Votum

des Ritterstandes über die Postulate pro anno 1848.

Wenn auch der Zustand des Landes in kirchlicher Beziehung von einem andern Stande als beruhigend geschildert wurde, so erachtet doch der Ritterstand seiner Pflicht getreu bemerken zu müssen, daß der politische Zustand des Landes keine solche Beruhigung darbiete, wie es dem Vaterherzen Sr. Majestät und den treugehorsamsten Ständen als Vertretern des Landes wünschenswerth ist, es muß daher erwähnt werden, daß eine große Noth das Land theilweise drücke, daß das Loos der mit jedem Jahre sich mehrenden Proletarier von Zeit zu Zeit bedenklicher werde, daß hiedurch theilweise Aufstände im Lande ausbrechen, die nur durch gewaltsame Maßregeln in Schranken gehalten werden, daß durch den wuchernden Geist der Zeit, durch verwerfliche Tendenzen einzelner hervorgekommener Verführer wie nicht minder durch fehlerhafte offenbar unrichtig auftauchende Auslegungen allerhöchster Vorschriften und Gesetze das Band des Vertrauens zwischen den Obrigkeiten und ihren Unterthanen zum Nachtheil beider und im entgegengesetzten Interesse des Allgemeinen immer mehr und mehr gelockert werde, daß es daher sehr nothwendig sei, den geschilderten Uebelständen durch mit den treugehorsamsten Ständen zu berathende Maßnahmen kräftig entgegen zu treten, indem die Stände durch ihre verfassungsmäßige Stellung, wie nicht minder durch ihr Verhältniß als Obrigkeiten am besten in der Lage sind, den moralischen und physischen Zustand des Landes zu würdigen, und praktisch zweckmäßige Abhilfsmittel gegen die Ausartungen vorzuschlagen.

Mit Bedauern hat der Ritterstand aus dem allerhöchsten Postulat für das Jahr 1848 entnommen, daß Sr. Majestät der von Ständen in der Landtagsschrift vom 25sten Mai 1846 gestellten Bitte: künftig in den Steuerpostulaten die allerhöchste Bemerkung eines Nachlasses von 68 92/100 pCt. an der Zuschußquote der früher angelegten Steuersumme wegzulassen, nach dem Wortlaute des vorliegenden Postulats nicht zu willfahren geruht haben. Der Ritterstand findet sich umsomehr berufen, den Antrag auf künftige Weglassung dieser allerhöchst ausgesprochenen Bemerkung wiederholt zu stellen, als derselbe bei der den Ständen verfassungsmäßig zustehenden Steuerverwilligung einen, in einem frühern Postulate allerhöchst verwilligten Nachlaß an der Steuersumme durch die dem letztern nachgefolgte ständische Bewilligung für einen abgeschlossenen Akt ansehen, und für die Folgezeit umsomehr für wirkungslos erkennen müsse, als die jedesmalige landesfürstliche Postulirung und ständische Verwilligung nur das Ergebniß eines und nicht mehrer nachfolgenden Steuerjahre umfassen kann, übrigens aber die allerhöchst angezogene Nachlaßverwilligung, bei der mittlerweile seit dem Jahr 1846 um, circa 47,000 fl. mehr postulirten Zuschußquote den berufenen Nachlaß von 68 92/100 pCt. ziffermäßig alterirt. Der Ritterstand erlaubt sich daher diesen Ausdruck der alerhöchsten Nachsicht als einer längstvergangenen Zeitperiode angehörig zu bezeichnen und stellt den Antrag, die Bitte auf künftige Weglassung dieser, zu einer bloßen Formalität herabgesunkenen Bemerkung des Steuerpostulats, allerhöchsten Orts zu stellen.

In Betreff der postulirten Grundsteuer erlaubt sich der Ritterstand, zwischen der ordentlichen Steuer und der Zuschußquote zu unterscheiden. In Beziehung auf erstere im Betrage von 4,990,551 fl. 4 kr. pflichtet der Ritterstand den auf unbedingte Annahme derselben gestellten Voten des Geistlichen- und Herrenstandes vollkommen bei; in Beziehung auf den mit 517052 fl. 12 kr. in dem allerhöchsten Steuerpostulate bezifferten Grundsteuerzuschuß glaubt der Ritterstand aus der Vergleichung der Steuerpostulate früherer Jahre und zwar der Jahre 1844 und 1845 mit jenen nach Erfließung der allerhöchsten Bestimmung wegen Uebernahme der Criminalgerichtskosten auf den Staatsschatz herabgelangten allerhöchsten Postulaten für die Jahre 1846 und 1847, wie nicht minder mit dem zur Berathung vorliegenden Postulate für das Jahr 1848 einen Betrag von circa 47.000 an der Grundsteuerzuschußquote, und von circa 3000 fl. an der Gebäudezinssteuer mit Uebergehung der Gebäudeklassensteuer, als den Betrag bezeichnen zu können, mit welchem Sr. Majestät die Grund-, und theilweise Gebäudesteuerpflichtigen zur Concurrenz für die Criminalkosten zu ziehen beabsichtigen.

Der Ritterstand glaubt über den jetzt genannten für die Criminalkosten bezeichneten Betrag, aus nachfolgenden Rücksichten heute noch nicht absprechen zu können. Die Wohlthat der Criminaljustiz, ohngeachtet ihres zur Zeit allgemein gefühlten mangelhaften Bestandes, kömmt nicht nur den Grundsteuerpflichtigen, sondern den gesammten Einwohnern im Staate zu Guten. Obwohl nun der Ritterstand die Ueberbürdung der mit der Criminalgerichtspflege belasteten Städte einerseits nicht verkennt, andererseits die Unzulänglichkeit des Criminalfonds zur Bestreitung sämmtlicher, mit der peinlichen Rechtspflege verbundenen Auslagen nicht in Abrede stellen will, und die Verpflichtung des ganzen Landes zur Concurrenz für letztere als rechtlich bestehend anerkennen muß, so glaubt doch der letztere ein gestörtes Billigkeitsverhältniß in der alleinigen Anspruchnahme der für letztere Kosten in dem allerhöchsten Postulate bezogenen Steuerpflichtigen um so sicherer erblicken zu müssen, als der allerhöchste angeordnete Aufschlag an der Gebäudesteuer für die Criminalkosten nur eine Classe von Steuerpflichtigen in letzterer Beziehung d. i. die Gebäudezinssteuerpflichtigen berührt, und alle übrigen die Wohlthat der Criminaljustiz genießenden Landeseinwohner in Tragung dieser allgemein sein sollenden Landeslast verschont. Der Ritterstand erlaubt sich daher von der Voraussetzung ausgehend, daß die das allgemeine Landeswohl bezweckenden Einrichtungen in ihren Bedürfnissen aus dem Gesammtvermögen der in ihrem wohlthätigen Einflusse beschirmten Staatsbewohner datirt sein, und in ihren Kosten nicht einer einzigen Klasse aufgebürdet werden sollen, die Ansicht auszusprechen, daß derselbe in die Advotirung über die Verwilligung der von ihm muthmaßlich entzifferten Beitragsquote für die Criminalkosten insolange nicht eingehen könne, ehebevor nicht entsprechende Vorlagen über die Reparation dieses Beitrags auf alle Klassen direkt besteuerter Staatseinwohner als auf die Grund-, Gebäude-, Klassen-, Gebäude-Zins, dann Erwerbsteuerpflichtigen im Königreiche, den Ständen von allerhöchsten Orten zugekommen sein werden, weshalb der Ritterstand auf die allerunterthänigste Bitte anträgt, daß Sr. Majestät geruhen möchten, die Concurrenz der obgenannten Steuerpflichtigen zu den Kosten der Criminalgerichtspflege auszusprechen und die Stände hiedurch in die Lage zu setzen, über die Gesammtzuschußquote berathen zu können; der Ritterstand glaubt demnach pflichtgemäß vor der Hand nur auf Uebernahme einer Grundsteuerzuschußquote von 467,052 fl. 12 kr. den Antrag stellen zu können.

In Beziehung auf den Repartitionsmaßstab für das Jahr 1848, glaubt der Ritterstand dem in dieser Richtung abgegebenen Votum des geistlichen Standes beitreten zu müssen.

Dem in dem Herrenstandsvotum an Schlüsse gestellten Antrage auf Aufforderung des Landesausschusses zur Instruirung der Frage auf künftige Weglassung des Unterschiedes in der Benennung des Ordinariums und Ertraordinariums in den Anlagscheinen glaubt der Ritterstand aus dem Grunde nicht beitreten zu können, weil eine Aenderung in der Benennung der auf dem Grunde ruhenden Steuerlast, insolange als der verfassungsmäßige Unterschied in der Eigenschaft der Gründe besteht, überflüssig ist, Besitz- und Rechtsverhältnisse bei der seither bestehenden abgesonderten Benennung der Steuerpflicht in den betreffenden Erwerbungsurkunden durch Aufhebung des Unterschiedes in der seitherigen dießfälligen Benennung gefährdet werden können, und diese verschiedene Bezeichnung der entfallenden Grundsteuer ein nothwendiges und in gewissen Fällen sogar unentbehrliches Criterion für die Eigenschaft einzelner Gründe abgibt.

Schließlich stellt der Ritterstand den Antrag, daß Sr. Majestät allerunterthänigst zu bitten wäre, die sonst in den allerhöchsten Grundsteuerpostulaten bestandenen Artikel hinsichtlich der Generallandesbegränzung und des Straßenbaues unter die künftigen Grundsteuerpostulate wieder allergehorsamst aufzunehmen.

Prag, am 29sten Mai 1847.

Bohusch m/p.

Bergenthal m/p.

Vidi Neuberg m/p.



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