Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.
Vierunddreißigste Sitzung des constituirenden Reichstages am 31. August 1848.
Tagesordnung:
Abstimmung über den Antrag des Abg. Kudlich.
Hofloge: leer.
Vorsitzender: Präsident Strobach.
Ministerbank: Weissenberg, Doblhoff, Latour, Bach, Krauß, Schwarzer, Hornbostl. Anfang. Halb 10 Uhr.
Präs. Die zur Eröffnung und Schlußfassung erforderliche Anzahl der Deputaten ist anwesend, die Sitzung wird für eröffnet erklärt und zum Gegenstande geschritten. Der einzige Gegenstand ist die Abstimmung über den Antrag des Abg. Kudlich. Nach dem am gestrigen Tage gefaßten Beschlusse soll. zunächst über die Abstimmungsordnung des Abg. Lasser votiert werden. Ich erlaube mir daher, die erste Frage zur Abstimmung zu bringen.
Lässer. Ich erlaube mir vor Allem, ohne in eine Debatte einzugehen, zwei Bemerkungen zu machen: 1. daß in den gedruckten, vor uns liegenden Exemplaren, mehrere Druckfehler und Auslassungen enthalten sind; ich habe sie dem Herrn Präsidenten bezeichnet. 2. Fühle ich mich gedrungen, mich über das Verhältniß auszusprechen, in dem ich zu diesem Antrage stehe. Ich hatte gestern auf Ansuchen von mehreren Seiten es übernommen, über das Ergebniß der vorgestrigen Berathung dem Haufe bloß einfach zu referiren. Es ist das eigentlich nicht ein Abstimmungsantrag von mir zu nennen, sondern eine Fragestellung nach dem Collectivamendement von den 25 Antragstellern, die sich vereinigt haben; ich liebe nicht, fremde Federn für mich zum Schmucke zu nehmen, und erweise allen denjenigen Gerechtigkeit, die daran Theil genommen haben, indem ich nur die Gevatterschuft davon übernahm, und das Ergebniß nur dem Hause referierte. (Beifall. )
Präs. Ich glaube, die Verbesserungen dürften bei den betreffenden Paragraphen immer im voraus anzugeben sein.
Smolka. Es ist gestern beschlossen worden, daß heute keine Debatte mehr stattfinden soll. Es ist mir nicht genau gegenwärtig, ob dieser Beschluß sich bloß darauf bezieht, daß über die Art und Form der Abstimmung keine Debatte stattfinden soll, oder ob dieser Beschluß auch dahin zu verstehen sei, daß es nicht mehr zulässig ist, zu den einzelnen Puncten dieses Collectivantrages Verbesserjungentrage zu machen. Ich erlaube mir die Frage an den Herrn Präsidenten, ob der gestrige Beschluß auch dahin zu verstehen sei?
Präs. Ich erlaube mir zu bemerken, daß es nicht in meiner Macht liegt, die Beschlüsse der h. Kammer zu erläutern. Ich werde nur sofort den Herrn Schriftführer auffordern, den Wortlaut des Protokolls in dieser Beziehung abzulesen.
Cavalcabó. Das Protokoll ist noch nicht vollendet, weil ich den Kollektivantrag der Abg. Lasser und Kudlich, den ich nöthig dazu brauchte, jetzt erst bekommen habe, übrigens ist beschlossen worden, über den Antrag des Abg. Löhner, wie ich aus meinen Vormerkungen ersehe, daß heute sogleich begonnen werden soll, über den Kumulativantrag des Abg. Lasser abzustimmen; das war der einfache Beschluß, weiter hat sich der Beschluß der h. Kammer nicht ausgedehnt, es ist auch darüber kein förmlicher Beschluß gefaßt worden. Der Abg. Löhner hat bloß angetragen, daß heute ohne alle Debatte sogleich die Abstimmung über die Kumulativfragen begonnen werde; damit hat sich die h. Kammer einverstanden erklärt, wenigstens durch Acclamation. Die meisten Herren haben,, ja" gesagt, und so wurde die Sitzung geschliffen; wie die h. Kammer ihren Beschluß deuten will, muß ich ihr selbst überlassen.
Smolka. Ich würde also bitten, die Frage zu stellen, ob es auch gestattet sei, jetzt zu den einzelnen Puncten noch Abänderungsanträge vorzuschlagen.
Präs. Der Abg. Smolka stellt den Antrag, damit gestattet wurde, auch noch jetzt zu den einzelnen Abstimmungspunkten Antrage zu stellen. Diejenigen Herren, die diesen Antrag unterstützen, wollen es durch Aufstehen kund geben. (Geschieht zahlreich. ) Die Unterstützung ist zureichend. Der Abg. Borrosch hat das Wort.
Borrosch. Ich wollte dasselbe bemerken, nämlich, daß ich es eben nur so verstehen konnte, daß keine weitere Formaldebatte vor dem Beginne der Abstimmung stattfinden dürfe; daß aber bezüglich eines Collectivamendements, was nur die Ansicht von 25 Mitgliedern vertritt, nothwendig Jedem sein Recht gewahrt bleiben müsse, sein Amendement zu vertheidigen, versteht sich so ganz von selbst, daß ein gegenteiliger Reichstagsbeschluß eben nur eine Reichstagstyrannei sein könnte. (Bravo. )
Präs. Bevor zur Abstimmung über den Antrag des Abg. Smolka geschritten wird, erlaube ich mir auf einen Beschluß aufmerksam zu machen, der vielleicht in irgend einer Verbindung mit der vorliegenden Frage stehen dürfte; besonders gaben ein Anlaß die Worte des Abg. Borrosch:, Es wurde über die formellen Anträge des Abg. Lasser sub 4 beschlossen, es wird ausdrücklich und in vorhinein ausgesprochen, daß jedes zur Abstimmung kommende Amendement, in sofern es in mehrere Fragen aufgelost wird, als ein aus mehreren Absätzen bestehender Antrag betrachtet, und nach §. 82 der Geschäftsordnung behandelt wird folglich zuerst nach seinen einzelnen Bestandteilen, sodann noch einmal zum Schlüsse als Ganzes zur Abstimmung gebracht werden müsse. Darin dürfte jedenfalls das Recht gewahrt erscheinen, Amendements vorzubringen. "
Thinnfeld. Ich bitte um das Wort. Es ist schon vor vierzehn Tagen (laut!) der Schluß der Debatte über diesen Gegenstand beschlossen worden, es durfte daher nicht mehr ein neues Amendement gestellt werden, außer von den eingeschriebenen Rednern. Der Schluß der Debatte ist zu Ende gekommen, ich glaube, daß neue Amendements nicht mehr gestellt werden können. Das beirrt aber nicht das Recht eines jeden früheren Redners, sein Amendement, wenn er es nicht im Collectiv Antrag vertreten findet, neuerdings zur Abstimmung zu bringen. Zu dem Collectivamendement, welches nur die Essenz von 25 Amendementstellern ist, daß da wieder neue Amendements gestellt werden können, ist gegen den Beschluß der Kammer, welche den Schluß der Debatte bereits beantragt und beschlossen hat.
Präs. Es ist aber schon gestern beschlossen worden, daß die Amendements jedenfalls zur Abstimmung kommen dürfen, jedoch erst dann, bis die sämmtlichen Fragen, wie sie im Kollektivantrag enthalten sind, zur Abstimmung gelangt sein werden.
Abg. Peitler. Ich bitte um das Wort. Ich glaube hier bemerken zu müssen, daß zwischen denjenigen Amendements, die bereits bisher gestellt worden sind, und zwischen den neu zu stellenden, wohl zu unterscheiden fei. Rücksichtlich der Amendementiannahme, muß es jedem Antragsteller frei gestellt sein, bei jedem einzelnen Paragraph des Lasser´schen Antrages die Einwendungen zu machen, wie sich solche in seinem Amendement finden, denn, würde der Lasser´sche Antrag in Pausch und Bogen angenommen, so würden die meisten Amendementisteller dabei ganz unberücksichtigt geblieben sein.
Was hingegen die neuen Amendements anbelangt, in dieser Beziehung dürfte der Lassresche Antrag allerdings Anwendung finden, und ich glaube in diesem Sinne nur wird ihn Lasser auch verstanden haben.
Abg. Lasser. Da directe die Frage an mich gerichtet wird, in welchem Sinne ich die Sache verstanden habe, so muß ich auf die Erklärung zurückkommen, die ich bereits abgegeben habe. Es ist ein Collectivamendement in Fragen aufgelöst, die ich gestern die Ehre hatte, dem Haufe vorzutragen; ob die übrigen Herren Amendementsteller, deren Gesamtantrag das nicht ist, damit einverstanden sind, das weiß ich nicht.
Nach meiner individuellen Auslegung aber dürfte es jedem freigestellt sein, dasselbe auf irgend eine Weise zur Abstimmung zu bringen.
Abg. Löhner. Es handelt sich hier um eine reine Formfrage, fönst würde ich nicht gegen meinen gestrigen Antrag das Wort ergriffen haben. Es handelt sich um festzustellen, was noch an der Fragestellung zu bemerken ist. Hier glaube ich, sind folgende Grundsätze maßgebend. Es ist gestern das eine Amendement vorgebracht worden, welches eine Masse Amendements in sich begreift, die betreisenden Amendementsteller haben erklärt, daß sie von dem Rechte, ihre eigenen Amendements mit ihren Worten zur Abstimmung zu bringen, zurücktreten, sobald dieses Collectiv Amendement zur Sprache kommt.
Ich bemerke, daß der Kndlich'sche Antrag gleichfalls ein Collectiv Amendement ist. Es betrifft mehrere Abgeordnete, welche sich bereits früher mit ihm vereinigt haben, diese haben dasselbe Recht und die Priorität ist, so viel ich weiß, bereits gestern ausgesprochen, nämlich, welches von beiden Amendements, ob das von Lasser oder Kudlich früher zur Abstimmung kommen soll; zu diesem Amendement neue Amendements zu stellen, erkläre ich, für gänzlich unzulässig. Ich erkläre mich aber auch einverstanden, daß bei der Punktweisen Abstimmung über diese zwei Collectivamendements Jeder das Recht habe, bei jedem Puncte die Trennung der Fragen zu verlangen. Dieses Recht ist ein ganz gewiß zweifelloses; ferner muß ich auch dieses Recht in Anspruch nehmen. Es muß jedem Collectivantragsteller gestattet sein, einzelne Sätze zurückzuziehen; aber einzelne Sätze lediglich aus dem Texte herauszureißen, das ist nicht ein neues Amendernent, sondern es heißt: einfach einen Theil des bereits gestellten Rechtes zurücknehmen. Dieses Recht hat Jeder, es ist ihm ganz vorbehalten; es muß ihm also auch vorbehalten sein, einzelne Theile einfach zurückzunehmen, und zu bestimmen, welcher Text überhaupt bleiben soll. Endlich bin ich auch überzeugt, daß jeder Antragsteller das Recht habe, und zwar ohne Diskussion zu verlangen, daß wenn auch über 2 oder 3 Amendements abgestimmt ist, noch sein Amendement mit seinen Worten zur Abstimmung komme; denn es ist eine Debatte, die zu keinem Ende führen kann, wenn wir durch eine Mehrheit beschließen wollen, daß wir Amendements zu subsumiren berechtiget feien. Also ich bin der Meinung, daß wenn über den Antrag des Abg. Lasser und Kudlich abgestimmt ist, noch jedem einzelnen Amendementsteller, dessen Amendement nicht in dem Kollektivantrage mitbegriffen ist, das Recht zustehe, zu verlangen, daß über sein Amendement abgestimmt werde.
P r ä s. Ich werde den Antrag des Abgeordneten Smolka zur Abstimmung bringen.
Smolka. Ich wollte nur noch bemerken, daß ich glaube, es sei am 26. oder 27. beschlossen worden, daß diejenigen Herren Abgeordneten, welche über den Kudlich'schen Antrag gesprochen haben, so lange die ganze Angelegenheit noch nicht zu Ende gebracht würde, noch immer das Recht haben soll, solche Anträge zu stellen, welche als Ausfluss ihrer Rede betrachtet werden können. Ich berufe mich auf die Herren Schriftführer.
Trojan. Auch ich erbitte mir, eine Bemerkung machen zu dürfen. Die beiden zuerst zur Abstimmung gelangenden Collectiv Anträge sind uns als solche gestern und heute angekündigt worden. Daß es ein Kollektivantrag ist, hat zur Folge, wie eben jetzt der Herr Abg. Löhner verlangt, daß die darin mitbegriffenen Anträge nicht mehr separat zur Abstimmung gelangen sollen. Dieses Rechtes haben wir uns allerdings begeben, wir 25, die wir uns zur Vereinfachung und Beschleunigung der Schlußfassung um der guten Sache willen auf den Lassraschen Antrag vereinigt haben.
Wir haben offen und redlich gehandelt; ich glaube, eben so gerecht und billig wäre es, daß auch der Herr Abg. Kudlich diejenigen nennen möchte, welche in seinem Kollektivantrage begriffen sind, um auch auf diese denselben Grundsatz anwenden zu können; denn sonst käme dem Abg. Kudlich der Vorzug eines Kollektivvotums zu Stauten, und doch würde jeder, der dabei Einfluß genommen hat, das Recht behalten, sein Verbesserungsamendezent zur Abstimmung zu bringen.
L ö h n e r. Der sogenannte neue Kollektivantrag des Abg. Kudlich ist nur eine Umsetzung in Fragen des sogenannten dritten Kudlich'schen Verbesserungsantragens, und da stehen die Namen dabei, diese sind: Hein, Vacano, Umlauft, Kudlich, Löhner.
Trojan. Es steht dabei., u. s. w. es müssen daher noch Einige mehr sein. (Murren und ja, ja. )
Löhner. Ich glaube, das ist das Wenigste, denn ich und der Abg. Kudlich werden nicht im Stande sein, Alle namhaft zu machen. (Er wird unterbrochen durch den. )
Präs. Ich erlaube mir, dem Herrn Abg. Smolka auf seine Fragen zu erwidern, daß dazumal, so viel mir erinnerlich ist, es sich darum gehandelt hat, ob die Amendements der Herren Redner, welche in Folge ihrer Rede hervorgekommen sind, zur Abstimmung kommen sollen. Der Herr Abg. Goldmark hat sich damals ausgesprochen, daß das nicht stattfinden soll. Die Kammer aber hat gesagt, daß die während der Verhandlung auf der Tribune eingebrachten Amendements die Grundlage der Abstimmung bilden sollen. Was die Sache selbst anbelangt, so will ich das Verhältniß des Antrages des Abg. Smolka zum gestrigen Beschlusse herausheben.
Was die Sache selbst anbelangt: so erlaube ich mir, da das gestrige Protokoll nicht vorgelesen wurde, das Verhältniß des Antrages des Abg. Smolka über den gestern gefaßten Beschluß herauszustellen, und den gestrigen Beschluß, wie er vom Abg. Lasser vorgetragen wurde, vorzulesen, und dann den Antrag des Abg. Smolka zur Abstimmung zu bringen, weil er mit dein frühern im Verhältnisse steht. (Liest: Es würde beschlossen sc. ) Das sind die gestrigen Beschlüsse, nun trägt Smolka an, das gestattet werden möge, zu den einzelnen Paragraphen des Collectivantrages des Abg. Lasser Verbesserungsanträge zu stellen. Diejenigen Herren, welche sich für diesen Antrag des Abg. Smolka auszusprechen wünschen, wollen es durch Aufstehen kund geben. (Minorität. )
Ich werde nun zur Verlesung der einzelnen Fragen des Collectivantrages schreiten. Die erste Frage lautet:
Ist die Untertänigkeit und das schutzobrigkeitliche Verhältniß stammt allen diese Verhältnisse normierenden Gesetzen aufgehoben?
Diejenigen Herren, welche sich dafür ansprechen, daß diese Frage bejaht werde, wollen es durch Ausstehen kund geben. (Einstimmig angenommen, anhaltender Beifall und Heiterkeit. )
Umlauft. Ich bitte ums Wort Ich heute, daß über mein Amendement, welches ich schon vorher und schon lange eingebracht habe, abgestimmt werde, nämlich, daß das Band der Untertänigkeit, als eine die ursprünglichen Menschenrechte verletzende (Zischen und Unruhe allgemein. )
Präs. Ich erlaube mir zu bemerken, daß ich als Präsident diesem Ansinnen nicht zu entsprechen vermöge, weil eben jetzt der Antrag des Abg. S m o l k a verworfen wurde, daß zu den einzelnen Puncten Verbesserungsanträge gestattet werden können. Ich bitte daher einen Antrag zu stellen, der mehr meiner Ansicht entspricht.
Umlauft. Ich erlaube mir die Bemerkung (Rufe keine Debatte mehr und Zischen. )
Präs. Ich bitte meine Herren, das Recht der Redefreiheit zu wahren.
Umlauft. Es konnte nur so verstanden werden, daß kein neues Amendement mehr gestattet werden darf, und so habe ich es verstanden. Es würde gestern ausdrücklich das Recht für diejenigen Amendementisteller vorbehalten, die sich für die Vereinbarung der Amendements nicht vereint haben, auch die Abstimmung ihrer Amendements verlangen können.
Präs. Darauf habe ich nur zu erwidern, daß ich den gestrigen Beschluß so aufgefaßt habe, daß die Abstimmung über die Amendements erst dann stattfinden könne, bis die Fragen des Abstimmungsantrages des Abg. Lasser, dann die Fragen des Abstimmungsantrages des Abg. Kudlich zur Abstimmung gelangt sind.
Umlauft. Wenn das so ist, so stelle ich mich zufrieden.
Präs. Der Antrag wird also zurückgenommen.
Mayer. Der Antrag muß auch zurückgenommen werden, eben deßwegen, weil der neue Abstimmungsantrag des Abg. Kudlich uns als das kombinierte Amendement auch Umlauft s vorgeführt worden ist, und darin dieser Satz nicht erscheint. (Bravo von der Rechten. )
Präs. Ich erlaube mir die zweite Frage vorzutragen: "Ist der Grund und Boden zu entlasten, werden alle Unterschiede zwischen Dominical und Rustikalgründen aufgehoben?" Diejenigen Herren, welche für die Bejahung dieser Frage sich aussprechen, wollen dieß durch Aufstehen zu erkennen geben. (Einstimmig bejaht. ) (Rauschender Beifall. )
Bevor ich die dritte Frage vorlese, erlaube ich mir auf einige Druckfehler aufmerksam zu machen, und zwar soll auf der sechsten Zeile stehen: "Vogtrund Weinbergherrlichkeit und aus der Dorfherrlichkeit. "
Abg. Lhotta. Als dieser Antrag gestellt würde, habe ich vorgebracht, daß es im Riefengebirge noch andere Arten von Lasten gibt, nämlich das Dreileiberverhältnis, ich frage nun, ob diese Lasten nicht in diesem Puncte ausgelassen sind. (Unruhe. Ruf: Keine Debatte. )
Präs. Ich erlaube mir die Bemerkung, ist es ein Antrag, den der Herr Abg. schon früher gestellt hat, so hat er das Recht dazu, aber keineswegs jetzt, sondern erst dann, wenn die Abstimmungsfragen der Abg. Lasser und Kudlich erledigt sind. Ich bitte den Herrn Abg. sich dieß Recht bis dahin vorzubehalten. Ich erlaube mir die dritte Frage vorzulesen: "Sind alle aus dem Untertänigkeitsverhältnisse entspringenden, dem untertänigen Grunde anklebenden Lasten, Dienstleistungen und Giebligkeiten jeder Art, so wie alle aus dem grundherrlichen Obereigenthume, aus der Zehent, Schutz, Vogt und Weinbergherrlichkeit, und aus der Dorfobrigkeit herrührenden, von den Gründbesitzungen oder von Personen bisher zu entrichten gewesenen Natural, Arbeite und Geldleistungen mit Einschluß der bei Besitzveränderungen unter Lebenden, und auf den Todesfall zu zahlenden Gebühren von nun an aufgehoben?" Diejenigen Herren, welche diese Frage bejahen, wollen aufstehen. (Einstimmig bejaht. ) (Stürmischer Beifall. )
P e i t l e r. Mit diesen drei Puncten ist die ganze Versammlung einverstanden; jetzt kommen aber Puncte, womit der Bauernstand, wenigstens der größte Theil (wird durch Lärm und vielseitigem Zuruf unterbrochen. )
Wenn wir behaupten, daß diese Amendements bis zuletzt bleiben müssen, so ist die Hauptschlacht für uns Verloren (Gelächter von der Rechten, Beifall von der Linken), denn wenn diese Anträge angenommen werden, so fallen alle übrigen. (Wieder unterbrochen. )
Präs. Ich erlaube mir aufmerksam zu machen, daß gestern der Beschluß gefaßt wurde, daß diese Amendements erst später zur Abstimmung kommen sollen.
Präs. Einen Irrtum kann ich nicht vertreten, Abg. Umlauft. Ich bitte ums Wort. Gegen das weitere Verfahren lege ich einen Protest ein, ich werde ihn überreichen, ich bitte nur den Inhalt des Protestes aussprechen zu dürfen. (Große Aufregung. Von der rechten Seite erhebt sich der Ruf nein, nein, von der linken Seite: ja, ja. )
Wir Vertreter des Bauernstandes, wir haben alle den Gesichtspunct im Auge behagen, daß wir nicht früher über die Entschädigungsfrage urtheilen können, als bis wir eine genaue und detaillierte Grundlage vor uns haben. Wir halten es für unvereinbar mit unserem Gewissen; wir enthalten uns daher alles Abstimmens und werden unseren Committenten gleich mittheilen, daß heute dieser Beschluß gefaßt worden ist. (Beifall von der Linken. )
Abg. Lubomirski. Gestern ist der Beschluß gefaßt worden, über die Priorität kann keine Debatte zugelassen werden; Proteste müssen zugelassen werden, können aber nicht im Augenblicke der Abstimmung vorgebracht werden, wir müssen dieß in allen Fällen erhalten im Interesse unserer Debatte.
Präs. Sie werden erlauben meine Herren, wenn wir so fortfahren, werden wir nicht zum Ziele kommen; ich erlaube mir auf die Bestimmung der Geschäftsordnung hinzuweisen. Diejenigen Herren, welche mit diesem Vorgange nicht einverstanden sind, wollen gefälligst ihre Namen zu Protokoll bringen lassen, und den Protest anmelden. (Wird unterbrochen. )
Abg. Umlauft. Johann Umlauft!
Abg. Füster. Ich schließe mich dem Proteste an.
Violand und Scherzer nennen ebenfalls ihre Namen.
Präs. Abg. Löhner hat das Wort.
Abg. Löhner. Ich möchte einige Worte hinzufügen, welche diesen unliebsamen Zwiespalt beruhigen könnten. Ich möchte die Herren erinnern daß durch einen Kammerbeschluß ausdrücklich das Recht reserviert worden ist, daß, nachdem die zwei Collectivamendements zur Abstimmung gekommen sind, ohne Rücksicht (denn davon ist nichts gesagt worden) auf den Ausfall dieser Abstimmung, jeder einzelne Amendementsteller, der nicht Collectivamendementsteller ist, im Stande sein wird, zu verlangen, daß sein Amendement zur Abstimmung komme. Ich bitte die Herren, zu bedenken, daß man nicht voraussetzen könne, daß die Beschlüsse der hohen Kammer Widersprüche in sich enthalten.
Es ist also klar, daß diese Festsetzung aufrecht erhalten wird, und daß es den Effect haben wird, daß, wenn irgend ein einzelnes Amendement später angenommen werden sollte, daß der bezügliche Passus des früher angenommenen dahin modificirt wird, da bei widersprechenden Gesetzen immer vorausgesetzt wird, daß sich der Gesetzgeber nicht widerspricht, sondern ein Gesetz durch ein anderes nach den Regeln der Logik modificirt werde. Meine Herren. beruhigen Sie sich, die Kammer wird ihr Recht wahren, und den Regeln der Logik nach verlieren Sie nichts dabei. (Beifall. )
Präs. Ich erlaube mir, zum vierten Punct zu schreiten.
Machalski. Ich ersuche um eine Frist von zehn Minuten Unterbrechung.
Präs. Sprechen sich zehn Herren dafür aus? (Ruf: Ja. )
(Die Sitzung wird auf zehn Minuten sistiert. )
Präs. Zehn Minuten sind bereits verstrichen; es scheint die Anzahl der Herren Deputirten etwas geringer zu sein; ich werde vorläufig die Zahlung des Hauses veranlassen; ich bitte die Plätze einnehmen zu wollen.
Schuselka. Ich wünschte nur einige Worte zu sprechen, welche vielleicht beitragen würden, um den aufgebrochenen Zwiespalt auszugleichen.
Präs. Ich werde so frei sein, früher die Zählung des Hauses jedenfalls vorzunehmen, weil die Thatsache zu wichtig ist, ob wir beschlußfähig sind für den nachfolgenden Paragraph. Ich bitte den Herrn Secretär die Zählung vorzunehmen (wird vorgenommen). Nach der Zählung der Herren Secretäre ist eine Anzahl von mehr als 200 Deputirten anwesend, wir sind daher beschlußfähig; der Abg. Schuselka, ich weiß nicht den Inhalt seiner Rede, wünscht das Wort zu ergreifen.
Schuselka. Ich wünschte nur einige Worte zu sprechen und einen Vorschlag zu machen, um den so eben sichtbar gewordenen, höchst beklagenswerten Zwiespalt der Versammlung in dieser so wichtigen Lebensfrage vielleicht auszugleichen. Wir haben Ein Princip einstimmig ausgesprochen, wir waren Alle gewiß im Innersten ergriffen von der großen That, die wir dadurch vollbracht haben; wir kommen jetzt zum 3. Princip: zur Entschädigung. Ich glaube nun, wenn wir nach der vorgeschlagenen Weise die einzelnen Paragraphe hier durchgehen und Beschlüsse fassen, und dann erst wieder jedem einzelnen Antragsteller das Recht gestatten, seinen Antrag zur Abstimmung zu bringen, so werden wir ein Chaos von widersprechenden Abstimmungen hervorbringen. Ich möchte mir daher den Vorschlag erlauben, jetzt, wo die Entschädigungsfrage zur Sprache kommt, zuerst einschiebsweise die Anträge zur Abstimmung zu bringen, die am weitesten gehen, d. h. die die Entschädigung ablehnen, damit dieses Princip auch als Princip ausgesprochen werde, und dann die übrigen Entschädigungsfragen, die Einzelheiten der Entschädigung, die ganz gewiß als entschieden hier angenommen wird, der Commission zu überweisen; denn mit vielen meiner Gesinnungsgenossen könnte ich mich in meinem Gewissen durchaus nicht für befugt halten, hier schon in der Sitzung auszusprechen, für dieses soll entschädiget, für dieses soll nicht entschädiget werden. Ich könnte nur aussprechen: Eine Entschädigung soll geleistet werden, über das wie aber und das ganze Detail müßte ich darauf dringen, daß die Commission entscheide, ich und viele meiner Gesinnungsgenossen müßten uns sonst der Abstimmung enthalten.
Präs. Ich erlaube mir hierauf zu bemerken, daß schon mehrere Mal der Beschluß gefaßt worden ist, daß eine neue Einschreibung von Amendements nicht zulässig fei, bis nicht die Abstimmung über sämmtliche Fragen vorgenommen sein wird. Das was jetzt als Begründung angeführt wird, das würde vielleicht gestern maßgebend gewesen sein, aber ich darf es nicht wagen, der Kammer ihre gefaßten Beschlüsse Abg. Schuselka. Ich bitte also zu Protokolle zu nehmen, daß ich mich meines Abstimmungsrechtes in diesem Falle enthalten muß.
Abg. Violand. Ich bitte um das Wort.
Präs. Ich frage, soll es eine Debatte sein oder nicht?
Abg. Violand. Nein, es ist keine Debatte.
Ich beantrage nur die Aufhebung des Beschlusses, was nicht einmal, sondern unzählige Male geschehen ist. (Große Bewegung. ) Ich bitte die Frage zu stellen, ob dieser frühere Beschluß geändert werden soll, und ob nicht dieser Gegenstand einer Commission zugewiesen werden soll, damit sie uns vorlege ein Verzeichniß der Abgaben (Viele Nein, Viele Ja) das sind wir unserem Gewissen schuldig. (Beifall und Zischen. )
Präs. Ich erlaube mir zu bemerken, daß ich jedenfalls, was mich anbelangt, bei den Beschlüssen stehen bleiben muß, die die Kammer gefaßt hat, was aber den Antrag des Abgeordneten betrifft, so bin ich notgedrungen die Unterstützungsfrage zu stellen, denn das schreibt die Geschäftsordnung vor. Ist das der Fall, so bitte ich mir diesen Antrag schriftlich vorzulegen.
Abg. Borrosch. Ich bitte meine Herren nur für ein paar Minuten Ihre geneigte Aufmerksamkeit im Interesse der Freiheit, Gerechtigkeit und der innern Friedigung des Hauses, die auch außenhin reflektiert. Ich erlaube mir einen Antrag zu stellen, der wie ich glaube allgemein uns vereinigen wird, nämlich es kommt hier wie ich schon gestern bemerkte ein Punct, wo ich weder bejahen noch verneinen kann, ohne meinem Gewissen zu widersprechen. Es ist der vierte Punct: Für alles soll keine Entschädigung geleistet werden. (Viele: Es ist der fünfte Punct, ja, es ist der fünfte. )
Wenn nun hier dagegen eingeschoben werden könnte: "soll für einige keine Entschädigung" dieser letzte Punct so ist auf der Stelle eine gewissenhafte Abstimmung möglich. Allerdings hat früher ein verehrter Herr Redner bemerkt, daß, wenn späterhin ein solches Amendement angenommen wird, also z. B. im vorliegenden Falle dieses, daß dann das frühere behoben wird. Allein das kann man nicht im voraus wissen, und kann nicht im vorhinein dem gemäß abstimmen. Ich glaube, da das Collectivamendement den Zweck der Vereinigung der Aussöhnung hatte, daß Herr Lasser sehr wohl sich jetzt mit Hrn. Kudlich vereinigen kann, daß sie ihre beiden Collectivamendements als ein Ganzes betrachten und uns jene Amendements einschieben, wodurch wir zu einer gewissenhaften Abstimmung befähigt sind, sonst muß ich mich für mehrere Puncte meines Stimmrechtes gänzlich enthalten. (Beifall. )
Borkowski. Ich unterstütze den Antrag des Abg. Violand. Ich erlaube mir nur eine solche Verbesserung an diesen Antrag, damit wir über die principielle Frage, ob überhaupt eine Entschädigung zu leisten sei, gleich abstimmen können, aber was die Modalitäten, was die Einzelheiten anbelangt, so glaube ich, möge man diese einer Commission überweisen.
Trojan. Ich erlaube mir auf den Punct zum siebenten Absatze zu weisen, wo es sub lit. c ausdrücklich heißt: die Commission hat den Vorschlag zu machen, über den Maßstab und die Höhe der zu leistenden Entschädigung.
Borkowski. Nichts vom Maßstabe. Diese Fragestellung ist so zusammengesetzt, daß ich mich nicht in die Lage versetzt sehe, gegen den fünften oder sechsten Punct zu stimmen.
Präs. Ich bitte den Antrag schriftlich vorzulegen.
Dilewski. Meine Herren! Einige von diesen, welche das Dringende der Lage, so grell möchte ich sagen, geschildert haben, und welche eine unverweilte Entscheidung als unabweisliche Pflicht für die Kammer schilderten, diese wollen jetzt das Ganze einer Commission überweisen. (Beifall von der Rechten, Zischen von der Linken. ) Sie haben gesagt das ganze Land ist in Spannung. Wissen Sie meine Herren, was Spannung ist? Die Spannung bringt Abspannung und den Tod herbei, und wir können durch keine Commission entschuldigt werden. Ich betrachte jene, welche noch die Commission entschuldigen, als ängstlich und furchtsam. (Beifall und Zischen wie oben. ) Es ist hier ausgesprochen worden, daß keine Anträge, welche diesem Puncte widersprechen, anzunehmen seien; ich frage, mit welchem Rechte werden diese Anträge wieder aufgenommen? Es ist gewiß, daß wir unsere Meinung unumwunden vor der Welt aussprechen, und uns nicht hinter eine Commission verstecken.
Präs. Ich erlaube mir zu erwidern, ich für meinen Theil muß es herzlich beklagen, daß der Beschluß, den die hohe Kammer gestern gefaßt, und heute neuerdings anerkannt, so wenig Achtung findet, aber leider bin ich ein Sclave der Geschäftsordnung. Ich muß die Unterstützungsfrage stellen.
Umlauft. Ich frage, ob wir je gezeigt haben, daß wir mutlos seien. (Mehrere Stimmen oh ! oh !) Im Gegentheile: gerade, weil wir uns es offen auszusprechen verpflichtet fühlen, und im Namen aller, die hier sitzen und die Frage nicht verstehen. (Stürmischer Beifall von der Linken, fortwährendes Zischen von der Rechten. Unterbrechung. ) Meine Herren! Ich frage ob irgend einer aus dem Bauernstände im Stande sei, zu sagen, was für Natural oder Geldabgaben in dem fünften Puncte verstanden seien Niemand weiß, ob Robot oder Zehent? (Stürmischer Beifall von der Linken, Zischen von der Rechten. ) Darum eben, damit wir mit voller Gewissenhaftigkeit abstimmen können, ist es nothwendig, daß man uns sage, ob Robot oder Zehent ohne Entschädigung aufgehoben werde. Es müssen alle Anträge einzeln, aber nicht kumulativ zur Abstimmung kommen, dann werden wir im Stande sein abzustimmen, sonst ist es geradezu eine Unmöglichkeit. (Beifall. )
Dylewski. Ich bitte um den Schluß der Debatte.
Präsident. Es wurde der Antrag gestellt auf den Schluß der Debatte (Mehrere Stimmen: Ich habe ums Wort gebeten. ",, Ich auch, ich auch. " Schluß der Debatte!) Es wurde der Antrag auf den Schluß der Debatte gestellt, meine Herren! über diese formelle Frage. Diejenigen, welche den Antrag unterstützen, wollen aufstehen. (Wird zahlreich unterstützt. ) Ich bitte, diejenigen Herren, welche wünschen, daß dieser Antrag zum Beschluß erwachse, damit die Debatte über diese Formalien geschlossen werde, wollen aufstehen. (Majorität. ) Nunmehr hätten zu sprechen die Abgeordneten Hawelka, Trojan, Helfert, Dilewski, Doliak, Violand.
Goldmark: Auch ich habe ums Wort gebeten. Präs. Ich erlaube mir zu bemerken, daß auch der Abg. Goldmark vorgezeichnet ist; es gehört dieß in den Wirkungskreis der Herren Secretäre, daher muß ihnen Glauben geschenkt werden.
Hawelka: Ich bin ein Anhänger jener Grundsätze, daß wir es endlich dahin zu bringen streben sollen, vor der Welt und vor unseren Völkern und