Pùvodní znìní ad 1060/IV.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Fritz Hassold und Genossen

an den Eisenbahnminister

in Angelegenheit einer Geldsammelaktion der Pilsner Staatsbahndirektion.

Wie mir aus Kreisen von Staatsbahnangestellten bekannt ist und wie auch die Presse berichtet, hat die Staatsbahndirektion in Pilsen vor einiger Zeit bei ihren Angestellten eine Sammelaktion zur Unterstützung arbeitsloser Bahnangestellter durchgeführt. Richtiger gesagt, soll es sich eigentlich nicht um eine freiwillige Sammelaktion gehandelt haben, sondern es soll bei dieser Aktion ein gewisser Druck ausgeübt worden sein und sollen den Angestellten und Beamten einfach Abzüge von ihren Bezügen gemacht worden sein. Auf diesem Wege hat sich die Pilsner Staatsbahndirektion nicht weniger als über 95.000 Kè beschafft.

Bedarf schon die Art, auf welche Weise die genannte Direktion das Geld bekam, einer Aufklärung, so ist es noch viel notwendiger, über die Verwendung dieses Betrages öffentlich und einwandfrei Rechnung zu legen, denn es sind in der Oeffentlichkeit und in der Presse Mitteilungen gemacht worden, dass die eingehobenen Gelder nur zum Teile zur Unterstützung arbeitsloser Bahnangestellter verwendet worden seien. Und zwar seien 68.000 Kè an arbeitslose Bahnangestellte ausgezahlt worden, 5.000 Kè an die Bezirksjugendfürsorge (wohl sicherlich nur an die tschechische) während der nahmhafte Betrag von 22.000 Kè an verschiedene Tschechisierungsvereine, Jednotas, verteilt worden ist.

Ueber die Notwendigkeit jeglicher Art vom Unterstützung Arbeitsloser soll natürlich kein Wort verloren werden. Es ist aber eine Ungeheuerlichkeit, wenn sich eine Staatsbahndirektion herausnimmt, einseitig in den nationalen Kampf einzugreifen. Die Staatsbahndirektion Pilsen umfasst tschechisches und deutsches Gebiet. Neben tschechischen Bahnbeamten und Angestellten sind auch deutsche Beamte und deutsche Angestellte in dieser Direktion bedienstet. Man hat sicherlich bei der mit mehr oder weniger Druck durchgeführten Sammlung auf die Einkassierung bezw. das Abziehen bei deutschen Gehältern nicht vergessen. Es muss aber geradezu als eine Unverschämtheit bezeichnet werden, wenn die Staatsbahndirektion ohne Rücksicht auf diese Deutschen sich erlaubt, gesammelte Gelder deutschfeindlichen Tschechisierungsvereinen zuzuführen unter Ausnützung und in Kenntnis der Tatsache, dass der deutsche Angestellte sich ja wicht rühren darf, weil er sonst kaltblütig um seine Existenz gebracht wird und höchstens das Meer der Arbeitslosen verstärkt. Aus diesem Grunde glaubt man, sich den Deutschen gegenüber jede Rücksichtslosigkeit und Verletzung herausnehmen zu dürfen. Es ist für ein sogenanntes geschäftliches Unternehmen, wie es die Eisenbahn doch sein will und soll ein geradezu unerhörtes Vorgehen, sich - und dazu noch mit fremden Geldern in den nationalen politischen Kampf einseitig einzumischen.

Es muss festgestellt werden, dass die Verwendung öffentlicher Gelder, die für einen genau angegebenen Zweck bestimmt sind, zu irgendwelchen anderen Zwecken geradezu einer Art von Veruntreuung gleichkommt und die betreffenden Schuldigen den Geldgebern, also sämtlichen die zur Sammlung beitrugen, voll und ganz dafür haftplichtig sind, dass die Veranstalter der Sammlung als Treuhänder die eingesammelten Gelder restlos dem angegebenen Zwecke auch zuzuführen. Es erscheint daher als eine schwere Verletzung dieser Treuhänderverpflichtung, wenn unter dem Motto von Arbeitslosenunterstützung Gelder für Tschechisierungszwecke eingehoben werden.

Die Unterfertigten stellen daher an den Herrn Eisenbahnminister folgende Anfragen:

1. Sind dem Herrn Minister diese Vorgänge bei der Pilsner Staatsbahndirektion bekannt?

2. Ist der Herr Minister bereit, sofort eine strenge Untersuchung einzuleiten und die für die Sammlung und Aufteilung der Gelder verantwortlichen Personen sicherzustellen?

3. Ist der Herr Minister bereit, eine genaue Ueberprüfung der genannten Geldaktion zu ermöglichen und über die Verwendung der gesammelten oder den Beamten abgezogenen Gelder einen genauen Rechenschaftsbericht zu veröffentlichen?

4. Ist der Herr Minister bereit, die betreffenden Personen dazu zu verhalten, dass die für die Arbeitslosen bestimmten Gelder restlos auch arbeitslosen Staatsangestellten der Pilsner Staatsbahndirektion zugewendet werden?

5. Was gedenkt der Herr Eisenbahnminister zu tun, um den betreffenden Beamten der Staatsbahndirektion Piken beizubringen, dass sie nicht zum Zwecke chauvinistischer Betätigung sondern zum Zwecke der Verkehrsvermittlung bei der Eisenbahn angestellt sind?

Prag, am 17. Feber 1931.

Dr. Hassold,

Ing. Kallina, Dr. Hanreich, Dr. Schollich, Krebs, Ing. Jung, Schubert, Bobek, Scharnagl, Knirsch, Kasper, Matzner, Dr. Keibl, Horpynka, Köhler, Simm, Geyer, Dr. Petersilka, Szentiványi, Kitsch, Dr. Holota, Dr. Törköly.

Pùvodní znìní ad 1060/VIII.

Interpellation

des Abgeordneten Ing. Othmar Kallina und Genossen

an den Minister des Innern

in Angelegenheit des Vorgehens der Karlsbader Zensurorgane (Deutsche Tageszeitung vom 25. Feber 1931).

Staatspräsident Masaryk hat in seinem Buche Das neue Europa über die politische Selbständigkeit der Völker als der Grundlage freier friedlicher Entwicklung die Worte niedergeschrieben:

Die politische Selbständigkeit ist für eine, sich der Bedeutung ihres Selbst bewusste, gebildete Nation eine Lebensnotwendigkeit; eine politisch unfreie Nation (Nationsteil) wird bisher auch im entwickeltesten Kulturstaate unterdrückt, wirtschaftlich und sozial ausgebeutet. Je denkender ein Volk ist und je energischer, desto schwerer trägt es die fremde Oberherrschaft; und es kommt vor, dass der politisch Herrschende weniger gebildet, weniger tüchtig ist als das untergebene Volk.

Und an anderer Stelle:

Der tschechoslowakische Staat wird die Freiheit des Wortes uni der Presse, die Versammlungs- und Petitionsfreiheit verbürgen.

Nun muss aber festgestellt werden, dass die Zensurorgane bewusst diesen Aeusserungen des Staatspräsidenten entgegenhandeln, wenn z. B. in der Deutschen Tageszeitung vom 25. Feber 1931, Folge 47, in Karlsbad in dem Artikel: - - Trauertag - - - Ehrentag folgender Absatz dem Rotstift des Zensors verfällt:

Die damaligen Machthaber sind zu Paris über die heilig gegebenen Versprechungen, unter Missachtung des heiligsten Naturrechtes der Völker, der Selbstbestimmung ihres eigenen Schicksals, zur Tagesordnung hinweggeschritten und haben 40 Millionen Menschen allein in Mitteleuropa der Knechtschaft fremdnationaler Staaten unterworfen. Schwer lastet seither die Faust der neuen Staatsgewalten auf den ihnen so ungerechterweise zugeteilten fremdnationalen Gebieten. Unsägliches Elend, schwere materielle und geistige Not ist über diese Millionen Menschen hereingebrochen, deren einziger Trost es ist, dass auch für sie einmal die Stunde der Freiheit schlagen werde. Noch versuchen die regierenden Staatsmänner unter Aufrechterhaltung einer Scheindemokratie, die sich auf die Spitzen der Bajonette stützt, diesen Gewaltzustand nicht nur zu erhalten, sondern als die gerechteste Lösung der Nationalitätenfrage in Europa hinzustellen. Die Kriegsschuldlüge musste dazu herhalten, Deutschland in Sklawenketten zu legen. Aus dem demokratischen Rüstzeug holten sich diese merkwürdigen Friedensschwärmer die Waffen, um nunmehr, auf das sogenannte Mehrheitsprinzip pochend, die Unterdrückung von 40 Milionen Menschen als moralisch gerechtfertigt zu begründen, ja sie gehen in ihrem Hohne so weit, die nur auf Entnationalisierung eingestellten neuen Machtmethoden als den Ausfluss des Humanitätsideals hinzustellen. Brutale Machtmethoden, Lüge und Irreführung der Oeffentlichkeit sind die Grundlagen dieser eigenartigen Nachkriegsdemokratie, die zu einer Verelendung grosser Menschenmassen geführt und in ihrer weiteren Folge eine Wirtschaftskrise heraufgeführt haben, die nach aussenhin durch das 10 Millionen Arbeitslosenheer in Mitteleuropa allein gekennzeichnet wird.

Die hier niedergelegten Gedankengänge sind heute Allgemeingut aller friedliebenden Menschen, die ehrlich von der Sorge getragen sind, der Wahrheit zum Siege zu verhelfen. Die Erkenntnis, dass die Kriegsschuldlüge, auf welcher die, gegen Deutschland gerichtete Versklawungspolitik des Versailler Friedensdiktates aufgebaut ist, nicht mehr aufrecht zu erhalten ist, hat sich nicht nur bei allen Wissenschaftlern, sondern heute bereits bei fast allen führenden Staatsmännern Englands, Nordamerikas und Italiens durchgesetzt. Es wirkt geradezu lächerlich, wenn tschechische Zensurorgane glauben, diese Entwicklung durch ihre Praktiken aufhalten zu können.

Auch der herrschenden Arbeitslosigkeit wird nicht damit gesteuert, dass man die Feststellung, dass heute in Europa allein 10 Millionen Arbeitslose gezählt werden, konfisziert.

Die Unterzeichneten fragen daher an, ob der Herr Minister bereit ist, endlich alle Vorkehrungen zu treffen, dass solche, jeder Demokratie hohnsprechende Zensurmethoden, wie sie sogar im Vormärz unbekannt waren endlich verschwinden, und die Zensurorgane dahingehend aufzuklären, dass die Freiheit des Wortes, die Freiheit der Presse im Staatsgrundgesetze verankert und daher von den Zensurorganen in erster Linie zu achten sind?

Prag, am 10. März 1931.

Ing. Kallina,

Ing. Jung, Horpynka, Krebs, Köhler, Matzner, Dr. Keibl, Simm, Kasper, Dr. Hanreich, Geyer, Dr. Schollich, Dr. Hassold, Knirsch, Schubert, Dr. Szüllö, Hokky, Fedor, Dr. Holota, Nitsch, Dr. Törköly, Szentiványi, Dr. Jabloniczky, Dobránsky.


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