haben, daß wir unser erstgeborenes Kind so mit Füßen treten, und bei jeder Frage eine neue Geschäftsordnung machen, es wurde schon damals reiflich erwogen, und für die Constitutionsfrage wurden eigene Paragraphen in die Geschäftsordnung aufgenommen, die ich wegen der Wichtigkeit der Frage gerne gehalten wissen wollte. Die Einwendungen, daß die Parteileidenschaft sich in den Abtheilungen mehr entwickle als in der Vollberathung, muß ich entschieden ablehnen, denn ich glaube, daß die Aufloderung der Parteileidenschaft in der Vollberathung einen viel größeren Spielraum hat, diese Aufloderung ist das Werk eines Momentes und kann als ein solches für die Verfassung zu nachtheiligen Folgen führen.
Was die Idee betrifft, daß die Abgeordneten in der Vollberathung sich über die Gegenstände hinlänglich unterrichten können, so muß ich sie auch als ganz unrichtig bezeichnen. Wenn Sie meine Herren einen Blick auf die Zusammenstellung der Kammer werfen, werden sie gewiß sowohl bezüglich der Verschiedenheit der Nationalitäten, der Sprachkenntniß für nöthig erachten, die Vorberathung in den Abtheilungen zu genehmigen. Anderseits ist es gewiß ein Berücksichtigungswerther Umstand, daß, wenn sie auf die bisher stattgehabten Debatten zurückblicken, sie beinahe eine und dieselbe Reihe von Rednern an der Tagesordnung finden. Viele Mitglieder der Kammer, die über unsere künftige Gestaltung gesunde und kräftige Ansichten haben, sind theils der Rede nicht mächtig, theils nicht gewohnt, vor so großen Versammlungen zu sprechen, und es ist ihnen daher die Gelegenheit benommen, ihre Ideen, ihre Ansichten in den Abtheilungen auszutauschen, und dadurch ganz gewiß manche Änderung in den Grundrechten, welche vielleicht nöthig sein dürfte, und worüber wir auch heute noch gar nicht sprachen, herbeizuführen. Was die Bemerkung des Abg. Goldmark betrifft, so muß ich bedauern, daß gleich bei der ersten Frage welche über die Verfassung in diesem Hause entsteht, auf eine sogenannte, entgegengesetzte Partei hingedeutet wird. Ich glaube, daß dieser Anfang für die Verfassung selbst nicht der geeignete ist. Unsere Gesamtaufgabe ist, die Zukunft Österreichs nach unserer innigen Überzeugung auf freien Principien volkstümlich zu begründen. Bisher habe ich in dieser Versammlung noch nicht die Gelegenheit gehabt, eine Gegenansicht über diese wichtige Frage zu hören, und ich glaube auch, daß Gegenansichten, die bei Nebenfragen entstanden sind, nicht bei dieser wichtigen Lebensfrage Anwendung finden, daher wäre es mir sehr wünschenswerth gewesen, daß nicht auf eine Gegenpartei, von deren Bestehen man noch gar keinen Beweis in dieser Frage hat, hingedeutet worden wäre. (Bravo.) Es ist gesagt worden, wir können uns nicht hinlänglich genug beeilen, die Grundrechte in Verhandlung zu bringen, wer weiß ob die nächste Zukunft die Gelegenheit gibt, Österreichs freie Verfassung frei zu berathen. Meine Herren, diese Furcht erkläre ich für kleinlich, ich glaube nicht, daß irgend eine Macht existirt, die die versammelten Vertreter Österreichs an der Ausarbeitung der Verfassung hindern könnte. Ich kann mich daher nicht durch eine solche Furcht beschränken lassen, um eine so wichtige Frage, welche wir bei der Verfassung der Geschäftsordnung schon als lebenswichtig vorgedacht haben, nicht der gehörigen Vorberathung zuzuweisen. (Bravo.)
Lasser. Wenn ich gegen den Antrag des Herrn Abg. von der Prager Klein feite das Wort ergreife, so geschieht es gewiß nicht aus persönlichen Rücksichten, es geschieht nicht aus der Absicht um die Berathungen der Grundrechte verzögern zu wollen; es geschieht auch nicht aus Partei Manöver; es geschieht nicht aus persönlichen Rücksichten; denn es wäre für die Dringlichkeit besser, wenn wir, die wir in die Abtheilungen aus dem Constitutionsausschusse gewählt sind, und diese Aufgabe übernommen haben. Ich sehe auch in der heutigen Formalfrage durchaus keine Partei Manöver. Ich habe es wenigstens politisch nicht so weit gebracht, das Partei Manöver systematisch zu beurtheilen, der Beweis dafür ist in unserem Hause selbst gegeben. Es sind über den Antrag des Abg. Borrosch von verschiedenen Seiten des Hauses verschiedene Ansichten heute aufgetaucht, ich thue es auch wahrhaftig nicht um die Berathungen der Grundrechte zu verzögern, denn Niemand wird mehr als ein Abg. aus den Provinzen, die Stimmen der Provinzen über den allerdings schleppenden Gang der Verhandlungen zu kennen, Gelegenheit haben. Allein ganz aufrichtig gesagt, ich bin durchaus nicht überzeugt, daß der vom Abg. der Prager Kleinseite eingeleitete Weg schneller zum Ziele führe. Man sagt die Berathung der Grundrechte in den Abtheilungen fei ein großer Zeitverlust. Diese Ansicht ist vielseitig widerlegt worden. Ich theile alle Gründe, die dagegen angeführt wurden. Meine Herren, wir haben in dem Constitutions. Ausschusse darüber Erfahrungen genug gemacht; bei vielen Paragraphen sind zahlreiche Amendements aufgetaucht, und sind durch die Gegenbemerkungen der einzelnen Mitglieder des Ausschusses zur Zurücknahme oder Verbesserung gebracht worden, so daß wir dahin gekommen sind, am Ende zur Abstimmung nur wenig Amendements übrig zu haben. Auf dieselbe Weise wird es in den Abtheilungen sein; die Ansichten werden sich einander nähern, die Gegensätze klären. Wenn die Grundrechte aber sogleich in Vollberathung gezogen werden, so werden eben so viele, und noch viel mehr Amendements in der Vollberathung auftauchen, während sonst durch die Berathung in den Abtheilungen viele Differenzen zum Schweigen, und viele Amendements in Vorhinein zurück genommen werden. Die Notwendigkeit auch auf jene Mitglieder Rücksicht zu nehmen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, so wie jene Mitglieder welche mit aller Achtung vor ihnen sei es gesagt, nicht jedes mal darauf gefaßt sind, in der vollen Reichsversammlung Reden zu halten, eine Gelegenheit zur Darlegung ihrer Ansichten zu verschaffen, sehe ich vollkommen ein, und ich kann mich allen diesen Bemerkungen nur mit inniger Überzeugung anschließen. Ich gehöre auch nicht zu denjenigen, welche sagen wollen, daß uns aus den Abteilungen durchaus keine Belehrung, keine neue Idee mehr zugehen könne. Wir Mitglieder des Konstitutionsausschusses glauben durchaus nicht, daß wir einen vollkommen gelungenen, unverbesserlichen Entwurf ersonnen hätten. Es wird vielmehr dem KonstitutionsAusschuß gewiß sehr willkommen sein, wenn wir aus der Beratung der Abteilungen neue Ideen bekommen; es wird uns auch nicht weniger willkommen sein, wenn die Stimme des Volkes selbst sich darüber und namentlich durch die Presse uns verständlich macht. Zudem muß ich bemerken, daß ich als Mitglied des Konstitutionsausschusses mich dagegen verwahre, daß der Entwurf wie er jetzt vorliegt, in Vollberatung komme; jedenfalls muß ich gestehen, daß er nochmals dein Konstitutionsausschuss zugemittelt werden müßte, damit man erstens den Berichterstatter wähle, und demselben die Berichte zu verfassen und zur Erwägung dem Ausschüsse vorzulegen auftrage; und zweitens damit diejenigen Mitglieder, welche bei vielen Paragraphen in der Minorität geblieben sind, offen und unumwunden mit ihren Minoritätsanträgen und mit ihren Namen vor die Welt hintreten können. Ich für meine Person scheue mich durchaus nicht dieß zu tun, obwohl ich bald bei den mehr und bald bei den weniger freisinnigen Ansichten in der Minorität geblieben bin. Aber dieses Recht dürfte jedem Mitgliede zustehen, wenigstens mit seiner unumwundenen Meinungsäußerung vor das Publikum zu treten. Was den Antrag des Herrn Abgeordneten Dylewski und Fedorovicz betrifft, so würde ich mich denselben zu widersetzen, nicht geneigt sein, wenn damit nicht etwa dem Konstitutionsausschuss die Möglichkeit abgeschnitten werden will, aus den in dieser Zwischenzeit von den Abteilungen geschehenen Beratungen, die weiteren Aufklärungen zu schöpfen, und sohin etwa neue Verbesserungen vorzunehmen. Ich weiß nicht, ob nach dem Antrage des Herrn Dylewski der KonstitutionsAusschuß vor der zweiten Lesung ermächtiget bliebe, allenfalls noch Verbesserungen im Entwurfe vorzunehmen, und dann den verbesserten Entwurf bei der zweiten Lesung zur Grundlage zunehmen. Nur unter dieser Voraussetzung würde ich mich diesen Anträgen anschließen. Ich glaube aber, der wesentlichste Zweck, den man dabei im Auge hat, wird vollständig erreicht, wenn den Abteilungen ein Präclusivtermin gegeben würde, innerhalb dessen sie mit der Beratung fertig sein sollen.
Ich glaube, wenn die Abteilungen wöchentlich 4 bis 5 Mal mehr als einen halben Tag beisammen bleiben, und mit allem Eifer beraten, so dürften 14 Tage zu diesem Zwecke genügen. In diesen 14 Tagen werden wir auch auf die andere Art nicht zum Ziele gelangen. Denn früher würde auch der noch nicht verfaßte und beratene Bericht des Ausschusses nicht an die Kammer kommen können.
N e u w a l l. Es ist über diesen Gegenstand schon so viel gesprochen worden, daß ich mich nur auf wenige Worte beschränken will. Ich möchte vorerst die Frage aufstellen, zu was wir die Abteilungen haben? Die Abteilungen wurden bestimmt:
1. Zu den Wahlprüfungen.
2. Zur Wahl von Ausschüssen und Kommissionen, endlich
3. zur Beratung und Prüfung von Gesetzentwürfen, bevor sie in die Vollberatung gelangen.
Der erste Zweck, der der Wahlprüfungen ist bereits erreicht, die Ausschüsse sind auch schon größtenteils gewählt, und die wenigen, die noch etwa proponiert werden, können auch auf eine andere Art gewählt werden; endlich, wenn rücksichtlich der Prüfung von Gesetzentwürfen wir den wichtigsten aller Gesetzentwürfe, nämlich den Konstitutionsentwurf nicht früher durch die Abteilungen geben lassen, wie wollen wir denn minder wichtige Gegenstände vor die Abteilungen bringen. Wenn der Antrag des Abg. für die Kleinseite in Prag, zum Beschluß erwachsen sollte, dann müßten wir auch folgerecht alle Abteilungen auflösen, denn sie sind zu nichts mehr da.
Es ist aber die Konstitutionsfrage eine so wichtige, daß sie durchaus nicht mit genug Aufmerksamkeit, nie wiederholt genug beraten werden kann; jeder Punkt, jeder Beistrich ist wichtig darin. Wenn wir annehmen, daß unter den Abgeordneten, die hier versammelt sind, es Vertreter von 5 Millionen gibt, die gar nicht deutsch verstehen, ferner jene von weiteren 3 Millionen der deutschen Sprache nicht genug mächtig sind, um in dieser Versammlung zusprechen, so heißt diesen Entwurf unmittelbar in die Vollberatung zu nehmen, die Abgeordneten von 8 Millionen Staatsbürger von der Beratung dieses wichtigen Gesetzes gänzlich ausschließen.
Aber nicht nur die Sprache allein, sondern auch die Fassungskraft der Einzelnen ist nicht der Art, daß unmittelbar hier in der Vollberatung derjenige Wert jedem einzelnen Paragraphen beigelegt, und der Umfang eines jeden einzelnen Paragraphen gleich so beurteilt werden kann, wie es notwendig ist, während der Gedankenaustausch, die konfidentielle Beratung in den Abteilungen mehr dazu beiträgt, von dein Umfange, dem Zwecke und der Tragweite eines jeden Paragraphen zu unterrichten und dessen Geist und Absicht zu durchdringen; wenn daher auch die Abteilungen keine Elementarschulen sind, so wird es doch gar nicht schaden, wenn einige Elemente des Staatsrechtes und diejenigen Begriffe, um die es am meisten hier sich handelt, nicht gleich in der Vollberathung selbst, sondern vorläufig in den Abtheilungen früher erläutert und hervorgehoben wurden, und es wäre gut gewesen, wenn bei anderen Fragen auch Jeder von den unentbehrlichen Elementen des Gegenstandes so durchdrungen gewesen wäre, denn wir haben manches hören mussen, was mit den Elementen der betreffenden Staatswissenschaft durchaus nicht übereinstimmt. Es ist ferner gesagt worden (ich will es nicht beurtheilen, ob treffend, ob am unrechten Platze), daß hier einzelne Anträge von Seite des Ministeriums wie Sturmpetitionen in die Kammer geschleudert worden sind, ob der Vergleich passend ist oder nicht, dieses Urtheiles will ich, wie gesagt, mich enthalten, wenn aber der Antrag, der auf Vollberathung der Grundrechte in der Kammer ohne seitherige Abtheilungsberathung gestellt wurde, durchgeht, dieß möchte ich sagen, wäre weit eher mit einer Sturmpetition zu vergleichen (Beifall und Zischen.)
Präs. Abg. Wieznicki hat das Wort
Wieznicky Das Beratschlagungsprotokoll, welches dem Entwurf zu Grunde lag, wird den Zweck, den Umfang, den Inhalt eines jeden Sagest im Entwurfe beleuchten, wird den todten Buchstaben lebendig machen Derjenige, der das ganze Protokoll gelesen haben wird, wird nach der Lesung desselben auf einen Standpunct versetzt sein, von welchem aus er sich mit Erfolg an den Beratungen wird betheiligen konnen Unausführbar ist die Einsichtnahme des Protokolles auch nicht, denn ich sehe nicht ein, warum man dieses Protokoll nicht in zwei Exemplaren abschreiben, und in einzelne Bogen sondern konnte, geschieht dieß aber, dann ist es leicht möglich, daß 30 die 40 Mitglieder an einem und demselben Tage, ohne die Glieder des Constitutionsausschusses und ohne die Referenten zu beirren, sich an der Lesung des Protokolles mit betheiligen konnen.
Ich sage daher, daß es sowohl nützlich als aus fahrbar ist, daß man Einsicht von den Protokollen nehme, aber auch für den Fall als es nicht nützlich wäre, so würde ich es begehren, um das Princip der Öffentlichkeit durchzuführen, denn ich begreife nicht, warum man die Einsicht eines Protokolles vorenthalten soll, die Einsicht eines Protokolles, welches ein Ausschuß zusammen gestellt hat, den wir selbst gewählt haben. Meine Herren, wenn wir nicht von diesem Grundsätze ausgehen werden, so müßte ich bedauern, daß wir noch viel arger, daran sein würden, als wir es früher waren. Es ist mir bekannt, daß man, wenn früher Gesetze erlassen worden die denselben zu Grunde liegenden Beratschlagungsprotokolle der Einsicht nicht vorenthielt. Ich glaube wir sind es uns selbst schuldig, zu begehren, daß uns auch gegenwärtig diese Einsicht gestattet werde. Es ist ein Recht für uns, wir sind es uns schuldig, es auszuüben. Es wäre sogar wünschenswerth, daß diese Protokolle der Presse übergeben würden, damit unsere Committenten ebenfalls Kenntniß davon erlangen.
Präs. Der Abg Wieznicky war der letzte von den eingeschriebenen Rednern Bevor die Antragsteller zum Worte zugelassen werden, erlaube ich mir die Anträge vorläufig zur Unterstützungsfrage zu bringen
Es liegen acht Antrage vor. Den ersten Theil des Antrages der Abtheilung 7 sehe ich nicht so sehr als einen Gegenstand, der hier vor die Kammer zu bringen wäre, an, weil er nur eine Communication zwischen den Abtheilungen und dem Präsidium zum Zwecke hat. Der zweite Antrag ist auch kein eigentlicher Antrag, sondern vielmehr ein Bericht, betreffend die Einsichtnahme von den Beratungsprotokollen des Ausschusses, in sofern dieser Gegenstand nicht von Jemanden als sein eigener Antrag angenommen wird, so kann er offenbar nicht einen Gegenstand der Abstimmung bilden.
Wünscht der Abg Wieznicky diesen Gegenstand zu seinem Antrage zu machen? (Ja.) Ich werde ihn also zur Abstimmung bringen
Er geht dahin, daß das Protokoll des Constitutionsausschusses, welches die Grundlage des Grundrechtsentwurfes bildete, im Commissionszimmer des Constitutionsausschusses zur Einsicht eines jeden Deputirten aufgelegt werde. (Wird unterstützt.)
Von dem Abg. Jeifalik wurde als Vorstand des Constitutionsausschusses nachstehender Antrag gestellt: Der Reichstag möge beschließen, daß die Abtheilungen die Berathung über die Grundrechte unverzüglich beginnen, und diesen Arbeiten an allen Wochentagen, an denen keine Reichstagssitzung ab gehalten wird, die Vormittagsstunden von 9 bis 2 Uhr zu widmen, wogegen die Nachmittagsstunden ausschließlich den Conferenzen der Ausschüsse vorbehalten bleiben. (Wird ebenfalls unterstützt.)
Ferner liegt hier der Antrag der sechsten Abtheilung vor, er lautet:
1 Die constituirende Reichsversammlung halt, in solange die Constitutionsgründrechte nicht zur Vollberathung gelangen, nur zwei Mal in der Woche öffentliche Vormittagssitzungen, welche um 9 Uhr früh zu beginnen haben.
2. sämmtliche Abtheilungen der constituirenden Reichsversammlung halten an den übrigen vier Tagen der Woche zu gleicher Zeit Sitzung, welche jedes Mal um 9 Uhr früh beginnen, und vor allem wird über die Grundrechte berathen werden.
3 Alle besonderen Ausschüsse der constituirenden Reichsversammlung werden nach Erfordersitz sich täglich, aber nur Nachmittags um 5 Uhr zur Berathung versammeln (Unterstützt)
Der Abg. Fedorovicz hat folgenden Antrag gestellt.
"Die hohe Kammer beschließe, die Abtheilungen haben die Berathung über die Grundrechte in einer bestimmten Zeit von I4 Tagen zu beendigen, dem nach sollen sie mit den Bemerkungen der einzelnen Mitglieder, dem Constitutionsausschusse übergeben und mit thunlichster Beschleunigung in Berathung gezogen, und zur Vollberathung gebracht werden." (Wird unterstützt.)
Der Abg. Dylewski hat ebenfalls einen Antrag gestellt, er lautet:
"Der Entwurf der Grundrechte ist in Vollberathung zu nehmen, demnach ist in einer heute zu bestimmenden Sitzung der Entwurf zum ersten Male zu lesen, und in der Zwischenzeit, zwischen der ersten und zweiten Lesung, zu welcher ein bestimmter Tag anzuberaumen ist, über diese Grundrechte die Berathung in den Abtheilungen zu pflegen." (Wird unterstützt.)
Der Abg. Borrosch trägt an, die Vollberathung über die Grundrechte mit Verzichtleistung auf die Circulirung in den Abtheilungen unverweilt vorzunehmen. Wird dieser Antrag unterstützt? (Wird unterstützt.)
Der Abg. Helfert stellt einen Verbesserungsantrag zu den Anträgen der Abg. Feifalik und Pribyl; diese Bestimmung soll erst dann in Wirksamkeit treten, nachdem das Gesetz zur dritten Lesung gebracht und zum Beschluß erhoben wurde. Es dürfte sich diese Bestimmung nur auf die Sitzungstage beziehen, und da erlaube ich mir dem Abg. Helfert aufmerksam zu machen, daß ohnedem schon über die erste, zweite und dritte Lesung Beschlüsse vorliegen, und daß diese in ununterbrochenen Sitzungen über Antrag des Finanzausschusses statt zu finden haben.
Helfert. Ich ziehe meinen Antrag zurück.
Präs. Der Abg. Feifalik hat zu dem Antrage des Abg. Borrosch nachstehenden Antrag gestellt:
"Der Antrag des Herrn Mitgliedes von der Kleinseite, auf eine Abänderung der Geschäftsordnung sei nach §. 47 derselben zu behandeln, daher nach der Ordnung der vorhandenen Anträge zur Berathung des Reichstages seiner Zeit zu bringen."
Wird dieser Antrag unterstützt? (Wird unterstützt.)
Diese Anträge wurden unterstützt und es steht nach den bisherigen Grundsätzen den Antragstellern das Recht zu, das letzte Wort zu ergreifen. Es ist keine chronologische Ordnung über die Anträge geführt worden, und ich ertheile dem Abg. Borrosch das Wort.
Borrosch. Zur Begründung meines Antrages habe ich noch einiges vorzubringen, wobei ich jedoch möglichst jede Wiederholung des früher Gesagten vermeiden will. Ich mache nochmals darauf aufmerksam, daß bei dem Kudlich'schen Antrage weder über die Entschädigung, noch über die provisorische Form der Gerichtsbarkeit etwas Bestimmtes ausgesprochen war, daß kein Entwurf vorlag, sondern unmittelbar die Vollberathung vorgenommen wurde, obwohl damals die Geschäftsordnung schon bestand, zufolge welcher der Kudlich'sche Antrag gleichfalls erst in den Abtheilungen hätte vorberathen werden müssen.
Wir haben die Erfahrung gemacht, daß es weise ist, für die Vollberathung eine Vorarbeit zu haben, wir besitzen sie für die Grundrechte, folglich fallen alle derartigen Bedenklichkeiten gänzlich.
Ich bin kein Mitglied des Constitutionsausschusses, daher gewiß vollkommen unparteiisch, protestire aber gegen die Drucklegung der Protokolle, die nicht weniger, als mindestens sechs, oder wenn nicht gar acht Wochen erfordern würde, ohne daß ich den mindesten Nützen davon einsehe, denn es kümmert mich gar nicht, was Jemand früher über diesen Entwurf gedacht oder gesagt hat, wenn ich in voller Berathung meine Stimme abzugeben habe. Der angebliche Grund, daß man hierbei dem Principe der Öffentlichkeit huldigen müsse, fällt auch ganz weg, denn dem Principe der Öffentlichkeit huldigt der Reichstag als die Gesammtheit aller Mitglieder ungleich mehr in der Vollberathung, dem Volke aber wird es ganz gleichartig sein, was 30 Mitglieder früher darüber für oder gegen einen Paragraph des Entwurfes zu sagen beliebt haben. Die Geschäftsordnung betreffend, so ist sie schon vielmal gebrochen oder umgangen worden. Warum will man bei so wichtigen Gegengründen in diesem Ausnahmefalle am 47. §. der Geschäftsordnung festhalten, bei dessen damaliger Berathung ich leider nicht hier, sondern mit der Deputation in Innsbruck war; denn obwohl ich mir nicht schmeichle, daß meine Wenigkeit dabei einen Ausschlag gegeben hätte, so würde ich doch alles aufgeboten haben, ihn zu bekämpfen, weil ich über die Grundsätze einer guten Geschäftsordnung schon früher meine Studien gemacht hatte. Leider werden wir hier erst durch manche nachtheilige Erfahrung dahin kommen, die Unzweckmäßigkeit vieler Paragraphe klar zu erkennen. Wenn Sie, meine Herren, sich auf die Geschäftsordnung so fest stützen wollen, so ist z. B. in dieser Kammer gar keine Interpellation möglich, denn laut unserer Geschäftsordnung kann eine Stünde nach dem Beginne der Sitzung, jede Interpellation durch die Tagesordnung beseitigt werden, nun wer oft zwei Stünden mit Vorlesung von Protokollen, Eingaben und dergleichen zugebracht! Ferner wurde in der Geschäftsordnung nicht vorgesehen, wie es doch in jedem Parlamente der Fall ist, daß das Haus das Recht hat zu entscheiden, ob in Folge einer Interpellation in eine Debatte übergegangen werden solle oder nicht! Hier ist niemals eine Debatte möglich; wozu dienen dann Interpellationen? Sie sind bloße Anfragen, deren Beantwortung oder Ablehnung ganz dem Belieben des Ministeriums überlassen ist; sie sind für die Herren Minister Anfangs ein etwas unangenehmes Frottieren. (Ruf: Zur Sache.) Meine Herren, es gehört ganz zur Sache, denn es bezieht sich auf unsere Geschäftsordnung) bald aber gewöhnt sich endlich das Ministerium daran, wie ein Gräfenberger Curgast. (Lachen.)
Will man also in diesem Falle den 47. § der Geschäftsordnung mir als den Minervaschild mit dem Medusenhaupte entgegen halten, so weide ich dann beantragen, daß vorerst mein längst eingereichter Antrag zur unverweilten Revidirung der Gefchäftsordnung vorgenommen werde; denn sie darf nicht länger das Hans tyrannisieren.
Das, was hier gesagt wurde, daß es in den Abtheilungen sehr zweckmäßig wäre, die Grundrechte erst zu berathen, um die der deutschen Sprache unkundigen Abgeordneten davon genau in Kenntniß zu setzen, das kann ich wirklich nicht einsehen. Meines Wissens ist die parlamentarische Sprache auch in den Abtheilungen deutsch, wenn nun einzelne Mitglieder ihren Sprachgenossen Übersetzerdienste leisten, so kann ja das hier privatem auch stattfinden, während im ersten Falle den Debatten vorgegriffen würde und die dafür sprechenden Herren müssen zugeben, daß dann der größte Theil von Mitgliedern des Hauses mit schon fertigen Votivs zur Vollberathung kämen.
Für den zweiten Fall haben wir aber auch schon vorgesehen, denn vor der Abstimmung über jeden §. der Grundrechte werden wir hier die Dolmetscher ihr Amt walten lassen.
Es war ferner die Rede, daß die Elemente der Staatswissenschaft sollen hier beigebracht werden. Nun, die Staatswissenschaft erlernt man nicht synthetisch durch die Elemente, vielmehr gehört ein vieljähriges tiefes Studium dazu, um die klare Erkennung der Elemente auf analytischem Wege zu gewinnen, Die werden Sie nicht im Flüge Denen beibringen, welche sich nicht schon früher mit den Grundlehren der Staatswissenschaften vertraut gemacht hatten. Zum Glücke sind aber die Gründrechte der Art, daß ich überzeugt bin, sie werden unseren czechischen, polnischen, ruthenischen, und allen andern, der deutschen Sprache nicht kündigen Volksvertretern vollkommen einleuchten. (Bravo.) Es bedarf keines tiefen Studiums, um zu wissen, was ewiges Menschenrecht ist; es bedarf keines tiefen Studiums, um zu wissen, daß diese Gründrechte nur die Lehrsätze der Konstitution und alle Paragraphe der Constitutionsurkunde nichts Anderes sein werden, als die Corollaarien von jenen, mit gesundem Menschenverstande und natürlichem Rechtsgefühle sehr begreistichen Lehrsätzen. (Beifall.)
Ich habe hier in der Äußerung eines Herrn Redners vor mir die Hindeutung vernehmen müssen, als sei ich pracoccupirt von der anderen Seite des Hauses. Es ist über meine Lippen ich habe 30 Jahre in Prag gelebt nie eine wissentliche Unwahrheit gekommen, ich habe als Kaufmann oft pekuniäre Opfer gebracht, statt mir einen sogenannten kaufmännischen Vortheil durch eine Unwahrheit zu erkaufen.
Ich gebe also mein Wort als Mann von Ehre zum Pfande, daß ich heute vollkommen überrascht wurde durch den Antrag des Herrn Präsidenten vom Constitutionsausschusses, und wenn ich dieß bemerke, so geschieht es nicht etwa, als sei ich so dummeitel um nicht einen Antrag, von welcher Seite des Hauses er auch ursprünglich ausgehen mochte, wie einen eigenen kräftig zu vertreten, sondern nur deßhalb, damit jene Herren, welche etwa kein persönliches Vertrauen aus nationalen Bedenklichkeiten in mich setzen, nicht glauben, daß ich gerade hier eine Partei vertrete, während es doch meine innige heilige Herzensüberzeugung ist. (Beifall.) Es war weiteres davon die Rede, daß wir uns gleichsam erst das Gutachten der Provinzen einholen müßten; ich glaube, wir sind aber hier als Reichstagsabgeordnete: ich werde zu jeder Zeit meine Provinz vertreten, und auf das Eifrigste ihre Interessen verfechten, sobald diese Interessen seine Sonderinteressen sind und nicht dem gemeinsamen Vaterlande zum Nachtheil gereichen; ich werde mich aber durchaus nicht von einer Rücksichtnahme auf vermeintliches Provinzial Sonder Votum über die gemeinsamen Reichstagsangelegenheiten beirren oder jetzt erst belehren lassen. (Beifall.)
Übrigens können wir versichert sein, daß die Provinzen ganz gewiß darin einig sind, der Volkesfreiheit zu wollen, und zwar Volksfreiheit in gesetzlicher Entfaltung, wir können versichert sein, daß die Provinzen die Revolution beendet wissen wollen, welche nur die Bedingungen zur Freiheit schaffen kann, nicht aber die Verwirklichung
Wir können keinen Zweifel hegen, daß die Provinzen die dauernde Wahrung der Volksfreiheit durch den erblichen Thron wollen, und wir können endlich vollkommen versichert sein, daß eine der Einmütigkeit nahe kommende Majorität ein gemeinsames, neu gekräftigtes Vaterland will. Ich hoffe, es werden hier die Völker Österreichs eine wahrhaft pragmatische Sanction schließen, die eine bauende sein und keine Provinzen kosten wird, wie die damalige nur im Interesse der Erbfolge geschlossen gewesene pragmatische Sanction. (Beifall.) Denn wir hatten bereits die untern Donauländer und ständen jetzt ganz anders da, wenn Eugen's Siege nicht unnütz erkämpft worden wären. (Beifall.) Sie ersparten uns weder den Verlust Schlesiens noch den siebenjährigen Krieg. (Beifall, Zischen, Ruf: zur Sache.)
Präs. Ich erlaube mir zu bemerken, das gehört nicht zur Sache; es handelt sich darum, ob die Gründrechte die Abtheilungen zu passiren haben oder nicht.
Borrosch. Ich gehorche, obschon ich nicht glaube, von der Sache abgewichen zu sein, und will nur in die Herzen die Überzeugung senken, wie nötig es sei, die Grundrechte schnell vorzunehmen. (Ruf von der Rechten und dem Zentrum: Zur Sache, zur Sache." Auf der Linken: "Bravo ") Die Völker werden hier eine pragmatische Sanktion im Interesse der Volksfreiheit und nicht minder des erblichen Thrones schließen, aber kein geleimtes und gekittetes Vaterland, sondern ein wahrhaft (Zischen von der Rechten und Ruf: "zur Sache. " Bravo von der Linken) die deutsche Eiche mit der slavischen Linde (heftiges Zischen von der Rechten und dem Centrum. Ruf; "zur Sache, " stürmischer Beifall auf der Linken.)
Präs. (gebraucht die Glocke.) Ich bitte, es handelt sich um eine formelle Frage, die Debatte scheint auf ein anderes Feld hinüber zu spielen, ich rufe: Zur Sache.
Violand. Das gehört zur Sache.
Präs. Das Recht steht mir zu, zu sagen, ob es zur Sache gehört. (Fortwährender Tumult.)
Borrosch. Gehorsam den Präsidenten. (Präs. läutet. Große Unruhe und Aufregung.) Das Erste meine Herren, ist parlamentarische Disziplin. (Tumult.)
Kudlich. Es kommt der Kammer zu, zu entscheiden.
Präs. Da muß ein Antrag gestellt werden, ob mein Wort nicht mehr gilt. (Ruf zur Ordnung von der Rechten, Zischen auf der Linken.) Ich rufe zur Ordnung, weil ich es als eine Störung ansehe. Der Abgeordnete für die Kleinseite von Prag hat das Wort, und Niemand hat das Recht, es ihm zu nehmen und auch ich nicht. (Großer Beifall.)
Borrosch. Daß die Abteilungen unnütz seien, sehe ich nicht ein; wenn keine solche Vorberatungen darin vorkommen, wurden ja ursprünglich, behufs der Prüfung der die Abgeordneten betreffenden Wahlakte, und der immer wiederkehrenden Wahlen der Funktionäre geschaffen, und sind eben deßhalb so zusammengesetzt, um in allen jenen Fällen, wo man nicht will unter die Nationalinteressen Zwietracht streuen, auf diese Weise eine Verständigung herbeizuführen, ich werde den Antrag des Abgeordneten Dylewski zum Teile annehmen, und wenn noch heute die Vollberatung vorgenommen werden wird, so habe ich wegen eines Zeitraumes von nur acht Tagen, zwischen der zweiten und dritten Lesung, wo aber dann weiter auch nicht Ein Tag verabsäumt werden darf, nichts dagegen, um vollkommen jene Herren zu beruhigen, welche allenfalls erst ihre Sprachgenossen belehren wollen.
Dylewski. Meine Herren, wir beraten über eine rein formelle Sache, über eine Sache der Geschäftsordnung, das höchste Bravo wird das verdienen, daß wir nach Möglichkeit fortschreiten. Ich will also rein von der Sache sprechen, und hätte gar nicht gesprochen, wenn nicht einige Einwürfe gegen meinen Antrag mich dazu zwingen.
Erstens haben Sie sich überzeugt, daß ich zur ersten Lesung keinen Termin festgesetzt habe, und daher nicht will, daß heute schon die erste Lesung Stattfinde, aus dem Grunde, weil während dieser Tage die Abteilungen Gelegenheit haben werden, zu beurteilen, wie viel Zeit sie nötig haben, um sich über die Grundsätze zu belehren. Deßwegen habe ich für die zweite Lesung keinen bestimmten Termin verlangt, sondern angetragen, daß der Termin zur zweiten Lesung erst bei der ersten Lesung von der Kammer festgefetzt werde. Nach einigen Tagen Erfahrung wird die Kammer im Stande sein, zu beurteilen, wie viel Zeit zwischen der ersten und zweiten Lesung verstießen soll, damit die Kammer sektionsweise Belehrung über die Grundgesetze schöpfen und erwägen könne. Ich sage noch mal, daß jede Abteilung das Bild der Kammer im Kleinen ist, weil von einem jeden Gouvernement ein verhältnismäßig großer Teil den Abteilungen zugelegt worden ist. Es ist daher die Möglichkeit einer leichteren Belehrung in der Sache nicht so bedeutend, nur zur Verständigung dient sie wohl, was die Schwierigkeit der Sprache betrifft, so ist sie in den Sektionen eben so groß wie hier, leichter jedoch ist dort die Besprechung, das ist wahr, und ich habe auch dafür gesprochen, deßwegen glaube ich, daß hier allerdings die Schnelligkeit in der Beratung, nämlich die baldige Vornahme der Vollberatung erzielt wird, und dann nach reifer Überlegung in den Abteilungen zu bestimmen, ob diese Zeit zu verlängern wäre, welche Zeit nach längerer Beratung in den Abteilungen zwischen der ersten und zweiten Lesung von Seiten der vereinigten Kammer nutzlos verfließen könnte.
P r äs. Ich werde nun die Anträge zur Abstimmung bringen. Es liegen mehrere Anträge vor, welche in 2 Hauptmassen zerfallen, die eine Klasse betrifft die Frage, ob überhaupt die Grundrechte einer vorläufigen Beratung den Abteilungen zu unterziehen feien oder nicht, der zweite Antrag betrifft die Hilfsmittel, welche den Abteilungen zu Gebote stehen; ob überhaupt eine Einsicht des Protokolls einzutreten habe oder nicht. Was die erste Art der Anträge anbelangt, so stützen sich die Anträge des Abg. Feifalik, Pribil und Fedorovicz auf Grundlage der Geschäftsordnung und enthalten nur einige nähere Bestimmungen, die in der Geschäftsordnung selbst nicht enthalten sind. Diesen Anträgen gerade zu entgegengesetzt sind: Der Antrag des Abg. Borrosch und ein Nebenantrag oder Abänderungsantrag zum Antrage des Abg. Borrosch vom Herrn Abg. Feifalik, der die Form vorschreibt, wie der Antrag des Abg. Borrosch zu behandeln sei. Zwischen denen zuerst genannten Anträgen und jenen des Abg. Borrosch und Feifalik liegt der Vermittlungsantrag des Abg. Dylewski, weil er beide Zwecke auf einmal erreicht wissen will. Ich werde daher den Antrag des Abg. Borrosch, beziehungsweise