Nun hat aber dieser besagte Kerschitz, welcher ein Mitglied der Wahlkommission war, alle Namen selbst geschrieben, in dem die Handschrift dahin weiset, daß alle Wahlzetteln von der Hand des Kerschitz geschrieben sind und von den Gegenwerbern nur ein einziger mit einer andern Schrift unterschrieben ist. Ich stelle demnach die Frage: wie kommt es, daß diese Wahlzetteln eben nur von der Hand Kerschitz geschrieben sind? Es ist also die ganze Sache des Kerschitz im Widerspruche mit §. 38; denn ich sehe durchaus die Notwendigkeit nicht ein, daß bei diesen Verhandlungen nur ein Mitglied die Wahlzetteln schreibt. Dazu spricht auch noch der Unstand, daß Andere aussagten, einige Wahlmänner hätten ihm andere Namen angegeben, er habe aber immer nur Sterzen geschrieben und ich glaube daher bemerken zu müssen, daß es in der Aufrechthaltung der Würde dieser hohen Versammlung liege, ein Erhärtungsurtheil darüber zu fällen. Es dürfte übrigens geboten sein, diese Wahl gleich von hieraus ohne weitere Umstände zu annullieren. (Allgemein: Ja).
Abg. Borrosch. Ich unterstütze diesen Antrag um so mehr, da eine Protokollsauflage für mündliche Vota Aufgaben bestimmt, also auch für solche, die nicht schreiben können, gesorgt ist.
Abg. Gredler. Ich muß dem Antrage des Abgeordneten Neumann entgegentreten, und zwar auf Grund desselben Paragraphes, in welchem es heißt: daß die Wahlcommission durchaus weder einen directen Einfluß auf den Wahlact nehmen darf, widriges die Wahl ungültig sei. Ich mache hierbei folgende Unterscheidung: Wurde dem Kerschitz von den Wählern der Name des Aufzuschreibenden selbst und frei (was doch auch möglich ist, Wenigstens ist bis jetzt noch kein Beweis des Gegentheiles vorhanden), oder nicht. Im ersten Falle finde ich in der bloßen mechanischen Mitwirkung, im bloßen Mechanismus des Schreibens, weder einen directen noch indirecten Einfluß auf die Wahl selbst. Die Wahl selbst ist also solche, ist ein Act der Freiheit des innern Bewußtseins, der Selbstbestimmung über eine vorzunehmende Handlung. Wenn dieser Act der Willensbestimmung von dem Wahlmanne selbst ausgegangen und nur die frische Niederzeichnung des Namens durch irgend jemand Andern besorgt wurde, so ist die Wahl ohne weiteres nicht durch Einfluß eines Andern vor sich gegangen, sondern die Wahl wurde von dem Vortanten selbst vorgenommen; denn die freie Benennung des Namens, die Erklärung des inneren Willens ist es, daß man diese und keine andere Person wähle; in dem bloßen Schreiben des Namens erkenne ich nichts als einen Mechanismus, als eine physische Intervention, welche aber aus den innern Act keinen Einfluß hat, und in dieser Beziehung möchte ich die Billigkeit vorwalten lassen, und sage, es liegt nun ein strenger Beweis von der Influencirung der Wahl durch Rathgeben, oder durch eigenmächtiges Niederschreiben der Namen u. s. w. noch nicht vor, sondern diese Facta werden nur durch Zeugen zu erweisen angeboten. Allein wir müssen weiter gehen, wir können uns mit bloß angebotenen Beweisen nicht begnügen, sondern müssen diese amtlich eruieren lassen, daher glaube ich, sollen und dürfen wir die Wahl nicht sofort als ungültig erklären. Ist es aber wahr, was die Wahlmänner bestätigen, sind die Umtriebe wirklich geschehen, erhärten sie sich durch Beweise, so wird Sterzin ohnehin ausgeschlossen. Wenn wir aber auf bloße Anzeige allein hin ohne amtliche Beweise die Wahl für ungültig erklären, so legen wir uns wenigstens den Vorwurf zur Last, daß wir nicht streng genug die Facta juridisch constatiren ließen. Ich bleibe daher bei meinem Antrage, welchen auch die ganze Abtheilung einverständlich mit mir gebilligt hat. Allein der ursprüngliche Antrag um sogleich Zurückweisung behufs der vorzunehmenden Erhebungen würde sich nun nach bereits provisorisch angenommenen Geschäftsordnung etwas modifizieren, und nicht mehr dahin lauten können, daß zur Erhebung der Thatumstände die Acten zurückgewiesen werden sollen, sondern er muß sich mit Rücksicht auf §. 5 und 27 der Geschäftsordnung dahin richten, daß die Wahl von der hohen Reichsversammlung für beanständet erklärt, und somit nach Vorschrift des §. 5 an den nach §. 37 zu bildenden Ausschuß vermiesen werde.
Abg. K u t sch e r a. Als Mitglied der 2. Sektion halte ich mich auch verpflichtet, den Antrag der Majorität und daher den des Berichterstatters zu unterstützen. Man will hier eine Wahl für ungültig erklären, dieses ist ein richterlicher Ausspruch. Jeder richterliche Ausspruch setzt erwiesene Facta voraus. Diese Facta, auf die sich hier bezogen wird, sind aber nicht erwiesen, eines der vorliegenden Actenstücke nicht unterschrieben, daher halte ich es auch für nothwendig, daß die Facta untersucht werden, denn erst dann hat man eine Grundlage zur Fällung eines Urtheiles.
Abg. Borrosch. Ich erlaube mir nur die Frage, ob ich eher irrig gehört habe, hier der Herr Berichterstatter erwähnt mehrmals, daß eine amtliche Beglaubigung vorliege.
Abg. Gredler. Nicht eine Beglaubigung, seitdem nur ein Bericht über die Aussage der Wahlmänner liegt vor, worin angegeben ist, daß zwei Wahlmänner diese Angabe bestätigt hätten, nichts sonst ist in diesem Bericht enthalten, ertheilt nur dieses Factum mit.
Abg. Borrosch. Nach dieser Bemerkung nehme ich mein früheres Votum zurück.
Abg. Neuwall. Ich mache hiezu noch bemerklicht, daß dieses Beifügen von Zeugennamen, obwohl diese Zeugen alle von einer Hand geschrieben sind, keinen Werth hat.
Abg. Giedler. Wir können nur den Wahlact als solchen zur Zensur und Schlußfassung nehmen. Ich stelle daher den Antrag, daß die Wahl für beanständet erklärt, und nach § 5 an einem nach § 37 zu bildenden Ausschusse zu verweisen sei.
Präs. Wenn die Versammlung mit diesem Antrage einverstanden ist, so litte ich es durch Aufstehen zu erklären (Wirb angenommen )
Präs Ich ersuche den Berichterstatter der dritten Abheilung seinen Bericht zu erstatten. (Es meldet sich Niemand ) Nachdem sich Niemand meldet, so ersuche ich den Berichterstatter der vierten, fünften sechsten und siebenten Abtheilung.
(Der Berichterstatter der siebenten Abtheilung liest den Bericht derselben vor).
Präs Wenn kein Anstand gegen diesen Antrag erhoben wird, so bitte ich es durch Ausstehen zu erklären. (Angenommen. Der Präsident fordert den Berichterstatter der achten Abtheilung auf. Dieser erstattet seinen Bericht, worauf sich die Versammlung über die Frage des Präsidenten mit dein Antrage des Berichteistatteers bezüglich beider Wahlen durch Aufstehen einverstanden erklärt).
Der Berichterstatter der neunten Abtheilung liest seinen Bericht vor.
Abg. Borrosch (über den Wahlact des Abg. L oh n er). Ich kann darin nur einen Formfehler und nichts Anderes erblicken, denn gerade das Protokoll ist der Beweis dafür, indem es annimmt, daß alle die homonyme Namen ein und dieselben Personen bezeichnen, und da Niemand dagegen Einspräche erhoben hat, so kann ich keinen andern Schluß fassen, als daß Bei nur ein Formfehler obwaltet Da wir nach unfern früheren Antecidenzien nur bei einer moralisch schlechten Basis eine Wahl für beanständet erfährt haben, so dürfen wie auch jetzt nicht davon abweichen.
Abg. N e u w a l l (Ich muß mich um so mehr dieser Ansicht anschließen, als wir sonst, wenn wir mit der gleichen Stunde überall vorgegangen wären, an keiner Wahl als unbeanstandet vorübergegangen waren. Auf die Bemerkung, daß die Namen unorthographisch geschrieben, kann ich nur erwidern, daß es unmöglich aus dem Lande zu erwarten sei, da Eigene Namen nicht einmal von Gebildeten immer orthographisch richtig geschrieben werden. (Auf nach Abstimmen, und Stimmen, welche den Antrag unterstutzen).
P r ä s. Ich glaube am besten zu thun, die Frage sogleich direct zu stellen: Soll die Wahl als beanstandet erklärt werden oder nicht? Wer dafür stimmt, daß sie als unbeanstandet erklärt werde, beliebe aufzustehen. (Die Versammlung erklärt durch Aufstehen die Wahl als gültig).
Abg. Borrosch. Ich erlaube mir, bevor wir weiter schreiten, an den Herrn Präsidenten die Frage zu stellen, ob kein Mittel vorhanden wäre, diese so wichtigen Wahlprüfungsarbeiten zu beschleunigen.
Wenn wir mit dieser Schildkrötenlangsamkeit vorgehen, so wird der Reichstag zu Ende sein, bevor wir mit den Wahlprüfungen fertig sind. (Beifall). Präs. Ich war eben in Begriff einen Antrag zu stellen, der diesem Übelstande abzuhelfen geeignet sein wird, ich muß mit Bedauern bemerken, daß der ungeregelte Zustand der früheren Vorstandsmitglieder in dem Mangel eines Gesetzes seinen Grund hatte, und daß nicht der Vorsitzen, sondern der Mangel einer Vorschrift darüber diese Unordnung hervorbrachte Nach längerer Berathung haben wir zweckmäßig befunden, daß die Herren Berichterstatter und Secretäre sämtlicher Abtheilungen zusammenkommen, und zwar für heute Nachmittag 5 Uhr im Vorstandsbureau, um darüber Auskunft zu geben : n) welche Herren Abgeordneten in ihre Section gehören, weil auch darüber, wenigstens im Vorstandsbureau keine Evidenz vorkommt, b) welche Wahlen als unbeanstandet, und welche als beanständet befunden werden; e) welche Wahlacten noch unerledigt sind; d) ein Verzeichnis der in der Abtheilung zur Prüfung befindlichen Wahlacten mitzutheilen. Ich glaube auf diese Weise das Geschäft der Prüfung der Wahlacten am ehesten in Ordnung zu bringen.
Es wird erforderlich sein, daß sämtliche Abtheilungen, bevor die neuen Abtheilungen nach §. 33 bestimmt sind, in Wirksamkeit treten und sämtliche Wahlacten an den Vorstand des Reichstages abgegeben werden, um die neue Zutheilung der Wahlacten zeitlich ordnen zu können. Nur auf diese Weise glaube ich, ist dieses so wichtige Geschäft, dessen Beschleunigung dem Vorstande eben so am Herzen liegt als den Abgeordneten, in die nöthige Ordnung zu bringen. Aus demselben Grunde ist im Vorstande besprochen worden, bevor diese Ordnung eingeführt" ist, keine neuen Wahlacten zuzuweisen. Es handelt sich ohnehin nur um einen Tag, wo, wenn wir neue Wahlacten zuweisen, die bestehende Unordnung nur noch vergrößert wird. Es muß nämlich ein Abschnitt gebildet werden, um dann auf einem neuen Boden eine neue Ordnung treffen zu können. Ich erlaube mir daher an sämtliche Herren Berichterstatter und Secretäre der neun Abtheilungen die Einladung zu stellen, Nachmittag um 5 Uhr im Vorstandsbureau zu erscheinen, und die auf diesen Gegenstand erforderlichen Auskünfte vorzubereiten Bevor wir zum vierten Gegenstand der Tagesordnung schreiten, ist noch der Herr Berichterstatter der neunten Abtheilung zu vernehmen.
(Der B e r i s c h t e r s t a t t e r der neunten Abtheilung betritt die Tribune und berichtet, daß die Wahlacten der Deputaten Defranceschi aus Pisino, und Wiser aus Linz als unbeanstandet befunden worden sind. Bei den Wahlacten des Deputirten Borrosch von Prag ergibt sich ein Formfehler, daß nämlich die Gegenlisten nicht gehörig gefertigt und in dem Protokolle die Abstimmungen nicht individuell bezeichnet sind; jedoch wäre eine überwiegende Mehrheit von Stimmenzahl vorhanden. Die Abtheilung trägt demnach auf die Gültigkeit dieser drei Wahlen an).
Präs. Ist eine hohe Versammlung hiermit einverstanden, so möge sie es durch Ausstehen zu erkennen geben. (Wird angenommen).
Abg. Füster. Als Obmann der neunten Section bitte ich die hohe Versammlung, in Rucksicht der hohen Angelegenheit des Abg. Löhner, daß die Beanständigung seines Wahlactes, weil sie in der Prager Zeitung stand, so bitte ich die hohe Reichsversammlung, daß sie darüber eine genaue Untersuchung einleite, damit derjenige, welcher das Amtsgeheimnis ausplaudert und öffentlich bekannt macht, bekannt werde; es wird sich dieser wohl hoffentlich eruieren lassen. Der Redakteur muß doch wissen, von wem er dieses empfangen hat. Ich glaube diesen Antrag der gesamten neunten Section schuldig zu sein, und bitte nochmals die hohe Versammlung, zur Verhütung solcher künftigen Mißbrauche, des Ausplauderns der Amtsgeheimnisse und der persönlichen Gehässigkeiten, daß sie, wenn es ihr gefällig ist, zu eruieren suche, wer dieß Geheimniß bekannt gemacht hat. (Ruf: Kein Geheimniß!)
Abg. Trojan. Wir verfahren wohl alle in der Weise, daß wir die Öffentlichkeit nicht zu scheuen brauchen; ich glaube nicht, daß irgend eine Section sich zu fürchten hat, wenn ihre Amtshandlungen bekannt werden. Ich glaube, daß da eine Erinnerung nicht notwendig ist.
Abg. Füster. Aber wenn es vor der Zeit geschieht, ist es ein Geheimniß.
Ein Abg. Es ist ein Mißbrauch der Öffentlichkeit, wenn die Verhandlungen der Abtheilungen früher dem Publikum als dem Reichstage bekannt gegeben werden.
Abg. Füster. Hier ist die Behörde, die entscheidet, früher war es nicht entschieden, folglich ist dieß ein Mißbrauch der Öffentlichkeit.
Abg. Borrosch. Das ist jedenfalls wahr, denn solche Zeitungsberichte wirken precupierend auf die öffentliche Meinung zurück. Gerade so ist es bei den Criminalgerichten nie gestaltet, da enthält sich jeder Redacteur, bevor das Verdickt nicht gefällt ist, etwas über den Thatbestand aufzunehmen.
Ein Abg. Was man nicht billigt, soll man nicht vertheidigen.
Präs. Kann der Antrag des Abg. Füster als unterstützt betrachtet werden? (Ruf: Ja !) Er kann heute zur Abstimmung gebracht werden, unter der Voraussetzung, daß es ein Zusatzantrag und kein selbstständiger Antrag ist.
Abg. Fischhof. Ich mochte den Antrag des Abg. Füster dahin modifizieren, daß der Reichstag einfach seine Mißbilligung ausspreche gegen den, der das Amtsgeheimniß verletzt hat (Ruf: Keines, keines!) oder wenn auch nicht Geheimniß, wie die hohe Versammlung angenommen hat, Mißbilligung des Vorganges der Veröffentlichung.
Abg. T r o j a n. Ich bitte noch vorläufig meine Rechtfertigung gegen einen Vorwurf vorbringen zu dürfen. Ich habe das Verfahren nicht gebilligt und auch nicht in Schutz genommen, sondern bloß gegen das Wort "Geheimniß" protestiert und darauf hingewiesen, daß die Geschäftsordnung dieses Niemandem zur Pflicht macht.
Abg. Borrosch. Cs ist ein Amtsgeheimniß, das versteht sich von selbst bei Jedem von nur einiger Delicatesse; darüber kann kein Zweifel sein.
Abg. Goldmark. Wir verhandeln hier keine Geheimnisse; in dieser Beziehung bin ich durchaus für keine Geheimhaltung, aber ich bemerke, daß ich den Antrag des Abg. Fuster um so mehr unterstütze, weil nach meiner Meinung nicht ganz aus loyaler und reiner Absicht vorgegangen würde, indem dieß im Prager Journale früher als hier bekannt ist. Man muß die Person kennen lernen, welche sich dieß zu Schulden kommen ließ, und dann seine Mißbilligung aussprechen.
Borrosch. Es ist ein späterer Antrag für ein Amendement vorhanden, der gehört früher zur Abstimmung gebracht zu werden, und ich glaube, es wird gut sein, wenn wir uns nicht in inquisitionelle Formen einlassen.
Abg. Fischhof. Der Reichstag mißbilligt, daß die Verhandlungen der Sitzungen früher durch die Presse zur Öffentlichkeit gebracht werden, bevor sie an den Reichstag zur Berathung gebracht worden sind.
Abg. G o l d m a r k. Aus dieser Fassung geht hervor, daß sich die That aus die Redaction der Veröffentlichung und nicht auf die Person bezieht, die sie veröffentlichen läßt.
Abg. Fischhof. Der Reichstag mißbilligt also, daß Verhandlungen früher der Presse übergeben werden, bevor sie u. s. w.
Berichterstatter der neunten Section. Das betrifft mich, da ich so unglücklich bin, der Berichterstatter der neunten Section zu sein; übrigens hat man überhaupt überall, wo eine Frage über die Lösung der Wahlacte stattgesunden hat, Besprechungen gepflogen; der Vorstand ist zusammengetreten und hat sich allgemein besprochen. Wenn diese Fassung angenommen wirb, so muß ich bemerken, ich war der Berichterstatter, mir soll er gegeben werden, diese Beschuldigung verdiente ich nicht.
Abg. Umlauft. Bevor der Reichstag eine Mißbilligung über ein einzelnes Factum ausspricht, ein Factum, welches angeblich gegen den Grundsatz verstoßen haben soll, muß der Grundsatz festgestellt werten. Bisher ist über die Geheimhaltung der Sectionen nichts beschlossen worden, wir haben keinen Eid geleistet und keinen Handschlag gegeben. Wir können Daher Niemanden vorenthalten über das, was in den Sectionen vorgekommen ist, sein" Bekannten in Berathung zu ziehen. Ich frage daher, ob es nicht ein früherer Vorgang ist, wenn ein solches Factum in kleineren Kreisen besprochen wird, ob man es den Redacteuren vorenthalten kann, davon auch öffentlich Gebrauch zu machen; es muß festgestellt werden, daß dieß ein Amtsgeheimniß ist; hatten wir dieß gelobt, über das, was in den Sectionen vorgekommen ist, Verschwiegenheit zu beobachten, so werden wie es als ein Gelobniß erkennen und uns darnach halten. Vor der Hand ist nichts ausgesprochen, und ich bitte daher auch keine Mißbilligung auszusprechen, bis der Grundsatz ausgesprochen ist, Präs. Herr Violand hat das Wort.
Abg. Violand. Ich verzichte auf das Wort, da ich bloß das sagen wollte, was mein Herr Borgänger erwähnte.
Ein Abg. Ich mache den Antrag, zur Tagesordnung überzugehen, indem wir uns in höchst unangenehme und verdrießliche Angelegenheiten vernickeln. Es kann sich übrigens leicht treffen, daß Mitglieder in Conversation treten; was hier verhandelt wird, ist oft so unwichtig, daß uns nur eine unnütz Last aufgebürdet werden würde, uns über die wichtigeren Verhandlungen nicht besprechen zu können. Auch ist es bei einer großen Section schwer zu Emiren, wer etwas weiter gesagt habe; ich stelle also nochmals den Antrag, zur Tagesordnung überzugehen. (Dieser Antrag wird mehrseitig unterstützt).
Präs. Diejenigen Herren, welche damit einverstanden sind, daß man sogleich zur Tagesordnung übergehe, mögen dieß durch Aufstehen zu erkennen geben. (Majorität). Bevor wir jedoch zur Verhandlung des vierten Gegenstandes der Tagesordnung übergehen, finde ich noch einige andere außer dem Bereiche der Geschäftsordnung liegende Obliegenheiten anzuführen, nämlich : Es haben Samstag einige Herren um einen Urlaub auf drei Tage angesucht, und zwar : (Stimme: bitte inständig, die eigenen Namen und die Wahlbezirke, welche uns durch die Schnelligkeit des Vortrags entgehen, laut und langsam auszusprechen!) Nach der Bestimmung der Geschäftsordnung steht mir das Recht zu, Urlaub auf drei Tage einheilen zu können, und ich finde mich veranlasst, dieses der hohen Versammlung anzuzeigen. Vor dem Beginne der heutigen Sitzung hat der Herr Deputirte Joseph Mickel aus Steiermark das Ansuchen um einen achttägigen Urlaub gestellt. Nachdem ich aber befugt bin, Urlaub bloß auf drei Tage zu ertheilen, so beliebe die hohe Besammlung über diese Urlaubsertheilung zu entscheiden. Nachdem die Ertheilung eines Urlaubs auf acht Tage, nämlich vom 26. M. angefangen, der hohen Reichs Versammlung zusteht, so stelle ich die Anfrage, ob die angesuchte Urlaubsbewilligung von acht Tagen für den Herrn Abgeordneten Joseph Mickel genehmigt werben solle. Sollten die Herren mit dieser Urlaubsbewilligung einverstanden sein, so mögen sie aufstehen. (Majorität). Nachdem die Herren noch so zahlreich versammelt sind, so erlaube ich mir gleich das Ansuchen des Vorstandes der neunten Section bekannt zu machen, welches dahin läutet, daß alle Sectionen heute Abends vollzählig um 6 Uhr sich in ihren Abtheilungen zusammenfinden, wobei ich bemerken muß, daß zur Vereinfachung der Verständigungen im Vorfalle eine Tafel im Verlaufe einiger Tage angeheftet werde (Einige: Noch heute!), wo die Bestimmungen der Zusammenkunft im Einverständnisse mit den einzelnen Unterabteilungen gefälligst anzumerken sind, indem durch diese Verhandlungen zugleich eine Zeit erspart wird, welche durch diese Vorträge verloren geht (Stimmen: Es ist bereits früher davon gesprochen worden, daß wir uns sämtlich um 6 Uhr versammeln sollen).
Präs. Diese beabsichtigte Versammlung fällt also mit der heutigen in eins zusammen. Es ist also die höchste Zeit, an die Tagesordnung zu schreiten, und ich bitte noch den Berichterstatter, hierüber zu referieren.
Abg. Mayer. Die Geschäftsordnung für den constituierenden Reichstag — (Unterbrochen).
Ein Abg. Ich erlaube mir noch die Frage an das hohe Präsidium, ob nicht der Abänderungsantrag, den ich schon gestellt habe, früher zur Abstimmung gelange, bevor wir uns über § 1 der Geschäftsordnung einlassen.
Präs. Bevor wir zur Abstimmung der Tagesordnung schreiten, ersuche ich diesen Antrag noch einmal zu wiederholen.
Ein Abg. Ohne mich in die Begründung einzulassen, die ich schon früher dargestellt habe, glaube ich bemerken zu müssen, daß mein Antrag wesentlich dahingehe, daß die Geschäftsordnung nicht nach der Reihenfolge der Paragraphen hier zur Sprache kommen, sondern daß vorzüglich alle jene Paragraphen in Berathung gezogen werden, welche die Creitung einzelner Organe des Reichstags zum Gegenstande haben, und dieses betrifft namentlich das 7. Kapitel der Geschäftsordnung, dann den §. 5 in Verbindung mit §. 37, dann §. 19. Diese Begründung habe ich bereits darum angeführt, weil der §. 33 schon im §. 2 zur Sprache kommt; denn die Berufung darauf ist offenbar; der §. 2 bildet einen integrierenden Theil des §. 33, und darum habe ich auch den §. 2 nicht insbesondere genannt.
Präs. Unterstützt Jemand diesen Antrag?
Abg Borrosch. Ich habe das schon früher behauptet, darum unterstütze ich ihn auch jetzt.
Präs. Wünscht Jemand das Wort darüber?
Abg. Mayer. Ich habe das Wort. Ich wiederhole, was ich früher gesagt habe, daß wenn sich §. 32 auf §. 2 beruft, so würde ich die Versammlung bitten, anstatt mit §. 2, lieber mit §. 1 anzufangen, indem auf diese Weise ein bestimmter logischer Vorgang begründet ist, und ich stimme dafür, was der Herr Redner vor mir gesagt hat, daß wegen der Organe des Reichstages nicht einzelne Paragraphen herausgezogen werden, ehe wir in der Lage stand, über dieselben zu verhandeln Ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, daß wenn aus diesem organischen Ganzen Stucke und einzelne Paragraphen herausgerissen werden, so werden wir zuletzt mit der Debatte in eine solche Unordnung kommen, daß wir zuletzt nicht mehr wissen, wo wir uns bewegen. Es wird dann eins auf das andere zurückfuhren, wenn wie uns stets auf vorhergegangene Paragraphen beziehen Ich glaube einfach den Antrag dahin stellen zu müssen, die Sache von vorne anzufangen. (Wird unterstützt).
Präs Der Antrag des Herrn Abg Strobach lautet dahin, es sind jene Paragraphen der Geschäftsordnung in Frage zu ziehen, welche die Verhandlungen des Reichstages zum Gegenstande haben, und ich glaube die Frage dahin stellen zu müssen, ob nicht jene Paragraphen der Geschäftsordnung vorerst zur Berathungs zuziehen seien, welche die Zusammensetzung der Abtheilungen zum Gegenstande haben.
Abg. Goldmark Ich glaube daher auf diesen Gegenstand zur Tagesordnung übergehen zu müssen.
Präs. Ich glaube daher, daß darüber, ob zur Tagesordnung Überzugehen sei, abgestimmt werde Es ist ein Amendement über diesen Antrag, womit das frühere im innigsten Zusammenhange steht, was sich von selbst verstehen wird, daher bitte ich, bei § l die Debatte anzufangen Dagegen ist der Antrag, daß nicht § 1, sondern bei andern Paragraphen angefangen werden solle, ein Amendement Ich glaube, daß über dieses Amenbement des Abg Strobach abzustimmen sei Ich bitte diejenigen Herren, welche damit einverstanden sind, daß über alle jene Paragraphen, welche die Zusammensetzungen der Abtheilungen zum Gegenstande haben, berathen werde, sitzen zu bleiben. (Stimmen. Nein, durch Auf stehen) Ich ersuche den Herrn Berichterstatter, die Geschäftsordnung für den constituirenden Reichstag vorzulesen. (Wird vorgelesen).
Berichterst. Mayer. (Liest den Titel vor: Geschäftsordnung für den constituirenden Reichstag.
Präs. Ist eine Bemerkung über den Titel der Geschäftsordnung zu machen? (Nein)
Berichterst. Mayer. (Liest vor˙) "1. Provisorische Bildung des Vorstandes und Prüfung der Wahlen." Hier erlaube ich mir zu bemerken, daß die ersten Paragraphen der provisorischen Geschäftsordnung entnommen sind.
Abg. Hagenauer Ich erlaube mir zu bemerken, daß das Wort "provisorisch" weggelassen werden möge.
Berichterst. Mayer, Was in diesem Kapitel vorkommt, ist doch nur Alles provisorisch. Es handelt von der Wahl des Alterspräsidenten, der Vizepräsidenten; der Schriftführer, was doch Alles nur provisorisch sein kann Ich glaube daher, daß die Überschrift beibehalten werden müsse. (Ja! ja!)
Berichterst Mayer (Liest den §1 vor) Praflleber diesen Paragraph wird wohl nichts zu bemerken sein, weil dieß eine bereits abgethane Sache ist.
Ein Abg. Ich erlaube mir noch den Zusatz vorzuschlagen, daß, wenn mehr als 6 Abgeordnete von gleichem Alter zu Schriftführern sich melden sollten, das Loos dann entschebten möge.
Berichterst. Mayer Gegenwärtig ist der Zeitpunkt schon vorüber, wo dieser Zusatz nötig gewesen wäre, und nachdem die Geschäftsordnung bloß für den constituirenden und nicht auch für alle künftigen legislativen Reichstage gilt, so dürfte dieser Zusatz entbehrlich sein. (Ruf: Ja! Ja!)
Berichterst Mayer (Liest den § 2 vor).
Präs. Dieß ist ein bereits schon geschehener Act und wird daher angenommen (Ruf: Ja! Ja!)
Berichtetst. Mayer. (Liest den § 3 vor).
Abg. Cavalcabó. Ich würde mir erlauben, nach dem Satze "Jede Abtheilung wählt aus ihrer Mitte alsbald mit absoluter Stimmenmehrheit einen Vorstand einen Schtiftsführer und zwei Berichterstatter" noch den Zusatz vorzuschlagen: "dann einen Vorstandstellvertreter, einen Schriftführerstellvertreter und 2 Berichterstatter Stellvertreter", indem es geschehen kann, daß der Vorstand oder der Schriftsfuhrer verhindert wird, in der Abtheilung zu erscheinen Man hat sich darüber beklagt, daß die Wahlacteprüfungen so langsam von Statten gehen, und dieß ist besonders in der vierten Abtheilung vorgekommen Die Ursache davon ist die, dag der Abg Bach ins Ministerium eingetreten und auch der Schriftsführer zeitweilig verhindert ist Um diesem zu begegnen, können gleich anfangs Stellvertreter für den Verhinderungsfall gewählt werden Ich habe diesen Antrag schon in der Abtheilung gestellt, man hat mir aber den Wortlaut der Geschäftsordnung entgegengehalten.
Präs. Wird der Antrag unterstützt? (Ja! ja!)
Berichterst Hier würde ein weiterer Satz angefügt werben, er würde lauten: "Vorstand und Schriftführer, dann auch der Stellvertreter im dieser beiden Functionäre."
Abg. J o n a f Ich würde mir den Antrag erlauben, daß in Analogie mit den Bestimmungen der Zeitbauer des Reichstagsvorstandes auch hier die Bestimmung ausgedrückt würde, daß die Schriftführer und Berichterstatter nur auf vier Wochen gewählt werden sollen. Es ist dieses auch die Pflicht einsetze jeden Mitgliedes und man kann nicht verlangen, daß sich Eines für die ganze Dauer des Reichstages derselben unterziehen soll; ich glaube auch, daß es in der Billigkeit liegt, daß die Secretäre nach vier Wochen ihrer Stelle enthoben werden, dieses wünsche ich auch.
Präs. Ich werde zuerst über das erste Amenbement abstimmen lassen, ob die Wahl eines Stellvertreters sowohl für den Vorstand als für den Schriftführer vorgenommen werden soll. Die, welche einverstanden sind, belieben es durch Aufstehen zu erklären. (Alle stehen auf). Nun liegt ein zweites Amendement vor, welches hinsichtlich der Bestellung des Vorstandes, des Schriftführers und Berichterstatters in den Abtheilungen die Bestimmung erhalten soll, daß nach vier Wochen zu einer neuen Wahl zu schreiten sei.
Antragsteller. Eben so wie in . 12.
Präs. Und daß ihnen auch das Recht zustehen soll, nach vier Wochen ihre Ersetzung zu verlangen. Wird dieses Amendement unterstützt?
Berichterst. Hierüber muß ich bemerken, daß für die Zukunft in den Abtheilungen, sobald die Wahlprüfungen vorüber sein werden, die Wahl eines zweiten Berichterstatters nicht mehr nothwendig sein wird, wohl aber, daß die Schriftführer, deren Thätigkeit eine große sein kann, und welche ein sehr angestrengtes, Geschäft haben können, eine Ersetzung nach vier Wochen angezeigt sein dürfte.
Abg. Umlauft. Gegen den Antrag des Abg. Jonak muß ich bemerken, daß wir es jetzt nur mit der Bildung eines provisorischen Vorstandes zu thun haben. Es war möglich, das frühere Amendement hier aufzunehmen; das Amendement des Abg. Jonak aber zu berücksichtigen, diese der weiteren Berathung vorgreifen, wenn wir nämlich der vierwöchentlichen Dauer eines provisorischen Vorstandes Rücksicht nehmen wollten. Wir müssen uns vorbehalten, falls eine solche Bestimmung nothwentig sein sollte, sie da, wo von der Wahl eines definitiven Vorstandes die Rede sein wird, zu berathen.
Es ist eben in Anregung gebracht worden, daß auch die Wahl eines Stellvertreters des Berichterstatters für die Dauer der einzelnen Sectionen auch diese Ausnahme miteingeflochten werden müsse, so auch, daß Jeder seiner Stelle nach vier Wochen entsagen könne.
Abg. Jonak. Ich muß sehr bedauern, daß mein Antrag nicht richtig aufgefaßt wurde; ich glaube, die § 2 und 3 sprechen nicht bloß von der Bildung provisorischer Abtheilungen, sondern sie gelten auch für die Fälle der Bildung definitiver Ausschüsse und Abtheilungen; mir ist kein § bekannt, welcher von der Bildung definitiver Vorstände und Berichterstatter spricht. Ich finde vielmehr in dem § 33 eine ausdrückliche Berufung auf den § 2 und auf den folgenden § 3. Nachdem nun diese Paragraphen auf die Bildung definitiver Vorstände und Abtheilungen Bezug nehmen, so glaube ich ist es nothwendig, daß alle Bestimmungen sogleich beim § 3 zur Sprache kommen müssen. Ob nun ein Vorstand oder Stellvertreter sich allenfalls auf § 12 berufen will, oder ob das Amendement auf den Vorsitzenden Anwendung finden soll, überlasse ich einer anderen Entscheidung; ich glaube aber, daß mein Antrag einige Gründe für sich hat, um so mehr, als der Antragsteller darauf hingewiesen hat, daß ein Schriftführer, da er die Gutachten sowohl der Majorität als der Minorität, zu verfassen hat, durch vier Wochen hinreichend beschäftigt sein wird, daher es die Billigkeit fordert, daß Jeder gleichmäßig an den Arbeiten des Reichstages Theil nehme; deshalb war meine Berufung auf den § 12 dahin gerichtet, daß der Schriftführer nach vier Wochen seine Ersetzung verlangen kann, und daß mir diese Einschaltung beim § 3 angemessen scheint.
Abg. Umlauft. Ich habe Nichts gegen den Inhalt des Antrages, sondern nur gegen die Ausnahme des Antrages in der provisorischen Bildung des Vorstandes, Dem § 1 geht voraus die Vorschrift: Prov. Bildung des Vorstandes und Prüfung der Wahlen, und ich habe aufmerksam gemacht auf den § 3, warum auch nicht an diesem Orte der Zusaß stattfindet; jedoch wird es für das definitive Bureau der einzelnen Sectionen gelten, daß die einzelnen Functionäre nach vierwöchentlicher Wirksamkeit Ersetzung verlangen können, ebenso die weitere Abstimmung, welche von Berichterstattern ohnehin wegfällt, daß es gehörigen Ortes § 33 angezeigt werden könne.
Abg. Löhner. Ich erlaube mir den Antrag des Herrn Deputirten Jonak zu unterstützen, und hohe Versammlung auf einen Punkt aufmerksam zu machen, gerade so lange es mir noch im Gedächtniß ist. Vorher wurde der § 2 vorgelesen und ohne weitere Bezugnahme angenommen, mit dem Bemerken, es sei ein Factum. Ich mache eine hohe Versammlung aufmerksam, daß der § 2, welcher eine sehr wichtige Bestimmung über die Organisierung unseres Reichstages enthält, nicht bloß ein Factum enthalte, sondern eine Vorschrift, Sobald wir zu dem § 33 kommen werden, so müssen wir entweder den § 2 als bereits angenommen aufführen, und auf diesen §. wieder zurückkommen und neu darüber debattieren. Der § 2 enthält die Bestimmung, wie die provisorischen Abtheilungen zu bilden seien; im § 33 wird lediglich aus §. 2 zuruckgewiesen, deßhalb enthält der § 2 die einzige hier zu findende Norm, wie die neuen definitiven Abtheilungen dieses Reichstages zusammen zu stellen seien. Ich bitte also eine hohe Versammlung zu bedenken, daß der § 2, da er ohne Debatte angenommen und mit Rücksicht, daß er bloß ein Factum sei, nicht gehörig begründet, und daß wir beim § 33 aufs Neue zur Debatte hierüber kommen werden.
Ein Abg. Ich glaube, daß es hier nicht passend wäre, für dieses zu bestimmen und zwar aus dem Grunde, weil es schon im § 33 bestimmt ist, daß gleich, nachdem der Reichstag für constituiert erklärt und feierlichst eröffnet ist, die neun Abtheilungen neu gebildet werden; folglich glaube ich, daß, wenn der Zeitpunkt ihrer Wirksamkeit aufzuhören hat, bestimmt ist, und im § 33 erst diese Bestimmung festgesetzt wird.
Abg. Lubomirski. Ich habe auch einen Antrag stellen wollen.