Pondìlí 31. èervence 1848

und braucht. Ich bin der Meinung, daß die hohe Versammlung nur dann wird schworen können vor Gott und den Menschen, daß sie ihre Pflicht erfüllt hat, ihre Mission beendet ist, wenn wir nicht bloß den Entwurf der Berfassung, sondern das Organische des Schulwesens, der Gemeindeverfassung, und der Gesetze gegeben haben. Und gerade an Diejenigen, welche eine so ehrenwerthe Classe, welche den Kern des Volkes hierher geschickt haben, an jene Landleute, die in unserer Versammlung sitzen, wende ich mich, ob nicht alle Herzen dieser Einen Frage entgegen schlagen, ob nicht alle Augen auf diesen Einen Punct gerichtet sind, nämlich auf eine Gemeindeverfassung, wie wir sie ihnen geben sollen? An Ihnen liegt es nun, meine Herren, unsre Thätigkeit nicht damit zu beenden, daß wir sagen: Nun könnt ihr nach Hause gehen, gebt euch selbst eine Verfassung! als daß wir es selbst übernehmen sollten. Ich sage, meine Herren, das Volk hat schon lange eine Gemeindeverfassung entbehrt, es wartet zu viel Segnungen davon, als daß wir nur einen Augenblick anstehen sollten, sie zu überlegen und zu verschrieben.

Ich bin fest überzeugt, daß die hohe Versammlung in ihrer Weisheit bei dem Entwurfe der Verfassungskommission die Nothwendigkeit einsehen wird, auch ein organisches Gemeindegesetz zu geben, welche« daher auch auf die organische Verbindung, Gliederung und auf die möglichste Autonomie im Zusammenhange mit dem Ganzen derjenigen Ländertheile kommen müsse, bei welchen wie gesagt die Geographie deutlicher spricht als die Logik. Es ist darum nach meinem Dafürhalten nothwendig, daß die Organisation nach Provinzen schon im voraus der Commission als Band mitgegeben werde. Ich stimme daher nochmals für den Antrag des Hrn. Abg Kautschitsch. (Beifall.)

Abg. Borrosch. Grosstetheils haben wir uns in unserer Gedankenreihe begegnet, ohne daß ich von der des Herrn Abg Lohner irgend wüßte. Ich habe ein Amendement vorgelegt, des Sinnes, daß der Entwurf der Constitution bezüglich der allgemein gültigen Grundsätze zu bearbeiten sei. Daß wir auf die Gemeindeverfassung vor Allem eingehen müssen, liegt klar vor, denn die Volksfreiheit wäre also gleich gefährdet, und sie allein kann das uns Alle umschließende Band sein (lebhafter Beifall), weil sonst es der Autonomie der einzelnen Provinzen überlasset bliebe, die Volksfreiheit nach und nach wieder zu aristokratisieren. Die Frage wegen der Provinzen wutschte ich auch in diesem Paragraphe gar nicht erörtert, ich muß hier vorgreifen. Gern hatte ich dieß erspart für den Augenblick, wo es Zeit wäre, darüber zu sprechen. Da nun aber einmal dieser Punkt berührt ist, so muß ich als Patriot offen meine Ansicht aussprechen. Kann ich mich nicht ganz klar machen, so bitte ich, mich zu entschuldigen, weil ich durchaus nicht darauf vorbereitet bin, obwohl ich über diesen Gegenstand im Allgemeinen vielfältig nicht bloß nachgedacht habe, sondern auch die echte gemeinsame vaterländische Gesinnung dabei ihr Votum abgeben ließ. Ich habe mir die künftige Gliederung des Kaiserstaates nie anders denken können, als in Form großer Departements. Es sind damit allem nach drei Richtungen hin die Heilmittel für Übel gegeben, die mir außerdem den Bestand des Reiches, den Frieden, die Volksfreiheit und die Wohlfahrt des gemeinsamen Vaterlandes zu bedrohen scheinen. (Beifall) Ich werde es nach den verschiedenen Punkten, zuerst bezüglich der Nationalitäten, beleuchten. Genüge können wir ihm offenbar nur dann leisten, wenn wir in dieser Foren vorgehen. Ich nehme Böhmen als Beispiel. Es ist eine gemischte Bevölkerung, es sind daselbst noch ganz compact deutsche und ganz compact böhmische Kreise. Wo die eine oder andere Bevölkerung vorherrscht, wird sie mit vollem Rechte dieses ihr Vorherrschen auch geltend machen. (Beifall.) Nehmen wir es aber für das ganze Böhmen, so wird der Landtag, so lange er besteht, immer von zweizüngigen Menschen, im wirtlichen Sinne dieses Ausdruckes beschickt werden. Es ist natürlich, daß auch der Bauer, der entweder nur ganz deutsch oder ganz böhmisch kann, dahin abgesendet wird. Ich brauche nicht zu schildern, welche Folgen das hat. Wie schleppend schon beim Gebrauche Einer Sprache oft eine parlamentarische Verhandlung ist, weiß Jeder aus seiner eigenen Erfahrung, und wie erst, wenn sie mittelst Dolmetscher stattfinden soll! Und können Sie wiedergeben den Eindruck des Gefühles, das Unmittelbare, was Gott dem Redner auf die Zunge legt? Wir können ferner, wenn wir die vollkommenste industrielle Entwicklung vor Augen haben, nichts Besseres thun, als viele große«, selbst ständige Gemeinden schaffen. Böhmen z. B. stellt so ziemlich in Prag ein kleines Paris dar, gegen welches mit Ausnahme des nur durch Industrie groß und bevölkert gewordenen Reichenberg die übrigen Kreistadte so ziemlich eine Null sind. Bilden sie zugleich Brenn und Ausstrahlungspunkte für ein großes Gemeindeleben, so werden sie in Kurzem eine ganz andere Bedeutung haben.

Welchen Einfluß dann diese Kommunalautonomie nimmt, darüber ist wohl auch nicht erst eine Beweisführung nöthig Den inneren Frieden sehe ich auch nur dadurch gewahrt. Ich denke jetzt an ein Reich, welches lange ein Bruderreich war, hinsichtlich des sei es jeden Menschen mit einem fühlenden Herzen in der Brust tief und schmerzlich berühren muß, daß dort zwei Nationen, die früher für gemeinsame Reichsinteressen fochten, letzt im Begriffe stehen, sich gegenseitig zu vernichten, im Begriffe, einen Blutsee zwischen sich zu bilden, Einöden zu schaffen, vielleicht Taufende hinzuwürgen, um dann doch dort wieder zu beginnen, wo sie jetzt schon hatten anfangen können. (Beifall)

Ich weiß, daß ich auch hier einen der wundesten Punkte, einen der allerverslesbarsten, den der Nationaleitelkeit, berühre, und bemundgeachtet sehe ich ein Heil für Ungarn auch nur in dieser gerechten Theilung in nationale Gliederungen, dann wird auch dem Deutschen dort sein Recht widerfahren, der jetzt geknechtet ist zwischen beiden um die Hegemonie kam pfänden Nationen. (Beifall ) Das geistige Supremat wird dadurch jener Nation, die sich dessen wurdet macht durch den entschiedensten Fortschritt auf der Bahn der Volkstretcent, der gesetzlichen Ordnung, die eine edlere Civilisation nicht im mindesten beeinträchtigt—und das edle Volk der Czechen, um ein Beispiel hier zu geben, wird diesen Einfluß geltend machen können, weit über seine Grenzen hinaus, wahrend die Träumereien von politischer Hegemonie heut zu Tage für keine Nation durchführbar sind. (Beifall) Nur bann kann Österreich ein starkes, großes werden, nur dann kann es sich mit Deutschland einigen, in der Weise einigen, wie ich es mir denke, als Bräutigam und Braut, als ein Ehepaar, bildend ein einiges Ganzes und doch die Persönlichkeiten nicht ganz aufgebend. (Anhaltender Beifall.)

Abg. Strasser. Ich finde mich bewogen, das Amendement meines Vorgängers aus den von ihm dargestellten Gründen zu unterstützen, und habe nur noch beizufügen, daß dasselbe vorzüglich aus dem Grunde eine besondere Rücksicht verdienen durfte, weil der Herr Abgeordnete ausdrücklich bemerkt hat, wenn ich ihn Recht verstanden habe, daß die Hauptgrundsatze, die Haupt Lebensfragen der Reichsverfassung in den Provinzen, der Politik und des gemeinsamen Verfahrens auch in dem Constitutionsentwurfe aufgenommen, und berücksichtigt werden sollen. Ich glaube, es walte da ein Mißverständniß ob, denn was der Herr Abgeordnete Lohner bemerkt hat, scheint auf das Nämliche hinauszugehen Er hat nämlich gesagt, daß er sich die Constitution des Reichstages ohne Rücksicht auf ein gemeinsames, Gemeindegesetz gar nicht denken könne, und dieser Ansicht des Herrn Abg Lohner stimme ich ganz bei. Ferner hat Herr Abg. Borrosch bemerkt, daß eine solche Rücksicht auch bei Bearbeitung eines Constitutionsentwurfes nöthig sein dürfte, und nach meiner Ansicht, wie ich es auffaßte, hat das auf die Hauptprincipe oder die Grundrechte aller österreichischen Staatseinwohner, sie mögen in was immer für Provinzen leben, und was immer für einer Nationalität angehören, Einfluß, und dieses muß daher berücksichtiget werden Es ist ganz richtig, daß man jene Autonomie nicht zugeben könne, ohne einen Verfall des Reiches im voraus in Aussicht zu stellen. Daß man eine solche Autonomie auch nicht zugeben könne, ohne Gefahr zu laufen, daß man in den einzelnen Provinzen, und nach deren Verhältniß irgend einer Parteientwicklung nach dem democratischen Principe mit überwiegenden Kräften entgegentreten müsse Die Regulierung der allgemeinen Verfassung, die Regulierung der Gemeinden, wohin ich insbesondere auch den Punct rechne, daß alle Staatseinwohner vor dem Gesetze gleich seien, und die Stellung aller bürgerlichen Bevölkerung bestimmt vom Reichstage ausgesprochen werde, und daß die Bildung dieser Regulierung einen integrirenden Theil der Reichscommission in Anspruch nehme. Ich glaube daher das Amendement des Abgeordneten Gobbi unterstutzen zu müssen, und zwar in diesem Sinne, wenn er es so bemerkt hat, wie ich es aufgefaßt habe, und wie Herr Abgeordneter Borrosch und Abg. Lohner einerseits rucksichtlich der Stärke, der Nationalität und der Entwicklung des österreichischen Kaiserstaates, anderseits nach außen oder innen allenfalls statthabende Unruhe und Reibung berücksichtigt werden müsse. Ich unterstütze also den Antrag des Abg. Gobbi.

Abg. Brestel. Wiegzweckmäßig auch das Amendement des Hrn Kautschitsch ist, daß die Commission zur Verfassung des Entwurfes schreiten sollte, und es der Befassungscommission selbst überlassen sei, anzugeben, welchen Weg sie in der Entwicklung des Gesamtwohles, welches ihnen heilig ist, gehen sollebener Wille geht unmittelbar aus der Discussion selbst hervor, diese Meinung wird wohl die ganze Versammlung hegen. Jetzt ist es Sache der Commission Über die Paragraphe der Geschäftsordnung zu bestimmen, und dann auf die Entwicklung der Verfassung überzugehen; denn wir sind so sehr vom Gegenstande abgerathen. Wir sollten nämlich bloß berathen über die Mittel, welche zur Bildung einer Constitution erforderlich sind; wir sind aber gleich auf die Grundelemente der Constitution selbst übergegangen Dieses ist die wichtigste Frage Die zur Zusammensetzung des Verfassungsentwurfes niedergesetzte Commission wird, glaube ich, ganz einfach, wie es sich aus diesem Amendement herausgestellt hat, den Antrag des Herrn Abg. Kautschitsch unterstutzen, und dann möge die hohe Versammlung darüber selbst entscheiden.

Abg. Borrosch. Ich bin soeben gefragt morden, und ich glaube nicht ganz undeutlich gesprochen zu haben, daß ich Ungarn und Croatien meinte, wovon ich gesagt habe, daß zwei Nationalitäten im Begriffe stehen, einen Vernichtungskrieg gegen einander zu führen.

Ein Abg. Auch ich bin für den Antrag des Abg. Kautschitsch Doch glaube ich den Sympathien des Hrn. Abg Gobbi mich anschließen zu müssen, und ihn damit zu unterstutzen, daß wir gewissermaßen die Frankfurter Aufgabe zunächst zu losen haben, um zu beweisen, ob eine solche überhaupt lösbar sei Ich glaube und schätze mich glücklich, daß es möglich ist, dieses Problem zu losen, und darum viel leichter zu losen sei, als die Frankfurter Aufgabe Wir haben das Gluck, wenn wir auch in verschiedene Provinzen getheilt find, unter Einem geliebten Oberhaupte zu sein Die Provinzen haben daher die Autonomie gehabt. Die Aufgabe, die wir uns also gestellt, ist die, daß jede einzelne Provinz von dieser Autonomie abzugehen habe, und zwar für immer, um das allgemeine Wohl fest zu knüpfen; dafür kann ich mich aber mit der Ansicht des Hrn. Abg. Borrosch nicht befreunden, daß wir ganz davon abgehen sollen, um die Provinzen mit dem Anatomiemesser wie einen Cadaver zu zerschneiden; denn es werden Bestandtheile von Leichen sein, die wir zusammenlegen. Ich glaube, man muß deßhalb von der Autonomie opfern, um ganz zu werden. Dagegen um so mehr jeder einzelnen Provinz ihre historischen Erinnerungen zu lassen, die ihr immer heilig sind, und immer heilig bleiben müssen, der Nachkommenschaft zu überliefern, damit sie doch eine Beschäftigung habe, und dieses Recht in den Provinziallandtagen zu handhaben, muß jede einzelne Provinz berechtigt sein. Ich glaube, nur so gelangen wir ans Ziel. Machen wir hingegen große Abänderungen, so schließen wie sie aus, und wir handeln auf diese Weise gegen sie um so mehr feindlich, weil dadurch bloß ihre mittelbaren Interessen bisher zusammen vertreten wurden. In Böhmen z. B. sind die mittelbaren Interessen die der deutschen und böhmischen Zunge. Darum muß ich den Antrag des Herrn Abg. Gobbi nochmals unterstützen, wenn das Unbedingte des Herrn Abg. Kautschitsch nicht angenommen würde.

Abg. Neuwall. Es sind schöne und wichtige Worte gesprochen worden, ich kann aber nichts anderes als mein Bedauern aussprechen, daß dieselben nicht bei der Debattirung der Constitutionsfrage, sondern bei der Verhandlung der Geschäftsordnung gesprochen worden sind.

Die Geschäftsordnung kann sich nur mit der Form der Dinge, aber durchaus nicht mit dem Materiellen derselben beschäftigen. Es kann sich also nur um eine Ausarbeitung in den weitesten Umrissen handeln, was dieser Ausschuß zu berathen haben wird. Der Ausschuß constituirt in der Art, daß er gar nicht streng sagt, in wie weit die Autonomie der einzelnen Bestandtheile bei Berathung und Feststellung der detaillirten Gemeindeordnung der einzelnen Ländertheile berührt werden.

Daß aber irgend etwas davon in der Constitutionsfrage berührt werden müsse, dürfte keinem Zweifel unterliegen. Meine Herren! Das hat der Absolutismus des alten Staatsverhältnisses eingerissen! Wir müssen ein neues, festes, sicheres Gebäude aufführen, welches uns und unseren späteren Nachkommen Schutz und Schirm gewährt. Wenn wir ein solches bauen wollen, müssen wir von Grund aus bauen. (Ruf: zur Ordnung.)

Ich kann nur sagen, daß ich im vollsten Maße dem Amendement des Abg. Kautschitsch mich anschließe, weil es allein dem Ausschusse jenen Spielraum bietet, den er zur Entwerfung des Constitutionsentwurfes unerläßlich bedarf. (Ruf nach Abstimmung.)

Vicepräs. Es haben sich noch zwei Herren zum Sprechen gemeldet: ich frage also, ob die hohe Versammlung die Debatte für geschlossen erachtet?

Diejenigen, welche für den Schluß der Debatte stimmen, wollen aufstehen.

Abg. Borrosch. Es soll, so lange ein Redner vorgemerkt ist, debattirt werden.

Ein Abg. Wenn aber die Versammlung den Schluß verlangt?

Berichterst. Mayer. Ich bin Berichterstatter der Geschäftsordnung, und nicht darüber, wie die Verfassung Österreichs gemacht werden soll.

Ich erlaube mir, der hohen Versammlung zu reassumiren.

Gegen den ersten Theil des Paragraphes liegen zwei Amendements vor. Ich erlaube mir anzudeuten: zwei Wege gibt es, durch diesen Paragraph hinzugehen — den Einen, daß wir der Wichtigkeit des Gegenstandes Sorge tragend, einen Ausschuß nach den bestehenden Grundsätzen dazu wählen, ihn jedoch ohne Instruction lassen; einen zweiten Weg, der von dem größten Theile der Debatten in Ansprache gezogen zu sein scheint, daß wir dem Ausschusse im vorhinein sagen, wie er die Verfassung zu machen habe.

Ich möchte sagen, daß der Ausschuß im Gründe nichts Anderes sei, als der Referent dessen, was ihm schon festgesetzt ist.

Ich muß im vorhinein erklären, daß Amendement: "den Entwurf der Constitution" bei weitem den Sinn besser gefaßt hat, als ihn der Ausschuß, welcher die Geschäftsordnung aufgesetzt, selbst ausgedrückt hat; ich muß mir aber auch noch erlauben, auf den Gegenstand zurückzukommen.

Es ist wiederholt zur Sprache gekommen, als ob die Gruppirung durch das Loos dem demokratischen Princip Eintrag gethan hätte, und daß man, um consequent zu sein, den Verfassungsausschuss auch zusammenlosen sollte. — Ich glaube, daß dieß hatte geschehen können, wenn man früher gesagt hätte, wie die Verfassung sein solle.

Nachdem aber die Verfassung das Wichtigste von Allem ist, muß die Ausarbeitung durch Capacitäten geschehen.

Ich habe eingewendet, wo man einen Messer der Capacitäten hernehmen werde? Es werden aber bloß Capacitäten von Capacitäten ausgehoben, und da braucht man keinen Maßstab.

Der Begriff "Constitution" läßt sich nicht übersetzen, aber das Wort "Staatsgrundgesetz" dürfte ihm doch am nächsten kommen.

Die Constitution beabsichtigt ein Staatsgebäude.

Meine Herren, ich kann mir kein Gebäude denken, wo man von oben anfängt zu bauen, oder den ersten Stock baut, und die ebene Erde auf Spreizen stehen läßt.

Ich erlaube mir auf die Geschichte hinzuweisen, daß die freisinnigsten Constitutionen mißbraucht wurden.

Wenn wir aus diesen heiligen Hallen scheiden, ohne eine freie Communalverfassung garantirt zu haben, so haben wir unsere Aufgabe nicht gelöst. Wir haben nur eine papierne Constitution gemacht, die in Nichts zerfällt. (Beifall.) Österreich? Verhältnisse bezüglich der Provinzen und Nationalitäten sind eigener Art. Ich glaube daher, unsere Verfassung wird ein eigenthümliches Wert werden, welches sich unter keine Gattung subsumiren läßt. Es ist eine riesenhafte Aufgabe; wenn ich mich eines Gleichnisses aus der Naturwissenschaft bedienen soll, so wirb einerseits die Centrifugalkraft, andererseits die Centripetalkraft wirksam sein müssen; dazu ist nun ein Kräftenparalellogramm zu finden, nach dessen Diagonale die große Macht eines einigen starken Österreichs wirken kann. Darüber abzustimmen sind wir ohne eine vorläufige Berathung nicht berechtigt. Wir sind es unseren Gewissen schuldig, dieß nicht zu thun; wir dürfen dem Verfassungsausschusse nicht Andeutungen geben. Die Männer desselben mussen nach reiflicher Berathung ihre Ideen gegenseitig austauschen und ras uns sagen, wo sie glauben, dadurch das Heil zu finden, wie die große Ausgabe Österreichs zu lösen sei. Der Wichtigkeit des Gegenstandes Rechnung tragend, haben wir einen eigenen Paragraph in die Geschäftsordnung aufgenommen. Wenn wir diesem Ausschusse eine bestimmte Richtung geben, so haben wir das Wichtigste zu Unwichtigem gemacht.

Wir lassen die einzelnen Anträge in Druck legen und erst drei Tage darnach an die Tagesordnung bringen, damit wir darüber reiflich nachdenken können, und heute aus einer Veranlassung, die Niemand über sich nehmen wird, über die wichtigste Angelegenheit, nämlich über den Plan, wie unsere Verfassung gemacht werden soll, voreilig zu entscheiden, das wäre eine Überstürzung, die wir vor Gott und der Welt und denen, die wir vertreten, nicht verantworten könnten. Ich glaube reassumirend den Antrag zu stellen: es sei gleichzeitig zur Zusammensetzung eines Ausschusses zu schreiten, welcher den Entwurf der Constitution zu bearbeiten hat, ohne eine bestimmte Richtung anzudeuten, ohne zu sagen, welche Grenzen dieser Ausschuß einzuhalten hat.

Vicepräs. Es liegen gegenwärtig drei Anträge vor, und zwar der Antrag des Ausschusses, welcher eigentlich nur in der Annahme des Antrages des Abgeordneten Kautschitsch besteht, an welchen sich auch der Abgeordnete Smolka angeschlossen hat.

Dann ein zweiter Antrag des Abgeordneten Borrosch: daß der Ausschuß den Entwurf der Reichsverfassung bezüglich der allgemeinen Grundsätze zu berathen hat, und dann ein Dritter — (Wird unterbrochen durch)

Abg. Borrosch. Esheißt: der allgemein gültigen.

Vicepräs. Ich bitte, ich lese wie ich ihn eigenhändig erhalten habe.

Abg. Borrosch. So werde ich es weggelassen haben.

Vicepräs. Und ein dritter Antrag des Abgeordneten Gobbi. Der letztere Antrag modificirt den ersten Satz des §. 34. Daher erlaube ich mir, ihn vor allen andern zur Abstimmung zu bringen. Ich werde ihn nochmals vorlesen, damit die einzelnen Bestimmungen neuerdings ins Gedächtniß gerufen werden:

"Der constituirende Reichstag schreitet gleichzeitig zur Zusammensetzung des Ausschusses, welcher mit der Ausarbeitung des Reichsverfassungsentwurfes beauftragt ist, für die einzelnen Provinzen und Gemeinden aber nur die allgemeinsten Gründlinien zu entwerfen hat, während die Festsetzung der einzelnen Bestimmungen der Autonomie der Provinzen und Gemeinden überlassen bleibt, unter dem Vorbehalte der nachträglichen Prüfung des Reichstages." 

Diejenigen Herren, welche für Annahme dieses Amendement sind, mögen aufstehen.

Abg. Dylewski. Ich werde zu diesem Antrage nachträglich mein Amendement stellen.

Vicepräs. Ich bitte, Verbesserungsanträge können nur während der Verhandlung angebracht werden, sobald aber die Abstimmung eintritt, dann geht es nicht mehr.

Abg. Dylewski. Das ist uns nicht vorgelegen.

Abg. Fürnkranz. Ich glaube, der Antragsteiler kann ohne Sorgen sein.

Vicepräs. Ich erlaube mir die Frage, ob die hohe Versammlung gestatten wolle, daß der Verbesserungsantrag gestellt werde? Diejenigen Herren, die damit einverstanden sind, wollen es durch Aufstehen zu erkennen geben. (Er bleibt in der Minorität.)

Ich bitte daher diejenigen Herren, welche sich für die Annahme des Amendements des Herrn 2lbgeordneten Gobbi, wie ich es vorgelesen habe, aussprechen, wollen es durch Aufstehen kund geben. (Niemand erhebt sich.) Es erübrigt nun nichts als den Antrag des Herrn Borrosch zur Abstimmung zu bringen, der dahin lautet: daß statt der Worte — im Original heißt es: "Der constituirende Reichstag schreitet gleichzeitig zur Zusammensetzung eines Ausschusses, welcher den Entwurf der Reichsverfassung zu bearbeiten hat," — statt letzteren: "welcher den Entwurf der Reichsverfassung bezüglich der allgemeinen Grundgesetze Jubelarbeiten hat." — Diejenigen Herren, welche sich dafür aussprechen, wollen es durch Aufstehen kund geben. (Minorität.)

Nun bleibt noch der modificirt Antrag des Ausschusses. Der Paragraph würde amendirt so lauten: 

ich glaube, der Ausschuß hat ihn zu seinem eigenen gemacht — (lesend) "Der constituirende Reichstag schreitet gleichzeitig zur Zusammensetzung eines

 Ausschusses, welcher den Entwurf einer Constitution zu bearbeiten hat.

Diejenigen Herren, welche sich dafür aussprechen, wollen es durch Aufstehen zu erkennen geben. (Majorität.)

Berichterstatter Mayer. Der zweite Absatz des §. 34 lautet: "Dieser Ausschuß wird in der Art gebildet, daß hierzu die Abgeordneten der einzelnen 10 Gouvernement ans sich je drei Mitglieder, daher zusammen 30 wählen.

Vicepräs. Zu diesem zweiten Absatze liegen drei schriftliche Verbesserungsanträge vor. Wünschen die Herren Antragsteller es selbst zu thun, oder soll ich vorlesen?

Abg. Lubomirski. Wollen Sie meinen Antrag vorlesen.

Vicepräs. Der Antrag des Abgeordneten Lubomirski lautet: "Dieser Ausschuß wird in der Art gebildet, daß der gesammte Reichstag aus den Abgeordneten derjenigen Gouvernements, welche weniger als 30 Abgeordnete in dem Reichstag haben, je zwei Mitglieder, aus den größeren Gouvernements auf je 15 Abgeordnete 1 Mitglied wähle."

Abg. L u b o m i r s k i. Vor Allem erlaube ich mir der hohen Versammlung zu erklären, daß ich die Fassung dieses Paragraphes als die einzige aus der Natur der Sache und aus dem Rechte, welches uns hier Alle zusammenberufen hat, fließende halte. Was für ein Gesetz hat uns nämlich hier alle versammelt? was für ein Gesetz war die Basis der Bildung dieser Kammer? Es ist zuerst das Percentualverhältniß der Volkszahl zu den Abgeordneten ermittelt worden und dann wurde nach Majorität zur Wahl der Abgeordneten geschritten. Ich glaube, daß, wenn wir bei der wichtigsten aller unserer Aufgaben consequent sein wollen, wir nach demselben Gesetze, nach derselben Norm die Wahl zum Ausschusse vornehmen sollen.

Ich glaube, daß das Wahlgesetz, welches uns hierher brachte, der einzige Boden unserer neuen Legitimität sei. Wenn von diesem Gesetze, auf welches wir alle unsere Handlungen und weiteren Beschlüsse als auf den legalen neuen Boden stellen wollen, abgewichen wird, wenn wir bei der allerwichtigsten unserer Aufgaben, nämlich bei der Bildung eines Ausschusses, der unsere Constitution berathen und die Vorlage dazu der Kammer vorbereiten soll, abgehen, so müßte ein Grund dazu in der eigentlichen Aufgabe des Ausschusses liegen.

Sie werden mit deswegen erlauben, einige Worte über den Zweck dieses Ausschusses zu sagen und zwar um so mehr als bei Gelegenheit der Geschäftsleitung und bei der Berathung des ersten Absatzes dieses Paragraphes schon nicht mehr über die Form, aber über die Sache selbst gesprochen wurde, und wie ich glaube, nicht ohne Grund, weil hier die Grenze zwischen Form und Sache beinahe verschwindet.

Meine Herren, wozu sind wir alle zusammengekommen? wo ist unser Mandat? Ich sage, meine Harren, unser Mandat ist, die tote Revolution zu einer lebenden zu mischen. Ich nenne eine tote Revolution diejenige, welche bloß Opfer kostet und keine Früchte bringt; lebend nenne ich sie dann, wenn sie Früchte gebracht hat, also nicht, nachdem wir die vollfarbige, exotische Blüte gepflückt haben, glaube ich, sollen wir vorerst nach der herangereiften Feucht greifen. Meine Herren, dieß ist die Aufgabe des Reichstages. Revolution, meine Herren, machen Kindern, Narren oder Ehrgeizige, bloß um sie zu machen; Männer machen Revolution dazu, nicht um sie unmöglich — denn dieses ist in der Macht keines Menschen — aber um sie unnöthig zu machen. Mittel dazu sind Institutionen, und zwar gute Institutionen. Was sind aber gute Institutionen? Meine Ansicht ist, daß diejenigen Justitutionen gut genannt werden können, welche den Bedürfnissen der Meisten entsprechen; die Majorität ist es, also wieder das Gesetz der Majorität.

Ich glaube, meine Herren, daß, wenn ein Redner spricht, er nur in sofern wirkt, als er das sagt, was Alle fühlen, was Alle denken. Ich glaube, daß eine Constitution dann gut ist und wirklich wird, wenn sie gibt, was Allen fehlt oder wenigstens den meisten. Ich glaube deswegen, daß wie ein Genie oder ein kräftiges Talent nicht durch physische Macht seine Meinung der Majorität mittheilt, eben so Institutionen nicht durch physische Macht aufgedrängt werden können, sondern sich dadurch Geltung verschaffen, wie ich eben sagte, daß sie wahrhaftig den mannigfaltigen Forderungen der Zeit entsprechen. Nun frage ich, was für ein Mittel gibt es, um diese Forderungen der Zeit kennen zu lernen, was für ein Mittel, um die verschiedenartigsten Bedürfnisse eines Volkes zu ermitteln? Bis jetzt hat man kein anderes ersonnen als die Majorität zu fragen.

Ich glaube, meine Herren, wenn ich viel Zeit verliere mit diesen Bezeichnungen, so ist es nur um ihnen die Wichtigkeit der hier vorzunehmenden Wahl ins Gedächtniß zu rufen. Ich halte dieß um so mehr für meine Pflicht, als ich, ich muß es offen gestehen, nach dem letzthin abgestimmten §. 33 keine Hoffnung zu haben glaube, mit meinem Vorschlage durchzudringen. Ich habe aber, so wie wir alle, Pflichten gegenüber meinen Mandanten, gegenüber unsern Mandanten, gegenüber meinem Lande. Ich glaube, daß durch den Vorschlag der Commission uns ein Recht geschmälert wird. Ich habe mich schon ausgedrückt, daß, wenn vom Principe, welches uns hier Alle zusammenvereinigt hat, abgegangen wird, sich ein triftiger Grund in der Aufgabe des zu bildenden Ausschusses finden müsse, um so ein Abweichen zu entschuldigen und zu rechtfertigen. Ich sehe den Grund nicht ein; man spricht wohl von den verschiedenen Interessen der Provinzen, welche gleichsam bis jetzt in ihrer Autonomie hier repräsentirt als einzelne oder wenigstens nur gleicht Stimmendenheile der Monarchie im Ausschusse zu vertreten seien. Auf diese Art, meine Herren, bildet man aus der frei nach demselben Wahlmodus, der uns zusammenberufen hat, gebildeten Kammer, zweite Kammern, Tagsatzungen, auf diese Art kann ein Senat gebildet werden, auf diese Weise verändert man die Stellung der Majorität zur Minorität, um bei den Beschlüssen einer Kammer einen Hemmschuh einzulegen, damit der Überstützung und Übereilung abgeholfen werde.

Meine Herren, was man erzielen will bei der Bildung von zwei föderativen Kammern auf diese Weise, das muß man sich doch gestehen, kann man doch nicht erzielen wollen bei der Bildung eines Ausschusses, welcher nichts Anders sein soll als der Ausdruck derselben Kammer, keine andere Aufgabe hat, als eben den Geist der Kammer in das auszufertigende Werk überzutragen. Ich frage, meine Herren, soll nicht Alles vermieden werden, um eben die Kollision zu vermeiden, um eben den Conflict zu vermeiden, den man eben bei Bildung von zwei Kammern haben will? Ich frage, ob man sich einen Hemmschuh anlegen soll, nicht in den Beschlüssen, die ja gereift werden missen, oder bei der Arbeit, bei der Ausfertigung eines Planes dadurch, daß man eine andere Majorität im Ausschisse, eine andere in der Kammer hat. Meine Herren, wir haben diese Tage gesehen: wenn Vorlagen eines Ausschusses mit der Majorität der Kammer nicht übereinstimmen, muß die Arbeit von Neuem begonnen werden, und der Ausschuß ist da, als ob er gar nicht gemahlt worden wäre, man ist damit nicht vorwärts gekommen. Will man es dazu führen, das bei der Berathung und Ausarbeitung der Commission wieder von Neuem ein zweiter Ausschuß nach einem neuen Gesetze gebildet werden misse, oder daß wir hier die ganze Arbeit des Ausschuffes in Vollberathung von Neuem anfangen mussen? Ein einziges Mittel, um dies wo möglich zu verhindern, gibt es, daß die Majorität der Kammer sich in der Majorität des Ausschusses wiederspiegle, und das kann nur geschehen, wenn wirklich auf diese Weise vorgegangen werde, wie ich es vorgeschlagen habe, nämlich dasselbe Verhältniß zwischen den Ausschußmitgliedern und den Abgeordneten wie zwischen den Abgeordneten und der Volkszahl zu erhalten. In dem einzigen Gouvernement, nämlich in jenem, dem nach diesen Gesetzen nur Ein Abgeordneter zufiele, habe ich mir erlaubt, selbst vom Gesetze abzugehen, aber insofern als ich glaubte, daß es eine gerechte Forderung sei, in allen Gouvernements, wo zweierlei Nationalitäten sind, auch wirklich ihnen ermöglicht werde, von je einer Nationalität, wenigstens Ein Mitglied in den Ausschuß zu bringen; es ist, glaube ich, die einzige Concession, die einzige Abweichung vom Gesetze, welche ich vorgeschlagen habe, die vorzunehmen wäre.

Es ist noch eine andere Rucksicht, die mich geleitet hat bei der Ausarbeitung dieses Amendements und das ist nämlich diese, daß die Wahl nicht in den verschiedenen Gouvernements untereinander, sondern hier in der Reichskammer vorgenommen werde. Der Grund dazu ist wieder der früher angegebene. Es handelt sich wieder darum, daß im Aasschusse die Majorität der Kammer wieder gegeben werde, Meine Herren es wird mir darauf geantwortet werden, daß die Vorlage des Ausschusses erst später durch die Abtheilungen und dann erst zur Vollberathung kommen werde, daß eben dieser Ausschuß nichts als die Vorarbeiten anzufertigen hat, darauf muß ich aber entgegnen, daß eine Vorlage einer Constitution etwas Organisches ist, eben das Skelett der künftigen Verfassung, eben dieses Gerippe entweder ganz oder gar nicht angenommen werden kann; erst die Details, erst die Gesetze, die können verändert werden, ohne daß das Ganze verworfen wird, das Gerippe aber selbst, der organische Geist, der muß immer Einer sein, und kann nicht zweifach sein, meiner Ansicht nach Dieses Skelett ist nicht das eines Todten, wollen wir hoffen, es soll in Gegentheile einlebendes daraus werden Die größte Pflege muß eben diesem Antsschlußwerke gewidmet werden, eben bei seinem Entstehen, bei seinen zur Welt kommen, dazu glaube ich, mussen wir auf den Rechte bestehen nach der Volkszahl, und eben nach den Interessen, nach den Erfordernissen gleich viel Stimmen zu haben, und nicht so wie es der Vorschlag der Commission will, daß z B. Österreich, welches zufälliger Weise in zwei Gouvernements getheilt ist sechs Aisschassmitglieder im Ausschuß hat, wo hingegen Galerien, welches 5 Millionen Einwohner hat, nur drei darin hat. Nur Galerien mit 5 Millionen Einwohner wirb gegenüber den übrigen Provinzen zusammen genommen wie 3:27. Galizien ist doch also wie 1:10. Ich frage nun: Galizien, welches ein Viertel der hier repräsentierten Volkszahl ausmacht, hat es nicht auch ein Recht, eine Pflicht, zu fordern, daß es eben ein Viertel der Ausschußmitglieder liefere? Dasselbe Verhältniß kann sich noch einleuchtender dadurch zeigen. Böhmen und Galizien machen beinahe die Hälfte der hier repräsentierten Volkszahl aus, und werben zusammen 6 Ausschußmitglieder haben, diese 2 Provinzen gegenüber von 24 de: ändern Hälfte. Ich glaube, meine Herren, wenn uns daran gelegen ist, so schnell als möglich zur Constitution, der Krone, wie sich hier Jemand ausdruckte, aller unserer Aufgaben zu gelangen; wenn uns daran gelegen ist, daß besonders die Provinzen, welche von den Segnungen und Errungenschaften der Revolution nichts bis jetzt wissen, als bloß die Opfer, die es kostet, wenn ihnen recht bald das gegeben werden soll, wofür sie diese Opfer gebracht haben, so gibt


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