Vortrag
des Herrn Grafen Albert Nostitz,
gehalten am 27sten Mai 1847 auf dem Postulaten-Landtage in der Herrenstube.
Im Jahre 1835 wurden in Folge allerhöchster Entschließung vom 22sten Juni die Stände Böhmens auf die bestehenden Verhältnisse hinsichtlich der Criminalgerichtsunkosten aufmerksam gemacht und aufgefordert Vorschläge zu erstatten, auf welche angemessene Weise dem bedrängten Zustande der jurisdizirenden Städte aus den eigenen Quellen des Landes abgeholfen und zugleich allen Forderungen der gehörigen Rechtspflege Genüge geleistet werden könnte. Ueber diese Mittheilung hat der Landesausschuß die weitere Anfrage gestellt, ob es sich hier um die Deckung des gesammten Erfordernisses des Criminalfondes oder nur jenes Betrages handle, der bisher von den jurisdizirenden Städten getragen wurde, und erhielt hierüber die Auskunft, daß die Frage dahin gehe, wie der durch die Criminalfondsdotation nicht gedeckte Mehraufwand aus den eigenen Quellen des Landes Böhmen hereingebracht werden könne.
Nach längern Zwischenverhandlungen mit den Behörden hat der Landesausschuß im Jahre 1842 den Gegenstand einer ständischen Versammlung vorgelegt und den Autrag gestellt, daß jener Criminalkostenbetrag in der runden Summe von 39,000 fl., welchen bisher die jurisdizirenden Städte aus eigenem getragen haben, auf die Grund-, Zins- und Kostensteuer übernommen werde.
In Folge dieses Berichts haben die Stände in ihrer Versammlung vom 11ten bis 12ten April 1842 beschlossen, Se. Majestät allerunterthänigst zu bitten, die in Frage stehenden Auslagen für die Criminalgerichtspflege dem Staatsschatze allergnädigst zuzuweisen und auf das Universum repartiren lassen zu wollen, für den Fall jedoch als diesem allerunterthänigsten Ansuchen nicht willfahrt werden sollte, diesen Gegenstand den Herren Ständen zur neuerlichen Berathung auf einem gemeinen Landtag allergnädigst zuzuweisen.
Diese Bitte wurde mit allerhöchster Entschließung vom 30sten März 1844 dahin erledigt, daß die Uebernahme sämmtlicher Criminalgerichtskosten auf den Staatsschatz nicht stattfinden könne, sondern in so lange es nicht möglich sein wird landesfürstliche Criminalgerichte aufzustellen, auch in Böhmen jene Kosten, welche bisher den mit der Criminaljustizpflege beauftragten Städten zur Last fielen, in so fern die Stände auf dem nächsten gemeinen Landtage zu deren Bedeckung keine andern geeigneten einheimischen Hilfsquellen vorschlagen, vom Verwaltungsjahr 1845 anzufangen dem Domestikalfonde zuzuweisen, und bei dessen Unzulänglichkeit auf den Dominical- und Rusticalsteuergulden einschließlich der Gebäudesteuer, umzulegen seien.
Ueber eine Anfrage des Landesguberniums wurde nachträglich zu dieser allerhöchsten Entscheidung mittelst eines Hofkanzleidekrets ausgesprochen, daß der vorliegende Gegenstand, da das Objekt blos die Ausgleichung der gedachten Auslagen innerhalb der Provinz und kein Postulat für das Aerar betrifft, dasselbe nur als ein von Sr. Majestät der ständischen Berathnng besonders zugewiesener Gegenstand angesehen, und hiernach durch den Landesausschuß zur Verhandlung gebracht werde.
In der ständischen Versammlung vom 2ten Juli 1844 wurde beschlossen eine eigene Vorstellung gegen die definitiv ausgesprochene Zuweisung der Crimmalkosten an den Domestikalfond und gegen die ausgesprochene peremtorische Frist allerhöchsten Orts einzubringen, und den Landesausschuß zu beauftragen, über die Frage, wie den Forderungen einer gehörigen Rechtspflege Genüge geleistet werden könne, einen umfassenden Vortrag an die Herren Stände zu stellen. In Erledigung der obigen Vorstellung haben Se. Majestät mit allerhöchster Entschließung vom 1sten Februar 1845 zu bestimmen geruht.
Die Criminalgerichtspflege und der damit verbundene Aufwand wird in Böhmen schon vom Jahre 1846 anzufangen als Staatsauswand erklärt.
Ueber diese allerhöchste Entschließung haben die Stände in ihrer Versammlung vom 22sten April 1845 beschlossen: Die allerhöchste Entschließung zur Nachricht zu nehmen und sich übrigens vorzubehalten, sowohl die Zweckmäßigkeit der Criminalgerichtspflege als auch die damit verbundenen Kosten am gehörigen Orte dann einer gründlichen Erörterung und Verhandlung zu unterziehen, wenn der Staatsschatz nicht auslangen, deßhalb aber die landesfürstliche Criminalgerichtspflege eine Steuererhöhung nach sich ziehen sollte, oder aber wenn die in Aussicht stehende Verbesserung dem Bedürfnisse des Landes nicht abhelfen würde.
Hiemit erscheinen die Verhandlungen über diesen Gegenstand in den ständischen Versammlungen geschlossen, und es muß deren Fortsetzung in den Verhandlungen der Postulatenlandtage pro 1846-1847 weiter verfolgt werden.
Für das Jahr 1846 wurde der gewöhnliche Grundsteuerzuschuß statt bisher mit 469,994 fl. 20 kr. mit 517,015 fl. 12 kr., daher mit einer Erhöhung vo 47,057 fl. 52 kr. postutirt. Als Ursache dieser Erhöhung, welche nicht officiell aufgeklärt erschien, wurde allgemein die Uebernahme der Criminalkosten auf den Staatsschatz vermuthet; der Antrag jedoch, hierüber eine Gewißheit durch eine allerunterthänigste Anfrage zu erlangen, abgelehnt und der erhöhte Zuschuß ohne Bemerkung übernommen.
Bei den Postulaten pro anno 1847 trat nebst einer Erhöhung der Gebäudezinssteuer um 16/100 pCt. eine gleiche Erhöhung des Zuschusses wie für das Jahr 1846 ein. Auch diesmal ward von vielen Seiten die Vermuthung laut, daß diese Erhöhung die Criminalkosten betrifft, und es wurde endlich der Beschluß der Stände dahin gefaßt: Dieses Plus des Postulats zwar mit Rückblick auf die damaligen Zeltverhältnisse ungeschmälert zu übernehmen, die erhöhten Beträge jedoch auszuscheiden, und als einen außerordentlichen Zuschuß aus drücklich zu bezeichnen. Diese Modification des allerhöchsten Postulats wurde allerhöchsten Orts nicht angenommen, und durch die mittlerweile von Seite des Landesausschusses veranlaßte Steuerausschreibung der Wegabgeschnitten, mittelst eines fernern Schriftenwechsels eine eigentliche Vereinbarung zu Stande zu bringen. Der Landesansschuß mußte daher, gegen den eigentlichen Beschluß der Herren Stände lautend, nach der allerhöchst ausgesprochenen Willensmeinung abgefaßt werden.
Wenn nun die ganzen Verhandlungen zusammengefaßt werden, so zeigt sich die consequent durchgeführte Absicht der Herren Stände dahin, erstens die höchst nothwendige Verbesserung der Criminalgerichtspflege zu befördern, und nur wenn eine solche, erzweckt wird, zweitens die hiezu nöthigen Bedeckungsmittel im verfassungsmäßigen Wege und in der Art zu gewähren, daß die Last so viel als möglich auf alle Klassen der Einwohner vertheilt werde. In Folge der allerhöchsten Entschließung vom 1sten Februar 1845, welche die Criminalgerichtspflege und den damit verbundenen Aufwand vom Jahre 1846 anzufangen als Staatsaufwand erklärt, haben die Stände beschlossen, in die Erörterung der früher bezeichneten Punkte dann einzugehen, wenn der Staatsschatz nicht auslangen, daher die landesfürstliche Criminalgerichtspflege eine Steuererhöhung nach sich ziehen sollte, oder wenn die in Aussicht stehende Verbesserung den Bedürfnissen des Landes nicht abhelfen sollte. Diese beiden Bedingungen sind gegenwärtig eingetreten, indem
1) in dem uns heute zur Berathung vorliegenden Postulate eine Erhöhung der Grundsteuer und zwar an der Zuschußquote mit 47,057 fl. 50 kr. und eine Erhöhung an der Gebäudezinssteuer mit 16/100 pCt., zur Bedeckung des bisher von einigen Städten getragenen Antheils der Criminalgerichtskosten, gefordert wird, und
2) trotz dem, daß Se. Majestät bereits seit dem Jahre 1846 die Criminalgerichtspflege und den damit verbundenen Aufwand als Staatsaufwand erklärten, sind den Ständen und dem Lande noch keine wesentliche organische Verbesserungen in diesem Verwaltungszweige bekannt geworden.
Es liegen daher nebst der Frage an im Allgemeinen noch die beiden Fragen zur Erörterung vor:
Können wir die allerhöchste Erhöhung der Landeslast pstichimäßig übernehmen, und wenn wir sie übernehmen, soll sie in der Art vertheilt werden wie das Postulat lautet?
Die erste Frage sollte in Consequenz der, in den bisherigen Beschlüssen ausgesprochenen Tendenz der Stände unbedingt mit Nein beantwortet werden, weil die erhöhte Summe des Postulats nur zur Enthebung einiger Städte von den ihnen obliegenden Antheil an den Criminalgerichtskosten gewidmet erscheint, und den Ständen nicht bekannt ist, ob eine Verbesserung der Crimi-nalgerichtspstege wirklich im Zuge ist.
Wenn es sich aber blos um die Erleichterung des Gemeindevermögens einiger Städte und nicht um die höchst nothwendige Organisation der allen Staatsbürgern gleich zu Gute kommenden öffentlichen Sicherheit handelt, dann erscheint die Uebernahme dieses Betrages von 50,000 fl. als eine Landeslast wohl um so weniger gerechtfertigt, als die Summe so gering ist, daß bei einem Staate wie Oesterreich deren Ablehnung, von durchaus keinem Einfluß ans den ganzen Staatshaushalt sein kann.
Auf der andern Seite kann jedoch nicht übersehen werden, daß wenn noch keine genügenden Resultate einer zweckmäßigen Reorganisation und Einrichtung der Criminalgerichtspflege vorliegen, die betreffenden Vorverhandlungen wahrscheinlich schon eingeleitet sind, und eine durchgreifende Reform nicht so schnell erfolgen kann.
Dem einen wie dem andern dieser Erwägung Rechnung tragend, stelle ich einen alternativen Antrag, welcher wie Folgendes zu formuliren wäre:
In Betreff der Frage an tritt die Herrenstube dem geistlichen Votum in so weit bei, als es sich um die wie bisher geforderten Summen handelt, was aber die Erhöhung des Postulats bei dem Geldsteuerzuschuß um 217,057 fl. 50 kr. und bei der Gebäudezinssteuer um 16/100 nach dem Voranschlag des l. J., daher um 3242 fl. 50 kr. handelt, glaubt die Herrenstube diese Erhöhung im Ganzen in runder Summe von 50,000 fl. ablehnen zu müssen, weil dieselbe nur zur Enthebung einiger Städte von den ihnen obliegenden Antheil an den Criminalgerichtskosten gewidmet erscheint, und den Ständen nichts bekannt ist ob eine Verbesserung der Criminalgerichtspflege wirklich im Zuge ist, und ferner weil, wenn es sich aber blos um die Erleichterung des Gemeindevermögens einiger Städte und nicht um die höchst nothwendige Organisation der allen Staatsbürgern gleich zu Gute kommenden öffentlichen Sicherheit handelt, die Uebernahme dieses Betrages von 50,000 fl. als eine Landeslast um so weniger gerechtfertigt erscheint, als die Summe so gering ist, daß bei einem Staate wie Oesterreich, deren Ablehnung von durchaus keinem Einfluß auf den Staatshaushalt sein kann.
Sollten jedoch Se. Majestät diesen Gründen der Stände, welche nie säumen werden selbst eine größere Summe zu übernehmen, sobald sie die begründete Ueberzeugung haben daß hiedurch eine zweckmäßigere Reorganisation der Criminalgerichtspflege zum allgemeinen Wohle befördert und bald erzielt wird, nicht Rechnung tragen, und auf der Postulirung der Erhöhung von 50,000 fl. beharren, dann müssen die Stände gleich in Vorhinein erklären, daß sie auch dann nur pflichtigemäß auf die Uebernahme dieser 50,000 fl. als Landeslast eingehen könen, wenn ihnen bekannt gegeben wird, daß diese Summe zur Criminalgerichtspflege unumgänglich wirklich nothwendig ist, und deren Reorganisirung auch wirklich sich im Zuge befindet, und wenn der betreffende Betrag sämmtlicher direkten Landessteuern in gleichem Maaßstabe vertheilt wird, und zwar auf die Grundsteuer nach der Ziffer des Zuschusses, auf die Gebäude-, Klassen-, Zins- und Erwerbsteuer nach der Ziffer der Ausschreibung oder des Voranschlages für das l. J. 1847, die entweder bisher im Verhältniß der anderen erleichtert war, oder sie soll alle gleich treffen.
Nach diesen Grundsätzen wäre nun auch die Vertheilung der Postulatserhöhung auf sämmtliche directe Steuern und zwar die Grundsteuer, Gebäudezins und Erwerbssteuer die billigste.