Ètvrtek 27. ledna 1938
Meine Damen und Herren! Nachdem wir uns soeben im Abgeordnetenhause
mit Senatsbegleitung eine lebende Auswirkung des Moskauer Opiums
mit angesehen und angehört haben, wollen wir uns zum eigentlichen
Thema wenden.
Die berechtigten Interessen des Staates, den Mißbrauch der
Rauschgifte, des Opiums und seiner Derivate, zu verhindern, haben
Veranlassung gegeben, das Rauschgiftgesetz oder Opiumgesetz zu
novellieren. Das Gesetz dankt seine Entstehung einem zwischenstaatlichen
Abkommen, zu dem sich sämtliche im Völkerbund vertretenen
Staaten zum Anschluß verpflichten müssen, zu dem Zwecke,
eine erfolgreiche Bekämpfung des Rauschgifthandels im internationalen
Getriebe durchführen zu können. Die Ärzteschaft,
die so gut wie niemals zum Mißbrauch des Opiums Anlaß
gegeben hat, sieht in der neuen Fassung des Gesetzes vielfach
Gefahren für die Ausübung des ärztlichen Berufes.
So ist z. B. der rechtliche Begriff "Hausapotheke" und
der damit verbundene Besitz von Opium durch den Arzt außer
ganz schüchtern im § 14 kaum in genügender Klarheit
festgestellt. Die Notwendigkeit der Lagerhaltung von Opiumpräparaten
durch den Arzt, die einfach notwendig erscheint, ist im Gesetz
nicht genügend klar berücksichtigt. Ebenso ist es nicht
klar, ob ein Arzt nunmehr Opiumpräparate zu einer Lösung,
die er momentan braucht, herstellen kann, d. h. ob er ein fertiges
festes Opiumderivat zu einer Anästhesielösung herstellen
kann, wie das vielfach bisher mit großem Erfolg der Fall
war. Ganz unverständlich ist es, daß nunmehr auch schon
das Arzneimittelgesetz dazu benützt wird, dem Ministerium
für Staatsverteidigung das Recht des Einspruches bei der
Erteilung der besonderen Genehmigung bzw. Bestätigung der
verantwo rtlichen Personen einzuräumen. Dieser Umstand, sowie
auch die Absätze 5 und 6 des § 10 können zu schweren
Schikanen und sogar zur Entziehung der besonderen Genehmigung
Anlaß geben, ohne daß dagegen irgend ein Rechtsmittel
zulässig wäre. Es ist bezeichnend, daß im Absatz
3 des § 10 wieder einmal das freie Ermessen der Behörde
bei der Erteilung besonderer Geneh.. migungen ausschlaggebend
ist.
Meine Damen und Herren! Daß die Bed enken der Ärzteschaft
gegen das Opiumgesetz nicht gegenstandslos sind, beweist ein Prozeß
gegen einen Wiener praktischen Arzt, der auf Grund gleicher Gesetzesformulierungen,
wie wir sie auch im vorliegenden Gesetzesantrag vorfinden, zu
einer Woche Arrest und 200 Schilling Geldstrafe verurteilt wurde,
weil derjenige unter Strafsanktion steht, der bei Ausübung
der Heilkunde einem anderen ein Rauschgift verordnet oder überläßt,
ohne daß es - wie es heißt - der Heilzweck erheischt.
Hiebei wird von den Gerichten Linderung von Sc hmerzen nicht als
Heilzweck angesehen. Damit wird ein wichtiges ärztliches
Betätigungsfeld, das in vielen Fällen schon aus Gründen
der Menschlichkeit unbedingt notwendig erscheint, nämlich
die Schmerzlinderung, gefährdet.
Ich bin ein Gegner der Euthanasie, werde aber immer dafür
eintreten, daß der Arzt geschützt wird, der die Qualen
eines unheilbar Kranken durch Anwendung von Opiumpräparaten
lindern will.
Das ärztliche Problem, und dazu gehört in erster Linie
die Förderung der Volksgesundheit an sich sowie das Populationsproblem,
stehen heute in der Èechoslovakei sowie in einer Reihe
anderer Staaten im Vordergrund des Interesses. Die deutsche Ärzteschaft
sieht es als ihre Hauptaufgabe an, die Volksgesundheit des Sudetendeutschtums
zu heben. Sie trägt das ihre besonders in der Richtung dazu
bei, daß sie für eine zeitgemäße Fortbildung
der Ärzte Sorge trägt. Diesem Bestreben entspricht es,
wenn der Reichsverband der deutschen Ärztevereine in der
Èechoslovakischen Republik nach gewissenhafter Vorbereitung
an die Herausgabe einer medizinisch-wissenschaftlichen Monatsschrift
ging, einem Organ, das seine ausschließliche und zugleich
vornehmste Aufgabe darin erblickt, eine erschöpfende Übersicht
erstens über die wissenschaftlich-medizinischen Leistungen
der sudetendeutschen Ärzteschaft zu geben und zweitens das
Problem der Hebung der schwer darniederliegenden Volksgesundheit
im sudetendeutschen Volke nach allen Richtungen hin aufzurollen,
um zur Lösung dieser Lebensfrage entscheidend beizutragen.
Aus den Referaten, die bei der Delegiertenversammlung des Reichsverbandes
in Franzensbad erstattet wurden, hatte ich die Überzeugung
gewonnen, daß die Bestrebungen des Reichsverbandes, eine
solche Monatsschrift zu schaffen, mich zu restloser Unterstützung
verpflichten.
Der rein sachliche, von hohem Verantwortungsgefühl gegenüber
der Volksgesundheit getragene Beschluß der Delegiertenversammlung
des Reichsverbandes deutscher Ärztevereine in Franzensbad
wurde aus Naheliegenden, rein persönlichen Gründen als
Politikum angesehen und wider besseres Wissen die Meinung verbreitet,
daß andere als rein ideelle Motive zur Gründ ung der
Zeitschrift Anlaß gegeben hätten. Gerade um dem entgegenzutreten,
erblickte ich als einziger deutscherVolksvertreter, der demÄrztestande
entstammt, meine Pflicht darin, die Ärzteschaft innerhalb
der sudetendeutschen Partei auf die Wichtigkeit der neuen wissenschaftlichen
Zeitschrift aufmerksam zu machen und sie zur Mitarbeit zu gewinnen.
In diesem pflichtgemäßen Vorgehen sahen bestimmte interessierte
Kreise den Versuch der Politisierung des Reichsverbandes deutscher
Ärztevereine und den Mißbrauch einer wissenschaftlichen
Zeitschrift zu parteipolitischen Zwecken.
In einem Artikel der offiziösen "Prager Presse"
vom 15. Jänner 1938 wird mein Rundschreiben an die Ärzteschaft
der Sudetendeutschen Partei vollständig unrichtig und tendenziös
ausgelegt. Wenn man wörtlich zitiert: "die Zeitung ist
in unserem Sinne geschrieben" und darin die Politisierung
erkennen will, so kann ich nur mit Entschiedenheit feststellen,
daß der Satz "in unserem Sinne geschrieben" nur
bedeuten kann: im Sinne des Bestrebens der völkischen Ärzteschaft,
alles in den Dienst der Hebung der darniederliegenden Volks- und
Erbgesundheit des Sudetendeutschtums zu stellen. Das und nichts
anderes ist unser Sinn und nichts anderes sind die ersten Forderungen
der Sudetendeutschen Partei.
Der Vorwurf, die internationale und übernationale Wissenschaft
an sich im Bereiche des Gesundheitswesens politisieren zu wollen,
bricht in sich selbst zusammen. Das Bestreben, andererseits die
Errungenschaften und Erkenntnisse der Wissenschaft in den Dienst
der Förderung der Volks- und Erbgesundheit des Sudetendeutschtums
sowie überhaupt in den Dienst des Staates zu stellen, hat
mit Politisierung der Wissenschaft nichts zu tun. Zu einem solchen
Bestreben allerdings bekennt die Sudetendeutsche Partei sich in
aller Offenheit. Erkenntnis verpflichtet zur Tat. Keine Stelle
des Staates - und wäre sie augenblicklich auch noch so mächtig
- kann uns daran hindern, diese klaren, wissenschaftlich begründeten
Forderungen auch nur irgendwie beiseite zu stellen. Die Erkenntnis
der Bedeutung der Erbgesundheitslehre für die Zukunft unseres
Volkes, das Populationsproblem an sich, wird die Sudetendeutsche
Partei auch weiterhin zum Dienst am Volk verpflichten.
Sollten weitere keifende Angriffe gegen mich erfolgen, werde ich
mich einem solchen Versuche gegenüber mit lächelnder
Miene teilnahmslos verhalten. (Potlesk poslancù sudetskonìmecké
strany.)