Støeda 9. srpna 1848

Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.

Siebzehnte Sitzung des constituirenden Reichstages am 9. August 1848.

Tagesordnung.

I. Ablesung des Sitzungsprotokolles vom 8. August 1848.

II. Ausschußberichte über die Wahlen.

III. Verhandlung über den Antrag des Abg. Kudlich wegen Aufhebung des Untertänigkeitsverhältnisses.

IV. Lesung der Geschäftsordnung V. Berathung über den Selinger'schen Antrag bezüglich der Armee.

Vorsitzender: Vicepräs. Strobach. Anwesende Minister: Doblhoff, Krauß, Latour, Bach, Schwarzer.

Anfang um 10  1/4 Uhr.

V i c e  p r ä s. Die Anzahl der Mitglieder, die zur Eröffnung der Sitzung laut der Geschäftsordnung erforderlich, ist bereits anwesend, und ich erkläre die Sitzung für eröffnet. Ich ersuche den Herrn Schriftführer das Protokoll der gestrigen Sitzung zu lesen.

Secr. Hauschild (liest das gestrige Protokoll )

Vicepräs. Wünscht Jemand das Wort über die Vorlesung des Protokolls zu ergreifen?—Falls die hohe Versammlung sich für die Annahme des eben gelesenen Protokolles ausspricht, so wolle sie es durch Ausstehen zu erkennen geben. (Angenommen.)

Vicepräs. Abgeord. Wagner wurde vom Abg. Hein als krank gemeldet; es ist zwar kein Krankheitszeigniesvorgelegt, doch glaube ich, daß wir es der Würde eines Abgeordneten schuldig sind, über derartige Anmeldungen eine Urkunde nicht zu verlangen, sondern daß es nur allenfalls zur Kenntniß zu nehmen sei. Ich ersuche die Herren, die in den Petitionsausschuß gewählt sind, ihre Functionäre bekannt zu geben.

Schriff. Streit. Als Vorstand: Abg. Lasser, Vorstvin.5.33telli.iertreter:Pienczykowski, Schriftführer: Wojtech.

Vicepräs. Es liegt eine Eingabe des Abg. Pienczykowski vor, welche eben auf die Wahl der Functionäre im Petitionsausschusse sich bezieht. Ich glaube es wird im Zusammenhange sein, wenn diese gleich zum Vortrage gelange.

(Schriftf. Streit liest die Eingabe:)

Hohe Reichsversammlung! 

"Beider gestrigen Wahl im Gouvernement zur Petitionscommission wurde ich durch eine Stimmenmehrheit von 51 Stimmen gewählt und der ehrwürdige Abg. Szaszkiewicz hatte 38 Stimmen.

,,Weil aber unter den Petitionen viele ruthenische Angelegenheiten vorkommen, und die ruthenischen Mitbrüder missvergnügt waren, daß keiner aus ihrer Mitte diesem Ausschüsse beiwohnt, so bitte ich ehrerbietigst, damit der Abg. Szaszkiewicz im exceptionellen Wege durch Kammerbeschluß zu unserem Ausschusse bestimmt werde."

Abg. P i e n c z y k o w s k i. Zur Begründung dieser meiner Bitte sei es mir erlaubt, meine Herren, offenherzig Ihr volles Vertrauen, Ihre billige Einsicht in Anspruch zu nehmen. Die Abneigung der ruthenischen Mitbrüder ist leider bekannt, obwohl ich feierlichst versichern kann, daß alle polnischen Mitbruder ihnen herzlich gewogen sind, daß sie ihr erwachtes Nationalgefühl waren, daß sie alle ihren gerechten Ansichten vorangehen wollen. Den Beweis haben wir der der Wahl des Constitutionausschusses geliefert, und diesen Beweis will ich auch jetzt durch meine Bitte geben. Das Vertrauen der Mehrheit hat mich in den Petitionsausschuss berufen, aber dadurch wird das Mißtrauen der ruthenischen Mitbrüder nicht behoben, wenn sie daselbst keinen aus ihrer Mitte haben werben. Ich glaub; daher, daß wenn Sie, meine Herren, dieser meiner Bitte Gehör geben wollen, die volle Hoffnung haben konnten, daß dieses Mißtrauen mit der Zutverschwinde.

V i c e  p r ä s. Bor allem Adern erlaube ich mir die Frage: ob der Antrag des Mitgliedes, das so eben gesprochen, unterstützt wird? (Zahlreich unterstützt.)

Abg. Prokopczyc. Ich kann die Äußerung des Herrn Abg. Vienczykowski, als wenn die ruthenische Nation der polnischen Nation abgeneigt wäre und feindselige Gesinnungen hegte, nicht mit Stillschweigen übergehen. Von Eingelnheiten ist nicht die Rede, denn das findet sich gegenseitig bei allen verschriebenen Nationalitäten, was aber die Nation anbelangt, so will ich feierlichst es in Abrede stellen. Die Ruthenen sind nie der polnischen Nationalität feindselig gewesen und wenn sich der Hass nach oben geäußert hat, so war dieß nur in Folge des gewaltigen Druckes nach unten. So lange der Druck war, mußte auch der Hass vorhanden sein, wenn dieser Druck nachgibt, so ist es eine natürliche Folge, daß auch die Gehässigkeit schwindet. Wir umfassen die ganze Menschheit, also auch unsere lieben Nachbauen die Polen mit warmen Herzen und warmen Gefühle, welches wir in unserer Brust nähren. (Beifall.)

Sei es uns vergönnt, daß wir unsere Nationalität nicht aufgeben, daß wir unser Recht nicht aufgeben werden, welches mit der Nationalität innig verbunden ist, daß wir die Menschenrechte gegen jeden Mißbrauch und Druck verwahren wollen. Diese Gerechtigkeit wird uns im Angesicht des hohen Reichstages, im Angesichte von ganz Europa zugesichert werden. Ich stelle es in Abrede, ich trete auf im Namen meiner Nationalität, daß ich selbst und meine Nationalität keine Gehässigkeit gegen die Polen hegen, wir lieben sie und achten sie, sie sind unsere Brüder, unsere Nachbarn; wir verlangen nur das, wozu uns Gott berufen hat, wozu wir auch bestimmt sind. Wir wollen nicht bloß Ruthenen heißen, uns nicht bloß Ruthenen nennen, wir wollen auch Ruthenen sein und als solche eine politische Geltung haben, was eine Zahl von 3 Millionen Menschen verlangen darf. Das hoffe ich, daß sie unsere Ansprüche nicht übertrieben finden werden, und sagt Jemand, daß dieß aus Gehässigkeit geschehe, der versteht es nicht; wir lieben uns gegenseitig, wir achten die polnische und jede Nationalität, wie ich es aufgesprochen habe.

(Beifall.)

Abg. Dylewski. Ich habe den Antrag des Abg. Pienczykowski unterstützt, der Hr. Redner vor mir wird also sicher sein, daß das, was ich rede nicht gegen den Antrag, sondern aus innerer gerechter Würdigung des ganzen Antrages fließt. Wir haben den Abg. Pienczykowski gewählt, weil er auch Ruthene ist, und ich wundere mich, warum er zwischen sich und den andern eine Scheidelinie stellt. Was sollen wir einen Ruthenen nennen? Ich glaube doch Jenen, dessen Vorfahren Jahrhunderte in dem Lande ansässig sind, wo die Ruthenen wohnen. Soll zum Criterium eines Ruthenen der Ritus angewendet werden, dann verstehe ich es nicht; ich glaube nur die Abstammung macht ein Volk und in dieser Hinsicht unterscheiden sich Vienezykowski und Sezaszkiewicz gar nicht.

Leider ist zum Unglücke von einem Ruthenismus die Rede, welcher kein Ruthenismus, sondern nur in der ersten Aufwallung ein Werkzeug der Reaction in unserem Lande ist. Ich hoffe diese Abgeordnete werden sich dazu nicht verstehen, und habe das Vertrauen, daß sie einen solchen Abgeordneten wählen, welcher die Freiheit liebt, mit der Freiheit Hand in Hand geht, welcher keinen Unterschied der Nationalität auf den Ritus gründen, weil eine solche Unterscheidung nur aus Verfolgungsgesinnungen entsteht. Deswegen glaube ich, daß die wahren Ruthenen dem Volke nach durch diese Wahl des Abg. Pienczykowski gar nicht verkürzt waren, und ich wurde nicht begreifen, warum wir einen Andern wählen sollen, und würde es nur als einen Anlaß zum Zwist im Lande ansehen, wenn die Ruthenen zwischen den Abg. Sczaszkiewicz und Pienczykowski einen Unterschied stellen wollten.

Vicepräs. Falls Niemand mehr das Wort zu ergreifen wünscht —

Abg. Prokopczyc. Ich glaube, es hat keiner von den Ruthenen eine Mißbilligung geäußert, daß der Abg. Pienczykowski zum Mitgliede des Petitionsausschusses gewählt wurde, das ist von uns hier nicht ausgesprochen worden. Die Wahl ist gesetzlich ausgefallen, und wir wollen keine andere verlangen, wir sind durchaus mit der Wahl des Abg. Pienczykowski zufrieden, aber ich stelle dieses dem Vorredner in Abrede, daß er uns als ruthenische Barbaren, als Anhänger der Reaction bezeichnet.

Vicepräs. Ich erlaube mir zu bemerken, daß die Debatte vom eigentlichen Gegenstande abzuweichen scheint. Der Gegenstand ist, ob ausnahmsweise bei der Creirung des Petitionsausschusses nach §. 88, neben dem bereits aus der Provinz Galizien gewählten Mitgliede noch ein zweites exzeptionell, und zwar aus der Nation der Ruthenen, aufzunehmen sei. Dieß scheint mir aber nicht zur Begründung zu gehören, dieß scheint mir vom Gegenstande der Debatte abzuweichen.

Abg. Procopczyc. Der Redner ist ebenfalls vom Gegenstande der Debatte abgewichen, und ich hielt mich für verpflichtet, eine Bemerkung zu machen. Wir verlangen, glaube ich, kein anderes Mitglied in diesem Ausschüsse, wir haben unsere Äußerung nicht dahin abgegeben.

Abg. Szaszkiewicz. Ich als eine hier beteiligte Person, glaube mich verpflichtet, nur in dieser Angelegenheit dahin das Wort verlangen zu müssen, damit man nicht glauben sollte, daß das vom Abg. Pienczykowski erwähnte Mißtrauen der ruthenischen Bevölkerung von mir als in der Wahl Durchgefallenen ausgegangen sein müßte. Dagegen glaube ich mich feierlichst verwahren zu müssen. Zwar habe ich einige Stimmen erhalten, die der Majorität nahe kamen, aber ich war darin sehr wenig interessirt, wenn mich meine Mitbrüder, meine Landsleute mit diesem Vertrauen beehren wollten. Ich würde diese Pflicht sehr freudig und bereitwillig angenommen haben, aber daß Einer aus der ruthenischen Nationalität in diesem Ausschussgewählt werde, glaube ich mich weder veranlaßt noch verpflichtet zu begehren, um so weniger, da die Wahl nach der Geschäftsordnung ausgefallen und ich, wenigstens meinerseits, gar kein Mißtrauen in den Abgeordneten Pienczykowski zu setzen mich veranlaßt finde.

Vicepräs. Wenn Niemand mehr das Wort zu ergreifen wünscht —

Ein Abg. Ich bin gegen den Antrag des Abg. Pienczykowski, und glaube, daß derselbe nicht das Recht hat, das Vertrauen, welches wir ihm geschenkt haben, auf einen andern zu übertragen. Will er in den Petitionsausschuß als Mitglied nicht erscheinen, so muß nochmals zur Wahl geschritten werden, aber er hat nicht das Recht, das Vertrauen, das wir ihm geschenkt haben, auf einen andern zu übertragen, deshalb bin ich gegen den Antrag des Abg. Pienczykowski.

Vicepräs. Wenn ich nicht irre, geht der Antrag des Abg. Pienczykowski nicht dahin, das Recht, das ihm durch die Wahl zukam, an den Abg. Szaszkiewicz abzutreten, sondern er wünscht nur, daß neben ihm aus dem Gouvernement Galizien noch ein anderer Deputirter in den Petitionsausschuß gewählt werde, und zwar exzeptionell der Abg. Szaszkiewicz mit 38 Stimmen.

Ein Abg. Nur ist bei dieser Angelegenheit ein ganz besonderer Umstand zu berücksichtigen, nämlich in Galizien sind nicht zwei Nationalitäten, aber zwei Schreibarten, nämlich die östlichen Kreise haben noch in manchen Gegenden so ziemlich die ruthenische Sprache und eine ganz andere Schrift sich erhalten. Diese dürfte dem Abg. Pienczykowski nicht bekannt sein, wenigstens so, daß er sie lesen und verstehen könnte. Sollte man sich der Unmöglichkeit des Übertragens in die deutsche Sprache aussetzen, so scheint es mir kürzer, wenn der Abg. Szaszkiewiez auch beigegeben würde, wo er alsogleich, was die Schrift anlangt, dieselbe verdeutschen könnte und sie vortragen. In dieser Hinsicht stimme ich ganz für den Antrag des Abg. Pienczykowski. Abg. Dylewski. Ich habe den Antrag des Abg. Pienczykowski unterstützt, und unterstütze ihn auch ferner und bitte die hohe Kammer ihn ebenfalls zu unterstützen. Mich hat es nur schmerzlich berührt, daß der Abg. Pienczykowski sich als etwas anderes angesehen hat, daß er als Ruthene zwischen sich und dem Abg. Szaszkiewicz einen Unterschied sieht, den wir nicht sehen. Ich unterstütze daher den Antrag nicht deßwegen, weil der Abg. Szaszkiewicz mehr Ruthene ist, als der Abg. Pienczykowski, sondern deßwegen, weil ich glaube, daß wenn auch der Glaubt der Ruthenen verschieden ist, der Abg. Pienczykowski doch die Sache würdig vertreten könne, welche die Nationalität verlangt.

Abg. Szaszkiewicz. Ich will nur eine kurze Bemerkung über die Zumuthung machen (Abstimmen, abstimmen!) als ob ich der Meinung wäre, daß ich die Angelegenheit der ruthenischen Bittsteller besser vertreten könne, darüber habe ich mich gar nicht geäußert, doch bin ich der Meinung — (Ruf nach Abstimmung.)

Vicepräs. Ich werbe zur Abstimmung schreiten. Der Antrag des Abg. Pienczykowski geht wesentlich dahin, daß in dein Petitionsausschüsse aus dem Gouvernement Galizien zwei Ausschußmänner aufgenommen würden, und zwar neben dem mit Stimmenmehrheit gewählten Abg. Pienczykowski noch ein weiterer Abgeordneter, der eine Stimmenminderheit für sich hat aber dem ruthenischen Stamme angehört, und zwar der Abg. Szaszkiewicz. Sollte sich die hohe Kammer dafür entscheiden, daß dieser Ausnahmefall in Betreff des Gouvernements Galizien eintrete, und daß der Abg. Szaskiewiz als Ausschußmann in den Petitionsausschuss eintrete, so wolle es durch Aufstehen geschehen. —

Es ist zweifelhaft. —Jetzt scheint es die Majorität zu sein. — Ich bitte stehen bleiben zu wollen. Jetzt halte ich es für die Majorität.

Abg. Löhner. Ich erlaube mir eine Bemerkung. Es scheint mir, da dieses eine wichtige Entscheidung ist, im Principe, daß es durchaus nöthig sei, daß die Majorität constatirt werde, ich muß also bitten, daß eine förmliche Zählung vorgenommen werde. Denn mit demselben Rechte, mit welchem heute die Kammer der Bitte der Ruthenen nachgegeben hat, wird sie auch morgen in die Lage kommen können, den Anforderungen der SüdTiroler, der Deutschböhmen nachgeben zu müssen. Da es sich also um ein Princip handelt, so muß ich bitten, daß der Wille der hohen Karminer festgestellt werde, und also die Zahlung vorgenommen wird.

Vicepräs. Ich erlaube mir als Vorstand zu bemerken, daß ich es für die Majorität ansehe, nämlich die Anzahl der Harren, die aufgestanden sind. Sine wirkliche Zahlung findet nur dann Statt, wenn der Gesamtvorstand nach vorgenommener Gegenprobe diese auch noch zweifelhaft findet. Das war nicht der Fall. Eben so glaube ich, finden die andern Abstimmungsarten nicht Statt, denn sie wurden erst nach Abstimmung und nicht am Schlusse der Verhandlung in Antrag gebracht, wir dürfen daher zu den weitern Gegenständen schreiten. Nach der Anordnung der Geschäftsordnung sind die Eingaben, die an den Reichstag gelangt sind, abzulesen, und zwar vermöge eines Verzeichnisses. Ich bitte daher den Schriftführer die Eingaben ihrem kurzen Inhalte nach abzulesen.

Schriftf. Streit (liest das Verzeichniß der Ingelangteen Eingaben).

Vicepräs. Es ist eine Interpellation von Abg. Turko angemeldet worden. Wünscht der Herr Abgeordnete davon Gebrauch zu machen?

Abg. Turco. Es dürfte vielleicht zu belassen sein, bis die zwei Herren Minister anwesend sind, vielleicht kannten jetzt die Wahlacten vorgetragen werden, weil diese Interpellation an das gesammte Ministerium geht.

Justizminister Bach. Ich bitte um das Wort; ich habe eine Eröffnung zu machen. Ich bin schon mehrere Male interpellirt worden über die Fortdauer der Verhaftung des zum Reichstagsabgeordneten gewählten Dr. Brauner. Es ist mir gestern eine telegraphische Depesche des Inhaltes zugekommen, daß das Prager Criminalgericht nach der so eben erstatteten Anzeige beschlossen hat, daß nach dem gegenwärtigen Standpuncte der Gesetzgebung in Betreff der jüngsten Ereignisse: in Prag gegen den Abgeordneten Dr. Branner eine rechtliche Anzeigung eines Verbrechens nicht vorhanden sei. Es erklärt, daß gegen den Abgeordneten Dr. Brauner eine Kriminaluntersuchung nicht stattgefunden habe, daher sofort derselbe gestern um 2 Uhr Nachmittags der Haft entlassen wurde. Da dieser Gegenstand in der hohen Versammlung zur Sprache kam, so halte ich mich verpflichtet, dieses amtliche Document zur Abwendung des Verdachtes in der hohen Reichsversammlung selbst vorzulegen. (Allgemeiner Beifall.)

Vicepräs. Den zweiten Gegenstand der heiligen Tagesordnung bilden die Vorträge der Abtheilungen über die Wahlen. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter der 1. Abtheilung, zum Vortrage zu schreiten, (Die 1., 2., 3. und 4. Abtheilung hat keine Wahlen geprüft.)

Abg. Rieger (als Berichterstatter der 5. Abtheilung) liest den Bericht über die Wahl des Abgeordneten Franz Trzecieski für Jaslo in Galizien und berichtet, daß bei dieser Wahl eigentlich zwei Wahlen stattgefunden haben. Es wurden im Ganzen Wahlbezirke 70 Wahlmänner gewählt, bei der ersten Wahl sind 67 erschienen, also mehr als drei Viertel der Gewählten waren anwesend. Als die Wahl vorgenommen wurde, erklärten 48 von den erschienenen Wahlmännern, von ihren Wahlrechte nicht Gebrauch machen zu wollen, weil sie der Ansicht wären, daß die Wahl nach Ständen vorzunehmen sei, und entfernten sich sonach. Es blieben also nur 19 Wahlmänner übrig, und von diesen gaben 17 ihre Stimmen dem Abg. Trzecieski. Das Protokoll war vollkommen in der Ordnung. Die Stimmzettel lagen bei. Es ist aber ein Duplikat des Protokolles vorhanden, welches mit den Aufschrift "Gegenliste" bezeichnet ist. Die Unterschriften sind von sämmtlichen Mitgliedern der Wahlcommission und einigen Wahlmännern ausgegangen. Es wäre also gegen diese Wahl kein Anstand vorhanden. Nur muß ich im Auftrage der Section bemerken, daß das Kreisamt von der Ansicht ausgeht, daß die erste Wahl nicht gültig sei, und daher eine zweite Wahl ausgeschrieben hat. Bei dieser Wahl sind wieder dieselben Wahlmänner erschienen, welche bei der ersten Wahl erschienen sind, aber diejenigen 17 Wahlmänner, welche bei der ersten Wahl dem Abg. Trzecieski ihre Stimme gegeben, hatten einen Protest des Inhaltes eingelegt, daß sie die erste Wahl für eine rechtsgültige anerkennen, und protestiren gegen die Vornahme einer zweiten Wahl. Sie berufen sich dabei auf den Paragraph in der Wahlordnung, wo es heißt, daß nur der hohe Reichstag das Recht habe, über die Gültigkeit oder Ungültigkeit der Wahlen zu entscheiden, daß sie also zu einer zweiten Wahl zu schreiten nicht berechtigt sind, so lange die erste Wahl nicht für ungültig erklärt wurde. Die Section ist einstimmig der Ansicht, daß diejenigen Wahlmänner, welche den Protest eingelegt haben, vollkommen in ihrem Rechte waren, nachdem die erste Wahl wirklich förmlich vorgenommen war, und wenn von den erschienenen Wahlmännern einige weggegangen waren, so konnten die andern dadurch ihres Wahlrechtes nicht beraubt werden. Die Section war der Ansicht, daß die hohe Reichsversammlung auch in dieser Angelegenheit bei dem einmal angenommenen Gründsatze stehen bleiben sollte, daß die Weggehenden, sowie die bei der zweiten Wahl Erschienenen ihres Rechtes nicht verlustig gemacht werden können, sie tragen daher darauf an, die Wahl des Abg. Trzecieski für eine gültige und nur die zweite Wahl für ganz ungültig zu erklären, weil ohnehin dabei Niemand gewählt würde, indem bei der Einlegung der Protestaktion dieser 17 Wahlmänner, welche die erste Wahl ausgeübt haben, nicht drei Viertel der Stimmen vorhanden sind, und somit keine zweite Wahl vorgenommen würde.

Vicepräs. Wünscht Jemand das Wort? Falls die hohe Versammlung sich dem Antrage der Section anschließt, möge sie aufstehen. (Angenommen.)

Ich ersuche den Berichterstatter der 6. Abtheilung zu referiren.

Berichterstatter Trojan referiert über die Wahl des Abg. Franz Peitler, für Zell am See im Salzburischen; des Anton Stark, für Mies in Böhmen; des Wenzel Frost, für Weißwasser in Böhmen; des Jon. Jaruntowcki, für Sabova in Wißnia in Galizien; des Franz Xav. Wierzchlejski, für Przemysl in Galizien, und trägt im Namen der Abtheilung auf die Anerkennung dieser sämmtlichen Wahlen an.

(Die Versammlung erkennt diese Wahlen einstimmig als gültig. — In der 7. und 8. Abtheilung wurden keine Wahlacte geprüft.)

Vicepräs. Ich fordere den Berichterstatter der 9. Abtheilung auf, zu referiren.

Abg. D y l e w s k i als Berichterstatter der 9. Abtheilung berichtet über die Wahl des Abg. Meliton Pienczykowski aus Galtzien, Wahlbezirk Krzywcze, und tragt nach einstimmigem Beschluß der 9. Section auf die Gültigkeitserklärung dieser Wahl an. (Wird einstimmig als gültig anerkannt.)

V i c e p r ä s. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter für beanstandete Wahlen zum Vortrage zu schreiten.

Berichterstatter. Es  ist nichts zu referiren.

Vicepräs. Der Abg. Sierakowski hat gewünscht, daß die Acten auf den Tisch des Hauses niedergelegt werden, welche den Gouverneur von Galizien betreffen.

Dem Wunsche ist entsprochen worden, und die Acten liegen bereits auf dem Tische des Hauses.

Abg. Turco. Ich bin so frei, an das gesammte Ministerium eine Interpellation zu stellen.

Die Thronrede enthält in Bezug auf den Krieg in Italien folgende Stelle: "Nachdem die wohlwollende Absicht, das unselige Zerwürfnis friedlich beizulegen, ohne Erfolg geblieben, so wird es die Aufgabe unserer tapfern Armee sein, einen ehrenvollen Frieden zu erkämpfen."

Durch das siegreiche Vordringen unserer Armee dürfte dieser Zeitpunct bereits gekommen sein. Aller Augen sind auf diesen Krieg gerichtet, Aller Wunsch ist dessen Beendigung, Alle wünschen den möglichst schnellen Abschluß des Friedens.

Ich glaube, die ganze Versammlung würde einhellig ihre Stimme dafür erheben.

Ich erlaube mir nun das Ministerium zu fragen: Hat es die hiezu nöthigen, einen kräftigen entschiedenen Friedenswillen beurkundenden Schritte eingeleitet? Hat es hierzu eigene Vertrauensmänner gewählt, welche nicht auf die bisher üblich gewesene diplomatisch schleppende Weise, sondern mit Eifer und Kraft diesen Willen durchzusetzen wissen werden?

Minister des Inn. Doblhoff. Das Ministerium hat Alles eingeleitet, um diesem Puncte zu entsprechen. Allein nicht nur von unserer Seite, sondern auch von anderer Seite wird thätig mitgewirkt, um zu einem baldigen Frieden zu gelangen.

Nähere Eröffnungen kann ich in diesem Augenblicke nicht geben.

Abg. Turco. Ich werde dem Ministerium Glück wünschen, wenn es uns bald diesen Friedenabschluss verkündigen wird.

Nun erlaube ich mir noch eine andere Frage: Das Abendblatt vom 5. August enthält folgende Nachricht: ,,Am 28. fanden meine Streifcorps Governolo und Borgsorte sowie auch Reviere geräumt. Diesen Tag würde Sermide durch eine starke Colonne. die von Stellfata über Solonica dahin vorruckte, mit Beihilfe einiger Geschützt am linken Polufer mit Sturm genommen und sogleich angezündet, um den Verrath, welchen die Einwohner früher ausgeübt, zu bestrafen. Das Haus, aus dem auf uns geschossen worden war, wurde der Erde gleichgemacht, nur 22 Männer und 2 Frauen, welche in der Kirche eingesperrt waren, wurden aus den Flammen gerettet."

Das Kriegsrecht mag solches erlauben. Soll aber eine übertriebene, ich möchte sagen, unverantwortliche Strenge bei einem siegreichen Vorrücken, und dazu im eigenen, nicht im feindlichen Lande vorwalten?

Sollen ganze Ortschaften die Verwegenheit Ein zehner durch Einäschern büßen? Das innere Gefühl eines Jeden wird die Frage verneinend beantworten. (Beifall.)

Nun rückt Feldmarschall Radetzky gegen Mailand vor, steht vielleicht schon vor dessen Thoren; es ist möglich, ja sogar wahrscheinlich, daß die Lombarden, welche in der Armee noch immer die Vorkämpfer des alte Systems sehen, welche in die von den Wienern uns errungene Freiheit, welche wir hier alle zu befestigen und zu bekräftigen Willens sind, noch nicht viel Vertrauen haben, — ich sage, es ist möglich, ja wahrscheinlich, daß die Lombarden sich auf das hartnackigste vertheidigen werden.

Nach dein Tagsbefehl des F. M. Radetzky vom 27. Juli dürfte bei dem Widerstande der Stadt Mailand, diese Stadt, wenn auch nicht gänzlich, doch theilweise das schreckliche Laos von Sermide zu theilen haben, was Gott verhüten möge.

Nun erlaube ich mir, das Ministerium zu fragen: Hat es nicht bei dem Erhalte des erwähnten Tagsbefehls des F. M, Radetzky die nöthigen Weisungen an denselben erlassen, zur Vermeidung eines solchen Unfalles, und hat das Ministerium unsern Brüdern in Italien bei diesem so entscheidenden Augenblicke beruhigende Vertrauens und Zusicherungsworte für die Zukunft zugesendet, oder sich bloß mit den Schreckensworten des F. M. Radetzky begnügt?

Kriegsminister Latour. Den ersten Theil kann ich der h. Versammlung sagen. Ich erwarte einen näheren Bericht über den Vorfall in Zank vom F. M. L. Baron Welden. Vom F. M. Radetzky habe ich heute einen Bericht erhalten, es hat sich nämlich Pavia freiwillig ergeben, und ist von den Unserigen besetzt. (Beifall.)

Am 3. Juli empfing F. M. Radetzky in seinein Hauptquartiere in Lodi den englischen Gesandten und hatte mit ihm eine Unterredung, unter welchen Bedingungen Radetzky einen Waffenstillstand abschließen würde.

Radetzky hat sich Mailand genähert, es hat in der Nähe ein Gefecht stattgefunden, der Feind ist umgangen worden, und das brave 10. Jägerbataillon hat eine 16pfündige Batterie erobert (großer Beifall) und in das Hauptquartier gebracht. Der Fademarschall steht in der Erwartung und Hoffnung, daß die Stadt Mailand Anträge machen wird, welche ihn nicht in die Lage fetzen, mit Waffengewalt einzuschreiten. (Großer Beifall.)

Ich habe schon im Namen des Ministeriums vor acht Tagen den Wunsch ausgedrückt, daß, wenn der Feldmarschall sich Mailand nähert, er warte, daß es sich durch Übereinkunft und nicht durch Waffengewalt übergebe. (Beifall.)

Sie werden einsehen, meine Herren, daß, wenn Mailand in seinem Fanatismus gegen Österreich nicht sollte zu einer Capitulation geneigt sein, er nicht eine solche Stadt hinter sich lassen kann; er hofft es aber gewiß, daß es nicht zu einer Waffengewalt komme. (Großer Beifall.)

Noch muß ich nachträglich erklären, daß das Landvolk überall und an allen Orten unfern Truppen freudig entgegen kommt, und sie als Befreier ansieht.

Jeder Bericht wiederholt sich: Die Städte ergeben sich und das Landvolk jubelt den Truppen entgegen. (Großer Beifall.)

Minister Doblhoff. Ich bin überzeugt, daß die Truppen wirklich ihre Befreier sein werden. (Zischen auf der Linken, Beifall auf der Nechten.)

Vicepräs. Der heutigen Tagesordnung zufolge kommt die Fortsetzung des Kudlich'schen Antrages in die Verhandlung.

Es liegen hier theils gedruckte Verbesserungsanträge, theils auch solche, welche dem Drucke noch nicht übergeben worden sind, vor. Ich werde vor allem andern das Amendement des Abg. Kaut; schitsch verlesen, welches lautet: "Von nun an ist das Unterthänigkeitsverhältniß stammt allen daraus entsprungenen Rechten und Pflichten, jedoch unter Aufrechthaltung der bestehenden Oktava für die Dauer von 3 Jahren, so wie die Zehentrechte aufgehoben.

"Diebeszugsberechtigten werben aus dem, in Folge eines besonders zu erlassenden Gesetzes zu kreierenden Fonde die billige Entschädigung erhalten.

"Das Ministerium hat ohne Verzug an die Stelle der Patrimonialbehörden landesfürstliche provisorisch aufzustellen, bis zu welcher Aufstellung die derzeitigen Privatbehörden noch zu amtieren haben."

Vicepräs. Ich ersuche den Abg. Kautschitsch von seinem Neckte Gebrauch zu machen, und sein Amendement zu begründen.

Abg. Kautschitsch. Ich habe das Amendement zu dem ersten Antrage des Abg. Kudlich gestellt, weil dieses mein Amendement von dem Verbesserungsantragen immerhin noch etwas abweicht, so schreite ich zu der Begründung.

Sowohl in dem Hauptantrage, als in dem Amendement kommen die zwei Hauptpunkte vor: die Aufhebung des Unterethansverhältnisses, des Zehntes und die Entschädigung. Beide sind von wesentlichem Einfluß, wenn man Rücksicht nimmt auf den ursprünglichen und gegenwärtigen Bestand.

Der Ursprung der grundobrigkeitlichen Verhältnisse ist (in anderer als jener der Zehente. Die grundobrigkeitlichen Verhältnisse find nach meinem Ermessen deutschen Ursprunges, und haben sich durch die Deutschen in die zu den altösterreichischen Staaten gehörigen sklavischen Provinzen verbreitet. Diese Verhältnisse sind einesteils durch das Gewaltsystem des Faustrechtes im Mittelalter unmittelbar und theils mittelbar dadurch entstanden, daß die noch freien Grundeigentümer, die von allen Seiten bedroht waren, sich den mächtigeren unterwarfen, um Schutz und Schirm von ihnen zu bekommen. Ein anderes Verhältniß mag auch dadurch entstanden sein, daß die Mächtigen schon Grundstücke hatten, welche sie unter die Knechte verteilten und mit ihnen paktierten, woraus der sogenannte Grundzins entstand. Dieser Ursprung beweiset die doppelte Natur grundherrlicher Rechte, sie sind nämlich privatrechtlicher und öffentlichen Natur. Die öffentliche Natur datirt sich von dem Schutz und Schirmherrn, der privatrechtliche ist bloß ein Theil des Kaufschillings für die theilweise freiwillig überlassenen Grundstücke.

Das Zehentrecht lernten die Deutschen theilweise von den Römern, welche den Zehent den besiegten Völkern als Contribution auflegten, theilweise wurde das Zehentrecht auch durch irische und schottische Bekehrer eingeführt, es wurde auch aus dem jüdischen Zehengesetz hereingebracht, daher der Ursprung zu dem Gezanke zwischen dem geistlichen und weltlichen Zehent entstand; das Volk verweigerte Beides. Beides wurde aber theils unmittelbar mit Gewalt, theils mittelbar gegen Aussicht auf Schutz und Schirm aufgetrieben; daher wieder die doppelte Natur. Der Zehent ist nur öffentlicher Natur, er wurde für Schütz und Schirm an die Gewaltherren entrichtet. Carl der Große hat beide Zwecke, die staatsrechtlichen und kirchlichen vereinigt, und die Erhebung des Zehentes den Bischöfen überlassen, welche einen Theil für sich behielten, weil sie diplomatische Personen und Gesandte waren, einen Theil verwendeten sie für die Geistlichkeit, welche theils als Kanzleibeamte, theils als Schullehrer verwendet waren, einen Theil zur Erbauung der Kirchen und Klöster, welche zugleich als feste Plätze als Staatsarchive dienten, den kleinsten Theil für die Armen, Der Zehent ist also öffentlicher Natur. Als der Schutz und Schirm, den einzelne Gewalthaber angedeihen ließen, aufhörte und als die landesfürstliche Gewalt sich ausbildete, da war es Pflicht der landesfürstlichen Regierung, da sie die neuen Steuern ausschrieb, jene alten Lasten, welche das Volk für Schutz und Schirm und aus öffentlichen Zwecken privatlichen Personen leistete, auszuscheiden und sie entweder in den Staatsschatz zu ziehen, oder sie ganz aufzuheben. Anstatt dessen ist den alten Herren der Zehent als Privateigenthum geblieben, die herrschaftlichen Lasten und Giebligkeiten wurden gelassen, und von daher datirt sich der empfindliche Druck des Bauernvolkes, weil nämlich der Bauer aus dem Rechtsgrunde, aus dem öffentlichen Rechtsgrunde das Doppelte zahlt, er zahlt der Herrschaft, dem Zehentherrn und dem Landesfürsten, Der Zehent wurde durch ein nachträgliches Gesetz in ein Privatrecht umgewandelt, jedoch glaube ich, ist dieß nur willkürlich angewendet. Man wollte ihn aufheben, erklärte ihn als Privatrecht, damit die Zehentherrn einen Beweis der Lasten liefern würden. In manchen Orten ist es den Bauern getan


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