Offizielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.
Vierte Sitzung des constituirenden Reichstages, am 27. Juli 1848.
Tagesordnung.
I. Ablesung des Protokolls vom 26. Juli.
II. Ankündigung der Eingabe der Direktion der Sparkasse um Eintrittskarten auf die Galerie.
III. Ausschussberichte über die Prüfung der Wahlacten.
IV. Verhandlung über die Geschäftsordnung.
Vorsitzender: Präsident Schmitt.
Auf der Ministerbank: Doblhoff, Latour, Krauß, Bach, Schwarzer, Hornbostel.
Anfang um 101/4 Uhr.
Präs. Nach der Mittheilung des Herrn Secretärs ist die erforderliche Zahl der Herren Abgeordneten sowohl zur Eröffnung der Sitzung als zur Beschlussnahme vorhanden, die Sitzung ist Sohin eröffnet. Ich ersuche den Herrn Sekretär Hauschild, das Protokoll der letzten Sitzung vorzulesen. (Dieß geschieht.)
Abg. Borrosch. Ich bitte, was für ein Funktionär bin ich geworden?
Abg. Poblewski. Der Redakteur für die stenographischen Arbeiten.
Präs. Ist gegen die Fassung des Protokolls etwas zu erinnern?
Abg. Borrosch. Ich werde bitten wenn ich nicht sehr irre, so hat einer der Herren Abgeordneten gerade das Gegentheil einer im vorgestrigen Protokoll stattgefundenen Bemerkung berichtigt, und um die Aufnahme in das Protokoll ersucht. Es heißt: es ist das Protokoll ganz anstandslos befunden worden, jenes vom gestrigen Tage, und eine Wahl wurde doch als beanstandet (Mehrere Stimmen: ungültig!) oder gar als ungültig erklärt.
Secr. Streit. Darauf muss ich erklären, da sich dieß auf die stenographischen Berichte Nr. 5 bezieht, und das Bureau hat bereits verfugt, über eine Einschaltung, welche wahrscheinlich heute schon in der Zeitung zu lesen sein wird. (Mehrere Stimmen: Ja, heute schon.)
Abg. Borrosch. Und dann dürfte es wegen der Interpellationen heißen: "hinsichtlich der Person des Gouverneurs von Galizien," ich glaube, der Sinn war der: wer denn eigentlich Gouverneur in Galizien sei? Hinsichtlich der Persönlichkeit hat, glaube ich, de Interpellation nicht Statt gesunden.
Schriftf. Hauschild. Ich bitte nur den Ausdruck zu verbessern. Wenn die hohe Versammlung die Verbesserung annimmt, so werde ich den Ausdruck berichtigen.
Abg. Borrosch. Wer denn eigentlich gegenwärtig Gouverneur von Galizien sei?
Abg. Machalski. Wörtlich lautete die Antrage so: "Wer Gouverneur von Galizien sei?" der Sinn ist aber, glaube ich, im Protokoll derselbe. (Secretär liest die Stelle noch einmal.)
Abg. Herzig. Ich erlaube mir darauf aufmerksam zu machen, daß sich unter dem Protokolle vom 25. Juli ein Druckfehler eingeschlichen hat, es heißt: "über Erklärung des Justizministers Bach, daß sich nach constitutionellen Grundsätzen die Unverantwortlichkeit des Ministers von selbst verstehe;" es soll wohl heißen "Verantwortlichkeit?" (Gelachter.)
Präs. Dieß ist ein offenbarer Drückfehler, der sich eingeschlichen hat.
Schriftf. Hauschild. Ich bitte, die berichtigte Stelle wird also so lauten: "Wer Gouverneur von Galizien gegenwärtig sei?" (Angenommen.)
Präs. Ist die hohe Versammlung mit der nunmehr verbesserten Fassung des Protokolls vom gestrigen Tage einverstanden, so bitte ich dieß durch Aufstehen zu erkennen zu geben. (Genehmigt.) Es liegt nur Eine Eingabe zur Ankündigung vor, nämlich ein Gesuch der ersten österreichischen Sparkasse um die Bewilligung für zwei permanente Eintrittskarten für die Galerie. Das Gesuch durfte nach dem gestern gefassten Beschlüsse nach §. 24 der Geschäftsordnung lediglich abzuweisen sein. An der Tagesordnung ist nun die Erstattung der Ausschussberichte über die Prüfung der Wahlen, ich ersuche sohin die Herren Berichterstatter in jenen Abtheilungen, in welchen Wählen geprüft find, die Tribune zu betreten.
(Der Antrag. Der ersten Abtheilung auf die Annahme der Gültigkeit der Wahl des Herrn Ab geordneten Joseph V l a c h für den Bezirk Voloska im Küstenland wird von der hohen Versammlung einstimmig angenommen. Bei der zweiten und dritten Abtheilung kommt kein Wahlact zum Vortrag. Die vierte Abtheilung bringt den Wahlact des Hrn. Emil Vaccano für den Bezirk Stadt Steyer zum Vortrag und trägt, da bei der Wahl des Depurten kein Fehler vorgegangen, sondern nur gegen die Urwahl der Wahlmänner zwei Proteste vorliegen, darauf an: daß der hohe Reichstag diese Wahl als gültig und unbeanstandet erklären möge.)
Abg. Paul. Ich muß gegen die Ansicht der Majorität der vierten Abtheilung bemerken, daß den Urwählern es keineswegs zusteht, von der Anordnung des Wahlgesetzes freiwillig abzugehen, daher ich auf jeden Fall der Ansicht bin, daß diese Wahl zu beanstanden sei.
Ein Abg. Ich erlaube mir die Aufmerksamkeit einer hohen Versammlung hinsichtlich dieser Wahl auf nachstehende Puncte zu lenken: 1. Genießt der Herr Emil Vaccano bei uns in Klagenfurt den Ruf einer achtbaren Persönlichkeit 2 Dass alle vorgebrachten Beschwerdepunkte keine solchen sind, auf deren Hervorrufung Vaccano einen Einstuss gehabt hätte, auch hätte er vermöge der Beschaffenheit und der Entfernung seines Wohnortes Klagenfurt von dem Wahlsorte Stadt Steyer einen solchen Einfluss nicht leicht üben können. Übrigens bezeichnen sämtliche Proteste den Urwahlact und zwar in einer Art, welche voraussichtlich gar keinen Vortheil für den Gewahlten wahrnehmen lasst. 3 Hat über die Stimmberechtigung nach der Wahlordnung, und zwar nach dem §.37 derselben nur die Urwahl Comission und zwar ohne fernere Berufung, m erster und letzter Instanz zu entscheiden. 4 Liegen alle Beschwerdepunkte unerwiesen vor, oder wenigstens nicht gehörig begrüntet, und 5 endlich glaube ich, dass jene Gebrechen, welche hier vorliegen, und sämtlich nur sich aus dem Urwahlact herschreiben, weit weniger einen direkten oder indirekten Einfluss auf den Wahlact des Deputaten selbst nehmen kennen, als jene Formfehler bei Deputirtenwahlen selbst, worüber die hohe Versammlung bereits wegzusehen sich bewegen gefunden hat. Ich trage daher darauf an, die hohe Versammlung wolle den Wahlact des Emil Vaccano in Übereinstimmung mit den Antrage der Abtheilung als unbeanstandet erklären. (Dieser Antrag wird von vielen Seiten unterstützt.)
Präs. Ich erlaube mir nun die Frage zu stellen, ob die hohe Versammlung die Wahl des Emil Vaccano für den Wahlbezirk Stadt Steyer für beanstandet hält, in welchem Falle ich bitte, es durch Aufstehen zu erkennen zu geben. (Es erhebt sich Niemand.) Der Antrag des Berichterstatters geht dahin, daß die hohe Versammlung diese Wahl als gültig und unbeanstandet erklären möge; im Falle des Einverständnisses bitte ich dieß durch Aufstehen zu erkennen zu geben. Allgemein angenommen.)
(Die fünfte Abtheilung bringt den Wahlact des Herrn Konstantin Posacki von Rosniatow in Galizien zum Vortrag, und trägt auf die Anerkennung der Gültigkeit dieser Wahl an, welcher Antrag einstimmig angenommen wird. — Die sechste und siebente Abtheilung bringt keinen Wahlact zum Vortrag. Die achte Abtheilung den Wahlact des Herrn Abgeordneten Johann Stastowski von Brzostek in Galizien zum Vortrag.)
Abg. Cavalcabo. Ich bitte den Herrn Berichterstatter um Aufklärung, ob die 70 oder wie viel Wahlmänner wirklich gewählt worden find, oder ob einzelne Bezirke die Wahl der Wahlmänner selbst unterlassen haben?
B e r i c h t e r st. Nein, 79 sind gewählt worden, und es erschienen nur 56, und es ist kein Grund für das Ausbleiben vorhanden.
Abg. Cavalcabo. Ist kein Beweis der Verständigung in den Acten?
Berichterst. Ja, sie waren verständigt, find aber nicht erschienen.
Abg. Cavalcabo. Ich stelle den Antrag, daß diese Wahl in Conformität vieler anderer Wahlen, die von der hohen Versammlung bereits einstimmig genehmigt worden sind, wo von 100 und mehr Wahlmännern nur einige 20 erschienen sind, wie es namentlich bei dem Falle war, den ich vorzutragen die Ehre gehabt habe, nämlich bei der Wahl des Eduard Krainski aus Dobromil in Galizien, wo statt 163 Wahlmännern, 27 gewählt, und nur 21 erschienen, von diesen hat K r a ins k i 11 Stimmen bekommen, und somit die absolute Majorität gehabt, und die hohe Versammlung hat über meinen Vertrag diese Wahl einhellig als gültig anerkannt.
Abg Mayer Als Vorstand der achten Abteilung muß ich den Herrn Rednet vor mir auf einen Unterschied aufmerksam machen. Wir sprachen von Wahlmännern; das bezeichnet nach dem Begriffe nur wirklich gewählte Wahlmänner, die aus der Urwahl hervorgegangen sind. Die Frage haben wir nicht zu erörtern: ob die Urwähler die Wahlmänner gewählt laben oder nicht. Im Falle als ein größerer Theil des Wahlbezirks nicht zur Vornahmt der Wahl der Wahlmänner schreitet, ist es ganz richtig, daß die Minorität des Wahlbezirks dadurch in ihrem konstitutionellern Rechte, die Wahl der Wahlmänner vorzunehmen, und so einen Abgeordneten zum Reichstage zu schicken, nicht geschmälert werden kann. Hier tritt aber der Fall ein, daß 79 Wahlmänner gewählt worden, aber von diesen nicht drei Viertel erschienen sind, mithin nach dem Buchstaben des Wahlgesetzes sie Wahl ungültig ist So viel ich mich erinnere, hat der hohe Reichstag den Geist des Wahlgesetzes über den Buchstaben hinaus interpretiert in den Fällen, wo nicht über drei Viertel der Wahlmänner erschienen find, der Gewählte aber eine so große Stimmenzahl hatte, daß die auf ihn gefallenen Stimmen die absolute Majorität sämtlicher Wahlmänner ausmachen, daß die Wahl dem Geist des Wahlgesetzes gemäß als gültig anzusehen fei; auch dieser Fall tritt bei letzterer Wahl nicht ein.
Abg. Gavalcabo. Ich erlaube mir die Bemerkung, daß hier in gleichem Maße, wo die Urmähler nicht zur Wahl der Wahlmänner schreiten, nach dem Paragraph der pr. Wahlordnung, dass wenigstens 3 Viertheile der Wahlmänner zur Wahl zu erscheinen haben, damit die Wahl gültig fei, daß dann wenigstens ein Viertel der Wahlmänner, wenn sie in Aussicht haben, daß sie den von ihnen beabsichtigten Mann nicht durchfetzen werden, von der Wahl ausbleiben müssen, und die anderen drei Verheile an der Wahl beeinträchtigen und unmöglich machen, die Wahl vor zunehmen.
Berichtest. Ich wollte nur den Grundsatz aufstellen, daß wir eigentlich in dieser pflichtig consequent sein sollen. Wenn in der Wahlordnung angenommen ist, daß eine abfohlte Stimmenmehrheit von drei Viertheilen der Wahlmänner unumgänglich nothwendig ist, damit die Wahl als gültig anerkannt werde, so glaube ich, daß es auch dann hinreichend sein kann, wenn drei Viertel nicht erscheinen, wenn aber nur die absolute Stimmenmehrheit von drei Viertheilen auf den Gewählten fallt. Nach diesem Grundsatze wäre die Wahl als unbeanstandet zu erkläre.
Abg. Demel. Was der verehrte Herr Redner vor mir gesagt hat, kann nicht geschehen! Wenn nur drei Viertel der Wahlmänner gewählt sind, oder nicht einmal drei Viertel, so kann wohl der Abgeordnete nicht drei Viertel der Stimmen der Wahlmänner für sich haben.
Berichterst, Sie haben mich wahrscheinlich nicht verstanden in dieser Hinsicht. Wenn von den gewählten Wahlmännern drei Viertel nicht erschienen, aber doch die absolute Majorität von drei Viertel Stimmen auf ihn gefallen find, so ist die Wahl auch als gültig anzusehen.
Abg. Umlauft. Ich unterstütze das Amendernent, und bemerke, mich auf die Gründe des Abg. Savalcabo stützend, daß aus denselben Gründen schon im Namen der Stadt Wien vor Vornahme der Wahlen darauf angetragen wurde, beim hohen Ministerium die Zulassung der Wahl auch in dem Fallt zu bestimmen, wenn nur die Hälfte der Wahlmänner zusammen kommt. Dieses Zugeständniß ist gemacht worden. Für Wien wäre also eine Ausnahme allein gemacht worden; daß wollen wir nicht in Anspruch nehmen, und ich glaube, daß die hohl Versammlung ein ähnliches Zugtständniß auch für diesen Fall annehmen könnte.
Abg. Gleispach. Ich glaube aussprechen zu müssen, daß erst das Princip festgestellt werden solle. Die Ansicht, welche der Herr Abg. (Savalcabo vertheidigt, daß, wenn eine kleine Anzahl von Wahlmännern sich des Stimmung enthalt, der ganze Wahlact unmöglich gemacht werde, ist bereits mehrfach in der hohen Versammlung und in den Sectionen zur Sprache gebrächt und vereidigt worden, und sie hat allerdings sehr viel für sich. Es ist jedoch noch nicht ausdrücklich abgestimmt worden, um entscheiden zu können. In diesem speziellen Falle und auch für einen künftigen Fall soll die hohe Versammlung sich aussprechen, ob sie das Princip anerkennt oder nicht. Ich würde auf Anerkennung des Prinzips, welches der Herr Abg. Cavalcabó vertheidigt, antragen, weil sonst wirklich eine seine Anzahl von Wahlmännern die andern Wahlmänner an der Ausübung ihres Rechtes hindern, und die ganze Wahl annullieren kann. Ich bitte um Entschuldigung, im Falle der Antrag mangelhaft stilisiert wäre; ich habe die kurze, mir zu Gebote stehende Zeit verwendet, den Antrag niederzuschreiben. (Er gibt ihn den Herren Sekretären.)
Secr. Streit (ließt ihn.) "Die hohe Versammlung möge erklären, dass daß Enthalten eines Theiles der Wahlmänner des Stimmenrechte.,, kein Grund fei, die Wahl für ungültig zu erklären," Abg. Goldmark. Ich glaube, es ist nothig, dazu zu fetzen: "absichtlich"; wenn die Wahlmänner nicht eingeladen oder verständigt find, so haben wühl die Wahlmänner, die nicht zugegen waren, das Recht, die Wahl anzufechten; sobald aber die Wahlmänner verständigt sind, und nicht kommen oder weggehen, also es absichtlich thun, so haben sie nicht das Recht, die Wahl anzufechten.
Abg. Gleispach. Ich glaube, daß das dieser Abänderung nicht bedürfe, weil dann der Ausdruck, enthalten" nicht passend wäre, denn "enthalten" fetzt bas Freiwillige voraus.
Abg. Cavalcabo. Ich glaube, es ist überflüssig. jetzt, nachdem beinahe zwei Drittel der Wahlen oder wenigstens die Hälfte geprüft und genehmigt st, sich in Princips und legislative Maßnahmen einzulassen. Ich glaube, daß es zweckmäßig wäre, das Princip anzuwenden und gleich praktisch in die Sache einzugehen, und es hat sich immer die hohe Reichversammlung in der Beziehung consequent benommen, wie ich den Fall von Krainski angeführt habe, und ich stelle den Antrag, über die Prinzipienfrage hinauszugehen, und die Wahl des Herrn Abg. Joh. Stasiowski für anstandslos zu erklären. (Wird unterstützt.)
Präs. Nachdem der Herr Abg. Gleispach bei dem Wahlacte des Herrn Abg. Staftowski die vorläufige Lösung einer Prinzipienfrage beantragt hat, welche jedoch von dem Herrn Abg. Cavalcabo abgelehnt werden will, so stelle ich die Frage: ob die hohe Versammlung damit einverstanden ist, daß die von dem Abg. Gleispach beantragte Prinzipienfrage zur Abstimmung gebracht werde? (Mehrere Stimmen: Nein!)
Abg. Trojan. Das verstößt gegen §. 47 der Geschäftsordnung.
Abg. Goldmark. Das ist ein Amendement über diesen Antrag, dal kommt zuerst zur Abstimmung.
Präs. Ich habe das nur in eine positive Form formuliert.
Abg. Goldmark. Es kann nicht gefragt werden, ob über einen Gegenstand abgestimmt werden soll oder nicht, sondern wenn ein Amendement vorgebracht wird, so wird darüber abgestimmt, und dann fällt der Antrag von seihst weg.
Präs. Wenn ich in die positive Form eingehe, so kann ich allerdings die Frage so stellen, ob über die Prinzipienfrage des Herrn Abg. Gleispach hinauszugehen sei. Diejenigen Herren Abgeordneten, welche damit einverstanden sind, bitte ich, es durch Aufstehen zu erkennen zu geben. (Alles erhebt sich.) Es liegt nun das Amendement des Abg. Cavalcado vor, welcher beantragt: die Wahl des Herrn Abg. Stasiowski für gültig zu erklären. (Angenommen.) Die neunte Abtheilung bringt keinen Wahlact zum Vertrag. An der Tagesordnung ist nunmehr die Verhandlung über die Geschäftsordnung. Ich erlaube mir vorher zu bemerken, daß der Herr Abg. Valer. Podlewski als Mitglied der Commission zur Redaction der stenographischen Berichte die Mittheilung mache, daß die Commission beabsichtigt, alle bis zum heutigen Tage gehaltenen Reichstagssitzungen sitzjungen. Ich lade jene Herren Abgeordneten, welche über die Stellung derselben etwas zu bemerken, oder eine Berichtigung derselben zu machen haben, nachdem die Berichte in den Händen der Herren Abgeordneten sind, ein, sich zur Kommission zu verfügen, und die dielfähige Berichtigung derselben einzugeben, damit die neue Ausgabe der Protokolle eine vollkommen richtige sei. Ich erlaube mir zu bemerken, daß dieser Commission das erste Zimmer im Vorstandsbureau eingeräumt worden sei, daß sohin jene Herren Abgeordneten, welche eine Berichtigung der bereits aufliegenden stenographisch..« Berichte zu machen gesonnen sind, sich in jenes Zimmer des Vorstandsbureau zu verfügen belieben.
Abg. Trojan. Bitte, um welche Zeit?
Abg. Podlewski. Um 3 Uhr Nachmittags, wie die Sitzung aus ist.
Präs. Es ist eine Interpellation vom Herrn Abg. Wagner angemeldet.
Abg. Wagner. Im Interesse des österreichischen Volkes, und besonders jenes Wahlbezirkes, den zu vertreten ich die Ehre habe, suche ich das hohe Ministerium, mir gefälligst zu sagen, ob und welche Schritte geschehen sind, zur friedlichen Beilegung der ungarischen Wirren, und ob auf eine baldige Ausgleichung derselben Aussicht gestellt ist?
Minister Doblhoff, Ich muß dießfallß die hohe Versammlung auf die sehr bekannte Thatsache aufmerksam machen, daß Seine Majestät in dieser Beziehung dem Erzherzog Johann die Vermittlung der Wirren aufgetragen, und daß der Erzherzog diese übernommen hat. Die Verhandlungen sind eben im Zuge, und es befindet sich der Ministerpräsident aus Ungarn, sowohl als auch der Feldmarschall Leutenant in Wien, und es steht zu erwarten, daß eine günstige Lösung dieser Sache im Wege dieser Vermittlung zu Stande kommen werde.
Abg. Neuwall. Darf ich mir erlauben, an den Finanzminister eine Frage zu stellen? Da es anerkannt ist, daß vor Allem Ersparnisse unseren Finanzen dringend Noth thun, daß viele kleinere Ersparnisse zu einem bedeutenden Betrage anwachsen, daß endlich die constitutionelle Staatsverwaltung genau und streng sich innerhalb der Schranke des Gesetzes halten muß, stelle ich die Frage:
1.ob und welche Beamte, die seit den Märztagen aus verschiedenen Ursachen ihrer Stelle enthoben sind, oder sich ihrer Stelle freiwillig entzogen haben, oder einen mehr als dreimonatlichen Urlaub genießen, noch im Vollbezüge ihrer Aktivgenüsse stehen;
2. ob feit den Märztagen die Beamten, und welche in einen die Bestimmungen des Pensionsgesetze.? übersteigenden Ausmaß pensioniert seien;
3. ob und mit welchem Betrage außer Verwendung stehende diplomatische Personen, denen überhaupt das Pensionsgesetz 1781 jede Pensionsfähigkeit abspricht, gegenwärtig noch Wartgelder beziehen, durch welches Gesetz diese Bezüge begründet werden.
Da ich es für unmöglich halte, daß das Finanzministerium augenblicklich diese Frage unvorbereitet und genau zu beantworten im Stande sei, so werde ich bitten, über diese 3 Puncte der hohen Versammlung eine detaillierte Nachweisung vorzulegen.
Finanzminiost. Krauß, Ich werdekleinen Anstand nehmen, die Nachweisung so weit zu liefern, als es möglich sein wirb, aber ich muß die hohe Versammlung darauf aufmerksam machen, daß zu solchen Nachweisungen auch zeit «fordert wird, und daß es vorzüglich hier in Wien nicht bekannt sein kann, was dießfalls in den Provinzen geschehen sein könnte; ich werde diese Nachweisungen zusammenzustellen bemüht sein, aber wenn sie beendet sein dürfte, kann ich in diesem Augenblicke nicht bestimmen,
Minister Doblhoff. Ich bitte ums Wort. Ich habe noch eine Frage zu beantworten die dahin lautete: Wem die Leitung des Guberniums im Königreiche Galizien und Lodomerien anvertraut ist, und wer gewissermaßen die Stellvertretung des dortigen Gouverneurs übernommen hat. — Als Graf Stadion durch ein aller. Handschreiben Sr. Majestät vom 26. Mai 1848 aufgefordert wurde, ein neues Ministerium zu bilden, und zu gleicher Zeit die Weisung erhielt, sich mit der größten Beschleunigung nach Innsbruck zu begeben, hat er die Leitung des
Guderniums dem Herrn Vizepräsidenten Grafen Gosuchowski übergeben. Er hat zu gleicher Zeit aber auch den Herrn kommandierenden General von Hammerstein eingeladen, im Einverständnisse mit dem genannten Herrn Vizepräsidenten seine Stelle als Gouverneur vertreten zu wollen. Hierüber ist von Seite des galizischen Gouvernements die Anzeige ans Ministerium gemacht worden, und diese Anzeige ist zur Nachricht gekommen. Graf Stadion hat sich nach Innsbruck begeben, und es ist bekannt, daß er den Auftrag zur Bildung eines neuen Ministeriums zurückgelegt hat. Er kam nachher nach Wien, kehrte nach Galizien nicht zurück, und überreichte am 6. Juni sein Demissionsgesuch, wie ich glaube, in die Hände des früheren Ministers des Innern. Mir sowohl in der kurzen Zeit meiner Amtsführung, als auch jenem Herrn Ministerialrath, welcher mich in der Leitung und Besorgung der Geschäfte in Galizien auf bas eifrigste unterstützt, ist in Bezug auf diese Stellvertretung nichts bekannt geworden. Wir haben auch gar keinen Anhaltspunct in den Acten gefunden, wo wir darauf hingeführt worden wären. Trotz der lebhaften Correspondenz, die natürlich zwischen dem Minister des Innern und dem Gouverneur eines so großen Landes sich fortwährend erhält, haben wir doch niemals einen directen Einfluss oder irgend eine Amtierung des Commandirenden wahrnehmen können. Der Umstand, der am meisten auffallen dürfte, daß die Demission des Grafen Stadion keine Erledigung bis zum gegenwärtigen Augenblick gefunden hat, kann ich nur damit aufklären, daß ich in der Überzeugung gelebt habe, daß diese Demission schon länger ihre Erledigung gefunden hat.
So sehr ich es mir angelegen sein ließ, mich mit den Verhältnissen von Galizien bekannt und vertraut zu machen, und dießfalls auch meine Ansicht im Ministerrathe derart geltend gemacht habe, daß ich im Stande bin, in sehr kurzer Zeit eine Regelung dieser Verhältnisse vorzunehmen, so kann ich in Bezug auf das gegenwärtige Verhältnis rücksichtlich der Personen in dieser Leitung nur die Beruhigung ertheilen, daß dießfalls eine vollkommene definitive Anordnung in Kurzem zu erwarten ist. (Beifall.)
Präs. Der Herr Justizminister hat das Wort.
Justizm. Bach. Es ist gestern eine Interpellation gestellt worden, welche in meiner Abwesenheit durch den Herrn Finanzminister beantwortet worden, die aber zunächst in den Bereich des Justizministers einschlägt. Ich halte mich verpflichtet, im Kürzen die Thatsache der hohen Versammlung vorzulegen, welche zur Interpellation Anlaß gegeben. Das Ministerium ist durchdrungen von der Überzeugung, daß dem Assoziationsrecht und ebenso dem persönlichen Schütze eines jeden Bürgers die vollständigste Bürgschaft durch die Erecuthieven Autoritäten gewährt werden müsse. Wir haben von den Vorfällen, welche gestern in dieser Rücksicht hier zur Sprache gebracht würden, sogleich als sie vorfielen, die kompetenten Autoritäten aufgefordert, ihr Amt zu handeln; es ist dieß auch schon geschehen, und die Untersuchung ist im Züge. Sie können überzeugt sein, daß sie nach den bestehenden Gesetzen vollführt werden wird. Das Ministerium glaubt hier nicht erst aussprechen zu müssen, wie sehr es die Gründpfeiler dieses constitutionellen Lebens in der Beziehung achte und wie sehr es sich zur Pflicht rechnet, da wo dergleichen Eingriffe stattfinden, sie ans das strengste im Bereich der Gesetze ahnden zu lassen. Es seiest aber auch voraus, daß man es handeln lasse und die Überzeugung hinnehme, daß es durch seine Handlungen stets das Vertrauen der hohen Versammlung sich zu erwerben bemüht sein wird. (Beifall.)
Präs. An der Tagesordnung ist nun die Verhandlung über die Geschäftsordnung. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter sich hierher zu bemuhen.
(Herr Abg. Mayer besteigt die Tribune.)
Abg. Borrosch. Ich bitte, bevor das neue Capitel begonnen wird, als Nachtrag zu dem gestrigen — dann dürfte es natürlicherweise nicht mehr vorgebracht werden — mir ein Wort zu erlauben: Sollte nicht wenigstens auch beim Eintritt, wie es auch in allen ändern Versammlungen stattfindet, ein Tisch sein, mit einem die Namen aufzeichnenden Schreiber, damit wir die Zeit nicht erst mit Abzählung verlieren, wenn die Versammlung nicht ganz vollständig ist, damit wir gleich wissen, wenn die 150, welche zum Beginn die Verhandlungen nöthig sind, vorhanden sind, und wann die 192 zur Gültigkeit einer Beschlussfassung? Wenigstens aus Praxis weiß ich aus mehreren Besammlungen, daß dies stattfinden solle.
Berichterst. M a y e r. Ich erlaube mir zu bemerken, daß ich die Anficht des Herrn Redners vor mir vollkommen theilen muß, weil dadurch manche Zeit erspart wird, wodurch die Frage über das Quorum zweifelhaft sein dürfte, ich glaube aber, daß dieß zur innern Einrichtung des Hauses gehört, die nicht nöthig in die Geschäftsordnung selbst gehört, und über diese Maßregel von Fall zu Fall vom Vorstand selbst verfügt werben kann.
Abg. Borrosch. Ich bin ganz befriedigt.
Abg. S m o l k a. Ich habe dieses Amendement vorgebracht und zwar gleich am ersten Tage, als die Geschäftsordnung berathen wurde. Ich habe bei Gelegenheit der Discutirung über den §. 2 wahrgenommen, daß die Versammlung wahrscheinlich geneigt sein wird, demselben ohne Bezug auf den §. 33 eine ganz selbstständige Fassung zu geben. Ich habe ehe noch die Disputierung eingeleitet war, ohne Bezugnahme des §. 2 auf die Discutirung des §. 33; bin aber jedenfalls geneigt, diesem Wunsche mich anzuschließen, und erkläre, daß es mir keineswegs um die selbstständige Festsetzung des §. 2 noch um Stilisierung desselben zu thun fei, sondern lediglich nur um die Aufrechthaltung des Princips, und ich würde die hohe Versammlung bitten, daß diese Zusammenstellung nicht durch das Loos, sondern durch eine Wahl vorgenommen werde, und zwar ebenso wie ursprünglich die Festsetzung dieses Paragraphen der provisorischen Geschäftsordnung war, damit eine jede Abtheilung ein genaues Bild der ganzen Reichsversammlung darstelle. Dieß hat nur den Zweck gehabt, damit die einzelnen Abtheilungen in den Stand gesetzt werden, alles genau zu erfahren, was jede Provinz im Einzelnen angehen kann, und dieselben besonders im Interesse der betreffenden Wünsche gehörig aufgeklärt werden. Es ist dieß allerdings eine Rücksicht, die einen guten Grund hat, nachdem es wünschenswerte war, damit jede Abtheilung soviel als möglich alle glücklich ten, welche sich in Bezug auf die Frage ergeben, Alles genau erwägen kann, damit, wenn dieser Gegenstand zur Vollberatung komme, eine neue Vereinbarung desselben, desto leichter möglich fei. Soll nun der Grundsatz festgestellt werden, so glaube ich, daß dieß nicht genug ist, und dass man die Abgeordneten bloß der Ziffer nach verhältnismäßig in die Abtheilungen eintheile. Aber es gibt noch eine Menge Hinterschiede unier den Abgeordneten jedes einzelnen Gouvernements, welche Berücksichtigung verdienen sollten. Ich will mich zur Begründung dieses angeführten Umstandes bloß auf die Provinz Galizien beziehen, indem ich voraussetzen kann, daß dieses so wichtig ist, indem es die Abgeordneten eines jeden Gouvernementbezirkes und vorzugsweise für die aus Galizien eingelangten, es ein äußerst bedauerungswürdiger Zustand ist — von welcher Thatsache die hohe Versammlung sich schon gewiss überzeugt haben wird — daß viele Abgeordnete aus Galizien der deutschen Sprache durchaus nicht mächtig sind; sie sitzen wohl in unserer Versammlung, aber verstehen kein Wort deutsch. Es find andere, besonders aus Galizien, die des Lesens und Schreibens nicht kündig sind, diese Abgeordneten ans Galizien, welche einem einzigen Stamm angehören, sind doch Verschiedene Nationalitäten.
Ich will ganz absehen von einem größeren Unterschiede und einer bestehenden Verschiedenheit der Bildungsstufe; aber obwohl derselbe hier nicht geltend gemacht werden kann, so existiert er dennoch. Soll nun dieser Grundsatz, daß jede Abtheilung, so viel als möglich ein genaues Bild der Versammlung abgebe, welcher Umstand wirklich ein sehr guter Grund ist, festgehalten werden, so wäre es wünschenswerte, daß nicht nur auf die verhältnismäßige Ziffer der Vertheilung, sondern auf alle diese Umstände Rücksicht genommen werbe, nämlich auf den des Verständnisses der deutschen Sprache, auf den intellektuellen Bildungsgrad, die Nationalität, u. f. f. Schon der Umstand der Unkenntnis der deutschen Sprache kann bei Verhandlungen in den verschiedenen Abtheilungen zu Missverständnissen und zufälligen Abgaben der Stimmen Anlaß geben. Dieß ist somit ein großer Übelstand; aber wenn diesem Übelstande schon nicht abgeholfen werden kann, so sollen wenigstens alle Abtheilungen einen gleichen Urtheil daran haben. Ferner wünsche ich auch, daß jede besondere Nationalität, wie sie in den einzelnen Gouvernements Bezirken vorkommt, gehörig berücksichtigt werde, damit eine gleiche Anzahl Abgeordneter einer jeden Nationalität in jeder Abteilung vorkomme, damit jede Abtheilung in den Stand gesetzt werde, so zwar, daß sie so viel als möglich übet diese verschiedenen Interessen ihre Meinung vorbringen kann; ich glaube, daß es nöthig sei, hier gleich eine Einrichtung zu treffen, wie eine neue Wahl vorgenommen werden solle; ich glaube, daß die Abhilfe dieses Übelstandes den Mitgliedern jedes einzelnen Gouvernement zu überlassen sei, denn eine Wahl durch Verlosung zu treffen, hat zugleich den Vortheil, daß sich die Abtheilungen in Bezug auf Nationalitäts- Verständnis einander genau kennen lernen werden, wenn sie es in deutscher Sprache so weit gebracht haben werden. Ich bin überhaupt gegen die Wahlen, aber in Rücksicht auf unsere ganz eigentümliche Zusammensetzung glaube ich, daß es durchaus nöthig ist, dieses zu veranstalten, wenn wir unsern Zweck erreichen wollen.
Bei dieser Gelegenheit berufe ich mich auf §. 2 der prov. G O Als diese diskutiert wurde, war ich ebenfalls für die Wahlen, bin aber damals nicht darauf bestanden, weil es sich bloß um die Prüfung der Wahlacten handelte, und da wollte ich jeden Anschein vermeiden, als wollte ich die Beurtheilung der Gültigkeit oder Ungültigkeit der Wahlen übernehmen. Jetzt handelt es sich aber um viel wichtigere Sachen, nämlich um die Abfassung der Konstitution, um die Feststellung der Volksrechte, um die Erlassung höchst wichtiger organischer Gesetze; ich möchte daher die Zufälligkeit des Loses hier gerne vermeiden, überhaupt schlage ich nur das vor, was als zweckmäßig von der Vernunft anerkannt wurde, daher schlage ich vor, daß diese Vertheilung der Abgeordneten jeder Provinz in den Abtheilungen, und demnach die Zusammenstellung dieser Listen nicht durch das Loos, sondern durch eine in jeder Abtheilung vorzunehmende Wahl zu geschehen habe.
Abg. Löhner. Ich müßte ersuchen, daß, da dieser §. allerdings sehr wichtig ist, und daß, wieder letzte Abg. vor mir gesagt hat, darüber der formulierte Antrag vorzulegen fei; ich stelle daher die Anfrage an den Herrn Antragsteller, wie er den §. 2 amendiät habe?
Ein Abgeordneter. Ich habe vorhin dafür gestimmt, daß §. 32 mit Beibehaltung des von mir beantragten Amendement in dieser Fassung fest gehalten werde, wo es heißt: (§. 32 wir verlesen) Jetzt kommt das Amendement, jedoch mit dem Unterschiede, daß diese Listen nicht durch das Loos zusammengestellt werden.
Abg. Löhner. Ich habe gehört, daß der Herr Borganger auch von Provinzen gesprochen hat,