Støeda 18. øíjna 1848

angenommen war, daß die Berichte nicht von der Commission, sondern von der Deputation selbst in der Versammlung erstattet werden.

Abg. Schuselka. Ich muß den Herrn Abg. Potocki aufmerksam machen, auf etwas, was er vielleicht überhört hat. Der Abg. Fischer hat nicht bloß eine Erzählung, sondern eine schriftliche, mit seiner Namensfertigung versehene Berichterstattung gegeben, mit der Bitte, sie der Kammer vorzutragen. Man muß voraussetzen, daß Herr Fischer nicht eigenmächtig, sondern im Einverständnisse mit den anderen Mitgliedern der Deputation dieß gethan hat, und ich muß aufmerksam machen, daß in dieser Berichterstattung kein Wort von einer Proclamation des Kaisers vorkommt, daß in der Antwort, die Seine Majestät der Commission gegeben hat, von einer Proclamation kein Wort enthalten ist. Auch mir ist von diesen Herren Nichts bekannt, daß eine Proclamation in Aussicht stände, als eben jetzt, durch einen Herrn, der nicht Mitglied der Commission gewesen ist. Es scheint sich also die Nachricht von einer Proclamation auf Privatgespräche zu gründen, die ein Hofbeamter, vielleicht Fürst Lobkowitz in Aussicht gestellt hat, aber officielle Andeutungen über die Aussicht, eine solche Proclamation zu erhalten, haben wir nicht; denn sonst würde ich es für eine Beleidigung der Kammer, für eine Verletzung meiner Pflicht und des Ausschusses gehalten haben, wenn ich diesen Umstand verschwiegen hätte. In den Actenstücken ist von einer Proclamation keine Spur, und wir könnten vielleicht mehrere Tage, ja Wochen lange warten, bevor sich dieses Gerücht bestätiget.

Abg. Potocki. Ich weiß es genau, daß von dieser Proclamation nichts Offizielles bekannt ist, aber bisher war es der Gebrauch, daß jede Deputation einen Bericht erstattet hat, um uns ein ganzes Gemälde vorzulegen. Ich glaube daher, daß man auch von der letzten Deputation eine solche Berichterstattung verlangen könnte, und stelle demnach meinen Antrag dahin, daß ein Mitglied der Deputation aufgefordert werde, Bericht zu erstatten.

Präs. Ich glaube, es ist keiner derjenigen Herren anwesend, welche von der Deputation zurückgekommen sind.

(Ruf: Schriftf. Wiser ist hier.)

Schriftf. Wiser. Ich muß das hohe Haus, auf die Stellung, in welcher ich die Sendung nach Olmütz übernommen habe, aufmerksam machen. Sie wurde mir lediglich vom Ministerium übertragen, und bestand eigentlich darin, die mir übergebenen Depeschen abzugeben, und nach dem Hauptinhalte, nach meiner Persönlichkeit mit dem Minister Wessenberg und wo möglich bei Seiner Majestät vorzusprechen; ebenso bei Seiner k. k. Hoheit dem Erzherzog Franz Carl. Ich habe diesen meinen Auftrag erfüllt: die Depesche an Minister Wessenberg übergeben, und nachdem mir der Hauptinhalt mitgetheilt worden ist, darin bestehend, daß man zu friedlichen Mitteln greifen solle, um die gegenwärtigen Verhältnisse zu entwirren, habe ich meine Bitte damit vereiniget, und soviel es möglich war, die Zustände geschildert und die Nothwendigkeit beleuchtet. In gleichem Sinne habe ich, nachdem mir bei Seiner Majestät eine Audienz nicht zu Theil geworden ist, bei Seiner kaiserlichen Hoheit das Wort geführt. Bei meiner ersten Zusammenkunft mit dem Minister Wessenberg waren die Mitglieder der Deputation selbst anwesend, und hörten was dort vorgetragen wurde. Was die Proclamation betrifft, kann ich meinerseits wohl bestätigen, daß allgemein hin angedeutet worden ist, daß der Wille Seiner Majestät über das, was in jüngster Zeit durch Depeschen vom Minister Krauß mitgetheilt wurde, durch eine Proclamation werde kund gegeben werden. Man hat daher auch in diesem Sinne gesprochen, daß diese Proclamation keineswegs etwa in solchen Ausdrücken abgefaßt sein möge, oder solchen Inhaltes wäre, der vielleicht die Erbitterung vermehren würde, sondern vielmehr in jenem Sinne, der das Vertrauen wieder herzustellen im Stande wäre, und es hat den Anschein, daß die Proclamation muthmaßlich des letzteren Sinnes sein würde. Anderseits wurde wieder vielseitig die Besorgniß ausgesprochen, daß die Proclamation in sehr strengen Ausdrücken abgefaßt, und sehr schweren Inhaltes sein möchte. Das war das einzige Ergebniß, welches bis gestern Abends bekannt wurde.

Abg. Goldmark. Die Deputation hat einen schriftlichen Bericht niedergelegt; sie hat den Berichterstatter der permanenten Commission ersucht, da er ohnehin mit der Berichterstattung der übrigen Gegenstände beauftragt war, denselben der hohen Kammer vorzutragen. Wir haben uns nur an den officiellen Bericht der Deputation zu halten; was dort oben in Olmütz ausgebrütet wird, und uns privatim mitgetheilt wurde, das geht die hohe Reichsversammlung als solche nichts an. Möge die fragliche Proclamation wessen Inhaltes immer sein, so lange sie uns nicht officiell mitgetheilt wurde, so lange können und dürfen wir darauf nicht antworten; so lange dürfen wir unsere Schritte nach dieser Proclamation, die auf einem constitutionellen Wege an die Völker Oesterreichs, die hier vertreten sind, gerichtet ist, nicht einleiten. Ich glaube daher, daß in dieser Adresse auf was immer für eine Proclamation, die da kommen mag, keine Berücksichtigung genommen werde, weil sie nicht direct an das hohe Haus gerichtet ist. Ich glaube daher, daß wir uns weiter über den ganzen Gegenstand in gar keine Debatte einlassen sollen, sondern unmittelbar die Debatte über die Adresse selbst eröffnen.

Präs. Ich werde die vom Abg. Potocki angeregte Frage zur Abstimmung bringen.

Abg. Goldmark. Ich stelle den Gegenantrag.

(Die Abg. Potocki und Borrosch bitten ums Wort.)

Abg. Borrosch. Ich glaube, hier ist offenbar ein Mißverständniß. Der Abg. Potocki hat nur gemeint, ob nicht die Proclamation, von der er, wie ich aus seinen Worten entnehme, selber gar keine Kenntniß hat, sondern nur gehört hat, daß eine solche erlassen wird, ob man also diese Proclamation erst abwarten soll, um darnach natürlicher Weise die Formulirung unserer Adresse zu bemessen, keineswegs aber, wie der Herr Abg. Goldmark meint, auf die Proclamation einzugehen, die ja eben Niemand kennt. Darin liegt das Mißverständniß, und die hohe Kammer wird allerdings von einer Proclamation so lange keine Notiz nehmen, so lange sie nicht ihr als solcher der einzigen Empfängerin für eine von ihr zu beantwortende Proclamation, wird zugesendet worden sein. Es handelt sich also bloß darum, ob sie abgewartet werden soll oder nicht.

Abg. Wiser. Ich glaube, das hohe Haus wird es billigen, daß ich bei meiner Mission durchaus nur die Stellung beibehielt, daß ich nur als Abgeordneter des Ministeriums und nicht als Abgeordneter des Reichtages mich gerirte. Meine Besprechungen und Unterredungen hatten daher nur den ersteren Charakter, und ich erlaube mir nur aus der Unterredung mit dem Erzherzoge Franz Carl mitzutheilen, daß er über die Befürchtung meinerseits, daß man vielleicht mit großem Rechte jetzt besorge, wenn irgend eine Militärgewalt die Uebermacht erlangen sollte, alle Errungenschaften in Frage gestellt ansehen müßte, nur erwiederte: Was wir gegeben haben, werden wir ehrlich auch zuhalten.

Abg. Umlauft. Meines Wissens ist gestern die Absendung einer Adresse an Seine Majestät, mit deren Verfassung der Ausschuß beauftragt worden ist, bereits definitiv beschlossen worden, und zwar indem Augenblick, als in der hier tagenden hohen Versammlung die Meinung bestand, daß die Deputation sich noch bei Seiner Majestät im Hoflager befinde. Es wurde das Begehren gestellt, die Deputation zum Verweilen mittelst telegraphischer Depesche aufzufordern. Das war unmöglich. Aber der Sachverhalt war, daß man ohne Rücksicht auf irgend welchen anderen Vorgang eine Adresse an Seine Majestät absenden wolle, deren Inhalt gestern bereits genehmiget worden ist. Es ist ein Beschluß des hohen Hauses, und ich sehe gar nicht ein, warum jetzt aus zufällig eingetretenen Umständen, die ganze Adresse unterbleiben soll. — Gestern Nachmittags wurde andererseits die Absendung einer Proclamation, eines Manifestes an die Völker Oesterreichs ebenfalls beschlossen; es wurde auch beschlossen, daß dieses Manifest in Verbindung mit der Adresse an Seine Majestät zu bringen sei und Seiner Majestät mitgetheilt werden solle. Es sind also gefaßte Beschlüsse des Hauses, die zur Ausführung kommen sollen. Es ist darüber bereits debattirt und beschlossen worden, und ich glaube, es liegt in der Consequenz des Hauses, daß bloß über die stylistische Abfassung derselben debattirt werde.

Abg. Borrosch. Jedenfalls ist gestern beschlossen worden, diese Adresse abzufassen und Abgehen zu lassen, und ich glaube, daß auf das vage Gericht von dieser Proclamation hin, die vielleicht auch gar nicht erfolgen kann, oder wenigstens, wo jetzt noch beinahe von jeder Stunde das Schicksal von Völkern abhängig sein kann, nicht gezögert werden solle, um uns wenigstens nicht den Vorwurf hinterher machen zu müssen, irgend etwas versäumt zu haben, was zur Friedigung und zur Hintanhaltung des furchtbaren Bürgerkrieges, der sich über alle Provinzen zu verbreiten droht, förderlich sein könnte; und wenn auch momentan vielleicht die Militärherrschaft die Oberhand gewänne, wird es, nothwendig sein, zu wissen, daß wir das, was an uns lag, gethan haben.

Abg. Potocki. Ich glaube, gegen den gestrigen Beschluß gar nicht gesprochen zu haben. Mein Antrag geht dahin, daß, wenn von der Versammlung Deputationen geschickt werden, wenn diese Deputationen einen großen Einfluß auf unsere Geschäfte und auf unsere Bestimmungen haben müssen, so müssen wir auch in den Stand gesetzt werden, von dieser Deputation selbst zu erfahren, was sie bezweckt, was sie durchgeführt und was sie außerdem für Ansichten gewonnen hat, über Dinge, die ihr wichtig scheinen. In dem Berichte, den man uns hier von Seite der Commission vorgebracht hat, glaube ich meiner Meinnng nach Nichts von dem Allen enthalten. Ich frage die hohe Kammer, ob sie wirklich über das, was die Deputation ausgerichtet, eine klare Vorstellung gewonnen hat aus dem Berichte, der uns vorgelesen worden ist. Die Herren des Ausschusses haben freilich eine klare Einsicht in die Angelegenheiten erhalten, weil sie außerdem einen mündlichen Bericht von der zurückgekehrten Deputation anhörten. Ich muß mich daher wiederholt an die Kammer wenden und fragen, ob es nicht entsprechend sei, daß wir so einen mündlichen Bericht auch verlangen sollen.

Abg. Schuselka. Ich bedauere es mit dem Herrn Potocki, daß wir einen so magern Bericht bekommen haben. Aber es wird nicht möglich sein, die Deputation gewissermassen zu zwingen, über Dinge, die ihr nicht bekannt worden sind, etwas zu berichten; denn sie melden ja, daß, nachdem die Stunde gekommen war, sie zu dem Minister gegangen, daß sie dann beim Kaiser gewesen sind, eine Anrede gehalten haben, daß der Kaiser eine Schrift aus dem Rocke gezogen hat, ihr vorgelesen, und sich dann in die Gemächer zurückgezogen hat. Die Deputation hat sich dann auch entfernt, und ich wüßte nicht, was sie erzählen sollte, vielleicht über den Zustand der Stadt Olmütz? Die ganze Darstellung ist das Ergebniß, das man mir gesagt hat, und was ich wieder mitgetheilt habe.

Abg. Potocki. Daß Wessenberg Minister ist?

Abg. Schuselka. Daß ist schon längst offiziell bekannt, das habe ich berichtet.

Präs. Der Herr Abg. Potocki hat den Antrag gestellt, daß zugewartet werde, bis die Deputation selbst Bericht erstattet, und daß allenfalls aus Anlaß der zur Sprache gekommenen Privatmittheilungen bis zum Erscheinen der Deputation zugewartet werden soll.

Abg. Potocki. Nein!

Präs. Der Antrag wurde mir nicht schriftlich übergeben, doch liegt ein Gegenantrag vom Abg. Goldmark vor, welche lautet: "Ueber den Antrag des Abg. Potocki stelle ich den Antrag, unmittelbar zur Berathung über die Adresse überzugehen." Wird dieser Antrag unterstützt? (Wird unterstützt.) Diejenigen Herren, die sich für die unmittelbare Berathung der Adresse aussprechen, wollen aufstehen. (Majorität.) Ich werde, nachdem schon früher der Wunsch ausgesprochen wurde, die Adresse nochmals vorlesen. (Verliest nochmals die Adresse an Seine Majestät.) Wünscht Jemand noch das Wort zu ergreifen?

Abg. Dylewski. Ich rede als Abgeordneter, welcher Aufträge von seinen Committenten hat, und welcher in dieser Hinsicht das, was sein Land angeht, in keinem Augenblicke verschweigen will. Es ist hier ausgesprochen worden, daß der Reichstag den neutralen Boden zu wahren trachte, ich wollte, daß dieser Grundsatz beherziget werden möchte, und daß diese Adresse nicht in dem entschiedenen Sinne gefaßt werde, daß sie wie ein Ultimatum angesehen werde. Meine Herren, wenn dieses Ultimatum nicht angenommen wird, was thun wir dann? Ich bitte, das wohl zu bedenken, bevor wir uns zu einem Ultimatum entscheiden. Ich bitte Sie, sich daran zu erinnern, was die Stadt Eger in der heute verlesenen Adresse geschrieben hat. Ich muß melden, daß der Abg. Mayer, nachdem er in Brünn zum Deputirten gewählt worden ist, seine Committenten, welchen er die Lage von Wien geschildert hat, fragte, was er zu machen habe, mit der Zusicherung, daß er so verfahren werde, wie sie es wünschen werden. Sie haben ihm gesagt, er möge hier bleiben, nämlich auf dem Provinzial-Landtage in Mähren. — Sie sehen, meine Herren, das sind Umstände, die wir hier auch beherzigen sollen; und diese Umstände bewegen mich, im Interesse von ganz Oesterreich, dessen Freund ich bin, dessen Freund mein Land ist, und dem zu helfen mein Volk bereit ist, zu bemerken, daß gerade deßwegen nicht Ultimata zu wählen seien, wo der neutrale Boden noch den Weg der Verhandlung übrig läßt.

Abg. Peitler. Ich ergreife das Wort bloß zur Berichtigung einer Bemerkung des Herrn Vorredners. Er hat gesagt, der Abg. Mayer habe von seinen Wählern den Auftrag erhalten, nicht nach Wien zurückzukehren, sondern auf dem Provinzial-Landtage in Brünn zu verbleiben. Bei der vorletzten Deputation habe ich mit dem Herrn Mayer mehrmals über die kritische Lage gesprochen, in welcher sich Wien und ganz Oesterreich befindet. Er hat mir erklärt, daß, wenn er die sichere Nachricht bekommt, daß wir in der beschlußfähigen Anzahl vorhanden sind, er dann allsogleich nach Wien zurückkehren wird, und zwar nicht nur allein, sondern er wird auch trachten, seine Collegen dazu zu bewegen. Es scheint also unwahr zu sein, daß er den Auftrag von seinen Wählern erhalten hat, in Brünn zu bleiben; zu mir hat er gerade das Gegentheil gesagt, und er hat auch das Nämliche geschrieben, und er wird wahrscheinlich nächstens mit den anderen Brünnern zurückkehren.

Abg. Dylewski. Ich habe das von den Mitgliedern der letzten Deputation vernommen.

Abg. Peitler. Und dann glaube ich auch, diese Adresse enthält gar kein Ultimatum; ich wenigstens sehe keine Stelle darin, welche auf ein Ultimatum schließen läßt.

Abg. Wienkowski. Ich muß mich auch erklären gegen dasjenige, was der Abgeordnete für Lemberg jetzt vorgebracht hat; ich sehe in dieser Adresse in der That nichts so Aufreitzendes was ein Ultimatum genannt werden könnte; es ist einzig und allein die Antwort auf den letzten Erlaß Seiner Majestät an uns, welchen wir durch telegraphische Depesche bekommen haben. Dieser besteht, wie bekannt, aus zwei Puncten. In dem ersten Puncte wird unsrem bisherigen Wirken die Anerkennung gezollt, in dem anderen aber wird hingewiesen auf die Unruhe im Inneren Wiens und uns Sicherheit und Wahrung der Freiheit für unsere Berathung versprochen. Ich glaube, wir sind dem gegenüber schuldig, offen zu erklären, daß eine solche Unruhe innerhalb der Stadtmauern Wiens wirklich nicht vorhanden ist, und daß wir auch in der Lage sind, frei zu berathen. Ich glaube, daß es unsere Pflicht ist, dieses zu erklären. Uebrigens sind diese Puncte schon gestern berathen und angenommen worden, und ich weiß nicht, ob wir davon abzugehen das Recht haben. (Nein! — o ja!) — Ich bitte, das Protokoll, welches ich eben vorgelesen habe, enthält im Wesentlichen diese Puncte. Es wird Seiner Majestät nur dargestellt, und, wie ich finde, in ehrfurchtsvoller Weise dargestellt, woher die scheinbare Unruhe in der Stadt herrührt, nämlich von dem, daß ein feindliches Lager um Wien concentrirt ist, daß Kriegsheere concentrirt sind und sich wirklich als feindliche Kriegsheere geberden. — In dieser Beziehung habe ich nichts mehr zu bemerken, ich wünschte vielleicht noch die Bitte hinzuzufügen, Seine Majestät möge sobald als möglich in seine Residenz zurückkehren.

Abg. Nadler. Ich muß bemerken, daß auch ich in der eben vorgelesenen Adresse keine einzige Bemerkung und keinen Satz gefunden habe, der auf ein Ultimatum hindeutet. Ich müßte im Namen meines Wahlbezirkes darauf hinweisen, und mich verwahren, wenn dieser Reichstag alles Wirken, alles Streben durch ein derartiges Ultimatum abgebrochen hätte. In dieser Antwort an Seine Majestät aber finde ich, wie gesagt, Nichts, was einem solchen Ausspruche gleich kommen könnte. — Auf die Bemerkung eines Abgeordneten, daß ein Deputirter von seiner Stadt oder seinem Wahlbezirke neuerdings zum Abgeordneten nach Wien gewählt worden, und dennoch von dieser den Auftrag erhalten habe, im Provinziel-Landtage zu bleiben, muß ich gestehen, daß dieses ein gänzlicher Irrthum sei, in den die Stadt verfallen wäre; ich glaube aber, die ganze Bemerkung beruhe auf einem Mißverständnisse. Ich würde meinerseits das hohe Haus bitten, die uns vom Ausschüsse vorgetragene Adresse anzunehmen wie sie ist, und je eher desto besser an ihren Bestimmungsort gelangen zu lassen.

Abg. Borrosch. Es hat eben der Herr Abg. Nadler gesagt, was ich selber sagen wollte. Ich muß nur bemerken, daß ich es in der That für einen Verrath am Vaterlande und der Volksfreiheit betrachte, wenn sich ein Reichstagsabgeordneter an Provinzial-Landtagen betheiligen würde.

Abg. Goldmark. Ich bin vollkommen mit dem einverstanden, was der Herr Abg. Dylewski geäußert hat. Wir können uns mit einem Ultimatum so lange nicht befassen, so lange wir den legalen Boden unter uns haben, auf dem wir jetzt stehen. Ein Ultimatum wäre aber der letzte Schritt auf diesem Boden, den wir nur dann machen dürften, wenn eine feindselige Maßregel von oben aus gegen uns, den Reichstag selbst, decretirt worden wäre. Ich glaube übrigens, daß in der ganzen Adresse nichts enthalten ist, was einem Ultimatum nur ähnlich wäre. In Bezug auf die Stadt Brünn muß ich die Bemerkung machen, daß hier Brünner Garden im Interesse der Freiheit und der Ordnung uns ihren brüderlichen Beistand faktisch leisten, und ich habe ferner aus einem Briefe, den ich von Brünn erhalten habe, ersehen, daß nicht im Geringsten irgend welche Separationsgelüste in Brünn aufkommen werden. Ich unterstütze daher den Antrag des Abg. Nadler.

Abg. Umlauft. Ich finde dem vor mir Gesprochenen nur noch hinzu zu fügen, daß es der hohen Kammer bekannt ist, daß eben gestern der Inhalt dieser Adresse so wie die Adresse selbst beschlossen wurde. Es war der Antrag der Commission, daß ausgesprochen werde, Seiner Majestät gegenüber, daß die Ruhe und Sicherheit nur dadurch wieder hergestellt werden, nur dadurch erhalten werden könne, wenn augenblicklich die Zurückziehung der Truppen erfolgt, und das Militär auf ein Minimum reducirt, auf die sanctionirten Errungenschaften beeidet wird. Dazu sind Amendements gestellt worden; es wurde verlangt, daß eine Protestation gegen eine Verlegung des Reichstages in die Adresse hineingelegt werde, und dann wurde noch ein Amendement gestellt, nämlich, daß das Militär nur gegen Verfügung einer Civilbehörde ausrücken dürfe. Es ist also ein Beweis, daß darüber wirklich debattirt und abgestimmt wurde, und ich sehe keinen Anlaß, weiter darüber zu debattiren, außer der stylistischen Abfassung der Adresse wegen, und darüber bitte ich fortzufahren.

Abg. Wienkowski. Ich stelle den Antrag, daß die Adresse noch einmal verlesen werde, sie scheint nicht recht aufgefaßt zu sein. (Nein! nein!)

Abg. Borrosch. Die Adresse enthält, wie schon bemerkt, in der That nichts Anderes, und zwar in höchst loyaler Form, als was hier schon beschlossen wurde. Wir stehen zugleich dabei vollkommen auf constitutionellem Boden, denn diese ganzen Maßregeln sind durchaus nicht inconstitutionell, in der Weise, wie sie beantragt werden.

Abg. Hönig. In der Adresse ist gesagt, daß die Civilbehörden über das Militär zu verfügen haben sollen. Glauben Sie, daß in dieser Weise die nöthige Garantie geboten sei? Ich glaube nicht. Es war in der früheren Zeit, und zwar vor Kurzem die Einrichtung getroffen, daß das Militär nur auf Verlangen der Nationalgarde requirirt werden könne. Wir haben es gesehen am 13. September, daß das Militär von vielen Bezirks-Commandanten der Nationalgarde aufgefordert einschritt. Ich glaube, daß auch das Requiriren des Militärs von Seite einer Commune oder einer Civilbehörde eben so wenig Garantien bieten könne. Ich sehe nur allein die einzigen Garantien darin, wenn das Militär unmittelbar den Befehlen des Reichstages untergestellt würde: und zwar während der Zeit, als der Reichstag beisammen ist. (Oh! oh!) Meine Herren, es ist dieß kein inconstitutionelles Verfahren. Wir sehen, daß bereits dieselbe Verfügung in der französischen Nationalversammlung für alle folgenden gesetzgebenden Verhandlungen getroffen wurde. Nur der Reichstag allein ist im Stande, zu bestimmen, wann das Militär den Wünschen der Gesammtbevölkerung der Monarchie gemäß einzuschreiten habe, nicht eine Commune, nicht ein einzelnes Amt oder eine Civilbehörde, eine Civilbehörde, die bisher nicht einmal auf die Constitution oder überhaupt auf die Zusage der Constitution beeidet ist. Es wird auch durch diese Verfügung, wenn der Reichstag den unmittelbaren Befehl zum Einschreiten des Militärs übernimmt, sowohl der ultraradicalen als reactionären Partei jener Vorwand entzogen, den sie der liberalen Partei entgegenstellt. Ich stelle daher den Antrag, daß dieser Umstand in die Adresse aufgenommen wird.

Präs. Ich werde bitten, mir diesen Antrag schriftlich vorzulegen. Wünscht Jemand noch über diesen Gegenstand zu sprechen?

Abg. Borrosch. Es bedarf offenbar gar keiner Nachweisung, daß es höchst inconstitutionell wäre, die Besatzung der Stadt Wien dem Reichstage unterzuordnen. Ueberhaupt kann das Heer als solches dem Reichstage als einer legislatorischen Macht nur mittelbar untergeordnet sein. Unmitttelbar, als ein exekutives Organ, darf er es nicht gebrauchen, darf er darüber nicht verfügen, ohne die allerschwerste Verantwortung auf sick zu laden, selber das Organ irgend einer Partei zu sein, ebenso einer reactionären als anarchischen. Es ist das Kriegsministerium, und zwar das verantwortliche, in den constitutionellen Staaten der unmittelbare Befehlsertheiler für das Militär. Der Reichstag übt seinen mittelbaren Einfluß, indem er das Heer demokratisirt. Er wird das Heer demokratisiren, indem er jedem Soldaten das Gefühl einflößt, ein constitutioneller Staatsbürger, ein Bruder aller übrigen zu sein; er wird ihm dieses Gefühl einflößen durch kurze Dienstzeit; er wird ihm dieses Gefühl einflößen durch richterliche Vorkehrungen in Civilangelegenheiten, während des Friedens vor allgemein giltigen Gerichten; er wird ihm dieses Gefühl einflößen durch viele andere Maßregeln, auf welche ich hier nicht eingehen will, um von der Sache nicht abzuschweifen, obwohl er immer dafür Sorge tragen wird, die nöthige Disciplin zu erhalten, und jene besonderen Kriegs-Artikel nicht ganz umzustoßen, was, auch eine Republik z. B. gedacht, das Heer unfähig machen würde, das zu sein, was es sein soll, was es sein muß. In dem gegebenen Falle aber, nämlich, wo es sich um eine Stadt handelt, wo die Garnison als das Lokal-Exekutivorgan erscheint, da wäre es vollends — ich weiß gar keinen Ausdruck, um hier den Superlativ von anticonstitutionell zu bezeichnen — allen constitutionellen Begriffen zuwider, wenn man das locale letzte Executivorgan jemand Anderem unterordnete, als der bürgerlichen Magistratur. So ist es in allen constitutionellen Staaten. Was mich betrifft, so würde ich — ich habe es gestern schon erwähnt — am liebsten in einer Stadt, wo eine Reichsversammlung sich befindet, genau nach dem Vorbilde von England, gar kein Militär sehen. (Beifall.)

Präs. Wünscht der Herr Berichterstatter auf dieses zu erwiedern?

Abg. Schuselka. Ich glaube, es ist wirklich über den Antrag, daß die ganze Armee unter den Befehl des Reichstages gestellt werden soll, nicht nöthig viele Worte zu verlieren. Ueberdieß hat der Herr Abg. Borrosch mit Sachkenntniß die hohe Kammer darauf aufmerksam gemacht, daß durch die Aufnahme eines solchen Beschlusses, gänzlich inconstitutionell, überhaupt gänzlich gegen alle gewohnte Staatsklugheit in allen Ländern und Erdtheilen wirken würden. Daß der Herr Abg. Hönig meint, die Garantie wäre eine zu geringe, wenn das Militär nur auf Requisition der Civilbehörden einschreiten dürfte, das bezieht sich auf einen, leider bei allen möglichen Verfügungen eintretenden Fall, daß manchmal Mißbrauch von der eingeräumten Gewalt gemacht wird und gemacht worden ist. Allen möglichen Mißbräuchen vorzubeugen, ist nie möglich und würde auch zuletzt nicht möglich sein, wenn der Reichstag diese Gewalt ausüben würde. Diejenigen Herren aber, welche in dieser Adresse ein Ultimatum, also gewissermaßen ein Abschneiden aller anderen Vergleichungsmittel und Vereinbarungsmittel erkennen, bitte ich doch die Lage der Stadt Wien, bitte ich die Lage der Bevölkerung Wiens seit dem 6. October einigermaßen mit Herz und Sinn zu betrachten, zu betrachten, in welcher nachgerade unerträglich werdenden Stellung diese Bevölkerung ist, und wie sich einer solchen Bedrängniß einer so zahlreichen Bevölkerung gegenüber dieses immerwährende nichtssagende Hinausschieben ausnimmt welches wir hier vernommen haben. Wir müssen unsererseits, wenn wir wirklich Vertreter des Volkes sind, und ich meines Theils, weil ich Vertreter eines Theiles der Bevölkerung bin, die zu Wien gehört und am meisten unter dieser qualvollen Lage leidet, ich muß mich für verpflichtet halten, der Ausschuß hat sich verpflichtet gehalten, und ich glaube ein jedes Mitglied dieser Versammlung, welches sich an's Herz greift, muß sich verpflichtet halten, seinerseits soviel als möglich beizutragen, daß eine definitive Antwort endlich gegeben werde. Der Zustand, in dem wir uns jetzt befinden, in dem sich die ganze Bevölkerung befindet, unter der doch selbst nach dem Ausspruche der Gegenpartei ein überwiegend großer Theil Gutgesinnte sind, dieser Zustand ist unerträglich. Ich möchte dieser Gegenpartei, derentwegen der größere Theil der Gutgesinnten leidet, das biblische Wort vorführen, wo einer Stadt Gerechtigkeit widerfuhr, weil auch nur 10 Gerechte darin waren; also wenn man angeführt hat, daß so viele Gutgesinnte, und zwar der größere Theil Gutgesinnte sind, so möge man doch diese große Menge Gutgesinnter nicht so leiden lassen. — Es ist gerade so, als ob das Schwert über der Stadt hinge und man nicht den Muth habe, es fallen zu lassen, und nicht das Herz, es wegzunehmen. Hat man den Muth, so möge es fallen, und hat man das Herz, es wegzunehmen, so nehme man es weg, — und deßhalb will man diese kategorische Adresse abschicken.

Abg. Borrosch. Ich hatte früher noch etwas zu sagen, was ich jetzt nachzutragen für nothwendig erachte, um die geehrten Herren Redner vollkommen zu überzeugen. Daß es am 13. September nicht zum blutigen Zusammenstoße kam, schreibe ich gerade dem Umstande zu, der dagegen geltend gemacht wurde, nämlich eben dem, daß zu jener Zeit das abgetretene Ministerium noch nicht die militärische Localpolizei auf seine Schultern geladen hatte. Was die Berufung auf die französische Republik betrifft, muß ich bemerken, daß es auch dort das verantwortliche Ministerium und der gewählte Stadtrath, die Mairie von Paris es sind, denen innerhalb Paris das Militär untergeordnet war, nicht der tagenden Nationalversammlung. — Ich will nur noch erwähnen, daß ich nicht das Militär gemeint habe; ich habe einen unrichtigen Ausdruck gewählt, ich meinte die Garnison. Ferner muß ich bemerken, daß damals die Republik noch nicht bestanden hat.

Präs. Ich muß es noch verantworten, daß ich dem Abg. Borrosch das Wort gestattet habe, nachdem schon der Herr Berichterstatter das letzte Wort gehabt hat; ich dachte, es betreffe eine persönliche Angelegenheit, und gestattete das Wort um so mehr, als ich bemerkte, daß wir zwar zur Debatte befähigt waren, aber nicht mehr beschlußfähig sind, indem nur mehr 160 Mitglieder anwesend sind. Bei Eröffnung der Sitzung waren 196 Mitglieder — wir sind im Ganzen mit dem Bureau 160, daher nicht mehr beschlußfähig. Vielleicht kommen noch etliche Mitglieder.

(Nach einer Weile wird die Zählung neuerdings vorgenommen.)

Ich werde mir erlauben, indem nach einer Meldung sich keine Mitglieder in der Vorhalle mehr vorfinden, und wir noch nicht beschlußfähig sind, die Sitzung bis allenfalls —

Abg. Umlauft. Ich würde beantragen, die Berathung über die Proclamation an die Völker vorzunehmen, und dann könnte die Abstimmung über beide Adressen vorgenommen werden, und zwar Nachmittag.

Präs. Wenn die hohe Kammer damit einverstanden ist, werden wir fortfahren.

Abg. Polaczek. Ich erlaube mir zu bemerken, daß es schon halb 3 Uhr ist, daß um halb 4 Uhr die Post abgeht und wir die Pflicht nicht außer Acht lassen dürfen, die Unserigen von dem, was vorgeht, zu verständigen, wozu wir die Zeit bis zum Abgang der Post benützen müssen.

Präs. Nachdem also einerseits angetragen wird, weiter zu berathen, andererseits aber, die Sitzung bis 6 Uhr zu unterbrechen, so erlaube ich mir, die Sitzung bis 6 Uhr zu unterbrechen, nachdem wir selbst über diese Frage abzustimmen, nicht mehr beschlußfähig sind. — Die Sitzung ist bis 6 Uhr Abends unterbrochen.

(Um 1/2 3 Uhr.)


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