Pátek 20. prosince 1935
Meine verehrten Damen und Herren!
Ich habe den Auftrag, im Namen meines Klubs zur gegenständlichen
Vorlage nachstehende Erklärung abzugeben:
Der parlamentarische Klub der Sudetendeutschen und Karpathendeutschen
Partei betrachtet den vorliegenden Gesetzesantrag der Regierung
als einen selbstverständlichen Akt der Dankbarkeit der Èechoslovakischen
Republik an jenen ehrwürdigen Mann, der 17 Jahre hindurch
das höchste Amt im Staate innegehabt und mit Hingabe geführt
hat.
Wenn wir dieser Vorlage zustimmen, so veranlaßt uns hierzu
neben der Anerkennung dieses selbstverständlichen Aktes der
Dankbarkeit auch die letzte Kundgebung T. G. Masaryk's
als Präsidenten, in der er gewissermaßen als politisches
Vermächtnis an seinen Nachfolger und als Mahnung an alle
Mitverantwortungsträger im Staate hervorhob, "daß
wir zu Hause Gerechtigkeit gegenüber allen Bürgern,
seien sie welcher Nationalität immer, bedürfen".
Wir haben seit Anbeginn unserer Mitarbeit in diesem Hause bereits
wiederholt Gelegenheit genommen, im allgemeinen und im besonderen
festzustellen, in welchem Maße die Gerechtigkeit gegenüber
allen Bürgern in nationaler Hinsicht nicht verwirklicht erscheint.
Wir begrüßen daher diese Mahnung des ersten Präsidenten
der Republik umsomehr, als deren Beachtung uns als jene notwendige
Grundlage erscheint, auf der ein neues Verhältnis zwischen
den die Èechoslovakische Republik bewohnenden Völkern
allein aufgebaut werden kann.
Wir begrüßen es auch mit Dank, daß der scheidende
Präsident kraft seines Rechtes nach § 103 unserer Verfassungsurkunde
nochmals eine politische Amnestie erlassen hat. Es ist zwar dadurch
nicht alles das, was das Sudetendeutschtum während der letzten
Jahre als Unrecht und Unbill empfunden und erlitten hat, wieder
gutgemacht, doch sehen wir auch darin eine Mahnung, die inner-
und nationalpolitische Entwicklung in eine neue Bahn zu lenken.
Unsererseits haben wir schon durch unsere grundsätzliche
Erklärung vom 19. Juli d. J. bekundet, daß wir in Anerkennung
der Grundsätze unserer Verfassungsurkunde bereit sind, alle
Pflichten auf uns zu nehmen, die sich für das Sudetendeutschtum
aus diesen Grundsätzen der Verfassungsurkunde ergeben. Gleichzeitig
dürfen wir verlangen, daß uns alle Rechte im Staate,
vor dem Gesetze und in allen Zweigen der Verwaltung in jenem Maße
zugebilligt werden, in welchem sie jedem Staatsbürger durch
die Verfassungsurkunde gewährleistet sind.
Nur so kann die letzte offizielle Mahnung des ersten Präsidenten
der Èechoslovakischen Republik im Interesse des Staates
und zum Wohle aller seiner Völker wahrhaft verwirklicht werden.
Aus diesen Gründen stimmen wir für diese Vorlage. (Potlesk
sudetsko-nìmeckých poslancù.)
Hohes Haus! Wenn ich zu den Steuervorlagen, die wir heute noch
zu erledigen haben, das Wort ergreife, so geschieht es, um einige
grundsätzliche Bemerkungen zu der Art unserer Verhandlungen
über diese Vorlage zu machen. Ich möchte zunächst
beanständen, daß Vorlagen, von denen die Regierung
weiß, daß sie mit Ende des Jahres ablaufen, uns erst
zu einem Termin vorgelegt werden, wo ihre exakte Bearbeitung und
Durchberatung unmöglich ist. Die drei Novellen, die wir hier
behandeln, sind am 4. Dezember ins Haus gekommen, wurden auf umständlichem
Wege dem Ausschuß zugewiesen, der erst am 13. Dezember in
ihre Beratung eingetreten ist, obgleich jedermann weiß,
daß es kaum möglich zu sein pflegt, noch heute oder
morgen hier Sitzungen abzuhalten. Das Vorgehen der Finanzverwaltung
und der dafür mitverantwortlichen Regierung scheint mir geeignet
zu sein, das Ansehen der parlamentarischen Arbeit ganz wesentlich
zu schwächen. Ich weiß nicht, ob dies im Interesse
der Regierung oder auch im Interesse des guten Namens der parlamentarischen
Demokratie der Èechoslovakei gelegen ist. Was wir aber
noch mehr zu beanständen haben, ist, daß die Regierung
- nachdem sie sich solange Zeit gelassen hatte, die Entwürfe
einzubringen - an dem Tag, wo der Budgetausschuß sich ein
Vorzugszeugnis ausstellen sollte, indem er die ganzen Vorlagen
auf einmal hätte erledigen sollen, noch neue Vorschläge
gebracht hat, so daß wir vor der überraschenden Tatsache
standen, daß ohne jede Vorbereitung zu den schon in der
Vorlage gebrachten Abänderungen auch noch andere in Verhandlung
gezogen werden sollten. Der Budgetausschuß hat da ein bißchen
revoltiert und die glatte Erledigung dieser Vorlage abgelehnt;
er nahm gegen den Versuch der Finanzverwaltung, ihm seinen Willen
aufzuoktroyieren, Stellung und lehnte es ab, die Vorlagen in der
beabsichtigten kurzen Frist zu erledigen. Im Budgetausschuß
wurde dann ein Subkomitee eingesetzt, - ein ganz richtiger Weg,
allerdings nur unter der Voraussetzung, wenn genügend Zeit
vorhanden wäre, eine wirklich sachgemäße Arbeit
zu leisten. Das Subkomitee, das an einem Freitag eingesetzt wurde,
trat erst am folgenden Dienstag zusammen. Wir haben auch dann
nicht alle uns vorgelegten Dinge erledigt, weil wir das Gefühl
gehabt haben, daß die Vorlagen von der Finanzverwaltung
und von der Regierung schlecht durchdacht und durchgearbeitet
sind und wir ihre Erledigung nicht auf unser Gewissen nehmen können.
Daraufhin sind also einige Vorlagen nicht erledigt worden. Der
udgetausschuß konnte sich nun bloß mit jenen beschäftigen,
die das Subkomitee erledigt hatte; ich glaube darin eine zweite,
kleine, bescheidene Revolte des Budgetausschusses sehen zu können,
daß er es abgelehnt hat, das ganze ihm gesetzte Pensum zu
erledigen.
Ich habe mich aber geirrt: Trotzdem der Budgetausschuß die
Vorlage nicht erledigt hat, sind wir neuerdings in das Subkomitee
gerufen worden und haben den, sagen wir, freundschaftlichen Auftrag
bekommen, trotz aller Bedenken die noch ausstehenden Vorlagen
zu erledigen. Da die Revolte des Budgetausschusses gar nicht so
gefährlich war, war das Ergebnis, daß er wieder außerordentlich
zahm und brav wurde und kurzerhand das ganze ihm gesetzte Pensum
erledigte, dasa ihm die Regierung und die Finanzverwaltung auferlegt
hatte.
Gestatten Sie mir, sowohl als Mitglied des Subkomitees als auch
des Budgetausschusses, ganz offen meine außerordentlichen
Bedenken gegen die Form und Methode zum Ausdruck zu bringen, wie
hier vorgegangen wurde, weil vielleicht ein Gegner der parlamentarischen
Demokratie sagen könnte, daß diese Art des Verhandelns
eigentlich eine Farce ist. Wir gla ben vielmehr, daß es
gerade in unserer politisch nicnt geklarten Zeit notwendig wäre,
sehr viel darauf zu halten, daß das äußere Gesicht
und die innere Verantwortlichkeit des Parlaments und seiner legislativen
Arbeit so viel und so klar als möglich zum Ausdrucke kommt.
Durch die Art aber, wie wir jetzt gegen Ende des Jahres die Finanzprobleme
behandeln, wird offenbar, daß wir eigentlich die Eigenwilligkeit
in der parlamentarischen Verantwortung sozusagen aufgegeben haben.
Ich erinnere daran, daß schon die ganze Budgetdebatte keine
Überprüfung der ganzen fi nanzpolitischen Entwicklung
gebracht hat, weil überhaupt keine Zeit für diese Überprüfung
geblieben ist. Aber auch bei der Behandlung dieser acht Vorlagen
wurde nicht mit der Gewissenhaftigkeit vorgegangen, wie es notwendig
wäre und wie es die schweren Belastungen erfordert hätten,
die wir in allen diesen Vorlagen unserer Bevölkerung auferlegen.
Wir haben überdies in diesen Vorlagen, wenn auch nicht systematisch,
so doch in einzelnen Bestimmungen, ja sogar nur in einzelnen Worten
in den Bestimmungen eine Liquidation des Schutzes vorgeenommen,
den doch die Legislative dem Steuerzahler gegenüber dem Fiskus
bringen muß; wir haben in vielen B. estimm ngen vor der
Finanzverwaltung kapituliert und ihr Rechte zugewiesen, die weit
über das hinausgehen, was in einem geordneten Steuer- und
Rechtswesen möglich wäre; wir haben der Finanzverwaltung
Rechte zugewiesen, die ihr die Möglichkeit geben, unsere
Bürger, den zu schützen unsere Aufgabe ist, eigentlich
rechtlos zu machen, wenn auch nur in einzelnen Details. Dennoch
glaube ich, daß wir nicht sehr irren, wenn wir feststellen,
daß es sich hier um den Versuch gehandelt hat, zu ermiiitteln,
wieweit das Parlament noch bereit ist, der Erpresserpolitik der
Finanzverwaltung entgegenzukommen.
Wenn z. B. in der in Verhandlung stehenden Vorlage über die
Umsatzsteuer die Kontumazbestimmungen wieder bedeutend erweitert
werden, wenn das Beschwerderecht in empfindlicher Weise gekürzt
wird, so meine ich, daß hier durch ein Gesetzz, also unter
Ihrer Verantwortung, meine Herren, das Recht und der Schutz des
Steuerzahlers verkürzt und die eigenwillige Macht der Finanzverwaltung
außerordentlich gestärkt wird. Die Finanzverwaltung
bekommt wiederum mehr Möglichkeiten, ein Faustrecht bei der
Eintreibung der öffentlichen Abgaben und Steuern zu erlangen.
Ich glaube nicht, daß dies richtig ist; ich glaube auch
nicht, daß es richtig. war, daß der Budgetausschuß
in so weitem Maße seine Zustimmung dazu gegeben hat, weil
wir durch dieses Entgegenkommen diejenigen Voraussetzungen verletzen,
unter denen uns die Bevölkerung das Vertrauen erteilt hat,
nämlich sie davor zu schützen, daß die Finanzverwaltung
eine absolute Willkür in Steuerfragen einführen kann.
Wenn ich dazu z. B. noch den § 20, Abs. 6 nehme, wo die Behörde
das Recht bekommt, noch vor der Vorschreibung der Umsatzsteuer
Exekution zu führen, so muß ich sagen, daß hier
der Finanzbehörde eine Möglichkeit eröffnet wird,
mit welcher eigentlich jede Rechtsordnung, vor allem jedes Recht
auf Gehör - auch ein Teil der Demokratie! - für den
Steuerzahler einfach beseitigt wird.
Ich muß demgegenüber mit Befriedigung feststellen,
daß der Budgetausschuß zu einem gewissen Teile die
Unhaltbarkeit dieser Methode eingesehen hat, einer Methode, wie
hier Finanzvorlagen behandelt werden, einer Methode, die einer
Abänderung bedarf. Deshalb hat er an seinen Vorsitzenden,
den Herrn Koll. Teplanský, die strikte Aufforderung
gerichtet. in nächster Zeit und zwar noch im Jänner
eine außerordentliche Tagung des Budgetausschusses abzuhalten,
omit er endlich die Möglichkeit bekommen soll, die ganze
finanzpolitische Situatiion des Staates und die ganzen Methoden
der Finanzverwaltung zu überprüfen und endlich seiine
Meinung zu äußern, wie wir durch gute, gerechte Gesetze
den Steuerzahler vor den Willkürakten der Finanzverwaltung
schützen. Ich nehme an, daß der Budgetausschuß
den Ehrgeiz haben wird, mit dem sozialpolitischen Ausschuß
in einen lauteren Wettbewerb zu treten, der darin bestehen kann,
daß Ausschüsse auch dann tagen, wenn keine konkreten
Vorlagen zur Debatte gestellt sind, und eine gewisse Initiative
entwickeln, die auch darin bestehen kann, daß z. B. der
Budgetausschuß den Herrn Finanzminister ersucht - er könnte
ihn auch hierfür anfordern - ihm über die Situation
ein Referat zu erstatten und sich mit uns über die Beschwerden
auseinanderzusetzen, die gegen die Handhabung der finanzpolitischen
Gesetze durch die Finanzverwaltung erhoben werden. Der sozialpolitische
Ausschuß hat im September mit seiner Tagung außerordentlich
viel geklärt, er hat vor allem den Mitgliedern des Hauses
die Möglichkeit geboten, alle Wünsche an das sozialpolitische
Ressort heranzubringen, aber auch einen Austausch der Meinungen
unter den Mitgliedern des Hauses zu ermöglichen. Wenn der
Budgetausschuß dies ebenfalls tut, dann bin ich überzeugt,
daß es endlich zu einer Willensbildung des Parlamentes in
finanzpolitischen Fragen kommt. Wie ist es denn heute, meine verehrten
Herren und Damen? Der Herr Koll. Remeš hält uns
jedes Jahr, seitdem er Referent des Budgetausschusses in Sachen
des Staatsvoranschlages ist, hierr eine sehr scharfe Rede, bei
welcher er ganz richtig auf sehr bedenkliche und gefährliche
Tatsachen innerhalb der gesamten Finanzpolitik hinweist. Aber
er und seine Partei stimmen dann für das vollkommen unveränderte,
von ihm so scharf kritisierte Budget, aber auch für den Rechnungsabschluß,
der für das Vorjahr fast zu gleicher Zeit zur Diskussion
gestellt ist wie der Voranschlag für das nächste Jahr.
Ich habe das Gefühl, daß es nicht genügt, die
Dinge zu kritisieren, aber daran nichts zu ändern.
Ich erwarte also von den Tagungen des Budgetausschusses sehr viel
- vielleicht bin ich ein unverbesserlicher Optimist - aber als
Mitglied des Budgetausschusses hoffe ich auch bei den andern Mitgliedern
des Ausschusses Unterstützung dafür zu finden, daß
wir doch endlich das Recht für uns geltend machen, das uns
effektiv auch in der Geschäftsordnung und in der Verfassung
vorbehalten ist, das Recht auf die Kontrolle der Verwaltung und
damit auch einer Kontrolle der gesamten Finanzpolitik und der
Finanzverwaltung.
Wenn ich die Methoden der Verhandlungen über die uns vorliegenden
Vorlagen weiter besprechen will, muß ich noch auf weitere
Tatsachen hinweisen: Wir hatten in der gestrigen Sitzung des Subkomitees
sogar etwas ganz Außerordentliches! - drei Sachverständige,
die speziell zur Vorlage über die Stabilisierungsbilanzen
ihre Meinung abgeben sollten. Ich war zum erstenmal. weil es eben
eine Seltenheit ist, bei einer Beratung, wo auch Fachleute befragt
wurden und man das Urteil von Sachverständigen in Fragen
einholen wollte, in denen nur auf der Grundlage langjähriger
Erfahrung und Spezialisierung Detailkenntnisse erworben werden
können. Ich muß sagen, daß ich von dieser Verhandlung
den ungünstigsten Eindruck mitgenommen habe, weil es notwendig
gewesen wäre, diesen Sachverständigen ganz konkrete
Fragen zu stellen und die Verhandlung so zu führen, daß
nicht die politischen sondern lediglich die praktischen und wirtschaftlichen
Fragen in den Vordergrund getreten wären. Der Eindruck dieser
Verhandlung war also auf mich äußerst ungünstig.
Ich erachte es für notwendig, daß. wenn schon einmal
eine Ausschußsitzung mit Sachverständigen stattfindet,
sie viel besser vorbereitet und ernster durchgeführt werden
müßte, als es gestern tatsächlich der Fall war.
Ich sage das vor allem deshalb, weil meines Erachtens in der Subkommission
ein sehr großes Malheur geschehen ist, indem eine Bestimmung
festgesetzt wurde, die weder vom rechtlichen noch vom legislatorischen
Standpunkt aufrecht erhalten werden kann. Das Subkomitee hat sich
meines Erachtens die richtige Frage gestellt, wie die sogenannte
Gratisaktie, daneben auch die aufgewertete Aktie, die im Zusammenhang
mit der Stabilisierungsbilanz herausgegeben wurde, steuerlich
erfaßt werden kann. Den Gedanken, dieses Geschenk steuerlich
zu erfassen, halte ich für absolut richtig. Ich halte es
dagegen für absolut unrichtig, wie man diese Erfassung durchführt.
und halte die Formulierung, wie sie jetzt als Artikel II der Stabilisierungsnovelle
vorliegt, für absolut untragbar, weil hier eine Rückvergebührung
dieser Aktie erfolgt und - darauf hat Herr Koll. Toušek
richtig hingewiesen - die Rückwirkung eines Gesetzes stipuliert
wird, von der der Herr Ministerpräsident vor kurzem richtig
gesagt hat, daß sie in unserer Gesetzgebung nicht wieder
vorkommen soll.
Die Erschütterung der Rechtssicherheit auch auf dem Wege
finanzpolitischer Maßnahmen ist etwas, was nicht nur gefährlich
ist für diejenigen. die es gerade betrifft. sondern auch
für jeden. der seine ganze Existenz auf die Rechtsordnung
aufbaut. Ich glaube, daß der Senat, falls das Abgeordnetenhaus
der vorgeschlagenen Bestimmung zustimmt, ihm die Vorlage zurückstellt,
nicht deshalb. weil sich solche Gratisaktienbesitzer gegen die
Bestimmung wehren werden, sondern aus prinzipiellen Gründen,
weil es effektiv eine Rückbesteuerung darstellt, und auch
deshalb, weil die Methode, wie man diese Gratisaktie erfaßt,
absolut unrichtig und ungerecht ist. Denn es kann sein, daß
z. B. im Jahre 1927 oder 1928 Gratisaktien von einem Unternehmen
vergeben wurden, das sich damals in Hochkonjunktur befand, während
es heute um den letzten Atem ringt und innerhalb von 30 Tagen
die 15%ige Gebühr für die Gratisaktien, die es ausgegeben
hat, bezahlen soll. Ich glaube also, daß hier sowohl dem
Subkomitee als auch dem Budgetausschuß ein Irrtum unterlaufen
ist und die Finanzverwaltung selbst, die in der Debatte sehr viel
über die Reinheit und Gesetzlichkeit gesprochen und erklärt
hat, daß es ihr höchstes Streben ist, diese aufrecht
zu erhalten, von dieser Besti mmung absieht, weil sie effektiv
ein Unrecht bedeutet und nicht aufrecht erhalten werden kann.
Ich möchte nochmals auf meinen Optimismus in Bezug auf die
Verhandlungen zurückkommen, die wir im Budgetausschuß
im Jänner durchführen wollen und in welchen wir uns
einen eigenen Standpunkt zur heutigen Finanzpolitik und Finanzverwaltung
bilden wollen. Ich möchte daher an alle Parteien dieses Hauses
appellieren, es nicht zu unterlassen, sich jener Auffassung anzuschließen,
die nachholen will, was nicht nur dieses jetzt legislatorisch
tätige, sondern eigentlich schon das vorher- und vorvorhergehende
Haus als Schuld auf sich genommen hat. Es geht um zweierlei: die
ungeheuere Nachsicht gegenüber der Finanzverwaltung zu beendigen
und die Zustimmung zu einer ganzen Reihe von Gesetzen zu überprüfen,
von denen nicht nur die Finanzverwaltung, sondern auch das Parlament
angenommen hat, daß sie vorübergehende Notmaßnahmen
darstellen, weil wir alle die Wucht und Dauer der Krise unterschätzt
haben! Wir sind auf dem einmal betretenen Weg verblieben, daß
wir fortwährend nur Flickarbeit an Gesetzen vornehmen, die
für normale Wirtschaftsverhältnisse geschaffen waren,
und immer wieder nur irgend einen kleinen Bereich aus der Finanzgesetzgebung
herausnehmen, um noch irgend etwas auf dem Wege alter Methoden
von der Bevölkerung zu erpressen, d. h. daß die Finanzverwaltung
absolut ohne Fantasie und ohne Erkenntnis der tatsächlich
gegebenen Verhältnisse diese Flickarbeit fortsetzt und wir
jedesmal den Fehler begehen, sie zu genehmigen.
Jeden Tag wird nicht nur mir, sondern jedem Kollegen in diesem
Hause irgend ein Fall gemeldet (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda Langr.), wo man
sich an den Kopf greift und fragt, ob denn überhaupt das
Verhältnis zwischen dem Steuerzahler und Fiskus so beschaffen
sein kann, daß der Fiskus vom Steuerzahler ohne Rechtsmittel,
ohne Vorschreibung und ohne jede Rücksicht auf die Existenz,
nehmen kann, was er zu erraffen im Stande ist, mit dem Erfolg,
daß der Bevölkerung immer mehr und mehr der Glaube
an eine geordnete Finanzwirtschaft und an eine Rechtsordnung verloren
geht. Heute ist mir ein Fall gemeldet worden, daß in Graslitz
einem Kaufmann ohne vorherige Erschöpfung der Rechtsmittel
gestern einfach der Laden gesperrt und die Ware weggeführt
wurde, die heute verlizitiert werden soll, weil doch ein Nahrungsmittelhändler
keine Güter hat, die ohne Gefahr des Verderbens eingelagert
werden können. Der Mann bietet der Steuerbehörde 5.000
Kè an, falls sie die Feilbietung seiner Ware unterläßt.
Die Steuerverwaltung ist aber so wahnsinnig, daß sie von
diesem Händler einen Barerlag von 40.000 Kè verlangt,
widrigenfalls sie die Versteigerung durchführt, die beim
besten Willen nicht mehr als die angebotenen 5.000 Kè ergeben
kann. Das Ergebnis ist die Vernichtung einer wirtschaftlichen
Existenz, das Verschütten einer Steuerquelle durch die Finanzverwaltung
selbst, nur weil ein untergeordnetes Organ jede volkswirtschaftliche
Einsicht und jeden Gedanken an Rücksicht und Menschlichkeit
beiseite gelassen hat, weil er vielleicht ein Streber ist und
nachweisen will, wie tüchtig er ist und was er aus der Bevölkerung
herauszupressen vermag.
Ich will mich mit diesen wenigen Bemerkungen begnügen, appelliere
aber nochmals an die Mehrheitsparteien und vor allem an den Herrn
Referenten über die Novelle zu den Stabilisierungsbilanzen,
den vorgeschlagenen Artikel II zurückzustellen, weil er einerseits,
meiner Ansicht nach, ein Unrecht beinhaltet, andererseits aber
auch, wie ich glaube, nicht in dieses Gesetz hineingehört.
Die Finanzverwaltung wird uns noch mit anderen Vorlagen kommen
und uns Gelegenheit geben, die Gratisaktien steuerlich zu erfassen,
aber nicht wie es jetzt geschieht, auf einem meines Erachtens
nach nicht ganz sauberen und nicht gerechten Wege. (Potlesk
sudetskonìmeckých poslancù.)
Hohes Haus! Die Verwirklichung des Sprengelbürgerschulgesetzes
bringt den langersehnten Wunsch der weitesten Schichten unseres
Volkes in Erfüllung. Wenn wir trotzdem mit dem vorliegenden
Gesetze ht ganz zufrieden sind, so liegt es vor allem an der Fassung
des § 6, der nach unserer Meinungu eine bedeutende Verlängerung
des Weges bedeutet, wenn man die Errichtung einer Sprengelbürgerschule
erziellen will. Überhaupt sehen wir im Gesetz mehr nur ein
Erhaltuugsgesetz als ein Errichtungsgeseetz. Es dürrfte für
die bestehenden Bürgerschulen gewiß ein großer
Vorteil sein, es dürften aber für neu zu errichtende
Bürgerschulen sicher einige Schwierigkeiten bestehen, weil
früher die Bewilligung des Landesschulrates entscheidend
war, nun aber mittlerweile das Unterrichtsministerium und das
Finanzministerium mit ihrbrer Zustimmung eingeschlossen wurde.
Besonders in den deutschen Gebieten ist das Bestreben, neue Bürgerschulen
zu erhalten, sehr groß. Wir haben einzelne Bezirke - ich
verweise auf den Gerichtsbezirk Duppau - die nicht einmal eine
einzige Bürgerschule haben. Wir haben andere Bezirke, in
denen vielleicht auf 30.000 Einwohner eine einzige Bürgerschule
kommt. Während einzelne Gemeinden in diesen Bezirken sich
seit Jahren bemühen, eine Bürgerschule zu bekommen,
sind dieese Bemühungen bis heute erfolglos gewesen. Ich erwähne
z. B. Maschau im Bezirk Podersam, das sich seit sechs Jahren um
die Errichtung einer Sprengelbürgerschule bemüht, bis
heute erfolglos. Ähnlich sind die Bemühungen von Groß-Waltersdorf,
ebenso von Deutsch-Beneschau. Beide Orte haben eine achtklassige
Volksschule, so daß also dort die Umwandlung in eine Bürgerschule
mit verhältnismäßig geringen Kosten verbunden
wäre und trotz alledem sind immer wieder Schwierigkeiten
in den Weg gelegt worden. Wir sehen das andererseits auch bei
der Bewillig ng von Parallelklassen. Auch hier ist der Weg in
den letzten Jahren etwas nach abwärts gegangen. Nach dem
alten Gesetz wurde gar keinUnterschied gemacht, ob die Kinder
aus dem Schulorte selbst oder aus dem Schulsprenge waren, sondern
es genügte, wenn einfach die genügende Anzahl der Kinder
vorhanden war, und eine Parallelklasse konnte eröffnet werden.
Durch das kleine Schulgesetz wurde die Kinderzahl an den Umkreis
von 4 km gebunden, darüber hinaus Kinder nur bedingt aufgenommen,
so daß bei der Erri chtung von Parallelkl ssen immerhin
Schwierigkeiten gemacht werden. Wenn es auch bei uns in Böhmen
etwas großzügiger gehandhabt wurde, so bestehen doch
berechtigtete Klagen über das Vorgehen in Mähren. Ich
führe nur den Fall von Olmütz an. Dort waren in der
ersten Bürgerschulklasse zu Beginn des Schuljahres 84 Kinder,
allerdings waren davoon 40 Sprengelfremde, und man hat der Errichtung
einer Parallelklasse solange Schwierigkeiten gemacht, bis sich
der Elternrat bereit klärte, den Aufwand für diese Klasse
zu tragen. Erst vor acht Tagen haben wir daraufhinn diese Parallelklasse
bewilligt bekommen.
Zu dem Gesetz über die Sprengelbürgerschulen muß
natürlich auch eine entsprechende Durchführungsverordnung
herauskommen und wir hoffen, daß diese auf alle hier vorgebrachten
Wünsche Rü cksicht nehmen wird, namentlich, daß
in großzügiger Weise die Frage der Einrechnung der
Kinder, beziehungsweise die Errichtung von Parallelklassen elöst
wird. Bei dem Gesetze hat man die Berücksichtigung der vierten
Jahrgänge oder der sogenannten Lehrkurse vergessen. Diese
Jahrgänge stellen eine große Belastung der Schulgemeinden
da, und es wäre auch hier wünschenswert, daß den
Gemeinden besond rs in der heutigen Zeit in dieser Richtung Erleichterungen
geschaffen werden.
Bei der euerrichtung von Bürgerschulen muß aber auch
darauf Bedacht genommen werden, daß wir einen entsprechenden
Nachwuchs unter der Bürgerschullehrerschaft bekommen. Während
auf èechischer Seite vor allem die èechischen Lehrerverbände
bemüht sind, aus eigener Initiative durch Errichtung von
Bürgerschullehrkursen für den entsprechenden Nachwuchs
zu sorgen, fehlt das auf unserer Seite noch gänzlich, vielleicht
auch, weil uns die Mittel nicht geboten sind, die man vielleicht
auf èechischer Seite zur Verfügung hat. Es wäre
unbedingt notwendig, denn die Bürgerschule kann nur dann
ihre Aufgabe erfüllen, wenn an ihr auch eine entsprechend
vorgebildete Lehrerschaft wirkt. Nicht zu vergessen ist dabei,
daß der Mangel an geprüften Bürgerschullehrern
seine Ursache in der verhältnismäßig geringen
Entlohnung der Bürgerschullehrer in Anbetracht der abgelegten
Prüfung hat.
Wie von mancher Seite Bestrebungen, den Unterricht neuzeitlich
zu gestalten, verhindert werden, möchte ich an dem Beispiel
der Bürgerschule in Podersam darstellen. Wir haben dort den
behördlichen Auftrag erhalten, den Turnsaal zu schließen,
weil er den hygienischen Anforderungen an einen Turnsaal nicht
entsprach. Der Ortsschulrat hat sich nun mit dem dortigen Turnverein
in Verbindung gesetzt, und es wurde auch die Vereinbarung getroffen,
den Turnunterricht in der Turnhalle abzuhalten, solange die Gemeinde
nicht imstande ist, einen Neubau aufzuführen. Der Turnverein
hat für die Benützung der Turnhalle nichts verlangt,
hat sie ganz kostenlos zur Verfügung gestellt, nur verlangte
er, daß die Schule für Beheizung und Reinigung in der
Zeit, wo sie den Saal benützt, aufkommen muß. Dieser
Zustand dauert nun schon vier Jahre. Die Absicht konnte aber nicht
verwirklicht werden, weil es dem verantwortlichen Beamten der
Bezirksbehörde in Podersam aus irgendwelchen chauvinistischen
Gründen nicht genehm ist, daß die Kinder die deutsche
Tu rnhalle zum Turn-Unterricht benützen. Alle Schritte, die
gegen diese Einstellung unternommen wurden, blieben ergebnislos,
so daß heute, im fünften Jahre, während der Wintermonate
in Podersam kein gedeihlicher Turnunterricht erteilt werden kann.
Wenn wir bedenken, daß heute überall das Bestreben
nach Ertüchtigung und Wehrhaftigkeit der Jugend besteht,
und wenn man sieht, daß gerade untergeordnete Organe der
Behörden den Bestrebungen, die von oben angeregt werden,
die größten Schwierigkeiten bereiten, dann könnte
man von einer Sabotage sprechen. Es wäre unser Wunch, daß
die Gesetze, die geschaffen werden, auch mit dem richtigen Geiste
erfüllt werden, damit sie allen ohne Unterschied der
Nation dienen. (Potlesk sudetskonìmeckých poslancù.)