Støeda 11. øíjna 1848

Abendsitzung am 11. Oktober 1848.

Vorsitzender: Vice-Präs. Smolka.

Anfang um 1/4 6 Uhr.

Vice-Präs. Herr Borrosch wird die an Seine Majestät verfaßte Adresse vorlesen. (Borrosch besteigt die Tribüne und liest:)

"Eure Majestät!

"Der Reichstag hat die heilige Verpflichtung, die Rechte des erblichen Thrones und der Volksfreiheit zu wahren, auch inmitten von zwei feindlichen Lagern niemals aus den Augen verloren; er fährt fort pflichtgetreu auszuharren, weil darin allein die Möglichkeit gegeben ist, das Gesammtvaterland, den erblichen Thron und die Volksfreiheit zu retten, die gleichmäßig von dem entsetzlichsten, auf alle Provinzen des österreichischen Kaiserstaates sich gewiß binnen kürzester Zeit verbreitenden Bürgerkriege bedroht sind. In diesen verhängnißvollen Augenblicken, wo jeder Tag dem Bestande der Monarchie ein welthistorisches: "zu spät" zurufen kann, welches mit dem Gute und Blute der von Gott Eurer Majestät anvertrauten Völker, mit dem für immer vernichteten Vertrauen derselben zu dem väterlichen Herzen ihres constitutionellen Monarchen bezahlt werden würde, vermögen Eure Majestät keinen zuverlässigeren, keinen die unheilvolle Zukunft klarer erkennenden Rathgeber um sich zu haben, als den Reichstag selber! Hören Eure Majestät auf diesen treuen Rath auch dießmal, ihn beherzigend wie in Innsbruck!

"Eure Majestät können nicht die Absicht hegen, den Reichstag Vorgänge entgelten zu lassen, die jedenfalls außerhalb der gesetzgebenden Wirksamkeit des Reichitages lagen; in Eurer Majestät Wollen kann es nicht liegen, um Eines in blinder Volkswuth frevelhaft Gemordeten willen, den der Reichstag zu retten alles in seiner Macht Stehende aufbot, Tausende von Schuldlosen hinopfern, Eurer Majestät Residenz und Vaterstadt dem Untergange Preis geben, ja, in Folge dessen die Völker im Bürgerkriege hinschlachten, und die Fortdauer des Kaiserstaates selber gefährden zu lassen.

"Eure Majestät! Der Reichstag besteht aus Vaterlandsfreunden, die es gleich treu meinen mit dem erblichen Throne, wie mit der Volksfreiheit, die zu sterben bereit sind, indem sie zur Rettung beider unerschütterlich ausharren; mögen sie fallen als würdige Söhne jedes hier vertretenen Provinzial-Vaterlandes im rühmlichen Wetteifer! Möge der Reichstag ein Curtius sein, über dessen Sturz in den Abgrund des Bürgerkrieges der Abgrund sich schließt, um einem zweiten die Völker Oesterreichs durch alle Segnungen der constitutionellen Freiheit beglückenden Reichstage den Boden zu schaffen! — Sollten jedoch diese Opfer nutzlos fallen, dann Eure Majestät, wird dieser Reichstag unvertilgbar in den Gemüthern der österreichischen Völker fortleben, aber nicht als Vermittler, sondern als Ankläger gegen Jene, die Eure Majestät abhalten, dem wahrheitgetreuen Rathe des Reichstages, Eurer Majestät liebevollem Herzen und der in ihm sich verkündenden Stimme Gottes zu folgen, der das Wohl oder Wehe von Millionen Staatsbürgern in Eurer Majestät Beschließung legt! Gott ist Zeuge der reinen Absichten des Reichstages, der Eure Majestät als constitutionellem Fürsten zurück zu kehren, Allerhöchst Ihrer Zusage gemäß ein volksthümliches Ministerium zu ernennen, und alle feindlichen Maßregeln gegen die Hauptstadt Wien einzustellen feierlichst beschwöret, dessen Bewohner selbst an dem Tage, wo das gräßliche Schauspiel sich darbot, Bürger gegen Bürger kämpfen zu sehen, nicht durch einen einzigen Ruf ein Mißtrauen gegen ihren geliebten Monarchen aussprachen, an dessen redlichen Willen für die den Völkern Oesterreichs durch das kaiserliche Manifest vom 6. Juli nochmals garantirte Freiheit sich nicht der leiseste Zweifel kund gab. Dieses in der Geschichte beispiellose Vertrauen des Volkes kann nur durch ein volles Vertrauen von Seile Eurer Majestät vergolten werden, und nichts soll zwischen dem Fürsten und dem Volke sein, als das sie beide zu einem untrennbaren constitutionellen Ganzen umschlingende Band der dankbaren Volksfreiheit!

"Vertrauen Eure Majestät auch dießmal dem Reichstage und seinem Rathe, der in seiner Beherzigung gewiß ein für Eure Majestät glorreiches, für die Völker aber beglückendes Ergebniß zur Folge haben wird, während eine nur mit Strömen Blutes bewirkbare Militärherrschaft von kurzer Dauer ruhmlos eine Saat von unberechenbaren Uebeln sein würde!"

Abg. Umlauft. Ich würde mir vorzüglich über eine Stelle eine Anfrage erlauben. Ich glaube, daß es zweckmäßig wäre, diese Stelle wegzulassen. Ich glaube, wir müssen als Vertreter Oesterreichs, die von Seiner Majestät berufen sind, voraussetzen, daß Seine Majestät nicht die Absicht haben könne, den Reichstag aufzulösen. — Es ist, glaube ich, in unserer Würde gelegen, diesen Passus nicht auszusprechen. Ich würde ihn daher zur Hinweglassung beantragen. Ich bitte, diese Stelle nochmals zu lesen (Geschieht: "Eure Majestät können nicht die Absicht hegen u. s. f.") Ich glaube doch, daß man diesen Passus hinweglassen soll, es würde den Sinn gar nicht stören. (Ruf: Abstimmen! abstimmen!)

Vice-Präs. Wünscht noch jemand über diesen Gegenstand zu sprechen? (Niemand.)

Diejenigen Herren, die diese vom Abg. Umlauft angegebene Stelle auszulassen wünschen, wollen aufstehen. (Minorität.) Ich ersuche den Herrn Abg. Borrosch das Ganze noch einmal vorzulesen.

Abg. Paul. Ich möchte mir erlauben, zu beantragen, daß im Anfange statt der Worte: "inmitten von zwei feindlichen Lagern," gesetzt werde: "in der Mitte von zwei sich feindlich gegenüber stehenden Lagern," und zwar, um bei der Hofpartei nicht etwa eine zweideutige Auslegung zu veranlassen, als ob damit gemeint sei, daß die zwei militärischen Lager von uns als feindlich betrachtet werden.

Abg. Borrosch. Ich muß gestehen, daß ich zunächst an die zwei Lager gedacht habe.

Abg. Paul. Aber man wird die Auslegung machen, daß diese nicht feindlich gesinnt sind, denn sie geben wenigstens vor, keine feindliche Absicht zu hegen.

Abg. Borrosch. Das ist allerdings zweideutig, und wir können dafür setzen: "inmitten der bedrohlichsten Verhältnisse."

Vice-Präs. Wünscht noch jemand über diesen Gegenstand zu sprechen?

Ein Abg. Ich bitte den Satz vorzulesen.

Vice-Präs. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter, die verbesserte Stelle vorzulesen.

Abg. Borrosch (liest:) "Der Reichstag hat die heilige Verpflichtung, die Rechte des erblichen Thrones und der Volksfreiheit zu wahren, auch inmitten der bedrohlichsten Verhältnisse niemals aus den Augen verloren; er fährt fort pflichtgetreu auszuharren ec."

Vice-Präs. Wünscht Niemand mehr das Wort? Sonst würde ich den Gegenstand zur Abstimmung bringen.

Abg. Potocki. Meiner Meinung nach glaube ich, daß es besser gewesen wäre, wenn es beim ersten geblieben wäre.

Vice-Präs. Abg. Paul hat einen Verbesserungsantrag gestellt, der Berichterstatter hat ihn aufgenommen und es wurde kein Einspruch dagegen gemacht.

Abg. Hubicki. Ich wäre dafür, daß das: "von Gott Eurer Majestät" ganz weggelassen werde.

Vice-Präs. Wünscht der Berichterstatter auf dieß zu erwiedern?

Ein Abg. Ich unterstütze den Antrag, und begründe solchen damit, daß die betreffende Stelle zu sehr nach dem "von Gottes Gnaden" schmeckt.

Vice-Präs. Wird der Antrag des Abg. Hubicki unterstützt? (Ruf: Ja!)

Abg. Borrosch. Ich erlaube mir dagegen zu bemerken, daß man mir gewiß keine Haller'sche Staats-Restaurations-Theorie eben hier unterschieben wird, daß ich aber in dem Ausdrucke keineswegs das finden kann, was der geehrte Herr Redner soeben bemerkt. Ich denke, sobald jemand den Willen und die Macht hat, irgend eine Wirksamkeit auf seine Mitmenschen zu äußern, und vorausgesetzt, daß man ferner, wie das bei meiner Wenigkeit der Fall ist, an Gott eben glaubt, und an ein Einwirken in dieser Beziehung auf den menschlichen Willen (Beifall) ich darin, wenn ich sage: "der Eurer Majestät von Gott anvertrauten Völker" nicht das Mindeste finden kann, was als eine Servilität meiner unwürdig, und daher voraussetzbar jemals könnte gedacht werden.

Abg. Hubicki. Ich bin der Ansicht, da der Herr Abg. Borrosch in dieser Hinsicht eine Aenderung vor etlichen Tagen vorgenommen hat, indem er anstatt des "von Gottes Gnaden" den constitutionellen Kaiser genannt, daß auch in der Hinsicht diese Aenderung eintrete. (Ruf: Abstimmen!)

Vice-Präs. Der Verbesserungsantrag des Abg. Hubicki geht dahin, daß die Worte: "der Eurer Majestät von Gott anvertrauten Völker" ausgelassen werde.

Abg. Borrosch. Ich erlaube mir nur noch zu bemerken, daß, wenn man eine Adresse an den Fürsten richtet, ich durchaus nicht glaube, daß man die prägnantesten Ausdrücke wählt, damit ja keine Mißdeutung hinsichtlich des politischen Glaubensbekenntnisses möglich sei, sondern daß man eben Rücksicht auf den Kaiser nimmt; und da unser Monarch auch religiös ist, so denke ich, kann das nur eine Ausdrucksweise sein, die auf keinen Fall einen nachtheiligen Erfolg zu äußern vermag, — und wir wollen denn doch, glaube ich, einen guten Erfolg.

Vice-Präs. Ich werde den Verbesserungsantrag des Abg. Hubicki zur Abstimmung bringen. Diejenigen Herren, die der Ansicht sind, daß die Worte: "der Eurer Majestät von Gott anvertrauten Völker" ausgelassen werden sollen, wollen aufstehen. (Der Antrag fällt.)

Wenn sonst keine Verbesserung angetragen wird, werde ich über den ganzen Gegenstand abstimmen lassen. Diejenigen Herren, die mit dieser Fassung der eben vorgelesenen Adresse einverstanden sind, wollen ausstehen. (Wird mit eminenter Majorität angenommen.)

Noch ersuche ich die Herren, sich darüber auszusprechen, von wem diese Adresse zu fertigen sei: von der Gesammtversammlung oder vom Vorstands-Bureau? (Allgemeiner Ruf: Vom Vorstands-Bureau!)

Abg. Turco. In dieser Adresse wird auch Seine Majestät gebeten, ein neues volksthümliches Ministerium zu ernennen. Ich erlaube mir in dieser Beziehung an den anwesenden Herrn Minister die Frage zu richten, ob auch nach dem Beschlusse vom 7. d. M. bereits an Seine Majestät eine aus volksthümlichen Männern bestehende Liste von Ministern zur Genehmigung vorgelegt worden sei.

Finanzminister Krauß. Ich muß leider erwiedern, daß eine solche Liste noch nicht vorgelegt werden konnte, und daß es jetzt schwieriger ist als früher. Es haben diejenigen Herren, auf welche die Aufmerksamkeit gerichtet werden mußte, es sich noch vorbehalten, dann ihr Schlußwort zu sagen, wenn bekannt geworden sein wird, welchen Erfolg die Sendung des Ministers Hornbostel hatte. Nun brauche ich weiter nichts beizufügen, es wird jederman einleuchten, daß es heute schwieriger ist, als vor ein paar Tagen.

Abg. Turco. Ich kann nur den Wunsch aussprechen, daß sich der Herr Minister die Sache möglichst angelegen sein lasse.

Finanzminister Krauß. An mir hat es gewiß nicht gefehlt.

Abg. Turco. Das weiß ich wohl.

Vice-Präs. Der Herr Finanzminister hat gewünscht einen Vortrag zu halten. — Hat vielleicht der Abg. Borrosch noch etwas zu bemerken?

Abg. Borrosch. Ich habe nur bemerken wollen — (wird unterbrochen).

Finanzminister Krauß. Ich habe die Ehre, der hohen Versammlung einen Gegenstand, der sehr dringend ist, in Kürze vorzutragen. Es hat nämlich der Gemeinderath der Stadt Wien vorgestellt, daß unter den jetzigen Umständen es sehr wünschenswerth wäre, von den Lebensmitteln die Verzehrungssteuer in Wien einstweilen nicht einzuheben, mir scheint auch diese Ansicht des Gemeinderathes vollkommen gegründet zu sein. Es treten jetzt in Absicht auf die Approvisionirung Wiens besondere Schwierigkeiten ein, die durch die Entrichtung einer Steuer natürlicherweise noch erhöht werden. Ich nehme mir also die Freiheit den Antrag zu stellen, daß ich von der hohen Kammer ermächtiget werde, die Weisung hinauszugeben, daß einstweilen bis zu neuen Verfügungen folgende Gegenstände in Wien von der Einhebung der Verzehrungssteuer freigegeben werden mögen, nämlich (liest die §§. 30, 31, 32 und 33 des Verzehrungssteuer-Tarifes.) Mir scheint, daß so ziemlich diejenigen Artikel getroffen werden, welche von den untersten Volksclassen genossen werden, und wo eine Erleichterung besonders wünschenswert!) sein dürfte. In Voraussetzung der Zustimmung habe ich hier den Entwurf der Erlässe an die Behörden vorbereitet, welche erforderlich werden, um von morgen an dieselben ins Werk zu setzen.

Vice-Präs. Genehmiget die hohe Kammer diesen Antrag? (Einstimmig angenommen.)

Abg. Umlauft. Im Auftrage Ihres Ausschusses und aus Anlaß der noch fortwährend einlangenden Klagen von blutigen Conflicten zwischen den ausgestellten Militärposten und den in deren Nähe kommenden Garden und anderen Civilpersonen, welche Conflicte schon zu wiederholten Malen stattfanden, erlaubt sich der Ausschuß folgenden Antrag der hohen Kammer zum Beschlusse vorzulegen, nämlich: Es möge an den commandirenden General in Niederösterreich, Grafen Auersperg, folgende Zuschrift von Seite des Reichstages erlassen werden:

"Der österreichische constituirende Reichstag, in seiner hohen Mission verpflichtet, das Interesse des Gesammtvaterlandes zu wahren, und überzeugt, daß ein in diesem Augenblicke wiederholt entstehender ernster Conflict zwischen Militär und Civile in der Stadt Wien unermeßliches Unglück über alle Länder der österreichischen Monarchie bringen würde, sieht sich bestimmt, Euer Excellenz aufzufordern, allen von Seite des Militärs ausgehenden Angriffen auf das Leben einzelner Garden oder anderer Civilpersonen, von deren Wiederholung wir bestimmte Anzeigen erhalten haben, Einhalt zu thun. Der Reichstag, als der Vertreter aller Völker Oesterreichs, hat die Pflicht, Euer Excellenz für alle Folgen verantwortlich zu machen, welche aus der Nichtbeachtung dieser Zuschrift hervorgehen könnten."

Abg. Sidon. Ich glaube den Antrag stellen zu müssen: im Einverständnisse mit dem hohen Ministerium.

Finanzminister Krauß. Wenn dieß hinzugefügt wird, so muß ich mich dagegen erklären, denn ich bitte zu erwägen, in welcher Stellung sich der Commandirende selbst befindet. Wir haben ihm wiederholt vom Ministerium im Einverständnisse mit dem Ausschusse geschrieben und immer die Antwort erhalten, daß ihm nichts bekannt ist von diesem oder jenem Vorfalle. Ob es nothwendig oder motivirt sei, daß er verantwortlich erklärt werde, scheint mir nicht dargethan zu sein. Unter den jetzigen Umständen befindet er sich selbst in einer schwierigen Stellung, die vielleicht dadurch könnte erschwert werden. Wenn bestimmte Facta vorkommen, ist es Zeit, mit allem Nachdrucke darauf zu dringen, und das haben wir auch gethan und werden es fortwährend thun. Wir haben es ihm an das Herz gelegt, strenge Untersuchungen zu pflegen, und diese Verantwortlichmachung glaube ich, würde doch vielleicht keinen wesentlichen Erfolg haben.

Abg. Umlauft. Ich muß mir erlauben, im Namen des Ausschusses zu bemerken, daß es eben ganz und gar erwiesene Thatsachen waren, welche neulich im Ausschusse bekannt geworden sind, und uns dazu veranlaßt haben, dem Reichstage diesen Beschluß vorzubringen, und namentlich auch das Versprechen gegen den Gemeinderath der Stadt Wien zu thun, daß der Ausschuß dem Reichstage vortragen wird, einen solchen Erlaß an Seine Excellenz ergehen zu lassen.

Finanzminister Krauß. Ich muß nur bemerken, daß, wenn die Versammlung es beschließt, so will ich dagegen keine Einwendung machen, aber nur nicht im Einverständnisse mit dem Ministerium, nachdem ich schon wiederholt geschrieben und beiläufig dasselbe ausgesprochen habe.

Vice-Präs. Verlangt noch jemand das Wort?

Abg. Borrosch. Ich würde in der Adresse sagen: "im Namen aller durch ihn vertretenen Völker Oesterreichs." statt: "alle Völker Oesterreichs vertretenden Reichstag."

Vice-Präs. Abg. Potocki.

Abg. Potocki. Ich hätte die Meinung, daß so ein Befehl vielleicht weniger Erfolg haben dürfte, was gewisser Maßen für die Würde der hohen Reichsversammlung verletzend sein wurde. Aber ich würde doch für diesen Antrag stimmen, wenn so ein Befehl, so eine Aufforderung auch zum Gemeinderathe und zum Obercommando der Nationalgarde von Seite der Commission erginge, weil wir in einem solchen Falle unsere Stellung immer behalten und nur um weiterem Unglück zu pariren, die eine und die andere Seite zum Frieden zu ermahnen trachten. Wenn also dieß auch in dieser Schrift gemeint wird, daß derselbe Erlaß auch zum Gemeinderathe und zum Nationalgarde-Obercommando erlassen wird, so werde ich für diesen Antrag stimmen.

Abg. Borrosch. Ich würde mir eine die verschiedenen Ansichten vereinigende Ausdrucksweise vorzuschlagen erlauben, nämlich zu sagen: daß wir in Ermanglung eines verantwortlichen Kriegsministers ihn als unmittelbar für die Handlungen einstehend erachten müssen. Ich glaube erst dann vollkommen den Sinn erfüllt und die constitutionelle Form, der gegenüber die Minister verantwortlich sind, eingehalten.

Finanzminister Krauß. Es würde daraus folgen, daß er dem Ministerium nicht mehr untergeordnet wäre. Dieß ist bedenklich; denn ich muß schon die Verantwortung tragen.

Vice-Präs. Verlangt jemand über diesen Gegenstand zu sprechen?

Ein Abgeordneter. Ich möchte nochmals um die Lesung bitten.

(Der Vorsitzende verliest den Entwurf der Zuschrift an den Grafen Auersperg noch einmal.)

Abg. Dylewski. Die Adresse, welche der Abg. Borrosch verfaßt und eben vorgelesen hat, hat mir das Feld in Erinnerung gebracht, auf dem wir uns zu bewegen vorgenommen haben. Ich frage den Ausschuß, ob es nicht auf diesem Felde der Vermittlung, auf dem wir nothgedrungen bleiben wollen, entsprechender wäre, die wirklich sich ereignenden tragischen Fälle, welche zu diesem Schreiben Anlaß gegeben, mitzutheilen, und ihr stattfindendes Unglück zu schildern, welches der Commandirende bei gutem Willen vermeiden kann. Ich meine, man soll die Facta anführen, welche dazu Anlaß gegeben haben, und dadurch den Gedanken damit zu versöhnen, was uns der Herr Finanzminister in Bezug der Schwierigkeit von seiner Seite vorbrachte.

Abg. Umlauft. Wenn die hohe Versammlung dieses beschließen möchte, so müßte sich der Ausschuß fügen. Diese Facta sind aber wirklich so trauriger Art und so zahlreich, daß es eine etwas langwierige Arbeit gewesen wäre, alle Umstände dem Commandirenden bekannt zu geben, was bei der Dringlichkeit der Arbeit und bei der Nothwendigkeit so schnell als möglich einzuschreiten, dem Ausschusse für den Augenblick unmöglich war, da es wirklich nur wenige Mitglieder des Ausschusses sind, die sich ununterbrochen der Arbeit unterziehen, und Andere sich mit anderen Arbeiten beschäftigen. Sollte demungeachtet von der hohen Kammer eine Aenderung beschlossen werden, so müßte sich der Ausschuß fügen; aber ich bin der Ansicht, daß die hohe Kammer dieses nicht für nothwendig erachten würde; der Ausschuß selbst ist im Besitze der Beweise, daß solche Thätlichkeiten noch fortwährend stattfinden.

Abg. Potocki. Ich werde den Herrn Präsidenten bitten, meinen Antrag zur Abstimmung zu bringen. Dann möchte ich sagen, daß in diesem Puncte, wo von Verantwortlichkeit gesprochen wird, es meines Erachtens besser wäre, wenn man von der Verantwortlichkeit für das Blutvergießen sprechen würde, und nicht von der Verantwortlichkeit für die Nichtausführung unseres Befehles. Ich möchte also auch den zweiten Verbesserungsantrag stellen: diese Verantwortlichkeit, von der im letzten Punct gesprochen wird, für das Blutvergießen selbst, nicht aber für das Nichtannehmen unseres Befehles.

Abg. Umlauft. Ich muß mir erlauben zu bemerken, daß es heist: "für alle Folgen," also auch für jene des Blutvergießens. Das Blutvergießen ist aber in diesem Augenblicke eingetreten, von dem hier gesprochen wird.

Vice-Präs. Die betreffende Stelle heißt so: "Der Reichstag, als der Vertreter aller Völker Oesterreichs, hält es für seine Pflicht, Euer Excellenz für die Folgen verantwortlich zu machen, die aus einer Nichtbeachtung der vorstehenden Aufforderung hervorgehen könnten."

Abg. Potocki. Ich bin gegen dieses Wort.

Abg. Umlauft. Ich ergreife nochmals das Wort um zu gestehen, daß der Ausschuß mit vielem Vergnügen dem Antrage des Abgeordneten Potocki nachkommen wird, diese Aufforderung auch an den Gemeinderath und an den Obercommandanten der Nationalgarde zu erlassen. Ich muß jedoch bemerken, daß es wiederholt bereits geschehen ist, und daß fortwährend die heiligsten Versicherungen ausgehen, daß von Seite des Gemeinderathes sowohl, als von Seite des Nationalgarde-Obercommandos alle Veranlassungen vermieden werden.

Abg. Potocki. Ich hatte gar keinen Zweifel, daß dieses geschehen ist von Seite der Commission, aber ich glaube nur, daß man sich darauf berufen sollte in diesem Schreiben.

Vice-Präs. Ich bitte, wünscht der Abg. Borrosch zu sprechen?

Abg. Borrosch. Ja. Ich würde dann nur noch das kleine Sous-Amendement machen, daß, wenn es in dieser Art in einer dreifachen Ausfertigung stattfinden soll, in jedem Pare zu bemerken wäre, daß dasselbe den beiden anderen Theilen gleichfalls genau so mitgetheilt würde.

Vice-Präs. Ich halte die Debatte für geschlossen, nachdem Niemand mehr das Wort ergreift. Zu diesem Antrage des permanenten Ausschusses liegen mehrere Verbesserungsanträge vor. Der Erste ist der des Abg. Borrosch, er ist nur von stylistischem Belange, und ich glaube, daß eine Berichtigung desselben keinem Anstande unterliegen dürfte, sowie auch der Antrag, daß in jedem Pare zu bemerken sei, daß in den anderen zwei Ausfertigungen gleichfalls jene Aufforderung so mitgetheilt wurde. Der zweite ist der des Abg. Potocki, welcher wünscht, damit in dieser Zuschrift an den commandirenden General ersichtlich gemacht werde, daß dieselbe Aufforderung auch an den Gemeinderath und an das Nationalgarde-Obercommando erlassen werde. Wird dieser Antrag unterstützt? (Geschieht.) Diejenigen Herren die damit einverstanden sind, wollen aufstehen. (Ist angenommen.)

(Der Verbesserungsantrag des Abg. Borrosch wird zurückgezogen.)

Vice-Präs. Endlich liegt ein Verbesserungsantrag des Abg. Dylewski vor, welcher wünscht, daß in dieser Zuschrift auch die Facta, welche die Veranlassung zu dieser Zuschrift waren, angeführt werden sollen.

Abg. Dylewski. Ich habe das nicht so gedacht, ich habe bloß gedacht, daß wir auf eine so kategorische Zuschrift Gefahr laufen, unsere Munition ganz zu verschießen; ich habe daher vorgeschlagen, ganz einfach die Facta anzuführen und den Herrn Commandirenden die Verantwortlichkeit in Erinnerung zu bringen und das Bedauerliche dieser Ereignisse.

(Dieser vom Abg. Dylewski gestellte Verbesserungsantrag bleibt in der Minorität.)

Vice-Präs. Endlich wird noch ein Verbesserungsantrag des Abg. Potocki, welcher wünscht, daß der Schlußsatz nicht in der Art gefaßt werde, daß der commandirende General für die Folgen verantwortlich gemacht werde, die aus der Nichtbeachtung dieser Zuschrift hervorgehen könnten, sondern welcher überhaupt nur wünscht, daß der commandirende General für das Blutvergießen und die Folgen, die dieses Blutvergiesen haben könnte, verantwortlich gemacht werde, ohne Rücksicht auf diese Zuschrift. (Dieser Antrag wird angenommen.)

Abg. Umlauft. Dann müßte ich mir erlauben, um die nähere Absicht, d. h. um das Verständniß zu fragen; ich habe es nicht verstanden, ich bin doch beauftragt, dann den Beschluß der hohen Kammer zu überbringen.

Vice-Präs. Ich habe den Antrag dahin verstanden, daß keine Beziehung auf die Nichtbeachtung der Forderung genommen werde. Ich ersuche demnach den Herrn Umlauft, den Antrag nach den hier eingelangten Verbesserungsanträgen zu amendiren.

Abg. Umlauft (liest den Antrag der Commission unverändert bis auf die Stelle:)

"ein für allemal Einhalt zu thun, indem der Reichstag unter Einem einen ähnlichen Aufruf an den Gemeinderath und das Nationalgarde-Obercommando ergehen läßt, damit auch von seiner Seite die betreffenden Anstalten verfügt werden. Der Reichstag, als der Vertreter aller Völker Oesterreichs, hält es für seine Pflicht, Euer Excellenz für bie Folgen solcher Ereignisse verantwortlich zu machen."

Vice-Präs. Diejenigen Herren, die mit der Fassung der so eben vorgelesenen Zuschrift an den commandirenden General Auersperg einverstanden sind, wollen aufstehen. (Es ist die Majorität.)

Es liegt mir kein weiterer Gegenstand zur Verhandlung vor; nur erlaube ich mir das hohe Haus darauf aufmerksam zu machen, daß morgen die vier Wochen abgelaufen sind, für welche der Vorstand gewählt wurde. Ich werde mir erlauben die Sitzung zu unterbrechen und die Herren Abgeordneten auf morgen früh allenfalls um 10 Uhr einzuladen, wo wir die laufenden Geschäfte, und wenn uns die Zeit erübriget, auch die Wahl des Vorstandes vornehmen können.

Abg. Paul. Ich möchte bitten, daß die Wahl des Vorstandes vorgenommen werde, bis eine günstigere Zeit eintritt, bis der Zustand der Dinge sich geändert hat, — auch sind zu viele Herren abwesend.

Abg. Potocki. Ich stelle den Antrag, sogleich unsern Herrn Vice-Präsidenten dazu zu erwählen. (Wird per Acclamation gewählt.)

Präs. Ich bitte, meine Herren, wie schmeichelhaft diese Aeußerung auch für mich ist, so muß ich die Wahl doch ablehnen, da ich überhaupt wünschen würde, alle bestehenden Formalitäten einzuhalten, damit nicht vielleicht Zweifel gegen die Legalität unserer Beschließung entstehen könnten. Es könnte derselbe Gegenstand morgen zur Sprache kommen.

Abg. Pillersdorff. Ich glaube diese Wahl durch Acclamation als giltig ansehen zu können, da sich die Kammer dafür einstimmig ausgesprochen, da sich die ganze Versammlung einstimmig dafür erhoben hat, und daß diese Wahl für diesen besonderen Fall zu verbleiben hätte. (Beifall.)

Präs. Ich danke Ihnen, meine Herren, für das Vertrauen, welches Sie mir schenken, und ich werde demselben nach Kräften zu entsprechen suchen.

Meine Herren! sollte ich mir nur irgend eine Unzukömmlichkeit oder gar gegen jemand eine Ungerechtigkeit zu Schulden kommen lassen, so legen Sie dieß auf Rechnung meiner Unerfahrenheit, auf Rechnung dessen, daß ich Mensch bin, und zu irren menschlich ist; — wollen Sie aber überzeugt sein, daß ich das in mich gesetzte Vertrauen nie der Art mißbrauchen könnte, um wissentlich und absichtlich irgend eine Unzukömmlichkeit, oder gegen irgend jemanden eine Ungerechtigkeit zu begehen.

(Anhaltender Beifall.)

Abg. Potocki. Ich werde noch die Bitte stellen, daß im Protokolle aufgenommen werde, daß es einstimmig angenommen worden ist. (Beifall.)

Präs. Ich erkläre die Sitzung bis morgen 10 Uhr früh unterbrochen.

(Schluß um 1/4 7 Uhr.)


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