22

2. Fussgänger und Häuser an der Strasse
werden erbarmungslos bespritzt.

3. Den Kraftfahrern ist es unmöglich, die ge-
setzlichen Vorschriften einzuhalten, dass Passan-
ten nicht durch Kotspritzer erfasst werden dür-
fen.

4. Schotter- und Lehmhaufen liegen wahllos
auf der an und für sich schmalen Strasse und
nicht auf den hiezu bestimmten Ablagerungsstel-
len, oft unübersichtlich knapp hinter Kurven, da-
her Gefährdung der Verkehrssicherheit!

5. Auf der ganzen Strassenlänge liegen klei-
ne Häufchen Schotter oder Lehm, d. i. Anfang
und Ende gewesener Materialhaufen, weil angeb-
lich das gelieferte Schuttmaterial noch nicht über-
nommen wurde - Gefahr im Finstern über die-
se Haufen zu stürzen!

6. Rad- und Motorfahrern ist es unmöglich
durch den dick aufgeschütteten Schotter und Ra-
sen, bezw. dicken schlüpfrigen Lehmbrei oder ho-
he gefrorene Kot-Fahrgeleise zu fahren, sie müs-
sen daher auf die falsche Strassenseite fahren;
dadurch Gefährdung der persönlichen Sicherheit
der Fahrer selbst und der Fussgänger.

7. Gefährdung durch Gleiten auf der über und
über schlüpfrigen Strasse bei nassem Wetter, be-
sonders in den Kurven und damit Gefährdung der
mitfahrenden Personen und von Fussgängern;

8. Schädigung des Eigentums der betroffenen
Personen, wie Schuhe, Kleidung, Bereifung der
Fehrzeuge, Beschmutzung der Häuser usw.;

9. Schädigung der Gesundheit durch den bei
trockenem Wetter aufgewirbelten dicken Staub;

10. Schädigung des Fremdenverkehres zum
Nachteil des einheimischen Gewerbes.

Die unterfertigten Personen ersuchen auf die-
sem Wege nochmals mit allem Nachdruck um
endliche Durchführung der Asphaltierung, Beto-
nierung oder Pflasterung des angegebenen Stük-
kes der Bezirksstrasse durch Nieder-Rochlitz und
erwarten dringendst eine positive Erledigung,
nachdem mehrmalige Urgenzen bei Gemeinde und
Bezirksbehörde unverständlicherweise erfolglos
geblieben sind.

Das Original dieser Protes-Denkschrift mit
410 Unterschriften wird von zuständiger Stelle in
dringender Interpellation der Landesbehörde in
Prag überreicht; Abschriften erhalten: Die Be-
zirksbehörde in Starkenbach, das Gemeindeamt
Rochlitz a. Iser, die Bezirksvertreter, der Kraft-
fahrerklub Gablonz a. N. und die Presse.

Rochlitz, am 27. November 1936.

Unterschriften. 

Dieser Denkschrift liegt folgender Sachver-
halt zugrunde:

Die Bezirksstrasse ist auf dem Teilstück durch
Nieder-Rochtliz vom Kilometerstein 0 bis 2. 3 in
einem Zustande, der schon seit Jahren einer ent-
sprechenden Asphaltierung, Betonierung oder
Pflasterung bedarf.

Seit zwei Jahren ist der Betrag für die In-
standsetzung im Voranschlag des Bezirkes Star-
kenbach enthalten, wurde aber laut Information
der Bezirksbehörde bis jetzt immer von der Lan-
desbehörde nicht bewilligt. Auch der Voranschlag
für das Jahr 1937 enthielt den Betrag von Kè
300. 000 in der Abteilung »úprava silnice okres
Rokytnice-Rezek«. Die äusserste Dringlichkeit
der Instandsetzung wird selbst von der Bezirks-
behörde in Starkenbach anerkannt und betont.
Die Bezirksbehörde in Starkenbach urgierte schon
einigemale in dieser Angelegenheit bei der Lan-
desbehörde in Prag. Das letztemal am 21. April
1936 unter 5. j. 12003, ohne dass bisher eine po-
sitive Erledigung herausgekommen wäre.

Die gleiche Denkschrift, wie an die Landes-
behörde in Prag, wurde an die Bezirksbehörde
in Starkenbach eingesandt. Mit Schreiben vom
10. Jänner 1937 wenden sich die unterzeichneten
Josef Linke, Bezirksvertreter, Rochlitz, Rudolf
Schmidt, Bürgermeister, Rochlitz, Josef Schön,
Baumeister, Rochlitz, Hans Hetfleisch, Beamter,
Rochlitz, an die Bezirksbehörde in Starkenbach
mit dem Ersuchen der Aufforderung der Landes-
behörde in Prag zur Einsendung eines Berichtes
mit Stellungnahme in dieser Angelegenheit zu
entsprechen und im dringlichen Sinne an die Lan-
desbehörde in Prag, Abteilung 42b, zu berichten.
Die Bezirksbehörde in Starkenbach verständigte
über den erfolgten Bericht die Einschreiter mit
folgendem Schreiben: »Okresní úøad v Jilemnici.
Èís. 2260. Pøedložení správy o stavu okresní sil-
nice v Dolní Rokytnici n. Jiz. zemskému úøadu
v Praze.

Dne 28. ledna 1937.

K pøípisu ze dne 22. I. 37 sdìlují, že dneš-
ního dne byla pod è. j. 260/XI/7Ch2/26 pøedlo-
žena zemskému úøadu v Praze, odd. 42b, tech-
nická zpráva o stavu okresní silnice vedoucí obcí
Dolní Rokytnice ze silnièního fondu na rekon-
strukci této silnice.

Okresní rada politické správy:
v. z. Dr Nykl m. p. 

Obwohl sich die Bemühungen um Herrich-
tung des erwähnten Stückes der Bezirksstrasse
in Nieder-Rochlitz schon über 3 Jahre erstrek-
ken, war es bis heute nicht möglich, eine positi-
ve Zusage zu erhalten. Unter dem skandalösen
Strassenzustande leiden vor allem die Arbeiter,
Angestellten, Gewerbetreibenden und Hausbe-
wohner an der Strasse, gleichfalls aber auch die
Schulkinder.

Ferner sind die Industrieunternehmungen und
der Fremdenverkehr auf das gröblichste gefähr-
det.

Die Interpellanten richten an den Herrn Mi-
nister für öffentliche Arbeiten die Anfrage:

1. Ist der Herr Minister bereit, über den ge-
rügten Sachverhalt sofort Erhebungen einleiten
zu lassen?

2. Welche Massnahmen gedenkt der Herr Mi-
nister zu ergreifen, um der Einwohnerschaft von


23

Rochlitz die berechtigte Forderung nach Her-
stellung der Bezirksstrasse zu erfüllen?

Prag. am 10. Marz 1937.

Obrlik,

Hollube, Illing, Sogl, E. Köhler, Fischer. Klieber,
Dr Hodina, Hirte, Dr Kellner, Ing. Karmasin, Dr
Köllner, Franz Nìmec, Birke, May, Jäkel, G.
Böhm, Dr Eichholz, Ing. Schreiber, Ing. Peschka,
Axmann, Knorre, Rösler, Knöchel Stangl.

Pùvodní znìní ad 847/XIV.

Interpellation

des Abg. Gustav Obrlik
an den Finanzminister

wegen gesetzwidriger Bebandlung eines

Steuerträgers durch die Steueradmini-

stration in Gablonz a. N.

Am 6. März 1936 sprach der Formenschlosser
Gustav Feix, Johannesberg 150 bei der Steuer-
administration in Gablonz a. N. wegen seiner
Uebersteuerung vor. Zu diesem Zwecke legte er
seine Kassabücher vor, die von ihm selbst ge-
führt werden. Im Laufe der Verhandlungen er-
klärte der Beamte der Steueradministration in
Gablonz a. N. Adjunkt Paterny, dass er die Bü-
cher des Gustav Feix nicht als beweiskräftig
anerkenne, da Gustav Feix die Bücher selbst
führe und nicht eine fremde Person. Weiters er-
klarte er, nur die Kassabücher protokollierter Fir-
men als beweiskräftig anzuerkennen und Gustav
Feix möge seine Firma protokollieren Jassen.

Der Sandpunkt des Adjunkten Paterny ist
gesetzwidrig, er ist geeignet, wenn er Schule
macht, den Handels und Gewerbestand auf das
schwerste zu schädigen, denn es besteht die Ge-
fahr, dass der Gewerbetreibende allfälligen
Irrtümern und der Bemessungswillkür der Steuer-
behörden ausgesetzt erscheint, wenn seine Bücher
deshalb nicht als beweiskräftig anerkannt werden,
weil er sie eigenhändig und nicht durch einen
Buchhalter geführt hat. Infolgedessen wären alle
Buchhaltungssysteme, die bisher für den Han-
dels- und Gewerbetreibenden zur Selbstführung
herausgekommen sind, steuertechnisch sofort
überflüssig und zwecklos.

Wie sich die Steuerpraxis im Handels- und
Gewerbestande auswirkt, beweist, dass der ge-
nannte Formenschlosser wiederholt gegen seine
fortgesetzte Uebersteuerung Rekurse einbringen
musste, ohne dass diese mit Erfolg erledigt wor-
den wären. Der Genannte sah keinen anderen
Ausweg als sein Gewerbe mit 15. Juli 1936 als

ruhend abzumelden, um sich vor dem durch die
fortgesetzte Uebersteuerung drohenden gänzlichen
Ruin zu schützen. Dadurch wurde nicht nur
Gustav Feix, sondern auch die Staatswirtschaft
um eine Einnahmsquelle gebracht.

Die Interpellanten bringen dem Herrn Finanz-
minister den gerügten Sachverhalt zur Kenntnis
und stellen an ihn die Anfrage:

1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt erheben zu lassen?

2. Ist der Herr Minister bereit, die Steuer-
administration in Gablonz a. N. und insbesondere
den Adjunkten Paterny dahin zu unterrichten
lassen, dass auch selbstgeführte Kassabücher von
kleinen Gewerbetreibenden im Steuerbemessungs-
verfahren Beweiskraft besitzen, wenn sie durch
den Gewerbetreibenden selbst geführt werden?

3. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
unhaltbaren Standpunkt des Adjunkten Paterny
von der Steueradministration in Gablonz a. N.
wegen seines Verhaltens einem Disziplinarver-
fahren unterziehen zu lassen?

Prag, am 12. März 1937.

Obrlik,

Ing. Peschka, Sogl, E. Köhler, Dr Hodina, Ing.
Karmasin, Klieber, Hirte, Jäkel, Birke, Franz
Nìmec, Dr Kellner, Dr Köllner, Ing. Schreiber,
May, Knöchel, G. Böhm, Stangl, Axmann, Illing,
Fischer, Rösler, Knorre.

Pùvodní znìní ad 847/XV.

Interpellation

des Abgeordneten Georg Wollner
an den Minister des Innern

wegen Uebergriffen des Regierungsver-

treters JUC Wenzel Schauer bei einer

öffentlichen Versammlung in Horosedl,

Bezirk Jechnitz.

Am 4. Feber 1937 veranstaltete die Ortsgrup-
pe der Sudetendeutschen Partei in Horosedl, Be-
zirk Jechnitz, eine Versammlung, auf der Abge-
ordneter Georg Wollner sprach. Der anwesende
Regierungsvertreter JUC Wenzel Schauer von
der Bezirksbehörde in Podersam veranlasste in
völlig ungesetzlicher Weise die Abnahme und Ent-
fernung zweier vergrosserter Abzeichen der Su-
detendeutschen Partei und die Abgabe des Ver-
sammlungsbewilligungsbescheides. Der verant-
wortliche Leiter der Versammlung kam unter
Protest dieser Aufforderung nach. Auf die Frage
nach den Gründen dieser unverständlichen und


24

gesetzwidrigen Massnahmen entgegnete JUC
Wenzel Schauer, dass er gegen den verantwort-
lichen Leiter die Strafanzeige einbringen wird.
Dem Ersuchen des Leiters um Ausstellung eines
schriftlichen Bescheides mit Rechtsmittelbelehrung
wurde nicht entsprochen.

In diesem angeführten Verhalten des genann-
ten Regierungsvertreters erblicken die Interpel-
lanten eine Verletzung und Uebertretung der
Dienstvorschriften. Fortgesetzte Uebergriffe ähn-
licher Art erzeugen unter der Bevölkerung nicht
nur Unruhe und Besorgnis, sondern auch das Be-
wusstsein völliger Rechtsunsicherheit.

Die Interpellanten bringen deshalb den ge-
rügten Sachverhalt dem Herrn Minister zur
Kenntnis und richten an ihn die Anfragen:

1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt erheben zu lassen?

2. Welche Massnahmen gedenkt der Herr Mi-
nister zu ergreifen, um die sich mehrenden Ueber-
griffe und Dienstverfehlungen des Beamten der
Bezirksbehörde in Podersam, Herrn JUC Wenzel
Schauer, ein für allemal unmöglich zu machen?

3. Ist der Herr Minister bereit, im Wege eines
Disziplinarverfahrens die persönlichen Qualitäten
des Herrn JUC Schauer von der Bezirksbehörde
in Podersam feststellen und untersuchen zu
lassen?

Prag, am 12. März 1937.

Wollner,

Jäkel, Ing. Karmasin, Illing, Dr Kellner, Ing. Kün-
tel, Dr Hodina, Jobst, Knöchel, Dr Jilly, Axmann,
Ing. Schreiber, Ing. Lischka, Ing. Peschka, Sand-
ner, Stangl, Obrlik, Nickerl, Dr Rosche, Gruber,
Dr Peters, Dr Eichholz, Fischer, Kundt.

Pùvodní znìní ad 847/XVI.

Interpellation

des Abgeordneten Dr Fritz Köllner

an den Minister für nationale
Verteidigung

wegen Nichtverständigung der Angehö-
rigen eines bei der Waffenübung erkrank-
ten Reservisten durch das Artillerieregi-
ment Nr. 7.

Anton Stark aus Grossichdichfür bei Marien-
bad ist am 10. August 1936 zum Artillerieregiment
Nr. 7. 8. Batterie, 2. Abteilung nach Mähr. Schön-
berg zur Abdienung der Waffenübung eingerückt.

Nach Mitteilung der 8. Batterie vom 26. Sep-
tember 1936 Zahl 590 ist genannter Anton Stark
erkrankt und in das Divisionsspital, von dort in
die Landesheilanstalt für Geisteskranke in Brunn
überführt worden. Die Ehefrau des Genannten,
Frau Frieda Stark in Grossichdichfür, wurde von
dieser Erkrankung ihres Ehemannes nicht ver-
ständigt und lebte in grosser Sorge. Die Frau
erhielt am 29. September 1936 und zwar erst auf
ihre eigene Anfrage hin, die Verständigung durch
das Regiment von der Erkrankung ihres Mannes.
Sie ist mittellos und befindet sich mit ihren bei-
den Kindern in grösster Not.

Das Regiment hat es, wie dies auch aus einer
Mitteilung des Ministeriums für nationale Verteidi-
gung hervorgeht, die unter Zahl 14076 pres. /2.
oddìl/1937 am 19. Feber 1937 an Abgeordneten
Guido Klieber über dessen Anfrage erging, un-
terlassen die Ehefrau und zwar direkt von der
Erkrankung ihres Ehegatten, des Familienerhal-
ters, und dessen Krankheitszustand zu verständi-
gen. Aus diesem Grunde war der Ehefrau des
erkrankten Reservisten auch nicht die Möglich-
keit geboten, die entsprechenden Unterlagen zu
erhalten, um sich wegen einer Unterstützung an
das Ministerium für soziale Fürsorge zu wenden.
Diese Unterlagen hat sie auch bis heute nicht
erhalten, obzwar aus der oben zitierten Mitteilung
des Verteidigungsministeriums gleichfalls hervor-
geht, dass »es im Falle Stark um eine Infektions-
krankheit leichter Natur ging (Grippe, Para-
typhus), welche wohl auf Grund persönlicher Ver-
anlagung den Anlass zum Ausbruch der Sinnes-
verwirrung gab. «

Die Interpellanten bringen dem Herrn Minister
den angeführten Sachverhalt zur Kenntnis und
richten an ihn die Anfrage:

1. Ist der Herr Minister bereit, gegen die Mi-
litärorgane der 8. Batterie des Artillerieregimen-
tes Nr 7, welche an der Nichtverständigung der
Angehörigen des Reservisten Anton Stark von
dessen Erkrankung Schuld tragen, das Disziplinar-
verfahren einleiten zu lassen?

2. Ist der Herr Minister bereit, mitzuteilen,
welche Massnahmen verfügt wurden, um die,
durch die Erkrankung des Reservisten Anton
Stark bei seiner Waffenübung, hervorgerufene
Not seiner Angehörigen zu lindern?

Prag, am 16. März 1937.

Dr Köllner,

Fischer, Franz Nìmec, Dr Rosche, Dr Kellner,
Dr Peters, Axmann, Hollube, Ing. Künzel, Birke,
Kundt, Dr Zippelius, Ing. Peschka, Rösler, Stangl,
F. Nitsch, Jobst, Gruber, IlIing, Obrlik, Jäkel.
Sandner.


25

Pùvodní znìní ad 847/XVII.

Interpellation

des Abgeordneten Georg Böhm
an den Minister des Innern

wegen unterschiedlicher Behandlung von
Vereinen in Neudek durch die Staats-
polizei in Neudek.

Am 17. Feber 1937 wurde der Ehrenturnwait
des deutschen Turnvereines in Neudek, Franz
Müller, der 40 Jahre Mitglied des Vereines ge-
wesen ist, beerdigt. Trotz vorher erteilter Be-
willigung wurde das Tragen der Vereinsfahne
während des Leichenbegängnisses nicht gestattet,
bezw. von dem Umstände abhängig gemacht, dass
gleichzeitig eine Staatsfahne dem Leichenzuge
vorangetragen werde. Diese Verfügung wurde im
letzten Augenblicke getroffen, sodass, da in der
kurzen Zeit eine geeignete Staatsfahne nicht be-
schafft, dem verdienstvollen Ehrenturnwarte da-
her eine letzte Ehrung durch die Vereinsfahne
nicht erwiesen werden konnte. Darüber hinaus
wurde das Begräbnis von Organen der Staats-
polizei bis zum Friedhofe überwacht.

Diese Verfügung steht im Widerspruche zu
den Bestimmungen des Gesetzes 269/36, das aus-
drücklich im § 7 verfügt, dass die Bestimmunge
der Absätze 3 und 4 des § 7 des zitierten Ge-
setzes für den Gebrauch von Trauersymbolen
keine Anwendung findet.

Selbst wenn die Polizeibehörde in Neudek
der Ansicht wäre, dass die mitgeführte Vereins-
fahne am Begräbnis des Ehrenturnwartes Franz
Müller aus Neudek im gegenständlichen Falle
nicht als Trauersymbol aufzufassen wäre, trifft
sie der Vorwurf der ungleichmässigen Behan-
dlung: denn am Mittwoch, den 3. März 1937, fand
gleichfalls in Neudek das Begräbnis eines social-
demokratischen Parteigängers statt, bei welcher
Gelegenheit die sogenannte »Rote Wehr« und die
Arbeiterhirnvereine mit ihren Fahnen ausrückten,
ohne dass dem Trauerzuge eine Staatsfahne vor-
angetragen wurde, sowie es bei dem Leichenbe-
gängnisse des Ehrenrurnwartes des deutschen
Turnvereines in Nendek von der Staatspolizei
ausdrücklich verlangt wurde.

Es erhebt sich der dringende Verdacht, dass
es sich also im ersteren Falle um einen Ueber-
griff der Staatspolizeibehörde in Neudek handelt,
dann nämlich, wenn sie verfügte, dass auch dem
Leichenbegängnis zusammen mit anderen Fahnen
eine Staatsflagge vorausgetragen werden müsse,
oder es handelt sich im anderen Falle um eine
Verletzung der Dienstvorschriften deshalb, weil
es die Staatspolizei in Nendek unterlassen hat,
anlässlich des Begräbnisses des sozialdemokrati-
schen Parteigängers am 3. März 1937 die gleiche
Verfügung zu treffen, wie am 17. Feber 1937.

Die Interpellanten richten daher an den Herrn
Minister des Innern die Anfrage:

1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt erheben zu lassen?

2. Ist der Herr Minister bereit, die staatliche
Polizeibehörde in Neudek darüber aufklären zu
lassen, dass das Mitführen von Vereinsfahnen bei
Begräbnissen ohne Vorantragen einer Staatsfahne
Bestattet ist?

3. Ist der Herr Minister bereit, die verant-
wortlichen Organe der staatlichen Polizeibehörde
in Neudek wegen des gerügten Sachverhaltes im
Disziplinarverfahren zur Verantwortung ziehen zu
lassen?

Prag, am 16. März 1937.

G. Böhm,

Graber, Hollube, Illing, Jäkel, Dr Kellner, Stangl,
Ing. Richter, Wollner, Kundt, Jobst, Dr Jilly,
Axmann, Fischer, Dr Zippelius, Dr Hodina, Obrlik,
Ing. Künzel, Ing. Lischka, Dr Peters, Ing. Peschka,
Sogl, Dr Eichholz.

Pùvodní znìní ad 847/XVIII.

Interpellation

des Abg. Dr Theodor Jilly
an den Minister des Innern

wegen politischer Aeusserungen in einer

Anzeige der Gendarmeriestatlon in. Pro-

simìøice, Bezirk Znaim.

Die Gendarmerie macht es sich in letzter
Zeit in einigen Fällen zur Gewohnheit, die Par-
teizugehörigkeit zu einer politischen Partei als
erschwerenden Umstand in amtlichen Anzeigen
anzuführen. Sie versucht aus der Tatsache der
Zugehörigkeit beispielweise zu der Sudetendeut-
schen Partei, Vorsitzender Konrad Henlein, die
Erklärung für ein gewisses Verhalten des Be-
schuldigten zu finden, bezw. sein Verhalten mit
der Parteizugehörigkeit zu begründen.

So wird den Interpellanten abermals ein sol-
cher Tatbestand mitgeteilt:

Die Gendarmeriestation in Prosimìøice, Be-
zirk Znaim brachte an das Bezirksgericht in
Znaim zu der Strafsache T 247/37 die Strafanzei-
ge è. j. 98 vom 25. Jänner 1937 ein. welche vom
Oberwachtmeister Brigg gezeichnet ist und im
zweiten Absatz folgenden Wortlaut besitzt:

»Franz und Georg Bauer sind verdächtig,
dass sie die Rauferei mit Franz Bucher und Karl
Machat nur deshalb provoziert haben, weil Ma-
chat èechischer Abstammung ist und die Bauers


26

als Feinde des Èechentums bekannt sind, sodass
sie im Hasse gegen dieses die Rauferei provo-
zierten. Georg Bauer ist Mitglied der DNSAP und
Franz Bauer ist Mietglied der Sudetendeutschen
Partei. «

Dieser Art einer Ausführung einer Strafanzei-
ge muss den Anschein erwecken, als wäre die
Tatsache der Zugehörigkeit zur Sudetendeutschen
Partei, Vorsitzender Konrad Henlein, allein schon
eine Begründung für eine in der Anzeige ange-
nommene nationale Unduldsamkeit. Es steht den
Gendarmerieorganen in ihren Relationen auf kei-
nen Fall zu, unrichtige, die grösste politische Par-
tei des Staates verdächtigende Ausführungen zu
machen. Die Interpellanten müssen darin eine un-
zulässige Vermengung von Politik, Sicherungs-
dienst und Rechtspflege erblicken, die sich ausser-
dem noch auf eine gänzlich falsche Voraussetzung
stützt.

Des weiteren zeigt die Strafanzeige eine
äusserst mangelhafte Erhebungspraxis der Gen-
darmerieorgane in Prosimìøice auf, denn es wur-
de festgestellt, dass der in der Strafsache T 247/
37 beim Bezirksgericht in Znaim angeklagte Ge-
meindediener Georg Bauer aus Tesswitz a. d.
W. No. 8 entgegen der Behauptung der Anzeige
durch die Gendarmerie, niemals Angehöriger der
ehemaligen und nun aufgelösten deutschen natio-
nalsozialistischen Arbeiterpartei gewesen ist. Er
war vom Jahre 1920 bis 1927 Mitglied des »Bund
der Landwirte« und hat sich vom Jahre 1927 voll-
kommen aus dem politischen Leben zurückgezo-
gen und sich nirgends mehr politisch organi-
siert.

Die Interpellanten bringen dem Herrn Minister
des Innern den gerügten Sachverhalt zur Kennt-
nis und richten an ihn die Anfrage:

1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sschverhalt erheben zu lassen?

2. Ist der Herr Minister bereit, zu verfügen,
dass gegen das Organ der Gendarmeriestation in
Prosimìøice, Bez. Znaim, welches die oben ange-
führte Gendarnierieanzeige verfasst hat, wegen
der darin enthaltenen Generalbeschuldigung der
Sudetendeutschen Partei und wegen der mangel-
haft durchgeführten Erhebung das Disziplinarver-
fahren eingeleitet wird?

3. Welche Massnahmen gedenkt der Herr
Minister zu ergreifen, dass die Gendarmerieorga-
ne dahingehend aufgeklärt werden, dass jede po-
litische Aeusserung in amtlichen Relationen zu un-
terbleiben hat?

Prag, am 17. März 1937.

Dr Jilly,

Dr Eichholz, Jobst, Ing. Richter, G. Böhm, Sogl,
Ing. Künzel, Wollner, Dr Peters, Kundt, Ing.
Lischka, Sandner, Dr Kellner, Gruber, Obrlik,
Dr Rösche, Dr Hodina, Fischer, Axmann, Stangl,
Illing, Jäkel, Ing. Peschka, Dr Zippelius, Hollube.

Pùvodní znení ad 847; XIX.

Interpellation

des Abg. Dr Franz Hodina
an die Regierung

wegen der Bauvergebung bei der Einrich-
tung des Flugplatzes in Altstadt, Bezirk
Mähr. Trübau.

In Altstadt, Bezirk Mahr. Trübau wurde
Bauern, Kleinlandwirten und Pächtern ca 50-60
ha Ackerboden im Enteignungsverfahren entzo-
gen. Die Existenz dieser Landwirte und landwirt-
schaftlichen Pächter ist auf das Aeusserste ge-
fährdet, da bei manchen das gesamte zur Verfü-
gung gestandene Ausmass an Acker beschlag-
nahmt wurde, während anderen derart viel
Ackerfläche entzogen wurde, dass eine Aufrecht-
erhaltung des landwirtschaftlichen Betriebes mit
vollständiger Verschuldung der betreffenden Be-
sitzer verbunden wäre.

Durch die Wahl der Gemeinde Altstadt für
die Einrichtung eines Flugplatzes ist der Ortsbe-
völkerung also genügend Schaden zugefügt wor-
den. Man sollte mit Recht annehmen, dass nun
wenigstens bei der Einrichtung des Flugplatzes
heimische Unternehmer und Arbeiter zugezogen
werden. Die Hoffnung auf Erfüllung der in Aus-
sicht gestellten Zugeständnisse an die Deutschen
sind anscheinend umsonst. Denn auch in diesem
Falle wurde die Baueinrichtung des Flugplatzes
in Altstadt dem èechischen Baumeister Jan Hublik,
Olmütz vergeben, obwohl im Gerichtsbezirke
Mähr. Trübau 88. 9% und der Gemeinde Altstadt
99% Staatsbürger deutscher Volkszugehörigkeit
leben.

Die Interpellanten richten daher an den Herrn
Ministerpräsidenten die Anfrage:

1. Sind die Verhältnisse der Landwirte des
Gerichtsbezirkes Mähr. Trübau dem Herrn Mi-
nisterpräsidenten bekannt?

2. Ist die Vergebung der Baueinrichtung des
Flugplatzes im angeführten Falle an eine orts-
fremde èechische Firma, trotz des grossen deut-
schen Bevölkerungsprozentsatzes des Gerichtsbe-
zirkes Mähr. Trübau dem Herrn Ministerpräsi-
denten bekannt?

3. Ist der Herr Ministerpräsident als Vor-
sitzender der Regierung gewillt, diese Benachtei-
ligung von Staatsbürgern deutscher Volkszuge-
hörigkeit beseitigen zu lassen, und, wenn schon
keine andere geeignete Lage für den Flugplatz


27

gefunden werden kann, zu verfügen, dass die Bau- möglichkeiten für deutsche Unternehmer und Ar-

einrichtung des Flugplatzes an deutsche Unter- beiter wird um rascheste Durchführung der Er-

nehmer unter Zuziehung von entsprechenden deut- hebungen und Massnahmen gebeten !
schen Arbeitern vergeben wird?

4. Ist der Herr Ministerpräsident gewillt, zu Prag, am 17. März 1937.
verfügen, dass künftig bei jeder Investitionsarbeit

entsprechend dem Bevölkerungsschlüssel der be- Dr Hodina,
treffenden Gegend die Vergebung der Arbeiten

durchgeführt wird? Hollube, Fischer, Dr Rosche, Jäkel, Obrlik, Ing.

Richter, Wollner, Gruber, Ing. Peschka, Dr Pe-

Mit Rücksicht auf die verzweifelte Lage der ters, Sogl, Dr Zippelius, Stangl, Ing. Künzel, Dr

von der Bodenenteignung betroffenen Landwirte Jilly, Kundt, Sandner, Jobst, Dr Eichholz, Ing.

und die neuerliche Vorenthaltung von Arbeits- Lischka, G. Böhm, Illing, Axmann, Dr Kellner.


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