men hatte, wenn in dem Kriegshafen der alten benachbarten Dogenstadt ein arglistiger und verratherrischer Feind sich eingenistet hätte? Meine Herren, die Wichtigkeit Triests nach meiner Anschauungsweise ist von der Art, daß, wenn die Siege unserer Armee keinen andern Erfolg haben mögen, als die sardinische Flotte aus dem Hafen von Trieft zu verjagen, daß sie dadurch schon allein den Dank und die Anerkennung des Vaterlandes verdienten; woher kommen aber diese Proteste von der Linken; schauen sie meine Herren auf diese Seite hin, und sie werden sehen, daß auf derselben zahlreich die Vertreter jenes Landes ihre Sitze genommen haben, welches, wie ich in der Parabel früher angedeutet habe, (Ruf: laut) ein Theil ungerechten Gutes ist, Sie gleich vielen ehrenwerthen Männern, die auf der entgegengesetzten Seite ihre Plätze genommen haben, sind die Vertreter eines Volkes, das unter sich selbst uneinig, nur aus Herr und Knechten bestehend, die Beute eines habsüchtigen Nachbarn würde Aber wenn auch, was längst in den Annalen der Geschichte verzeichnet steht. (Es rufen einige Stimmen von den Linken "Nicht wahr ")
Präs. Ich sehe in der Rede keine Persönlichkeit vor der Hand, ich bitte die Redefreiheit aufrecht erhalten zu wollen
Abg. Es gehört ja nicht zur Sache.
Präs. Vor der Hand laßt es sich nicht absehen, wohin das Motiv geht Strasser (fährt fort) Wenn auch, sage ich, die Theilung dieses Landes eine politische Missetat und Eroberungssucht war, eine Sunde, deren Fluch auf den gegenwärtigen und künftigen Geschlechtern ruht, was haben die Vertreter dieses unglücklichen Landes für ein Recht, die Tapferkeit unserer Armee, in welcher nach den bestehenden gegenwärtigen Verhältnissen selbst die eigenen Landsleute fechten, irgend in Zweifel zu ziehen? Warum haben sie keinen solchen Zweifel, keine solche Versagung der Tapferkeit geäußert, wie ihre Sohne von einem großen Eroberer in die Ebenen Italiens und die Gebirge Spaniens geführt wurden. Sind sie denn taub und wollen sie das in Abrede stellen, (Gelächter) daß polnische und galizische Regimenter in Italien sich ebenfalls sehr ausgezeichnet und heldenmütig benommen haben? Ich finde, es ist eine erwiesene Thatsache, und deßwegen sind mir die Zweifel von dieser Seite (gegen die Linke sich wendend) nicht erklärbar, von dein historischen, vom factischen Gesichtspuncte aus betrachtet. Das unglückliche Land, dessen ich früher erwähnt habe, wird wieder erstehen, allein ich glaube, seine Auferstehung läßt sich nur mit Hilfe eines starken gekräftigten Österreichs seiem, und so lange der weiße, polnische Adler in dem warmen, von der Freiheitssonne beschienenen Neste des österreichischen Doppeladlers nicht gekräftigt ist, so lange dürfte es vielleicht gefährlich sein, ihn für flügge zu erklären, und heraus zu fliegen aus dem Neste, denn es wäre möglich, daß ein anderer Geher denselben mit seinen Klauen nochmals erfassen möchte Mir ist darum nicht erklärbar, wie die einfache Thatsache, die einfache Anerkennung der Tapferkeit unserer Armee von dieser Seite her (gegen die Linke sich wendend) auf Widersprüche stoßen konnte. Möge die hohe Versammlung entschuldigen, wenn ich etwas weitlausig gewesen bin, (Heiterkeit) ich habe es nur aus dem Grunde gethan, weil ich vor aussetze, daß die Herren aller Nationalitäten den Grundsatz kennen: virtus et in hoste honoranda, und weil sie auch wissen werden, daß an dieser Stelle das Wort virtus vorzüglich mit Tapferkeit zu übersetzen ist. Es sitzen auch noch viele andere Vertreter aus den verschiedenen Provinzen Österreichs auf der linken Seite, und zwar von der Residenz, von dem schonen Stammlande Österreich, aus Steiermark, dem Küsterlande und was weiß ich, aus welchen andern Provinzen, und auch diese sollen sich gleich einem Theile der Rechten dein Proteste angeschlossen haben: es ist mir kaum glaublich, und wenn ich es nicht gelesen hatte, würde ich Anstand nehmen, es für wahr zu halten, und muß es lediglich einem starren Festhalten an der Geschäftsordnung zuschreiben, wenn ich bedenke, wer denn eigentlich diese tapfern Krieger gewesen sind, welche sich in Italien so ausgezeichnet haben. Sind sie nicht ohne Unterschied von allen hier vertretenen Nationalitäten, sind es nicht unsere Söhne, unsere Verwandten, unsere Brüder? die in Verbindung mit zwei andern verschwisterten Stämmen, die leider jetzt gegen ein andrer selbst wuthen, die gleiche Ausdauer, gleiche Tapferkeit, gleiche Hingebung für die Sache Österreichs bewiesen haben. Ich erlaube mir an die Vertreter, von Unter und Oberösterreich diese Frage ob ihnen denn nicht warm um's Herz wurde, wie sie die Berichte von den Thaten jenes 10. Feldjägerbataillons lasen, wovon jeder einzelne Mann ein Held ist. Haben sich unsere vaterländischen Regimenter, die österreichischen Regimenter Baaden und Hrabowsky, die Jägerbataillone Nr 3 und 10 nicht immer heldenmütig gerauft? (Heiterkeit) Nr. 7 nicht immer heldenmütig gerauft? (Lachen) und die Bataillone der Wiener Freiwilligen, meine Herren, die mit wahrer Todesverachtung und vaterländischer Begeisterung so oft die feindlichen Schanzen erstürmten? Ich erinnere nur an die letzten Ereignisse bei Somma Campagna, haben sie nicht gezeigt, daß es keiner Abrichtung und Einschulung bedarf, um sich zum Grenadier zu impro visiren Habt ihr Vertreter aus dem Lande Böhmen, czechischen und deutscher Abstammung, nicht mit Stolz die Berichte gelesen von euern tapfern Landeskindern in den Regimentern Wochen, Latour, Reißinger, Bauingarten und so weiter, wodurch sich euere geschichtliche Tapferkeit neuerdings wieder bewährte, und ihr Steiermärker, (Lachen) Kärnthner, Illirier, Istrianer habt ihr nicht Ursache stolz zu sein auf die Täten eurer Söhne, eurer Verwandten in den Regimentern Kinsky, Piret und mehreren ändern ! In Bezug auf die galizischen oder polnischen Regimenter habe ich bereits früher Erwähnung gemacht, auch sie waren nicht die schlechtesten. Wenn ich, ohne unbescheiden zu sein, des Regimentes Kaiserjäger erwähne, wer hat, sage ich, nicht mit vaterländischem Stolze die Berichte gelesen, was dieselben geleistet haben; haben sie nicht auch neuerdings wieder die Blütetaufe bestanden für die gerechte Sache ihres Kaisers und Vaterlandes? Ich will hier nur im Vorbeigehen, der aus den Bewohnern unserer Provinz gebildeten Schütz und Landesverteidigungscompagnien erwähnen, welche ebenfalls Haus und Hof verlassend, an die Grenze geeilt sind, als diese vom auswärtigen Feinde bedroht war, und welche bewiesen haben durch ihre sicher treffenden Schüsse, daß wir Tiroler die Gämsenmacht Deutschlands sind, und hier sei es mir auch vergönnt, jenes wackern Häufleins zu erwähnen, welches von der hiesigen Universität, aus meinen Landsleuten bestehend und durch Kameraden verstärkt, hinausgezogen, die bedrohte Grenze, als es galt, dieselbe gegen den Feind zu verteidigen. Ich glaube diese wackere Schaar, wovon mehrere mit sie zierenden ehrenvollen Narben zurückgekehrt sind, hat durch den Tod eines heldenmütigen Jünglings gewiß der deutschen Sache das schönste, edelste Opfer gebracht. Ich erinnere an den Vorgang am Ponte tedesco und ich glaube der Hügel dieses einsamen Grabes wird eine feste Mauer sein, und daß die Feste Storo eine feste Grenzmark von Deutschland, gegenüber den auswärtigen Übergriffen sein wird, und daß es nicht geschehen kann, daß der tirolische Adler seine Schwungfedern zurückziehen werde. (Beifall.) Sagen sie meine Herren, ist wohl irgend eine Provinz im ganzen weiten Kaiserreiche, deren Söhne sich nicht heldenmütig, und mit wirklich bewunderungswürdiger Tapferkeit im italienischen Feldzuge benommen haben? Ist wohl eine Armee, welche das leistet, wie die unserige? In welcher Armee besteht wohl ein Regiment, welches eine Pulverturmwache geliefert, wie das Regiment Kinsky? In welcher Armee saßen die Reiter ab, um sich freiwillig den Plänklern anzureiben, und in welcher Armee sah man die Offiziere die Terrassen und die höchsten Punkte besteigen, wo die Geschütze nicht aufgeführt werden konnten, da, wo sie den wirksamsten Effekt hätten machen sollen? Eine solche Armee, hat sich bereits ihren Platz in den Blättern der Geschichte gesichert, welche unseren Söhnen von ihrem Ruhme, ihren Leistungen und Tapferkeit erzählen sollen, allein ich glaube auch, wir haben eine Schuld abzutragen, und auch von unserer Seite darf eine einfache Anerkennung der Tapferkeit dieser Armee, ihrer Ausdauer, ihrer Hingebung und wirklich bewunderungswürdigen Leistungen, nicht versagt werden, denn eine solche Anerkennung ist nichts anders, als ein Akt der Gerechtigkeit, ein Beweis, daß es auch in der Reichsversammlung einen, alle Nationalitäten Österreichs umfassenden Patriotismus gibt, und ein reges, lebendiges Gefühl für die Ehre und Größe des Gesamtvaterlandes. Sie ist eine National Totenfeier für diejenigen, welche in dem Kampfe für Österreichs gerechte Sache geblieben, und ein Trost für die Schmerzen ihrer Angehörigen und Hinterbliebenen. Ich habe vor einigen Tagen von dem Balcone des Kriegsgebäudes die erbeuteten feindlichen Trophäen wehen, und Taufende von Einwohnern dieser Residenz dieselbe wirklich mit Freude und erhebenden Gefühle anstaunen gesehen; und ich glaube nicht, daß, wie ich bereits früher bemerkt habe, in dieser hohen Versammlung Leute sitzen sollen, denen es lieber gewesen wäre, wenn der Feind triumphiert und das feindliche Banner vom Stephansthurme geweht hätte. Meine Herren! wenn Sie nun Anstand nehmen sich zu erheben, um der tapferen österreichischen Armee von Italien und Tirol für ihre Aufopferung, Hingebung, Tapferkeit und Vaterlandsliebe ein "Hoch!" als dankbare Anerkennung des österreichischen Volkes zu bringen, gehen Sie getrost zur geschäftsordnungsmäßigen Debatte über. Löhner. Ich muß den Herrn Präsidenten ersuchen, künftighin darauf zu halten, daß niemals von der Tribune herab, von einer Rechten, Linken oder vom Zentrum die Rede sei, das ist sehr unparlamentarisch, und ich behaupte, daß man in keiner Reichsversammlung ein solches Beispiel finde.
Neumann. In England geschieht es alle Tage mehrmals.
Hauschild. Jedenfalls ist es nie so auffallend ergangen wie heute.
Präs. Ich glaube, daß es dem Schicklichkeitsgefühle eines jeden Mitgliedes besser zu überlassen wäre, als daß man vorläufig eine Verfügung, ein Zensurgesetz aufstelle. Nunmehr trifft die Reihe den ersten dagegen eingeschriebenen Redner, Borkowski. Smolka. Ich bitte Herr Präsident. Nach der Einsehung der Liste sind 16 Redner eingeschrieben; ich glaube nach erfolgter Erklärung dieser 16 Redner werden wir genau informiert sein, und ich trage auf den Schluß der Debatte an. Hauschild. Ich habe in dieser Beziehung eine Anfrage zu stellen. Ein Herr Redner hat sich doppelt einschreiben lassen. Ich glaube das geht nicht an.
Stimmen. Nein, nein.
Präs. Ich glaube auch nicht. Hauschild. Ich frage daher den Abgeordneten von Satz, ob er bei der ersten oder der zweiten Vormerkung bleiben will. Löhner. Ich? Das kann nur ein Irthum sein, ich habe mich nur einmal angemeldet.
Präs. Das dürfte sich, bis der Redner selbst an die Ordnung kommt, von selbst beheben. Es wurde der Antrag auf den Schluß der Debatte gestellt. Wird er unterstützt? (Geschieht.) Abg. Bitte um Namensaufruf.
Präs. Auf den Schluß der Debatte? Wer stellt den Antrag auf den Schluß der Debatte, und zwar mittelst Namensaufruf? Stimmen Nein, Nein
Präs. Ich bitte meine Herren, der Antrag wurde unterstützt. Bevor ich zur Abstimmung über den Schluß der Debatte schreite, ist noch ein Amendement vom Abg. Klaudi niedergelegt worden, damit kein Anstand erhoben werden könne, ob es zur rechten Zeit überreicht wurde. Diejenigen Herren, welche wünschen, daß der Schluß der Debatte erfolgen soll, wollen aufstehen. (Majorität.) Was den Namensaufruf anbelangt. Wird der Antrag unterstützt? (Geschieht.) (Es erfolgt eine unverständliche Einwendung.)
Präs. Es ist ganz ordnungsgemäß, es muß vor dem Schlusse der Debatte der Antrag gestellt werden, daher mußte ich die Unterstützungsfrage stellen, und sie war zureichend. Die Debatte ist für geschlossen erklärt, und unter den Rednern befinden sich noch mehrere, deren Namen ich vorzulesen bitte. Streit. Vor allem muß ich bemerken, daß durch einen mir unerklärbaren Vorgang, eine Irrung in der Vormerkung geschehen ist. Es sind die Abg. Füster, Violand, Borrosch. Sie waren von verschiedener Hand als Redner gegen den Antrag eingetragen. Der erste unter jenen Rednern ist Violand, welcher von mir unter denen eingetragen wurde, welche für den Antrag sprechen wollen. Nun ist er ausgestrichen, und statt seiner Borrosch angenommen worden. Später aber ist Violand mit einer andern Schrift wieder niedergeschrieben. Nachdem dieß ohne mein Wissen geschehen ist, und ich nicht für die Richtigkeit einstehen kann, so bin ich der Meinung, daß folgende Redner in nachstehender Rangordnung zu sprechen haben. Dagegen haben sich eingetragen: Borkowski, Füster, Krause; dafür: Violand, Borrosch, Neuwall, Löhner, Schuselka, Mannheimer, Gobbi, Selinger, Doliak, Call, Klaudi, Brauner und Jonak. P o t o c k i. Ich habe auch noch vor dem Schlusse der Debatte das Wort verlangt. Hein. Ich ebenfalls.
Präs. Ich bitte wollen Sie dafür oder dagegen sprechen? Potocki. Dagegen. H e i n. Dafür.
Präs. Abg. Borkowski ist an der Reihe. Borkowski. Der zu fassende Beschluß über diesen Antrag hängt meiner Ansicht nach nicht von der Parabel ab, in welcher man Nationen mit Wirtschaftsknechten vergleicht; auch nicht von einem englischen Zeitungsartikel, welchen, Gott weiß wer, geschrieben hat, aber er hängt von der Lösung zweier Fragen ab; es handelt sich nämlich: erstens ob die österr. Armee in Italien wirklich solche Vortheile errungen hat, um das Höchste, was die hohe Kammer ertheilen kann, nämlich eine Dankadresse verdient zu haben; denn es wäre traurig, wenn sich die hohe Reichsversammlung durch das Materielle, durch das Äußere der Ereignisse hinreißen ließe, ohne auf ihre politische Bedeutung, ohne auf die Idee, die sie hervorgerufen hat, Rücksicht zu nehmen. Was in Italien vorgeht, und wie es vorging, ist im Auslande vollkommen bekannt, und es ist nicht genug, einen Sieg groß zu nennen, um ihn groß zu machen. Große Siege kosten viele Menschen und das Menschenblut ist theuer. Es darf nicht, wie in den Zeiten des Absolutismus aus Laune oder Eitelkeit vergossen werden; folglich müssen große Siege nach den Resultaten, nach dem Nutzen, den sie der Menschheit oder wenigstens dem Staate bringen, beurtheilt werden, und es scheint mir gerade, daß die Resultate des italienischen Krieges, so glänzend sie auch besonders in der letzten Zeit sein mochten, bei weitem nicht im gleichen Maße für die österr. Monarchie vorteilhaft sind. Man ist deßwegen nicht weniger Patriot, wenn man mit kalter Überlegung über Gegenstände urteilt, welche das patriotische Gefühl anregen. Die zweite Frage, welche ich der reifen Überlegung der h. Versammlung zu unterwerfen gesonnen bin, ist diese, ob der Krieg in Italien ein gerechter ist; freilich hat Erzherzog Johann in der Thronrede geäußert, daß der Krieg in Italien nicht gegen die ital. Freiheit gerichtet ist, sondern um die Ehre der österr. Waffen, gegenüber der italienischen Mächte zu behaupten. Diese Meinung muß die Armee auch theilen, ich will es auch thun, denn sonst würde von der Ehre der Waffen keine Rede sein können. (Beifall.) Dem ungeachtet wird man den Italienern den Glauben noch nicht benehmen, daß sie für ihre Freiheit kämpfen und fallen; bestände die Ehre der Waffen in Sieg und Krieg, so würde die Ehre der Waffen für die Ruhe der Menschheit eben so gefährlich sein, als die Habsucht der Despoten. Meiner Ansicht nach besteht die Waffenhehre darin, die Waffen gegen die Freiheit nicht zu gebrauchen, und die Waffen als Werkzeug despotischer Gelüste oder Principien nicht zu missbrauchen, folglich gestehe ich offen, daß ich diejenigen von meinen Landsleuten herzlich bedauere, welche freiwillig oder gezwungen an den italienischen Trophäen teilnehmen. (Bravo links, Zischen rechts.) Ich will die Tapferkeit und Aufopferung der österr. Armee in Italien nicht in Abrede stellen, aber diese schönen Tugenden, sind vielmehr zu bedauern, als zu belohnen, wenn sie schlecht angewendet werden. Eine gerechte Unternehmung wird nicht gerechter, wenn sie auch mit dem größten Eifer, mit der größten Anstrengung und Aufopferung ausgeführt wird. Auf den Patriotismus meine Herren ! dürfen sie mich nicht hinweisen, denn Patriotismus brauchen Sie den Polen nicht zu lehren, ein volles Blatt in der Geschichte von Europa ist mit unserem Blute geschrieben, aber der Patriotismus hat auch seine Grenzen, wir dürfen uns nicht von dem Patriotismus hinreißen lassen, denn er wirkt wie ein geistiges Getränke, er benimmt die Besinnung, übrigens ist es auch Patriotismus, wenn ich um die Achtung des Auslandes für diese h. Kammer besorgt bin. Der Augenblick, in welchem die hohe Versammlung über diesen Antrag entscheiden wird, scheint mir höchst wichtig, das Urteil der zivilisierten Welt über die erste österr. Reichsversammlung hängt davon ab. Wird man uns für eine Versammlung von freien Männern halten können, wenn wir erklären, daß die Unterjochung einer Nation mit unseren Begriffen von Freiheit vereinbar ist? (Zischen: rechts; Bravo: links.) Werden dadurch alle unsere schönsten Äußerungen über die Freiheit, über die heiligsten Rechte der Menschen und Nationen nicht als bloße Phrasen angesehen, welche wir nach Belieben oder Eigennutz gebrauchen oder verdrehen, wir Männer und Vertreter des Volkes und ist die Volksvertretung kein leeres Wort, so könnten wir unmöglich dazu berufen sein, um die Missgeschicke irgend eines Volkes jubelnd zu beklatschen, und mit denselben Händen, welche sich so bereitwillig zur Lösung des Untertonsverbandes gezeigt haben; dann würde uns der gerechte Verdacht treffen können, daß wir diese Tugend, aber was sage ich, diese heiligste Pflicht nur notgedrungen erfüllt haben. (Beifall links, Zischen im Zentrum.) Ich habe in dieser Kammer öfters von dein souverainen Volke sprechen gehört, sollte denn das Volk nur in Wien souverain sein und in Italien keinen Willen haben? Nun aber das souveraine italienische Volk will seine eigenen Pfade wandeln, die alten Bande, welche die Völker Österreichs an einander hielten, waren Ketten und Fesseln War es der Mühe werth, sie zu brechen, um alsogleich neue zu schmieden? Man gibt gewöhnlich vor, daß dieser Krieg in Italien nötig war, um einen ehrenvollen Frieden zu schließen, oder besser gesagt, um den Frieden zu erzwingen. Aber glauben Sie denn wirklich meine Herren, daß ein Volk frei genug ist, wenn es die Freiheit hat, das zu tun, was man von ihm verlangt, d. i. ja eben Despotiesinus, und eine solche Freiheit heißt Sklaverei. Bedenken Sie meine Herren, daß die Zeit kommen kann, wo man uns mit eben denselben Beweisen, mit eben denselben moralischen Waffen würde schlagen können, wenn z. B. die Russen die österreichische Grenze überschreiten, und uns sagen würden, wir bekämpfen nicht eure Freiheit, es handelt sich nicht um eure Unabhängigkeit, aber konstitutionelle Institutionen in unserer Nachbarschaft können wir nicht dulden, aber eure Pressfreiheit, aber eure Redefreiheit ist uns gefährlich, und bringt euch obenhin keinen Nutzen, das alte Verhältniß muß hergestellt werden. Wenn die Russen das sagen, oder wenn dieselbe Armee, für welche wir jetzt eine Dankadresse votieren, wenn dieselbe Armee vor den Thoren Wien´s es sagt, was werden sie dann einzuwenden haben. (Zischen im Centrum.) Werden sie dann etwa auch eine Dankadresse votieren? (Beifall links, starkes Zischen im Centrum.) (Der Herr Kriegsminister bittet mit großer Aufregung ums Wort, und versucht unter großem Beifall des Zentrums zu sprechen. Seine Worte werden jedoch durch den heftigen Ruf sehr vieler Abg. "Redefreiheit, zur Ordnung Herr Präs. wir bitten, den Herrn Kriegsminister zur Ordnung zu verweisen, erstickt. Der Herr Präs., der mehrmals zu sprechen versucht hatte, stellt durch mehrmaliges Läuten die Ruhe her.)
Präs. Ich bitte meine Herren, wem steht das Recht zu, die Kammer zu leiten? Wollen Sie mir nicht das Wort gestatten, dann kann ich nicht länger hier stehen. (Pause.) Ich glaube, daß der Redner nicht unterbrochen werden darf, es steht zwar den Herrn Ministern das Wort jeder Zeit zu, aber es kann dieß nur in dem Sinne verstanden werden, wenn die Rede geendet ist. (Allg. Beifall.)
Ich bitte den Redner fortzufahren. (Bravo.)
Abg. Borkowski. Wenn man gerecht sein will, muß man sich gefallen lassen, alles dasjenige auf sich zu beziehen, was man auf andere bezog, und der christliche Grundsatz, thue dem Ändern nicht, was dir unrecht wäre, gilt auch auf Nationen. Ich habe öfters sagen gehört, daß die Armee in Italien nur ihre Pflicht getan hat. Aber meine Herren, seit den Märztagen, wo sich so manches geändert hat, sollten sich auch die Verhältnisse und Pflichten der Armee geändert haben; seit dieser Zeit haben viele Wörter eine ganz neue Bedeutung gewonnen, was vor 6 Monaten Ordnung hieß, bedeutet jetzt das Entgegengesetzte; will man also das Wort Pflicht im alten Sinne gebrauchen, so hat man vollkommen Recht. Aber dann hat die Armee auch in Krakau, auch in Prag ihre Pflichten getan, nur in Wien hätte sie solche versäumt. (Bravo, auch Beifall von den Gallerien.)
Präs. Ich ersuche die Gallerten sich jeden Beifalls zu enthalten.
Abg. Borkowski. Hat die Armee ihre Pflichten, so hat sie der Reichstag auch, und wünschen wir aufrichtig eine Wiedergeburt im Geiste der Freiheit, so darf unsere Armee davon nicht ausgeschlossen werden. Sie besteht aus unseren Mitbürgern, aus unseren Brüdern, und es ist unsere Pflicht, auf die Armee einzuwirken. Es ist unsere Pflicht, die Armee in ihrem alten herkömmlichen Kastenbegriffe von Pflicht und Ehre nicht zu befestigen. (Beifall.) Nachdem sie also meine Herren, dieses gehört haben, so dürfen sie selbst urtheilen, ob eine Dankadresse unter solchen Umständen rathsam wäre, und ob sie ein schmeichelhaftes Anerkennen unserer eigenen Interessen abgeben würde; ich glaube mich hiermit auch gerechtfertigt zu haben, warum die Linke und der Abgeordnete für Lemberg in dieser Beziehung mit dem Abg. Strasser nicht einverstanden sein konnten. (Beifall von der Linken, Zischen von der Rechten.)
Präs. Nunmehr trifft die Reihe den Abg. Violand.
K l a u d y. Ich würde bitten, Herr Präsident, mir zu gestatten, mein Amendement früher zu begründen, indem dieses Amendement den Strasser'schen Antrag wesentlich berührt, und ich glaube, daß durch die Begründung des Amendements unter diesen Verhältnissen vorgesehen sein dürfte, um den anderen Herrn Rednern die Bekämpfung dieses Amendements möglich zu machen.
Präs. Es ist mir ein Verbesserungsantrag vorgelegt worden, aber ich bin der Meinung, daß der Abg. Klaudy, da er als Redner eingeschrieben ist, dann erst zur Motivirung seines Amendements schreiten dürfte, bis ihn die Reihe trifft.
Violand. (Besteigt die Tribune) Ich kann nicht umhin, dem Lobe unserer Armee als militärischen Körper, ich sage meine Herren ganz ausdrücklich als militärischen Körper, der Ruhmvolles geleistet hat, mich mit Freuden anzuschließen; doch es scheint mir dieses Lob unter so außerordentlichen, und ich kann wohl sagen exceptionellen Verhältnissen, daß ich bei meiner politischen Farbe, mir die Erlaubnis erbitte, einige Bemerkungen daran knüpfen zu dürfen. Schon zur Zeit des Wiener Kongresses haben viele bedeutende, aber unabhängig denkende Staatsmänner die Ansicht in Wort und Schrift angedeutet, daß die Erwerbung der losbardisch venezianischen Provinzen, für Österreich eine Quelle immerwährender Unruhen, fortwährender Exmeuten. der Erhaltung eines großen Armeeetats, diplomatischer Verwicklungen, und durch diese Umstände, politischer Schwächung werden dürfte. Das Voraussagen dieser Staatsmänner ist früher und trauriger in Erfüllung gegangen, als sie selbst gedacht haben. Österreich hätte nach ihrer Ansicht alle Krast dahin verwenden müssen, seinem historischen Entwicklungsgang gemäß sich an der Donau auszubreiten. Der maßgebende aber kurzsichtige Diplomat jener Epoche hat dieß nicht gewollt, sondern zog es vor, prahlend einem diplomatischen Einflusse zu Liebe, die österreichische Monarchie mit unzuverlässigen Provinzen auf der apenninischen Halbinsel zu erweitern, statt Österreichs Wohl durch Handelsverträge, statt Österreichs Civilisation eine Macht in den Donauländern, und dadurch im ganzen Oriente die fruchtbarsten Erfolge zu sichern. Die traurigen Folgen dieser Warnung gegen diese kurzsichtige Politik liegen nun mehr als je am Tage. Ströme von Menschenblut und den letzten Silbervorrats mußten wir verschwenden, um durch die Verwüstung unserer Städte, durch die Verwüstung unserer Ebenen, durch einen grausamen Vertilgungskremig in unseren eigenen Provinzen, den immerdar prekären Besitz derselben zu sichern. Diese düstere Bewegung hat zwar mit den Heldentaten unserer Armee unmittelbar nichts zu schaffen, sie haben mit der außerordentlichsten Entbehrung in dem Kampfe, mit einem Hass und Rache schnaubenden Volke ihre Pflicht erfüllt, und Österreichs Waffenehre gerettet. Es mischt sich mir in diese freudige Empfindung ein bitterer Tropfen von Wehmut, wenn sich jene Grausamkeiten, welche ein Theil unserer Armee gegen Unbewaffnete, Weiber, Greise und Kinder erlaubt haben sollen, bewahrheiten sollen. Ich lobe also die Tapferkeit der österreichischen Armee, erkläre aber im voraus, falls jene Gerüchte mehr als Gerüchte sein sollen, daß die strenge und unerbittliche Geschichte dieses jedenfalls aufklären, die dann wahrscheinlich von den Führern selbst angezettelten Rohheiten Einzelner genau darstellen wird, und ich kann mich des Gedankens nicht erwehren, daß der Besitz der losbardisch venezianischen Provinzen zwar den dynastischen Interessen entsprechen möge, daß aber sein Besitz kein gesicherter ist, und nur durch das permanente Standrecht, permanentes Kriegsgesetz und durch eine ungeheure Armee gefristet werden kann. Die wahre Staatswohlfahrt der österreichischen Völker hätte es gefordert, daß die Lombardien und Venedig durch Abschließung vorteilhafter Finanzierträge sogleich aus dem Gesamtverbände der österreichischen Monarchie freigegeben werde, was aber nach der letzten Proclamation des Feldmarschalls Radetzky, nach den letzten Vorgängen in Italien und nach der heutigen Erklärung des Kriegsministers, woraus wir wieder nicht ersehen, was das Ministerium in dieser Sache beabsichtige, mir nicht der Fall zu sein scheint. Das ist mein bedingt modificirten Lob über die Waffentaten in Italien.
Präs. Der Herr Kriegsminister hat das Wort. Latour (von der Tribüne.) Meine Herren! Ich glaube die hohe Versammlung legt einen so großen Werth aus ihre kostbare Zeit, auf die wichtigen Geschäfte, die ihr obliegen, daß sie mir erlauben werden, hier zu bemerken, daß es zu wünschen gewesen wäre, wenn die verehrten Redner, welche über diese Frage gesprochen haben, sich darauf beschränkt hätten, die hohe Versammlung um ihre eigenen Gefühle zu befragen. Hat die treue österreichische Armee, der Stolz des Vaterlandes, aller Provinzen, denn das werden Sie anerkennen, wenn die mit Lorbeeren geschmückten Truppen in ihre Heimat zurückkehren, ihre Brüder und Väter sie mit Jubel empfangen, um die Lorbeeren, die sie erworben, als ein Monument für die Zukunft zu bewahren, Ansprüche auf den Dank des Vaterlandes? darin werden Sie alle einig sein. Um diese Frage hat es sich gehandelt, nicht um eine weitläufige politische Dankadresse, nicht um die Frage, in welcher Form, in welcher Gestalt die italienischen Provinzen dem österreichischen Staate angehören sollen. Hat es sich gehandelt überhaupt über die gegenwärtigen Verhältnisse eine Discussion anzuregen? Ich glaube, meine Herren, daß ich ihnen einen Dienst erweise, wenn ich Sie bitte, die Discussion auf die Frage zu reduzieren, verdient die treue, tapfere Armee für ihre Großtaten, die Anerkennung und den Dank des Vaterlandes? Und das Vaterland ist in dieser hohen Kammer repräsentiert. Das ist die Frage, die ich mir erlaube, an Sie zu stellen. Ich glaube, daß Sie sich dadurch die kostbare Zeit und manche schmerzliche Empfindungen, welche verschiedene Redner in ihnen erwecken würden, ersparen, Ich bitte ! meine Herren, darüber zu entscheiden. (Beifall im Zentrum und rechts, Zischen links.) Präs. Abg. Füster hat das Wort. Füster. Das Dankes Votum, die öffentliche Dankeserklärung einer Kammer ist der höchste Lohn der bürgerlichen Gesellschaft, denn es ist der Lohn des ganzen Volkes. Dieser höchste Lohn gebührt aber auch nur den größten Thaten, solchen Thaten, welche nicht allein fleckenlos sind, sondern auch das Gepräge politischer Weisheit, nachhaltiger Wirksamkeit, daher das Gepräge des unvergänglichen Ruhmes in sich, an sich tragen. Auch darf die öffentliche Erklärung des Dankes einer Kammer, wie überhaupt keiner ihrer Beschlüsse wider die Grundsätze verstoßen, welche man das Lebensprinzip einer Kammer nennen kann, denn Widersprüche müssen überall vermieden werden. Das Dankesvotum an unsere italienische Armee wegen ihrer Tapferkeit, dieses soll hier besprochen werden, wir dürfen nicht zweifeln an der Tapferkeit, an der Aufopferungs- Freudigkeit unserer italienischen Armee, auch wollen wir gewisse Bedenken, die wider das Dankesvotum sich erheben könnten, niederschlagen, als z. B. folgendes Bedenken: Die Armee hat ihre Pflicht getan, sie hat kein besonderes Werk getan, da sie bloß die Scharte auswetzte, welche unserem Kriegsschwerte geschlagen würde; folglich könnte man daraus den Schluß ziehen, daß alle diese Tapferkeit nichts anderes war als bloße nackte Pflicht, um jene Scharte auszuwetzen; wir wollen dieß Bedenken niederschlagen. Ein anderes Bedenken wider das Dankesvotum ist, daß die Tapferkeit unserer Armee durch manche Grausamkeit befleckt worden ist; auch dieses Bedenken wollen wir niederschlagen. Ein deutscher Dichter sagt; Kriege sind Eisenkuren der Menschheit, Eisenkuren können nie ohne Schmerzen sein, auch geht der Schnitt leicht zu tief, und daher leicht zu entschuldigen manche grausame That. Wir wissen ja, daß es selbst oft geschieht, daß der friedfertige Bürger in der Kampfeswutz sich hinreißen läßt, manche grausame That zu verüben. Wie könnte man da den erbitterten todesmutigen Krieger so manche That, die er bei kaltem, ruhigen Blute vielleicht verabscheut, wie könnte man ihm dieß übel nehmen; wir schlagen auch dieses Bedenken nieder und hoffen, daß unsere Armee von jener Grausamkeit, der man sie geziehen hat, rein gewaschen sei; und ich wünsche, daß Alle daran glauben. Ein anderes Bedenken wider das Dankesvotum waren die mannigfachen Gerüchte, unter andern dieses, daß unsere Armee seindselig gesinnt wäre, wider die neue Ordnung der Dinge, wider die Freiheits- Bewegung, auch dieß beirrt uns nicht, wenn es auch Fälle gibt, daß einzelne oder viele so dächten, was ich aber durchaus nicht annehmen will, so wissen wir, wie es heut zu Tage mit Gerüchten geht, an demselben Orte, wo die neue Ordnung der Dinge sich gründete, vagieren so mannigfache Gerüchte, nun in weite Ferne kommen ganz entstellte Nachrichten. Dieses benimmt übrigens den Vorzügen desjenigen, der durch ein solches Gerücht sich irre führen läßt, ganz und gar nichts an seinem Werthe; auch dieses Bedenken schlagen wir gerne nieder. Wir haben aber ein anderes Bedenken wider das Dankesvotum an unsere Armee, das wir nicht niederschlagen können. Nur jener Mensch steht vollendet da, dessen Gedanken, Gefühle und Thaten ein Ganzes bilden; es ist eine Triebwurzel in ihm, ein Lebensprinzip, aus welchem alle ändern Functionen sich organisch entwickeln; wo das nicht stattfindet, ist ein Widerspruch sowohl bei einzelnen Menschen, als bei ganzen Körperschaften. Der Widersprüche soll sich Niemand schuldig machen. Wir hörten so oft in diesem Hause die Beteuerungen, daß das demokratische Prinzip die Triebwurzel, das Lebensprinzip dieser ersten österreichischen Volks Versammlung sei, nun denn, so mögen denn auch alle Lebens Funktionen des Reichstages aus dieser einen Triebwurzel hervorsprossen. Alle Lebens Funktionen des Reichstages mögen das Gepräge dieses demokratischen Prinzips in sich und an sich tragen. Dergleichen der Beschluß in Beziehung auf das Dankesvotum. Den italienischen Krieg haben wir unter den vielen traurigen Erbstücken der alten absoluten Regierung über uns nehmen müssen. Ich nenne diesen Krieg ein trauriges Erbstück, und bin überzeugt, daß in gewisser Beziehung Jedermann damit einverstanden ist. Ein französischer Staatsmann sprach: Italien ist wie eine zarte Blume, die blühen will, die aber eine kalte rauhe Hand auf allen Seiten zusammendrückt. Ich will nicht behaupten, daß dieser Spruch für Alles gilt, was die österreichische Regierung einst getan hat, aber bekannt ist, daß nebst den langsamen dem feurigen Italiener doppelt schwierigen und unangenehmen Geschäftsgang ein schwerer Polizeidruck auf dem Lande lastete.