Präs Eben deßhalb warte ich noch einige Augenblicke, um mit der Zählung vorgehen zu können Abg. Löhner. Der Herr Präs. läßt das Haus zählen, um zu entnehmen, ob es beschlußfähig ist; es hängt davon gewiß ab, ob wir beschlußfähig sind; im Falle, daß wir nicht beschlußfähig sind, so melde ich meine Forderung an, und im Falle als sie heute nicht stattfinden kann, daß sie morgen stattfinde.
Präs. Ich erlaube mir zu bemerken, daß ich bei der Zählung, nach der Geschäftsordnung keine Gegenprobe kenne.
(Aufregung, einige Mitglieder entfernen sich. )
Ich ersuche, meine Herren, von dem Augenblicke der Zählung sich nicht mehr zu entfernen.
Secr. Streit erklärt, daß 214 Mitglieder anwesend.
Präs. Das Haus ist schlussfähig.
(Beifall auf den Gallerien. ) Ich bitte sich des Applaudierens oben zu enthalten.
Ich erlaube mir die Bemerkung zu machen, daß die Zählung vorgenommen würde, und daß sowohl die Anzahl jener, die aufstanden, als derer, die sitzen blieben, sichergestellt worden ist. Eine Gegenprobe durch Zählung kann ich nicht zulassen, indem in der Zählung schon die Probe liegt.
Was den Antrag anbelangt, durch Kugelung oder Namensruf, die Abstimmung vornehmen zu lassen, so sind diese Abstimmungsarten nur dann zuzulassen, wenn sie gleich beim Schlusse der Abhandlung gefordert werden. Mir ist nicht bekannt, und die Herren Secretäre werden es auch nicht im Protokolle haben, daß am Schlüsse der Verhandlung Kugelung oder der Namensaufruf gefordert worden wäre Ich erachte die Zählung für recht und geschäftsordnungsmäßig.
(Bewegung und Unruhe in der Kammer. ) Präs. Meine Herren, ich bitte, daß die Redefreiheit gewahrt werde. Die Zählung hat doch wohl vor einer bloßen Folgerung den Vorzug einer größeren Verläßlichkeit, die Zählung ist etwas mechanisches.
Goldmark. Ich glaube die Art und Weise der Abstimmung, selbst wie sie einzeln vorgenommen worden ist, und das jetzige Resultat beweiset, daß es unzulässig war, eine Collectivabstimmung vorzunehmen, die ein solches Resultat herausstellt. Bei der ersten Abstimmung war eine Majorität von 40 Stimmen, bei den anderen zwei Fragen war eine viel größere Majorität; bei der ersten Abstimmung haben sich viele derselben enthalten, die bei der zweiten Frage mitgestimmt haben; beider Zusammensetzung aller Fragen, ist ein Resultat herausgekommen, welches beweiset, daß viele gegen sich auf eine inkonsequente Weise gestimmt haben. Zweitens zweifle ich, ob eine Zählung, wie sie jetzt geschah, bei dem besten Willen, bei der besten Absicht auf eine Genauigkeit von vier Stimmen zu berechnen war. Durch das Hin und Hergehen war diese Genauigkeit nicht zu erzielen, dadurch wird sie verworfen, und geht verloren; ich glaube daher, daß diese Abstimmung, wie sie bisher war, mit einer Majorität von vier Stimmen nicht stichhaltig sein könne.
Streit. Wir Schriftführer waren so unparteiisch, daß wir unsere Stimmen gar nicht gezählt haben. Ich als ältester Secretär, dem die meisten Stimmen zugefallen sind, muß gegen jedes Auftreten feierlichst protestiren, welches uns das Verschulden zur Last legt, daß wir entweder unachtsam oder böswillig waren. (O, o!) Ich bitte mich nicht zu unterbrechen. Wir haben bis jetzt unser Amt so verwaltet, daß keine Partei, daß Niemand gegen uns nur das Geringste vorbringen konnte; wir kennen unsere Stellung und unsere Pflicht, wir hätten es in unserer Macht gehabt, früher schon auszusprechen, daß die Gegenprobe eine Majorität ergab, weil wir auch Mitstimmer des Bureau sind.
Daß haben wir nicht gethan, meine Herren; Sie müssen das Resultat nehmen, wie es ist, es ist nun einmal so ausgefallen, es kann Niemand dafür, aber ich bitte Ihren Secretären keine Schuld beizulegen und denselben zu glauben.
Präs. Der Abg. Strasser hat das Wort.
Strasser. Ich habe nichts weiter zu bemerken, nachdem der Herr Präsident selbst bereits mit Hinweisung auf die Geschäftsordnung erklärt hat, daß eine nachträgliche Abstimmung durch Kugelung oder Namensaufruf nicht mehr stattfinden dürfe, und nachdem der Herr Secretär Streit im Namen aller mit der Abzählung beschäftigt gewesener Schriftführer ausgesprochen und versichert hat, daß bei dieser Zählung mit aller Vorsicht und mit der gewissenhaftesten Redlichkeit zu Werke gegangen wurde, ob jetzt 4, 6, 10 oder 20 die Majorität bildeten, d.i. im Ganzen gleich. Wenn wir den Grundsatz aufstellen wollen, daß ein Majoritätsbeschluß deßwegen, weil er nur durch einige wenige Stimmen zu Stande kam, und deßwegen Einigen nicht zusagt, umgestoßen werden soll, so hat es mit unserer ganzen Geschäftsordnung, mit aller Abstimmung ein Ende. Ich protestire daher gegen jede Anfechtung des vorschriftinäßig erhobenen Resultates der so eben erfolgten Abstimmung.
Goriup. Ich will keinen Vorwurf der Parteilichkeit dem Herrn Präsidenten oder dem Herrn Secretär machen, aber eine ausgemachte Sache ist es, und der Augen hat, hat es gesehen, daß einige von der einen Seite zur andern gegangen sind, und ihre Plätze wechselten; ob sie doppelt gezählt worden sind oder nicht, weiß ich nicht, aber für das Gegentheil kann man auch nicht stehen, und ein Fehler kann leicht gemacht worden sein, der den Vorgang ungültig macht.
Streit. Ich stehe mit meiner Ehre für jeden Fehler, der auf dieser Seite (der linken) sich zugetragen hat. (Unruhe. ) Die anderen Herren Secretäre versuchen zu reden, sind aber nicht vernehmbar.
Präs. Die Herren sollen in der Ordnung sprechen, in der sie eingeschrieben sind. Abg. Rieger hat das Wort.
Rieger. Meine Herren: Die Herren Secretäre sind gewiß Ehrenmänner, (Ruf: ja, ja. Lärmen, Abg. Rieger mit erhöhter Stimme. ) Wir müssen uns auf ihre Zählung verlassen, sie haben erklärt, daß die Zahlung mit aller Gewissenhaftigkeit vorgenommen worden ist, und wir müssen dabei bleiben. Wenn wir das Resultat in Zweifel ziehen, so hieße das erklären, daß sie nicht ehrlich vorgegangen sind. (Ruf: nein, nein. ) Das hieße so viel erklären, daß die ganze Methode der Abstimmung durch Zählung eine unverlässliche ist. Wenn die Herren dieser Ansicht sind, so hätten sie den Antrag auf Ballotage schon früher machen sollen, bevor die Abstimmung anfing, da sie den Antrag bei Zeiten nicht gemacht haben, so müssen sie es bei der gegenwärtigen Abstimmung bewenden lassen. (Links: nein, nein. )Übrigens was das Bedenken betrifft, daß wir das, was wir in einzelnen Puncten angenommen haben, jetzt als Ganzes verwerfen, so hat das nichts zu bedeuten, das ist ein Fall, der in allen Parlamenten tausendmal vorgekommen ist.
Präs. Ich bitte, meine Herren, es sind nicht mehr 192 Mitglieder da.
(Eine Stimme: Ich trage auf Aufhebung der Sitzung an. )
Ich erlaube mir noch vor dem Schlusse der Sitzung zu erklären, daß auf die Tagesordnung für die morgige Sitzung wieder die Abstimmung über den Antrag des Abg. K n d l i c h zu nehmen sei.
(Ruf von Vielen: Die Amendements ! Die Amendements !)
Ja, die Amendements. Die Sitzung dürfte um 10 Uhr abgehalten werden. Die heutige erkläre ich für geschlossen.
(Schluß der Sitzung um halb 5 Uhr) Tages Ordnung der Reichstagssitzung am 2. September 1848.
Abstimmung über den Antrag des Abg. Kudlich.
Aus der t. t. Hof. und Staats, Druckerei.