Støeda 13. záøí 1848

Offizielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.

 Einundvierzigste Sitzung des konstituirenden Reichstages. am 13. September 1848.

Tagesordnung:

I. Ablesen des Protokolles vom 11. September.

II. Bericht über die Wahlacte.

III. Beratung über den SelingerStrasser´schen Antrag.

IV. Motivierung des Antrages des Abg. Brestel auf Niedersetzung einer Kommission für die Beziehungen der auf dem Reichstage vertretenen Länder zu den übrigen Teilen der österreichischen Monarchie.

V. Motivierung des Antrages des Abg. Jonak auf Niedersetzung eines volkswirtschaftlich Ausschusses.

VI.  Anklage  des  Abg.  Sierakowski   gegen das vorige  Ministerium.  Hofloge leer:  Vorsitzender:  Präsident S t r ob a c h. Auf der Ministerbank: Doblhoff, Latour, Bach, Krauß, Schwarzer, Hornbostl. Anfang um halb 11 Uhr.

Präs. Die zur Eröffnung der Sitzung erforderliche Anzahl der Deputaten ist anwesend; ich erkläre die Sitzung für eröffnet. Ich ersuche den Herrn Schriftführer das Protokoll der letzten Sitzung vorzulesen.

Secret. Cavalcabo. (Liest das Protokoll.) P r ä s. Wünscht Jemand das Wort zu ergreifen?  Diejenigen Herren, welche sich für Genehmigung des Protokolls aussprechen, wollen es durch Aufstehen kund geben. (Wird genehmigt.)

Secret. Streit. Ich muß zu dem abgelesenen Protokoll noch bemerken, daß nicht der Abg. Plicker, sondern der Abg. Miklositsch von dem Abg. Stadion für die Kommission gewählt worden sei.

Präs. Ich habe eine Interpellation zu beantworten, die der Abg. Hawliczek in der letzten Sitzung an mich gestellt hat; sie betrifft lediglich die Verteilung jener Druckschrift, welche die Verhältnisse Croatiens zum Gegenstande hat. Der Herr Ordner, welcher die Verteilung aller Druckschriften hier besorgt, namentlich der Herr Abg. Podlewsky, hat mir bekannt gegeben, daß die Verteilung dieser Druckschrift nicht von Seite der Ordner stattfand, sondern, daß der Herr Abg. Löhner den einzelnen Gliedern der Versammlung mit dieser Druckschrift ein Geschenk machte. Ich glaube damit ist die Interpellation erledigt. Ich erlaube mir noch zu fragen, ob von jener Kommission, welche die Angelegenheiten des Abg. Stadion zu untersuchen hat, bereits der neunte Herr, der Obmann gewählt sei. Doliak. Nein, bisher noch nicht, wir werden heute zusammenkommen.

Präs. Ich muß daher die Herren bitten, sich morgen im Kommissionszimmer zu versammeln, um die Wahl dieses neunten Herrn als Obmannes vorzunehmen.

Gobbi. Da ich schon feit mehr als 2 Monaten das Amt eines Ordners bekleide, und die Geschäfte des Verfassungsausschusses meine Zeit sehr in Anspruch nehmen, so stelle ich an die hohe Kammer die Bitte, mich für die Zukunft meines Amtes entledigen zu wollen.

Präs. Aus Anlaß dieser Resignation wäre die Wahl eines Herrn Ordners vorzunehmen, indem den Herren Ordnern das Recht zusteht, nach Verlauf von 8 Wochen ihre Ersetzung zu verlangen. Ich würde mir erlauben, den Antrag zu stellen, daß vielleicht die Wahl auch heute Nachmittags vorgenommen würde, und mit der Präsidentenwahl in Verbindung zu setzen wäre. Eben aus Anlaß dieser Bemerkung glaube ich auch auf einen Umstand aufmerksam machen zu müssen. Es enthält der §. 33 der Geschäftsordnung die Bestimmung, daß die Abteilungen nach 8 Wochen neuerdings wieder zusammenzusetzen sind. Die 8 Wochen sind verstrichen, indem die erste definitive Verlosung mit der ersten Präsidentenwahl Zusammenziel; seitdem aber 8 Wochen vergingen. Ich würde mir daher den Vorschlag erlanden, damit die Herren sich morgen nach Gouvernements versammeln, und etwa um 10 Uhr in den gewöhnlichen Localitäten, wo die Gouvernements zusammenzukommen pflegen, die Verlosung vornehmen, wie die Geschäftsordnung es bestimmt. Dann bitte ich jene Herren Glieder bekannt zu geben, welche aus den Gouvernements in jene Kommission gewählt wurden, die das Entschädigungsgesetz über die auf gehobenen Urbarballasten zu beraten und zu begutachten hat.

Secrät. Streit. Für das Gouvernement Tirol und Vorarlberg wurden gewählt:

Die Abg. Pretis, Bernardelli, Stöckl, Haßlwante.. und Zwickle. Für das Gouvernement Galizien:

Die Abg. Pienczikowsky, Popiel, Wienkowsky. Jaruntowski und Doliak. Für das Gouvernement Oberösterreich und Salzburg: Die Abg. Meindl, Peitler, Herndl, Klausner und Huemer.

Präs. Jetzt dürfte nur noch die Wahl namentlich von Niederösterreich ausständig sein, und ich bitte die Herren, diese Wahlen allenfalls morgen um 9 Uhr in diesem Gouvernement vorzunehmen, und übermorgen oder Samstag vor der Sitzung wären dann die Funktionäre zu wählen. Zu diesem Behufe dürften die gewählten Herren um 9 Uhr im Commissionszimmer im zweiten Stock zusammenkommen, um die Funktionäre zu wählen. Ferner muß ich dem hohen Hause anzeigen, daß das Justiz  Ministerium auf den Tisch des Hauses jene Instruktion niedergelegt hat, welche dem Ministerkommissar Montecuccoli in Betreff der Justizregulierung im lombardischvenezianischen Königreiche erteilt wurde. Diejenigen Herren, welche den Inhalt dieser Instruction einzusehen wünschen, wollen sich dießfalls an den Schriftführer Streit wenden.

An Urlauben habe ich dem Herrn Abg. Leeb und dem Abg. Kowarz einen 3täg., aus den angezeigten triftigen Gründen bewilligt, und zeige es der hohen Kammer an. Es sind aber auch noch anderweitig Urlaubsgesuche hier, welche von der Kammer zu erledigen wären. Ich ersuche den Herrn Schriftführer, die Mitteilung davon zu machen.

Schriftf. Ullepitfch. Ich habe vorerst zu bemerken, daß laut des im Vorstandsbureaus geführten Ausweises, sich die Zahl der bis jetzt angemeldeten Abgeordneten aus 375 belaufe, wovon 29 auf Urlaub abwesend sind. (Liest hierauf folgende Urlaubsgesuche:

1. das des Abg. Mathis Max, um einen 14täg.

2. das des Abg. Zapletal Johann um einein 6täg., und

3. das des Abg. Bonaventura Szeleszczinski um einen 14täg. Urlaub, welche alle von der hoher Kammer bewilligt werden.)

Präs. Nunmehr wäre das Verzeichniß über die eingekommenen Eingaben abzulesen.

Schriftf. Streit. Vorläufig bringe ich noch zur Kenntniß des hohen Hauses, daß die Abg. Czuperkowitz und Bodnar einen Protest angemeldet haben, daß in die Entschädigung  Commission kein Abgeordneter aus der Bucowina gewählt worden sei. Abg. P o d l e w s k i. Fünf von den Abgeordneten aus der Bucowina haben erklärt, daß sie einen von den Galiziern wählen wollen, und sie haben ihn auch gewählt.

Abg. Czuperkowic, Wir sind keine fünf, einer ist schon zwei Monate krank, er kommt gar nicht in den Reichstag. Präs. Ich erlaube mir zu bemerken, der Protest ist angemeldet, und eine Verhandlung darüber kann ich nicht zulassen. Ich glaube, ihre Gründe und Bedenken werden Sie in dem Proteste niederlegen, und ein anderes Mittel gibt es wohl nicht.

Secr. Streit. Liest die am 10. September eingelangten Eingaben.

P r ä s. Es ist mir der eben genannte Antrag des Abg. Brestel übergeben worden, mit der Eröffnung, daß dieser Gegenstand sehr dringend sei, und daß es daher sehr wünschenswerth wäre, dem Abg. Brestel gleich jetzt die in der Geschäftsordnung vorgeschriebene Motivierung zuzugestehen, und in dieser Beziehung die Tagesordnung abzuändern. Ich werde mir erlauben, diesen Antrag per extensum vorlesen zu lassen, und dann die hohe Kammer fragen, ob sie in diese Abänderung der Tagesordnung einzugehen wünsche.

Secr. Streit liest den Antrag vor, er lautet: Antrag des Abg. Brestel Rudolph und Joseph Goldmark. Der hohe Reichstag möge beschließen: In Anbetracht der mißlichen Verhältnisse, in welcher sich der Gewerbsstand der Stadt Wien befindet, und in Berücksichtigung der großen Opfer, welche derselbe seit den Märztagen der Freiheit und gesetzlichen Ordnung gebracht hat, ist dem hohen Ministerium ein Kredit von 2 Millionen Gulden Conv. Münze zu dem Ende eröffnet, um durch unverzinsliche Vorschüsse den Gewerbetreibenden der Stadt Wien in ihrer bedrängten Lage aufzuhelfen. Wegen sehr großer Dringlichkeit wolle die hohe Versammlung dem Abg. Brestel noch heute eine kurze, höchstens 5 Minuten dauernde Begründung gestatten. Den 13. September 1848. R. Brestel. J. Goldmark. Den nebenstehenden Antrag unterstützen die Abgeordneten Purtscher, Sierakowsky, Löhner.

Violand Jos

Dr. Zimmer

Klausner Michael.

Pokorni.

Sonntag Leopold.

Micovsky.

Egidy Fritsch.

Bittner.

Jos. Fischer.

Kudlich.

Jos. M. Eichler.

Umlaust.

Jos. Riegler.

Zöpfl.

Bilinski.

Hubitzki.

M. Herndl.

Stradal.

Gr. Bauer.

Marcher.

Fr. Redl.

Podlewski.

Jos. Leberl.

Thar Michael.

Scherzer.

Palatzki.

(Es unterstützen noch viele Abg. diesen Antrag durch Aufstehen, welche nicht unterschrieben sind.)

Präs. Ich erlaube mir zu bemerken, daß die Debatte gegenwärtig nur auf das Formelle fällt, und sich nur darauf beziehen dürste, ob sogleich zur Motivierung zu schreiten sei, oder nicht; erst dann, nachdem diese Zulassung beschlossen ist, wird weiters darüber debattiert werden können. D i l e w s k i. Ich erlaube mir nur die kleine Bemerkung, daß es mich wundert, wie ein Antrag, der außerhalb der Kammer gestellt wurde, auch außer der Kammer unterstützt wurde; man will aus diesem Antrage ein Mittel der Partei machen. Ich glaube, auch andere ohne Rücksicht, ob sie zu dieser Partei gehören oder nicht, wollen diesen Antrag unterstützen. Ich will ihn unterstützen, obwohl ich ihn nicht hinter der Kammer unterstützt habe.

Präs. Die Unterstützung ist in der Kammer gestellt worden, ich sehe es aus dem Aufstehen, die Mitfertigung des Antrages selbst dürste eine Art Beteiligung, es dürfte ein Gesamtantrag sein.

Brestel. Ich wollte auf die Bemerkung des Herrn Abg. Dilewski nur antworten, daß es meines Wissens in der Geschäftsordnung nicht untersagt ist, daß mehrere Abgeordnete gemeinschaftlich einen Antrag stellen. Wenn ich mehrere meiner Kollegen ersucht habe, meinen Antrag zu unterschreiben, um so gleichsam einen Kollectivantrag zu stellen, zu dem wir berechtigt sind, so habe ich es nur deßhalb getan, um dadurch möglich zu machen, daß die Motivierung mir heute schon erlaubt werde, weil ich weiß, daß nach der Geschäftsordnung möglicher Weise mein Antrag nicht zur Motivierung gekommen wäre.  Wegen der Dringlichkeit habe ich mehrere einzelne Kollegen, mit denen ich zufällig zusammen gekommen bin, ersucht, den Antrag zu unterschreiben. Keineswegs will ich eine Parteisache daraus machen. Dilewski. In dieser Hinsicht fühle ich mich auch gekränkt von Herrn Abg. Brestel, weil er mich nicht auch zu seinem Kollegen angenommen hat. (Bravo.)

Präs. Der Abg. Smolka hat das Wort. Brestel. Ich habe nicht die Ehre gehabt, mit ihnen zusammen zu kommen.

Präs. Der Abg. Smolka hat das Wort. Smolka. Ich wollte nur bitten, nachdem der Herr Präsident angeordnet haben, daß neue Abtheilungen gelost werden sollen, und dieses auf irrthümlichen Voraussetzungen beruht, als ob die Zeit schon abgelaufen sei, wollte ich den Herrn Präsidenten aufmerksam machen, daß diese Anordnung zur Bildung neuer Abtheilungen erst am 27. September ausgeht, und nicht zusammenfallen kann mit der Präsidentenwahl. Diese wurde vorgenommen, nachdem der §. 9 der Geschäftsordnung angenommen war, die Abteilungen wurden aber erst gewählt, nachdem die §§. 35, 36, 37 angenommen waren. Ich habe es mir genau angemerkt, daß die Zeit, für welche dieser Ausschuß gewählt wurde, erst am 27. September ausgehe.

Präs. Dann habe ich mich auf eine irrthümliche Mittheilung gestützt. Vor dem Ausgange der Sitzung werde ich mir das dießfällige Protokoll vorlegen lassen, und wenn Irrthümlichkeiten statt gefunden haben, so werden sie sich von selbst beheben. Wünscht Jemand noch das Wort in dieser Formalengelegenheit? Pillersdorff. Ich bitte ums Wort, um das zu bemerken, was bereits der Herr Abg. Dilewski bemerkt hat. Die Deputierten Wiens befinden sich in einer Stellung, die in der Angelegenheit für das Interesse und den Gewerbstand dieser Residenz von höchster Wichtigkeit ist. Sie sind verpflichtet, Alles das im Reichstag zu heben, was zur Begegnung dieser Schwierigkeit erforderlich ist. Ich glaube daher erwähnen zu müssen, daß der Abgeordnete, welcher den Antrag gestellt hat, auch den übrigen Deputierten Wiens die Sache hätte mittheilen sollen; und ich bin überzeugt, daß sich alle dabei beteiligt hätten, und niemals die Absicht haben würden, sich auszuschließen, sondern ihre Überzeugung auszusprechen, was sie nur immer tun, nach ihrem besten Willen tun können, um den beantragten Zweck zu fördern. (Beifall.) Neu manu. Als Deputierter der Leopoldstadt unterschreibe ich die Worte des geehrten Redners vor mir im vollsten Umfange, und bedaure nur, dass der Deputierte für die Roßau nicht auch die übrigen Kollegen zur Unterschrift dieses Gesuches angegangen hat.

Löhner. Ich habe nur eine einfache Bemerkung zu machen, daß die Umstände, die den Abg. Brestel und einige seiner Freunde bewogen haben, diesen Antrag als dringlich also gleich vorzubringen, erst gestern Abends ihr Ende erreicht haben, daß also die Stunde selbst uns sehr wenig Zeit gelassen hat, um den Antrag vorläufig Mehreren mitteilen zu können.

Präs. Abg. Schuselka hat das Wort. Schuselka. Es ist in diesem sehr zweckmäßigen Antrag bloß von dein Gewerbstande der Stadt Wien die Rede; ich muß als Vertreter des Gewerbstandes außer den Linien Wiens die hohe Reichsversammlung auffordern, wenn sie diesen Antrag, wie zu hoffen ist, annimmt, ihn auch auf die Bewohner von Fünf und Sechshaus auszudehnen; denn dort lebt eine Masse des kleinern Gewerbstandes, der nicht nur durch die jetzigen Zeitverhältnisse gelitten hat, sondern wesentlich dadurch, daß jene Bezirke in den Märztagen der Plünderung ausgesetzt waren, bedeutende Verluste erlitten, und wirklich unter die Martyrer der Freiheit Österreichs zu rechnen sind. (Beifall)

Pinkas. Dieselben Übelstände sind leider auch bei dem Gehrwerbstande der Stadt Prag fühlbar her vorgetreten. Wenn dieß Princip, welches ich vollständig billige, angenommen wird, so muß ich gleiche Berücksichtigung auch für die Stadt Prag, welche zu vertreten ich die Ehre habe, in Anspruch nehmen. Präs. Es handelt sich bloß um die formelle Frage, ob nämlich wider die bestimmte Tagesordnung dieser Antrag sogleich zur Motivirung gelangen soll? Wenn die Herren auf die Debatte verzichten wollten, würde ich die Abstimmungsfrage stellen, dann wäre der Antrag vorzulesen und zu motiviren. Wir dürften so früher zum Ziele kommen. Diejenigen Herren, welche dafür sind, daß der Antrag des Abg. Brestel heute noch zur Motivirung gelange, wollen aufstehen. (Einhellig angenommen.) Brestel liest noch mal seinen Antrag vor. Meine Herren! Indem ich mir erlaube, diesen Antrag der hohen Versammlung vorzulegen, sehe ich sehr wohl ein, daß im Allgemeinen solche Unterstützung der Industrie von Seite des Staates nicht zulässig sein kann, ich sehe sehr gut die Gründe ein, welche aus staatsökonomischen Rücksichten gegen eine solche Unterstützung geltend gemacht werden können; ich muß Sie auf die ganz exceptionelle Lage aufmerksam machen, in der sich im Allgemeinen der Gewerbsstand, insbesondere der der Stadt Wien befindet. In Berücksichtigung dieses exceptionellen Umstandes dürfte hier dem Gewerbsstande von den Bewohnern eine specielle Unterstützung wohl zukommen. Meine Herren, die Gewerbstreibenden der Stadt Wien waren schon vor den Märztagen in Folge der Theuerung des letzten Jahres, der Mißjahre, der Gewerbsstockung in ziemlich trüber Lage, diese Lage hat sich seit den Märztagen immer mehr und mehr verschlimmert, indem eine vollkommene Gewerbsstockung eingetreten ist; indem überhaupt durch die Störung in ganz Europa der Verdienst bedeutend geschmälert würde. Zugleich befanden sich die Gewerbstreibenden nicht bloß in der Lage, große Opfer bringen zu müssen, sondern ich weise noch hier auf den anhaltenden Nationalgardedienst, den die Bürger der Stadt Wien zu verrichten gezwungen waren, den sie ganz freudig geleistet haben, und der ihnen nicht wenig bedeutende Opfer zu bringen gekostet hat; diesen Dienst, ich mache darauf aufmerksam, haben die Bewohner der Stadt Wien nicht bloß der Commune Wien, sondern dem gesamten Staate geleistet, sie haben nicht bloß die Ordnung und Sicherheit in ihren eigenen Räumen aufrecht erhalten, das war der weit geringere Dienst, den sie geleistet haben, sondern sie haben die Freiheit im gesamten Staate gewahrt. Meine Herren, sie haben sich freiwillig dazu angeboten, daß sie durchaus den Wachdienst in der gesamten Stadt mit Ausschluß der Garnison leisten wollen; dieses Anerbieten aber haben sie durchaus nicht gemacht in Beziehung auf ihre eigene Sicherheit der Person und des Eigenthums, dieß wäre durch den Militärdienst ebenso gut gesichert gewesen; diesen Antrag haben sie gemacht in Rücksicht auf die Garantie der Freiheit, in Rücksicht auf die Garantien unserer Errungenschaften. Sie haben in dem Falle Opfer gebracht, nicht der Commune allein; sie haben Opfer gebracht dein Gesammtstaate; und in Rücksicht auf diesen Punct wage ich es meine Herren Sie aufzufordern, ihnen eine Unterstützung aus Staatsmitteln zuzugestehen, eben weil die Opfer, die sie gebracht haben, dem Staate gebracht würden. Ich glaube damit zu gleicher Zeit auf eine Einwendung entgegnen zu müssen, die man im Voraus machen kann, daß, wenn eine Unterstützung der Stadt Wien zugewendet wird, sie ebenfalls anderen Städten zugewendet werden müsse. Ich verkenne durchaus nicht die mißliche Lage, in der sich der Gewerbsstand anderer Städte befindet; ich meinestheils wäre durchaus nicht entgegen, dort, wo es nothwendig ist, ähnliche Unterstützungen auch anderen Gemeinden zukommen zu lassen, aber ich muß, wie ich eben bemerkte, auf den wesentlichen Unterschied aufmerksam machen, der hier zwischen der Stadt Wien und den andern Gemeinden darin liegt, daß die Stadt Wien Opfer gebracht hat, die sie nicht bloß für sich allein, sondern für den Gesamtstaat gebracht hat. Zu gleicher Zeit unter vielen Umständen, die wesentlich den Gewerbsstand der Stadt Wien herabgebracht haben, sind auch die Vorgänge in Südungarn und im Banat, durch welche der Absatz unserer Industriefabrikate bedeutende Störungen erlitten hat. An diesen Vorgängen, ich will nicht näher jetzt darauf eingehen, hat mehr oder weniger, wenn nicht direct, so doch indirect der Staat selbst Schuld; es ist daher auch in dieser Beziehung nicht mehr als billig, wenn man einige Rücksicht auf die Leute nimmt, die durch diese Vorgänge gelitten haben, was eben bei dem Gewerbsstande der Stadt Wien der Fall ist. Ich will mich, wie gesagt, nicht in lange Erörterungen einlassen; die Noth ist wirklich bedeutend; den Leuten kann nicht wie den Arbeitern, dadurch geholfen werden, daß man ihnen Almosen gibt, ihnen kann nur dadurch geholfen werden, daß man ihnen die Mittel an die Hand gibt zu arbeiten, das heißt, daß man ihnen das Capital, was sie brauchen vorschießt, denn das Capital was diese Leute besessen haben, haben sie im Verlaufe der schlechten Zeiten vollkommen zugesetzt. Ich mache sie aber noch auf das aufmerksam, daß das Opfer, welches der Staat dadurch bringt, daß er durch eine gewisse Zeit ein unverzinsliches Anlehen den Bürgern gibt, sehr unbedeutend ist, deßhalb, weil eben durch dieses Anlehen dem Staate eine bedeutende Steuerkraft erhalten wird, die demselben sonst unwiederbringlich verloren gehen würde. Viele dieser Leute sind nämlich nahe am Abgrunde des Verderbens, gehen sie unter, so ist ihre Steuerkraft, ihre Tätigkeit dem Staate vollkommen verloren, durch eine solche Unterstützung können sie aber dein Staate erhalten werden, und es dürfte der Verlust an Zinsen bedeutend eben durch die Erhaltung der Steuerfähigkeit gedeckt werden, und es ist sonach der Verlust, der an und für sich nicht groß ist, noch bedeutend geringer, wenn man auf diesen Umstand Rücksicht nimmt. Was aber das Kapital betrifft, so ist der Verlust, der an Zinsen dem Staate eintreten würde, gar keiner oder doch nur ein höchst unbedeutender, denn die Ehrenhaftigkeit des Gewerbsstandes der Stadt Wien ist hinlänglich bekannt, um die feste Überzeugung zu verschaffen, daß er seine letzten Kräfte anstrengen wird, um dem Staate für das ihm darrgeliehene Kapital gerecht zu werden. (Beifall.)

Die Sache glaube ich, liegt so nahe und ist so wichtig, daß ich keine weitern Worte darüber verlieren mag, und ich begnüge mich nur mit dem, Ihnen diesen Antrag bringendst zu empfehlen, denn sie werden dadurch einer sehr großen Anzahl würdiger Bürger eine wirklich höchst notwendige und gewiß dankbar anerkannte Unterstützung angedeihen lassen. Ich schließe nur mit er Bitte meine Herren, da nach dein alten Sprichworte: "wer schnell gibt, doppelt gibt, '' diesen Antrag so schnell als möglich ohne sich an die langen Formen zu halten, zu bewilligen, und daher ihn so bald als möglich an die Tagesordnung zu setzen. (Bravo, Beifall.)

Abg. Goldmark. Ich erlaube mir, der hohen Kammer den Antrag zu stellen, daß man diesen Antrag sogleich auf die Tagesordnung nehme, d. die Dringlichkeit des Gegenstandes selbst durch den frühern Redner hinlänglich dargetan ist, da die Vornahme dieser Beratung durchaus keine Gefährlichkeit für sich hat, so trage ich darauf an, man möge den Antrag sogleich in Beratung ziehen, und heute auch zur Beschlagnahme darüber zu gelangen. Präs. Wird dieser Antrag unterstützt? (Sehr zahlreiche Unterstützung.) Wünscht noch Jemand das Wort über diese rein formelle Frage? 

Abg. Pillersdorff. Nicht in Beziehung auf die formelle Frage, sondern auf die Sache selbst.

Präs. Ich wünschte, daß wir früher mit der formellen Frage fertig würden, weil es zum Ziele führt; denn sollte beschlossen werden, daß der Antrag nicht auf die Tagesordnung kommt, so wäre Schade um die Zeit. Wünscht noch Jemand zu debatieren über die formelle Frage, daß dieser Antrag sogleich in Vollberatung und zwar am heutigen Tage gezogen werde.

Abg. Pinkas. Ich mache den Antrag, daß diese Frage zuerst der Finanzcommission (Zischen von der Linken) zugewiesen werde, und zwar mit dem Austrage, daß sie binnen 24 Stunden Bericht zu erstatten und vorzulegen habe, um diesen dann in Vollberatung zu nehmen.

Präs. Ich bitte mir diesen Antrag schriftlich vorzulegen. Wird dieser Antrag unterstützt? (Geschieht.) Er ist zureichend unterstützt. Wünscht noch Jemand das Wort zu ergreifen über den formellen Antrag? Goldmark. Ich muß mich gegen den Antrag des Abg. für Prag erklären. Meine Herren! 24 Stunden ist eine sehr bedeutende Zeit, 24 Stunden zu hungern glaube ich, wenn man schon Monate lang Opfer bringt, wenn man bis auf den letzten Kreuzer sein Hab und Gut auf den Altar des Vaterlandes niedergelegt hat, ist eine lange Folterzeit. Meine Herren, 24 Stunden warten zu lassen, nur um eine Sicherheit zu haben, daß etwas gegeben werde, ist eine noch längere Zeit.  Endlich 24 Stunden der Kommission anzuberaumen, die zu diesem Beraten nicht einmal berechtigt ist, dagegen muß ich auf das Entschiedenste sprechen, denn die Finanzcommission hat nur die Rechnungen, die von früheren Jahren her vorgelegt werden, zu prüfen, aber die Quelle, wie das Geld herzuschaffen sei, wird wohl nicht die Finanzcommission anzugeben vermögen. Ich glaube daher, es liegt gar kein Grund vor, warum wir diesen Gegenstand einer Kommission überweisen sollen, warum wir noch 24 Stunden zögern sollen, und diesen Gegenstand einer Finanzcommission übergeben, die uns gar nichts Neues sagen kann, die aber auch keine neuen Modificationen angeben kann, ich glaube wir können diesen Gegenstand hintendrein der Finanzcommission übergeben, bei der Ausführung mitzuwirken, nicht aber bei der Vollberatung. Minister Hornbostl. In Entgegnung auf die Bemerkung des Abg. Goldmark will ich nur erwähnen, daß die Finanzverwaltung bereits 500. 000 Gulden zum Zwecke für Unterstützung mittelloser Gewerbetreibenden bestimmt hat, daß das Ministerium die Verfügung getroffen hat, daß diejenigen, welche durch den Privatverein mit Hoffnungen getäuscht worden sind, schon heute mit einem baren Geldbetrage Unterstützung finden werden. Es ist die Verfügung getroffen worden, daß heute die Einlösung der Serien von l bis 1000, morgen die Serien von 1000 bis 2000, übermorgen von 3 bis 4000 u. s. w. in einzelnen Teilbeträgen an die Gewerbetreibenden erfolgen werde, gegen die Einlage eines Schuldscheines an die Staatsverwaltung. Und diese Verfügung ist in der allerliberalsten Weise beantragt worden. Ich glaube daher, daß diese. 500. 000 Gulden einstweilen genügen, und daß der Finanzcommission die Zeit gegönnt werden soll, um die näheren Modalitäten genau und gründlich zu prüfen. R i e g e r. Der Herr Abgeordnete der vorgesprochen hat, hat gesagt, daß diese Leute hungern, und wenn Jemand hungert, daß auch auf 24 Stunden die Sache nicht verschoben werden dürfe. Ich glaube, wenn diese betreffenden Bürger hungern, so mußte das auch den Herrn Abg. früher bekannt sein. (Sich gegen den Abg. Goldmark wendend.) Ich begreife nicht, daß Sie als Abg. dieser Stadt so lange in Unwissenheit dieses Umstandes geblieben sind, und falls Sie diesen Umstand gewußt haben, so begreife ich nicht, wie Sie so unbarmherzig sein konnten, mehrere Wochen abzuwarten, und Ihren Antrag nicht längst einzubringen. Ich glaube, daß 2 Millionen nicht zu viel sind für den großen Notstand, der in dieser Stadt herrscht, und daß die 500. 000 Gulden, von denen der Herr Minister so eben gesprochen hat, nicht hinreichen dürften, um das Bedürfniß dieses Teiles der Bevölkerung zu decken, daß aber deßhalb der Finanz  Kommission nicht die Zeit von 24 Stunden gegönnt werden solle, um gegründete Vorschläge zu machen, kann ich nicht glauben, um so mehr, als für das Dringendste durch diese 500. 000 Gulden gesorgt ist. Ich erinnere darauf, daß der Finanzminister vor Kurzem gesagt hat, daß er den Kredit von 20 Millionen, welchen wir ihm bewilligt haben, nicht ganz in Anspruch zu nehmen hoffen, und daß ein bedeutender Teil übrig bleiben werde; ich glaube daher, es dürfte vielleicht gar nicht nötig sein, neue 2 Millionen zu bewilligen, sondern es dürfte der Finanz  Minister angewiesen werden, aus dem bewilligten Kredite von 20 Millionen, 2 Millionen für diesen Zweck zu verwenden. 

Abg. Trojan. Wir werden uns wohl alle erinnern, es wird jedem noch im frischen Angedenken geblieben sein, welche Vorwürfe von Überstürzung und dergleichen wir zu erdulden hatten, als wir dem Ministerium, über Vortrag und Antrag unserer eigenen Kommission, nach mehreren Wochen einen Kredit von 20 Millionen bewilligt haben, und es war im Interesse, in einem ganz gewiß nicht minder dringenden Interesse des ganzen Staates, und nun wollen Sie meine Herren, die Sie damals protestierten, uns nicht gestatten, daß wir wenigstens 24 Stunden in Anspruch nehmen, um die Anforderung sowohl selbst zu überlegen, als auch um dieselbe einer vorläufigen Prüfung zu unterziehen, und uns eine gehörige Detail Ausarbeitung darüber vorlegen zu lassen, von der für ähnliche Anliegen schon bestehende Kommission? Wir haben jetzt noch keine Vorlage, die entweder von einem erwählten Organe aus unserer Mitte hervorgegangen, oder von dem verantwortlichen Ministerium gemacht wäre, wir kennen die Verhältnisse der Stadt nicht so genau, um sie mit Zuversicht beurteilen zu können, dieselben müssen uns aber früher dargetan werden, ehe wir darüber beschließen. Ich glaube daher, es sei billig, daß insbesondere mit Hinweisung auf die Mittheilungen des Ministeriums, daß für die dringendsten Bedürfnisse wenigstens der nächsten Tage bereits gesorgt sei, die Entscheidung mindestens auf morgen verschoben bleibe; wir könnten es vor unsern Komittenten sonst unmöglich rechtfertigen, wenn wir sogleich ohne alle Vorerhebungen einen neuen Kredit bewilligen möchten. Die Zeit von 24 Stunden ist offenbar die kürzeste, notwendige Frist, um den Gegenstand der Finanz  Kommission zur Vorberatung übergeben, und hiernach einen wohlbedachten Beschluß fassen zu können.

S z a b e l. Ich muthe es dem Umstande zu, daß der Herr Handelminister nicht anwesend war, als der Antrag des Abg. Brestel von ihm selbst motiviert wurde, indem er dann die 2 Millionen, die als Vorschuß für den notleidenden Gewerbstand verlangt wurden, nicht mit jenem Verhältnisse, welches gestern eine Angelegenheit im Ministerium zur Sprache brachte, und worüber die Anwendung der 500. 000 Gulden verfügt wurde, in Zusammenhang gebracht hätte. Ich glaube, daß die gestrigen Ereignisse, welche sich auf einen Aktienverein, der reiner Privatnatur ist, beziehen, durchaus nicht mit jenen 2 Millionen, welche dem notleidenden Gewerbstande als unverzinslicher Vorschuß bewilligt werden sollen, in Zusammenhang zu bringen sind. Ich glaube aufmerksam machen zu müssen, daß wir nicht mehr darauf eingehen, diese von einander wesentlich verschiedenen Gegenstände mit einander zu vermengen. Was die Bewilligung jener 2 Millionen betrifft, so zweifle ich nicht, daß sie Angesichts der dringenden Verhältnisse von der Kammer bewilliget werden: aber ich muß diese Verzögerung von 24 Stunden selbst in Anspruch nehmen, weil ich es für eine Unmöglichkeit halte, einen Kredit von 2 Millionen zu bewilligen, ohne die Modalitäten, welche mit einem zinsenlosen Vorschuß verbunden sind, zu bestimmen. Ich würde den Antrag des Abgeordneten Brestel unbedingt unterstützen, wenn darin irgend eine Modalität enthalten wäre, weil er jedoch im Allgemeinen gehalten ist, so wünschte ich, daß der Antrag an die Finanz  Kommission geleitet werde, damit dieselbe morgen darüber Bericht erstatte, und dann die Verhandlung fortgesetzt werde, denn so sehr ich die Dringlichkeit dieses Antrages einsehe, und die Ansichten, welche der Abg. Brestel ausgesprochen hat, unbedingt teile, so sehe ich andererseits die Notwendigkeit ein, diesen Gegenstand der Erörterung der Kommission zu unterziehen. Ein Abgeordneter. Ich trage auf den Schluß der Debatte an. Brestel. Ich will nur noch etwas bemerken. Ich bin vollkommen damit einverstanden, daß der Antrag an die Finanz  Kommission gewiesen werde, gegen dem, daß morgen der Bericht darüber erstattet werde.

Präs. Zuvörderst ist jetzt der Abg. Neumann als Redner eingeschrieben. Wünscht der Herr Abgeordnete noch das Wort?

N e u m a n n. Ich verzichte auf das Wort, nachdem der Abgeordnete für die Rossau dasselbe gesagt


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP