Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.
Dreiundvierzigste Sitzung des constituirenden Reichstages am 16. September 1848.
Tagesordnung:
1. Ablesen des Sitzungsprotokolle vom 14. September.
2. Berichte des Petitions- Ausschusses.
3. Wahl des zweiten Vicepräsidenten.
Hofloge leer:
Vorsitzender: Präsident Strobach. Auf der Ministerbank: Doblhoff, Latour, Bach, Kraüß, Schwarzer, Hornbostl.
Anfang um halb 11 Uhr.
Präs. Die zur Eröffnung der Sitzung erforderliche Anzahl der Deputierten ist anwesend; ich erkläre die Sitzung für eröffnet, und ersuche den Herrn Schriftführer das Protokoll über die letzte Sitzung abzulesen.
Secr. Ullepitsch liest das Sitzungsprotokoll vom 13. September, welches unbeanständet genehmigt wird.
Secr. Wieser liest das Sitzungsprotokoll vom 14. September.
Präs. Wünscht Jemand das Wort?
Borrosch. Es ist in das Protokoll mein Amendement "auf 30 Jahre" lautend, aufgenommen. Ich bitte ihn zu löschen oder beizufügen, daß ich ihn als Ironie zurückgenommen habe, sonst könnte man 30 Jahre lang an meinem Menschenverstande zweifeln. Löhner. Ich erlaube mir eine Berichtigung zu dem Protokolle vorzubringen; ich glaube, es wird allen im Gedächtnisse sein, daß sobald die Wahl des Herrn Präsidenten vorüber war, der Herr Präsident einige Worte gesprochen hat, und in diesem ausdrücklich erklärte, daß er durch das Resultat der eben erfolgten Wahl meinen auf den Tisch des Hauses gelegten Antrag als behoben betrachte. Ich bitte, daß diese Erklärung des Herrn Präsidenten ins Protokoll komme, indem ich meinerseits zweite, daß dieser Antrag als behoben betrachtet wird, anderseits aber bitten muß, daß dieser Ausdruck in's Protokoll als Präcedenz aufgenommen werde; daß durch diese Wahl, also durch eine persönliche Abstimmung, eine fachliche Frage als erledigt zu betrachten sei.
Präs. Ich erachte, daß dieses nicht in's Protokoll aufzunehmen ist, weil überhaupt die Äußerungen der einzelnen Mitglieder nicht in's Protokoll gehören, sondern nur die Anträge die zur Verhandlung gekommen sind, dann Abstimmungen u. s. w. Über diesen Antrag ist abgestimmt worden, und zwar in der Art, daß man zur Tagesordnung übergehe. Was nun die Präcedenz anbelangt, so glaube ich, daß der Herr Abg. von Saaz insofern zureichend gesichert ist, als es in den stenographischen Protokollen vor kömmt, und diese Protokolle dieselbe Glaubwürdig keit haben, als die Protokolle, welche von den Herren Schriftführern geführt werden, wohin es auf keinen Fall nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung gehört.
Borrosch. Ich muß dann noch um eines Druckfehlers Berichtigung ersuchen, in dem eben vorliegenden Protokolle heißt es:...
Präs. Ich würde bitten, bis wir mit dem Protokolle fertig sind, diese Bemerkung zu machen.
Wünscht noch Jemand das Wort zu ergreifen. (Es meldet sich Niemand. Ich bitte daher die berichtigte Stelle nochmals zu lesen.
Secr. Wieser (liest die berichtigte Stelle.)
Trzecieski. Ich habe meinen Antrag nicht zurückgenommen, sondern er wurde nicht unterstützt.
(Wird berichtigt.)
Präs. Wünscht noch Jemand das Wort zu ergreifen? (Es meldet sich Niemand.) Diejenigen Herren, welche sich für Annahme des Protokolls aussprechen, wollen es durch Aufstehen kund geben. (Angenommen.) Ich bitte der Herr Abg. von Prag wünscht eine Berichtigung des gedrückten Protokolls eintreten zu lassen.
Borrosch. Es heißt hier: daß ich gefragt habe, ob es nicht heißen soll:,, Wir Ferdinand haben die Beschlüsse des Reichstages zu sanctioniren. " Nun ist nicht nur die betreffende Stelle in das stenographische Protokoll aufgenommen worden, wie ich sie sagte, sondern auch schriftlich überreicht dem Ministerium, sie lautet: ob es nicht heißen soll: "Wir sanctioniren den Uns von unserm verantwortlichen Ministerium vorgelegten Beschluß des Reichstages" Das hier ist ganz sinnwidrig.
P r ä s. Es dürfte wahrscheinlich darauf ankommen, wie es im Original Protokolle heißt, wäre das hier im Original Protokoll, dann dürfte es wohl nicht mehr als Druckfehler anzusehen sein, sondern ist durch den Beschluß der Kammer in Rechtskraft erwachsen.
Borrosch. Ich war gestern, als diese Stelle vorgelesen wurde, gerade nicht anwesend; es ist diese Stelle nicht bloß sinnwidrig, sie ist sinnlos. Das kann doch, glaube ich, nicht zur Rechtskrass erwachsen, und indem ich dieß bloß als eine Druckfehler Berichtigung antrage, denke ich dadurch nur Andern einen Dienst zu erweisen.
Secr. Cavalcabó. Nachdem ich das Protokoll geführt habe, erlaube ich mir zu bemerken, daß ich das nicht einsehe, worin die Sinnlosigkeit bestehen soll, wenn man sagt: Wir Ferdinand haben die Beschlüsse des constituirenden Reichstages zu sanctioniren. Ich bitte den Herrn Vorredner vor mir, mir da eine Sinnlosigkeit heraus zu entziffern.
Borrosch. Ich bitte: indem Sie ein Gesetz mit den Worten anfangen:,, Wir Ferdinand haben die Beschlüsse des constituirenden Reichstages zu sanctioniren " so steht es hier.
Cavalcabó. Das Protokoll ist verlesen, von der gesamten Kammer angenommen worden, glaubt der Herr Vorredner dagegen einen Anstand zu erheben, so bitte ich eine besondere Einlage gegen das Protokoll zu machen, und einen Beschluß der Kammer einzuholen.
Präs. Ich glaube dieß kann durch die gemachten Erklärungen als behoben angesehen werden.
Ich habe hier mehrere Einladungen und zwar die Einladung der vierten Abtheilung zur Sitzung vor dem nächsten Sitzungstage. Es liegen einige Wahlacte zur Prüfung für die vierte Abtheilung vor. Der nächste Sitzungstag wird am Schlusse der heutigen Sitzung bestimmt werden.
Ferner habe ich ein Ansuchen überkommen vom Vorstande der fünften Abtheilung. Die Herren der fünften Abtheilung wären dringend zu ersuchen, sie mögen vollzählig an den auf der Tafel des Vorsaales bezeichneten Stunden erscheinen, weil sonst nie Geschäfte vorgenommen werden könnten. Ferner werden die Mitglieder des Finanzausschusses eingeladen, heute Abends um 6 Uhr sich zu versammeln.
Ich ersuche die Wahl für die Entschädigungscommission mitzutheilen.
Schriftf. Streit. Zum Vorsitzer würde Johann Pretis: zum Vorstands Stellvertreter, Franz Brauner und zum Schriftführer Joseph Motika und Hans Kudlich erwählt.
Präs. Ich ersuche ferner die Wahl des Obmannes der Commission zur Untersuchung der Angelegenheit des Abg. Stadion mitzuteilen.
Schriftf. Streit. Der Abg. Pretis.
P r ä s. Das Ministerium hat die Acten auf den Tisch des Hauses niedergelegt, die die doppelte Militär Recrutirung im heurigen Jahre betreffen. Es geschah auf Anregung des Abg. Löhner. Diejenigen Herren, welche die Acten einsehen wollen, belieben sich an den Schriftführer Streit zu wenden.
Dann liegen einige Urlaubsgesuche vor. Bevor der Herr Secretär zum Vortrage schreitet, erlaube ich mir zu bemerken, daß ich einen dreitägigen Urlaub dem Abg. Franz Staffa aus den von ihm angeführten triftigen Gründen ertheilt habe, und künde es der hohen Versammlung an.
Secr. Ullepitsch. Vorerst mache ich der hohen Kammer die Mittheilung, daß von 375 angemeldeten Abgeordneten heute 28 auf Urlaub abwesend sind, dann liegen neuerlich folgende 3 Urlaubsgesuche vor.
Erstens. Das des Abg. Carl Hawliczek um einen 14 tätigen Urlaub vom 18. bis 30. d. M.; Zweitens. Daß des Abg. Joseph Mynarczyk um einen 14tägigen Urlaub vom 17. September angefangen, und Drittens. Daß des Abg. Anton Beinhauer um einen 13tägigen Urlaub vom 18. d. M. angegangen. (Sämmtliche Urlaubsgesuche werden von der hohen Versammlung bewilligt.)
Präs. Der Herr Secretär Ullepitsch wird noch eine Mittheilung über den Stand der Wahlacten machen.
Secr. Ullepitsch. Um die vollständige Ordnung der bereits geprüften Wahlacten endlich zu Stande zu bringen, wird der hohen Reichsversammlung die Mittheilung gemacht, daß nach Inhalt der Sitzungs- Protokolle, und laut der Berichte der Abtheilungen, bis zum heutigen Tage 362 Wahlacten der Prüfung unterzogen und von der hohen Kammer als anstandslos genehmiget wurden. Von diesen, in den Abtheilungen geprüften und anstandslos befundenen Wahlacten sind jedoch nur 341 Wahlacten an das Vorstandsbureau rückgelangt, daher noch 21 der bereits geprüften Wahlacten aushaften, und sich wahrscheinlich in den Localitäten der einzelnen Abtheilungen befinden dürften. Diese noch abgängigen Wahlacten sind die der folgenden Herren Abgeordneten, als: Ignaz Depil, Anton Grabovaz, Anton Hübner, Johann Haßlwanter, Alois Jelen, Johann Kieman, Anton Kral, Julian Leszczynski, Gregor Lewiczki, Johann Macieszkiewicz, Georg Meier, Gregor Nyczyporuk, Wenzl Nebesky, Paul Plenkovich, Friedrich Paitoni, Carl Schneider, Franz Stadion, Johann Stasiowski, Wenzel Schopf, Franz Trecieski und Zdrislaw Zamojski.
Es ergeht daher an alle bezüglichen Abtheilungen das Ersuchen, diese aufgeführten Wahlacten gefälligst an das Vorstandsbureau rückgelangen zu lassen, damit selbe in die Registratur der Wahlacten hinterlegt werden können.
Wird nur die Zahl der bereits geprüften 362 Wahlacten von der Zahl der 375 angemeldeten Abgeordneten in Abzug gebracht, so ergibt es sich, daß noch 13 Wahlacten der betreffenden Abtheilungen zu prüfen kommen, in welcher Beziehung die Mittheilung gemacht wird, daß neuerlich mehrere Wahlacten an das Vorstandsbureau eingelangt sind, welche von den bezüglichen Abtheilungen, nämlich von der I. und 6. Abtheilung behufs ihrer Erledigung gefälligst in Empfang genommen werden wollen.
Zur vollständigen Completirung, der durch die Wahlordnung berufenen 383 Abgeordneten fehlen daher noch 8 Abgeordnete, und zwar: für Böhmen an die Stelle des ausgetretenen Abg. Horacezek 1, für Galizien 3, für Ilirien 2, für Tirol 1 und für Dalmatien 1, behufs deren endlicher Einberufung das Vorstandsbureau sich an das Ministerium des Innern zu verwenden beabsichtiget. Bezüglich eines oder zwei für Illyrien noch abgegangenen Abgeordneten, nämlich jenes für den Wahlbezirk Weichselberg tritt aber folgender Sachverhalt ein; es wurde nämlich daselbst am 24. vorigen Monats Anton Lanzenstein zum Abg. gewählt und von demselben diese Wahl, jedoch mit der ausdrücklichen Bedingung angenommen, daß der Wahlact vorerst von der hohen Reichsversammlung für gültig anerkannt werde, daher es sich um die Vornahme der Prüfung dieses Wahlactes handelte. Was nun diese Prüfung betrifft, so kann selbe an die nur zur Prüfung beanstandeten Wahlen bestehende Commission füglich nicht gewiesen werden, weil die Wahl weder beanständigt erscheint, noch auch ein dießfälliger Protest vorliegt, sondern die Prüfung dürfte vielmehr derjenigen Abtheilung obliegen, welche im Falle, als dermalen der, als Abgeordneter gewählte Anton Laufenstein sich angemeldet hätte, mit Rücksicht auf den §. 2 und 3 der Geschäftsordnung zu dieser Prüfung berufen wäre.
Da nun Anton Laüfenstein nach Maßgabe des §. 2 der Geschäftsordnung, mit Rücksicht auf den gegenwärtigen Zeitpunct der 4. Abtheilung zur Ergänzung zuzuweisen, und somit seinen Wahlact der 5. Abtheilung zur Prüfung zuzutheilen wäre, so wird der Antrag gestellt:,, Die hohe Reichsversammlung wolle beschließen, daß der Wahlact, des Abgeordneten Anton Laufenstein für den Wahlbezirk Weichselberg in Illyrien, der 5. Abtheilung zur Prüfung zugewiesen, und im Falle der anstandslosen Genehmigung des Wahlactes sonach die Einberufung dieses Deputirten veranlaßt werde.
Präs Diejenigen Herren, welche dafür sind, daß dieser Wahlact der 5. Abtheilung zugewiesen werde, wollen aufstehen. (Die Majorität ist dafür) Nunmehr wäre das Verzeichniß der eingelaufenen Eingaben vorzulesen.
(Secr. Streit verliest das Verzeichniß der Eingaben vom 13. September.)
Präs Es wurde mir eine Partie Einladungskarten zur Fahnenweihe des 1., 2. und 3. Bataillons, welches auf dem Josephstädterglacis stattfindet, übermittelt. Diejenigen Herren, welche Billeten zu erhalten wünschen, wollen sich dießfalls an die Herren Ordner wenden. Bevor wir zum 2. Gegenstand der Tagesordnung übergehen, erlaube ich mir die Mittheilung zu machen, daß aus Anlaß der Interpellationen mehrere Herren das Ansuchen gestellt haben, daß es bei der bisherigen Anordnung wegen vorläufiger Anmeldung zur Interpellation sein Bewenden habe. Ich habe mich dagegen erklärt, weil ich dieß in der Geschäftsordnung nicht gegründet finde. Diejenigen Herren, welche sich für die bisherige Manipulation aussprechen wollen, mögen aufstehen. (Die Mehrheit erhebt sich.)
Ich bitte daher die Interpellationen vor der Sitzung anmelden zu wollen.
Der zweite Gegenstand der heutigen Tagesordnung ist die Berichterstattung des Petitionsausschusses.
Sierakowski. Ich habe eine Interpellation an den Vorstand des Finanzausschusses.
Seit einigen Wochen ist dieser Finanzausschuss constituirt, und es ist uns von seinen Arbeiten bisdato nichts bekannt worden. Um einer ähnlichen Überrumplung wie die, welche vor mehreren Wochen aus Anlaß der Votierung der 20 Millionen geschehen ist, vorzubeugen, stelle ich an den Herrn Vorstand des Finanzausschusses folgende Fragen:
1. In wie weit sind die Vorarbeiten des Finanzausschusses fortgeschritten?
2. Hat der Finanzausschuss von dem Minister der Finanzen einen Staatsvoranschlag der Ausgaben für das laufende Jahr 1849 gefordert, und ob der Finanzminister, wenn diese Forderung erfolgt war, auch denselben dem Finanzausschusse mitgetheilt hat, und wenn dieß nicht geschehen ist, ob vielleicht der Finanzausschuss nicht gesonnen ist, nochmals aus die Vorlegung des Voranschlages zu dringen, und 3. Ob er gesonnen ist, bei der hohen Reichs Versammlung auf die Bewilligung desselben anzutragen, wie dieß bei den 2 Millionen geschehen ist, endlich:
4. Was hat der Finanzausschuss in Betreff der Scontrirung der Nationalbank getroffen, da ich nur auf eine mir von Seite einiger Mitglieder des Fi Nanzausschusses mündlich gegebene Versicherung, daß dieser sich mit der Scontrirung des Finanzausschusses am geschwindesten beschäftigen werde, meinen, in dieser Beziehung an den hohen Reichstag gestellten An trag zurückgenommen habe.
Hagenauer. Es wird dem Herrn Interpellanten bekannt sein, daß die Errichtung dieses Ausschusses für die Finanzen, vom hohen Reichstage beschlossen wurde, damit er die vorläufigen Erhebungen sich verschaffe, und sich selbst sowohl, als dem hohen Reichstage ein getreues Bild der gegenwärtigen Finanzlage vorbringen könne. Dieser Finanz Ausschuss hatte daher keine so bestimmten Arbeiten vor sich, wie der Herr Interpellant in einigen Puncten angedeutet hatte. Dieser Ausschuß hat, um seine Aufgabe zu erfüllen, vom Ministerium die Vorlage von sehr vielen Dokumenten verlangt, die sowohl auf das gegenwärtige Jahr, als auf eine längere Epoche der Vergangenheit Bezug haben. Die Sammlung dieser Documente scheint wenigstens einige Zeit zu erfordern, und das Ministerium hat uns, so zu sagen, nichts vorgelegt. Darüber hat das Finanzcomite gestern seine Klage an das Ministerium aus gesprochen; gegenwärtig hat das Finanzministerium außer den bereits hier vorgetragenen Gegenständen, nur wenige Acten vorgelegt, und der Finanzausschuss ist gestern und heute mit der Erledigung derselben beschäftigt, Der erste Gegenstand beschrankt sich auf Abschreibung der vorgelegten Stücke, der zweite ist bin Antrag des Abg. Borrosch, auf Bewilligung einer Summe zur Unterstützung des Gewerbsstandes in den Provinzen. Der 3. bezieht sich auf die Aufhebung des Münzensfuhrverbotes.
Was die ersten beiden betrifft, ist der Finanzausschuss noch nicht in der Lage, Bericht darüber zu erstatten, es wird jedoch in der vorgeschriebenen Zeit geschehen. Was die Aufhebung des Mundausfuhrverbotes betrifft, so hat sich das Finanzcomite, in Einverständniß mit der Bank gefetzt und hat die Bankdirektion aufgefordert, die nöthigen Erlauterungen darüber zu geben. Dieser Gegenstand ist in Verhandlung, und wird wahrscheinlich in kurzer Zeit dem Reichstage vorgelegt werden. Ich glaube, das Finanzcomite wird alle jene Arbeiten im gewöhnlichen Wege durch das Präsidium an den Reichs tag gelangen lassen, und erachte mich daher nicht für befugt, weiter in den Inhalt dieser Gegenstande hier einzugehen.
Abg Löhner. Ich erlaube mir zur Ergänzung des früher Gesagten, dem Herrn Interpellanten die Erlandteerung zu geben, daß bis jetzt von dem Voranschlage der Ausgaben fürs nächste Jahr, noch nicht ein Blatt in den Handeln des Finanzausschusses gewesen ist, und daß auch der Finanzausschuss gestern beschlossen hat, den Herrn Finanzminister vorzuladen, daß entweder er selbst, oder ein Stellvertreter den Finanzausschuss Sitzungen beiwohnen möge, um die nöthigen Aufschlüsse zu geben, indem der Finanzausschuss gestern in einer Berathung sich überzeugt erklärt hat, daß er nicht im Stande ist, die Frage über die Bewilligung der Steuern voraus für das ganze Jahr zu lösen, bevor er nicht den Finanzvoranschlag für das nächste Jahr in Händen hat.
Abg. Sierakowski. Ich mochte wünschen, wenn der Herr Finanzminister diesen Voranschlag vorlegt, daß das Finanzcomite der hohen Reichsversammlung den Bericht darüber erstatte.
Abg Hagenauer. Ich erlaube mir, zu bemerken, daß der Finanzminister den Voranschlag gewiß nicht dem Comités, sondern dem hohen Reichstage überreichen wird, und daß er auf diesem Wege an das Finanz Comités gelangen wird.
Minist. Krauß Ich kann nur erklären, daß ich hoffe, in Kurzem im Stande zu sein, diese so umfassende Arbeit vorzulegen.
Präs. Ich erlaube mir nun zum zweiten Gegenstande der heutigen Tagesordnung überzugehen.
Potocki. Ich habe noch eine Interpellation zu stellen, aber der Herr Minister der auswärtigen Angelegenheiten ist nicht da.
Präs. Ich glaube, die Interpellationen wären dann vorzunehmen, sobald die betreffenden Herren Minister erschienen sind, damit nicht fortwahrend Unterbrechungen eintreten.
Borrosch Ich habe gerade eine Interpellation an einen anwesenden Herrn Minister.
Da wir viel Geld bewilligen müssen für unvorhergesehene Ausgaben, so halte ich es um so mehr für eine Pflicht, wieder auf Ersparnisse oder Hereinbringung von unrechtmassig verausgabten Summen bedacht zu sein. Es ist mir hier von ein paar Männern, welche mit den besten Zeugnissen ausgestattet sind, und die ich darauf aufmerksam machte, daß sie im Nichterweisungsfalle sich allen schweren Folgen einer Verleumdung aussetzen wurden, eine Petition zugekommen, deren Schicksal im Kurzen folgendes ist:
Sie wurde bereits vor 22 Monaten eingebracht, in 11- maliger Eingabe, sie wurde das letzte Mal an den damaligen Sicherheitsausschuß überreicht, und ging durch seinen gewesenen Präsidenten in das Ministerialbureau über, auch darauf erfolgte nichts. Die Patenten wandten sich endlich an den Herrn Arbeite Minister, mit der Bitte, zur Untersuchung der Ollmutzprager Eisenbahn eine unparteiische Commission aus Sachverstandeigen mit Beziehung der Bittsteller anordnen, und diesen die üblichen Diäten bewilligen zu wollen, da sie als Familienväter, die damals den Dienst freiwillig verlassen hatten, um, wie sie versichern, der patriotischen Pflicht einer Klagesuhrung gegen Unterschleife Genüge zu leisten, nicht aus eigenen Mitteln diese Kosten zu bestreiten vermochten Wie sie behaupten, sicherte ihnen der Herr Arbeitsminister die Gewahrung dieses Gesuches zu. Nach 10 Tagen jedoch, machte er ihnen bemerklicht, daß er diesem Ansuchen keine Folge geben könne, indem ohnehin "bei den Herrn Beamten nichts herauskommen würde, der Staat aber nicht das Geld für solche Extradiäten hergeben dürfe.
Der Gegenstand selbst bezieht sich darauf, daß die Patenten einige 100 000 fl C. M. als unrechtmäßig verausgabt und wieder hereinbringbar nachzuweisen sich verpflichten Es sollen nämlich die Baue der Ollmützprager Eisenbahnstrecke nur in der halben Tiefe bezüglich des Grundbaues ausgeführt worden sein, es sollen die Böschungswinkel der Damme weit geringer sein, dort wo Rost und Pfahlwerk nothig waren, entweder dieselben ganz unterblieben, oder weiches Holz statt Eichenholzes beliebt worden sein. Ich mache mir nicht an, hierüber ein Urtheil zu fallen. Ich frage aber den Herrn Minister:
Erstens. Ob die Bitte in dieser Art an ihn ergangen sei, und Zweitens. Ob er geneigt wäre, auch jetzt noch einer, wie mir scheint genügend motivierten Bitte sofort Folge zu geben, denn die Arbeitsobjekte können, da der Eisenbahnbetrieb fortdauern muß, glücklicher Weise in diesem Falle keiner Verbesserung unterliegen.
Arbeitsminister Schwarzer. Der Gegenstand ist, wie der Interpellant bemerkt hat, seit sehr langer Zeit vom Arbeitsministerium und von den früheren zuständigen Behörden in Bedacht genommen worden; es ist, so wie der Interpellant bemerkt hat, sogleich eine Commission niedergesetzt worden, welche diesen Gegenstand nochmals, und zwar zum vierten Mal untersuchte. Es ist gestattet worden, daß sie selbst von Ingenieuren und von Privat Vereinen diejenigen Mitglieder zur Commission auswählen können, die sie als unparteiisch erachten. Das ist geschehen, und die Individuen sind bereits bezeichnet worden. Was die Anklage selbst betrifft, so kann ich, ehe die letzte Commission darüber entschieden hat, nicht sagen, ob die Kläger im Rechte oder Unrechte feien. Aber es liegen viele Beweise vor, welche voraussetzen lassen, daß das Ganze sich aus ein bloßes Denunziantenwesen reducirt, und daß wahrscheinlich diejenigen, welche jetzt klagen, selbst zum Theile Schuld sind an den Unregelmäßigkeiten, welche beim Baue vorgekommen sind. So wenn sie behaupten, daß nur die halbe Tiefe des Dammes hineingeht, so bezieht sich das auf ganz wenige Puncte. Es ist erwiesen, daß die Brücke nicht das gehörige Fundament hat. Es ist auch untersucht worden, und man ist dahinter gekommen, daß der verstorbene Ingenieur Berner der Brücke ein viel zu schönes Aussehen gegeben hat, so daß er sich genöthigt sah, mit dem Architekten Negrelli einen Contract einzugehen, daß er bei dem Besserbaue der Brücke nicht zu den Kosten verhalten werde; dagegen haben sie an gewissen Orten den Bau nicht so tief geführt als er geführt werden sollte. Nun ist aber merkwürdiger Weise der Architekt todt und es ist auch der Oberingenieur todt. Also beide Personen, welche gefaßt werden könnten, leben nicht mehr. Die Sache ist bereits unter dein frühern Ministerium abgeschlossen worden Die Sache ist aber so, daß, wenn irgend einer noch leben möchte, man auf das Strengste zu Werke gehen müßte. Was die Roste betrifft, so sind diese an den Orten, wo sie angegeben waren, nicht gefunden worden; es ist aber erklärt worden, daß die Roste da waren; es ergibt sich, daß niemand Anderer die Schuld trägt, als die Kläger selbst.
Es ist also die Sache sehr verwickelt, und bedarf einer Commission von Unparteiischen, die auch niedergesetzt worden ist. Was die Diäten anbelangt, so scheint es mir nicht gerecht zu sein, daß ein jeder Denunziant verlangen kann, der Staat solle ihn vorhinein bezahlen, und es dann dem Schicksale überlassen, ob sich die Sachlage gerechtfertigt herausstellen werde oder nicht.
Ich habe den Denunzianten gesagt, sie mögen der Commission beiwohnen, und wenn dann ihre Klage gerecht erscheint, so wird man ihnen eine billige Entschädigung geben, welche sie verdienen. Daß man aber die Diäten schon im Vorhinein bestimme, scheint mir nicht ganz gerecht zu sein.
Borrosch. Ich erlaube mir die Bemerkung, daß ich mit dieser Antwort theilweise sehr zufrieden bin, nämlich bezüglich der gemachten Eingeständnisse hinsichtlich der schlechten Baushurung, andererseits aber mich für höchst unbefriedigt erklären muß. Ich finde gar nichts merkwürdiges daran, daß ein paar betheiligte Personen inzwischen gestorben sind; der Regräß findet ja nicht bloß gegen diese Statt, sondern gegen alle Schuldtragenden überhaupt.
Ich erlaube mir noch zu bemerken, daß die beiden Patenten, welche jetzt schon im Vorhinein als Denunzianten verurtheilt werden, bei mehreren Deputirten umsonst mit dieser Petition waren, damit sie endlich erledigt werden möge; ich wollte sie aber nicht in den Petitionsschlund werfen, wo bereits 900 Stück der Verdauung entgegen harren.
Ich habe gefragt, ob der Herr Arbeitsminister gesonnen sei, jene Form der Untersuchung, welche für mich allein, und ich glaube für jedes andere Mitglied der Kammer genügend sein kann, um den wahren Sachbestand herauszustellen, nunmehr vornehmen zu lassen, denn mit einer Untersuchung durch dieselben Beamten, welche vielleicht als Angeklagte betheiligt sind, wäre hier keineswegs gedient.
Minister Schwarzer. Ich habe erklärt, daß zwei Individuen zur Untersuchung bestimmt sind, in dieser Weise wird vorgegangen werden; die betreffenden Papiere werden auf den Tisch des Hauses niedergelegt werden, es ist ein sehr voluminöser Artenstoß. Die Sache hat schon sehr viel zu thun gemacht, und es ist nicht abzusehen, daß die Kläger auf irgend eine Weise zu ihrem Rechte kommen können, da ihre Anklage zu unklar ist, und aller Beweise entbehrt. Ich kann daher nichts sagen, als daß ich die Leute nicht anders betrachten kann, wie als Denunzianten. So ist mir die Sache vorgestellt worden nach viermaliger Commission.
Borrosch. Ich frage nochmals, ob die Bittsteller, die ich nicht als Denunzianten in Vorhinein condemnirt wissen will, beigezogen werden oder nicht? Da sie an der Bauführung betheiligt waren, sind sie auch im Stande, die Objekte zu bezeichnen, und konnten in der Anklage stecken bleiben, wenn andere, ihnen feindlich gesinnte Personen die Untersuchung leiten; darum halte ich es für eine zweifache Pflicht, ihnen die Möglichkeit einzuräumen, die Richtigkeit der Klage zu erweisen. Es ist bereits 22 Monate lang, daß sie petitioniren, und ich habe sie ernstlich aufmerksam gemacht, was sie im Nichterweisungsfalle wagen, daher ich nicht glauben kann, daß sie leichtsinnige oder böswillige Denunzianten sind. Minister Schwarzer. Es wird geschehen, was ich Borrosch. Es handelt sich um 300. 000 Gulden Conv. Münze.
Minister Schwarzer. So ist die Aussage; es wird sich aber als unwahr herausstellen nach der Untersuchung, das kann ich im Voraus versichern.
Borrosch. Ich frage, ob der Herr Arbeitsminister unter Einem den Justizminister machen will?
Minister Schwarzer. Ich habe schon bemerkt, daß vier Commissionen draußen waren, und daß die Leute selbst zugegen waren, daß also die Sache abgethan ist. Das ist mir bekannt. Da sich aber der Herr Interpellant zur Unterstützung einer solchen Sache hergegeben hat, so werde ich dem Herrn Interpellanten die Acten einsehen lassen, und er wird sich überzeuge, daß er sich geirrt hat.
Präs. Ich bitte damit eine Interpellation nicht in eine Verhandlung ausarte.
Borrosch. Herr Präsident, was soll mit der Petition geschehen.
Präs. Die Geschäftsordnung schreibt die Bestimmung darüber vor.
(Borrosch überreicht die Petition dem Vorstande.)
Lasser. Ich muß bemerken, daß die Angelegenheit, die wir jetzt zum Gegenstande unserer Debatte haben, wahrscheinlich derselbe Gegenstand ist, der heute in Folge einer im Petitionsausschüsse vorliegenden Petition zur Sprache kommen wird. Ich bemerke dieses, damit die Versammlung vorläufig weiß, was sie (Man lacht).
Doliak. Ich erlaube mir zu bemerken, daß man bereits dem Petitionsausschuß den Vorwurf gemacht hat, daß er mit seinen Arbeiten nicht weiter kommt. Wir haben 1200 Eingaben und darüber, und wir kommen nicht zum Vortrage. Ich bitte, da es bereits 12 Uhr ist, daß die Herren ihre Interpellationen aus nächstens verschieben, sonst kommen wir nicht zum Vortrag der Petitionen.
L ö h n e r. Ich trage darauf an, daß die hohe Versammlung einen Turnus einführe, wie er auch in ändern Versammlungen mit Erfolg besteht; nämlich, daß man Rücksicht nehme auf den Leib des Menschen, wenn sein Geist arbeiten soll. Ich trage darauf an, daß wir bis 3 Uhr beisammen bleiben, bis 4 Uhr die Sitzung vertagen, und dann dieselbe fortan. Für jetzt muß ich die hohe Kammer erinnern, daß wenn es 3 oder 4 Uhr wird, die Mitglieder ungeduldig werden und viele sich entfernen, wenn wir aber eine Stunde die Sitzung vertagen, so können wir uns dann wieder versammeln. Ich stelle also für heute den Antrag, daß wir um 3 Uhr die Sitzung vertagen, und uns um 4 Uhr wieder einfinden; dann kommen wir auch mit den Interpellationen in Ordnung.
P r ä s. Ich erlaube mir an den Herrn Abg. das Ersuchen zu stellen, diesen Antrag um 3 Uhr erneuern zu wollen.
Der Abg. Fleischer hat eine Interpellation angemeldet.
Fleischer. Ich ziehe sie für heute zurück, behalte sie mir aber für ein andermal vor.. Ein Abgeordneter. Ich habe ebenfalls eine Interpellation an den Minister des Innern.
Präs. Wenn er nicht da ist, dürfte es wohl schwer gehen.
Hawliczek. Es ist schon 12 Uhr und die Geschäftsordnung schreibt vor, daß Interpellationen über die Zeit nicht mehr statt haben können.
Präs. Ich ersuche den Abg. Doliak, als Berichterstatter des Petitionsausschusses (wird unterbrochen vom Abgeordneten.)
Löhner. Ich habe an den Obmann des Petitionsausschüsses einige Fragen in Bezug auf den Geschäftsvorgang, und auch in Bezug auf die künftige Organisation zu stellen.
Erstens. Frage ich, in welcher Ordnung und nach welchen definitiven Principien, die an den Petitionsausschuss zugewiesenen Petitionen erledigt werden?
Zweitens. Ob über jede Sitzung ein Protokoll geführt und darin das Resultat der Abstimmung und die Anwesenden bemerkt sind?
Drittens. Wie viel von den, vor dem 26. August eingereichten Petitionen bis heute noch nicht vorgetragen wurden?
Viertens. Wie es kömmt, daß Petitionen von der unbestreitbarsten Wichtigkeit, die schon Monate lang bei dem Petitionsausschuß liegen, noch nicht zum Vortrage gekommen sind? während andere Petitionen, die viel später eingereicht wurden, bereits vorgetragen worden sind. Es sind Petitionen von mehreren Wahlkörperschaften, welche vorgestellt haben, daß diejenigen, welche Ministerialstellen angenommen haben, sich einer neuen Wahl unterziehen müssen, weil sie das übliche Princip vollkommen anerkennen, daß jeder, der Ministerialstellen nach seiner Wahl angenommen hat, sich einer neuen Wahl zu unterziehen habe; die Petitionen liegen schon lange vor, ich frage daher, warum sie nicht vorgetragen worden sind, während Dinge die später einliefen, bereits vorgebracht wurden.
Endlich stelle ich die Frage, ob der Petitionsausschuss etwa so gefällig sein wollte, jedes Mal den Tag, bevor Bericht erstattet wird, die Benennungen derjenigen Petitionen anzuschlagen, an die Thür, worüber referiert werden soll, damit die Deputirten, welche einzelne Petitionen eingereicht haben, ihre Pflicht gegen die Committenten, sich der Sache anzunehmen, in Kenntniß gefetzt werden, und sich vorbereiten können für den Gegenstand.