Ètvrtek 19. prosince 1935
Hohes Haus! Die neuen Steuern sollen auf Kosten der breiten Volksmassen
eingeführt werden. Es sind dies die Essigsäuresteuer,
die einen Ertrag von 8 Millionen Kè, und eine Backpulversteuer,
die ebenfalls einen Ertrag von 8 Millionen Kè hereinbringen
soll. Gleichzeitig soll eine Kunstfettabgabe einen Ertrag von
34 Millionen Kè ergeben. Außerdem sprach man im Budget
davon, daß eine Mineralölabgabe eingeführt werden
soll, die wohl nach dem Berichten nicht auf die Konsumenten überwälzt
werden soll, die aber praktisch doch wieder von den Konsumentenkreisen
getragen werden muß. Diese Abgabe soll 40 Millionen Kè
erbringen. Wie sieht das nun in der Praxis aus? Die Steuern soll
der Erzeuger tragen. Wir wissen aber aus der Erfahrung, daß
bei solchen Vorlagen immer wieder nur der Konsument und da wiederum
vor allem der Werktätige, der Arme, der Leidtragende ist,
auf den die Steuern überwälzt werden. Man sagt bei der
Backpulversteuer, daß es sich um Luxusgebäck handelt.
In Wirklichkeit braucht aber gerade die arme Arbeiterfrau das
Backpulver, weil sie Mangel an anderen Stoffen hat, wie an Fett
und an verschiedenen anderen Dingen, die zum Backen nötig
sind. Petschek und Preiss werden kaum einen Meterzentner Backpulver
verzehren. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda
Taub.)
Wir sehen aber auch, daß alle Einnahmen zu cca 81% aus indirekten
Steuern kommen und kaum 20 % aus direkten Steuern. Auch von diesen
20% tragen am allerwenigsten die Reichen bei.
Vor uns liegt der Regierungsantrag Nr. 153 über die Stabilisierungsbilanzen.
Man will den Stabilisierungsfonds mit 1 bis 2% belasten. Dieser
Antrag ist vollständig ungenügend. Sogar Herr Vraný
hat im "Venkov" geschrieben, daß man einen Angriff
auf die Stabilisierungsbilanzen unternehmen werde. Bei diesem
Angriff wollen wir Kommunisten dabei sein. Man hat Verluste ausgewiesen
und in Wirklichkeit Gewinne verteilt. Man hat Gratisaktien ausgegeben.
Man hat bewertet und entwertet, es war eine Gaunerei am laufenden
Band, die betrieben wurde. Wieviel Betrüger müßten
da eingesperrt werden! Man sollte jetzt endlich die proletarischen
Gefangenen aus den Gefängnissen entlassen und dafür
die Betrüger, die sich an der Volksnot ungeheuer bereichern
durften, in die Kriminale setzen.
Unser Vorschlag bezüglich der Besteuerung der Stabilisierungsfonde
geht dahin, daß man 1 bis 2 Millionen mit einer 4% igen
Abgabe, 2 Millionen mit 5%, 4 bis 5 Millionen mit 6 % und über
5 Millionen mit 7% belasten möge. Wenn man einwendet, daß
dies untragbar sei, so können wir den Nachweis erbringen,
daß diese Lasten von den Kapitalisten und deren Kartellen
ganz gut getragen werden können. Vor mir liegt ein Bericht
von 60 der größten Aktiengesellschaften, die am Stabilisierungsfonds
3 Milliarden verdient haben. Aus diesem unversteuerten Fonds haben
sie 614 Millionen Kè zur Erhöhung des Aktienkapitals
und 200 Millionen Kè zur Deckung der Verluste verwendet,
wobei in vielen Fällen trotz der ausgewiesenen Verluste noch
Dividenden ausgezahlt wurden. Auch die Gewinne der großen
Industriekonzerne weisen eine ansteigende Richtung auf. So betrug
z. B. der ausgewiesene Reingewinn bei 14 Betrieben der Berg- und
Hüttenwerkgesellschaft im Jahre 1931 60.9 Millionen Kè,
im Jahre 1932 51ÿ1 Millionen Kè, im Jahre 1933 49ÿ4
Millionen Kè und im Jahre 1934 wiederum 61ÿ1 Millionen
Kè. 6 Zuckerfabriken haben im Jahre 1931 14ÿ1 Millionen
Kè verdient, im Jahre 1932 16.9 Millionen; im Jahre 1933
19.2 Millionen und im Jahre 1934 sogar 20.4 Millionen Kè.
In einer ähnlichen Situation sind auch andere Industriezweige
und wir wissen aus den Bilanzen, daß sie bis 16% Dividende
gezahlt haben. Wir könnten Ihnen eine ganze Reihe solcher
Industriemagnaten anführen. Der aus dem Ansteigen der Aktienkurse
der Industriebetriebe resultierende Gewinn wird für 1933
und 1934 auf 1 1/4 Milliarde geschätzt. Der Gewinn aus dem
Steigen der Kurse der Anlagewertpapiere beträgt mehr als
2 1/2 Milliarden. Während die Gehälter und Löhne
der Angestellten ständig herabgesetzt wurden, ist die Zahl
jener Leute, die laut ihrem Steuerbekenntnis mehr als eine halbe
Million jährlich verdienen, sehr groß. Und zwar beträgt
die Zahl der Personen mit einem Jahreseinkommen von einer halben
bis zu einer Million jährlich 525, jener mit einem Jahreseinkommen
von 1 bis 5 Millionen 236 und jener mit über 5 Millionen
Jahreseinkommen 19. In Wirklichkeit dürfte diese Zahl um
ein Mehrfaches höher sein. Zur Unterstützung der Banken
wurden 2 Fonds errichtet, die der Staat im Jahre 1924 mit einem
Jahresbeitrag von zuerst 50 Millionen und seit 1932 mit einem
Jahresbeitrag von 70 Millionen Kè speist. Den Banken wurden
also laut offenem Einbekenntnis aus Staatsmitteln über 600
Millionen Kè geschenkt. Auch das Gesetz über die Fusionen
ermöglicht es den Kapitalisten, bei der Übernahme oder,
richtiger gesagt, beim Kauf von Besitztümern im Werte von
Hunderten von Millionen Kè keine Übernahmsgebühr
zu bezahlen. So zahlte die Živnobank bei Übernahme der
Gruben Orlau und Lazy nicht einen Heller an Übernahmsgebühren,
obwohl es sich um ein Besitztum im Wert von einigen Hundert Millionen
Kè handelt. Für alle diese Geschenke und Begünstigungen
defraudieren diese Herren dem Staate noch die Steuern, verheimlichen
ihre Gewinne, legen Reservekonten an und ruinieren damit die gesamte
Wirtschaft.
Zur Tantiemensteuer schlagen wir vor, daß die bisherigen
Zuschläge erhöht werden sollen, da das Ergebnis äußerst
unzulänglich war. Es wurden nämlich insgesamt nur 11
Millionen Kè hereingebracht. Bisher betrug bei einem Betrag
von 50.000 Kè der Zuschlag 100%, bis 100.000 Kè
150 % und über 100.000 Kè 200 %. Wir schlagen folgende
Zuschläge vor: Bei einem Betrag bis 50.000 Kè 200%,
bis 100.000 Kè 300 % und über 100.000 Kè 400%.
Die Steuergrundlage ist nämlich hier äußert niedrig,
so daß das Erträgnis auch als sehr gering bezeichnet
werden muß.
Bei der besonderen Erwerbsteuer nach dem Gesetz vom Jahre 1927
stellen wir einen auffallenden Rückgang des Ertrages fest.
Obwohl noch im Jahre 1926 239 und im Jahre 1927 251 Millionen
Kè hereinkamen, sank das Erträgnis im Jahre 1928 auf
41 Millionen, das ist ein Sechstel. Das Geld blieb in den Taschen
der Kapitalisten. Wir verlangen daher die Erhöhung der besonderen
Erwerbsteuer, die bisher 9% betrug, auf 15%.
Auch zu der Einkommensteuer haben wir einen Antrag eingebracht,
der als Initiativantrag dem Parlamente überreicht wurde und
Folgendes vorsieht:
"Der § 1 des Gesetzes Nr. 76/1927 wird abgeändert
und hat zu lauten:
Von der Einkommensteuer werden weiters Personen befreit, deren
während der für die Besteuerung entscheidenden Zeit
(§ 4) erreichtes Gesamteinkommen nicht die Summe von 12.000
Kè überschreitet; bei Personen mit 4 Familienmitgliedern
(§ 5) wird diese Summe auf 13.200 Kè erhöht,
bei Personen mit 5 Familienmitgliedern auf 14.400 Kè und
schließlich bei Personen mit 6 Familienmitgliedern auf 15.600
Kè. Die Anzahl der Familienmitglieder wird bei Witwen oder
Witwern immer um ein solches Mitglied herabgesetzt."
Das sind die Anträge, die wir zu den direkten Steuern stellen.
Wir verlangen außerdem die Aufhebung des Steuergeheimnisses,
das die Gemeinden und die Bevölkerung äußerst
schädigt. Wir verlangen die Veröffentlichung der Steuern
der Reichen und wir verwahren uns auf. das entschiedenste dagegen,
daß in der Praxis der Steuerämter Spitzel verwendet
werden, die Erhebungen bei den Kleingewerbetreibenden, Kleinkaufleuten
und Kleinbauern durchführen, während sie die Einkommen
der Reichen, der Millionäre ungeschoren lassen. Denn diese
Herren haben die Möglichkeit, sich gegen die Steuerbespitzelung
zu schützen. Außerdem machen wir die Feststellung,
daß Anzeigen gegen gewisse Reiche sowie gegen Körperschaften,
wo es sich um erhebliche Vergehen handelt, sehr oft nicht berücksichtigt
werden. Ein solcher Fall liegt beim Aussiger Schlachthof vor;
dort wurde eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft erstattet, daß
Schwarzschlachtungen und auch andere Manipulationen vorgekommen
sind. Man hat diese Anzeige nicht berücksichtigt, selbst
die Polizei, die mit den Erhebungen schon betraut war, hat diese
Sache wieder im Sand verlaufen lassen. Warum geht man gegen die
Kleinen los und sieht auf der anderen Seite nicht, daß Hunderttausende
von Kronen bei diesen Steuerdefraudanten, Schiebern und Volksbetrügern
hereingebracht werden können?
Als Begründung für unsere Anträge werde ich mir
nun gestatten, einen Bericht über das sudetendeutsche Gebiet
abzugeben. Wie ist die Lage im sudetendeutschen Gebiet? Die Situation
für das werktätige Volk wird von Monat zu Monat katastrophaler.
Ein Betrieb nach dem anderen wird stillgelegt, die Belegschaften
müssen einen Verzweiflungskampf gegen die Betriebsstillegungen
führen, Angestellte und Beamte durchwandern die Städte
und Dörfer als Bleistiftverkäufer, somit als Almosenempfänger.
Wir finden aber auch, daß die Gemeinden und Bezirke finanziell
vollständig bankerott sind und keine Handhabe besitzen, um
die noch vorhandenen Reichen mit einer progressiven Steuer zu
belegen. Diese Gemeinden werden vollständig ruiniert und
sind außerstande, der ungeheueren Not des Volkes Rechnung
zu tragen. Wir stellen fest, daß hunderttausende Arbeiterfamilien
delogiert werden und in einzelnen Städten schon alle Schupfen
und Scheuern mit den Möbelstücken der delogierten Arbeitslosen
vollgepfropft sind. Wir stellen fest, daß das Vieh in den
Ställen der Reichen vielleicht besser wohnt als hunderte
und tausende Arbeitslose, die draußen in elenden finsteren
Löchern hungern und dahinsiechen. Es ist natürlich klar,
daß bei einer solchen Situation auch die sozialen Erkrankungen
im Ansteigen begriffen sind. Wenn wir die Frage aufwerfen, wer
bei dieser schweren Krise daraufzahlt, so brauchen wir uns nur
die statistischen Zahlen vor Augen zu halten und den Bericht des
Herrn Fürsorgeministers zu verfolgen. Da stellen wir fest,
daß die Arbeiter und Angestellten im Jahr einen Lohn- und
Gehaltsverlust von 12 bis 15 Milliarden haben, daß die Kaufkraft
der öffentlichen und Privatangestellten somit in den letzten
Jahren um cca 60 bis 70 Milliarden gesunken ist. Der Jahresverbrauch
an Lebensmitteln ist gleichfalls um 30 bis 40% gesunken, wie dies
bei Brot und Mehl der Fall ist. Gleichzeitig stellen wir fest,
daß die Kleingewerbetreibenden und die Kleinkaufleute mit
cca 11 Milliarden verschuldet sind. Die Verschuldung nimmt solche
Formen an, daß im Jahre 1930 4.464 Konkurse und 17.006 Ausgleiche
verhängt wurden, wobei die Schulden das Vermögen um
mehr als 3 Milliarden übersteigen. Wenn wir nun etappenweise
diesen Elendsbildern nachgehen, müssen wir feststellen, daß
die kleinen Kaufleute und Gewerbetreibenden heute sehr oft ihre
letzte Krone in Waren investiert haben, ohne die Gewähr zu
haben, ihr Geld wieder zurückzuerhalten. Sie leben vom Borgen
und dürfen nicht einmal zeigen, wie schlecht es ihnen geht,
dürfen nicht verraten, daß sie ohne alle Geldmittel
sind, weil sie sonst allen Kredit verlieren. Aber auch die kleinen
Hausbesitzer gehen unter der erdrückenden Schuldenlast zugrunde
und müssen ihre alten Häuser und Hütten verfallen
lassen, weil sie außerstande sind, Reparaturen vorzunehmen.
Von den arbeitslosen Mietern können sie den Mietzins nicht
hereinbringen, und wenn sie ein Herz im Leibe haben, können
sie diese Leute nicht auf die Straße werfen, wie es sehr
oft die guten Kameraden von der Sudetendeutschen Partei mit den
armen Proleten machen. Auch die Kleinbauern gehen zugrunde, weil
die Schulden und Abgaben ins ungeheuere steigen. Die Gemeinden
führen in ihrer finanziellen Not eine Abgabe nach der anderen
ein, ohne Rücksicht auf die schon überschwere Belastung
des armen Volkes. Außerdem werden die Kleinbauern noch von
ihren eigenen Grundbesitzern geschädigt, wie es z. B. durch
das Getreidemonopol geschieht. Durch dieses Monopol wurden das
Brot, das Mehl und die Futtermittel außerordentlich verteuert.
Wenn nun der kleine Bauer in seiner Not Geld borgen will, steht
er hoffnungslos auf der Straße, weil die Raiffeisenkassen
und die Sparinstitute die Gelder den Drahtziehern in diesen Verbänden
geliehen haben, die ihr Anwesen sehr oft überschuldet haben,
während der arme Kleinbauer vergeblich sich auch nur 1000
Kè auszuborgen versucht. Dabei ist der Steuerexekutor bei
diesen ärmsten der Armen täglicher Gast, ob es nun ein
Gewerbetreibender, ein kleiner Hausbesitzer oder ein Kleinbauer
ist. Das Moratorium zum Schutze der kleinen Landwirte hat auch
nicht viel geholfen. In diesem Moratorium gibt es einen §
11, der besagt, daß jener Schuldner, der seine Schulden
nicht bezahlt, obwohl er sie zahlen könnte, nicht unter diesen
Schutz fällt. Auf diese Weise werden willkürlich von
den einzelnen Steuerämtern die Steuergelder und andere Schulden
aus den Kleinbauern herausgepreßt. Man hat dies bei den
Hopfenbauern gesehen, besonders im Falle Kriegern, wo das Steueramt
30 Kleinbauern ihren Hopfen beschlagnahmt hat. Sogar 30 kg Hopfen
hat man beschlagnahmt und die größten Quanten waren
2 bis 3 q Hopfen, die man den Kleinbauern weggenommen hat. Dadurch
hat man ihnen natürlich auch anderweitig geschadet, weil
kein Hopfenaufkäufer sich herbeiließ, beschlagnahmten
Hopfen zu übernehmen. So wurde der Hopfenpreis durch die
Steuerämter künstlich gedrückt.
Was die Praxis der Steuerämter überhaupt betrifft, so
stellen wir im sudetendeutschen Gebiet fest, daß dort die
Steuervorschreibung noch immer auf der Grundlage der Ergebnisse
des Jahres 1928 gemacht werden. Das bedeutet, daß man keine
Rücksicht auf den Verfall der Wirtschaft nimmt, keine Rücksicht
auf das Zugrundegehen zahlloser Existenzen und auf das Sinken
der Einkommen; ohne Erbarmen werden die Vorschreibungen hinausgeschickt.
Ich möchte nur einen einzigen Fall herausgreifen, der typisch
die ganze Situation beleuchtet. Der kleine Kaufmann Rosenkranz
in Komotau hat im vergangenen Jahr zum Strick gegriffen. Vorher
heftete er sich auf seine Brust einen Zettel, auf dem geschrieben
stand: Ich bin ein Opfer des Steueramtes geworden.
An unseren Klub kommen aus den einzelnen Gebieten eine Unmenge
von Eingaben, die bestätigen, wie unbarmherzig die Steuerämter
arbeiten. Ich will nicht alle behandeln, sondern nur einzelne
Fälle herausgreifen, die uns von Bürge rmeisterämtern
und Bezirksämtern zur Verfügung gestellt wurden und
aus denen man den ganzen Verfall der Wirtschaft und die furchtbare
Not herauslesen kann. Die Stadt Zwickau hat im Jahre 1928 noch
3,612.000 Kè an Steuern hereingebracht. Im Jahre 1934 sank
das Steuereinkommen auf 1,122.000 Kè. Die Steuern sind
also um 69% zurückgegangen. Auch die Umsatzsteuer ist von
1,231.000 Kè im Jahre 1928 auf 748.000 Kè im Jahre
1934 zurückgegangen. Zum Vergleich sei festgestellt, daß
die Anzahl der Exekutionen von 389 im Jahre 1925 gestiegen ist
auf 1463 im Jahre 1932, dann durch das Steuermoratorium der Landwirtschaft
auf 1176 zurückgegangen ist, und zwar im Jahre 1934. Das
sind ungeheuer erschreckende Ziffern.
Nicht anders ist es mit dem Bericht, den uns das Bürgermeisteramt
Haida zur Verfügung stellt. Das Bürgermeisteramt Haida
berichtet, daß im Laufe eines Jahres 2.500 Exekutionen stattgefunden
haben, darunter allein 24 Zwangsversteigerungen. Wir haben ferner
einen Fall aus der Gemeinde Albrechtsdorf. In dieser kleinen Gemeinde
ist die Steuergrundlage von früher 44.000 auf 29.000 heute
gesunken, bei der Erwerbsteuer von 29.000 auf 4.600 Kè.
Das sind ungeheuerliche Ziffern, die den ganzen Verfall der Gemeinden
und Bezirke so recht beleuchten.
Wir haben auch Eingaben von Genossenschaften, Kleingewerbetreibenden
und verschiedenen Berufen erhalten, die uns bestätigen, daß
draußen die einzelnen Steuerämter statt den Druck auf
die Bevölkerung zu mildern, heute noch ungeheuer verschärfen.
Ein besonderes Kapitel, über das man sprechen muß,
sind die Betriebsstillegungen. Gemeinden und Bezirke, wo Betriebsstillegungen
erfolgten oder heute noch erfolgen, werden unbedingt dem Ruin
zugeführt. Wir haben einige Fälle vor uns, wie die deutschen
Kapitalisten es draußen verstehen, ihre Fabriken zu schließen
und mit einer Handbewegung ihre gesamten Belegschaften auf die
Straße zu werfen. Da ist zunächst der Fall der Firma
Kroll in Fischern zu erwähnen, wo cca 200 Arbeiter beschäftigt
waren. Dieser Betrieb wurde im Auftrage des Wirtschaftsverbandes
der Porzellanindustriellen zur Stilllegung verpflichtet, der Unternehmer
sicherte sich aber einen Jahresbetrag von 180.000 Kè durch
10 Jahre, das heißt 1,800.000 sicheres Einkommen, während
200 Arbeiterfamilien brotlos gemacht wurden.
Ein besonderer Fall ist der auf dem Elektra-Schacht in Wurzmeß
bei Komotau. Dieser Schacht wird von der Dux-Bodenbacher Eisenbahngesellschaft
verwaltet, die Jahre hindurch aus der Arbeiterschaft Millionen
herausgezogen hat. Typisch ist hiefür, daß eine riesige
Villa allein für den Direktor, der dort den Betrieb leitet,
erbaut wurde, eine Villa, die vielleicht Millionen gekostet hat.
Die Belegschaft dort stand dreimal im Hungerstreik, das letztemal
durch 81 Stunden. Wie kam das? Die Betriebsleitung der Kommanditgesellschaft
verlangte rücksichtslos, daß 24 Arbeiter entlassen
und die Arbeitszeit auf 2 Schichten herabgesetzt werden solle,
denn nach dem Prager Abkommen hat das Unternehmen, wenn die Arbeitszeit
auf 2 Schichten sinkt, die Möglichkeit, ohne Rücksicht
auf die Vertragsbestimmungen Entlassungen der Belegschaft vorzunehmen,
wie sie will. In den Intentionen dieser Parasiten vom Elektra-Schacht
lag es, die Arbeitszeit auf zwei Schichten herabzuwürgen,
damit man die gesamte Belegschaft hinausbringen kann. Ich war
selbst auf diesem Schacht. Wie war die Situation am entscheidenden
Tag? Die Arbeiter standen unten im Schacht, schon 80 Stunden lang,
sie konnten bei der Wetterung nicht liegen, sie waren krank vor
Fieber, in den Hinterstollen konnten sie nicht gehen, weil von
dort schwere Gase herausströmen. Ihre Hilferufe kamen aus
der Tiefe der Erde, oben standen 10 Gendarmen, vor dem Tor standen
die Arbeiterfrauen und riefen nach ihren Männern, die dort
dreimal den Hungerstreik angetreten hatten. Der Direktor Schauberger,
ein Mann der sudetendeutschen Volksgemeinschaft, hat drinnen bei
den Verhandlungen erklärt: Ich führe die Maßnahmen
der Betriebsleitung durch. Dabei muß festgestellt werden,
daß es sich auf diesem Schacht um eine rein deutsche Belegschaft
handelt. Die Frauen erklärten: Für eine Villa habt Ihr
Millionen übrig gehabt, aber für uns und unsere Familien
habt Ihr keine Krone mehr, weil Euch das Geschäft nicht mehr
lohnt, weil es sich nicht mehr lohnt, uns auszuplündern und
auszubeuten. In diesem Moment war die Situation gefährlich.
Es wurde damit der Beweis erbracht daß eine einzelne Belegschaft
den Kampf gegen die Betriebsstillegungen kaum mit Erfolg führen
kann, wenn nicht die übrigen Betriebe und Schächte in
diesen Verzweiflungskampf eingreifen. Denn das Schicksal der Elektra-Arbeiter
kann morgen oder übermorgen auch das Schicksal der anderen
Belegschaften sein.
Wir haben ferner den Fall der Firma Marbach in Oberleutensdorf
mit 400 Arbeiter, die auch stillgelegt wurde. Man hat das Abkommen
getroffen, daß man nach 3 Monaten den Betrieb wieder aufnehmen
werde. Aber wir kennen schon die Lücken im Gesetz über
die Betriebsstillegungen, es ist nämlich gar keine gesetzliche
Handhabe vorhanden, um den Unternehmer zu zwingen, nach drei Monaten
den Betrieb wieder aufzumachen. Der Betrieb wurde stillgelegt,
die einzelnen Direktoren haben sich noch kurz vor der Stillegung
ein Monatsgehalt von 15.000 Kè zahlen lassen. Wir müssen
hier auch den Fall Schroll in Braunau oder den Fall von Tellnitz
anführen, wo rein deutsche Belegschaften auch von deutschen
Kapitalisten entlassen wurden. Gerade die Drahtzieher, die hinter
diesen Kapitalien stehen, sind auch Leute der Sudetendeutschen
Partei, wie der bekannte Porzellanfabrikant Menzel aus Jokes,
Dr. Vogel usw. Wir haben gesehen, daß die Sudetendeutsche
Partei keinen Finger gekrümmt hat, um die Betribsstillegung
zu verhindern. (Rùzné výkøiky.)
Erst herzlich spät seid Ihr gekommen, als der Betrieb
stillgestanden ist und habt Herrn Hollube auf 5 Minuten
in die Vers ammlung geschickt. Das war Euere ganze Aktion. (Rùzné
výkøiky. - Místopøedseda Taub
zvoní.)
Interessant ist, wie man über diese Fragen im Unternehmerjargon
spricht. Ich habe einen Bericht des leitenden Direktors Engel
an einen Advokaten gelesen, darin stand, daß der Betrieb
zur Ausschlachtung bestimmt ist, also wie ein Schlächtermeister
dem Vieh die Eingeweide herausreißt. In diesem Jargon reden
die Kapitalisten über die Stillegungen. Ihnen geht es nur
noch darum, das investierte Kapital in Sicherheit zu bringen,
aber was mit den hunderten Arbeiterfamilien geschieht, das ist
diesen Herren vollständig Wurst.
So könnten wir einen Fall nach dem anderen aufzeigen, so
z. B. den Fall der Cementfabrik in Mariaschein, die ebenfalls
stillgelegt werden soll. Ferner wurde vorgestern bekannt, daß
die große Glasfabrik Invald bei ihrer Arbeiterschaft einen
20%igen Lohnabbau vornimmt. Das bedeutet, daß die Not und
das Elend im- sudetendeutschen Gebiet immer größer
wird.
Nun muß man natürlich auch die Frage behandeln: Was
macht die Sudetendeutsche Partei im Kampf gegen diese Bedrückungsmaßnahmen,
gegen die Stillegung und gegen die ungeheuere Not, die im ganzen
sudetendeutschen Gebiet auf der Tagesordnung steht? (Posl.
Beuer: Sie ist die Partei dieser Unternehmer!) Sehr richtig!
Weil sie die Partei der Kapitalisten ist, darum darf sie nichts
unternehmen, und wenn sie selbst nicht Kapitalisten sind, dann
sind wenigstens die Hauptantreiber, die Betriebsleiter, die Obersteiger
und Meister alle in der Sudetendeutschen Partei, die für
ihre Kapitalisten, ob es nun Christen oder Juden sind, die Fersen
des sudetendeutschen Proleten treten, damit der Gewinn für
die Kapitalisten recht groß ist. Daß die Sudetendeutsche
Partei bei den èechischen Regierungsstellen gar nicht oder
so schlecht angeschrieben ist, beweist ja der Umstand, daß
der Fabrikant Weber aus Schluckenau und der Generalsekretär
Kieslinger vom Industriellenverband als ernannte Vertreter dieser
Partei in die Landesvertretung berufen wurden. Der Fabrikant Weber
in Schluckenau hat, wie jedes Kind in Nordböhmen weiß,
die bekannte Ausbeutungsstätte, wo der schlechteste Lohn
gezahlt wird und die Arbeiter gezwungen werden, ihre Loh nkreuzer
wieder in den Fabrikskonsum zu tragen. (Posl. Beuer: Was macht
dort der Kreisleiter der Sudetendeutschen Partei?) Der hat
keine Zeit zum Intervenieren. Wie war die Tätigkeit der Sudetendeutschen
Partei weiter? Es sind ja jetzt schon einige Monate vergangen
und man müßte feststellen können, inwieweit es
den sudetendeutschen Herrn Unternehmern gelungen ist, die Lage
des sudetendeutschen Volkes zu bessern. Wir haben dem Herrn Neuwirth,
als er hier auf der Tribüne stand, zugerufen: "Wann
stimmen Sie mit uns gegen die Živnobank? Wann stimmen Sie
für die Arbeitslosen?" Darauf hat er uns geantwortet,
daß er sich nicht von den Kommunisten den Zeitpunkt vorschreiben
lasse, und daß sie dazu noch Zeit hätten. Wißt
Ihr, was die Arbeitslosen draußen sagen? Daß sie bitter
enttäuscht wurden von Euch, gerade in dieser Frage. Ihr habt
ja einige solcher "Raz Gugsas" in Euren Reihen, die
mit einer Vergangenheit belastet sind, daß sie die früheren
Verbrechen mitgemacht haben Schaut Euch nur um, wie es draußen
aussieht! Was habt Ihr hier schon geleistet? Ihr habt die Erklärung
abgegeben: "Wir waren Deutsche, wir sind Deutsche und wir
werden Deutsche bleiben." Solche Erklärungen sind billig
und kosten den deutschen und èechischen Kapitalisten keine
Krone. Ihr habt weiter Krach gemacht, daß man Eurem Henlein
bei der Bradáè-Feierlichkeit keine Loge gegeben
hat. Das sind Eure Sorgen und Schmerzen. Ihr habt Euch aufgeregt,
daß man ein Henlein-Bild von einem Haus heruntergenommen
hat. Zeigt uns aber auch, wo Ihr den Kampf aufgenommen habt, um
die sudetendeutsche Not zu lindern! Da wird man lange suchen können
und nichts finden. Die Macht der Ausbeuterklasse beruht ja stets
auf der Vereinigung von Gewalt und Betrug. Nun besitzt die Sudetendeutsche
Partei nicht jene Macht @a la Hitler, infolgedessen muß
sie eine Politik des Eiertanzes betreiben, muß jedem etwas
versprechen. Wir haben das ja auch im landwirtschaftlichen Ausschuß
beobachten können, wie es mit der sogenannten Volkshilfe
aussieht. Dort hat Herr Künzel beantragt, die Regierung
möge Maßnahmen treffen, damit die gute Butter von den
reichen Leuten gekauft werden möge und die Margarine für
die armen Leute übrig bleibe. Die Arbeitslosen werden Euch
schönen Dank wissen für eine derartige Volkshilfe. (Výkøiky.)
Oder ein anderes Beispiel: Da hat Herr Dr. Hodina im
Iandwirtschaftlichen Ausschuß beantragt, man solle auf dem
schnellsten Wege die Fixierung des Viehmonopols durchführen,
weil das Getreidemonopol allein für die Bauern wertlos sei.
Wißt Ihr, was das heißt? Das würde bedeuten,
daß Ihr noch den armen Angestellten das Stückchen Fleisch
verteuern helft, das sie sich noch manchmal gönnen. Herr
Dr. Hodina hat aber auch zur Hilfe für die sudetendeutschen
Bauern anläßlich der schlechten Ernte folgende Ratschläge
erteilt: "Wenn ihr gutes Saatgetreide in die Hand bekommen
wollt" - so riet er - "so fahrt in das Lagerhaus, schaut
Euch das Getreide an und wenn es gut ist, so kauft es." Diesen
gescheiten Rat brauchen die kleinen Bauern wahrhaftig nicht von
Ihnen. Wenn man Geld hat, um in ein Lagerhaus zu fahren und sich
dort gutes Saatgetreide auszusuchen und zu kaufen, dann braucht
man solche Ratschläge nicht. (Rùzné výkøiky.)
Místopøedseda Taub (zvoní): Upozoròuji
pana øeèníka, že øeènická
lhùta vypršela.
Posl. Schenk (pokraèuje): Auf solche Weise
bringt man keine Hilfe. Noch eine andere Frage möchte ich
hier berühren. Ihr habt Euch beklagt, daß wir Kommunisten
Euch hier fortwährend angreifen. Mit vollem Recht tun wir
das, denn die Arbeit, die Ihr hier leistet, ist zum Schaden des
sudetendeutschen Volkes. Seit dem 19. Mai ist eine noch größere
Not im sudetendeutschen Gebiet zu verzeichnen. Wir wissen, wie
die proletarische Bevölkerung draußen redet, sie hat
nicht gewußt, welch eine erbärmliche Haltung die Sudetendeutsche
Partei im Parlament einnehmen wird, aber Konrad Henlein hat uns
noch in London an die èechischen Agrarier über die
Adresse des Hochadels verkaufen wollen. Das hätten wir wirklich
nicht erwartet. Herr Henlein opfert 50.000 deutsche Angestellte,
aber er findet kein Wort des Protestes, wenn die èechische
Gendarmerie ins deutsche Gebiet kommt und wenn die deutschen Kleingewerbetreibenden
und Bauern vom Steuerexekutor ausgeplündert werden. (Rùzné
výkøiky. - Místopøedseda Taub
zvoní.)
Wir Kommunisten haben klar aufgezeigt, daß man die Mittel
dort nehmen muß, wo sie vorhanden sind. Und wie macht es
Konrad Henlein? In Haida und überall, wo er vorträgt,
erklärt er: "Der Staat ist arm und wenn er arm ist,
kann man nichts machen." (Výkøiky.) Sogar
der Herr Finanzminister Dr. Trapl zeiht ihn der Lüge,
indem er erklärte, es gäbe bei uns Geld, es brauche
nur genommen werden. Herr Henlein aber erklärt, daß
es kein Geld gibt. Deshalb habt Ihr auch die sudetendeutsche Volkshilfe
organisiert, bei der sich der deutsche Kapitalist mit einem Bettelgroschen
von seiner Verpflichtung loskaufen kann.
Místopøedseda Taub (zvoní): Pane
øeèníku, upozoròuji vás po
druhé, že øeènická lhùta
uplynula.
Posl. Schenk (pokraèuje): Konrad Henlein
erzählt den Leuten, jeder möge soviel geben, daß
er es als Opfer empfindet. Wißt Ihr, daß beim sudetendeutschen
Kapitalisten schon 10 Heller ein Opfer sind? Eine solche Politik
kann man nur als eine Politik des Volks- und Arbeiterverrates
bezeichnen. Und die Mission, die Ihr habt, ist die von Agenten
des Kapitalismus, die sogar bereit sind, die scharfen Angriffe
der Kapitalisten auf die Arbeiterschaft noch zu verdeuteln und
zu verstellen. Ich verweise nur auf den Kunauer Mord. Wenn man
da erzählt, daß man eine moralische Legitimation habe,
Angestellte zu erschießen, dann muß ich sagen, daß
man auch eine solche moralische Legitimation haben müßte,
mit Kanonen alle deutschen Ausbeuter zu erschießen, wenn
es sich um eine Frage der politischen Moral handelt.
Nun haben die Kommunisten auch in den verschiedenen Ausschüssen
Anträge zur Linderung der Not in den sudetendeutschen Gebieten
eingebracht. Wir haben ferner auch bei der Budgetberatung unsere
diesbezüglichen Anträge gestellt. Wir sagen: Wenn man
einem Volk von 14 Millionen helfen will, dann darf man sich auch
nicht scheuen und schämen, diejenigen zu packen, die Schuld
an der Not und dem Elend sind, denn es ist nachgewiesen, daß,
obwohl draußen die Menschen vor Hunger sterben, hunderte
Arbeiterfamilien täglich delogiert werden, daß es Nutznießer
gibt, die aus der Volksnot Millionen und Milliarden in ihre Taschen
stecken. Darum sagen wir: Wenn die Regierungsparteien Notverordnungen
machen, um gegen die Kleinen vorzugehen, dann müssen sie
auch Notverordnungen gegen die Reichen erlassen. Wir glauben Euch,
daß Ihr Angst habt, daß die Hunderttausende Arbeitsloser
sich erheben könnten, und daß Euren Gendarmen etwas
geschehen könnte. Aber es ist vor allem notwendig, daß
man die Millionäre mit Kriminal und Einsperren bedroht und
nicht den Arbeitslosen, der nichts zum Leben bekommt und mit seiner
Familie hungern muß. Denn im sudetendeutschen Gebiet ist
der Gendarm der Bedürftigkeitsprüfer, vom Gutdünken
des Gendarmen hängt es ab, ob der Arbeitslose eine Czech-Karte
erhält oder nicht. Darum sagen wir Kommunisten: Auch dieser
Zustand muß geändert werden. Wir führen den Kampf
nicht nur gegen die deutschen Kapitalisten, sondern auf internationaler
Grundlage auch gegen das èechische Finanzkapital, das die
Vormachtstellung in diesem Staate hat, das aber auch ein guter
Verbündeter der deutschen Kapitalisten ist, die in den Reihen
der Henleinpartei sitzen.
Somit erklären wir: Gebt billiges Brot, gebt billigen Zucker
her, steuert dieser ungeheueren Teuerung, gebt die Lebensmittel
heraus, die man uns versprochen hat. Sparet nicht mit den Millionen,
laßt sie nicht auf dem Papier stehen. Es gibt Möglichkeiten,
um auch die Millionäre zur Besteuerung heranzuziehen. Wenn
man sagt, daß das ein Angriff auf das Privatkapital ist,
so ist es auch ein Angriff auf das Privatkapital, wenn man dem
armen Menschen die Karte abnimmt, wenn man Lohnabbau macht, Betriebe
still legt und Existenzen direkt in den Abgrund hinunterstößt.
Somit erklären wir: Wir wissen, daß die Kraft, die
den Kapitalisten heute das Handwerk legen kann, nur die einheitliche
Kraft der Arbeiterklasse sein wird. Wir wissen, daß die
èechischen Kapitalisten Stoupal und Dr. Preis mit der Peitsche
genau so auf den Buckel des èechischen Werktätigen
hauen wie es die Kapitalisten im deutschen Gebiet mit dem deutschen
Arbeiter machen. (Rùzné výkøiky.
- Místopøedseda Taub zvoní.) Wir
werden nicht in die Hetze der Henleinleute verfallen, die erklären,
daß die Èechen oder die Marxisten daran Schuld sind,
obwohl den Marxismus in ihren eigenen Reihen noch niemand kennt.
Denn der eine spricht, daß der Marxismus 60 Jahre alt ist,
der andere spricht von 70 Jahren und der Dritte von 80 Jahren.
Richtig aber ist, daß alle 44 nicht wissen, wie lange der
Marxismus besteht.
Wir Kommunisten wissen, daß der einheitliche Kampf der Arbeiterklasse,
geführt auf der Grundlage des Klassenkampfes, auch die Kapitalisten
zu Paaren treiben wird. Wir haben es nicht notwendig, Steuern
einzuführen, die die Volksmassen belasten (Rùzné
výk øiky. - Místopøedseda Taub
zvoní.), wir hätten soviel Möglichkeiten,
neues Geld hereinzubringen, von jenen, die die Nutznießer
der Volksnot gewesen ist. Darum sagen wir den Arbeitern: Schließt
Euch zus ammen, ganz gleich, welche Sprache Ihr redet, erkennet,
daß nur im gemeinsamen Kampf, geführt auf der Grundlage
des Klassenkampfes, im Verein mit den Kleingewerbetreibenden,
mit den Kleinbauern und mit den kleinen Hausbesitzern auch jene
Front geschaffen wird, an der der Kapitalismus und das Ausbeutertum
zerschellen werden. Dann werden auf den Bünken des Parlaments
keine Agenten des deutschen und èechischen Kapitalismus
sitzen, sie werden dorthin vertrieben sein, wo sie hingehören.
(Potlesk komunistických poslancù.)
Hohes Haus! Entgegen den Versprechungen des Finanzministers bringt
man unserer Wirtschaft als eine Art Weihnachtsgeschenk doch noch
ein paar neue Steuern, die von vo rnherein eigentlich das ganze
Steuersystem kennzeichnen in einer Art und Weise, wie es bisher
noch nicht vorgekommen ist: eine Steuer, wie z. B. die Backpulversteuer,
steht in ihrem Erträgnis in keinem Verhältnis zum tatsächlichen
Aufwand und zur Notwendigkeit des Steuerbudgets. Die Backpulversteuer
ist als Zusatzsteuer gedacht, da die Hefe bereits besteuert ist,
obwohl die Überlegung angestellt werden müßte,
daß das Backpulver kein Hefe-Ersatz ist und wenn es schon
besteuert wird, dann höchstens in der gleichen Art und Weise
wie die Hefe. Dazu kommen bei der Backpulversteuer noch technische
Schwierigkeiten. Schon allein die Maßnahme, daß die
Steuer durch Steuermarken entrichtet wird, die auf den Päckchen
aufgeklebt werden sollen, bedeutet Schwierigkeiten für die
Industrie, die abgesehen von allen anderen Schwierigkeiten nur
zu einer weiteren Verminderung unseres Wirtschaftsumsatzes führen
müssen. Wenn die Industrie dazu verurteilt wird, diese Art
der Einhebung vorzunehmen, dann tritt nicht nur wieder einmal
das Kuriosum ein, daß der Steuerträger selbst zum Ei
nheber der Steuer gemacht wird, sondern die Industrie ist auch
gezwungen, Maschinen anzuschaffen, deren Wert die Produktionsmenge
im Verhältnis zu den sonstigen Aufwendungen eigentlich übersteigt.
Dazu kommt, daß das Backpulver als hygroskopischer Stoff
eine nachträgliche Manipulation durch Aufkleben nicht verträgt.
Die Lohnschwierigkeiten, die an sich in unserer Wirtschaft vorhanden
sind, werden durch ein solches Gesetz nur vergröß ert,
denn es bleibt die Frage offen, wer die Erhöhung der Kosten,
wer die Steuer trägt. (Pøedsednictví pøevzal
místopøedseda Mlèoch.)
In dem Gesetz ist der Hinweis darauf enthalten, daß der
Konsument die Steuer nicht tragen soll, obwohl von vornherein
überlegt werden muß, daß die Industrie, wenn
sie auch etwas dabei verdient, in keiner Weise eine derartige
Steuer, die zur Hefesteuer in keinem Verhältnis steht, übernehmen
kann. Während die Hefesteuer 5 Kè für 1 kg beträgt,
beträgt die Backpulversteuer 26 Kè für 1 kg und
sollte bei gleicher Besteuerung wie die Hefe eigentlich nur 6ÿ66
Kè betragen. Wie hoch bei uns die Steuer ist, zeigt sich
auch in dem Verhältnis der Steuer zum Ges amtwert. Bei der
Hefesteuer 100%, bei der Backpulversteuer 66%. Dazu ist der Ertrag
der Steuer mehr als optimistisch angenommen. Es ist dabei noch
die Frage zu überlegen, ob durch eine solche Steuer überhaupt
ein Ertrag hereingebracht werden kann, wenn man bedenkt, daß
die Verwendung von Backpulver zur Herstellung von Teigwaren noch
nicht allzu lange gebräuchlich ist und die Bevölkerung
durchaus die Möglichkeit hat, diese Substanzen überhaupt
nicht zu verwenden und mit anderen Behelfen auszukommen.
Die Steuer kann also durchaus zu einem Konsumrückgang führen,
der wiederum auf Kosten anderer Steuern geht, zumindestens kann
sie eine Konsumverschiebung zur Folge haben, die sich wieder auf
andere Wirtschaftsteile nachteilig auswirkt. Wichtig ist dabei
die Feststellung, daß das Backpulver für die Großverbraucher
überhaupt nicht in Frage kommm t, da es die Teigwarengroßerzeuger
ohne weiteres ersetzen können und im Verhältnis zu den
Kleinverbrauchern weniger verwenden. Diese Steuer ist also durchwegs
eine Kleinkonsumsteuer und ist dadurch von vornherein als unsozial
gestempelt. Wir haben absolut nichts dagegen, wenn durch die Besteuerung
alle jene Stoffe erfaßt werden, die neben der Hefe noch
für die Teigwarenbereitung verwendet werden, aber wenn diese
Steuern schon aufgelegt werden, dann keinesfalls in dem Ausmaße,
wie es hier vorgeschlagen ist.
Ähnliches gilt auch von dem Gesetz über die Besteuerung
der Essigsäure. Es ist eigenartig, daß im Motivenbericht
zu dieser Gesetzesvorlage von einer Rücksicht auf die Gebirgsgegenden
gesprochen wird. In Wahrheit will ja der Staat mit dieser Ausrede
eine neue Einkommensmöglichkeit schaffen, die sich aber in
keiner anderen Weise als in Preiserhöhungen auswirken kann.
Dafür wird die Steuer im Hinweis auf die Verhältnisse
in anderen Ländern noch als niedrig bezeichnet. Wenn angegeben
wird, daß ein Hektoliter Essig-Spiritus bei uns mit 1200
Kè festgesetzt ist, auf dem eine Steuer von 600 Kè
lastet, was nur 50% ausmacht, so darf man nicht diese 50% in Erwägung
ziehen, sondern man muß den Preis dieser Menge in den übrigen
Ländern ins Kalkül ziehen. In Deutschland beträgt
er 578, in Jugoslavien sogar nur 434 Kè. Wenn auch dort
die Steuer 97% ausmacht, so ist der Hektoliter doch mit 434 Kè
bedeutend billiger als der Preis bei uns, trotzdem die Steuer
nur 50% beträgt, aber 600 Kè ausmacht.
Es ist auch hier die Frage aufzuwerfen, wer denn eigentlich diese
Steuer tragen soll, der Erzeuger oder der Abnehmer, da man eine
Preiserhöhung durchaus verhindern will. Man versucht hier
durch Verordnungen und Bestimmungen wieder neue Schwierigkeiten
zu schaffen, ohne sich zu fragen, ob überhaupt jemand diese
komplizierten Verhältnisse noch beherrschen kann. Die Verordnungen
scheinen lediglich dazu da zu sein, um direkt zu Übertretungen
zu zwingen, wobei dann der Staat die Verhängung von Steuerstrafen
als eine der heute scheinbar wichtigsten Einnahmsquellen im Auge
hat.
Bei Erörterung dieser verhältnismäßig geringen
Steuer, die an sich mit einem ungeheueren Optimismus eingeschätzt
wird, der mehr als fehl am Platze ist, ist wohl noch auf die Steuerverhältnisse
hinzuweisen, die durch zahlreiche Resolutionen und Anträge
schon erörtert worden sind. Interessant ist bei uns die Tatsache,
daß das Finanzministerium von dem Vorhandensein von Steuerrichtlinien
durchaus nichts wissen will. Es ist also die Tatsache bestehend,
daß das Finanzministerium von den unteren Organen durchaus
nicht im nötigen Maße unterrichtet wird. Die Steuerrichtlinien
sind allerdings nicht vom Finanzministerium herausgekommen, sondern
von den Finanzdirektionen Brünn und Prag mit dem 15. März.
bzw. 11. April 1932, ohne daß man sich mit den hier vor
allem maßgebenden Körperschaften unserer Wirtschaft
vorher ins Einvernehmen gesetzt hätte. Interessant ist, daß
gleichzeitig mit dieser Herausgabe der Steuerrichtlinien für
die Behörden auch ein Verbot erlassen wurde, wonach sie sich
gegenüber den Steuerträgern nicht auf diesen Steuerschlüssel
berufen dürfen, weiters ein Verbot, von diesemSteuerschlüssel
abzugehen.
Diese Maßnahme bedeutet eine direkte Verletzung der Rechtsverhältnisse
und der Steuermoral, auf die ja die Steuerbehörde in erster
Linie Wert legen sollte. Dazu kommt bei uns noch der Mangel der
Steuerverwaltung als solcher. Während die meisten übrigen
Staaten heute schon an eine systematische Schulung der Steuerbeamten
herangehen und eine einheitliche Erziehung in wirtschaftspolitischer
und finanzpolitischer Hinsicht vornehmen, überläßt
man es bei uns den Steuerbehörden immer noch, die nötigen
Kräfte sich selbst zu erziehen. Auf diese Weise kommt eine
Desorientierung in den Beamtenstand herein, die dazu führt,
daß das persönliche Gutdünken letzten Endes die
einzige Richtlinie ist, nach welcher der Beamte vorgeht. Dazu
kommt noch die Festsetzung von direkten Steuerkontingenten, die
die einzelnen Steuerämter aufzubringen haben, ohne Rücksicht
darauf, ob die Steuergebiete überhaupt einen solchen Ertrag
ermöglichen oder nicht. Der Steuerbeamte kann, wie einzelne
Beispiele zeigen, durchaus nach freiem Ermessen vorgehen und die
Tatsache, daß auch bei den heurigen Vorschreibungen wiederum
die Erträge ganz einfach um 60% erhöht wurden, zeigt
die Willkür des ganzen Apparates.
Uns kommen Tag für Tag Beschwerden über das Vorgehen
der Steuerbeamten zu. Ich will nur einen einzigen Fall herausgreifen:
Beim Genossenschaftsvorstand der Fleischerund Selchergenossenschaft
in Graslitz Robert Riedel, erschienen am Freitag, den 13. Dezember
d. J. nachmittag die Exekutionsbeamten mit einem Wagen, nahmen
die Hälfte der Fleisch- und Wurstvorräte aus dem Schaufenster,
Laden und der Kühlanlage mit fort und verkauften dieselben
in der Kanzlei des Steueramtes zu Schleuderpreisen, zu einem Drittel
des Wertes. Der Mann steht jetzt vor dem Ruin und vor der Tatsache,
daß er keine Ware mehr von den Lieferanten geborgt bekommt
und kein Betriebskapital besitzt, um neue Ware kaufen zu können.
Dabei handelt es sich hier um einen Steuerträger, der nachweisbar
seit 1924, also seit 11 Jahren, regelmäßige Monatsraten
an das Steueramt bis zu 24.000 Kè in einem Jahre freiwillig
abgeführt hat. Zugleich mit ihm ereilte einen Konditor. namens
Liebig, am Marktplatz das gleiche Schicksal zum zweiten Mal in
14 Tagen. Durch ein solches Vorgehen wird dem wirtschaftlich schwachen
Gewerbetreibenden die letzte Existenzmöglichkeit genommen.
Er steht vor dem Ruin, muß den letzten Rest von Personal
entlassen und Graslitz hat wieder einige Arbeitslose mehr. der
Staat aber keinen Nutzen. sondern eine Steuerquelle weniger.
Das ist die Steuerpraxis in einem demokratischen Staate, in welchem
es vorkommt, daß Kleingewerbetreibenden und kleinen Leuten
die Existenzmöglichkeit genommen wird, während den großen
Unternehmen und Betrieben Steuernachlässe in Millionenbeträgen
gewährt werden. Es muß diese Steuerpraxis endlich ein
Ende nehmen. Wir haben vor dem Kriege in den Staaten Europas eine
durchschnittliche Steuerhöhe und Lastenhöhe durch öffentliche
Abgaben von 15 bis 18% gehabt. Wir haben jetzt in der Èechoslovakei
eine Besteuerung, die 40% des Gesamteinkommens ausmacht. Das ist
mehr als eine Verdoppelung bei gleichzeitigem Rückgang der
wirtschaftlichen Konjunktur überhaupt. Während z. B.
der Konsum im Inland bis zu 50% zurückgegangen ist, auf dem
Gebiete der Lebensmittelbranche bis zu 22%, müssen wir feststellen,
daß das Gesamteinkommen der Bevölkerung unseres Staates
seit 1929 von ungefähr 90 Milliarden auf 50 Milliarden zurückgegangen
ist. Das vor kurzem durchgepeitschte Budget hat aber seit 1929
nur eine Verminderung von ungefähr 15% erfahren, in Wirklichkeit
ist also eine tatsächliche Erhöhung von ungefähr
35% gegenüber 1929 eingetreten. Das geschieht in einer Zeit,
in der an und für sich die Wirtschaft auf einen solchen Tiefpunkt
gekommen ist und heute mehr denn je Unterstützung braucht.
Ist es nicht direkt ein Hohn, daß jenes Ministerium, das
die Sorge für die gesamte Industrie, den Handel und das Gewerbe
zu tragen hat, im Staatshaushalt mit nur etwas über 36 Millionen
Kè dotiert wird? Jenes Ministerium, das die Obsorge über
die wichtigsten Steuerträger übernehmen soll, wird mit
1/2 % der gesamten Budgethöhe dotiert. Das zeigt am klarsten
die Vernachlässigung unserer ganzen wirtschaftlichen Verhältnisse
und es zeigt, daß man heute noch nicht einmal so viel eingesehen
hat, die Lebensmöglichkeit jener Wirtschaftsbereiche, die
den Staatshaushalt überhaupt ermöglichen, zu fördern
und zu bessern, um dadurch wiederum erst eine Verbesserung der
Wirtschaftsverhältnisse und damit auch des Steuererträgnisses
zu erzielen. Während bei uns jedes kg Zucker, jedes kg Brot
und Mehl von der Steuer erfaßt wird, wird auf die Besteuerung
des anonymen Kapitals fast überhaupt kein Gewicht gelegt.
Diese Einstellung zeigt, daß hier kapitalistische Interessen
maßgebend sind, die es überhaupt nicht zulassen, daß
Rücksicht auf den Kleinen genommen wird, vor allem dort,
wo er allein die ganze Last der Verantwortung zu tragen hat.
Der Handelsstand verlangt seit langer Zeit die Pauschalierung
der Umsatzsteuer. Wie wertvoll wäre es, wenn man diese Pauschalierung
noch jetzt vor Weihnachten durchgeführt hätte. Statt
dessen kommt man heute mit solchen Steuerlappalien, die außerdem
noch ganz unmöglich sind, wie die Essigsteuer und die Steuer
auf die Teigauflockerungsmittel. Man schafft damit nur neue Schwierigkeiten
statt der versprochenen Besserung und bringt wieder den Beweis
des weitestgehenden Unverständnisses für unsere ganze
Wirtschaftslage. Die Verhältnisse in unserer Wirtschaft ergeben
sich am besten aus einem Vergleich mit den Verhältnissen
in anderen Gebieten. Während die Weltwirtschaft gegenüber
1928 eine Produktionssteigerung um 4%, ohne Amerika sogar um 27%
erfahren hat, betrug die Produktionsziffer bei uns im Verhältnis
zum Jahre 1929 ungefähr an die 70%, womit ganz klar gezeigt
ist, daß die Verhältnisse bei uns mit denen draußen
nicht gleichgesetzt werden können, daß bei uns vielmehr
die Notwendigkeit besonderer Maßnahmen besteht, da bei uns
besondere Verhältnisse herrschen, die sonst in keinem anderen
Staat zu finden sind.
Das sind vor allem die Verhältnisse, wie sie sich bei uns
aus der bisherigen und leider noch andauernden chauvinistischen
Einstellung auch auf wirtschaftspolitischem Gebiete ergeben. Wir
haben erst vor kurzem mit Verwunderung von dem bekannten Beschluß
des Prager Magistrats Kenntnis nehmen müssen. Nichts vermag
die Verhältnisse so klar aufzuzeigen, wie gerade dieser Vorfall,
obwohl in den èechischen Zeitungen immer und oft davon
gesprochen wird, daß im deutschen Wirtschaftsraum Boykott
betrieben wird. Wenn man bei uns im sudetendeutschen Raum die
Verhältnisse nicht erkennt und die Notwendigkeit schleunigster
Maßnahmen nicht einsieht, wenn man nicht gewillt ist, hier
einzugreifen und bessere Verhältnisse zu schaffen, dann darf
man sich nicht wundern, wenn auf der anderen Seite Maßnahmen
vorkommen, die nicht im allergeringsten als Boykott gewertet werden
können, sondern nichts anderes bedeuten, als das letzte Recht
eines bedrückten. Volkes, das Recht auf Selbsthilfe. Nichts
zeigt wohl die Trostlosigkeit unserer Verhältnisse so klar
wie das Überhandnehmen der Arbeitslosigkeit. Wenn man einmal
die Statistik hernimmt, so sieht man, daß bei der Zentralsozialversicherungsanstalt
im Jahre 1928 in den ersten drei Lohnklassen 34% aller Einkommenbesteuerten
waren, wobei die ersten drei Lohnklassen einen Taglohn bis zu
14 Kè aufweisen, während im Jahre 1935 der Anteil
dieser mindesten Lohnklassen an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen
54% ausmacht. Wenn man dagegen feststellen muß, daß
der Prozentsatz der Hilfsarbeiter in der sudetendeutschen Wirtschaft
um 40% zugenommen, in der èechischen Bevölkerung aber
um 60% abgenommen hat, dann sieht man an diesen nüchternen,
traurigen und bitteren Tatsachen, wohin die ganze Politik bei
uns führt. Solange in einer Wirtschaft, wie der unsrigen,
Löhne, wie z. B. in der Gablonzer Industrie, von ungeführt
20 Hellern pro Stunde gezahlt werden, solange ein Unterstützungssystem
besteht, bei dem nah ezu ein Drittel aller Arbeitslosen ausgeschaltet
sind, solange kann man nicht sagen, daß sich ein Staat,
der diese Verhältnisse duldet, als ein Staat bezeichnen kann,
dessen Bevölkerung soziales Verständnis hat! Es ist
unmöglich, von der Arbeiterschaft oder von den kleinen Leuten
heute noch Opfer zu verlangen, wenn das Verständnis der gesamten
Bevölkerung, vor allem das Verständnis der Regierung,
in der Linderungsmöglichkeit der Verhältnisse nicht
beispielgebend wird. Wohin soll es führen, wenn bei uns große
weite Gebiete der ärgsten Trostlosigkeit preisgegeben werden,
wenn nahezu 20% der gesamten Bevölkerung arbeitslos werden,
wenn unsere Industrie immnmer mehr erschwert wird, wenn Handel
und Gewerbe in einer Art und Weise betreut werden, wie es die
Dotierung des Handelsministeriums zeigt.
Es muß hier einmal ein scharfer, rascher Schritt getan werden,
damit unsere Bevölkerung Vertrauen zur Gesinnung nicht nur
untereinander, sondern auch zur Gesinnung des Staates bekommt,
da sonst eine Konsolidierung und demokratische Verhältnisse
durchaus ausgeschlossen sind. Oder will man es soweit kommen lassen,
daß schließlich ein großer Teil der Bevölkerung
überhaupt kein Lebensrecht mehr hat, daß man die primitivsten
Forderungen, auf die ein Volk Anspruch hat, nicht erfüllt?
Man kann in einer Wirtschaft wie der unsrigen auf Grund von Dogmen
und Doktrinen keine Experimente machen, man muß in unserer
Wirtschaft, wenn eine Besserung herbeigeführt werden soll,
auf die sozialen Forderungen Rücksicht nehmen. Um hier die
wahren Verhältnisse bei uns zu kennzeichnen: wenn es möglich
ist, daß heute hunderttausende und hunderttausende Arbeiter
ausgeschaltet bleiben sollen, ohne Rücksicht darauf, was
mit ihnen und ihren Nachkommen einmal geschehen soll, dann muß
man sich fragen, ob ein Staat, der solche Verhältnisse noch
zuläßt, wirklich das Recht hat, als demokratischer
Staat bezeichnet zu werden. Die Verhältnisse in der Arbeiterschaft
sind maßgebend, sind die Richtsschnur für die kulturelle
Höhe in einem Staat. (Potlesk.) Jeder hungernde Arbeiter
ist eine Anklage nicht nur gegen die Regierung, sondern gegen
die Gesinnung des ganzen Volkes. Er hat das Recht, das einzige
Recht in diesem Staate, zu verlangen und wir werden uns stets
für seine Forderungen einsetzen. (Potlesk.)
Hohes Haus! Ich habe die Ehre, heute hier das erstemal zu sprechen.
Ich hatte nicht die Absicht, heute das Wort zu ergreifen, aber
die zwei Vorlagen, die jetzt zur Beratung stehen, geben mir Anlaß
zu sprechen, weil der heutige Verhandlungstag zeigt, wie bei uns
eigentlich die Verhältnisse liegen. Es ist erschreckend,
wenn wir das 5 Tage vor Weihnachten sehen müssen, ein Weihnachten,
das in dieser Härte noch nicht dagewesen ist, das ungeheueres
Elend für Hunderttausende bringt, wenn man sich mit zwei
so kleinen Fragen und Vorlagen beschäftigt, deren Ergebnis
geradezu als fiktiv zu bezeichnen ist. Denn wenn gesagt wurde,
daß von der Backpulversteuer 8 Millionen erwartet werden,
so können wir heute schon annehmen, daß weit über
50 % davon einfach auf die Einhebung verwendet werden müssen.
Es ist bedrückend für uns, wenn wir 8 Tage nach Verabschiedung
des Staatsvoranschlages sehen müssen, wie sich das Haus trotz
der ungeheueren Notlage, die draußen in der Bevölkerung
und besonders im Sudetendeutschtum herrscht, hier stundenlang
mit solchen Dingen beschäftigt, wie Redner heute diese Vorlagen
nur dazu benützt haben, um wieder einmal gegen die soviel
gehaßte Sudetendeutsche Partei kämpfen und auf sie
schimpfen zu können. Von meinem Vorredner wurde schon klar
gesagt, daß an einen Erfolg der beiden Vorlagen so gut wie
nicht zu denken ist. Wenn solche Dinge vorkommen können,
daß stundenlang darüber beraten wird, so muß
man sagen, daß sowohl bei den Verantwortlichen als auch
bei dem Großteil der Mitglieder des Hauses überhaupt
keine Ahnung darüber besteht, wie groß das Elend und
die Verarmung besonders bei unserem Volke bereits vorgeschritten
ist. Wie groß das Elend und die Verarmung in unserem Volke
bereits ist, davon will ich Ihnen nur einige kleine Beispiele
aus meiner eigenen Erfahrung schildern. Es ist herzzerreißend,
wenn wir Hunderte Menschen wegschicken müssen, die zu uns
kommen, ohne daß wir ihnen helfen können. Auf der andern
Seite sehen wir, daß in dieser ernsten Zeit hier in diesem
Hause die Zeit mit unwichtigen Dingen totgeschlagen wird. Während
des ganzen Vormittages, wo wir diese Steuervorlagen beraten, waren
zeitweise kaum 7 oder 8 Mitglieder im Saale anwesend.
In einem kleinen Orte in der Nähe meines Heimatso rtes mit
kaum 1400 Einwohnern wurde vor einigen Wochen festgestellt, daß
7 Kinder so schwer an Epilepsie erkrankt sind, daß sie den
Kopf nicht mehr aufrechthalten können und daß die Augen
nicht mehr stehen geblieben sind. Ich frage, ist es angesichts
dieser ungeheuren Notlage nicht höchste Pflicht aller Verantwortlichen,
endlich ei nmal entscheidende Hilfe zu bringen? Im selben Ort
liegen 32 Kinder wegen schwerster Unterernährung krank darnieder.
Ist das notwendig in einem so reichen Land wie dem unsrigen, wo
man über 50.000 Waggons Getreide im vorigen Jahr zu viel
hatte, während daneben die Arbeitslosen verhungern mußten.
Die amtlichen Ergebnisse des letzten Jahres sprechen nun endlich
etwas deutlicher über unsere Verhältnisse und teilen
mit, daß 70% der Kinder im sudetendeutschen Gebiet unterernährt
sind. Es muß endlich einmal etwas geschehen, um wirkliche
Hilfe zu bringen. In Böhm. Leipa haben wir vor 3 Wochen feststellen
müssen, daß die Arbeitslosen schon durch 14 Tage kein
Brot bekommen haben, weil der verantwortliche Beamte seine Pflicht
vernachlässigt und nicht rechtzeitig das Mehl bei der Bezirksbehörde
angefordert hat. Zur selben Zeit waren im Bezirk Böhm. Leipa
3 Waggons Mehl für die Brotaktion bereit. Die Not ist furchtbar
und wenn auch die Mittel beschränkt sind und keine Wunder
geschehen können, so müßte doch endlich das Menschenmöglichste
getan werden, um diese ungeheuere Not wenigstens einigermaßen
zu lindern.
Was den Brotskandal in Schluckenau anbelangt, so kann ich aus
eigener Erfahrung berichten, wie die Dinge waren. Wir waren vielleicht
zehnmal bei der Bezirksbehörde und verlangten ein genußfähiges
Brot für die Arbeitslosen. Endlich kam ein Waggon verdorbenes
Getreide. Wir haben gegen die Vermahlung protestiert. Der Waggon
stand 7 Tage am Bahnhof von Schluckenau. Es wurden davon 3- Proben
verschickt, eine an die Bezirksbehörde, eine an den Landeskulturrat
und eine an die Produktenbörse. Nach 7 Tagen kam die Probe
zurück mit dem Bescheid, es sei genußfähiges Getreide.
4 Wochen lang mußten die Arbeiter ungenießbares Brot
essen. In welchem Zustand dieses Brot war, davon konnten Sie sich
selbst überzeugen. Wir haben seinerzeit jedem Parlamentierer
solches Brot zugeschickt. Und dann sagt man hier, daß wir
nur Demagogie betreiben. Der ärztliche Befund aber hat festgestellt,
daß 43 Personen schwere Magenbeschwerden durch den Genuß
dieses Brotes erlitten und erkrankten.
Ein anderer Fall. Ich war vorige Woche in Freiwaldau und konnte
feststellen, daß aus Staatsmitteln im Bezirke Freiwaldau
70 Waggons Kartoffeln aufgekauft, aber nicht für die Arbeitslosen
des Bezirkes verwendet wurden. Von irgendwoher kamen dann 5 Waggons
vollkommen genußunfähiger Kartoffeln für die Freiwaldauer
Arbeitslosen. Muß man nicht über die Geduld des sudetendeutschen
Volkes staunen, das solche Dinge mit Geduld erträgt? Muß
man nicht sagen, daß Sie stolz sein könnten, solche
Staatsbürger in ihren Grenzen zu haben? (Potlesk.)
Gerade jetzt, unmittelbar vor Weihnachten, müßte sich
das Haus dazu aufraffen, endlich einmal die versprochenen Hilfsmaßnahmen
auch wirklich durchzuführen. Ich habe die Berichte von mehreren
Bezirken, die mitteilen, daß von dem versprochenen Mehl,
Fett, Zucker noch kein einziges Stücklein an die Arbeitslosen
für Weihnachten gegeben. wurde. Das ist doch einfach unerhört.
Endlich müßte man doch alles daran setzen, solche Unmöglichkeiten
auf die Dauer abzustellen. Wenn man uns in den Staat hineingenommen
hat und uns haben will, muß man uns nehmen wie wir sind,
als Deutsche, die Lebensnotwendigkeiten haben, die erfüllt
werden müssen. (Potlesk.) Wir sind heute mausarm geworden,
wir haben alles hergegeben, und Sie müssen von den Mitteln,
die wir abgeliefert haben, wenigstens einen Teil hergeben, damit
unsere Leute draußen nicht verhungern. Wenn man erfährt,
daß im Bezirk Zwickau jeder 12te Todesfall ein Selbstmord
ist, so erkennt man, wie ungeheuer die Depression und Verzweiflung
ist. Auch die Verzweiflung läßt sich nur bis zu einem
gewissen Grad ertragen. Es gibt heute schon Tausende und Hunderttausende,
die sagen: "Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken
ohne Ende." Sie können uns dankbar dafür sein,
daß wir diese verhungernden Menschenmassen so zusammenhalten
wie bisher. (Potlesk.)
Seit 2 Jahren wird uns die Agrarentschuldung versprochen. Das
Moratorium stellt keinen genügenden Schutz dar und jetzt
spricht man wieder von neuen Steuern. Das einzige Mittel zur Rettung
ist die Beschaffung von Arbeit. Wir haben seinerzeit Maßnahmen
über Maßnahmen vorgeschlagen. Sie müssen uns zugeben,
daß wir überall und immer sachlich gesprochen und uns
bemüht haben, die Dinge so darzustellen, wie sie wirklich
sind! Sie haben uns auf diese Darstellung geantwortet: "Das
Risiko dafür kann man nicht übernehmen." Ist es
kein Risiko, wenn heute hunderttausende Menschen draußen
verhungern müssen und sich hier zeigt, daß kein Ernst
zur Arbeit vorhanden ist? Diese ganzen Gebührensachen! Fragen
Sie heute einen Bauern draußen, was er über die Gebühren
denkt, die ihm tagtäglich aufgehalst werden. Fragen Sie einen
Jungbauern, der einen verschuldeten Hof übernehmen muß,
der bis zur Höchstgrenze belastet ist, was dieser Bauer an
Gebühren - Tausende und Tausende Kronen - aufgehalst bekommt.
Fragen Sie ihn, ob er dann imstande ist, ein gesundes Mitglied
des Staates und Volkes zu werden. Da müßten Sie sich
bemühen einzugreifen und dürfen sich nicht mit solchen
Lächerlichkeiten beschäftigen, wie die beiden Vorlagen,
die heute hier zur Beratung stehen. Das ist unser Standpunkt dazu.
(Posl. V. Sedláèek: Kdo vám to má
platit?) Das fragen Sie immer. Aber wir alle wissen, daß
hunderte und tausende Millionen umsonst hinausgeworfen und verpulvert
worden sind und die notwendigen Maßnahmen unterblieben.
(Posl. V. Sedláèek: Kdo zavinil nezamìstnanost
v nìmeckých krajích? Vy to víte dobøe!)
So sind die Dinge. Das haben wir heute auch anläßlich
der Essig- und der Backpulvervorlage gehört; der Redner hat
damit begonnen, daß die Sudetendeutsche Partei an diesem
ganzen Elend Schuld ist. Vielleicht ist sie auch an dem Elend
und der Verarmung des Staates Schuld! So steht die ganze Geschichte.
Ich warne Sie in dieser Stunde, nicht weiter so fortzufahren und
ich bitte Sie geradezu angesichts der ungeheueren Not, die da
ist, endlich einmal die versprochenen Hilfsmaßnahmen durchzuführen,
Hilfsmaßnahmen, die erfüllt werden müssen. Es
kann nicht mehr weiter so gehen, wie jetzt, und wir können
nicht zusehen, wie draußen unsere Menschen verarmen und
verhungern müssen, wir können nicht mit verantwortlich
an diesen Zuständen werden, die sich überall zeigen.
Mehr habe ich dazu nicht zu sagen. Weihnachten steht vor der Tür,
tausende und hunderttausende Menschen warten bescheiden darauf,
daß Sie ein Weniges tun. Geben Sie ihnen, damit die ungeheuere
Katastrophe, die sich da vorbereitet, ferngehalten und verhindert
wird. (Potlesk.)