Abschrift für den Finanz-Ausschuß genommen werde, wollen aufstehen. (Majorität.)
Berichterst. Woitìch. Nr. 346. Die gutsherrlichen öffentlichen Beamten in Steiermark bitten um Wiederanstellung, im Falle der Auflösung der Patrimonial-Gerichte. Dem Ministerium der Justiz zugewiesen. (Angenommen.) Die Stadt Pettau petitionirt um die Errichtung einer dritten und vierten Classe, in welcher deutsch und windisch gelehrt wird, ferner um eine Industrie-Lehrerin, und um einen Musik-Lehrer. — Wird dem Ministerium des Unterrichtes abgetreten.
Präs. Wünscht Jemand über diesen Gegenstand zu sprechen? Es wird eine Abschrift zurückgelassen werden. Diejenigen Herren, welche damit einverstanden sind, wollen aufstehen. (Es ist die Majorität.)
Berichterst. Woitìch. Reichstags-Nr. 460. Peter Winkler, Herrschafts-Besitzer, stellt seine Lage vor, in welcher er sich befindet, falls die Grundlasten ohne Entschädigung aufgehoben werden. Da in Folge der Erledigung des Kudlich'schen Antrages dem Anspruche auf Entschädigung Genüge geleistet wird, und es außer der Möglichkeit des Reichstages liegt, jeden Herrschaftsbesitzer individuell in Berücksichtigung zu ziehen, so stellt der Ausschuß den Antrag dahin, das Gesuch rein ad acta zu legen.
Ein Abg. Ich glaube, man soll es der Entschädigungs-Commission zuweisen.
Berichterst. Woitìch. Es ist kein Materiale dazu; der Bittsteller spricht bloß den Satz aus, daß er, wenn diese Gaben und Bezüge, die er jetzt genießt, aufhören werden, ärmer wird; das ist natürlich, da wird der Entschädigungs-Ausschuß wenig profitiren.
Präs. Wünscht Jemand zu sprechen? — Diejenigen Herren, welche mit dem Antrage des Ausschusses einverstanden sind, wollen aufstehen. (Majorität.)
Berichterst. Woitìch. Zum Schlusse möchte ich im Namen des Petitions-Ausschusses den Antrag stellen, daß jene Petitionen, aus deren Inhalte ersichtlich ist, daß sie dem Ministerium jedenfalls zuzuweisen seien, an dieses Ministerium sogleich abgetreten werden, und daß bloß die betreffende Reichstags Nr. hier bekannt gegeben werde. Es kommen sehr viele Petitionen vor, die an die Ministerien abgehen, und wir würden die Zeit der hohen Versammlung zu sehr in Anspruch nehmen, wenn über jede abgestimmt werden sollte.
Präs. Wünscht Jemand über diesen Gegenstand zu sprechen? (Niemand.) Diejenigen Herren, die der Ansicht sind, daß dem Petitions-Ausschusse die Beurtheilung überlassen werde, und daß jene Gesuche, welche nach einstimmiger Ansicht an ein betreffendes Ministerium zu überweisen sind, demselben gleich abgetreten werden, und hier nur die Nummern dieser Petitionen vorgelesen werden, wollen aufstehen. (Majorität.) Dieß ist auch der Antrag des Abg. Pienczykowski, welcher lautet: "Die hohe Kammer möge den Petitions-Ausschuß ermächtigen, jene Petitionen, welche lediglich Privatangelegenheiten zwischen den Herrschaften und den Gemeinden betreffen, und vom Ausschusse dem Ministerium zur Amtshandlung zu überweisen, einstimmig beantragt werden, unmittelbar an den Vorstand zur weiteren Zusendung abzugeben, ohne sie dem Beschlusse der hohen Kammer vorzulegen. Im Protokolle der Sitzung werden bloß die Nummern der Petenten und der kurzgefaßte Gegenstand angeführt werden." Es ist derselbe Gegenstand, über den der Beschluß eben gefaßt wurde. Ich ersuche den Herrn Referenten wieder zum Vortrage zu schreiten.
Abg. Pienczykowski. Reichstags-Nr. 712 betrifft einen dem Ministerium des Innern übermittelten Protest vieler Bewohner Lembergs gegen die Wahlbezirksvertheilung der israelitischen Wahlmänner. Die erste Wahlbezirksvertheilung, gegen welche der Protest erfolgte, wurde als irrig durch den Lemberger-Magistrat anerkannt, und am 13. Juni 1848 hat das Ministerium eine verbesserte Wahlbezirksvertheilung vorgenommen, und in Folge dieser zweiten Vertheilung erfolgte die am 11. August vom Reichstage bestätigte Wahl der Lemberger Deputirten. Mithin ist dieser Protest als vollends erlediget ad acta zu legen.
Präs. Wünscht Jemand das Wort? Diejenigen Herren, welche für den Antrag des Petitions-Ausschusses sind, wollen aufstehen. (Majorität.)
Abg. Pienczykowski. Reichstags-Nr. 736. Die Einwohner des Stryer Kreises bitten um Aufhebung des Gubernial-Erlasses vom 21. Juli l. J., Zahl 13141.
Inhalt der Petition.
Aus Anlaß der theils im Monate März, theils im Monate Mai aufgehobenen Urbarial-Giebigkeiten und Leistungen entstanden in Galizien viele Rechtsstreitigkeiten, besonders zwischen den Pächtern und Gutseigenthümern, wie auch in Betreff der neugekauften Besitzungen. Um diesen Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen, wurde fast allgemein beschlossen, nicht nur in Lemberg, sondern auch in den Kreisstädten Schiedsrichter zu bestimmen, um, wo nicht im Vermittlungswege, doch durch compromissären Spruch den Streit zu schließen, wobei es den Parteien unbenommen blieb, sich entweder aus den in Vorschlag gebrachten Vertrauensmännern einige oder ganz andere Schiedsrichter zu wählen. Viele Anstände wurden auf diese Art behoben, sogleich, ohne Stämpeln und Taxen. — Dieser zur Ruhe und Eintracht führende Rath gefiel dem Präsidenten-Stellvertreter Grafen Goluchowski nicht, und er ließ mittelst Verordnung ddo. 11. Juli l. J., Z. 13141, die Geistlichen von der Kanzel verlautbaren, daß dergleichen schiedsrichterliche Sprüche nicht erlaubt sind.
Antrag der Commission.
Dem Ministerium zur geeigneten Verfügung zu übermitteln.
Abg. Wienkowski. Mir scheint dieser Antrag vie! zu unbestimmt; ich würde ihn bestimmter ausdrücken, dahin, das Ministerium zu ersuchen, damit diese Verordnung von dem Gubernium oder von dem Gubernial-Präsidium, je nachdem es ist, geradezu widerrufen werde.
Abg. Dylewski. Da haben Sie, meine Herren, ein Pröbchen von der Art, wie die Beamten in Galizlen verfahren. (Heiterkeit.) Es bedeutet erstens eine grasse Ignoranz aller Gesetze. Freilich ging das leicht bei politischen Beamten. Wir haben fünfzig und mehr Bände Hof-Decrete gehabt, und in diesem Walde war es einem Commissär so laicht sich zu verirren, daß es nicht Wunder nahm, wenn ein Privater sich verirrte und nicht wußte, was gesetzlich und was ungesetzlich ist. Es ist durch die bürgerlichen Gesetze ausdrücklich festgesetzt und gestattet, daß Parteien freiwillig beiderseits nicht den ordentlichen Richter, sondern auch jede dritte Person sich zum Richter erwählen, und unter der Bedingung, daß diese Wahl durch einen schiedsrichterlichen Vertrag, durch eine schriftliche Urkunde aufgesetzt wird, daß dann ein solcher Spruch ohne irgend eine Einmischung von Seite des Privaten, viel weniger von Seite einer öffentlichen Behörde, volle Giltigkeit hat, unter der einzigen Bedingung, daß dieser Spruch den Parteien beiderseits zugestellt werde, und daß sich die Parteien im vorhinein des Rechtes der Appellation entäußert haben. Dieses war nichts anders, als das schönste Streben dieser Körperschaft, welche hier bedacht worden ist, und welche in diesem Falle das Schönste geleistet hat. Dieses war das schöne Streben, Streitigkeiten zu vermeiden, und mit Rücksicht, daß die Vorschriften für die Gerichtspflege mehr für den Bezug der Taxen und der Stämpel, als für die Erlangung der Gerechtigkeit verfaßt waren, aus dieser Rücksicht die Gerechtigkeit schnell durch freiwillige Wahl von Privatpersonen zu erlangen und sich aller Stämpel und Taxen zu entledigen. Dieser Vorschlag war ganz strenge nach den Vorschriften entworfen und den Parteien bloß der freundschaftliche, der gesunde Rath ertheilt, damit sie diese befolgen und nicht durch wechselseitiges Processiren vor den ordenilichen Gerichten ihr Sache und ihre Kosten unnütz vergeuden. Die Landesstelle hat darin gleich Etwas erblickt, was auf ein Haschen nach Popularität, oder auf Gewinnen von Parteien, oder auf ein Bearbeiten der Meinungen gegen die Gerichte gezielt war. Es war, meine Herren, nicht nöthig gegen die Gerichte die Parteien einzunehmen, weil dort Alle dagegen eingenommen sind; es war ein heilsamer Schritt, und in diesem sah gleich die Landesstelle etwas, was sie gegen alles Gesetz als ungesetzlich bezeichnet hat, und wofür sie sich als Ignorant in Beziehung auf das Gesetz gebrandmarkt hat.
Es ist wenigstens dem Ministerium des Innern, oder dem Ministerium der Justiz zu überantworten, daß das Ungebührliche und Unwürdige dieser Sache hier zu rügen sei; denn sobald man dahin strebt, Processe zu vermelden, so strebt man nach Etwas, was das Glück des Volkes begründet. Ich glaube, der Petitions-Ausschuß soll diese Sache erörtern, und das Ungesetzliche derselben rügen. Ich trage daher darauf an, daß dieses als ungesetzlich gerügt und der Vollzug dem Ministerium überantwortet werde.
Abg. Demel. Ich wollte nur einfach bemerken, daß der Antrag bestimmter gestellt werde, und schließe mich vollkommen dem Antrage des Abg. Dylewski an, daß der Reichstag an das Ministerium die Aufforderung stelle, daß dieses ungesetzliche Verhalten der Landesstelle gerügt und derselben vorgezeichnet werde, sich den bürgerlichen Gesetzen gemäß zu verhalten.
Finanzminister Krauß. Ich habe aus der Mittheilung entnommen, daß nichts Anderes vorliegt, als eine Eingabe von zwei oder ich weiß nicht wie viel Personen. Dieser Eingabe liegt eine vidimirte Abschrift von einem Erlasse bei. Nun hat bisher das Ministerium noch gar keine Kenntniß von der Sache; es ist nothwendig, daß die Landesstelle eher gehört werde.
Abg. Dylewski. Es ist gedruckt. Es ist aber doch nothwendig, daß die Landesstelle über ihre Motive gehört werde, ehe man entscheidet.
Finanzminister Krauß. Hat die Landesstelle gefehlt, gegen die bestehenden Gesetze gehandelt, so muß doch der Landesstelle, wie Jedem, der angeklagt wird, das Recht zustehen, sich zu rechtfertigen. Wenn die hohe Versammlung diese Eingabe dem Ministerium übergibt und eine nähere Aufklärung erwartet, so bin ich damit vollkommen einverstanden; daß man aber jetzt schon entscheidend vorgehe, ohne die Motive zu kennen, welche die Landesstelle zu diesen Erlässen bestimmt haben, halte ich für nicht ordnungsgemäß.
Abg. Polaczek. Diese Petition wurde eingereicht, als noch bezüglich des Kudlich'schen Antrages kein Beschluß gefaßt war; nun aber hat das Verhältniß zwischen der Obrigkeit und den Unterthanen aufgehört. Nachdem nun zu Folge dieses Beschlusses jedem Unterthan freisteht, sich einem Schiedsgericht ohne irgend eine Bestätigung zu unterwerfen, so hat das Gubernium nicht darüber zu bestimmen, und ich glaube, es ist das Ganze überflüssig und man könnte das Gesuch ad acta legen, und das Gubernium gar nicht das Recht hat, derlei Verträge zu verbieten oder zu bewilligen.
Abg. Dylewski. Es handelt sich aber nicht um Streitigkeiten zwischen Unterthanen und Grundherren, sondern zwischen Grundeigenthümer und Pächter, welche dadurch entstanden sind, daß durch die aufgehobene Robot der Gegenstand des Vertrages, die Urbarien, auf einmal verschwunden sind und die Pächter mit gegründeten Ansprüchen sich erhoben haben, daß sie nunmehr einen geringeren Zins zu bezahlen haben. Wenn es sich aber um einen Gegenstand gehandelt hätte, der das Verhältniß zwischen den Unterthanen und Gutsherren betrifft, so wäre nichts einzuwenden; es wäre das ein Eingriff in die politischen Rechte. Das ist aber eine rein privatrechtliche Sache. Man ist in dem Argwohne, daß auf diesem Wege die Gemüther gegen die Regierung bearbeitet werden sollen; soll nun die Regierung trachten, keine Gelegenheit zum Argwohne zu geben. Dieses hat den einzigen Anlaß gegeben zu einer solchen Entscheidung. Ich habe es gedruckt gelesen, und möchte auch dafür sein, daß sich die Landesstelle rechtfertige.
Abg. Polaczek. Wenn diese Verträge, die abgeschlossen worden sind, wenn diese an das Gubernium gerathen sind, so müssen sie zwischen Obrigkeit und Unterthan anhängige Gegenstände behandelt haben, oder das Gubernium hat eine Amtshandlung vorgenommen, die Null und nichtig ist, da diese Amtshandlung sonst der Gerichtsstelle gebührt hätte; daher glaube ich, kann sie nur eine solche sein, die Unterthan und Obrigkeit betrifft; denn, wenn das Gubernium in anderen Strittigkeiten noch so oft verbietet, so kann ihm keine Folge gegeben werden.
Abg. Wienkowski. Ich war auf Urlaub, und da ist diese Verordnung eingetroffen. Es war der Umstand, daß nicht zwischen den Gutspächtern und Grundwirthen, sondern zwischen den Grundpächtern und Grundherren ein Streit aus dieser Ursache hervorgegangen ist; denn diese haben sich die Schiedsgerichte gewählt. Das Gubernium hat sich aber veranlaßt gesehen, aus Gründen, die uns unbekannt sind, dieses zu verbieten, und hat diese Verordnung verlautbaren lassen. Nun, da glaube ich auch, daß das Gubernium kein Recht hat, sich in Civilgesetze einzumischen. Das, glaube ich, sieht allein dem Ministerium zu.
Präs. Es wurde der Antrag auf Schluß der Debatte gestellt. Diejenigen Herren, welche damit einverstanden sind, wollen aufstehen. (Angenommen.)
Die Abg. Wienkowski und Fedorowicz sind noch vorgemerkt.
Abg. Wienkowski. Ich will nur aufklären, wie es kommt, daß sich das Gubernium in diese Angelegenheit eingemischt hat. Das Gubernium hat gesehen — wie es häufig zu geschehen pflegt, daß man immer etwas Böses voraussetzt, und besonders bei politischen Behörden sucht man bei jedem Schritte schon etwas Hochverätherisches — also ist es auch hier geschehen, daß man in diesem einfachen gutgemeinten Schritte, Processe zu verhindern, etwas Hochverrätherisches gesehen hat. Man hat geglaubt, daß dadurch die kaiserlichen Landgerichte überflüssig gemacht und beseitigt werden sollen. Das hat man als einen bedenklichen Schritt erklärt, und der Präsident hat sich veranlaßt gefunden, zu erklären, daß es selbst sträflich sei, sich an diese Gerichte zu wenden. Also das war die ganze Angelegenheit. Sonst galt dieser als schiedrichterlich bezeichnete Vorgang für alle Processe, und zwar einzig für Civilprocesse, oder für jene Processe, wo die Angelegenheiten so verwickelt waren, daß man voraussehen konnte, daß beim ordentlichen Gerichtswege unter mehreren Jahren keine Entscheidung zu hoffen wäre. Die Absicht war löblich, aber nur mißverstanden.
Abg. Fedorowicz. Es ist, meine Herren, nicht nur bei uns der Fall, sondern in allen Provinzen, wo der juridische Codex in Kraft ist; es ist nicht selten, daß Civil-Processe zwanzig bis dreißig Jahre geführt werden, ohne zur Entscheidung zu kommen. Bei uns ist dieß mehr wie irgendwo der Fall. In der neuesten Zeit, wo die Verhältnisse sich so vielfach verwickelten, ward es noch ärger mit den Processen, und gar in letzter Zeit, wo das Ansehen der Dominien so geschwächt wurde, und überhaupt bei Gerichten, wie Alles in Stockung gerieth, waren die Fälle so, daß wir uns nicht anders zu helfen wußten, und um nur eben in der reinsten Absicht die Geschäfte doch flott zu machen und Processen den Weg abzuschneiden, wurde beantrugt, daß Männer mit Männern durch Erwählung von vertrauenswürdigen Männern, was doch ganz dem Geiste der Gesetze entspricht, die Sache entscheiden mögen. Aber auch das wurde von einem falschen Standpuncte betrachtet. Aber da wir hier aus unserer Provinz eine ziemlich große Anzahl bilden und damit nicht hier uns der Vorwurf gemacht werde, daß wir in propria causa urtheilen, und weil wir kein Gericht scheuen, so trage ich darauf an, daß die Sache dem hohen Ministerium zur näheren Erörterung übergeben werde. (Beifall.)
Präs. Die Debatte ist geschlossen. Alle eingeschriebenen Redner haben gesprochen. Ich fordere den Herrn Berichterstatter auf, das letzte Wort zu ergreifen.
Abg. Pienczykowski. Ueber die Einwendung des Herrn Abg. Polaczek habe ich zu erwiedern, daß hier gar keine Rede von Verhandlungen zwischen den Gemeinden und Pächtern oder Gutsherren war; es ist lediglich immer zwischen dem Pächter, Gutsherrn, zwischen Gutskäufern und Gutsverkäufern. Hinsichtlich der Einwendung des Herrn Finanzministers sei es mir erlaubt zu bezeugen, daß es nicht von Zwei, sondern von Sechsundfünfzig unterschrieben ist; dann, daß diese Verordnung sowohl in den Zeitungen verlautbart war, und auch hier allgemein bekannt ist.
Der Petitions-Ausschuß sah vollkommen ein, daß diese Gubernial-Verordnung ganz eigenmächtig und vollends geeignet ist, um aufgehoben zu werden; jedoch glaubte der Petitions-Ausschuß, daß es anständiger wäre, dem Ministerium dieses eher zu überlassen, um auch sich selbst genau zu überzeugen, um die Landesstelle aufzufordern, darüber Bericht zu erstatten, und dann erst jenen Erlaß des Lemberger Guberniums aufzuheben; und ich glaube, sowie es der Petitions-Ausschuß glaubt, daß es vielleicht nicht ganz in der Ordnung wäre, was immer für einen Erlaß einer höheren Behörde, sei er auch noch so ungerecht wie dieser, noch so eigenmächtig wie jener, doch nicht ohne Anfrage, geradewegs aufzuheben. Aus dieser Ursache trägt der Petitions-Ausschuß an, damit er dem hohen Ministerium zur geeigneten Verfügung übermittelt werde, in der sichern Hoffnung, daß er auch aufgehoben werde.
Präs. Zu dem Antrage des Petitions-Ausschusses, damit die gedachte Petition einfach dem Ministerium abgetreten werde, liegt ein Verbesserungsantrag des Abg. Wienkowski vor, welcher lautet: "Diese Anträge dem Ministerium des Innern mit dem Ersuchen abzutreten, damit es den beregten Gubernial-Erlaß als offenbar gegen die bürgerlichen Gesetze verstoßend einfach widerrufe." Wird dieser Antrag unterstützt? (Geschieht) Er ist unterstützt.
Ich bringe ihn daher als Verbesserungsantrag zuerst zur Abstimmung. Diejenigen Herren, welche mit dem eben gelesenen Antrag einverstanden sind, wollen es durch Aufstehen kund geben. (Geschieht.) Es ist die Majorität.
Somit ist der Antrag des Petitions-Ausschusses in der Art modificirt, daß ich ihn nicht mehr zur Abstimmung zu bringen brauche. Ich ersuche fortzufahren.
Abg. Pienczykowski. Nr. 170. Peter Braunisch, aus Zolkiew, bittet um Unterstützung oder Anstellung. (Folgt der Bericht und der Antrag auf Hinterlegung ad acta.)
Präs. Wünscht Niemand das Wort in dieser Sache zu ergreifen? (Niemand.)
Diejenigen Herren, welche dem Antrage des Petitions-Ausschusses beipflichten, daß dieses Gesuch einfach ad acta zu legen sei, wollen es durch Aufstehen anzeigen. (Geschieht.) Es ist die Majorität.
Abg. Pienczykowski. Eine anonyme Schrift galizischer Bauern an den gewesenen Präsidenten Schmitt mit einer Danksagung für die aufgehobene Robot und der Versicherung der Treue gegen Seine Majestät. Ist als anonyme Schrift ad acta zu legen. (Die Majorität ist dafür.)
Nr. 709. Die Rzeszower Judengemeinde bittet um Vertretung beim Reichstag durch einen Deputirten. Ist als unzulässig ad acta zu legen. (Majorität dafür.)
Nr. 503. Die Gemeinde Porabka bei Kenty im Wadowicer Kreise, bittet um Bewilligung eines rechtlichen Vertrages mit der Herrschaft wegen ihres beanständeten Benutzungsrechtes, des Holz, und Weiderechtes und eines Zinses im Betrage von 100 fl. Ist als erledigt ad acta zu legen.
Abg. Demel. Ich würde darauf antragen, daß diese Zuschrift an den Entschädigungs-Ausschuß zu weisen sei.
Abg. Pienczykowski. Sie würde nur dann an den Entschädigungs-Ausschuß geeignet sein, wenn hier wenigstens ein einziger Artikel oder ein einziger Grund obwalten möchte, welcher die Forderung vorstellt; aber es ist lediglich eine Bitte um eine Commission, welche ermächtigt wäre, einen rechtlichen Vertrag zwischen der Gemeinde und der Herrschaft zu schließen, mithin kann das an die Entschädigungs-Commission nicht gehören, außer nur wegen einer Vermehrung der Papiere.
Präs. Wünscht noch Jemand das Wort?
(Der Antrag des Abg. Demel wird zurückgezogen und jener des Petitions-Ausschusses angenommen.)
Abg. Pienczykowski. Reichstags-Nr. 476. Der Abg. Betkowski überreicht eine Petition der Gemeinde Unter-Sednika von mehreren deutschen Colonisten, um Erhaltung eines Schullehrers auf Kosten des öffentlichen Fondes, um Aufhebung der Servituten und des Propinationszinses. Wird ad 1. an das Ministerium zur Berücksichtigung über Antrag des Petitions-Ausschusses übergeben; ad 2 und 3 scheint es durch die Bestimmungen über das Unterthänigkeitsverhältniß erledigt. (Angenommen.)
Reichstags-Nr. 367. Die provisorisch angestellten Calculanten bei der Lemberger Urbarial-Commission bitten um Anstellung bei einer andern Landesstelle. Der Antrag der Commission geht dahin, diese Eingabe dem Ministerium zur möglichst entsprechenden Verfügung zu übermitteln.
Abg. Wienkowski. Ich beantrage das Wort: "möglichst entsprechend" zu streichen, und nur "geeignet" zu setzen.
Abg. Pienczykowski. Es scheint nach der Eingabe dieser Leute, daß sie doch gewisse Würdigung verdienen. Sie legen hier ans Licht ihre gute Aufführung, ihre Tauglichkeit und Schuldlosigkeit, wenn diese Urbarial-Commission aufgehoben würde; — so schien es dem Petitions-Ausschusse, daß sie doch eine Würdigung verdienen würden, und deßhalb wurde angetragen: "zurmöglichst entsprechenden" — das heißt, wenn sie sich mit gehörigen Dienstzeugnissen ausweisen können, wird das Ministerium in die Lage kommen, in soweit sie sich über ihre Capacität ausweisen könnten, ihren Wünschen möglichst zu entsprechen. Daher besser der Ausdruck: "möglichst entsprechend."
Präs. Wünscht noch Jemand das Wort?
Zum Antrage des Petitions-Ausschusses liegt der Antrag des Abg. Wienkowski vor, damit in der Erledigung die Worte: "möglichst entsprechenden," abgeändert werden. (Unterstützt, jedoch nicht angenommen.) Diejenigen Herren, welche für den Antrag des Petitions-Ausschusses sind, wollen aufstehen. (Majorität.)
Abg. Pienczykowski. Es kommen hier 87 verschiedene Klagen der Gemeinden gegen die Herrschaften; von jeder dieser Klagen ist ein Auszug gemacht worden, und sie sind nach dem Antrage des Petitions-Ausschusses geeignet, sie dem Ministerium des Innern zur Amtshandlung zu übertragen. Da nun die hohe Kammer alle dergleichen Petitionen dem Vorstände zu übermitteln den Petitions-Ausschuß ermächtiget hat, so glaube ich ihre Geduld nicht mehr in Anspruch nehmen zu müssen, um diesen weitläufigen Bericht von fünf oder sechs Bogen Ihnen vorzulesen. (Ruf: Es ist ja schon Beschluß der Kammer.)
Präs. Diejenigen Herren, die der Ansicht sind, daß durch heutigen Kammerbeschluß alle diese Petitionen der Beurtheilung des Ausschusses hinsichtlich der Ueberreichung an die Ministerien überlassen werden können, wollen aufstehen. (Majorität.)
Abg. Pienczykowski. Casimir Lewicki, aus Galizien, bittet um Befreiung seines Sohnes von der Kerkerstrafe am Spielberg. In dieser Hinsicht habe ich die Ehre, der hohen Kammer einen Bericht zu erstatten. Als mir dieses Gesuch in die Hände kam, war mir die Thatsache schon von Lemberg aus bekannt. Zu jener Zeit, als für viele politische Verbrecher Amnestie ertheilt wurde, war er unter jenen, welche von dieser Amnestie ausgeschlossen waren. Der Umstand war mir vollends bekannt, und da ich sah, daß der Petitions-Ausschuß nicht sobald zur Berichterstattung kommen werde, so habe ich mich entschloßsen, mich dieses Menschen wegen an das Justizmisterium zu wenden, und habe diese ganze Angelegenheit dort vorgebracht. Freilich war dieser Anton Lewicki der Mörder eines gewissen Sellak. Dieser Sellak war ein russischer Spion. Er belauschte sowohl ihn, als seine Mitbrüder, wie sie sich politisch dort berathen, und wie sie dieß sahen, sah der arme Anton Lewicki kein anderes Mittel, als nur jemöglichst den Sellak zu ermorden, um sich selbst zu sichern. Allein er wurde nachher er wischt und auf fünfzehn Jahre auf den Spielberg verurtheilt. Es war freilich ein Todschlag, aber die causa primitiva desselben war nur die Selbstrettung. Es war kein sogenannter böser Vorsatz, sondern im ersten Augenblicke der Wille, sich zu retten. Nun, sei es wie immer, das Ministerium der Justiz wendete sich an Seine Majestät, und am 3. Oktober erfolgte die Befreiung. (Beifall.)
Ich habe das Vergnügen gehabt, von diesem guten Landmanne die Danksagung zu erhalten, was ich jetzt gegenwärtig bekannt gebe.
Präs. Ich glaube, daß diese Angelegenheit als erledigt angesehen werden könne. Ich ersuche die Herren Referenten, welche noch Petitionen vorzutragen haben, zum Vortrage zu schreiten.
Abg. Szaszkiewicz. Reichstags-Nr. 116. Casimir Zielonka, Vorsitzender des Privatbeamten-Vereines zu Krosno, Jasloer Kreises in Galizien, petitionirt im Namen desselben Vereines und schlägt zum Behufe der Ermittlung und Sicherstellung des Lebensunterhaltes der in Galizien zahlreichen, auf die Zahl von 12000 angeschlagenen Privat-Beamten drei Wege vor. Antrag der Commission: Da diese Bitte bloß Privatverhältnisse betrifft, wäre die Petition ad acta zu hinterlegen. (Wird angenommen.)
Reichstags-Nr. 426. Mehrere Gemeindeglieder der deutschen Gemeinde Alt-Fratanz in der Bukowina bitten um Ansiedlung ihrer jüngeren Söhne auf den Cameralgründen Tereblestie, Hadikfalva, St. Onuphrei u. St. Illie. Wird dem Finanzministerium zur Amtshandlung zugewiesen.
Abg. Dylewski. Ich kann nicht glauben, daß das Finanzministerium über Staatseigenthum, oder über Landeseigenthum insbesondere, verfügen dürfte; ich glaube also, daß wir das dem Finanzministerium anvertrauen können. Es ist dieß eine Sache des Staatseigenthumes oder des Landeseigenthumes, und von jetzt an wenigstens, glaube ich, sollte das Finanzministerium nicht mit etwas wirthschaften, was ihm nicht zugehört. Ich stelle also den Antrag, daß dieses Gesuch ganz ad acta gelegt werde.
Abg. Gleispach. Ich glaube, der Antrag, wie er von der Petitions-Commission gestellt wurde, unterscheidet sich von dem Antrage, den der Herr Abgeordnete früher gestellt hat, nur darin, daß das Finanzministerium eine Antwort an die Bittsteller veranlassen würde, während Wenn es ad acta gelegt wird, die Bittsteller, die wahrscheinlich sich nicht Zeitungen halten, nicht wissen, was mit ihrer Petition geschehen ist.
Abg. Dylewski. Ich wollte hier gleich bezeichnet sehen, wie die Erledigung geschehen ist, und ich glaube, das Gesuch ist so grundlos, daß die ad acta Leguug nicht weniger unverdient kommt als bei vielen anderen Gesuchen, die überreicht worden sind.
Abg. Nadler. Ich glaube nicht, daß es alles eins ist, der Commissions-Antrag und der des Abg. Dylewski. Ich glaube, daß vielleicht doch das Finanzministerium eine andere Art ausfindig machen könnte, zu helfen, oder die Erträgnisse dieser Staatsgüter zu heben. Nenn auch nicht dringlich und augenblicklich einzugehen wäre in die Petition, so könnte doch das Finanzministerium sich veranlaßt sehen, pachtweise den jungen Leuten ein Unterkommen zu sichern, und dadurch auch die Erträgnisse dieser Staatsgründe zu heben. Ich bevorworte daher den Antrag der Petitions-Commission.
Abg. Popiel. In der Beziehung müßte ich nur bemnken, daß jeder Landmann, besonders jetzt, bei uns, der zwei, drei Söhne hat, und seine jüngeren Söhne irgendwo ansiedeln möchte, und daß der älteste Sohn die zehn bis zwölf Joch erben sollte, wenn diese sich unter einer gewissen Bedingung, und zwar pachtweise ansiedeln wollen, so können sie sich an die Ortsbehörden wenden, an die Dominical-Behörden und dergleichen, welche am besten wissen, wie sie diese Dominical-Gründe zu benützen haben, aber nicht hier.
Abg. Gleispach. Ich glaube, die Sache wäre sehr einfach, wenn hier zu dem Worte: "Finanzministerium zu erledigen", das Wort: "abweisliche Erledigung", beigesetzt werde; damit ist Allen, und uns am meisten abgeholfen, daß diese Competenten keine Antwort erhalten, und wir werden auf diese Weise drei und vier Mal mit derselben Petition belästiget.
Präs. Wenn Niemand das Wort mehr wünscht, so werde ich die Debatte als geschlossen erklären.
Abg. Szaszkiewicz. Der Petitions-Ausschuß ging von der Ansicht aus, daß die Verwaltung des Staatsvermögens dem Finanzministerium zukomme, somit auch die Berücksichtigung dieser Bitte dem Ministerium zuzuweisen sei. In wie weit das Ministerium sich in der Lage befinden wird, diesem Gesuche zu entsprechen oder dasselbe abzuweisen, wird hernach seine Sache sein.
Präs. Zum Antrage des Petitions-Ausschusses, welcher dahin geht, damit diese Petition zur Erledigung dem Finanzministerium zu überweisen sei, liegen zwei Verbesserungsanträge vor. Einer des Abg. Gleispach, welcher wünscht, daß beigesetzt werde: zur abweislichen, und dann ein Antrag des Abg. Dylewski.
Abg. Dylewski. Ich mache den ersten Antrag zum meinigen.
Präs. Wird also der erste Verbesserungsantrag, daß beigesetzt werde: "zur abweislichen Erledigung," unterstützt? (Wird unterstützt und bleibt in der Minorität.) Diejenigen Herren, welche für den Ausschußantrag sind, wollen sich erheben. (Majorität.)
Abg. Polaczek. Nachdem sich eben mehrere Mitglieder entfernt haben, so möchte ich vorschlagen, eine Zählung des Hauses vornehmen zu lassen.
Präs. Bei Beginn der Sitzung waren 188 Mitglieder zugegen, und mit den im Ausschusse befindlichen über 200. Ich werde aber sogleich die Zählung veranlassen.
Abg. Potocki. Ich trage auf den Schluß der Sitzung an.
Präs. Der Abg. Szaszkiewicz hat noch eine Mitteilung zu machen.
Abg. Szaskiewicz. Es sind hier noch vier Stücke, welche Streitigkeiten von Gemeinden mit den Grundherrschaften wegen Grundentziehung betreffen; da es dem Petitions-Ausschusse zugestanden wurde, derlei Gesuche an das Ministerium zuzuweisen, so übergebe ich diese Actenstücke dem Vorstande.
Präs. Ich bitte, meine Herren, es ist wegen der Feststellung der morgigen Tagesordnung. Ich würde mir erlauben, mit Rücksicht auf den Umstand, daß wir stündlich Nachrichten erwarten, sowohl von der Deputation, welche vorgestern abgereiset ist, als auch vom Abg. Wiser, der den Auftrag hat, sogleich mittelst Telegraphen Nachricht zu geben, die Sitzungsstunde auf morgen früh 11 Uhr festzusetzen. Ich wünsche, daß die Herren um 9 Uhr in den Abtheilungen zusammenkommen sollen, um über die Grundrechte zu berathen. Für die morgige Tagesordnung würde ich daher vorschlagen:
1. Bericht des permanenten Ausschusses.
2. Die Ablesung des heutigen Sitzungsprotokolles.
3. Allenfalls vorkommende Prüfung von Wahlacten.
Abg. Ziemialkowski. Ich glaube, wir sollen in der gestern festgestellten Tagesordnung weiter fortfahren, und keine neue Tagesordnung bestimmen.
Abg. Demel. Für jeden Fall muß in der Tagesordnung eine Aenderung vorgenommen werden, da morgen der Finanz-Ausschuß nicht Bericht erstatten kann, weil der erste Tag der Woche zu dessen Berichterstattung bestimmt ist.
Präs. Es ist ohne Widerspruch angenommen, daß auf die Tagesordnung komme:
1. Bericht des permanenten Ausschusses 2. Ablesung des Sitzungsprotokolles. 3. Prüfung der Wahlacte, wenn welche vorhanden sein sollten. Ich ersuche, diejenigen Herren, welche damit einverstanden sind, aufzustehen. (Angenommen.)
Abg. Szaszkiewicz. Ich muß bemerken, daß vorhin die Kammer sich als nicht beschlußfähig erklärt hat. (Ruf: Nein, nein! das war früher deßwegen, weil mehrere Mitglieder weggegangen waren.)
Präs. Es erübriget nichts Anderes, als die heutige Tagesordnung beizubehalten, mit Ausnahme der Berichte des Petitions-Ausschusses. Die morgige Tagesordnung wird also diese sein:
1. Bericht des permanenten Sicherheitsausschusses.
2. Ablesung des Sitzungs-Protokolles.
3. Berichte über Wahlacte, (wiewohl ich glaube, daß keine mehr vorkommen.)
4. Gesetz zur Hintanhaltung gewaltsamer Störungen der Versammlungen des constituirenden Reichstages, zum Schutze der persönlichen Freiheit der Mitglieder der constituirenden Reichstages.
5. Beschluß des Constitutions-Ausschusses vom 27. Juli 1848, bezüglich der Einleitung neuer Wahlen jener Abgeordneten, welche Staatsämter annehmen.
6. Begründung des Antrages des Abg. Szaszkiewicz.
7. Berathung über das Recrutirungsgesetz.
8. Nationalgarde-Gesetz.
9. Bericht über die Reichstags-Rechnung.
Abg. Borrosch. Das ist die Tagesordnung, aber bleibt sie dem Beschlusse der Kammer anheimgestellt?
Präs. Es wurde früher gerügt, daß wir nicht mehr beschlußfähig sind.
Abg. Borrosch. So behalte ich mir dieß auf morgen vor.
Präs. Ich erkläre die Sitzung bis morgen 11 Uhr unterbrochen.
(Um halb 8 Uhr.)