkunde ist der Grundsatz ausgesprochen, daß die Annahme eines Staatsamtes die Resignation einer Deputiertenstelle nach sich ziehe.
Es ist also auch nach der octroirten Verfassung, an deren Stelle wir eine freisinnigere setzen wollen, dieser Grundsatz ausgesprochen. Es haben daher Wähler und Gewählte in der Intention die Wahl vorgenommen oder übernommen, sie haben die Folgen gekannt, die mit der Annahme eines Staatsamtes verbunden sind. Es handelt sich hier wahrlich nicht um Rücksichten für Personen, seien es Gewählte oder Wahler, sondern um den Grundsatz, um das Prinzip, und aus Rucksicht für das Prinzip muß ich mich unbedingt für den Commissionsentwurf aussprechen.
Rucksichtlich der Bemerkung, daß neue Wählmänner wählen sollen, glaube ich bemerken zu konnen, daß die Wahl von den Urwühlern für den constituirenden Reichstag vorgenommen worden sind, daher so wie das Mandat des Deputaten für die ganze Dauer des Reichstages währt, auch das Mandat der Wähler für die ganze Dauer des Reichstages ist und daher auch von diesen die Wahl vorgenommen werden muß. Hinsichtlich der Bemerkung meines Freundes Wieznicky, kann ich nur sagen, daß ich mich damit nicht einverstanden erklären kann, sondern auch da die Ansicht der Commission theile Sobald der Wahlact geschlossen ist, und zur Kenntniß derjenigen Versammlung gelangt, der der Gewählte angehören soll, von dem Augenblicke an ist derjenige, der seinen Platz früher eingenommen hat, nicht mehr da, und es kann sich höchstens um wenige Tage handeln, bis der Neugewählte in die Kammer kommt. Jemand aber, der nicht mehr berufen ist, die Interessen zu vertreten, weil diejenigen, die ihn berufen hatten, das Mandat in andere Hände gelegt haben, daher natürlicher Weise das ihm gegebene Mandat zurückgenommen haben, von dem Augenblick kann er auch kein Wort mehr für sie reden, muß daher aus der Kammer scheiden.
Präs. Der Abg. Helfert hat das Wort.
Helfert. Ich mochte die Aufmerksamkeit der hohen Versammlung auf einen Punct lenken, welcher im Verlauf der bisherigen Debatte nicht angeregt worden ist. Ich habe bei jener Gelegenheit als dieser Gegenstand zum erstenmal vor das Haus gebracht wurde, meine subjective Ansicht dahin ausgesprochen, daß ich mit dem Principe ganz einverstanden sei. Ich habe damals die auch heute vorgebrachte Ansicht berichtigt, als ob das ein Grundsatz sei, der sich von selbst verstehe, und auf einige Gesetzgebungen konstitutioneller Staaten hingewiesen, wo er thaisachlich nicht besteht, woraus folgt, daß es keineswegs ein Grundsatz sei, der sich von selbst versteht. Was die heutige Besprechung dieses Gegenstandes betrifft, so will ich mich weder über das Meritum des Ausschusses, noch über das Amendement des Abg. Gredler aussprechen, da ich nicht gerne eine Rede weder pro domo mea, noch contra domum meam halten möchte. Aber über einen anderen Punkt bin ich so frei zu sprechen, der mir von bedeutender Wichtigkeit zu sein scheint. Ich habe eben damals erwähnt, und wenn ich nicht irre, ist in diesem Sinne auch der Antrag im hohen Hause durchgegangen, daß es sich hier um ein Gesetz handle und der ganze Gegenstand daher in Form eines Gesetzes behandelt werden müsse. Zu einen. Gesetze aber, damit es in Wirksamkeit trete, gehört zweierlei:
Erstens: Die dreimalige Lesung nach der Bestimmung der Geschäftsordnung. Fürchten Sie nicht, daß ich diesen Punct berühren werde. Ich wünsche nicht, daß über derlei Puncte ein ähnlicher Sturm heraufbeschworen werde, wie dieses in der letzten Sitzung geschehen ist. Ich gehe daher über diesen Punct hinaus.
Zweitens aber gehört zu gewissen Gesetzen dasjenige, was sie erst zu Gesetzen macht, nämlich das Zusammenwirken derjenigen Personen und Körper, welche an der Gesetzgebung betheiligt sind. Nun gibt es allerdings gewisse Gesetze, über welche jeder Repräsentativkörper, jede berathende und gesetzgebende Versammlung allgemeinen constitutionellen Principien gemäß, vollkommen autonom ist. Das sind nämlich diejenigen Gesetze, welche die Regeln, die Ordnung, die Vorgänge im Innern des Hauses betreffen; das sind diejenigen Gesetze, welche man mit einem Worte die Geschäftsordnung nennt. Bei derlei Gesetzen ist, wie gesagt, jeder gesetzgebende, jeder volksvertretende Körper vollkommen autonom.
Daß aber die Bestimmung, um welche es sich hier handelt, eine Bestimmung sei, welche lediglich die Ordnung im Innern des Hauses, welche lediglich die Art und Weise des Vorganges betrifft, das möchte ich denn doch sehr in Frage stellen. Das verkehrliche Mitglied für Prag vierten Wahlbezirk hat angeführt, es sei ja auch schon die Wahlordnung angenommen, trotzdem wir noch keine Constitution haben; ich möchte aber doch das verehrte Mitglied für Prag fragen, ob die Wahlordnung in diesem Hause angenommen worden ist? Ich glaube, die Wahlordnung sei provisorisch herausgegeben worden, ehe wir in dieses Haus getreten sind, und so ist auch die in Rede stehende Bestimmung eine solche, welche sich auf das Recht, in diesem Hause zu sitzen, bezieht. In dieser Bestimmung anticipiren wir entweder etwas, was in die künftige Constitution gehört oder wir tragen etwas nach, was in der Wahlordnung, kraft welcher wir hier fitzen, nicht enthalten ist. Das, meine Herren, gehört nicht in die Geschäftsordnung. Werden Sie die Bestimmungen, zu Folge deren ich hier Sitz und Stimme habe, in eine Linie stellen wollen mit den Bestimmungen, wann ich aufzustehen und wann ich niederzusetzen habe?! Die Geschäftsordnung bezieht sich aus den Vorgang, auf die Ordnung des Hauses bezüglich derjenigen, von denen es bereits augbestimmt ist, daß sie darin Sitz und Stimme haben; die Geschäftsordnung kann aber nicht anticipiren oder rückwirken auf die Bestimmungen, mit welchen man herein in dieses Haus tritt. Ich wiederhole, daß ich keineswegs in Abrede stellen will, daß dieses Gesetz erlassen werden könne, und ich will den Punct auch ganz in Frage gestellt sein lassen, ob das Gesetz rückwirkende Kraft haben könne oder nicht. Mein Antrag ist der, daß dieser Gegenstand nicht als Theil der Geschäftsordnung in Berathung gezogen werden kann, sondern als ein besonderes Gesetz behandelt werden müsse. Denn es betrifft das Wahlrecht, das Recht im Hanse zu sitzen und zu stimmen und darüber etwas zu verfügen, reicht die Autonomie des Hauses nicht hin, da muß ein Zusammenwirken beider gesetzgebenden Gewalten stattfinden, welche in der constitutionellen Monarchie nach Grundsätzen, welche auch schon in diesem Hause gehandhabt worden sind, die Kammer mit dem constitutionellen Monarchen ist. Mein Antrag ist daher ein formaler und geht dahin, daß die fragliche Bestimmung aus der Gefchäftsordnung hinausgeschieden und als besonderer Gesetzantrag behandelt werde. (Beifall.)
Präs Der Abg. Zimmer hat das Wort.
Zimmer. Ich muß mich entschieden aussprechen gegen den Antrag des Abg. Gredler, weil er eine Ungleichheit bestimmen würde zwischen jenen Abgeordneten, die in Zukunft ein Amt bekommen und zwischen jenen, die schon in der Vergangenheit eines angenommen haben. Ich muß mich gegen diesen Antrag schon deßhalb entschieden aussprechen, weil wir sehr oft in unsern Handlungen uns bloß durch constitutionelle Grundzüge leiten ließen. Meine Herren, wir haben kein Gesetz über die Sanction unserer Beschlüsse, und gleichwohl werden unsere Beschlüsse der Sanction Sr. Majestät unterbreitet. Es ist dieß natürlich, weil es ein allgemein constitutioneller Gebrauch ist. Ich begreife daher nicht, wie, der damals diesen allgemeinen constitutionellen Grundzug ohne Einwendung zuließ, hier auf einmal gegen die constitutionellen Grundzüge handelt.
Präs. Der Abg. Lasser hat das Wort.
Lasser. Ich erlaube mir in dreifacher Beziehung über den Antrag der Commission das Wort zu ergreifen. Zuerst spreche ich über die vom Abg. Sadil angeregte Frage, ob die neuen Wahlen bloß von Seite der frühern Wahlmänner vorgenommen werde sollen, oder ob der ganze Wahlact erneuert werden, das heißt, ob auch neue Wahlmänner gewählt werden sollen. Diese Frage ist von praktischer Wichtigkeit, nicht bloß für den vorliegenden Paragraphen, sondern weil es sehr wünschenswert ist, daß eine authentische Erklärung des Wortes: "neue Wahl" im Allgemeinen, bei dieser Gelegenheit von der hohen Kammer ausgehe. Es ist mir bekannt, daß bei den neuen Wahlen, die seit dem Anfange unserer Versammlung vorgenommen werden mußten, verschiedenartig zu Werke gegangen worden ist.
Es sind neue Wahlen vorgekommen, wo die früheren Wahlmänner gewählt haben, es sind anderseits neue Wahlen vorgenommen worden, wo neue Wahlmänner wählten. Ich will mit dieser Erörterung keineswegs so weit gehen, zu sagen, daß mit dem interpretierenden Ausspruche, den ich von der hohen Kammer gethan wissen möchte, zugleich die Gültigkeit oder Ungültigkeit gegen die bisherigen Wahlacte; die entweder auf eine oder die andere Art vorgenommen worden sind, ausgesprochen werde. Allein ich wünsche, daß der heutige Ausspruch zugleich eine authentische Erklärung für alle künftig vorzunehmenden Wahlen sei. Die Frage selbst fasse ich hauptsächlich vom juridischen Gesichtspuncte auf und finde, daß sich für beide Ansichten triftige Gründe geltend machen lassen. Die Eine stützt sich darauf, daß die zuerst gewählten Wahlmänner nur zu dem einzelnen Act der ersten vorgenommenen Wahl zusammen gekommen sind, daß ihr ursprüngliches Mandat also mit der Wahl des ersten Abgeordneten erloschen ist. Die zweite Ansicht stützt sich darauf, daß die Wahlmänner das fortdauernde Mandat schon nach dem Wortlaute der Wahlordnung haben, die Abgeordneten zum constituirenden Reichstag zu wählen. Für diese letztere Ansicht spricht auch der politische Grund, daß es höchst wünschenswerth ist, daß der Abgeordnete mit den Wahlmännern in fortwährendem Verkehr bleibe, was wesentlich erleichtert wird, wenn er durch die ganze Dauer der Reichsversammlung mit denselben Wahlmännern zu thun hat. Trotz diesen Gründen bin ich aber der entgegengesetzten Ansicht, daß nämlich die Ausschreibung einer neuen Wahl auch auf die Wahlmänner Bezug habe. Es spricht dafür der Wortlaut unserer Geschäftsordnung, wo von der Ausschreibung neuer Wahlen die Rede ist. Jede Wahl besteht aber nach meiner Auffassung aus den beiden wesentlichen und sich gegenseitig ergänzenden Acten, nämlich aus der Wahl der Wahlmänner von Seite der Urwähler und aus der Wahl des Deputirten von Seite der Wahlmänner. Das Wort "neue Wahl, " hat sich daher, wie ich glaube, auf beide Acte zu beziehen, und es spricht auch ein politischer Grund dafür, daß, so wie es nämlich in Zweifelfällen den Deputaten durch eine Appellation an die Wähler sich der Fortdauer ihres Vertrauens zu versichern, es ebenso auch den Wahlmännern und resp. den Urwählern selbst nur angenehm sein kann, aus Anlaß einer neuen Wahl sich über ihr Vertrauensverhältnis gegenseitig aussprechen zu können; ich unterstutze daher den Antrag des Abg Sadil, daß die Worte: "von den früheren Wahlmännern vorzunehmenden auszulassen seien, und daß wir in dieser Auslassung die authentische und allgemein anwendbare Erklärung der Kammer finden, daß so oft aus irgend einem Grunde eine neue Wahl ausgeschrieben wird, von den ursprünglichen Wahlmännern gewählt werden müsse.
Über die zweite Frage, nämlich die der Rückwirkung dieses Gesetzes, muß ich vor Allem erinnern, daß mir der Antrag der Commission den Vorwurf mangelnder Consequenz gegen sich zu haben scheint. Entweder wird das ganze Gesetz auf alle Fälle rückwirkend angenommen, oder es wirkt nicht zurück. Wird es als rückwirkend genommen, so soll es meiner Meinung nach, um ganz consequent vor zu gehen, auf Alle ausgedehnt werden, welche überhaupt seit dem Beginne der Reichstagsversammlung ein Amt angenommen haben, folglich auch was der Commissionsantrag nicht thut, auf jene, welche zwar früher ein Amt angenommen, aber feit dem Beginne des Reichstages es wieder niedergelegt haben; consequenter Weise müßte also eine solche Textirung gewählt werden, welche auch auf solche Deputirte Anwendung hätte, und die wenn ich nicht irre in der ursprünglichen, vom ConstitutionsAusschusses abgegangenen Textirung gelegen war, worin es hieß: "angenommen hat oder annimmt. " Was übrigens das Meritorische der Frage betrifft, so bin ich, meine Herren, als Jurist zu sehr gewohnt, oder wenn sie wollen, zu sehr geschult, um mich nicht an gewisse allgemein bekannte und anerkannte Sätze zu halten. Ein solcher juridischer Glaubensartikel ist die Nicht rückwirkung eines Gesetzes. Damit habe ich meine Ansicht über das Meritorische dieser Frage wie früher, so auch heute, genügend ausgesprochen. Es hat endlich drittens der Abg. Wieznicki den Antrag gestellt, daß am Schlüsse statt der Worte: "Bis das Ergebniß der Wahlen dein Reichstage bekannt ist, gesetzt werde, "bis der Neugewählte in den Reichstag eintritt. "
Ich kann mich dieser Ansicht nicht anschließen, denn der Grund, warum wenigstens für Jene, die, ohne daß sie früher Staatsbeamte waren, ein Staatsamt annehmen, eine neue Wahl ausgeschrieben werde, liegt offenbar darin, daß bei solchen Wahlen der Wählerschaft Gelegenheit geboten würde, sich darüber auszusprechen, ob sie ihren Abgeordneten, ungeachtet der Annahme des Staatsamtes ihr Vertrauen nicht entzogen haben. Der Grund, warum der Abgeordnete, den dieses Gesetz betreffen soll, dem Antrage der Commission noch so lange, bis die neue Wahl bekannt wird, in dein Reichstage zu sitzen hat, liegt darin, daß man wenigstens bis zum Beweise des Gegentheiles es vermuthen oder für möglich halten kann, daß er das Vertrauen seiner Wähler doch nicht verloren habe, also wieder in den Reichstag zurückkehre. Nun dürfte aber der Antrag des Abg. Wieznicki zu weit gehen, denn von dem Moment an, wo die Wahl im Reichstage bekannt wird, und wir erfahren haben, daß der neue Abgeordnete statt des früheren einzutreten habe, ist es erwiesen und authentisch bekannt geworden, daß der frühere Deputirte nicht mehr das Vertrauen seiner Wahlmänner besitze. Wir hätten dadurch auch die sonderbare Erscheinung, daß wir in einem und demselben Wahlbezirke zwei Deputirte anerkennen, nämlich denjenigen der in unserer Mitte sitzt, obwohl wir schon von einem zweiten wissen, der bereits ein neues Mandat erlangt habe. Ich wäre übrigens auch geneigt, die Mittelsätze des Commissionsantrages, welche jene Abgeordnete betreffen, welche schon vor ihrer Wahl Staatsbeamte wären und während der Reichsversammlung in einen höhern Gehalt oder Rang vorrücken einer Kritik zu unterziehen, weil mir die ganze Textirung nicht sehr leicht verständlich erscheint, allein, da ich selbst Staatsbeamter bin, obschon ein solcher, von dem es die Wähler vor der Wahl gewußt haben, und ein solcher, auf dem diese Bestimmungen keine Anwendung haben so werde ich mich doch nach dem Beispiele eines geehrten Vorredners jeder weiteren Bemerkung darüber enthalten, um mich nicht dem Vorwürfe auszusetzen, als hätte ich jemals in meinen eigenen Interessen gesprochen.
Wieznicky. Herr Präsident, ich nehme den Antrag zurück, rücksichtlich des Schlußsatzes um die Debatte abzukürzen.
Präs. Der Abgeordnete Mahalski hat das Wort.
Mahalski. Die Herren Redner haben den Gegenstand so vollständig erschöpft, daß ich mich veranlaßt sehe auf das Wort zu verzichten.
Präs. Es liegen in Bezug auf diesen Gegenstand mehrere Verbesserungs- und Zusatzanträge vor.
Bevor ich dem Herrn Berichterstatter das Wort erteile, werde ich mir erlauben, bezüglich dieser Anträge die Unterstützungsfrage zu stellen, nachdem vielleicht der eine oder andere nicht die Unterstützung findet, demnach der Herr Berichterstatter nicht nöthig haben wird, darauf zu erwidern.
Die Verbesserungsanträge, so wie sie der Reihe nach vorgelegt worden sind, sind:
1. Der des Abgeordneten Gredler, welcher darauf anträgt, damit der Satz: "oder ein während der Dauer des Reichtages angenommenes" ausgelassen werde. (Wird unterstützt.)
2. Der des Abgeordneten Sadil, welcher darauf anträgt, damit die Worte: "von den frühern Wahlmännern vorzunehmenden" ausgelassen werden, (Wird nicht unterstützt.)
3. Trägt der Abgeordnete Sadil zugleich mit dem Abgeordneten Helfert darauf an, damit dieser Antrag als Gesetz behandelt werde. (Wird zahlreich unterstützt.)
4. Der des Abg. Heimerl, damit nach dem Worte:,, höherer Gehalt" noch beigefügt werde,, oder eine Personalzulage. " (Zahlreich unterstützt.)
Der Herr Abg. Paul trägt an, damit von dieser Stelle angefangen, wo es heißt: "muß sich einer neuen Wahl u. s. w. " damit anstatt dessen gesetzt werde: "verliert damit Sitz und Stimme in der Kammer und kann seine Stelle nur durch eine neue Wahl erlangen. " Wird dieser Antrag unterstützt? (Unterstützt.) Ferner ist der Zusatzantrag des Abg. Paul, welcher dahin geht, daß jeder in eine der vorgenannten Kategorien gehörige Abgeordnete, unverzüglich die Anzeige von der ihn betreffenden Bezugnahme des Paragraphes an die hohe Reichsversammlung zu erstatten habe.
Wird der Zusatzantrag unterstützt? (Er ist hinreichend unterstützt.)
Der Herr Abgeordnete Wieznicky stellt einen eventuellen Antrag für den Fall, als der Antrag des Abg. Gredler nicht angenommen werden sollte, dieser eventuelle Antrag lautet:
,, Jeder Reichstagabgeordnete, der ein Staatsamt annimmt, oder der ein nach seiner Wahl oder während der Dauer des Reichstages angenommenes bekleidet. "
Wird dieser Antrag unterstützt? Der Antrag ist nicht unterstützt. Der zweite Antrag des Abgeordneten Wieznicky wurde zurückgezogen; sonach fällt dieser ganze Antrag hinweg. Der Antrag des Abgeordneten Helfert würde bereits unterstützt.
Brestel. Ich bitte, ich habe einen subsidiarischen Antrag gestellt, daß, für den Fall das Amendement des Abg. Gredler angenommen werden sollte, der ganze §. weggelassen werde.
Präs. Das braucht es nicht, denn, wenn die Abstimmungsfrage über den ganzen §. gestellt wird, so wird der Antrag des Abg. Brestel ohnedies zur Abstimmung kommen, nachdem derselbe bloß eine reine Negation in sich begreift.
Gredler. Hat der Antragsteller nicht noch zuletzt das Wort?
Ein Abgeordneter. Es ist kein selbstständiger Antrag.
Präs. Es war die Debatte geschlossen, und es hat überhaupt nur jeder Abg. gesprochen, welcher sein Amendement begründen wollte. Ich glaube daher, daß jetzt nur der Herr Berichterstatter das Wort haben kann.
Borrosch. Ich verlange die namentliche Abstimmung, und zwar vor dem Schlusse der Debatte, welche erst als geschlossen erachtet werden kann, wenn der Berichterstatter gesprochen hat,
Präs. Für alle Fragen?
Borrosch. Für das Amendement des Abg. Gredler, denn gegen die Behandlung dieses Paragraphes als ein Gesetz habe ich nichts.
Präs. Wird der Antrag auf Namensaufruf unterstützt? (Hinreichend unterstützt.)
Berichterst. Mayer. Nachdem der Antrag des Abg. Sadil, "daß eine neue Wahl nicht von den früher bestandenen Wahlkollegien vorzunehmen