Beilage Nr. 3.

Hochlöbliche vier Herren Stände!

Der Landesausschuß hat die Ehre, den höchlöblichen Herren Ständen im Anschlüsse eine Abschrift des, mittelst Gubernialeröffnung vom 5ten September l. J. Z. 52157 anher mitgetheilten hohen Hofdekrets vom 23sten Juli 1845 Z. 24923 vorzulegen, welches die unterm 18ten Juli l. J. erflossene allerhöchste Entschließung über die mittelst einer eigenen ständischen Deputation am allerhöchsten Hoflager unterbreiteten Gegenstände enthält. Bezüglich der in dem erwähnten höchsten Hofdekrete unter den Zahlen II. bis IX. bezeichneten Gegenstände bemerkt der Landesausschuß, daß die Punkte II. und VII., nämlich die Hypothenbank und die oberstburggräslichen Güter betreffend, den Herren Ständen abgesonderte Berichte und Anträge vorliegen, daher hier nichts darüber angetragen wird, und die Entscheidungen über die Punkte: III. das Grundbuchwesen, IV. die Zahlenlotterie, VI. die Domestikalfondeszuschläge, VIII. die Wahlzeit des verstärkten Ausschusses und IX. das Steinkohlengesetz vom 23sten Juni 1842 betreffend, zur Kenntniß und Darnachachtung zu nehmen und ad VIII. die Mitglieder des verstärkten Ausschusses hiernach zu verständigen waren.

Was die allerhöchste Beantwortung des Punktes I., nämlich jene Erklärung betrifft, welche Se. Majestät auf den von der ständischen Deputation gehaltenen Vortrag, welcher zum Zwecke hatte, ein allgemeines Bild der ständischen Verfassung und den Tendenzen der Herren Stände zu geben, auszusprechen geruhten, so hat bei der dießfalls gepflogenen Berathung der Referent, Herr Graf Albert Nostitz, seinen Antrag dahin gestellt: der Landesausschuß möge nach Zusammenhaltung dieses allerhöchsten Ausspruches, mit der, in der sub Punkt V. vorliegenden neuerlichen Abweisung der ständischen Bitte, die Ansässigkeit der Oberstland esofsiziere betreffend, in seinem Einbegleitungsberichte sich folgends aussprechen:

"An die, in dieser Erklärung enthaltene höchfterfreuliche Zusicherung: daß Sr. Majestät die ständischen Privilegien und Freiheiten, wie solche in der erneuten Landes-Ordnung und den darauf gefolgten Erlässen allerhöchst Dero Vorfahren enthalten sind, bei allerhöchst Ihren Entschließungen in ständischen Angelegenheiten stets gegenwärtig waren und auch in Zukunft bleiben werden, reihet sich der allerhöchste Ausspruch, daß dagegen Se. Majestät auch den Vorbehalt, unter welchem deren ursprüngliche Verleihung erfolgte, ein Vorbehalt, auf welchen bei Bestätigung derselben von Sr. Majestät Vorfahren und von Sr. Majestät selbst, nie Verzicht geleistet worden ist, in vollem Gefühle Höchstdero angeerbten Regentenpflicht stets aufrecht zu erhalten wissen werden."

Dieser in der Verleihungsurkunde der erneueten Landesordnung von Sr. Majestät Kaiser Ferdinand II. ausgesprochene Vorbehalt lautet dahin: "Uns nicht allein die königliche Macht, solche Unsere Landesordnung zu wehren, zu ändern, zu bessern und was sonst das Jus legis ferendae mit sich bringt, vorbehalten etc."

Der gegenwärtige allerhöchste Ausspruch der fortwährenden Gültigkeit dieses Vorbehaltes bildet schon im Allgemeinen einen beunruhigenden, schwer zu lösenden Widerspruch mit der von Sr. Majestät allergnädigst gleich bei allerhöchst Ihrer Krönung sowohl, als auch durch die alljährigen Reverse unbedingt ausgesprochenen Bestätigung und zugesicherten Aufrechthaltung der wohlhergebrachten Privilegien, Freiheiten und Gerechtigkeiten der Herren Stände Böhmens.

Wie die Herren Stände schon bei einem frühern Anlasse rücksichtlich dieses Vorbehalts gedacht haben, ist aus dem im Auszuge beiliegenden Berichte des verstärkten Landesausschusses vom 31sten December 1791 Z. 243 über den 2ten und 3ten Punkt des höchsten Hofdekrets vom 12ten August 1791 und aus dem Auszuge aus dem Landtagsprotocolle vom 23sten Jänner 1792 zu entnehmen.

Dessen Folgewichtigkeit für die Interessen, ja die ganze rechtliche Existenz der Herren Stände und Ihrer Verfassung, tritt aber noch mehr hervor, wenn erwogen wird, daß Se. Majestät bei der, vermöge der vorliegenden allerhöchsten Entschließung abermals abweislich vorbeschiedenen Frage, die Ansässigkeit der Oberstlandesoffiziere betreffend, von dem oft berührten Vorbehalte in der Art Gebrauch zu machen geruhten, daß die über diese Ansässigkeit bestehenden Bestimmungen der Landesordnung und des Rescripts weiland Sr. Majestät des Kaisers Leopold vom 12ten August 1791 faktisch als behoben und geändert angesehen wurden, ohne daß eine solche Veränderung oder Aufhebung im Wege eines speciellen Gesetzes, und wie das oben bezogene allerhöchste Rescript sub 2tens den Herren Ständen zusichert, nach ihrer Einvernehmung stattgefunden hätte.

Es kann für die Herren Stände Böhmens nicht anders als höchst schmerzlich und betrübend sein, daß die Aufrechthaltung jenes Vorbehaltes, welchen Se. Majestät Kaiser Ferdinand II. in dem Augenblicke aussprachen, als durch die Widersetzlichkeit und Auflehnung eines Theils der Stände und der Nation sein Vertrauen erschüttert sein mußte, auch noch gegenwärtig für nothwendig erachtet wird, wo die Herren Stände und die ganze Nation unausgesetzte Beweise ihrer Loyalität, ihrer aufopfernden Vaterlandsliebe und ihrer Anhänglichkeit an das allerhöchste Kaiserhaus an den Tag legen, und wo die Herren Stände bei wiederholten Anlässen, und insbesondere eben in der Angelegenheit der Oberstlandesofsiziere, sich stets bereitwillig zeigten, da wo höhere Rücksichten obwalten, von der strengsten Ausübung ihres Rechts - selbst abzulassen. Wird jedoch dieser Vorbehalt, wie schon berührt wurde, selbst dahin ausgedehnt, daß die Privilegien und Gerechtigkeiten Her Herren Stände, ohne ihre vorherige Einvernehmung und auch außer dem Wege eines speciellen Gesetzes faktisch behoben und geändert werden können, - dann ist es um die rechtlich gesicherte Existenz der Herren Stände und ihrer Verfassung geschehen, dann besitzen dieselben keine Gerechtigkeiten mehr, sondern bloße Begnadigungen und es tritt dann die Corporation der Stände Böhmens in die Reihe der concessionirten Privatgesellschaften zurück, ja selbst noch eine Stufe tiefer, denn jede Privatgesellschaft hat an ihren Statuten und Privilegien, wenn sie allerhöchst bestätigt sind, die Garantie eines unwandelbaren Rechtsbodens und eines rechtlichen Bestandes und Wirkungskreises.

Am Schlüsse und in Folge dieser Erwägungen wäre die Ansicht des Landesausschusses dahin auszusprechen, daß die Frage: ob Se. Majestät bei dem Ausspruche des unbedingten Vorbehalts beharren, und denselben selbst auch dahin ausgedehnt wissen wollen, daß die Privilegien und Gerechtigkeiten der Herren Stände auch ohne deren Einvernehmung und außer dem Wege einer speziellen gesetzlichen Verordnung, faktisch behoben und geändert werden können? — als eine Lebensfrage der Herren Stände und der Verfassung erscheint, und es sich sonach als nothwendig darstellt, diese Frage Sr. Majestät mit Hinweisung auf deren ernste Folgewichtigkeit zur allergnädigsten definitiven Lösung ehrerbietigst zu unterlegen.

Dieser offene, das unerschütterlichste Vertrauen auf die allerhöchste Gerechtigkeit an den Tag legende Schritt der Herren Stände, wird zuversichtlich die beruhigendsten Folgen nach sich ziehen und endlich die letzten Spuren jener Mißverständnisse beseitigen, welche die Herren Stände nöthigen, mit schmerzlichem Widerstreben, die Bahn der Bitte und Beschwerde zu ihrem allergnädigsten Monarchen immer wieder zu betreten.

Diesem Antrage ist der Herr Landesausschußbeisitzer, Ritter von Bergenthal, seinem ganzen Inhalte nach beigetreten, während die übrigen Herren Votanten, Herr Stiftabt Zeidler, Herr Bürgermeister Müller und Herr Vicebürgermeister Keller sich einem Gegenantrage des Herrn Domdechanten Waclawiczek anschlossen, zu Folge dessen der gefertigte Landesausschuß hiemit seine Ansicht über die oftberührte allerhöchste Erklärung in Folgendem ausspricht. Der Landesausschuß muß allerdings zugestehen, daß die allerhöchste Entschließung vom 18ten Juli l. J. in Beziehung auf die, durch die ständische Deputation vorgetragene erste Bitte: "die Bewahrung der Rechte und Freiheiten der Stände u. s. w. betreffend" - bei theilweiser Erwägung dieser allerhöchsten Entschließung, als für die Aufrechthaltung der ständischen Privilegien und Freiheiten Besorgniß erregend, gedeutet werden dürfte, allein diese Besorgniß verschwindet, wenn in den Inhalt derselben näher eingegangen und dieser im ganzen Zusammenhange erwogen wird. Se. Majestät geruhen ja ausdrücklich zu erklären: "daß allerhöchst Denselben die ständischen Privilegien und Freiheiten, wie solche in der erneuerten Landes-Ordnung und den darauf gefolgten allerhöchsten Rescripten enthalten sind, bei Höchstihren Entschließungen in ständischen Angelegenheiten stets gegenwärtig waren und auch in Zukunft bleiben werden."

Diese allerhöchste Zusicherung ist klar und bestimmt, sie lautet unbedingt und wird daher durch den Nachsatz nicht beschränkt, in welchem nämlich Se. Majestät weiter zu erklären geruhen: "daß allerhöchst Denenselben ebenso der Vorbehalt (stets gegenwärtig war und auch in Zukunft bleiben werde) unter welchem die ursprüngliche Verleihung der ständischen Privilegien und Freiheiten erfolgte, auf welchen bei Bestätigung derselben weder Sr. Majestät Vorfahren, noch Se. Majestät selbst verzichtet haben, und welchen Se. Majestät stets aufrecht erhalten werden.

Wie Herr Referent bemerkte, ist dieser Vorbehalt in dem, die erneuerte Landesordnung einleitenden Kundmachungspatente ausdrücklich sanktionirt und besteht dann, daß Sr. Majestät dem regierenden Könige die freie Macht, die erneuerte Landesordnung zu mehren, zu ändern, zu bessern und was sonst das Jus legis ferendae mit sich bringt, reservirt ist.

Daß aber dieses Kundmachungspatent als das kundmachende Gesetz mit der erneuerten Landesordnung als dem kundgemachten Gesetze ganz gleiche Rechtskraft hat, unterliegt durchaus keinem Zweifel, indem das Kundmachungsgesetz ein integrirender Theil des kundgemachten ist, dieses auf jenem als auf seiner Grundlage beruht und ohne selben gar nicht verbindlich gedacht werden kann.

Nur das Kundmachungsstatut enthält die königliche Sanktion der erneuerten Landesordnung mittelst der derselben allein beigefügten Unterschrift Sr. Majestät des Königs vom 10ten Mai 1627.

Steht nun Sr. Majestät dem regierenden König die freie Macht zu, die erneuerte Landesordnung zu mehren, zu ändern, zu bessern, so bezieht sich diese königliche Macht allerdings auch auf die ständischen Privilegien und Freiheiten, weil diese sich auf die erneuerte Landes-Ordnung gründen, durch dieselbe Landesordnung verliehen wurden und einen Bestandtheil derselben ausmachen.

Diese Machtvollkommenheit des Königs wird auch durch den Krönungseid, mittelst welchem Se. Majestät der König den Ständen die Handhabung ihrer confirmirten und wohlhergebrachten Privilegien zusichern, nicht beschränkt, weil die allerhöchste Ablegung desselben nach der in der erneuerten Landesordnung vorgeschriebenen Formel Statt findet, daher durch den königlichen Vorbehalt, diese Landesordnung zu mehren, zu ändern und zu bessern, ihre nähere Bestimmung erhält. Der Krönungseid wird somit an und für sich schon mit Rücksicht auf diesen in der erneuerten Landesordnung basirten Vorbehalt abgelegt. Auch gestehen die Herren Stände selbst durch fortgesetzte Beobachtung des herkömmlichen Gebrauches in ihren alljährlichen Postulaten-Landtags-Erklärungen Se. Maj. um die Ertheilung des neuerlichen Reverses hinsichtlich der Aufrechthaltung ihrer wohlhergebrachten Rechte und Freiheiten zu bitten, daß jener königliche Vorbehalt, mit dem die ursprüngliche Vergleichung der ständischen Privilegien und Freiheiten verbunden war, auch jetzt noch aufrecht bestehe.

Sr. Majestät dem Könige steht also noch immer die Macht zu, die erneuerte Landesordnung, und sofort die ständischen Privilegien und Freiheiten zu mehren, zu ändern und zu bessern.

Allein ungeachtet dieses königlichen Vorbehaltes haben die Herren Stände vollen Grund, beruhigt, ja versichert zu fein, daß Se. Majestät weit entfernt seien, von Ihrem Majestätsrechte Gebrauch machend, irgend eine nachhaltige Aenderung rücksichtlich der ständischen Privilegien und Freiheiten eintreten zu lassen, indem Se. Majestät vielmehr wiederholt und unbedingt die Zusicherung ertheilen, daß allerhöchst Denenselben die ständischen Privilegien und Freiheiten, wie bisher auch in Zukunft stets gegenwärtig bleiben werden.

Es ist allerdings nicht anzunehmen, daß Se. Majestät der allerhöchsten Zusicherung gleichzeitig die Berufung auf den besagten königlichen Vorbehalt ohne Ursache und Zweck beizufügen geruhten, - aber diese Berufung offenbar kein anderes Ziel habe, als die Herren Stände auf den Ursprung und die Basis ihrer Rechte und Freiheiten aufmerksam zu machen. Denn, da die dermalige ständische Verfassung, wie sie in der erneuerten Landesordnung in den Deklaratorien und Novellen und den hierauf gefolgten allerhöchsten Rescripten enthalten ist, sich keineswegs auf einem zwischen dem Könige und den Ständen abgeschlossenen Staatsvertrag gründet, sondern unmittelbar vom Könige aus allerhöchst dessen eigenem Antriebe und Gnade verliehen wurde, so folgt hieraus, daß die Quelle und Grundlage der ständischen Privilegien und Freiheiten, die königliche Machtvollkommenheit allein ist.

Es kann aber schon im Allgemeinen diese allerhöchste Erinnerung des königlichen Vorbehalts als Kundgebung dessen, was ohnehin durch die Landesordnung festgesetzt ist, und zum Wesen derselben gehört, ebensowenig befremden, als es nicht befremden kann, wenn die Herren Stände zur Geltendmachung ihrer, in derselben Landesordnung gegründeten Rechte und Freiheiten, sich auf selbe berufen.

Der Landesausschuß kann daher die allerhöchste Entschließung vom 18ten Juli L. J. ad Punkt I. nach ihrem ganzen Inhalte nur in dem vorstehend dargelegten Sinne auffassen und erklären,  wobei er sich jedoch gegen jede Mißdeutung, als seien ihm die ständischen Rechte und Freiheiten gleichgiltig, ausdrücklich umsomehr verwahret, als er der innigsten, festen Ueberzeugung ist, daß die Herren Stände nur im vollen, unbeschränkten Besitze ihrer wohlhergebrachten Rechte und Freiheiten, ihrem wichtigen, hohen Berufe, Stützen des angestammten Thrones, zugleich Vertreter des Landes vor Sr. Majestät dem Könige zu sein, zu entsprechen vermögen.

In Folge dieser Erwägungen stellt der Landesausschuß, welcher in der oft berührten allerhöchsten Entschließung nicht nur keine Gefährde für ständische Freiheiten und Rechte wahrnimmt, sondern vielmehr die allerhöchste Zusicherung derselben ausgesprochen findet, den Antrag: die hochlöblichen Herren Stände wollen diese allerhöchste Entschließung in Bezug auf die vorgetragene erste Bitte zur beruhigenden Wissenschaft nehmen.

Prag, den 22. November 1845.

Vom ständischen Landesausschuß.

Salm m/p.

Nostitz m/p.



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