Støeda 13. záøí 1848

Ein Flämmchen muß doch zu sehen sein, um eine solche außerordentliche Maßregel zu rechtfertigen.  Ein Abgeordneter mir gegenüber meinte, man müsse in solchen Fällen die Majorität der Bürgerwehre bezüglich der Dienstanordnungen befragen; ich möchte wohl ihn fragen, wie es möglich wäre, dieß in einem so dringlichen Momente zu erfunden. Da aber einmal gesetzliche Organe bestehen, denen es übertragen ist, ihr Amt zu walten, so gilt für sie das:,, videant Consulats, ne quid detrimenti capiat republika. " Missbrauchen sie dieses mit ihrem Amte für Fälle, wo ein augenblicklicher Entschluß Noth tut, verknüpfte Vertrauensvotum, so sind sie verfallen der Rache der durch sie meuchlings gemordeten aber immer wieder neu auflebenden Freiheit. Wenn wir in vorkommenden Fällen der Notwendigkeit in Permanenz bleiben, so bin ich überzeugt, daß das allein schon hinreichen wird, um einen moralischen Eindruck zu machen, und über Reaktion, wie über die Anarchie die siegen! Die Erhaltung der gesetzlichen Ordnung ist die betätigte Achtung vor dem Gesetze, und ich poflichte vollkommen bei, daß sie die erste Bedingung jeglicher Freiheit sei. Ich erkläre mich ganz damit einverstanden, daß dieser konstituierende Reichstag nicht das Recht hat, sich die Diktatur beizulegen, welche in jenem Antrage gegründet wäre, wenn ich ihn vollkommen verstanden habe, sondern, daß es dem verantwortlichen Ministerium vorbehalten bleiben müsse, das vollziehende Organ des Reichstags zu sein, der die Pflichten seiner Permanenz dann nur als ein erweitertes Ministertonseil in Ausübung zu bringen hat. Der Finanzkommission aber, würde ich bitten zu erlauben, damit Wichtiges nicht vielleicht von ihren ganz unnütz hier sitzenden Mitgliedern verabsäumt werde, ihrer Pflicht zu genügen. Es ist das nicht vorgeschlagen, um etwa der Gefahr zu entgehen, denn wir sind gleich nebenan zu finden, sondern um eben Notwendiges zu vollführen. Szabel. Erlauben Sie mir nur etwas zu erwidern, wegen der Gefahr. Es ist sonderbar, daß der Herr Abg. für Prag im Namen der Finanzcommission spricht, er soll in seinem eigenen Namen sprechen. (Wird unterbrochen.)

Borrosch. Sie scheinen mich ganz mißverstanden zu haben.

Präs. Es sind zwei Redner vorgemerkt, welche sich wahrscheinlich über die Permanenz aussprechen wollen. Dann würde ich den Antrag des Abg. Löhner mittheilen; der im Wesentlichen dahin geht, daß nur die beschlußfähige Anzahl der Mitglieder da zu bleiben habe, die Finanzkommission könnte sich dann zurückziehen. Wünscht der Abg. Neuwall das Wort?

Neuwall. Ich habe zwar früher um das Wort gebeten, nachdem aber der Hr. Justizminister alles das schon absolviert und gesagt hat, was ich zu sagen mir vorgenommen, so kann ich auf das Wort verzichten. Ich wollte nur noch aufmerksam machen, daß die Trennung der verschiedenen Gewalten uns immer vor Augen bleiben muß, und daß die gesetzgebende, richterliche und vollziehende Gewalt nicht in einer Hand vereinigt sein kann, daß das Gesagte wohl an diese Vorschrift gebunden ist.

Präs. Abg. Sirakowski hat das Wort gewünscht. Sierakowski. Ich stelle folgende Anträge:

1. Die hohe Reichsversammlung beschließe, daß das Militär nur auf ausdrückliche Erlaubnis des Reichstages ausrücken dürfe. (Lärm im Zentrum.) Ich bitte! Lassen Sie mich ausreden, es sind ja nicht lauter Generäle und Minister im Zentrum.

2. Daß der aufgelöste Sicherheitsausschuß sich vom Neuen organisieren soll.

3. Ist zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit der Stadt Wien der Oberkommandant der Nationalgarde, der Kommandant der akademischen Legion, die Stadthauptmannschaft vor die Schranken des Hauses zu bescheiden, um von denselben sich den wahren Bericht über die Ruhe und Sicherheit der Stadt erstatten zu lassen. Ich glaube Sie mit der Begründung nicht ermüden zu müssen.

Abg. Jonak. Daß der Augenblick drängend, daß er vielleicht gefährlich werden würde. (Wird unterbrochen.)

Präs. Es will ein Abg. augenblicklich eine wichtige Mitteilung machen.

Abg. Pürtscher. Ich war so eben auf der Aula um mich zu überzeugen, was dort vorgeht, zu Folge der Zuschrift, welche der Kriegsminister erhalten, und die er auf der Tribune vorgelesen hat. Es ist darin angeführt, daß man das Ministerium zu stürzen beabsichtigt, es ist weiter angeführt als Hauptincrimination, daß man den Reichstag zu sprengen versuchen werde; ich habe mich überzeugt, wie sich die Studenten verschwören, daß man es auf 200 Schritte hören kann, es ist keine Silbe wahr. Ich weiß nicht, was man mit uns vor hatte, wollte man den Kriegsminister in's Bockshorn jagen, oder uns, nachdem Einer in's Bockshorn gejagt war. Die Zuschriften, welche erfolgt sind vom Kommandanten der reitenden Nationalgardenabheilung aus der Leopoldstadt, selbst die Zuschriften, welche vom Nationalgarden  Oberkommando eingelangt sind, muß ich hiermit, nach dem, was ich mit eigenen Augen gesehen, mit eigenen Ohren gehört, als bloße Lüge erklären, so lang die Herren nicht bezeugen können, daß sie bloß eine Lüge nachgesagt, ohne sich zu überzeugen, ob es wahr ist oder nicht. Minist. Bach. Der Herr Abg. scheint den Herrn Kriegsminister dahin mißverstanden zu haben, als ob die Kommandanten der Nationalgarde diese Berichte gegeben hatte, sondern er entnahm es andern Berichten, deren 5 bis 6 gekommen. Der Herr Kriegsminister hat bemerkt, daß das Nationalgarde  Obercommando erklärt habe, daß, nachdem sich heute tumultuarische Bewegungen kundgegeben, wie gestern mehrere Nationalgarde Kommandanten erklärten, daß sie nur mit dem Militär Hand in Hand zur Aufrechthaltung der Ruhe einzuschreiten gedenken; er hat hier vorgelesen, daß das Obercommando der Nationalgarde die Assistenz des Militärs schriftlich begehrt habe; aber voraus zu setzen, als habe das Obercommando oder einzelne Kommandanten speciell die beanstandeten Puncte bezeichnet, das ist ein Irthum, und in so fern bitte ich, die darauf basierte Bemerkung zurückzunehmen, denn das kann nicht als Lüge erklärt werden, weil der Herr Kriegsminister dieß nicht gesagt hat, was die Herren hier in der Kammer gehört haben müssen.

Purtscher. Ich habe gefragt, es gilt so lange für eine Lüge, so lange dasselbe nicht erwiesen ist; was die Nationalgarde betrifft, so ist es eine conditio sine qua non, daß es in Bezug auf ihre Pflichterfüllung von der Nationalgarde eine Feigheit ist, sie hat nicht wie ein Kind auszugehen, das eine Großmutter braucht, um den rechten Weg zu gehen. Jonak. Ich glaube, der Grund der Permanenzerklärung ist aufgehoben, wenigstens ist es in dieser Weise hier auseinander gesetzt worden, und so werden wir mit uns selbst nicht in Widerspruch gerathen, wenn wir die Permanenz aufheben. Ich glaube, der Augenblick der Gefahr, man sagt, er wäre zweifelhaft; ich weiß nicht, ob Gefahr ist, aber der Augenblick der Gefahr muß die Feuerprobe für das Ministerium sein, entweder hat das Ministerium die Exekutivgewalt, und dann wiederhole ich videant Consules ne quid detrimenti capiat respublika. Entweder soll es sich in einer solchen Feuersgefahr bewähren und soll thun was seines Amtes ist, oder ich begreife nicht, wozu ein Ministerium. Wenn die gesetzgebende Gewalt in einem Momente, wo man nur auf die Möglichkeit einer Gefahr, auf die Möglichkeit eines bloßen Straßentumultes hinweist, sich augenblicklich in Permanenz erklärt, alle Autoritäten in ihre Hände vereinigt, das Militär mit allen seinen Positionen von sich abhängig macht, neue exzeptionelle Organe wieder hervorruft, nachdem wir immerfort einen ordnungsmäßigen Zustand haben wollen, was soll das Alles? Ich muß gestehen, ich kann meine Verwunderung darüber gar nicht zurückhalten, daß auf einmal so ganz exzeptionelle Maßregeln getroffen werden sollten, trotzdem und obgleich man sagt, es ist keine Gefahr. Also das Ministerium soll thun, was seines Amtes ist, und thut es das nicht, was seines Amtes ist, dann möge das Haus berücksichtigen, und beurtheilen, wie dieses Verhältniß aufzufassen wäre, aber nicht in Permanenz bleiben und nicht das Ministerium in die Executive durch einzelne, vielleicht 3 Stünden lange Berathungen aufzuhalten, das kann in einem so kritischen, entscheidenden, dringenden Momente nicht einmal in unfern Willen sein, ich wenigstens kann das nicht verantworten, vis á vis den Gefahren, die entstehen durch Verzögerungen, durch weitläufige Berathungen, die zu keinem Ende führen. Ich trage daher an, daß in Anbetracht von einem Abg. angeführten Umstände, welche, weil von einem Abg. ausgehend, für den Augenblick volle Berücksichtigung verdienen und als wahrheitsgetreu angenommen werden müssen, das Haus die früher erklärte Permanenz aufhebe, und unter Einem lediglich die Functionen dem Ministerium überlasse, die ihm kraft seines Amtes zustehen.

Präs. Wird dieser Antrag unterstützt. (Zahlreich unterstützt.) Ich bitte mir den Antrag schriftlich formulirt zu übergeben. Nunmehr hat das Wort der Abg Klaudi.

Abg. Klaudi. Ich verzichte darauf.

Präs. Der Abg. Schuselka.

Abg. Schuselka. Ich muß mich entschieden für die Aufrechthaltung des Beschlusses auf Permanenz des Reichstages aussprechen. Die Mittheilungen, die wir früher erhalten haben, sind in ihren Gründen nicht die Ursache gewesen, warum wir uns als permanent erklärt haben. Der Beschluß der Permanenz ist nicht auf ein bloßes Gerücht hin, auf ein Gerücht, welches nicht einmal eine Namensunterschrift hat, von dem Hause gefaßt worden. Ich glaube nicht, daß die akademische Legion die Absicht hat, den Reichstag zu sprengen, allein ich weiß nicht ob in diesem wichtigen, kritischen, verhängnisvollen Moment ganz etwas anderes beabsichtigt wird und vorgeht, ich weiß nicht, sage ich, ob nicht eine andere Partei etwas im Schilde führt und deßhalb muß sich der Reichstag für permanent erklären. Ich kann nicht wissen, ob der Befehl zum Ausrücken des Militärs nicht vielleicht eine ähnliche Absicht im Schilde führt, wie wir sie gefürchtet haben am 26. Mai; ich weiß nicht was für Ereignisse kommen könnten, ich bin vollkommen einverstanden, daß für den ruhigen Verlauf das Ministerium die Pflicht und das Recht hat, die executive Gewalt auszuüben. Allein in einem Augenblicke, wo wir hören, daß ein Theil der Nationalgarde den Dienst verweigert, in einem Augenblicke, wo vielleicht die ganze Bevölkerung in Erwartung ist, wo Ereignisse eintreten könnten, wäre es sehr misslich, wenn die Vertreter nicht zu finden wären. Es ist eine heilige Pflicht, in einem solchen Augenblicke zusammenzubleiben, um in der Lage zu sein, einen Beschluß fassen zu können. Nicht um das Ministerium zu binden, die Gewalt zu hemmen, für diesen Vorschlag würde ich meine Stimme nie erheben, aber vielleicht für den Fall, als die Minister selbst wünschen den Reichstag beisammen zu haben, um einen Entschluß zu Stande zu bringen; für diesen Fall sollen wir uns als permanent erklären. Ich fordere sie dringend auf, diesen wichtigen Moment zu beherzigen und in Permanenz in beschlußfähiger Anzahl beisammen zu bleiben. Rieger. Ich bitte das Ministerium möge sich dießfalls erklären, ob es die Permanenz für notwendig halte, oder ob es glaube, auch ohne dieser die Ruhe wieder herstellen zu können.

Minister Bach. Mir sind in diesem Augenblicke keine weiteren Berichte zugekommen, indessen ist mir die Aufforderung vom Ministerium geworden, mich unverzüglich in den Ministerrats zu verfügen, woraus ich schließe, daß dringende Umstände obwalten, welche vielleicht anderweitige schnelle Maßregeln erforderlich machen.

Ich kann nur bemerken, daß ich solche Besorgnisse, wie sie der Abg. Schuselka ausgesprochen hat, daß hier fremdartige, reaktionäre Elemente im Spiele feien, durchaus nicht teilen kann. Das Ministerium kann nur wiederholen, daß es mit der strengsten Gewissenhaftigkeit vorgehen werde, und daß, wenn eingeschritten werden müßte, was ich durchaus nicht besorge, indem durch die Entwicklung der Nationalgarde und des Militärs den ordnungsfeindlichen Elementen gewiß Achtung geboten werden wird; ich glaube es daher dem hohen Hause anheim zu geben, ob es nicht etwa angemessen sein dürfte, sich vielleicht noch in einer Abendsitzung zu versammeln, um nicht jetzt durch die auszusprechende Permanenz, die Zeit des Hauses in Anspruch zu nehmen, bis wohin auch das Ministerium in der Lage sein wird, einen genauen Bericht über den Vorgang der heutigen Vorfälle zu liefern, was es in diesem Augenblicke zu tun nicht im Stande ist. Jedenfalls könnte aber der Permanenzerklärung nicht die Wirkung des Eingreifens in die Tätigkeit der vollziehenden Gealt beigemessen werden. Schüse l k a. Es ist durchaus nicht meine Absicht, dem Ministerium irgend einen Vorwurf machen zu wollen, daß es selbst einen Streich gegen die Volksfreiheit führen wolle. Ich habe ausdrücklich gesagt, ich weiß nicht was daraus hervorgeht. Ich sage, deßhalb dürfen wir uns nicht zerstreuen, weil wir es der Volksfreiheit schuldig sind, hier beisammen zu bleiben, um den Seinden derselben entgegen zu wirken, die vielleicht jetzt einen Streich gegen die Volksfreiheit führen wollen; die vielleicht jetzt die Gelegenheit dazu gewinnen könnten. Zu einer Nachmittagssitzung zusammen zu kommen, ist ungewiss; jetzt sind wir beisammen. Wir wissen nicht, ob wir den Weg hierher, Nachmittags offen finden, ob wir außer diesem Hause uns in irgend einem Locale vereinigen können. Wir sind verpflichtet, im Namen des Volkes hier sitzen zu bleiben, um auf jeden Fall gefaßt zu sein, einen Beschluß fassen zu können.

Paul. Wenn es erlaubt ist, bin ich so frei, zu bemerken: es ist ein Offizier der Nationalgarde vom neunten Bezirke im Vorsaale, welcher die Anzeige gemacht hat, daß ein Akademiker von der medizinischen Legion, Zetteln wegen der neuen Errichtung des Sicherheitsausschusses verteilt, und vorgegeben haben soll, wenn er nicht bewilligt würde, eine Sturmpetition zu veranlassen. Dieß haben die Offiziere berichtet, welche draußen stehen. (Bewegung)

P r ä s. Es werden die Anträge zur Abstimmung gebracht werden, welche gestellt wurden, sobald die eingeschriebenen Redner noch gesprochen haben werden.

L ö h n e r. Ich ersuche den Herrn Präsidenten, dafür zu sorgen, daß wir beschlußfähig bleiben.

P r ä s. Das ist rein außer meiner Macht.

Schuselka. Ich bitte wenigstens darüber abstimmen zu lassen, ob wir hier bleiben oder nicht.

P r ä s. Über diesen Antrag wird jedenfalls abgestimmt werden, ich bitte daher hier bleiben zu wollen, bis wir darüber abgestimmt haben werden.

B o r r o s c h. Ich habe schon mehrere Male das Wort erbeten.

P r ä s. Die Abgeordneten Borrosch, Trojan und Klaudy haben noch das Wort.

K l a u d i. Ich bin in der Lage, so gut als einer der Redner vor mir, aus Erfahrung sagen zu können, daß jene Gerüchte sehr leicht übertrieben, und besonders das, was die Studenten tun, als etwas Fürchterliches hingestellt wird. Ich war selbst in der Lage, daß man den Studenten, unter denen auch ich war, Sachen zugemutet hat, die auf nichts weniger hinausgingen, als wenn die Studenten ganz Prag unterminieren, und in die Luft sprengen wollten, und ich weiß es, daß es nicht wahr ist. Und ich bin überzeugt, daß die Berichte nicht so sind, wie man sie so eben erzählt; ich finde daher keinen Grund die Exekutivgewalt von Seite des Reichstages zu übernehmen, der nur die gesetzgebende Gewalt haben soll. Ich finde aber auch die Permanenzerklärung des Reichstages keineswegs ein Misstrauensvotum gegen das Ministerium, als wolle der Reichstag das Ministerium von der Exekutivgewalt entheben, ich finde vielmehr in dieser Permanenzerklärung einen durch außerordentliche Umstände gebotenen Vorgang, der nur dahin wirken kann, die Sache besser zu machen. Wir wollen uns schmeicheln, daß der Reichstag Vertrauen im Volke genießt, und wenn das Volk wissen wird, daß Männer des Volkes tagen, daß Männer aus dem Volke die ultima sein werden, die früher das Ministerium bindet, als daß sie gegen das Volk gekehrt wäre. Es mag die Willensrichtung wie immer sein, so ist es doch gewiß, daß das Volk mit Vertrauen darauf sehen wird, daß diese Maßregel kein Misstrauensvotum fürs Ministerium sein, sondern vielmehr für dasselbe eine Stütze ist, indem der Reichstag die Maßregeln des Ministeriums entweder im vorhinein billiget, oder dasselbe aussondert, die Meinung des Reichstages darüber einzuholen. Ich hätte mir in der That Glück gewünscht, wenn nur einen Tag in Prag in jenen verhängnisvollen Tagen eine Versammlung von solchen Vertretern getagt hätte, an die man sich hätte wenden können, bevor jene fürchterlichen Ereignisse eingetreten sind, die noch heute über dem ganzen Lande schweben.

Präs. Abg. Trojan hat das Wort.

Trojan. Wir müssen wohl alle dem Abg. Schüselka darin beistimmen, daß wir nicht wissen, was draußen vorgeht; daß aber etwas da sei, was allerdings begründete Besorgniß erregt, das haben wir aus den Mittheilungen des Ministeriums erfahren, und zwar in einer Weise, daß offenbar die ganze Stadt in Alarm gefetzt ist, ja daß man Zuflucht nahm selbst zu dem letzten äußersten Mittel der executiven Gewalt, indem schon die executive Militärgewalt in Anspruch genommen würde. Es könnte allerdings geschehen, daß wir durch Unordnungen und Umtriebe, welcher Art immer, sie mögen den Versuchen einer Reaction angehören, oder aus Bestrebungen der Wühler hervorgehen, gehindert wären, alle zur gehörigen Zeit wieder zusammenzukommen. Ich sage, die Möglichkeit dessen können wir im Augenblicke nicht absprechen. Es liegt uns aber daran, daß wir tagen können, und wäre es nur um unsere Verhandlungen regelmäßig fortsetzen zu können. Ich erlaube mir deßhalb den Antrag zu stellen, daß wir in so lange permanent beisammen bleiben sollen, bis wir vom Ministerium nähere Details über die heutigen Vorfälle, und überhaupt genaue Mittheilungen über den Zustand der ganzen Stadt Wien erfahren, um welche es sogleich anzugehen wäre. Das Ministerium wird uns wohl bald nähere Aufschlüsse zu ertheilen im Stande sein.

Präs. Abg. Borrosch hat das Wort.

Borrosch. Ich für meinen Theil glaube nicht an die ernstlich gemeinten Absichten einer anarchischen Partei, denn ich glaube, so viel gefunden Menschenverstand Jedem zutrauen zu müssen, daß er wohl erwägen werde, wie die Kraft zu einem solchen Versuche unbezweifelt, wenn sie auch momentan einigen Erfolg erränge, für die Dauer unzureichend sein, und sich furchtbar strafen würde. Die Reaction betreffend, so halte ich sie nicht für so dumm, um plump mit der Keile zuzuschlagen, die Reaction umringelt ihre Opfer gleich einer Schlange; im parlamentarischen Kampf, da hat man sich vorzusehen. Wenn der Herr Abgeordnete für Perchtholdsdorf diese Gefahr wirklich so nahe sieht, glaubt er dann, daß wir unbewaffnet auch nur einer Viertelcompagnie Grenadiere widerstehen können? Schuselka. Ich protestiere gegen solche Witze in einem solchen verhängnisvollen Augenblick. 

Borrosch. Es sind dieß keine Witze; das sehen Sie an meiner Miene, und an ihr wenigstens auch die Gemütsruhe, die ich beibehalte. Auch finde ich nicht, daß ich Jemanden beleidigt hätte, indem ich aufmerksam mache, worauf ich aufmerksam zu machen unbestreitbar Recht habe. Die Reaction ist nicht so einfältig, um nicht zu wissen, daß ein Gewaltstreich von ihr, mit einem Blutbade in allen Provinzen beantwortet werden würde; sie weiß, daß die Volksfreiheit nicht mehr umbringbar mit der Keule ist, mit welcher Bemerkung ich das früher Gesagte, den Herren nun wieder in das Gedächtniß zurück rufen will. Ich sehe keinen anderen Zweck unserer Permanenz, als den, dem verantwortlichen Ministerium mit gutem Rathe beizustehen. Einen guten Rath zu ertheilen, würde nun wohl nicht schwer sein, wenn wir bereits im 2. Reichstage säßen, wo wir dann hoffentlich nicht mehr in so viele nationalen und politischen Parteiungen zerfallen sein werden. Ich glaube, daß wir im jetzigen Momente, wie es schon diese vergeudete Stunde beweiset, wenn wir zu debattiren anfangen, eher gegenseitig in den heftigsten Streit gerathen, als zu einem tauglichen Beschlusse kommen werden. Ein Abg. Nicht wahr! Borrosch. Ich bitte, behalten Sie Ihr" "das ist nicht wahr" für sich, glauben Sie, was Sie wollen und lassen Sie mich ungestört. Ich beantrage, lieber einen Ausschuß der Kammer aus Männern des Vertrauens von allen Parteien, und allen Nationalitäten in Permanenz zu erklären, und Sie können da sicher sein, daß die kleine Commission ihre Aufgabe besser erfüllen wird, als eine allzu große;  also bilden wir selber einen berathenden Sicherheit  Ausschuß. Polaczek. Ich begreife nicht, warum wir uns eigentlich dein Ministerium aufdringen wollen, als eine in der ihm zustehenden Exekution berathende Behörde; das Ministerium ist die Exekutiv, wir sind die gesetzgebende Behörde; bleiben wir unseres Amtes, und lassen wir das Ministerium in diesem Zeitpuncte, wenn er ja ein kritischer ist, was ich nicht einmal weiß und nicht wahrscheinlich ist, denn unsere ganze Permanenz  Erklärung gründet sich auf eine anonyme Anzeige, die dazu noch von einem unserer Mitglieder widerrufen wurde,  also lassen wir das Ministerium sein Amt handeln, und wir bleiben bei jenem, was unseres Amtes ist, wenn es nothwendig sein wird, wird das Ministerium uns in seinen Executiv  Rechten selbst zu Hilfe rufen, vor der Hand sehen wir die Notwendigkeit nicht ein; ich glaube, wir gehen unbedingt von der Permanenz  Erklärung und der Bildung eines Ausschusses ab, und eröffnen morgen die Sitzung, wie es bestimmt wurde.

Löhner. Ich muß gestehen, daß ich mich verwundert habe, über die Auslegung, die von Seite des Justiz Ministers meinem Antrage geworden; ich habe mich ebenso gewundert über den Gegenantrag, den der Abg. für Brandens gestellt hat; ich muß mich wundern überhaupt, daß man sich wundert, daß der Reichstag sich permanent erklärt. Ich erkläre mich endlich gegen eine Kommission, und beharre auf meinem Antrag auf Permanenz; ich muß 1. bemerken, daß ich durchaus nicht, was mir vorgeworfen wurde von Seite des Justiz  Ministers, in meiner Rede wirklich zu verstehen gab, als ob der Reichstag das Ministerium vorstellen soll, wohl aber bin ich der Meinung gewesen, daß in solchen Momenten, wie sie nach der Vorlage des Herrn Kriegsministers uns scheinen mußten,  ich setze voraus, daß das Ministerium dem Reichstage nicht ohne Not mit falschen Gerüchten würde behelligen, sondern nur dann, wenn es denselben wirkliche Glaubwürdigkeit beimisst. Ich sage, daß ich nicht glaube, daß ich gesagt habe, der Reichstag soll ein Ministerium sein, der Reichstag aber wird sehr zweckmäßig hier sein, wenn die Ereignisse sich eine Gasse brechen sollten, wie sich die Ereignisse zu Zeiten auf eine ähnliche Weise eine Gasse schon gebrochen haben. Meine Herren! sind wir denn hier beisammen, ohne daß wir uns der Geschichte erinnern sollen? sind denn uns nicht solche Fälle bekannt, wo der,  ich will es vollkommen anerkennen  gesetzwidrige Widerstand, wo das was man Tumult genannt hat, eine solche Höhe erreicht hatte, wo vielleicht das Ministerium Gewalten verlangen mußte, die es nicht in seinen gewöhnlichen Attributen finden konnte, wo der Reichstag oder mit einem Worte der gesetzgebende Körper nicht beisammen war, das Ministerium auf seine eigene Verantwortung Maßregeln ergreifen mußte, die es für nötig hielt, um sie dann zu rechtfertigen, es scheint mir aber der Sicherheit, der Entschiedenheit, der Umsicht des Ministeriums viel passender in die Hände gearbeitet, wenn das Ministerium zu außerordentlichen Maßregeln seine Gewalt hier vom rechtmäßigen Körper holen kann. Es scheint mir auf der ändern Seite vollkommen entsprechend, daß der Reichstag hier beisammen bleibt, weil ich die Herren bedenken lassen muß, daß auch Fälle gewesen sind, wo ein Ministerium in dem Conflict, in dem es sich befand, es für angemessen befunden hat, ein neues Ministerium an seine Stelle treten zu lassen. Wie denn dann meine Herren! glauben Sie meine Herren, daß einem solchen Momente nicht viel besser begegnet wird, wenn hier die gesetzgebende Gewalt beisammen ist, damit sowohl das abtretende, als das neue eintretende Ministerium zu gleicher Zeit sich hier versammeln könne, damit vom Reichstage hier die Gewalt ausstrahle, die von der Volkssouverainität hervorgeht, die hier im Zentrum ist, das war meine Meinung und nicht, daß der Reichstag ein Ministerium sein solle. Das war meine Meinung, nicht aber meinte ich, daß etwa der Reichstag ein Exekutivcomité bilden sollte, dazu sind die Minister da. Ich muß gestehen, daß ich nicht begreife, warum man meinte, der Reichstag soll abgehen von dem Beschlüsse, womit er sich als permanent erklärt hat. Gerücht gegen Gerücht, Nachricht gegen Nachricht, und so sehr ich anerkenne, daß jede Nachricht, die uns durch ein Mitglied der Kammer gebracht wird, Vertrauen verdient, so muß ich doch wieder bemerken, daß durch diese Nachricht das, was der Minister verlesen hat, noch nicht absolut widerlegt erscheint, und ich glaube, die Stadt ist groß genug, um in einem Teile das Bild der Ruhe, in einem ändern, das bedeutender Bewegung zu zeigen. Ich kann durchaus nicht finden, daß der Reichstag auf eine bloße Widerlegung der ihm gegebenen Nachricht sich aus seiner Permanenz zu entfernen hat, sondern die Wichtigkeit der Nachrichten, die der Herr Minister gebracht hat ich meine der Herr Kriegsminister  die Wichtigkeit, die er ihnen selbst beilegen zu müssen, die Folgen, die er daran anzuknüpfen glaubte, nämlich das Aufbieten der Militärmacht, das sind die Gründe, warum ich meinte, der Reichstag solle beisammen sein. Ist darum, weil ein Abgeordneter gesagt hat, ich bin dort gewesen und habe nichts gesehen, ist darum schon gesagt, daß der Kriegsminister in dem Augenblicke, wo wir die Permanenz aufgeben, die Militärmaßregeln zurücknehmen wird, wissen sie denn, meine Herren, ob er die Zurücknahme mit seiner Verantwortlichkeit vereinbaren kann oder nicht? Der Grund ist hier ein objektiver. Sobald das Ministerium glaubt, daß die Ruhe der Stadt so weit bedroht ist, um zu außerordentlichen Maßregeln greifen zu müssen, dann hat auch der Reichstag Grund, zu besondern Maßregeln zu schreiten und hier beisammen zu bleiben. Er greift also dadurch in keiner Art vor, er steht nur den Ereignissen bereit, wenn sie ihn nämlich nötig machen, und darum muß ich sagen, daß ich auf meinem Antrage beharre, und daß ich, wenn der andere zur Abstimmung kommen sollte, ich den Namensaufruf verlangen muß. (Ruf: Schluß der Debatte.)

Präs. Der Schluß der Debatte wurde angetragen, wird er unterstützt? (Wird unterstützt.)

Placek. Ich habe einen Zettel dem Herrn Präs. übergeben; wäre es nicht zweckmäßig, ihn abzulesen?

Präs. Es ist mir ein Zettel übergeben worden. (Unterbrochen.)

Ich bitte, meine Herren, daß ich die Geschichte des Zettels selbst vorbringe. (Ruf: vorlesen.)

Borrosch. Ich möchte mich gegen die Vorlesung aller möglichen Zettel erklären.

Präs. Es ist dieser vom Abg. Placek übergeben worden, den ihm ein Journalist eingehändigt hat, er ist gedruckt und lautet: Bürger Wiens! Nur die Wiedereinsetzung des Sicherheitsausschusses kann uns aus unserer bedrängten Lage retten. Im Namen vieler Garden, Bürger und Studenten. Gedruckt bei Keck et Sohn. (Gelächter.)

Mayer. Die Permanenz des Hauses und der dielfällige Ausspruch kann nur durch außerordentliche Umstände motivirt erscheinen, ich glaube nur dadurch, daß das Vaterland oder ein Theil desselben in Gefahr fei. Wir haben unsere Permanenz damit begonnen, daß wir uns nicht über die Maßregeln, wie der Gefahr entgegenzutreten sei, besprechen, sondern über ganz andere Fälle, und ich glaube auch, es ist der Fall vorgekommen, wo nicht der hohe Ernst, der der Sache gebührt, beobachtet wurde. Ich erlaube mir auf einen Ausspruch aufmerksam zu machen: Roma deliberante Saguntum periit, welcher hier gefallen ist. Reden wir nicht viel, sondern handeln wir, denn nicht sprechen, sondern handeln gebührt uns, wenn wir in Permanenz beisammen bleiben wollen.

F e d o r o w i t s c h. Meine Herren! das Ernste dieses Augenblickes bewegt mich zu Ihnen zu sprechen, sonst würde ich nicht Ihre Zeit in Anspruch nehmen.  Meine Herren! ich habe zwei Revolutionen mitgemacht und bin überzeugt, daß man in einer großen Versammlung nicht Maßregeln ergreifen könne. Ist keine Gefahr, so bleiben wir umsonst beisammen; ist aber Gefahr vorhanden, so muß die Kammer, aber nur für diesen Fall, für eine Permanenz stimmen, ich sage jetzt, damit es nicht scheine, wir hätten nicht den Muth, hier zu bleiben. Wir sind hier, um immer zu beweisen, daß wir im Stande sind, für die Freiheit zu sterben. (Bravo.) Meine Herren, ich danke Ihnen! ich will kein Lob und keinen Tadel, ich will mich nur dessen entäußern, was ich fühle. Ich bitte, würdigen Sie meine Worte, und ich versichere Sie, aus Erfahrung und Überzeugung, wenn es möglich sein soll, daß wir handeln, so müssen wir von uns einen Ausschuß bilden, denn wenn eine Kunde kommt, und wir sollen erst darüber deliberiren, so werden wir eher hemmen als handeln, und wir wollen handeln und retten, wenn es zu retten ist. Ich habe gesprochen meine Herren. K l a u d i. Ich habe nur zu bemerken, daß ich ganz in dem nämlichen Sinne sprechen wollte, was der Herr Abg. Fedorowitsch bemerkt hat. Nachdem der Reichstag ausgesprochen hat, permanent bleiben zu wollen, so muß doch vorausgesetzt werden, daß er die Gründe dieses Beschlusses erwogen, ehe er diesen Beschluß gefaßt hat. Eine Stimme: Es ist noch kein Beschluß gefaßt. K l a u d i. Es ist zum Beschluß erhoben worden. Ein Abg. Der Herr Präsident hat bloß die Unterstützungsfrage gestellt.

Klaudi. Wenn es eine Unterstützung war, so war sie zugleich eine solche, daß sie unanimiter war und der Herr Präsident hat, wie aus dem Protokolle ersichtlich sein wird, ausgesprochen: "Es ist einhellig beschlossen, permanent zu bleiben. "

Präs. Ich ersuche die Herren Secretäre, das Protokoll mittheilen zu wollen, ich habe gesagt: "Es ist einhellig beschlossen, permanent zu bleiben. " Sec. Ullepitsch. Die Permanenz des Reichstages erscheint als einhellig beschlossen erklärt, indem der Antrag des Abgeordneten Löhner auf Permanenzerklärung der Reichsversammlung, bereits in Folge der Unterstützungsfrage einhellig unterstützt würde.

Klaudi. Grundlage dieses Beschlusses war ein Bericht des Nationalgardeobercommando's, welchem die Berichte der einzelnen Bezirkskommandanten beigelegt sind. Wenn die Nationalgarde den Dienst verweigern zu müssen glaubt, wenn sie den Dienst nur dann thun zu können glaubt, wenn ihr Militär beigegeben ist, da, glauben Sie Leuten. die etwas erfahren haben in dieser Sache, da ist es ein sehr gefährlicher Moment. Erinnern sie sich auf eine andere Stadt; der Augenblick, wo das Militär als notwendiges Übel erkannt wird, dieser Augenblick ist gefährlich, und dieses ist von der Versammlung anerkannt worden. Auch hat er dadurch nicht aufgehört, ungefährlich zu sein, wenn auch ein Mitglied, an dessen Aussage ich nicht zweifle, uns erklärt, daß er nicht gefährlich wäre. Ich finde den Grund in der Anzeige des Nationaloberkommandos und der Bezirkschefs, die ich doch als Repräsentanten der Nationalgarden annehmen muß, und in der Ansicht, die sie aussprachen, daß die Nationalgarde allein zu schwach und es nothwendig sei, daß sie wenigstens zur Hälfte durch Militär vertreten werde, als der Ausspruch der Mehrzahl. Bedenklichkeit genug, daß der Reichstag in der Weise, daß er die Minister unterstützt, beisammen bleibe. Die Herren haben sich verwahrt und es wäre auch nicht ausführbar, ohne eine eigene Exekutivgewalt zu ernennen, selbst im Namen des Reichstages zu handeln. Der Reichstag soll nach dem Ausspruche der Herren, welche sich für die Permanenz aussprechen, das Vertrauensvotum, welches ihm die Vertreter des Volkes geben, mit den Ministern theilen, und die Maßregeln ergreifen, die das Ministerium nicht selbst einleiten will, weil es den Moment für bedenklich hält, daß es die Verantwortlichkeit eines solchen Eingreifens in Übereinstimmung mit dem Reichstage übernehme. Hauschild. Auch ich bin der Ansicht, daß es jedenfalls ernste Pflicht des Reichstages sei, in allen wichtigen Vorfällen für das Wohl des Landes einzustehen, und sich permanent zu erklären; aber ich bin auch der Ansicht, daß der Reichstag sich bald abnützen dürfte, wenn er jeden Vorfall für einen vollwichtigen erklärt. Ich bin der Ansicht, daß nur der Antrag des Nationalgardeoberkommandos:,, Es könne mit den gewöhnlichen Mitteln die Ruhe nicht hergestellt werden", diesen so ernst gestellten Antrag rechtfertigen könne; ein solcher Antrag liegt aber nicht vor. Die Verweigerung einzelner Compagnien, ihre Pflicht zu thun, kann den bestimmten Antrag


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