Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.
Neunundzwanzigste Sitzung des constituirenden Reichstages am 24. August 1848.
Tagesordnung:
1. Ablesung des Sitzungsprotokolls vom 23. August.
2. Berichte der Abtheilungen über Wahlacte.
3. Berichte des Ausschusses für die Prüfung beanstandeter Wahlen.
4. Fortsetzung der Verhandlung über den Kudlich'schen
Antrag.
5. Verhandlung über den Selinger'schen, nun Strasser'schen Antrag.
6. Ankündigung von Anträgen.
Vorsitzender: Präsident S t r o b a c h.
Hofloge leer.
Ministerbank: Wessenberg, Doblhoff, Latour, Bach, Kraus, Schwarzer.
Anfang der Sitzung 101/4 Uhr.
Präs Die erforderliche Anzahl der Mitglieder ist anwesend, ich erkläre somit die Sitzung für eröffnet, und der Herr Secretär wird das Protokoll über die gestrige Sitzung ablesen. Ser. Cavalcabo verliest das Protokoll. Wünscht Jemand das Wort?
Abg. Palacky. Ich bitte nur eine Kleinigkeit ist zu bemerken, unter den Urlaubsgesuchen ist gesagt, es fei dem Abg. Joseph Beck ein Urlaub gegeben; ich glaube aber, es soll heißen Anton Beck.
Präs. Es ist der Deputirte von Wittingaii, es wird verbessert werden, nach dem Urlaubsgesuche selbst. Wünscht noch Jemand das Wort? Sollte sich die hohe Kammer für die Genehmigung des Protokolls aufsprechen wollen, so möge es durch Aufstehen geschehen. (Wird allgemein angenommen.) Es ist der gestern angemeldete Protest übergeben worden, der Herr Secretär wird ihn vorlesen.
Secr. Streit. Dieser Protest des Abg. R u d o l p h B r e st l lautet: (Er liest ihn.) Ich protestire gegen den Vorgang, durch welchen in der gestrigen Sitzung der Antrag des Abg Borkowski beseitiget wurde, als ein gegen die Geschäftsordnung verstoßendes, das Recht jedes einzelnen Mitgliedes auf Berathung eines von ihm gestellten und gehörig unterstützten Antrages, verletzendes Verfahren, denn nach §. 48 der Gefchäftsordnung hat der Reichstag, falls ein Antrag zureichend unterstützt ist, nur zu entscheiden, ob er sogleich in Vollberathung zu nehmen oder an eine Kommission zu weisen sei, es steht aber der Majorität keineswegs das Recht zu, einen ihr etwa mißiebigen Antrag einfach ad acta zu legen, wie dieß durch die beschlossene Tagesordnung mit dem Borkowski'schen Antrag geschehen, denn auf solche Weise könnte man die Minorität stets hindern, einen aus ihrer Mitte hervorgehenden Antrag zur Discussion zu bringen. Beruft man sich aber auf die in der vorgestrigen Sitzung beschlossene motivirte Tagesordnung, so übersieht man:
1. daß von dem aus zwei Theilen bestehenden Löhner'schen Antrage der zweite Theil, welcher den ersten repliciter einschließt, an den Verfassungsausschuß gewiesen würde;
2. daß der Antragsteller selbst mit dem Beschlüsse einverstanden war, also von einer Verletzung der Rechte des Antragstellers in diesem Falle keine Rede sein könne.
3. Daß die beschlossene Tagesordnung keine Einsache sondern eine motivirte war, also ein auf das Materielle des Antrags eingehender Beschluß des Reichstages, und zwar ein solcher, durch welchen sich der Reichstag im Sinne des Antragstellers aussprach.
Den 24. August 1848.
Rudolph Brestel.
Präs. Dieser Protest wird zu Protokoll genommen. Ich würde angefordert, die Mitglieder jenes Ausschusses, welcher das neue Recrutirungsgesetz zu berathen hat, einzuladen, sie mögen zuverlässig morgen um 4 Uhr Nachmittags zu einer Sitzung erscheinen. Es würde das weitere Ansuchen an mich gestellt, daß jene Herren, welche im Verfassungsausschüsse zu arbeiten haben, es so einleiten wollen, daß sie zu dieser Sitzung über das Recrutirungsgesetz jedenfalls erscheinen. Ich ersuche um die Bekantgebung der Wahlen, welche nach den einzelnen Gouvernements für den permanenten Finanzausschuß getroffen würden.
Secr. Streit. In den permanenten Finanzausschuß würden von den einzelnen Ländern gewählt:
Für Küstenland Catinelli Carl
,, Nieder Österreich Schuselka
,,Oberösterreich Fischer Alois
"Galizien Jedusschiczki,
,,Für Böhmen Borrosch,
,,Mähren n. Schlesien Szabel,
" Steiermark Thinnfeld,
,, Illirien Rak,
,, Tirol Klebelsberg,
,, Dalmatien Andranovich Nicolaus
P r ä s. Ich ersuche die Herren aus dem Finanzausschüsse, sowohl diejenigen, welche aus den Abtheilungen, als die, welche aus den Gouvernements gewählt wurden, sich heute um 6 Uhr im Commissionszimmer versammeln zu wollen, um sich zu constituiren, und um mir sodann die Wahlen der Functionäre mittheilen zu können. Nunmehr wäre das Verzeichnis der Eingaben vorzulesen. Schriftführer Streit (liest die Eingaben vom 23. August.)
P r ä s. Nun übergehen wir zum zweiten Gegen stände der heutigen Tagesordnung über, nämlich der Berichterstattung über Prüfung der Wahlacte (Er fordert die Berichterstatter nach den Nummern der Abtheilungen auf, es meldet sich keiner.) Damit diese Frage nicht immer Statt finden muß, werde ich die Berichterstatter ersuchen, vor der Sitzung anzugeben, aus welchen Abtheilungen sie ihre Referate vorzutragen wünschen. Der dritte Gegenstand ist die Berichterstattung des Ausschusses für Prüfung beanstandeter Wahlen. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter, zum Vortrage zu schreiten. (Liegt nichts vor.) Nunmehr dürfte die Verhandlung über den Antrag des Abg. Kudlich fortzusetzen sein. Abg. Müssil ist an der Reihe. (Ruf: Nicht da.) Abg. Potocki. (Auf Urlaub.) Lubomirski. Ich bitte um s Wort. Der Abg. Potocki hat mir seine Stimme abgetreten, und das war der Grund, warum letzthin in meinem Namen die hohe Kammer angegangen wurde, mich über diesen Antrag aussprechen zu lassen. Ich glaubte, es stehe einem Jeden frei, seine Stimme einem Andern abzutreten. Ich wollte keine Ausnahme für mich haben, und bloß in seine Reihe treten, da er abreifen sollte. Ich weiß nicht, was das Urtheil der hohen Kammer darüber sein wird. (Mitglieder: ja, ja, sprechen Sie.) (Er besteigt die Tribune.) Ich glaube meine Herren, daß über diesen Gegenstand so viele Meinungen, und reife Meinungen, und so gut ausgedrückte Meinungen gehört worden sind, daß eigentlich darüber nichts neues mehr zu sagen wäre. Ich glaube aber, und zwar aus dem Gründe ganz besonders, weil einer der Vorredner sich in dem Sinne ausgedrückt hat, daß bei einem so hochwichtigen Gegenstande eine namentliche Abstimmung vorgenommen werden soll, um zu erfahren, wer und wie jeder gestimmt hat; so glaube ich, ist es die Pflicht eines Jeden, der zu Worte kommen kann, sein Votum frei und unumwunden auszusprechen. Nur dieses will ich thun, ich will bloß mein Votum motiviren. Meine Vorredner und besonders die, welche ich gestern gehört habe, scheinen mir der Sache so auf den Grund gegangen zu sein daß ich nicht werde brauchen in die näheren Detail einzugehen. Ich glaube aber, daß bei der Besprechung der Antrag des Abg. Kudlich, der ein Princip ausspricht, und dessen übrige Theile nichts als Gorollarien dieses Principes sind, es sich nicht besonders darum handelt, daß der Unterthänigkeitsverband jetzt factisch aufzuhören habe, denn ich glaube, er besteht nicht mehr, sondern wie dieses Aufhören des Unterthänigkeitsverbandes ins Leben, in die Wirklichkeit zu führen fei, und rechtlich garantirt werden könne auf künftige Zeiten. Das W i e scheint mir die Hauptfrage zu sein bei diesem ersten Theile bei dem zweiten Theile, der die Entschädigung angeht, glaube ich, ist das Allerwichtigste, wie und was entschädigt werden soll, nicht aber, ob entschädigt werde. Das ist meine persönliche Ansicht, denn ich behaupte, daß über diese beiden Fragen kaum verschiedene Ansichten sein können; über die erste hat sich keine Verschiedenheit in der Kammer gezeigt. Das Princip des Aufhörens des Unterthänigkeitsverbandes ist von Allen ausgesprochen worden ohne Ausnahme. Ich glaube aber bei dieser Gelegenheit erklären zu müssen, daß ich es unendlich bedauere, daß dieser Gegenstand zur Vollberathung bestimmt worden ist, ohne früher an einen Ausschuß gewiesen zu werden, oder sogar an den Constitutionsausschuß, und zwar aus dem Grunde, weil offenbar mit dem Unterthänigkeitsverbande auch die erste polizeiliche und politische Instanz innig zusammenhängt, nämlich das Dominium. Dieses muß nun, bevor die Gemeinden gebildet sind, durch ein Provisorium ersetzt werden. Ich frage, was für ein Provisorium kann man da einführen? Das einzige, landesfürstliche Mandatare an die Stelle der jetzigen zu setzen. Nun frage ich die Städte, welche bis jetzt unter der Leitung der l. f. Bürgermeister leben, ob sie wirklich mit diesem Zustande ganz besonders zufrieden find, und ob dadurch dem Landmanne viel geholfen sein wird, daß er heute Landesfürst. Mandatare haben wird, ich glaube, daß wir bei der Basis bei allen unseren Anträgen anzufangen hätten, das wäre bei der Einführung der Gemeinden, bei der möglichschnellen Ausarbeitung einer Gemeindeordnung. Ich glaube, daß, so lange wir Provisorien an dieselben Beamten weisen, an dieselben, welche heute regieren, ohne Veränderung des jetzigen Systems, wo nicht einmal der Reichskammer, nicht dem Ministerium die Mittel gegeben sind, eine strenge Controle, eine constitutionelle Controle des Handels und der Beamten üben, wir nur eine Fortsetzung des alten schlechten sanctioniren werden, alle Provisorien, die dieselben auszuüben haben werden, werden sie in demselben Geiste ausüben, und dadurch wird das Volk nichts gewonnen. Ich glaube, daß, wenn von Reaction die Rede ist, und, meine Herren, ich gehöre einem Lande zu, welches nicht, wie einige Mitglieder hier an der Reaction zweifelt, ich gehöre einem Lande zu, welches an der Revolution zweifelt, ich gehöre einem Lande zu, welches von ihren Segnungen bis jetzt noch nichts weiß, von Reaction weiß es leider nur zu viel. Aber meine Herren! was für ein Mittel haben wir gegen die Reaction? Fangen wir bei der Basis an, bilden wir Gemeinden, haben wir Gemeinden, haben wir eben so viele Festungen gegen die Reaction; Festungen für die Freiheit. Das ist das Mittel. Meine Ansicht ist also eben so wie bei dem Kudlich´schen Antrag, eben so auch bei dem zweiten der Recrutirung, daß alle, die besten Gesetze, die wir auch hier geben, so lange wir sie an dieselben Individuen, welche bis jetzt regiert haben, anvertrauen, für uns kein Gewinn sein werden. Das war der Grund, warum ich die Kammer beschwören wollte, sie möge auf alle mögliche Weise alle Anträge bei Seite legen, so viel es nur möglich ist, und an den Constitutionsausschuß weisen, und dem Constitutions Ausschusse durch seltnere Vollberathungen die Möglichkeit und Zeit zu geben, mit seinen Arbeiten vorwärts zu schreiten. (Beifall. )Meine Herren, wir haben ein Beispiel in Frankfurt, es ist der vierte Monat, daß dort getagt wird, die Herren sind bei dem 8. Grundsatze der Constitution, wollen wir es eben so treiben? fangen wir mit der Basis an, ich wiederhole es noch einmal, mit der Gemeinde. Meine Ansicht ist also gegen Provisorien andererseits aber ist es gewiß, daß durch die Aufhebung des Unterethansverhältnisses eine Menge Fragen gelöst werden sollen, für was, da schon einmal der Entschluß der Kammer, daß dieses in einer Vollberathung geschehe, feststeht, und uns bindet, wir kein anderes Mittel haben, als darauf zu dringen, daß ein besonderer Ausschuß für diese specielle Frage gebildet werde, ich glaube es rein unmöglich und eben deßwegen für die gute Seite des Antrages, für die Durchführung des Princips von der höchsten Wichtigkeit, daß der Ausschuß durch Vorarbeiten uns die Mittel an die Hand gebe, dieses Princip ins Leben zu führen. Wir brauchen einen besonderen Ausschuß dazu, und ich stimme dafür, daß ein Ausschuß gebildet werde mit Rücksicht auf die verschiedenen Landestheile Österreichs, und daß dieser Ausschuß sich mit der Frage näher befasse und zwar mit dem zweiten Theile der Frage, der die Entschädigung angeht, und in der ersten Frage aber mit dem einzigen, was heute die erste Instanz in der ganzen Monarchie ersetzen soll, ob sie durch die bisherigen Grundbesitzer weiter fortgeführt oder ob Provisorien gebildet werden sollen. Dann erst soll der Ausschuß seine Arbeiten mittheilen, und wir werden darüber entscheiden. Was die zweite Frage sonst ist eine gewissenhafte Abstimmung unmöglich die Entschädigung angeht, meine Herren, indem ich über dieses spreche, spreche ich nicht pro domo mea, denn ich, das heißt meine Familie, gehört zu denjenigen, welche auf jede Entschädigung Verzicht geleistet haben, (Beifall), außer auf Befreiung der bisherigen Dominicallasten. Indem ich nur das erwähnte, geschah es nur, um Ihnen, meine Herren, zu beweisen, daß ich aus Überzeugung spreche; denn meine Ansicht ist, daß nur Überzeugung überzeugen kann; wer in seinem Interesse spricht, der kann nicht überzeugen, wenn er auch das Beste sagt. Meine Ansicht von denjenigen, welche überhaupt gegen Entschädigung und gegen jede Entschädigung gesprochen haben, ist folgende: Trotz dem besten Willen, diesen Herren die Ehre zu erweisen, sie Communisten und Radicale zu nennen, ist es mir rein unmöglich, es zu thun; denn der Communismus, meine Herren, ist consequenter, er verstößt nicht gegen die Gleichheit wenigstens, er nimmt einem jeden Individuum sein Eigenthum, er kennt keinen ändern Eigenthümer als den Staat und die Gemeinde; er verwaltet die gemeinschaftlichen Güter und vertheilt die Einkünfte unter die Glieder der Gesellschaft, je nach ihrem Werthe. Diesen Werth bezeichnet er nach dem Nutzen, den jedes Individuum der Gesellschaft bringt, da ist Consequenz wenigstens, die Herren aber sind keine Communisten, sie sind nichts als ungerecht; ich behaupte, daß die Herren, indem sie das historische Recht über Bord werfen, inconsequent vorgehen; sie gehen inconsequent vor, denn was bestimmt sie dazu, daß sie das heute vom Landmanne besessene Eigenthum anerkennen und geschützt haben wollen, so weit, daß sie es sogar von den bisherigen Lasten befreit haben wollen, welche Rücksicht ist es? es ist die Rücksicht des factischen Besitzes; die Herren erkennen also den factischen Besitz an, sie erkennen das Eigenthum, sie schneiden nicht das Gut eines jeden Landmannes zu nach einem gewissen Maße, sie lassen dem Einen mehr dem Andern weniger, wie sie das Eigenthum antreffen, so schützen sie es, so schätzen sie es. Das sollen sie bei allen Classen thun, das will die Gleichheit, das will die Consequenz. Ausnahmen schienen mir da unmöglich. Wenn ich spreche für Entschädigung meine Herren, ich verstehe darunter nicht Entschädigung eines jeden heute rechtlich oder nicht rechtlich durch Mißbrauch oder durch was immer für einen Fall bezogenen Einkommens. Ich verstehe unter Entschädigung, Entschädigung desjenigen, was rechtlich und nach Untersuchung einem zukommt, und nicht bloß aus dem Unterthansverbande ihm zugekommen ist, denn da der Unterethansverband aufhört, so hört mit ihm offenbar auch der darauf gestützte Bezug auf, eben so muß auch die Servitut, welche durch den Unterethansverband bloß als Schutzpflicht bestand, aufgehoben werden, nur mit dem Unterschiede, daß ich der Meinung bin, daß man dabei nicht pr. Pausch und Bogen vorgehen kann, sondern man dabei, da wir die Arithmetik nicht umsonst gelernt haben, eine Zählung vorzunehmen habe, und zwar eine billige Rechnung und eine Ausgleichung, weil in gewissen Gegenden, wie bekannt, die Gemeinden offenbar von den Servituten viel mehr beziehen, als sie eigentlich zu leisten haben, folglich die Entschädigung der Gemeinde zukommen sollte. Ich kehre zu meinem Gegenstande zurück, daß also bei dieser Entschädigungsfrage ich ganz besonders im Auge unsere Stellung hier auf dem Reichstage habe. Meine Herren, es ist hier ein errungener Boden, wir haben hier hundert Quadratklafter freien Boden, das ist der archimedische Punct, auf welchem wir unsere Hebel stützen sollen, mit welchen wir die Freiheit emporheben wollen; diesen Boden dürfen wir nicht verlieren, es ist unsere Pflicht ihn zu schützen, und ich glaube, ein jeder von Ihnen, obwohl wir keinen Eid geleistet haben, hat gleich beim Eintritte in diese Stätte den Schwur der ersten französischen Nationalversammlung still in seinem Herzen gemacht: Frei leben oder sterben! (Bravo. ) Dieser Schwur, meine Herren, der soll uns aber dazu führen, daß wir vor allem die Freiheit recht verstehen. Wer die Freiheit nicht versteht, der wird die Freiheit seinem Lande auch nicht einimpfen können. Die Freiheit aber, meine Herren, insbesondere in bewegten Zeiten wie die unfern, in den Zeiten, wo das alte Gesetz nicht mehr gilt, wo keine neuen Gesetze noch da sind, in solchen Zeiten, meine Herren! gibt es einen Codex, welcher in keiner Kammer berathen und abgestimmt worden ist, welcher aber hier (auf seine Brust deutend) eingeschrieben ist. (Beifall.) Das ist der Codex der Ehrlichkeit (Beifall); wenn wir den verlassen, so haben wir alles verloren. (Beifall.) Nun, meine Herren! Wer Freiheit will, der muß das Recht wollen. Meine Ansicht ist also, daß wenn hier viel von Reaction gesprochen und wenn die Reaction gefürchtet wird, so theile ich diese Ansicht nicht. Ich gehöre zu Denjenigen, die die Reaction nicht fürchten. (Beifall.) Ich kenne ein Mittel gegen die Reaction, und das ist unfehlbar, es ist: ehrlicher zu sein als die Reaction es ist. (Beifall.) Wenn wir, meine Herren, von einer Sanction sprechen, derer wir bedürfen, wenn wir von Competenz dieser Kammer reden, so muß ich Ihrer Ansicht beipflichten: daß ich die Gewalt nicht kenne, die uns beschränken könnte, aber ich muß sagen, meine Herren! Es gibt eine Gewalt, die wir nicht beschränken können!! Ich fürchte Diejenigen, welche zum Beispiele dadurch, daß sie jetzt einen Verlust leiden sollten, durch ein Gesetz, das von uns stießen würde, sich bestimmt und berechtigt halten würden, uns und der jungen Freiheit in den Weg sich zu stellen, und ihrer Entwickelung Hindernisse in den Weg zu legen. solche Menschen fürchte ich nicht (Beifall), solche Menschen hat die junge Freiheit nicht zu fürchten. Meine Herren! Nur eine einzige Stunde der Freiheit! In einer Stunde schlägt die Freiheit solche Wurzel, daß Herkuleskräfte dazu gehören, um sie nur rütteln zu können. Meine Herren! Leute, welche aus Selbstsucht ihre Freiheit und die Freiheit Anderer preisgeben würden, solche Leute haben wir nicht zu fürchten! Wir haben sie nicht zu fürchten, wenn wir, wie ich sage, immer ehrlich vorgehen, denn da haben wir die ehrlichen Leute für uns und das sind die einzigen, die wir zu fürchten haben, denn sie sind es, welche zuletzt siegen und siegen müssen! Meine Herren! Die Gewalt, von der ich spreche, welche wir nicht beschränken können, das ist die Gewalt des Rechtes, schreiten wir über diese, so brechen wir über uns selber den Stab! Dieß wäre dann nichts Anderes als ein Wechsel der Personen, ob nun die Person Metternich oder anders heißt, das ist mir gleich, Willkür ist Willkür. Sollte jede Revolution nichts anderes sein, als eine Veränderung der Personen, was hätte dann die Freiheit damit zu thun. (Beifall.) Ich habe nur einige Worte hinzuzusetzen zu dem, was ein Herr Vorredner gestern über unser Land gesagt hat, indem er Thatsachen, von denen hier die Rede war, genauer bestimmen wollte; ich setze bloß das hinzu, zu dem was er gestern uns gesagt hat, daß bei der Zählung derjenigen, welche wirklich dem bisherigen Unterthan, dem Landmanne bei der Nachlassung der Unterethanspflichten eine Schenkung gemacht haben, daß bei der Aufzählung derer, er nur diejenigen eingerechnet hat, welchen es geglückt hatte, wirklich faktisch dieses beschenk zu verwirklichen, diejenigen aber, welche unter einer Adresse, welche 12000 Unterschriften beiläufig zählte, unter einer Adresse sich unterschrieben, in welcher sie ausdrücklich sagten, daß sie gesonnen seien, diese Schenkung zu machen, ich glaube meine Herren, die Sache sei ziemlich gleichgültig, wie viele es seien, die es gethan haben. Das geehrte Mitglied für Rava gab gestern genau die Gründe an, warum nicht mehrere Individuen diese Schenkung wirklich vollbracht hatten, denn er sagte ausdrücklich, daß sie diese Schenkung nicht machen konnten, weil ihr Vermögen mit Schulden belastet war; Leute also, die die Schenkung nicht machen können, welche aber feierlich und in Gegenwart vieler durch ihre eigenen Unterschriften das Versprechen der Schenkung zu machen ablegen. Ich glaube der Unterschied zwischen der verwirklichten Schenkung und dem Versprechen sei ein unbedeutender, und eben deßwegen sollen diejenigen, welche ein so feierliches Versprechen gethan haben, mit zu denjenigen gerechnet werden, welche wirklich diese Schenkung factisch vollbracht haben. Die Zahl scheint mir gleichgültig zu sein, das Factum aber wichtig, und deßwegen will ich es in Kürze erzählen; so wurde im Augenblicke der Begeisterung von einer Masse von Tausenden von Staatsbürgern eine Petition unterschrieben, und zwar feierlich, in welcher einerseits die zugegen gewesenen Gutsbesitzer, andererseits die Stadt und Landbewohner in einem und demselben patriotischen Geiste gehandelt haben, für eine und dieselbe Idee entbrannten, für die sie alle ein Opfer bringen wollten. einerseits durch die Schenkung gewisser ihnen bis jetzt gebührender Bezüge, andererseits dadurch, daß die Bürger und Städter die Entschädigung dafür zum Theile auf sich nehmen wollten. Ich bemerke, daß die Stadt und Landbewohner, die sich einfanden, in der Ansicht überein waren, daß eine Entschädigung gebühre, und daher fei es Pflicht eines jeden Staatsbürgers, dazu beizusteuern. Es war ein beiderseitiges Opfer, und dieses soll anerkannt werden, weil der gute Wille auch anerkannt werden soll; jetzt soll er aber zur That werden, und ich weiß, er wird die Probe bestehen. Wir haben ein Patent, welches die Entschädigung verspricht, dieses Patent sehe ich wenigstens als nichts anderes an, als das Versprechen eines Ministeriums. Wer uns dabei zu entschädigen hätte, ich weiß es nicht; ich weiß, daß dieses Patent nicht bindend ist. Das Ministerium, glaube ich, war nicht bevollmächtigt, eine Entschädigung auf Staatskosten zu versprechen, für eine Entlastung in Galizien. Wenn ich eine Entschädigung als Recht anspreche, so spreche ich sie billig nur vor einer freien Reichskammer aber von Niemand ändern. Ich muß nur noch einige Worte hinzufügen über die national ökonomische Wichtigkeit der jetzt vorzunehmenden Veränderung. Ich glaube, dieser Theil sei, so viel mir bekannt, wenig berührt worden. Es geht mehr die Frage an, wer zu entschädigen habe? Da ist meine Ansicht, daß derjenige, der am meisten dabei gewinnt, nämlich bei der Aufhebung des Unterthänigkeitsverhältnisses, nur der Staat ist; er gewinnt in zweifacher Richtung, in moralischer und materieller. In moralischer Richtung gewinnt er dadurch, daß eine Unzahl, daß Millionen von freien Eigenthümern erstehen, die das Vaterland gewinnt, welche eine jede Handbreit ihrer Erde vertheidigen werden mit doppeltem Eifer von der Zeit, als sie ihnen allein angehört. Das ist der moralische Nutzen, und es wäre mir leicht, noch einen anderen Nutzen heraus zu finden, und das ist dieser, daß der Staat Millionen von Conservativen gewinnen wird und Conservatismus, meine Herren, wird hoffentlich eine andere Bedeutung gewinnen, als er sie bis jetzt gehabt hat. (Beifall. )Conservatismus hat für mich eine schlechte Bedeutung in einem Staate, wo nichts als Schlechtes zu conserviren ist; er gewinnt aber eine hohe Bedeutung, wo die Freiheit, wo freie Institutionen zu conserviren sind. Das ist der moralische Nutzen. Der materielle, meine Herren, würde sich leicht berechnen lassen, es hat ein Jeder von den Rednern zugestanden, daß offenbar der Werth der Güter, überhaupt derjenige des Landmannes, derjenige des bisherigen Obereigenthümers durch diese Aufhebung der jetzigen Bande unendlich steigen würde, ich zweifle nicht daran, und das ist der Grund, warum der Bauer der bisherige Unterthan als freier Grundbesitzer leicht einen Theil der Entschädigung aus sich nehmen kann, weil er auch einen Theil des Gewinstes hat; dieß ist auch der Grund, warum auch der Grundbesitzer einen Theil der Entschädigung wird entbehren können, weil er auch einen Gewinn und einen Theil des Gewinstes mit hat. Wir haben Beispiele in Galizien, daß die Profinationsrechte, welche bis dahin in gewissen Städten einem Eigenthümer zukommen, verkauft wurden, und zwar an die Gemeinden; mir sind zwei Fälle bekannt, wo durch diesen Verkauf diese Gebühren so ungeheuer gestiegen sind, daß in einem einzigen Jahre die Gemeinde das ganze Capital, welches sie erlegt hatte, einnahm. Ist bei solchen Verhältnissen eine Entschädigung leicht meine Herren? Das ist nun auch der Fall, was den Staat angeht. Jeder Eigenthümer, Grundbesitzer wird dadurch in seinem materiellen Wohlsein, daß er befreit worden ist von den bisherigen Lasten, unendlich gewinnen, und auch dadurch ein neuer Consument sein, ein Mann, der andere Bedürfnisse haben wird, als bis jetzt, und dadurch den Städten und dem Staate Gewinn bringen; den Städten, denn es entstehen dadurch Millionen von Abnehmern dem Staate durch die indirecten Steuern, und durch Sicherstellung der directen, so daß man wahrhaftig behaupten kann, daß bloß aus dem Gewinne dieser Maßregel der Staat diese Entschädigung auf sich nehmen könnte. So groß ist der Gewinn für den ganzen Staat. Das ist der Grund, warum ich glaube, daß jeder Staatsbürger zu dieser Entschädigung beitragen soll. Ich resumire mein Votum, nach meiner Ansicht sollen wir, nachdem die Commission ihr Gutachten uns mitgetheilt haben wird, selbst über den höchsten Grundsatz entscheiden, über den Grundsatz der Aufhebung und den Grundsatz der Entschädigung mit dem Beisatze, wo entschädigt werden soll und wer entschädigen soll im Allgemeinen. Die Durchführung dieses Grundsatzes, die Durchführung in allen Theilen der Monarchie glaube ich, kann nur in den verschiedenen Ländertheilen selbst geschehen. Meine Herren, wenn man gegen die Landtage, gegen die Provinzial Reichstage, wenn man gegen die ein Mißtrauen hegt und glaubt, sie sollten reactionärer handeln als wir es hier thun, so habe ich bloß darauf zu entgegnen, daß ich von keinem Landtage spreche, der nicht von freier Wähl ebenso bestehen wurde, wie der jetzige, und ich sehe nicht ein, daß man in den Provinzen, welche eben zu diesem Reichstage gewählt haben, anders wählen sollte für die Landtage, die dort gehalten werden, als für den, der hier gehalten wird. Die öffentliche Meinung wird immer eine und dieselbe sein. (Tritt unter Beifall ab.) Präs. Die Reihe trifft nun den Abg. K r a t o c h w i l. K r a t o c h w i l. Da der Gegenstand von allen Seiten beleuchtet, ja vielleicht schon erschöpft ist, und meine Ansicht von vielen ausgezeichneten Rednern schon ausgesprochen wurde, so verzichte ich im Interesse der Sache zur Abkürzung der Debatte auf mein Wort. (Beifall.) Präs Die Reihe trifft nun den Abg. Trzecieski. Abg. Trzecieski. Ich habe nur wenige Worte zum früher Gefügten beizufügen, und es wäre erstens eine kleine Berichtigung dessen, was der Abgeordnete von Rava gesagt hat, über die Landtage. Es war ein förmlicher Kampf zwischen den Freigesinnten in unserem Lande und den Repräsentanten der damaligen Regierung. Beide Seiten haben recht verstanden, daß, in so weit und in so lange die Robot und das Untersthansband verbleiben werden, die Freiheit auf keinen Fall auskommen kann. Aus dieser Voraussetzung haben die Landstände, welche in Galizien zwar durch den Adel gebildet waren, aber welche viele freisinnige Leute wählten, mit der größten Anstrengung die Unhebung der Robot im Jahre 1842 gefordert, im Jahre 1845 hat man es so weit gebracht, daß schon eine Commission zur Bearbeitung dieses Planes gebildet war. Es hat sich ganz und gar nicht gehandelt um eine Regulirung, sondern um eine gänzliche Aufhebung, darum hat es sich nicht gehandelt, um den Bauern eine große Last auszubürden, indem der Plan, wie diese zu Stande kommen sollte, bereits erst durch eine Commission ausgearbeitet werden sollte. Das ist um so gewisser, daß dieser Commission, welche am Landtage von 1845 gewählt wurde, im Monate December derselben untersagt wurde, sich mit diesem Plane weiter zu befassen. Ungeachtet dessen haben sich Mitglieder des früheren Landtages bemüht, die Regierung immer auf diesen Plan der gänzlichen Aushebung zurückzuführen, und ich berufe mich auf ein Memorandum, welches ich selbst dem Abgeordneten von Rava am 1. November 1847 überreicht habe, wo gesagt wird: "Der Zustand der Bauern würde wesentlich verbessert werden durch eine gänzliche Reluition der Frohneu", indem in den meisten Gegenden das Wort Fronen dem Bauer verhaßt und unerträglich geworden ist, keine der bisher erfolgten Abänderungen werden daher ihr Ziel erreichen, und nur die gänzliche Abschaffung aller Fronen, Gierigkeiten und die Substituirung von Reluitions und Amortisationszinsen würde all dem seit dem vorigen Jahre mit furchtbaren Schrecken um sich greifenden Übelstande ein schnelles Ende machen. Das wäre also zum Beweise, daß die Stände eine gänzliche Abschaffung berücksichtigen und zustande bringen wollten, dann in Hinsicht dessen, was der Abgeordnete von Rava gesagt hat, daß wieder einige die Schenkung gemacht haben; es ist wirklich wahr, daß nicht alle unter dem Namen Schenkung in Galizien die Robot aufgehoben haben, denn nicht alle haben ihre Namen in die Zeitung eingeschaltet, aber es sind ganze Kreise, besonders auch in den westlichen Gegenden, wo ich Bewohner bin, haben an einem Tage und zwar auf den 23. April und 3. Mai die Robot aufgehoben; es sind hier viele von diesen Gegenden, viele Betheiligten, welche es beglaubigen können. In Hinsicht des Antrages also habe ich noch dieses zu bemerken, daß die Lösung dieser Frage äußerst wichtig für unsere Zukunft ist; es handelt sich hier nicht um die individuellen Interessen, die dabei verlieren oder gewinnen könnten, es handelt sich dabei um ein Princip, auf welche Art und Weise dieses geschehen soll. Ich komme von einem Lande, wo dieses Princip durch die unglücklichen Maßregeln, die die Regierung im Jahre 1846 zur Dämpfung des Ausstandes genommen hat, dieses Princip des Eigenthums umgeworfen hat, und ich mache sie meine Herren auf die unglücklichen Consequenzen, welche bereits in unserem Lande erweislich waren, aufmerksam. Dann über die individuellen Modalitäten, weil das übrige schon erschöpft ist, möchte ich nur über die Servituten, über die Regulirung der Gründe und über die Indemnisation, durch wem diese Indemnisation geschehen soll. Die Servituten glaube ich auf jeden Fall zu belassen, indem in vielen Orten wirklich die Unterthanen durch das Verlieren des Waldes und der übrigen Servituten äußerst viel verlieren möchten, und wirklich in den Stand gesetzt wären, daß sie durch diese Veränderung entweder nichts oder sehr wenig gewinnen könnten. Ich wäre aber für die Regulirung dieser Servituten. Dann eine äußerst große Frage wäre bei uns die Regulirung der Gründe; es sind Bauern und Herrschaftsgründe in viele Theile vertheilt. Das ist eine andere nationalökonomische Sache; es wäre also wünschenswerth, diese Gründe so zu reguliren, damit jeder Eigentümer in der Mitte seines Eigenthums wohnen könnte. Endlich in Bezug auf die Indemnisation möchte ich mich förmlich und gänzlich aussprechen; primo: damit der Bauer zu dieser Indemnisation etwas beitragen könnte; ich glaube, es gibt schon Mittel, wodurch dem, der diese Indemnisation nicht geschenkt hat, beizustehen wäre, aber die Betheiligten, nämlich die Bauern, sollen zu dieser Indemnisation auf keinen Fall etwas beitragen; endlich: damit diese Indemnisation nach Provinzen ausfällt. Jedoch wäre ich der Meinung, daß diese Ausgleichung der Indemnisation aus keinen Fall auf den Landtagen, sondern hier zu geschehen habe, indem die jetzige Repräsentation das volle Zutrauen und die Kenntniß des ganzen Landes besitzt. Es kann der Grund und die Art und Weise hier bestimmt werden, auf welche diese Indemnisation, wenn eine auszumitteln wäre, geschehen solle.