Úterý 5. bøezna 1935

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 360. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v úterý dne 5. bøezna 1935.

1. Øeè posl. dr Hanreicha (viz str. 12 tìsnopisecké zprávy):

Meine Herren! Die Dauerkrise der Weltwirtschaft ist nur aus der trotz der Beendigung des Krieges bestehenden politischen Spannung zu verstehen, die ein vertrauensvolles Zusammenarbeiten der Völker verhindert. Auch wir haben daher unseren Teil dazu beizutragen, um an der endgültigen Befriedung Europas dadurch mitzuarbeiten, daß wir im Innern des Staates die politischen Spannungen beseitigen, die zweifellos bestehen. In einem äußerst ernsten Zeitpunkt, in dem über die politische Gestaltung unserer Innenpolitik entschieden wird, ergreife ich daher die ohnehin seltene Gelegenheit, wo dieses Haus tagt, um Fragen zu erörtern, die dem Großteil der sudetendeutschen Öffentlichkeit auf dem Herzen brennen. Es ist die Frage, ob es uns möglich sein wird, das durch den gewaltsamen Eingriff des Parteiengesetzes zerrüttete deutsche Lager in Ruhe und Frieden wieder aufbauen zu können, ob es uns möglich sein wird, die Freiheit der Wahlen zu sichern, oder ob weite Schichten des Sudetendeutschtums durch neue Zwangsmaßnahmen praktisch um ihr Wahlrecht gebracht werden. Es geht nicht darum, ob die sudetendeutsche Heimatfront Konrad Henleins bestehen bleibt oder ob sie aufgelöst wird, es geht um mehr, und zwar deshalb, weil es eigentlich nicht allein das Programm der SHF ist, das dieser neuen Partei eine solche Durchschlagskraft gibt, deren Rasanz in allen Parteilagern zu verspüren ist, sondern darum, daß weite Schichten unseres Volkes mit den bestehenden Parteien unzufrieden sind, neue Formen suchen und in geschlossener Formation eine neue und bessere Zukunft sich erarbeiten wollen. Weil sie in der SHF die Verkörperung dieses Einigungswillens sehen, streben sie unhaltsam in dieses Lager. Der Hauptträger des Einigungswillens ist die Jugend. Aber auch weite Schichten der älteren Generation sind aus ihrer wirtschaftlichen Einstellung heraus so eingestellt, daß sie eine Vereinfachung des Parteiwesens wünschen, um für ihre berufliche und fachliche Arbeit mehr Spielraum zu erhalten.

Die Einstellung der Jugend ist leicht zu begreifen. Der Weltkrieg hat unter die Entwicklung des vorigen Jahrhunderts einen dicken Strich gezogen. Im Zusammenbruch des Jahres 1918 ist mehr zusammengebrochen als Staaten und Herrscherthrone. Eine Epoche der Welt- und Wirtschaftskrise ist damit abgeschlossen worden. Die Kämpfe der heutigen Tage sind ein Tasten und Suchen nach neuen Wegen und neuen Methoden für menschliche Kultur, Bildung und Wirtschaft, ein Gähren, aus dem neue Ideale und Lebensziele geboren werden sollen. Die Repräsentanten der alten Generation stehen vor der Jugend wie Bankerotteure. Die alte Zeit hat Bankerott gemacht. Unsere Wirtschaft ist trotz des Hochstandes der Technik und Verkaufskunst in einer tödlichen Krise, unsere kulturellen Ideale sind Gegenstand schärfster Kritik, unsere Politik konnte trotz Völkerbund und zahllosen internationalen Konferenzen den Völkerfrieden nicht bringen. (Rùzné výkøiky.)

Místopøedseda Taub (zvoní): Prosím o klid.

Posl. dr Hanreich (pokraèuje): Das èechische Volk spürt all das vielleicht noch nicht in dem Maße wie wir Sudetendeutschen, denn es hat politisch die Ernte einer jahrzehntelangen Arbeit unter Dach gebracht: die neugewonnene staatliche Selbständigkeit. Aber auch bei Ihnen meldet sich das Problem der Jugend, auch bei Ihnen wirkt sich die Krise in der Revolutionierung früher ruhiger Bevölkerungsschichten aus, auch Sie werden dieselben Probleme wie wir in allerschärfster Form vor sich aufsteigen sehen und lösen müssen. Es ist somit, wie ich schon erwähnte, nicht das Problem der Henleinfront an sich, sondern der uralte Kampf zwischen Alt und Jung, der einmal schärfer, einmal weniger scharf in Erscheinung tritt, aber noch nie geruht hat. Da sich die Probleme in der letzten Zeit auf die SHF zugespitzt haben und auf die Vorwürfe, daß sie undemokratisch und daher faszistisch und staatsgefährlich sei, werden wir uns doch mit diesen Problemen konkret beschäftigen müssen.

Betreffs der angeblichen Staatsgefährlichkeit und der angeblichen Abhängigkeit von reichsdeutschen Mustern gestatten Sie mir nur darauf zu verweisen, daß führende èechische Politiker wie Generaldirektor Dr. Preiss von der Živnostenská banka Meinungen über Deutschland geäußert haben, die, von einem deutschen Politiker ausgesprochen, glatt die Paragraph en des Schutzgesetzes in Bewegung setzen würden; und doch ist es eine Binsenwahrheit, daß die Elbe von uns über Deutschland nach Hamburg fließt und uns damit den Weg weist, den unsere wirtschaftliche Entwicklung gehen muß. (Výkøiky na levici.) Der Präsident des größten landwirtschaftlichen Genossenschaftsverbandes Herr Klindera hat auf Grund wiederholter Studienreisen ins Reich Eindrücke empfangen und den Mut gehabt, darüber öffentlich zu sprechen, Eindrücke, die beweisen, daß man sich in der Beurteilung der reichsdeutschen Zustände nicht allein von den Auslassungen der Prager Emigrantenpresse leiten lassen darf. Ich glaube wohl behaupten zu dürfen, daß die Herren Dr. Preiss und Klindera deshalb nicht im Verdacht der Staatsfeindlichkeit stehen und daß man ihnen faszistische Regungen kaum nachsagen wird. Um wieviel mehr müßten Sie es begreifen, daß das Sudetendeutschtum, das mit dem Deutschtum im Reiche kulturell und sprachlich innig verbunden ist, mit dem größten Interesse die Entwicklung im Reich verfolgt und daß sich der Aufstieg, der draußen zweifellos auf vielen Gebieten zu sehen ist, auch in den Köpfen unserer Leute auswirkt. Ich weiß wohl, daß es nicht dasselbe ist, wenn zwei das Gleiche tun. Sie sehen die politischen Auswirkungen bei uns Sudetendeutschen mit einer gewissen Beunruhigung und suchen nach Mitteln und Wegen, um Ihnen unerwünschte Auswirkungen zu verhüten. Die Mittel, die von gewissen Kreisen vorgeschlagen werden, sind jedoch die denkbarst ungeeigneten.

Místopøedseda Taub (zvoní): Prosím pana øeèníka, aby mluvil k vìci.

Posl. dr Hanreich (pokraèuje): Sie können mit Polizei und Gefängnis selbstverständlich gegen Einzelne vorgehen, jeder Staat nimmt sich das Recht dazu und hat es auch, diese Mittel anzuwenden. Gegen Massenbewegungen verfehlen Sie jedoch ihre Wirkung, weil sie undemokratisch sind. Gegen Massenbewegungen gibt es nur ein wirksames Mittel: geistige Beeinflussung in dem gewünschten Sinne, sorgfältige Erziehungsarbeit und Heranziehung der Lehren, die aus der Geschichte gewonnen werden können.

Ein Beispiel unserer neuen Geschiichte wäreungemein lehrreich. Die Gründung des deutschen Reiches im Jahre 1871 hat ähnlich wie die Machtergreifung Hitlers die Deutschen der Sudetenländer und Innerösterreichs, die noch im Jahre 1866 gegen die Preußen kämpften, im Innersten aufgewühlt. Auch damals befürchtete die österreichische Staatsmacht unangenehme Rückwirkungen auf die Staatstreue der Deutschen in Österreich, und die damals allmächtiige deutschliberale Partei hat besonders in Fragen des Militärhaushaltes eine so unglückliche Politik gemacht, daß diese Befürchtungen der österreichischen Regierung berechtigt erscheinen konnten. Die damalige reichsdeutsche Politik strafte jedoch alle Zweifel lügen. Bismarck war es, der unter deutlicher Anspielung auf den Namen ihres Führers das Wort von den Herbstzeitlosen geprägt hat, die nie etwas zur rechten Zeit getan haben. Kaiser Wilhelm I. war es, der im Sommer 1871 in Gastein in einer Unterredung mit dem österreichischen Außenminister Beust das erklärte, was er schon dem Kaiser Franz Josef in Ischl erklärt hatte, daß er nicht daran denke, die österreichisch-deutschen Provinzen zu gewinnen. Er erklärte dem österreichischen Kaiser, genau so wie dem russischen Kaiser Alexander, daß er es für notwendig halte, daß sich die Deutschen in Österreich und in Rußland zufrieden fühlen, damit sie nicht ihre Köpfe nach Deutschland wenden und dadurch der deutschen Regierung Verlegenheiten bereiten. Der Doktrinarismus der alten liberalen Partei blieb jedoch vorläufig Sieger über die Ide en der jüngeren Generationen, die sich damit zufrieden geben wollten, daß sich das neu erstandene Deutschland in den mit dem Jahre 1871 gewonnenen Grenzen ruhig entwickeln könne. Und doch hat die junge Generation gesiegt, und nach einer Entwicklung von Jahrzehnten sehen wir den Großteil des österreichischen Deutschtums in zweifelsfreier Staatstreue zum österreichischen Staat stehen.

Ähnlich liegen die Dinge heute, nur daß sich alles viel rascher abspielt. Das Sudetendeutschtum hat klar empfunden, daß das neue Deutschland nicht daran denkt, sich in kriegerische Abenteuer einzulassen, daß es vielmehr in friedlicher Arbeit seinen Platz in der Völkerfamilie Europas einnehmen will. (Rùzné výkøiky. - Místopøedseda Taub zvoní.) Unsere Jugend zieht daraus die Konsequenzen. Unsere Jugend ist von der Krise so schwer betroffen, daß sie keinen anderen Wunsch kennt, als Arbeit zu erhalten und im Rahmen des Staates mitarbeiten und mitbestimmen zu können. Daß sie hiebei ebenfalls den Doktrinarismus der alten Parteien ablehnt und die Fehler der Herbstzeitlosen, die es immer gibt und geben wird, nicht mitmachen will, wird niemanden wundern, der unsere Jugend wirklich kennt. Nicht die Staatsgefährlichkeit ist es somit, was man unserer Jugend vorwerfen kann. Genau so verhält es sich mit der Beschuldigung unserer Jugendbewegung, die derzeit ihren konkretesten Ausdruck in der SHF findet, sie sei faszistich. Wir Sudetendeutschen haben absolut keine Lust, faszistisch regiert zu werden. Bekanntermaßen muß man, wenn man nicht der Leidtragende sein will, bei einer Diktatur Diktator, aber nicht Objekt der Diktatur sein. (Rùzné výkøiky.) Man uß Diktator sein, aber nicht Objekt der Diktatur. Zum ersteren langt es bei uns nicht, für das zweite bedanken wir uns. Im übrigen ist noch jede starke Partei aus einer Volksbewegung hervorgegangen. Nichts gibt einen genügenden Anhaltspunkt dafür, daß die Bewegung der SHF nicht in die Form einer demokratischen Partei ausmündet. Sie ist eine solche vielmehr bereits geworden.

Místopøedseda Taub (zvoní): Upozoròuji pana øeèníka po druhé, aby se zabýval vìcí.

Posl. dr Hanreich (pokraèuje): Das Streben nach Beteiligung bei den kommenden Wahlen, der deutlich ausgesprochene Wille zur Teilnahme an der Verantwortung sind sprechende Beweise dafür, daß die bestehenden demokratischen Einrichtungen von der SHF voll anerkannt werden und daß die Mitarbeit im Rahmen der verfassungsmäßigen Einrichtungen angestrebt wird. Die wahren Hintergründe der Hetze gegen die SHF liegen, wie einmal ganz offen ausgesprochen werden muß, gar nicht in der angeblichen Staatsgefährlichkeit oder in den faszistischen Neigungen der SHF (Výkøiky. - Hluk.), es ist vielmehr die Angst gewisser Parteien, bei den Wahlen Stimmen und Mandate zu verlieren. (Výkøiky. - Hluk.) Diese Retter, die mit eingelegter Lanze für die Demokratie in den Kampf treten wollen und bei jeder Gelegenheit nach dem Staatsanwalt und nach dem Schutzgesetz rufen (Hluk. - Výkøiky. - Místopøedseda Taub zvoní.), schlagen mit ihrem Vorgehen der Demokratie ins Gesicht und stören den Völkerfrieden; sie tun so, als ob sie die Demokratie gepachtet, in Dauerpacht genommen hätten. (Hlasy: Unerhört diese Rede! Hitlerknecht! - Hluk.) Hiebei ist die Rollenverteilung in diesem Kampfe eine wunderbare. Herr Minister Šrámek verlangt die Auflösung der SHF und seine Bundesgenossen auf deutscher Seite streicheln die SHF, damit sie hernach beim Zusammenbruch das Treibholz ernten und einheimsen können. Genau so ist die Rollenverteilung zwischen den deutschen und èechischen Sozialdemokraten hier. (Hluk. - Výkøiky. - Místopøedseda Taub zvoní.) Dabei wissen wir, was sich die Herren vom schwarzen Block vorstellen. Wir wissen ganz genau, daß ihnen hier die Errichtung einer Filiale vorschwebt, wie sie in Österreich errichtet worden ist (Hluk.), in welcher der Vatikan regieren soll und wo man die Vorarbeiten für die Restauration der Habsburger durchführen könnte.

Und, meine sehr geehrten Herren Sozialdemokraten, die so bös darüber sind, daß man hier von der Henleinfront spricht und die wahren Hintergründe ihrer Hetze aufzeigt, Euch möchte ich das eine anraten, daß Ihr darüber nachdenkt, daß auch aus der österreichischen Entwicklung sich Lehren ziehen lassen für Euch. (Výkøiky.) Der erste Schritt ab vom Wege der wahren Demokratie, die für alle gelten muß, bringt Euch auf den abschüssigen Weg, an dessen Ende die Diktatur steht und deren Prügelknaben Ihr sein werdet. (Posl. Jaksch: Reden Sie von den Henkern in Deutschland! - Hluk.) Von denen können Sie ja nach mir reden, Herr Kollege.

Meine Herren, Sie haben sich eingebildet, daß die Parteiauflösung für Sie ein großes Geschäft sein wird. (Výkøiky. - Hluk.) Während draußen die Hasenjagd durch das ganze sudetendeutsche Gebiet ging, tausende Hausdurchsuchungen erfolgten, tausende Unschuldige gestraft wurden und um ihre Posten kamen, haben Sie in den Gemeindeestuben und Bezirken um die erledigten Mandate geschachert und gefeilscht. (Výkøiky: Gemeinheit! Lüge! Unerhört! Beweisen Sie das! Das ist eine Schufterei!) Jede Gemeinde und jeder Bezirk ist ein Beweis dafür.

Místopøedseda Taub (zvoní): Volám pana øeèníka po tøetí k vìci.

(Další slova øeèníkova nebyla již podle §u 50, odst. 2 jedn. øádu tìsnopisecky zaznamenávána.)

2. Øeè posl. Hadka (viz str. 15 tìsnopisecké zprávy):

Es gibt im deutschen und èechischen Lager Parteien und Parteiführer, die das Parlament als Inkarnation des Volkswillens, als den höchsten Ausdruck der Volkssouveränität bezeichnen. Nach dreimonatiger Pause ist nun heute das Parlament wieder zusammengetreten und man hätte glauben müssen, daß diese Inkarnation des Volkswillens als ersten Punkt der Tagesordnung mindestens einige der wichtigsten Probleme angesetzt hätte, die die èechoslovakische Öffentlichkeit und die breite Masse der werktätigen und hungernden Bevölkerung berühren. Aber was sehen wir auf der Tagesordnung? Das Zusatzabkommen zu einem Handelsvertrag mit Finnland, mit dem unser ges amter Handelsumsatz - genau weiß ich es nicht - aber aller Wahrscheinlichkeit nach 20 Millionen Kronen nicht übersteigen wird! Hat sich in den letzten drei Monaten in der Èechoslovakei nichts anderes ereignet, als daß man ausgerechnet über ein Zusatzabkommen mit Finnland als ersten Punkt der Tagesordnung verhandeln muß? Ist in der Èechoslovakei eine derartige Situation, daß das Parlament nichts besseres zu tun hat als über solche nebensächliche Dinge zu beraten? Glauben die Herren Abgeordneten, die schon allmählich vom Wahlfieber ergriffen sind, daß sie nichts zu wissen brauchen über das, was sich draußen abspielt? Und ausgerechnet Herr Abg. Neèas ist Berichterstatter zu diesem Zusatzabkommen, derselbe Neèas, der vor 8 Tagen in Reichenb rg bei einer Enqu@ete, als die bürgerlichen Vertreter ihm in bewegten Worten das Elend in den nordböhmischen Industriegebieten schilderten, feierlich versichert hat, daß er sich dafür einsetzen wird, daß Reichenberg als Notstandsgebiet erklärt wird und daß dafür Sorge getragen wird, daß die arbeitslosen hungernden Textilarbeiterfrauen und Kinder wenigstens eine gewisse Linderung ihrer Not zu erwarten haben.

Heute hören wir den Herrn Abg. Neèas hier von dieser Tribünne über ein Zusatzübereinkommen zum Handelsv ertrag mit Finnland sprechen. Ist das die Einlösung des Versprechens, ist das die Einlösung des Schwures, den der Herr Abg. Neèas im Beisein des Bürgermeisters von Reichenberg, in Anwesenheit der Abg. Roscher, Macoun u. s. w. gegeben hat? Hat sich in den deutschen Gebieten dieses Staates inzwiischen nichts ereignet? Wir müssen feststellen, daß heute von der arbeitenden Bevölkerung mit aller Deutlichkeit die Frage aufgerollt wird, ob es deenn aus diesen unhaltbaren Verhältnisseen, in denen sich die werktätige Bevölkerung befindet, überhaupt noch einen Ausweg gibt. Das ist entschieden die Frage, die heute von der ganzen werktätigen Bevölkerung nicht nur des deutschen Gebietes, sondern auch des èechischen Gebietes gestellt wird und über diese Frage wird im èechoslovakischen Abgeordnetenhause nicht beraten, darüber wird nicht gesprochen, darüber schweigen sich die Herren aus.

Wir müssen heute feststellen, daß die bisherigen Versuche, die von den verantwortlichen Instanzen des Staates und des ganzen kapitalistischen Systems unternommen worden sind, gescheitert sind, wir müssen feststellen, daß eine Reihe solcher Versuche vorhanden war, im internationalen Maßstabe und auch in èechoslovakischem Maß stabe. Ich möchte heute daran erinnern, mit welchem Pathos, mit welcher Energie über dem damals durrchgeführten Hooverplan gesprochen wurde, wie man damals erklärt hat, daß sich am wirtschaftlichen Horizont der neue Silberstreifen bemerkbar macht, wie man damals den aufhorchenden Völkern erzählt hat, daß in Amerika der Stein der Weisen gefunden wurde, daß in Amerika Hoover den Ausweg aus Not und Elend und Krise zeigt. Damals hat man ihnen mit dieser Methode zu zeigen versucht, daß von Seiten der amerikanischen Bourgeoisie die Mittel und Wege bereits ausfindig gemacht wurden, aus diesen unhaltbaren Verhältnissen herauszukommen. Der Hooverplan ist geplatzt wie eine Seifeblase, nichts ist übrig geblieben. Kurze Zeit später hat uns Amerika mit einem neuen Plan, mit dem Rooseveltplan beglückt. Auch damals gab es in der bürgerlichen und auch in der sozialdemokratischen Presse Lobensh ymnen über die Großzügigkeit des Planes und auch heute noch kann man in den diversen Zeitungen lesen, daß gerade dieser Plan es ist, der die ganze Menschheit vor dem Zus ammenbruch, vor den unheilvollen Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise erretten wird. Ich glaube, daß jeder logisch denkende Mensch, und er braucht nicht Kommunist zu sein, heute feststellen muß, daß auch dieser Plan des derzeitigen Staatspräsidenten Roosevelt genau so wie die Pläne seiner Vorgänger Bankerott gemacht haben, daß sie zusammengebrochen sind. Wir haben solche Pläne in anderen Staaten gesehen, in England wie in Frankreich, man hat solche Pläne in Deutschland aufgestellt und es gab auch solche Versuche in der Èechoslovakei.

Ich möchte einige aus der Vergessenheit herausgreifen. Vor drei Jahren hat das èechoslovakische Parlament beschlossen, eine 50 Millionen Dollar-Anleihe aufzunehmen. Es sind damals 1.700 Millionen Kè zu ziemlich ungünstigen Konditionen geborgt worden. Aber diese ungünstigen Konditionen wurden damals vom Parlamente mit der Begründung genehmigt, daß man mit den 1.700 Millionen ein Ausweg aus der Krise finden wird, daß man damit die zusammenbrechende èechoslovakische Wirtschaft wieder ankurbeln wird. Damals hat man von diesen 1.700 Millionen nichts mehr gehört, respektive haben wir feststellen müssen, daß trotz dieses Geldes in der Èechoslovakei die Wirtschaftskrise immer verheerendere Formen angenommen hat. Ein Jahr später hat man einen neuen Schlager entdeckt, man ist mit der Arbeitsanleihe gekommen und ich erinnere mich noch sehr gut . . . .

Místopøedseda Taub (zvoní): Volám pana øeèníka po prvé k vìci.

Posl. Hadek (pokraèuje): Wir haben damals in allen Zeitungen die großzügigen Ankündigungen über die Zweckmäßigkeit der Arbeitsanleihe lesen können. Wir haben feststellen müssen, daß besonders die sozialdemokratischen Parteiführer der Arbeiterklasse aus dieser Arbeitsanleihe die größten Versprechungen gemacht haben, daß sie einen Ausweg aus der Krise bringen wird. Die Arbeitsanleihe hat 2 Milliarden ergeben. Sie wurde selbstverständlich verbraucht, die Auswirkungen waren allerdings nicht so, daß die èechoslovakische Arbeiterschaft davon Arbeit bekommen hat, sondern das Gegenteil ist eingetreten, die Krise hat sich ungeheuer verschärft.

Vor einem Jahre haben wir über die Devalvation der Krone gesproch en. Auch das war ein von Finanzsachverständigen als unfehlbar deklariertes Rezept. Was ist daraus geworden? Wir müssen feststellen, daß sie Auswirkungen in der Richtung gehabt hat, daß die wichtigsten Bedarfsartikel und Lebensmittel verteuert worden sind, daß aber die Erleichterung auf dem Arbeitsmarkte durch die Devalvation nicht eingetreten ist. So haben wir einen Plan nach dem anderen scheitern gesehen, so hat eine Illusion nach der anderen in rascher Folge Schiffbruch erlitten und Not und Elend sind in größtem Ausmaße gewachsen. Besonders im deutschen Gebiet dieses Staates hat die Not einen katastrophalen Umfang angenommen. Wir können heute feststellen, daß 50 % der Erwerbslosen dieses Staates in den deutschen Gebieten zu zählen sind, 50 % aller Arbeitslosen - und die wirkliche Zahl der Arbeitslosen ist bedeutend höher als in den amtlichen Ziffern angegeben wird - befinden sich in den deutschen Gebieten.

Es wäre an der Zeit, daß man einmal gründlich über die Situation und die Lage der breiten Massen der werktätigen Bevölkerung von dieser Tribüne ziffernmäßig sprechen würde. Es ist heute leider nicht möglich, denn das Parlament muß ja das Zusatzübereinkommen zum Handelsvertrag mit Finnland behandeln, und daher kann man heute nicht über die Situation im sudetendeutschen Gebiet sprechen. Aber ich glaube, daß die deutsche Sprache, die Sprache Schillers und Goethes, zu arm ist, um das Elend zu schildern, das sich heute im Isergebirge, im Erzgebirge und im ganzen deutschen Gebiete breit macht, daß es heute keine Sprache gibt, die das Elend in seiner ganzen Kraßheit schildern könnte. Man kann heute ruhig sagen, daß die Zeiten wiederkehren, die Gerhart Hauptmann seinerzeit zu dem berühmten "Weber"-Drama angerregt haben, daß heute Hundefleisch zum Leckerbissen geworden ist, daß die Kinder der Arbeitslosen hungernd und unterernährt in die Schule gehen und dort zus ammenbrechen. Man muß heute feststellen, daß speziell im Isergebirge im Glasarbeiteregbiet die Kinder überhaupt nicht mehr in die Schule gehen können, weil sie wegen Fehlens von Nahrung und Kleidung die Stube nicht mehr verlassen können.

Ich möchte nur einige Ziffern herausgreifen, die wir in der letzten Zeit erhoben haben und die beweisen, in welcher Situation wir uns in der Èechoslovakei befinden. Das sind nicht Ziffern, die wir als Kommunisten erh oben haben, sondern Ziffern, die von den statistischen Ämtern dieses Staates bestätigt werden müssen. In der Zeit der Krise sind allein im Reichenberger Gebiete 64 Textilbetriebe, 24 Glasbetriebe stillgelegt worden. Wenn Sie diese Zahl vergleichen mit der Zahl der im Gang befindlichen Betriebe, werden Sie das einschätzen können. Nach einer amtlichen Statistik sind die Löhne bei den Textilarbeitern um 58 %, bei den Glasarbeitern um 60 %, bei den Metallarbeitern um 66% und bei den Bergarbeitern in Schatzlar um 50 % abgebaut worden. Der Durchschnittslohn eines nordböhmischen Textilarbeiters hat folgende Entwicklung genommmmen: Im Jahre 1923 hat der nordböhmische Textilarbeiter noch 9000 Kè im Jahr verdient, im Jahr 1929 wurde dieser Lohn bereits auf 6747 Kè reduziert und im Jahre 1934 betrug er nur 1846 Kè. Ich wäre in der Lage, aus dem Kampf- und Arbeitsprogramm der kommunistischen Partei für Nordböhmen noch eine ganze Reihe solcher Ziffern herauszugreifen, die jeder amtlichen Erhebung standhalten und keine Übertreibung sind, ssondern wirkliche nackte Tatsachen kennzeichnen.

Angesichts dieser Tatsachen steht natürlich für die sudetendeutsche werktätige Bevölkerung mit gebieterischer Notwendigkeit die Aufgabe bevor, den Kampf für den Ausweg aus der Krise aufzunehmen. In dieser Situation müssen wir feststellen, daß eine ganze Reihe von sogenannten Rettern und neuen Propheten in der sudetendeutschen Öffentlichkeit auftreten, und im Hinblick auf die kommenden Wahlen ihre Rezepte der werktätigen Bevölkerung anbieten. Es sind zum großen Teil die alten Schlager, die wir schon hundertmal in den verschiedensten Variationen gehört haben, die heute von neuen Männern in der werktätigen Bevölkerung popularisiert werden. Im sudetendeutschen Gebiet entfaltet vor allem Henlein eine außerordentlich rührige Propaganda. Er ist der neue Trommler im sudetendeutschen Gebiet, der der werktätigen Bevölkerung das Heil verspricht. In Böhmisch Leipa isist Henlein aufgetreten und hat sein Programm verkündet. Er hat das getan mit Zustimmung der Regierung und ihrer Behörden und das Rezept, das er uns dort verkündet hat, war, daß die sudetendeutsche Bevölkerung die Volksgemeinschaft herstellen muß, die Volksgemeinschaft sei der Ausweg. Diese Worte haben wir schon in den vers chiedensten Variationen über die Grenze herüberschallen gehört. Auch in Deutschland hat man mit diesem Schlagwort die breiten Massen für den Faszismus eingefangen und Herr Henlein glaubt, daß das bereits in Deutschland erprobte Rezept selbstverständlich auch in der deutschen Bevölkerung der Èechoslovvakei seine Wirkung nicht verfehlen werde. Diese Volksgemeinschaft hat allerdings einen Nachteil, daß sie nämlich im Verlaufe einer zweijährigen Tätigkeit der Hitlerregierung zi emlich kompromittiert worden ist. Unter der Volksgemeinschaft versteht Herr Henlein die Einigung von Arm und Reich, von Millionären und Arbeitslosen, von Kapitalisten und Lohnsklaven, von Großagrariern und Kleinlandwirten. Diese Volksgemeinschaft soll das Rezept sein, um die deutsche Bevölkerung dieses Staates aus Not und Elend herauszubringen. Die sudetendeutsche werktätige Bevölkerung, die sudetendeutschen Arbeiter kennen nun bereits zur Genüge die Herren, mit denen sie jetzt die Volksgemeinschaft schließen sollen. Es sind da diverse Fabrikanten vertreten, ein gewisser Fabrikant Klinger, der selbst in der Zeit der Konjunktur versucht hat, seinen Arbeitern das Koalitionsrecht zu rauben und sie bereits in der Konj unktur im Lohn abgebaut hat, ein Mann, der heute seinen Textilarbeitern, sogar Familienerhaltern, 60 bis 80 Kronen in der Woche zahlt. Mit diesen Herren empfiehlt Henlein seiner Arbeiterschaft die Herstellung der Volksgemeinschaft. Wir könnten noch eine Reihe solcher Helden aufzeigen, mit denen die Arbeiterschaft nach dem Rezept Henleins den Zusammenschluß herbeiführen soll, um die sudetendeutschen Arbeiter vor Untergang und Zusammenbruch zu retten. Ich glaube, daß diese Volksgemeinschaft von dem überwiegenden Teil der Arbeiterschaft selbst abgelehnt wird und wir haben am Sonntag den besten Beweis dafür bekommen. Am Sonntag sind in Reichenberg 10.000 Arbeiter aufmarschiert, die sich gegen den Schwindel von der Volksgemeinschaft ausgesprochen haben. Sie sind nicht unter normalen Verhältnissen nach Reichenberg gekommen, sondern mußten Stunden hindurch im wütendsten Schneesturm marschieren, mit zerrissenen Schuhen und hungrigen Magen, sie wollten zum Ausdruck bringen, daß sie diese Phrase von der Volksgemeinschaft ablehnen, u. zw. nicht nur das, sondern daß sie bereit sind zu kämpfen, um den Schwindel von der Volksgemeinschaft des Herrn Henlein zunichte zu machen. Durch Wochen hindurch haben die Behörden jede Proppaganda, jeden Aufmarsch unmöglich gemacht, man hat die nordböhmischen Arbeiter von Seite der demokratischen Behörden zu hindern versucht, man hat versucht ihnen einz uhämmern, daß dieser Aufmarsch nicht durchgeführt wird.

Místopøedseda Taub (zvoní): Volám pana øeèníka po druhé k vìci.

Posl. Hadek (pokraèuje): Trotzdem haben sie es sich ni cht nehmen lassen und sind dem Ruf der kommunistischen Partei gefolgt, um zum Ausdruck zu bringen, daß sie gewillt seien, gegen Elend und Not, aber auch gegen Faszismus und seine sudetendeutsche Abart, die sudetendeutsche Heimatfront, den Kampf aufzunehmen.

Die sudetendeutschen Arbeiter wissen, daß Henlein der Mann der deutschen Bourgeoisie ist, der den Auftrag hat, die rebellierenden Massen neuerlich in den Dienst der Erhaltung des Kapitalismus zu stellen. Die sudetendeutschen Arbeiter wissen, daß Henlein der Sachwalter der blutigen faszistischen Diktatur des Dritten Reiches ist. Die sudetendeutschen Arbeiter wissen aber auch, daß das Programm Henleins in seiner Durchführung Krieg bedeutet, Krieg im sudetendeutschen Gebiet und um das sudetendeutsche Gebiet. Henlein ist der Nachfolger der nationalsozialistischen Partei. Ich glaube, darüber gibt es selbst unter den breiten Schichten seiner Anhänger keinen Zweifel. Wir kennen die Pläne, die diese Partei verfolgt hat und auch die Pläne, die Henlein von seinen Vorfahren, den aufgelösten Nationalsozialisten, übernommen hat. Sie gehen dahin, die sudetendeutschen Gebiete von der Èechoslovakei abzutrennen und sie der [ ] Diktatur Hitlers auszuliefern. Deshalb sagen wir, daß die werktätige Bevölkerung im Interesse ihrer eigenen Erhaltung sich mit aller Macht gegen diese faszistischen Pläne zur Wehr setzen muß, denn dieser Krieg wird die sudetendeutsche Bevölkerung noch zehnmal mehr dezimieren als die gegenwärtige Krise.

Wir müssen gleichzeitig feststellen, daß diese Henleinbewegung die aktivste Unterstützung der staatlichen Organe genießt. In Saaz haben die Gendarmen der èechoslovakischen Regierung die Versammlung Henleins beschützt und die antifaszistischen Kämpfer aus dieser Versammammlung hinausgeschlagen, unter dem Beifall Henleins und seiner Trabanten. In Neustadt haben wir ebenfalls gesehen, wie sich die Gendarmerie zu Gunsten der Henleinleute eingesetzt hat, daß sie dafür eingetreten ist, daß Henlein und seine Leute in dem Arbeiterort ihre Vers ammlung abhalten können. Allerdings haben die Neustädter Arbeiter, u. zw. nicht nur die Kommunisten, sondern auch die Sozialdemokraten, das muß man hier feststellen, in einheitlicher Front die entsprechende Antwort erteilt. Wir haben gesehen, daß in Leipa Henlein mit Zustimmung und unter Duldung und unter dem Schutz der èechoslovakischen Regierung und ihrer Bajonette aufmarschieren konnte und dort sein faszistisches Programm verkündete. Wir müssen weiter festhalten, daß die èechoslovakische Regierung die Herausgabe von ganz offen faszistischen Organen duldet, daß die Zeitungen der Henleinfront ungehindert und unzensuriert ihre Propaganda entfalten können und hetzen können, daß sie ihre chauvinistische Propaganda treiben dürfen, während die Arbeiterpresse, die Presse der kommunistischen Partei eingestellt wurde. Es ist Ihnen nicht unbekannt, daß die Rote Fahne, das antifaszistische Organ der deutschen Werktätigen der Èechoslovakei, von den Behörden dieses Staates, man muß es offen sagen, unter Patronanz der sozialdemokratischen Partei auf drei Monate verboten wurde. Wir müssen noch mehr feststellen: Die Reichenberger Arbeiter haben bei der Polizeidirektion ihren Aufmarsch für Sonntag angemeldet und unter anderem auch eine Losung gegen den Anschluß an Hitler-Deutschland ausgegeben. Diese Losung wurde von der Reichenberger Polizei konfisziert. Sie durfte bei der Demonstration weder getragen, noch gerufen werden, bei Androhung sofortiger Verhaftung. Die èechoslovakischen Behörden unterstützen also Henlein und unterstützen zum Teil seine irredentistische Propaganda. Hier darf man auch nicht daran vergessen, daß die sozialdemokratische Partei eigentlich Henlein die Möglichkeit zur Entfaltung geboten hat. Im Oktober 1933 wurde die nationalsozialistische Partei von der Regierung auf gelöst und die sozialdemokratischen Führer haben damals in der Presse und in Versammlungen erklärt, daß die Kommunisten nur Phraseure seien und nur mit dem Maul gegen den Faszismus kämpfen, während sie selbst die Auflösung der nationalsozialistischen Partei zuwege gebracht hätten. Viele Arbeiter sind ihnen damals auf den Leim gegangen. Wenn man aber nüchtern und klar die Bilanz aus dieser antifaszistischen Tätigkeit der Sozialdemokraten zieht, und sie müssen das auch selbst tun, dann findet man, daß die Auflösung der nationalsozialistischen Partei im Jahre 1933, die damals als der einzig mögliche Weg gegen den Faszismus bezeichnet wurde, nichts genützt hat. Ihr habt den Arbeitern die Illusion gemacht, daß die Demokratie den Faszismus schlagen werde. Und Ihr habt damit nur den Faszismus gezüchtet, weil die Kapitalisten niemals gegen ihren treuesten Knecht vorgehen werden, sondern ihn fördern, um so die arbeitende Bevölkerung niederzuhalten. Ihr habt den Faszismus aber auch dadurch gezüchtet, daß Ihr systematisch die Herstellung der proletarischen Einheitsfront verhindert habt. Ihr habt den Arbeitern einreden wollen, daß Ihr als Partei stark genug seid, den Faszismus zu verhindern. Heute muß man aber das Gegenteil feststellen.

Místopøedseda Taub (zvoní): Volám pana øeèníka po tøetí k vìci.

(Další slova øeèníkova nebyla již podle §u 50, odst. 2 jedn. øádu tìsnopisecky zaznamenávána.)

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