Dazu kommt, daß auch nur in den seltensten Fällen es
sich die nach § 6 des Schutzgesetzes Beschuldigten leisten
können, einen Anwalt zu nehmen. Denn auch hier haben sich
die Sonderbestimmungen des Gesetzes geradezu unmenschlich und
katastrophal ausgewirkt, was Ihnen wah rscheinlich auch nicht
bekannt ist. Denn die Einschränkung in der Zulassung der
Rechtsanwälte hat eine Monopolstellung der zugelassenen Rechtsanwälte
mit sich gebracht und diese Monopolstellung hat selbstverständlich
zu Monopolpreisen geführt. Heute ist es den meist zu Unrecht
Beschuldigten kaum mehr möglich, einen Rechtsanwalt nach
freiem Willen zu nehmen, und überhaupt nicht möglich,
diesen zu bezahlen. In der Liste der zugelassenen Anwälte
befinden sich keine zwei deutschen Anwälte, die das Vertrauen
von 70% der deutschen Bevölkerung haben. Es ist geradezu
eine Ungeheuerlichkeit, daß das Justizministerium im Einvernehmen
mit dem Generalstab durch die Zusammensetzung der Liste der zugelassenen
Verteidiger es sich herausgenommen hat, damit zu dokumentieren,
daß die gesamte Anwaltschaft des bodenständigen Deutschtums
in diesem Staate staatlich unzuverlässig ist. []. Denn es
kann niemals gut ausgehen, wenn die rechtsbeflissene Vertretung
des Sudetendeutschtums in Bausch und Bogen als staatlich unverläßlich
bezeichnet wird. (Souhlas poslancù sudetskonìmecké
strany.)
Es ist für uns fast gleichgiltig, ob wir in einem neuen Zivilprozeßverfahren
etwa einen Eigentumsanspruch oder Gewährleistungsanspruch
dahingehend, ob eine Kuh die zugesagten 8 Liter Milch täglich
gibt oder nicht, in drei oder sechs Monaten erfolgreich geltend
machen können. (Výkøiky.) Wichtiger
ist, daß man sich in wenigen Tagen und nicht etwa in 12,
14 und 16 Monaten erst darüber ins Klare kommt, ob schwer
verdächtigte und in Haft genommene Menschen schuldig sind
oder nicht. Aus meiner engeren Heimat und aus meinem Wahlkreise,
der der größte deutsche Wahlkreis ist, sind mir unzählige
Fälle bekannt, die geradezu unwahrscheinlich klingen würden,
wenn ich sie Ihnen hier im einzelnen mitteilen würde. Mehr
als 70 Personen wurden unter dem unbegründeten Verdachte
der Spionage verhaftet. Heute sind noch 30 verhaftet, ein großer
Teil ist überhaupt nie oder durch Monate hindurch nur ein
einzigesmal verhört worden. []. (Souhlas poslancù
sudetskonìmecké strany.) Die Polizeimethoden
vom 18. März in Aussig, das Vorgehen der Sicherheitsbehörden
im Falle Niedergrund, das Versagen der Fahndung der Gendarmerie
im Falle des Attentates auf den Abgeordneten May werfen
grelle Schlaglichter auf das mittelalterliche Dunkel dieser Verwaltungsmethoden,
deren Praktik Sie zu ändern versprachen. (Hluk.) Es
ist der Gendarmerie nicht einmal möglich gewesen, den Täter,
der den Abg. Rösler mitten unter der Gendarmerie mit
einem Stuhlbein niederschlug, zu verhaften. Die Gendarmerie hat
darauf vergessen, daß sie über Polizeihunde verfügt
... (Hluk.)
Pøedseda (zvoní): Prosím o
klid.
Posl. inž. Richter (pokraèuje): ...
die in verhältnismäßig kurzer Zeit es hätten
klar werden lassen, wer denn eigentlich der Attentäter auf
den Abg. May war. Denn, meine Herren, trotz bester Witterungsverhältnisse,
trotzdem die Spuren eindeutig klar waren, hat man Polizeihunde
wohl aus ganz bestimmten Gründen nicht eingesetzt. Ich erinnere
daran, daß seinerzeit als Herr Abg. Heeger erklärte
... (Hluk.)
Pøedseda (zvoní): Prosím o
klid.
Posl. inž. Richter (pokraèuje): Als
Herr Abg. Heeger seinerzeit erklärte, er wäre
um ein Haar menschengeraubt worden, da verhaftete man eine halbe
Ortsgruppe der Sudetendeutschen Partei, die man dann selbstverständlich
wieder freilassen mußte. Wenn man aber auf ein Mitglied
der Sudetendeutschen Partei, das dem Abgeordnetenhaus angehört,
einen Revolveranschlag macht, dann hält man es nicht für
notwendig, Polizeihunde auf die Spur des Täters zu hetzen.
(Hluk.)
Pøedseda (zvoní): Prosím pana
øeèníka, aby mluvil k vìci.
Posl. inž. Richter (pokraèuje): Sie
mögen, meine Damen und Herren, über meine Ausführungen
überrascht sein. Ich habe mich dazu als Nichtjurist entschlossen,
weil ich eben als Vertreter der Bevölkerung einmal über
die Frage der Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit von dieser
Stelle aus sprechen wollte.
In einem Falle wurde die Strafanzeige gegen Gendarmen erstattet,
die, wie Abg. Köllner von hier aus unter Anführung
zahlreicher Fälle mitgeteilt hatte, sich gegen Verhaftete
mit Gummiknüppeln vergingen. Die Untersuchung wurde eingeleitet.
Ein Gendarmeriegeneral wurde mit der Untersuchung beauftragt.
Aber - und das ist wichtig festgestellt zu werden - die Gendarmen
sind zu den einzelnen Belastungszeugen hinausgegangen und haben
sie unter Androhung von gewerbepolizeilicher Schädigung dazu
veranlaßt, keine belastenden Aussagen zu Protokoll zu geben.
Und als es so weit war, daß das Verfahren hätte eingeleitet
werden können, stellte man das Verfahren gegen eine Anzahl
von Gendarmen ein, die dann als Entlastungszeugen im Prozeß
aufmarschierten. (Výkøiky. - Hluk.)
Pøedseda (zvoní): Prosím o
klid.
Posl. inž. Richter (pokraèuje): Die
eigentlichen Belastungszeugen, nämlich jene Leute, die von
der Gendarmerie verprügelt worden waren, waren überhaupt
nicht zur Verhandlung vorgeladen worden. Sie können sich
vorstellen, mit welchen Gefühlen wir angesichts dieser Erfahrungen
den Artikel XVII des Einführungsgesetzes der Zivilprozeßordnung
zur Kenntnis genommen haben.
Damit komme ich auf das einzige Detail zu sprechen, das ich hier
von dieser Stelle aus heute behandeln möchte. In diesem Artikel
XVII wird bestimmt, daß schon auf der Klage, der Klagebeantwortung
oder auf einem sonstigen Schriftsatz äußerlich durch
den Überreicher des Schriftsatzes zu verzeichnen ist, ob
durch dieses Verfahren das Verteidigungsinteresse des Staates
berührt wird. Können Sie sich vorstellen, was das in
der Praxis bedeuten wird? Wer irgendwie glaubt, durch diese Sonderqualifikation
besser fahren zu können, wird sich nicht scheuen, mit dem
angeblichen Verteidigungsinteresse des Staates Schindluder zu
treiben.
Die so durch den Interessenten selbst gegebene Qualifikation hat
nämlich ungeheuer schwere Folgen. Vom Amtswegen ist die Meldung
an das Verteidigungsministerium zu erstatten. Der Staat selbst
kann sich als Nebenintervenient dem Verfahren anschließen,
hat es aber nicht notwendig, sein Rechtsinteresse an dem Obsiegen
der Partei, der er sich anschließt, zu erweisen. In einem
derartigen Verfahren kann über Antrag der Militärprokuratur
jederzeit die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden, ja, das
Verfahren kann sogar unterbrochen werden, ohne daß es dagegen
ein Rechtsmittel gibt; das heißt, daß Stellen, die
mit der Rechtspflege nicht das Geringste zu tun haben, Entscheidungen
von größter Rechtswirksamkeit herbeiführen können,
die letztlich auf den Rechtsverlust der Prozeßpartei hinausfallen.
In derselben Richtung laufen die weiteren Bestimmungen, die besagen,
daß die Vorlage von Urkunden und anderen Beweisstücken,
durch welche das Verteidigungsinteresse des Staates berührt
werden könnte, abgelehnt werden kann. In Betrieben, die der
Aufsicht der Militärverwaltung unterstehen, kann ein Lokalaugenschein
nur mit deren Einwilligung vorgenommen werden. Umstände,
die im Interesse der Staatsverteidigung geheim gehalten werden
sollen, dürfen im Urteil und in den schriftlichen Entscheidungen
vom Gericht überhaupt nur soweit beschrieben werden, als
dies zum Verständnis der Entscheidung unbedingt nötig
ist. (Výkøiky posl. Heegera.) Ich glaube,
Sie haben das Gesetz gar nicht gelesen, und sind sich über
die Auswirkungen selbstverständlich nicht im Klaren, sonst
könnten Sie als immerhin deutschsprechender Volksvertreter
solche Behauptungen nicht aufstellen. (Potlesk poslancù
sudetskonìmecké strany.) Die Einsicht in jene
Teile der Akten, durch die die Interessen der Staatsverteidigung
berührt werden könnten, ist sowohl Parteien wie dritten
Personen untersagt.
Was soll man angesichts all dieser Bestimmungen noch sagen? Treten
Sie in Kraft, dann bleibt nur die eine Feststellung übrig:
[ ]. Wir sind gerne bereit, an einer Zivilprozeßordnung
mitzuarbeiten, wir lehnen es aber ab, unsere Hand dazu zu bieten,
um ein weiteres Steinchen in das ohnehin blendende Mosaik der
demokratischen Fasade dieses Staates hinzuzufügen. Wir müssen
feststellen, daß hier Entwicklungen im Gange sind, die rein
rechtspolitisch gesehen dazu führen müssen, daß
sich die Anarchie im öffentlichen Leben des Staates einschmuggelt,
eine Anarchie, die auch dann bleiben wird, wenn sie im Namen des
Staates in unser öffentliches Leben und in unsere Justiz
Einlaß erhält. (Potlesk poslancù strany sudetskonémecké.)


Meine Damen und Herren! Den Standpunkt unserer Partei zur Zivilprozeßordung
hat bereits unser Genosse Dr. Clementis hier dargelegt.
Ich benütze diesen Anlaß vor allem dazu, um darauf
aufmerksam zu machen, daß gerade die Praxis der Gerichte
zahlreiche Ungerechtigkeiten gegenüber der deutschen Bevölkerung
und den deutschen Staatsbürgern in sich birgt. Ich erhebe
hier die Forderung, daß sich die rasche Durchführung
der Vereinbarungen der Regierung mit den deutschen aktivistischen
Parteien vom 18. Feber vor allem auch auf die sofortige Beseitigung
dieser Ungerechtigkeiten und die Herbeiführung der vollen
Gleichberechtigung der deutschen Staatsbürger vor Gericht
erstrecken muß.
Der Abg. Richter der SdP hat es für notwendig gehalten,
hier als Vertreter der Rechtsstaatlichkeit und Legalität
aufzutreten. Ich erkläre hier, daß die Führer
der Sudetendeutschen Partei am allerwenigsten das Recht haben,
sich auf Rechtsstaatlichkeit und Legalität zu berufen, denn
sie sind es, die mit allen Mitteln versuchen, im sudetendeutschen
Gebiet die Legalität zu unterwühlen und einen Zustand
des Bürgerkrieges herbeizuführen. Der Herr Abg. Richter
hat auch den Mut gehabt, über die Ereignisse in Niedergrund
und anderswo zu sprechen. Er hat den Sachverhalt geradezu auf
den Kopf gestellt, sodaß es notwendig ist, diese Frage hier
klarzustellen. Vor einigen Wochen haben die Abgeordneten der SdP
in diesem Saale wüste Krawalle aufgeführt und wir haben
damals in Übereinstimmung mit der gesamten sozialistischen
und demokratischen Öffentlichkeit nachgewiesen, daß
diese Krawalle absichtlich arrangiert worden sind, um das Signal
zu Unruhen und Zusammenstößen im deutschen Gebiet zu
geben. Die Ereignisse der letzten Wochen haben diese Vorhersage
100%ig bestätigt. Die Führer der SdP haben bereits auf
der ganzen Linie den Weg der Gewalt, des fascistischen Terrors,
des politischen Gangstertums beschritten. Ich begnüge mich
damit, dem Haus ein trockenes Kalendarium nur dér allerschlimmsten
Terrorakte der SdP vorzulegen. Nach den mißglückten
Versuchen, in den großen kommunistischen und sozialistischen
Kundgebungen in Eger, Karlsbad, Aussig usw. Schlägereien
zu inszenieren, wurde am 21. März eine Kulturveranstaltung
des deutschen Júgendbundes in Karlsbad von der Schlägergarde
des Henleinischen Turnverbandes überfallen. Es wurden blutige
Krawalle entfesselt, wobei sieben Jugendliche schwer verletzt
wurden. Nachher zogen die Krawallmacher vor das Gebäude des
sozialdemokratischen "Volkswille", wo sie sämtliche
Fensterscheiben einschlugen. Am gleichen Tag wurde eine Versammlung
des Abg. Jaksch in Mies gesprengt, wobei ebenfalls wüste
Tumultszenen und Schlägereien herbeigeführt wurden.
Am selben Tag überfielen SdP Stoßtrupps eine Versammlung
der SdP- Opposition in Zwittau, wobei es ebenfalls zahlreiche
Verletzte gab. Am 15. April kam es zu dem bekannten Zusammenstoß
in Niedergrund, der von dem Abgeordneten der SdP Rösler
bewußt provoziert wurde. Das sind fascistische Bürgerkriegsmethoden.
Hier zeigt sich die klare Absicht der Sudetendeutschen Partei,
im sudetendeutschen Gebiet Unruhen und Zusammenstöße
herbeizuführen. Der Sinn dieser Politik des fascistischen
Terrors und Gangstertums liegt ganz klar zu Tage. Die Führer
der SdP sind außerordentlich nervös geworden, weil
sie fühlen, daß der Boden unter ihren Füßen
in Erschütterung gerät, weil sie sehen, daß Hunderttausende
von werktätigen Anhängern der SdP den nationalen Ausgleich
wollen, daß in den Betrieben die SdP-Arbeiter Schulter an
Schulter mit den kommunistischen und sozialdemokratischen Arbeitern
gegen ihre ausbeuterischen Unternehmer kämpfen. Sie wollen
im deutschen Gebiet Unruhen hervorrufen, damit Hitler die Möglichkeit
hat, hier einzugreifen, um auf dieselbe Weise "Ordnung zu
machen", wie er das in Spanien bereits versucht. Der [] Charakter
dieser Terrorpolitik der SdP wird aber am klarsten durch die neuesten
Formen der Bürgerkriegspolitik der Sudetendeutschen Partei
gekennzeichnet.
Místopøedseda Langr (zvoní): Upozoròuji
pana øeèníka, že má jenom vìcnou
poznámku.
Posl. Beuer (pokraèuje): Jenom krátce.
Bisher haben die Führer der SdP Attentate gegen Arbeiter
und Arbeiterfunktionäre arrangiert, jetzt haben sie bereits
nach berühmten Mustern damit begonnen, Scheinattentate gegen
sich selbst zu organisieren. Wir wissen, daß die Führer
der SdP, auch hier dem Vorbild Hitlers, folgend, in Karl May den
Höhepunkt der deutschen Literatur erblicken. Sie wagen es
um der politischen Öffentlichkeit einen Karl May-R oman über
ein angebliches Attentat auf den Herrn Franz May in Niedergrund
zu erzählen. (Hluk. - Rùzné výkøiky.)
Místopøedseda Langr (zvoní): Prosím
o klid.
Posl. Beuer (pokraèuje): Sie brauchen derartige
Terrormethoden und Attentate, um Märtyrer zu schaffen und
den verablassenden Glanz der "Volksgemeinschaft" wieder
aufzufrischen. Sie brauchen derartige Attentate, um die Aufmerksamkeit
von ihren eigenen Gewalttätigkeiten und Terrorakten gegen
die werktätige Bevölkerung abzulenken. Aus diesen Ereignissen
der letzten Wochen müssen sofort die notwendigen Schlußfolgerungen
gezogen werden. Diese Katastrophen- und Bürgerkriegspolitik
der Sudetendeutschen Partei, setzt die Existenz von Volk und Staat
aufs Spiel. Es ist notwendig, daß ihr sofort und energisch
ein Ende gemacht werde. Die ersten Schlußfolgerungen aus
diesen Ereignissen hat vor allem die Regierung zu ziehen, in der
Hinsicht, daß sie sofort herangeht, die Vereinbarungen vom
18. Feber energisch und großzügig durchzuführen.
Die Antifascisten erkennen aus diesen letzten Ereignissen die
zwingende Notwendigkeit, sich endlich zusammenzuschließen
und die Volksfront zu bilden, um die Volksrechte durchzusetzen
und der Bürgerkriegspolitik der SdP ein Ende zu machen.
Místopøedseda Langr (zvoní): Upozoròuji
pana øeèníka, že jeho lhùta uplynula.
Posl. Beuer (pokraèuje): Wir warnen von dieser
Stelle aus die deutsche Bevölkerung, der Bürgerkriegspolitik
der SdP zu folgen. Wir fordern die werktätigen Anhänger
der SdP auf, gemeinsam, mit Kommunisten, Sozialisten und Demokraten
sich gegen diese [] Politik des fascistischen Banditismus zu wenden,
gemeinsam mit uns für die Volksrechte, für den nationalen
Ausgleich, ...
Místopøedseda Langr (zvoní): Upozoròuji
znovu pana øeèníka, že jeho lhùta
uplynula.
Posl. Beuer (pokraèuje): ... gegen die ausbeuterischen
Unternehmer, für eine bessere und glücklichere Zukunft
des deutschen Volkes zu kämpfen. (Potlesk poslancù
komunistické strany.)