Präs. Wird der Antrag des Abg. Mahalski unterstützt. (Er wird unterstützt.) Wünscht Jemand das Wort.
Borrosch. Ich habe ihn früher von der Verwilligung für Wien abgeschieden, daß er aber jetzt auf diese Weise dem zweifelhaften Ergebnisse einer Finanzkommission anheimgestellt werden soll, dagegen muß ich protestiren; ich habe sogar die namentliche Abstimmung verlangt und bestehe bloß auf einem parlamentarischen Rechte.
Fedorovicz. Es wurde davon gesprochen, daß wir eine Summe von 2 Millionen votieren sollen, bekanntlich soll von der Finanzkommission über alle Maßregeln Berathung gepflogen werden, heute aber haben wir nicht 2, sondern 4 Millionen zu votieren, und ich glaube, daß wir ohne die Finanzkommission zu befragen, diese neuen 2 Millionen nicht votieren dürfen. Ich bin daher der Meinung, daß der Antrag früher an die Finanzkommission verwiesen werde.
Szabel. Ich glaube, daß durchaus nicht abgewehrt werden kann, daß der Antrag an die Finanzkommission geleitet werde, indem ja die Sache keine solche Dringlichkeit hat. Es ist dieß allerdings ein neuer Antrag, der mit dem Commissionsantrag nicht zusammenhängend ist. Ich glaube daher allerdings, daß dieser Antrag an die Commission geleitet werde.
Nadler. Ich bin auch dafür, daß der Antrag an die Finanz Commission verwiesen werde, daß alsogleich zur Abstimmung geschritten würde.
In dem Falle aber, als beliebt würde. möchte ich den Zusatzantrag machen, daß dort, wo es heißt "Provinzialstädte und Centralpuncte" noch gesetzt würde "Landschaften oder Gegenden. "
Hawliczek. Ich trage auf den Schluß der Debatte an.
Mayer. Ich bitte ums Wort.
Präs. Die Herren Secretäre wollen die Redner vormerken.
Es ist der Antrag auf Schluß der Debatte gestellt worden, Diejenigen Herren, die dafür sind, wollen aufstehen. (Die Majorität erhebt sich.)
Cavalcabó. Als Vertreter der Provinz Steiermark bin ich auch im Principe vollkommen einverstanden, daß das, was der Stadt Wien gewährt wurde, wenn sich der Fall der Dringlichkeit herausstellt, auch auf diese gerechterweise ihre Anwendung finden soll; jedoch glaube ich, daß der Antrag des Abg. Borrosch vorläufig der Finanzkommission zuzuweisen sei, weil ich mich für jeden Fall feierlichst dagegen verwahren muß, daß in finanziellen Angelegenheiten solche überstürzende Beschlüsse in Vollberathung gezogen werden. Daher bin ich der Meinung, daß die Frage der Unterstützung derjenigen Bezirke, welche gegenwärtig in einer industriellen Klemme sich befinden, der Finanzkommission zuzuweisen, und dann nach vollkommener Überlegung ein Beschluß zu fassen sei.
Polaczek. Nachdem wir gestern über den Antrag des Abg. Brestel beschlossen haben, den für die Wiener Gewerbsleute zu bewilligenden Credit von 2 Millionen zuerst der Finanzkommission zuzuweisen, so bin ich auch dafür, daß der Antrag des Abgeordneten Borrosch der Finanzkommission zur Vorberathung zugewiesen werde. Jedoch sind die Umstände auf anderen Orten eben so dringlich, wie in Wien, und ich glaube, daß die Commission ebenfalls in der nächsten Sitzung über den Antrag des Abg. Borrosch Bericht zu erstatten hätte, was ich hiermit beantrage.
Klaudy. Ich wollte nur bemerken, daß der Antrag im Wesentlichen vom Abg. Pinkas gestellt wurde, daß, wie die Herren aus der Finanzcommission bezeugen können, auch in derselben darüber gesprochen wurde. Nur war die Summe nicht ausgedrückt, und es hat sich in der Finanzcommission um Prag gehandelt, für welches ich gesprochen habe. Damit es aber nicht den Anschein habe, als sollte die Sache im Sturm genommen werden, stimme ich auch für die Finanzcommission.
Mayer. Ich muß mich feierlichst dagegen verwahren, daß ein derartiger Antrag, wie er vom Herren Borrosch gestellt wurde, ein Verbesserungsantrag in einer financiellen Frage sei. Wenn man von 2 Million auf 4 Million übergeht, so müssen wir, wenn wir das Eine im Ausschüsse vorberathen, und zu einer Zeit, wo die Sache höchst dringlich ist, 24 Stunden gestattet haben, für diese 2 Millionen, die nicht mit gleicher Dringlichkeit motivirt werden können, ebenfalls 24 Stünden der Commission zur Berathung Zeit lassen. Wenn die Commission erst auf 2 Millionen anträgt, und dann 4 Millionen gefordert werden, so sind die nächsten 2 Millionen nicht berathen worden, und ich glaube durch Erhöhung einer Ausgabeziffer wird nie eine Verbesserung erzielt.
Abg. Borrosch. Als Antragsteller habe ich das letzte Wort. Der Herr Berichterstatter selber hat erklärt, das gestern dieß im Antrage nicht ausgedrückt war, und in der That handelt es sich nicht um die Summe, sondern um das Princip, rücksichtlich dessen ich nachgewiesen habe, daß es ein vollkommen gleichberechtigtes auch für die Provinzialhauptstädte ist, und protestire gegen das bezweifelnde "Wenn?'', was ein früherer Herr Abgeordneter ausgesprochen hat; es ist die Unterstützung des kleinen Gewerbsstandes in den Provinzialhauptstädten eben so eine traurige Nothwendigkeit und diese um nichts geringer, wenn auch die Provinzialhauptstädte fern von hier liegen, und nicht so unmittelbar der sinnlichen Wahrnehmung sich darbieten. Allerdings ist mein Antrag nur ein Verbesserungsantrag, und zwar, da er Vermehrung bezweckt, ein Verbesserungsantrag für die Empfangenden, wenn auch vielleicht ein Verbesserungsantrag für die Zahlenden. (Heiterkeit.) Um aber dem Willen des Hauses, wie er sich mehrfach hier kund gab, und um dem Interesse der beiden Anträge nicht entgegen zu sein, verweise ich meinen Antrag an die Finanzcommission, aber bitte binnen 3 Tagen um die Berichterstattung. (Beifall.)
Präs. Ich erlaube mir den Herren zu eröffnen, daß hier 4 Anträge vorliegen. Der Antrag des Abg. Borrosch, sein Inhalt ist bekannt, und soll nach dem Wunsche des Herrn Antragstellers der Commission überwiesen werden, er bildet demnach einen Gegenstand der Berathung der Commission. Zu diesem Antrage ist ein Verbesserungsantrag gestellt worden von dem Abg. Nadler, der einen Beisatz beabsichtigt. Der Antrag des Abg. Borrosch lautet:,, den Credit zur Unterstützung des kleinen Gewerbstandes auch auf die Provinzialhauptstädte und andere industrielle Centralpuncte in einem Betrage von so und so viel auszudehnend Der Abgeordnete Nadler wünscht, das nach den Worten: "andere industrielle Centralpuncte" die Worte gesetzt werden: "und allen industriellen Ortschaften. '' Wird dieser Antrag unterstützt? (unterstützt.) Ferners hat der Abg. Machalski einen Antrag gestellt: "den Antrag des Abg. Borrosch der Finanzcommission zu übergebend. " Jetzt schließt sich der Abgeordnete Borrosch diesem Antrage an. Ein Verbesserungsantrag würde rücksichtlich der Frist gestellt, wann die Finanzcommission den Bericht der hohen Versammlung zu erstatten hat, der Abg. Polaczek wünscht, daß dieß in der nächsten Sitzung geschehe, dürfte er sich nicht vielleicht vereinigen mit dem Antragsteller selbst, das dieß binnen 3 Tagen geschehe.
Polaczek. Ich ziehe meinen Antrag zurück.
Borrosch. Ich bitte, daß es doch gestattet werde, über den Unter Verbesserungsantrag, der, "alle industriellen Ortschaften '', und noch gar nicht besprochen wurde, debattiren zu dürfen.
Brestel. Ich glaube, das wird in der Commission vorkommen, und es wird dann discutirt werden, wenn die Vorlage der Commission da sein wird.
Präs. Da die Debatte für geschlossen erklärt würde Cavalcabó. Wir müssen doch wissen, ob das Unteramendezent ist angenommen worden. (Einige Stimmen: Ja, Einige: Nein.)
Präs. Ich meinte es so zu machen: zuerst die Frage zur Abstimmung zu bringen, ob diese vorgelegten Anträge an die Commission zu überweisen sind, und dann erst darauf einzugehen, wie weit die Commission zu gehen hat.
Borrosch. Da ich früher von den Amendements nichts wüßte, so konnte ich auch dagegen nichts sagen: kann aber nicht der Finanzcommission anheim stellen, daß sie einen, nach meiner Ansicht ebenso unzweckmäßigen als unausführbaren Antrag erst zur Bearbeitung bekäme. Wie jedes andere Amendement muß es die Unterstützung und Gutheißung des Hauses haben.
Präs. Er hat ja schon Unterstützung gesunden, und sollte schon zur Abstimmung kommen, ich werde es vor allen ändern zur Abstimmung bringen, damit auch diesem Wunsche entsprochen wird.
Borrosch. Ohne Debatte?
Präs. Die Debatte ist meines Wissens für geschlossen erklärt worden.
Borrosch. Ja, über meinen Antrag, aber nicht über diesen.
Präs. Der Abg. Podlewski hat jetzt einen Verbesserungsantrag zum Antrag des Abg. Borrosch überreicht, ich glaube, daß die Zeit schon verstrichen ist, um solche Verbesserungsanträge anzunehmen, da die Debatte schon für geschlossen erklärt wurde. (Unterbrechung.)
Diejenigen Herren, die dafür sind, daß dieser Antrag nicht mehr aus Formalgründen anzunehmen sei, wollen es durch Aufstehen kund geben. (Geschieht.)
Die Annahme ist abgelehnt. Es handelt sich jetzt nun um die formelle Frage, die Debatte über den Antrag des Abg. Borrosch ist für geschlossen erklärt worden.
In der Debatte ist ein Verbesserungsantrag vom Abg. Nadler gestellt worden, nun handelt es sich darum, ob der Schluß der Debatte auch auf diesen inzwischen gestellten Verbesserungsantrag zu beziehen, oder ob dieser Verbesserungsantrag noch einer Debatte zu unterziehen wäre.
Nadler. Ich wünsche ihn auch an die Comission gewiesen.
Präs. Das müßte ohnedem geschehen, wenn der Antrag (Unruhe.)
Diejenigen Herren, welche dafür sind, daß über den Verbesserungsantrag des Abg. Nadler, welcher nur einen Zusatz zu dem Borrosch'schen beabsichtigt, die Debatte fortgeführt werde, wollen es durch Aufstehen kund geben. (Niemand steht auf Heiterkeit.) Es ist daher die Debatte für geschlossen zu halten.
Ich bringe daher den Antrag des Abg. Nadler zur Abstimmung, nämlich vereinigt mit dem Borrosch'schen als Zusatz. (Mehrere rufen: Nein.)
Abg. Borrosch. Ich protestiere gegen dieses Anhängsel. (Viele rufen: an die Commission.)
Präs. Es ist kein selbstständiger Antrag, und muß entweder in den Borrosch'schen hineinkommen oder (Unruhe.)
Ein Abgeordneter. Ich glaube, es ist ein Antrag gestellt worden, daß der Antrag des Abg. Borrosch an die Commission gewesen werde, damit diese dann darüber Bericht erstatte. Ich glaube, daß wir darüber erst abstimmen müssen, ob der Antrag an die Cominission gehen soll. Über den Antrag selbst können wir aber nicht abstimmen, sondern müssen erst abwarten den Bericht der Commission.
P r ä s. Ich erlaube mir nur zu bemerken, wenn der Antrag der Commission übergeben wird, so ist er Gegenstand der B. Berathung. Jetzt wird dieser Gegenstand in einer Beziehung erweitert werden, durch den Antrag des Abg. Nadler. Daher unterliegt in dieser Begehung der Antrag des Nadler der Abstimmung, und dann werden entweder beide an die Commission gehen, oder nur der Antrag des Borrosch, denn es wird ja nicht über das Meritum des Antrags abgestimmt, über den Inhalt des Antrages des Borrosch. Ich glaube wir kommen früher zum Ziele. Diejenigen Herren, welche dafür sind, daß der, der Commission zu überweisende Antrag des Borrosch die nachstehende Bestimmung enthalte: "Daß der Credit zur Unterstützung des kleinen Gewerbsstandes auch auf Provinzialhauptstädte so wie (das ist der Verbesserungsantrag) auf alle industriellen Ortschaften ausgedehnt werde'', die wollen es durch Ausstehen kund geben. Es handelt sich nur um den Zusatz in dem Antrage.
(Geschieht.)
Abg. Potocki. Es ist ja nicht möglich darüber zu stimmen. wird es ein Gesetz sein?
Präs. Es ist ja nur formell. Ich halte es für die Majorität.
Nunmehr ist der amendirte Antrag der Finanz Commission zu übergeben. Diejenigen Herren, welche dafür sind, wollen es durch Aufstehen kund geben. (Geschieht mit Majorität.)
Jetzt ist es erledigt. Nun geht an die Commission der Antrag des Borrosch stammt dem Beisatze von Nadler. So glaube ich, ist der Stand der Debatte.
P i n k a s. Ich schlage vor, den ganzen Antrag zur Abstimmung zu bringen.
Präs Ich bitte die besprochenen Puncte nochmals vorzulesen, damit dieser Antrag dann als Ganzes angenommen werden könne.
(Abg. Brestel liest die betreffenden Puncte nochmals vor, und sie werden einstimmig angenommen.)
Der Herr Kriegsminister besteigt die Tribüne. Meine Herren, über die gestrigen Ereignisse fühlt sich das Ministerium verpflichtet, folgende Erklärung der hohen Kammer vorzulegen. Besonders habe ich es übernommen, weil es mich als Kriegsminister näher betrifft. Um 2 Uhr verließ ich gestern die hohe Reichsversammlung, nachdem ich die Ehre gehabt hatte, sie von den Maßregeln in Kenntniß zu setzen, welche das Ministerium in Folge der zugekommenen Berichte, und über das Ansuchen des Nationalgardeobercommando's, um Militärassistenz getroffen hat. Kaum war ich in das Kriegsministerium zurückgekehrt, als ein Herr Abgeordneter mit einer Deputation aus der akademischen Legion, der Nationalgarde und der Bürgerschaft bei mir erschien, wo sich mehrere Herren Minister eingefunden hätten Die ganze Deputation hatte auf den Hüten, die der hohen Versammlung bekannten Zetteln, und machte auf das Nachdrücklichste das Ansuchen, es möge der aufgelöste Sicherheitsausschuß wieder eingesetzt werden.
Das Ministerium bot alles Mögliche auf, um der Deputation die Überzeugung beizubringen, daß ihr Begehren unstatthaft sei, und entließ sie mit dieser Erklärung.
Es folgten nun über den Grad der Aufregung in der Bevölkerung, über die Bewegung auf der Aula und ihre Absichten, die widersprechendsten Nachrichten und Meldungen. Der Furchtsame glaubt an die beunruhigende Nachricht; der Vorsichtige beachtet sie in soweit, um nicht durch ihre Verwirklichung überrascht zu werden. Das war das Benehmen des Ministeriums, der Erfolg hat es gerechtfertigt, die Ordnung und Sicherheit ist nicht gestört worden, das Erscheinen des Militärs hat das Vertrauen der Nationalgarde und der Bevölkerung zu Folge gehabt, und da das Ministerium die Überzeugung hegte, daß die Bewegungen der letzten 2 Tage einen tief politischen Charakter hatten, hat sie auch dieselben nur durch das Erscheinen einer imposanten Macht paralysieren können. Um 7 Uhr ist dem Ministerium durch eine Deputation der mündliche Wunsch des Reichstages ausgedrückt worden, es möge das Militär in die Kasernen zurückgezogen werden.
(Viele Abgeordnete rufen: der Beschluß des Reichstages.)
Bald darauf erfolgte auch der schriftliche Beschluß der hohen Kammer. Das Ministerium hatte schon damals über die eingegangenen beruhigenden Berichte, den Abzug eines Theils des Militärs verfügt, und erklärte sich bereit, über den Wunsch. (mehrere Stimmen: den Beschluß!) den Beschluß der hohen Kammer, wegen sogleichen Abzuges aus militärischer Vorsicht, dasselbe allmälig abrücken zu lassen, und zwar das letzte erst nach der Stunde der Thorsperre in Erfüllung zu bringen, was die hohe Versammlung als zweckmäßig anzuerkennen befunden hat. (Mehrere Stimmen: Nein!) Die Commission hat es wenigstens so ausgedrückt. Über die gestrigen Vorfälle ist die Untersuchung eingeleitet und im Zuge. Das Ministerium ist gewiß stets bereit, den Wünschen der hohen Kammer nachzukommen, und es glaubt die Überzeugung hegen zu dürfen, daß durch den gedachten Beschluß des hohen Reichstages weder in die Wirksamkeit der Exekutivmaßregeln des Ministeriums ein Mißtrauen ausgedrückt, noch die letztere in ihren constitutionellen Functionen irgend beirrt werden wollten.
Gestern würde von einigen Deputirten die Besorgniß geäußert, weil der Eid der Armee noch nicht auf die Constitution, welche sie auszuarbeiten begriffen sind, geleistet werden konnte, daß dieses eine Beunruhigung verursachen könnte. Ich habe die Ehre ihnen vorzulesen den Armeebefehl vom 25. April, daß er geleistet wird. (Liest denselben.)
Löhner. Ich erinnere den Herrn Präsidenten, daß ich mir schon gestern die Erlaubnis erbeten habe, heute einige Worte an die hohe Kammer zu richten.
Präs. Ich erlaube mir, eine Zuschrift vorzulesen, welche mir vom Abg. Löhner übermittelt wurde; "Ich ersuche, mich an die Gerechtigkeit des Hauses wenden zu dürfen, daß ich vor Beendigung der Sitzung noch einmal sprechen darf. " Ich muß sagen, daß ich überhaupt gewünscht hätte, daß heute keine Interpellationen stattgefunden hätten. (Unruhe.) Ich bitte meine Herren, ich erlaube mir einige Worte zu sagen. Es ist von vielen Seiten der Wünsch ausgesprochen worden, damit die Sitzungen so wenig als möglich abgehalten werden, damit der Constitutionsausschuß seiner Aufgabe genügen kann, daß aus diesem Grunde dreimal in der Woche Sitzungen gehalten werden sollen. Die gestrigen Ereignisse haben es nothwendig gemacht, daß das, was für gestern bestimmt wurde, heute in die Verhandlung kam; daher ist die Sitzung heute eine außerordentliche, und es würde dahin kommen, daß wir morgen wieder eine Sitzung haben müßten und da wird der Constitutionsausschuß nie die Zeit haben, seiner Aufgabe Genüge zu leisten. Das ist der Grund, warum ich glaube, daß heute keine Interpellationen vorzunehmen wären; es wäre denn, daß die Kammer diese meine Ansicht nicht theile.
L ö h n e r. Ich bitte vor Allem zu erwägen, daß bis jetzt der Unterschied zwischen ordentlichen und außerordentlichen Sitzungen nirgends in der Geschäftsordnung angemerkt ist; wenn die Geschäftsordnung in ihren 99 Paragraphen gehandhabt würde, in Momenten der höchsten Wichtigkeit, wo jeder Augenblick kostbar war, warum soll nun auf einmal dieser Unterschied geltend gemacht werden? (Beifall links, Zischen im Centrum und rechts.) Meine Herren, meine Stimme wird stark genug sein, um gehört zu werden, das wird nichts bei mir nützen. Soll dieser Unterschied heute aus einmal aufgestellt werden, um Interpellationen zu hintertreiben, die vielleicht von der größten und höchsten Wichtigkeit sind; in einem Augenblicke, wo man in Italien eine freie Nationalität verkauft wegen Familieninteressen, (Beifall von der Linken und Zischen vom Centrum und der Rechten) in einem Augenblicke wo nicht contrasignierte Mandate des Kaisers vorliegen nach Croatien, in einem Augenblicke, wo der Bürgerkrieg in Ungarn furchtbar wütet, da sollen wir nicht interpelliren dürfen? wir sollen nicht interpelliren, über Maßregeln, wegen deren der Reichstag, die höchste Autorität im Staate sich in Permanenz erklärt hat, da sollen wir heute abziehen, schweigen? ist es vielleicht wichtiger, daß wir einen Gesetzvorschlag zehnmal umwälzen: ich glaube, daß die Stunde, die wir zu Interpellationen brauchen, eine Pflicht gegen das Land erfüllt, und deßhalb fordere ich sie und erkläre meinen Protest; denn dieses Interpellationsrecht, das in der Geschäftsordnung ohnehin festgesetzt ist, kann und darf auf keine Weise geschmälert werden.
Präs Ich erlaube mir zu bemerken, daß dieß eigentlich eine Interpellation an mich ist. Schon in einer früheren Antwort habe ich die Gründe entwickelt, warum ich glaube, daß heute keine fremdartigen Gegenstände zu untermengen wären, um sosehr als wir hierher berufen worden sind als constituirende Reichstag, aber nicht als administrative Behörde (ungeheuere Bewegung auf der Linken, Goldmark ruft zur Ordnung.) Ich bitte, wer hat hier das Recht, mich zur Ordnung zu rufen. Sie sind nach ihrer Stellung nicht dazu berufen, ich habe weder Jemanden unterbrochen noch mir eine Persönlichkeit erlaubt. (Bewegung links, rechts Beifall.)
Ich erlaube mir meine Herren, mein Antrag hat hier Widerstand gefunden, ich äppellire in einem solchem Falle an die Kammer, die Kammer mag entscheiden. (Beifall rechts.)
Violand. (er behauptet unter heftiger Bewegung in Centrum und rechts das Wort, wird aber in seiner Rede mehrfach unterbrochen.) Ich bitte um das Wort, die Debatte ist darin er nicht geschlossen, es muß dem Ministerium selbst daran gelegen sein, wenn heute Interpellationen erfließen, der Präsident selbst beruft sich immer auf die Geschäftsordnung, er hat immer einen Paragraph der Geschäftsordnung vorhanden, kann aber ganz gewiß bei diesem vorliegenden Falle keinen Paragraph der Geschäftsordnung vorweisen, ich glaube, daß das Ministerium wünschen muß, daß es interpellirt werde, denn wenn auch die Majorität nicht dafür wäre, was wird, nicht Österreich, aber was wird nicht die ganze Welt sagen? Sie wird sagen, der Präsident der Kammer hat das Ministerium aus dem Grunde zu beschützen gesucht, damit keine Fragen gestellt werden, woraus man wirklich eine für das Wohl des Volkes zu schwere Verdächtigung gegen den Herrn Präsidenten, gegen die Kammer erheben könnte und aus diesem Grunde, damit das nicht stattfindet, bitte ich den Herrn Präsidenten darauf nicht zu bestehen, worauf er ohnehin nicht bestehen kann, da er gar nicht unterstützt ist durch die Geschäftsordnung, sondern uns von unserem Rechte Gebrauch machen und uns interpelliren zu lassen.
Löhner und Doliak mit großer Heftigkeit wollen das Wort ergreifen. (Ruf nach Abstimmung.)
Präs Ich bitte, Herr Abg. Doliak hat früher ums Wort gebeten.
Doliak. Ich kann mich recht gut erinnern. Löhner dagegen protestire ich, ich habe mir das Wort an die Kammer erbeten, und ich frage, ob sie mir das Wort geben will oder nicht.
Präs. Werden erlauben Herr Abgeordneter, es handelt sich eben darum, ob ihnen das Wort gegeben werden soll oder nicht, eben deshalb, weil der Herr Abg. für Saaz es davon abhängig gemacht hat. Sollte die Kammer der Meinung sein, daß heute die Interpellationen nicht stattfinden sollen, so dürfte dann das Wort von selbst entfallen.
Doliak. Ich kann mich recht gut erinnern, daß in der Kammer beschlossen worden ist, nur drei Sitzungen in dieser Woche zu halten, und zwar wurde für den heutigen Tag keine Sitzung beschloss sen. Als gestern der Abg. Brestel den Antrag stellte, zwei Millionen Gulden Credit für die Stadt Wien zu votieren, und weil man dieß der Commission überwiesen hat, würde beschlossen, heute eine außerordentliche Sitzung zu halten (Zischen) und ich behaupte, daß dieß eine außerordentliche Sitzung ist, wenn auch dieser Ausdruck in der Geschäftsordnung nicht vorkommt, (Zischen und Beifall) daß die heutige eine außerordentliche Sitzung ist, beweist der Umstand, daß heute das Protokoll der gestrigen Sitzung nicht vorgelesen und angenommen, und daß heute die eingelangten Eingaben nicht vorgelesen wurden. (Starkes Zischen.)
Jonak Herr Präsident ich bitte sehr darüber zu wachen und energisch einmal zu wachen, obwohl das sonst ihr Fehler nicht ist, nicht energisch zu sein, daß einmal jeder Abgeordnete das Recht hat, frei zu sprechen, und damit immer diese gewissen Zischereien und Applause, was ohnehin ganz, unparlamentarisch ist, aufhören. (Zischen.) In keinem Parlament der Welt wird applaudiert und gemischt. (Starkes Zischen.)
Ich danke ihnen für das Zischen meine Herren.
(Gelächter.)
Präs. Ich bitte, meine Herren, wuschen sie noch weiter zu sprechen? (Starkes Zischen.)
Abg. Doliak. Das beweist, daß die Herren nur so sich helfen können. Ich behaupte, daß heute nichts anderes zur Sprache kommen kann, als was gestern für die Tagesordnung der heutigen Sitzung beschlossen worden ist. Ferner ist die Stunde auch schon so vorgerückt, daß ich keinen Anstand nehme darauf anzutragen, daß wir zur Tagesordnung übergehen, das ist zur Wahl des Präsidenten, und daß kein anderer Gegenstand heute mehr vorkommen soll. Präs. Wird dieser Antrag unterstützt? (Geschieht.) Diejenigen Herren, welche dafür sind, daß zur Tagesordnung übergegangen werde, wollen es durch Aufstehen erklären.
Abg. Goldmark. Bevor zur Abstimmung geschritten wird, bitte ich um das Wort.
Abg. Löhner. Ich verlange den Namensaufruf, wenn zur Tagesordnung übergegangen werden soll. (Ja, ja.)
Abg. Borrosch. (Unruhe.) Ich habe das Wort.
Präs. Ich bitte, meine Herren, der Antrag ist hinreichend unterstützt. (Unruhe.) (Glockenzeichen.) Ich bitte meine Herren.
Abg. Potocki. Ich glaube das Ministerium wird selbst wünschen heute interpellirt zu werden.
(Ein Abgeordneter fordert in italienischer Sprache 10 Minuten Bedenkzeit.) Dasselbe wird von einem anderen Abgeordneten in deutscher Sprache wiederholt. (Viele Abgeordnete verlassen ihre Plätze.)
Präs. Wird der Antrag unterstützt? (Noch mehr Abgeordnete verlassen ihre Platze.) Die Frage, welche während diesen 10 Minuten der Überlegung zu unterziehen ist, ist die, ob zur Tagesordnung übergegangen werden soll. (Die Sitzung wird um 21 4 Uhr unterbrochen.)
3/4 auf 3 Uhr.
Minister Doblhoff. Bevor zur Abstimmung geschritten wird, bitte ich die Erklärung des Ministeriums anzunehmen, daß es bereit ist Interpellationen heute wie morgen anzunehmen und zu beantworten, ohne jedoch den Absichten der hohen Kammer vorgreifen zu wollen. (Beifall.)
Präs. Ich bitte, meine Herren, ich habe mich nur aus formellen Gründen dagegen ausgesprochen, wegen des Zeit Ersparnissen, es wurde ein Antrag gestellt, zur Tagesordnung zu übergehen, es wurde die Abstimmungsfrage unterstutzt, nun haben die Herren Minister erklärt, Interpellationen anzunehmen. Doliak. Ich nehme meinen Antrag zurück, nämlich auf die Tagesordnung zu übergehen, und zwar ohne Rücksicht auf die Erklärung des Ministeriums, damit wir nicht wieder bis 10 Uhr beisammen sitzen.
Präs. Das enthält jeden Grund zur Abstimmung. Den Antrag des Abg. Löhner werde ich gleich dann vorbringen.
Goldmark. Ich sehe mich veranlaßt, mich bei dem Herren Präs. wegen des mir in der Auswaltung entfallenen Rufes zu entschuldigen, indem ich nur in der Aufregung, da das Recht eines jeden Einzelnen zu sprechen, von der Majorität, der oft die Sprache der Minorität nicht genehm sein mag, abhängig gemacht wurde, und gleichzeitig auch dem Präsidenten, so wie einem jeden Andern das Recht zusteht in das Meritorische der Sache einzugehen.
Jedenfalls aber bitte ich um Entschuldigung. Trojan. Wenn wir den Antrag auf die Tagesordnung unterstützt haben, und jetzt auflassen, geschah' und geschieht es nicht ans dem Grunde, daß wir die Minister etwa in Schutz nehmen wollen, als ob wir besorgt hätten, sie würden durch die Interpellationen in Verlegenheit kommen. Wir wollten nur, daß zur Tagesordnung Übergegangen werde, um dasjenige, was uns zunächst für heute noch bevorsteht, zu erfüllen. Da aber auch der Antrag zur Tagesordnung nach der gewählten Abstimmungsweise kaum geeignet sein dürfte, die Sache abzukürzen, derselbe vielmehr dazu benützt wird, die Verhandlung noch mehr in die Länge zu ziehen, deßhalb trete ich der Zurücknahme des Antrages bei, verwahre mich jedoch gegen jede durch die Vorbemerkungen etwa veranlaßte Missdeutung dieser Ablassung.
Präs. Auf die Erklärung des Abg. Goldmark, daß es auf eine Beleidigung nicht abgesehen war, sehe ich mich veranlaßt, meinen Ordnungsruf zurück zu nehmen. (Bravo.)
Polaczek. Ich muß bedauern, daß das Recht zur Interpellation auf eine ganz sonderbare Weise in Frage gestellt wurde. Nach der Geschäftsordnung hat jeder Abgeordnete das Recht in der Kammer während der bestimmten Stunde Interpellationen einzubringen. Es ist in der Geschäftsordnung von einer ordentlichen oder außerordentlichen Sitzung nicht die Rede, (Ruf: zur Sache!) und eben so wenig steht darin, daß bei der einen oder andern keine Interpellationen angebracht werden dürfen. Gestern würde allerdings die Tagesordnung zur heutigen Sitzung bestimmt, jedoch der Interpellationen nicht erwähnt, weil es sich von selbst verstanden hat, daß Interpellationen gestattet sind. Ich muß also gegen das Verfahren, daß das Interpellationsrecht von der hohen Kammer in Frage gestellt worden ist, protestiren.
Präs. Gegen die Kammer kann kein Protest erklärt werden.
Polaczek. So protestire ich gegen das Verfahren des Herrn Präsidenten.
Brauner. Ich trage auf die Tagesordnung in dem Sinne an, daß Interpellationen stattfinden können.
Borrosch. Die Sache ist de facto erledigt, de jure versteht es sich von selber, daß Abgeordnete stets zu Interpellationen berechtigt sind; ich übergehe also diesen Zwischenmall und erlaube mir eine Interpellation an den Herrn Kriegsminister zu stellen. Der Herr Kriegsminister hat früher bei Ablösung der Eidesformel vorzugsweise mich fixiert und zugleich die Frage gestellt, ob das nicht beruhigend sei? Ich erkläre dem Herrn Minister: "Nein Es steht darin, daß der Schwur der Treue Sr. Majestät dem Kaiser und der Verfassung abgelegt werde. Nun hat der Herr Kriegsminister selbst erklärt, daß ein Eid aus die Verfassung sich erst nach vollendeter Verfassungsurkunde ablegen lasse, folglich kann nur die frühere Staatsverfassung gemeint sein, denn eine andere existirt noch nicht. Zweitens wurde uns von der Ministerbank versichert, daß wir uns bis zur Vollendung der Verfassungsurkunde auf dem Boden des allgemeinen constitutionellen Rechtsbegriffes bewegen, also der Kaiser auch bereits ein constitutioneller sei, und da würde dann dieses Epitheton "constitutioneller" auch allerdings weit mehr beruhigen, als der Mangel desselben.
Latour. Ich habe die Ehre auf dieses zu erklären, daß dieser Befehl am 25. April d. I. erlassen worden ist, daß er sich nicht auf den vorigen Zustand beziehen kann, und es so deutlich ausgedrückt ist, daß die Armee die Verfassung zu beobachten, und zu beschützen hat, daß keine andere Interpretation gegeben werden kann.
Rieger. Es wäre vielleicht besser statt dem Wort Verfassung "Constitution" zu setzen.
Latour. Ich nehme keinen Anstand, wenn es der hohen Kammer beliebt, daß es hier in dem Titel Sr. Majestät heiße constitutioneller Kaiser von Österreich (Ja! Ja!)
Borrosch. Es wird also diese Verbesserung stattfinden, und die zu beschließende Verfassung würde hinein zu fügen sein.
Doliak. Es ist früher bemerkt worden, daß man das Recht Interpellationen zu stellen in Frage stellen wollte. Ich muß bemerken, daß es nicht meine Absicht war, das Recht der Interpellationen in Frage zu stellen, sondern daß ich ausdrücklich aus die vorgerückte Stunde hingewiesen habe; denn es war schon halb 3 Uhr. Ich nehme keinen Anstand dieses zurück zu nehmen, zur Widerlegung dessen, was man mir vorgeworfen.
L ö h n e r. Ist das eine Interpellation, Herr Präsident?
Schuselka. Ich erlaube mir, eine Frage an den Herrn Kriegsminister.
Er hat uns gestern einen Zettel vorgelesen, worauf angezeigt war, die akademische Legion beabsichtige, das Ministerium zu stürzen und den Reichstag zu sprengen. Diese letztere Beschuldigung gegen die akademische Legion, ist die Beschuldigung des Hochverrates, und zwar der strafwürdigsten Art des Hochverrates, ausgeübt an dem souverainen Volke, an den Vertretern des souverainen Volkes; dieser Zettel würde offizieller Weise, obwohl er nicht unterfertigt war, geltend gemacht, und es wurde kein anderer Bericht, sondern nur der, der Aufforderung der Nationalgarde um Militärassistenz vorgelesen. Bei einem so wichtigen Actenstücke, zu dem es durch die offizielle Mittheilung geworden ist, obwohl er es an und für sich nicht gewesen wäre, glaube ich, ist es nothwendig, daß nachgeforscht würde, woher dieser Zettel gekommen; irgend Jemand muß ihn übergeben haben, dieser muß bekannt sein, durch diesen könnte man noch weiter forschen, und endlich den Urheber der Beschuldigung, daß die akademische Legion einen Hochverrats an den constituirenden Reichstag üben wolle.
Minister L a t o u r. Ich glaube, meine Herren, daß keines meiner Worte gestern ausgedrückt hat, daß ich diesem Zettel unbedingten Glauben schenke, ich habe es heute auch wiederholt. Die beunruhigenden Gerüchte werden von Furchtsamen geglaubt, und Vorsichtigen beachtet, um Maßregeln zu treffen, um von Ereignissen nicht überrascht zu werden. Dieser Zettel ist an einem Officier geschrieben, dieser hat bei der bestehenden Unruhe geglaubt, mir diesen Zettel übergeben zu müssen, jedoch die Unterschrift weggeschnitten, um jenen nicht zu kompromittieren, der ihn geschrieben: so ist vollkommen der Sachverhalt. Ich erkläre vollkommen, daß ich nie geäußert habe, daß ich diese Beschuldigung glaube, ich habe nur wegen den unruhigen Nachrichten, die nöthigen Maßregeln ergriffen.