Pátek 19. kvìtna 1933
Hohes Haus! Wir erachten es für notwendig, zu dem in Verhandlung stehenden Gegenstand, und zwar zu dem Rechnungsabschluß für das Jahr 1931, auch einige Worte vom Standpunkt unseres parlamentarischen Klubs zu sagen. Wir standen schon immer, noch zur Zeit, als wir in Opposition waren, und stehen auch jetzt während unserer Beteiligung an der Regierung auf dem Standpunkt, daß es unbedingt notwendig ist, die Gestaltung dr Ausgaben des Staates in eine Richtung zu leiten, daß diese die Einnahmen nie übersteigen. Wir wußten, daß, wenn andauernd mehr ausgegeben als eingenommen wird, schließlich eine derartige Wirtschaftsführung nicht ins Endlose betrieben werden kann. Wir wußten aber auch, daß die Ausgaben, die seinerzeit mit einer ungefähren Höhe von 10 Milliarden Kè bestimmt wurden, in keinem Verhältnis zur Leistungsfähigkeit des Staates und auch nicht zur Bevölkerungszahl in diesem Staate stehen. Wir waren deswegen schon sehr frühe der Meinung, daß unter allen Umständen möglichst gespart werden muß, weil wir eben wußten, daß übertriebene Ausgaben die Schulden des Staates ganz bedeutend vermehren müssen.
Wenn wir den Rechnungsabschluß für 1931 betrachten, so finden wir, daß er sehr ungünstig abschließt. In diesem Rechnungsabschluß kommt schon mit zum Ausdruck die Wirtschaftskrise, in der wir bereits damals befunden haben, andererseits aber kommt auch mit zum Ausdruck die geringe Voraussicht, mit der die verschiedenen Zweige der Staatsverwaltung hinsichtlich der Ausgaben vorgegangen sind. Hätte schon bei der Zusammenstellung des Voranschlages für 1931 eine richtige Einschätzung der damaligen wirtschaftlichen Verhältnisse bestanden, so hätte keinesfalls für 1931 gegenüber dem Jahre 1930 eine Erhöhung der staatlichen Ausgaben um 500 Millionen Kè platzgreifen dürfen. Es wurde nun nicht nur dieser erhöhte Aufwand angesichts der stark verringerten Einnahm em nicht erreicht, sondern es wurde vielmehr durch die Erhöhung der Ausgaben für das Jahr 1931 das tatsächlich erwirtschaftete Defizit ganz bedeutend vermehrt.
Bei Betrachtung der Ausgaben des Jahres 1931 findet man, daß in einigen Zweigen der staatlichen Verwaltung die präliminierten Ausgaben bedeutend überschritten wurden. Ich verweise da in Verbindung damit zunächst auf die Ausgaben, soweit sie das Schulministerium betreffen und in weiterer Folge auf die Ausgaben, die seitens des Ministeriums für soziale Fürsorge gemacht worden sind. Soweit die Ausgaben des Schulministeriums in Betracht kommen, sind sie nicht weiter verwunderlich, denn wir finden, daß damals eine ganze Menge von neuen Schulbauten errichtet wurde, die dann @a Konto des staatlichen Minderheitsschulwesens verrechnet worden sind. Die Schulbauten stehen heute vielfach vollständig unausgenützt da. Sie sind nicht entsprechend besucht und in manchen Orten zeigt sich sogar, daß die neuerrichteten Schulgebäude nicht eröffnet werden können, weil der notwendige Schulbesuch ausgeblieben ist. In einigen Schulen, die den Schulbetrieb aufgenommen haben, zeigt sich wieder, daß sich der Schulbesuch nicht ausschließlich aus Kindern der èechischen Nation rekrutiert, sondern eine ganze Anzahl der die Schule besuchenden Kinder der deutschen Nation angehören. Es ist nun die Tatsache festzustellen, daß man an den Dingen, die geschehen sind, nichts mehr ändern kann. Aber man sollte mindestens aus den begangenen Fehlern lernen. Leider müssen wir aber darauf verweisen, daß man auch nicht aus den begangenen Fehlern gelernt hat. Denn es gibt heute eine Anzahl von Orten, in denen der Schulbesuch aus èechischen Kreisen nur sehr gering ist und wo doch neue Schulen errichtet werden. Wir sind der Meinung, daß auch das Schulwesen rein wirtschaftlich geführt werden muß. Wenn verschiedene Schulen nur einen geringen Besuch aufweisen, dann war eben die Wirtschaftlichkeit der Errichtung dieser Schulen von vornherein fraglich gewesen. Selbstverständlich sind wir der Ansicht, daß Kinder, die der èechischen Nation angehören, keinesfalls darum gebracht werden dürfen, in ihrer Kulturzugehörigkeit erzogen zu werden, aber es darf dabei ni emals auß er Acht gelassen werden, ob diese Art der Erteilu ng des Unterrichts auch den wirtschaftlichen Möglichkeiten entspricht.
Beim Ministerium für soziale Fürsorge finden wir in Rechnungsabschluß für 1931 eine Überschreitung der präliminierten Ausgaben um 240 Millionen Kronen. Diese Überschreitung ergab sich hauptsächlich aus der Zunahme der Unterstützungen für Arbeitslose, weil in diesem Jahre die Wirtschaftskrise immer größ er wurde und eine Anzahl von Betrieben zum Stillstand kam. Die Anforderungen in dieser Beziehung, die seither gestellt werden, sind bedeutend größer geworden. Denn man findet nicht mehr mit den damaligen Ausgaben das Auslangen und ich verweise nur darauf, daß im Jahre 1932 für die Arbeitslosenunterstützung allein ein Betrag von 820 Millionen Kronen ausgegeben werden mußte, wobei freilich auch eine Überschreitung gegenüber dem Präliminare festzustellen ist. Da muß nun die Frage aufgeworfen werden, ob der vorhandene Umfang der Arbeitslosenunterstützungen auch wirklich notwendig und berechtigt ist. Wenn wir drauß en im Volk herumhören, können wir über diese Frage geteilte Meinungen vernehmen, u. zw. aus dem Grunde, weil draußen im Volk die Überwachungsmöglichkeit über die Bezieher der Arbeitslosenunterstützung oftmals in der Weise ausgelegt wird, daß sich unter den Unterstützungsempfängern Personen befinden, denen diese Unterstützung keinesfalls zu Recht gebührt. Deswegen müssen möglichst bald, um in dieser Richtung die Ausgaben einzuschränken, Maßnahmen getroffen werden, die zunächst einen schärferen Maßstab bezüglich der Zuerkennung der Arbeitslosenunterstützung anlegen und außerdem noch eine richtige Kontrolle der Unterstützungsempfänger durchführen.
Wir machen die Erfahrung, daß gerade auf dem Gebiete der Arbeitslosenfürsorge sich sehr häufig politische Einflüsse geltend machen. Politische Erwägungen sind es oft, die darüber entscheiden, ob einer Arbeitslosenunterstützung erhalten soll oder davon ausgeschlossen wird. Wir merken das schon seit der Verteilung der Lebensmittelkarten und konnten feststellen, daß in einigen Bezirken auch seitens der Organe der Staatsverwaltung nicht immer das richtige Verständnis für die Zuerkennung oder Berechtigung auf die Lebensmittelkarten bestand. Wir haben Berichte bekommen, daß gelegentlich der Zusammenkünfte der Gemeindevertreter mit den Organen der Bezirksbehörden in Bezirken, in denen Lebensmittelkarten zur Verteilung kamen, die Vertreter der Gemeinden oftmals genötigt wurden, die ihnen zugedachten Leb ensmittelkarten zur Gänze zu übern ehmen, obwohl seitens der Gemeindevertreter darauf verwiesen wurde, daß in ihren Gemeindem nicht einmal für die volle Zahl Bedarf besteht. Es wäre notwendig, daß in dieser Richtung die Organe der Bezirksbehörden die richtigen Weisungen erhalten. Wir haben auch vielfach Klagen erhalten, daß besonders in den Industriegemeinden, in denen bürgerliche Gemeindevorsteher die Leitung der Gemeinde in der Hand haben, sehr häufig Konflikte vorkommen, weil die Gemeindevorsteher in richtiger Erfassung ihrer Amtsobliegenheiten nicht jedem einzelnen, der sich um den Bezug von Lebensmittelkarten meldet, diese Karten zuteilen wollen. Es wird in solchen Gemeinden von den Angehörigen der sozialistischen Parteien, die für ihre Anhängerschaft rein aus politischen Gründen größere Zuteilungen von Lebensmittelkarten fordern, den Gemeindevorstehern dann der Vorwurf gemacht, daß sie ihre Aufgabe nicht in entsprechender Weise erfüllen und es führt dies zur Unzufriedenheit und zu Zwistigkeiten mit den Gemeindevorstehern, weil die Bezieher von Lebensmittelkarten oder jene, die solche haben wollen, sie aber von einem richtig denkenden Gemeindevorsteher nicht erhalten können, dem Mann dann Vorwürfe machen, daß sie übervorteilt werden. Infolgedessen wird von unseren Gemeindevorstehern besonders im nordböhmischen Gebiet die Forderung erhoben, daß man überhaupt diese ganze Arbeitslosenunterstützungsaktion und die Aufteilung der Lebensmittelkarten den Gemeinden entzieht und daß sich bis nach unten hin nur die Organe der staatlichen Verwaltung mit der Durchführung dieser Angelegenheit befassen sollen.
Wenn ich über diesen Gegenstand spreche, möchte ich auf eines aufmerksam machen. Die Geschäftsleute, die solche Lebensmittelkarten durch Ausfolgung von Lebensmitteln honorieren, klagen vielfach darüber, daß sie die Beträge, die sie von der Staatsverwaltung für die Lebensmittelkarten bekommen sollen, nicht erhalten können. Es vergehen oft viele Monate, oft dauert es sehr lange, ehe sie von den Bezirksbehörden die Gelder bekommen, auf die sie ein Anrecht haben. Auf der anderen Seite - und dafür sprechen z. B. mehrere Fälle aus dem Bezirke Deutsch-Gabel - werden diejenigen, die solche Lebensmittelkarten honoriert haben und die nun nicht zu den dafür entfallenden Beträgen gelangen können, von den Steuerbehörden verfolgt, damit sie die rückständigen Steuern bezahlen. Es wird absolut keine Rücksicht darauf genommen, daß die um die Zahlung eingemahnten Personen gegen den Staat größere Forderungen haben, als die eingemahnten Steuern ausmachen. Wenn hier darüber jetzt gesprochen wird, wäre es notwendig, daß die berufenen Faktoren der Staatsverwaltung verfügen, daß die für die Lebensmittelkarten fälligen Beträge nach durchgeführter Kontrolle möglichst bald ausgezahlt werden.
Die gleiche Klage wird bezüglich der Honorierung der Karten aus der. Milchaktion erhoben. Auch diese wird bei uns im nordböhmischen Gebiete durchgeführt, so auch in den Bezirken Reichenberg und Gablonz. Wenn ich diese beiden Bezirke namentlich hervorhebe, so aus dem Grunde, weil in diesen Bezirken die Milchlieferung im Rahmen der Milchaktion hauptsächlich von kleinen Landwirten erfolgt. Diese kleinen Landwirte haben ein, zwei, maximal drei Kühe und sie sind in erster Linie darauf angewiesen, daß ihnen die Milch von der Staatsverwaltung möglichst bald bezahlt werde. Wir haben Klagen hören könnnen, daß z. B. Milchkarten, die bereits im Oktober des Vorjahres zur Einlösung gebracht wurden, bis in die jüngste Zeit noch nicht vergütet worden sind. Es darf doch niemals übersehen werden, daß diese kleinen Landwirte, die andere Einnahmen nicht haben, in allererster Linie auf diese Einnahmen angewiesen sind, und schon aus rein sozialen Gründen sollte die Verfügung getroffen werden, daß namentlich in jenen Bezirken, wo Kleinlandwirte die Milch liefern, die gelieferten Milchmengen möglichst bald bezahlt werden.
Wenn ich über diesen Gegenstand, die Versorgung der Arbeitslosen mit Lebensmitteln, spreche, so muß noch auf eine andere Aktion verwiesen werden, didie Brotaktion. Es wurde seinerzeit von der Regierung beschlossen, den Arbeitslosen Brot zu geben. Das ist eine gewiß ganz humane Absicht, gegen die niemand etwas haben kann, wenn sie denen zustatten kommt, die unter allen Umständen darauf einen berechtigten Anspruch erheben können. Als nun unsere Landwirte im Industriegebiete oben von der Brotaktion hörten, meinten sie, nunmehr die Möglichkeit zu haben, aus ihren Roggenbeständen liefern zu können, die Roggenbestände, die in den Bezirken Friedland und Deutsch-Gabel und in Reichenberg vorhanden sind, auf kurzem Wege in die Mühlen liefern zu können, wo sie vermahlen und verbacken würden. Was ist aber geschehen? Trotzdem in den eerwähnten Bezirken ganz bedeutende Mengen lagerten, hat man, obzwar die Staatsverwaltung auf diese Sache aufmerksam gemacht worden war, darauf keine Rücksicht genommen, sondern man hat aus dem Innern des Landes das Getreide, in diesem Falle Roggen, in diese Gemeinden zugeschoben und hat die Landwirte die der Meinung waren, im Wege der Brotaktion sich ihrer Roggenbestände entledigen zu können, mit ihren Roggenbeständen dasitzen lassen. (Výkøiky.) Es ist nur selbstverständlich, wenn die Landwirte darüber ungehalten sind, und zwar aus dem Grunde, weil sich die Landwirte ihrer Roggenbestände entledigen müssen, um zu dem Geld zu kommen, das sie zur Aufrechterhaltung ihrer Betriebe und zur Bezahlung von Fälligkeiten an Staat, Gemeinde, Bezirk und Land brauchen. (Výkøiky.) Wenn also derlei Aktionen durchgeführt werden, dann muß man auch die tatsächlichen Verhältnisse nicht außeracht lassen, man muß sie berücksichtigen, und wenn es sich um die Belieferung von gewissen Gebieten handelt, muß Rücksicht auf diejenigen genommen werden, die als bodenständige Landwirte in Frage kommen. (Výkøiky.)
Wenn wir nun den Rechnungsabschluß für 1931 durchgehen, so ist darin auch das Defizit einiger unserer staatliichen Betriebe ziffermäßig klargelegt. Schon im Staatsrechnungsabschluß für 1931 sind als durch Defizite besonders betroffene Betriebe die Eisenbahnen und die staatlichen Güter und Wälder angeführt. Die Ziffern, die 1931 bereits ein Defizit von vielen hundert Millionen dargestellt haben, sind 1932 und seither nicht kleiner, sondern größer geworden. Hinsichtlich der Eisenbahnen muß wohl in allererster Linie hervorgehoben werden, daß an ihrer Passivität der übermäßig hohe Personalstand mit schuld ist. Es ist notwendig, auch in dieser Richtung eine Korrektur durchzuführen, um die vorhandenen Defizite beträchtlich zu verkleinern. Ich möchte in diesem Zusammenhange auf den Eisenbahnbetrieb in einigen anderen Ländern verweisen, in denen allerdings in den letzten Jahren, besonders 1932, sich auch schon Defizite ergeben haben, die aber bedeutend geringer sind, als die aus der Verwaltung unserer Bahnen. Ich verweise hier zunächst auf die Schweiz. Es ist geradezu auffallend, wenn man durch die Schweiz fährt, wie wenig Personal auf den einzelnen Stationen zu sehen ist und wie trotz des geringen Personalstandes der Betrieb der Bahnen sich mit einer Korrektheit und Präzision abwickelt, die geradezu erstaunen läßt. Gleiches ist im Deutsc en Reich zu beobachten, wo die deutsche Reichsbahngesellschaft ebenfalls einen bedeutenden Personalabbau durchgeführt hat und ähnlich ist es auch in Frankreich, wo allerdings die Bahnen zum größten Teil Privatbahnen sind. (Posl. Grünzner: Dort haben sie große Defizite!) Ich habe gerade gesagt, daß in den letzten Jahren, besonders im Jahre 1932, auch für diese Länder Defizite ausgewiesen werden, aber selbst wenn man den Schweizer Frank, die Mark oder den französischen Frank valorisiert, reichen diese Defizite nicht an die Höhe des Defizits unserer Staatbsahnen heran. Besonders schmerzlich ist die Situation bei den staatlichen Forsten, von deren Erwerb man sich große Einnahmen für den Staat erhoffte. Wenn man von den Defiziten der staatlichen Wälder und Güter spricht, so wird von der staatlichen Güterverwaltung immer wieder darauf verwiesen, daß die Güter eigentlich nicht passiv seien, sondern daß sie trotz der Schwere der Zeit und der ungünstigen Preisentwicklung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse immerhin noch aktiv sein sollen, daß die Defizitee hauptsächlich aus der Verwaltung der Staatsforste resultieren. Es wird dabei eine Unterteilung in dem Sinne getroffen, daß man sagt, in den historischen Ländern sei der Ertrag der Staatsforste aktiv, im östlichen Staatsgebiet dagegen passiv! (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Roudnický.)
Mag dem wie immer sein, die Defizite belasten schließlich eine einzige Tasche, nicht mehr die staatliche Forst- und Güterverwaltung, sondern die Tasche des Staatsschatzes, und das ist eine Angelegenheit, die uns natürlich nicht gleichgültig lassen kann; und wir müssen in Verbindung damit die Frage aufwerfen, ob es denn notwendig war, die Verstaatlichung der Forste in einem solchen Umfang vorzunehmen, wie es tatsächlich der Fall ist. Ich bin der sicheren Überzeugung, daß bei Belassung dieser Forste in privaten Händen die Privatbesitzer nicht nur der Zahlung ihrer Steuern samt Umlagen nachgekommen wären, sondern es gewiß auch verstanden hätten, trotz der Ungunst der Zeit ihre Betriebe so zu führen, daß keine Defizite entstanden wären. Wenn in dieser Richtung, gerade was die staatliche Wälder- und Güterverwaltung betrifft, nicht in absehbarer Zeit Remedur geschaffen wird, befürchte ich, daß durch dieses Dauerdefizit - die Holzpreise werden gewiß nicht so bald in die Höhe gehe - der Staatsschatz dauernd derart belastet wird, daß da schließlich noch die größten Ungelegenheiten entstehen können. (Posl. dr Hodina: Da sind die begangenen Sünden der Latorica-Gesellschaft auch darunter!)
Interessant am Staatsrechnungsabschluß für 1931 sind dann die Ziffern bezüglich der Steuerrückstände. Man erhofft allerdings in den kommenden Wochen und zwar bis Ende Juni einen Abbau dieser Ziffern, indem man annimmt, daß viele Steuerschuldner sich ihrer Schuldenlast in der Weise entledigen werden, daß sie Arbeitsanleihe zeichnen, um sich die Begünstigung des Gesetzes zunutze zu machen. Wenn man aber die Ziffern bezüglich der Steuerrückstände auf den Kern ihrer Wahrheit überprüft, wird man finden, daß eigentlich diese Beträge in Wirklichkeit nicht voll zurecht bestehen. Bei der Höhe dieser Ziffern ist es unbed ngt notwendig gewesen, schon im Laufe der Jahre all das auszuscheiden, was zu unrecht vorgeschrieben wurde, wogegen Rekurse eingebracht wurden und was in der Zwischenzeit dubios und uneinbringlich geworden ist. Das Finanzministerium schleppt alle diese Beträge aus unbekannten Gründen weiter. Aber es ist sicher, daß bei Abzug aller dieser zu unrecht eingesetzten Ziffern die Steuerrückstände bedeutend geringer werden.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch ein paar Worte über das Gesetz betreffend den Vollstreckungsschutz der Landwirte sagen. Landwirte werden bie Ende des Jahres von der Exekution wegen Schulden befreit. Ausgenommen sind lediglich Lohnforderungen, Forderungen aus dem Ausgedinge, bzw. Forderungen sozialer Institutionen an die Landwirte. Sicher ist dieses Gesetz für die Landwirte momentan ein ungeheuerer Vorteil. Wir dürfen aber dabei nicht übersehen, daß diese Landwirte nicht nur Schuldner der Steuerverwaltung sind, sondern auch Schuldner von Geldinstituten, von Raiffeisenkassen, von Spar- und Darlehenskassen, also von verschiedenen kleinen ländlichen Geldanstalten, die wiederum nur dann ihren Obliegenheiten richtig nachzukommen vermögen, wenn sie ihrerseits das Geld, das sie geliehen haben, durch Kapitalsrückzahlungen wiedererhalten. Nun wird über den Begriff Landwirt lebhaft gestritten, da nicht nur reine Landwirte den Schutz des Gesetzes beanspruchen, sondern auch solche, die nur nebenbei Landwirte sind und oft nicht aus den Erträgnissen der Landwirtschaft leben, sondern hauptsächlich auf Einnahmen aus anderen Betriebszweigen verschiedener Art angewiesen sind. Es wäre also vor allem anderen notwendig, daß die Finanzverwaltung oder die hiezu berufenen Stellen möglichst rasch eine richtige Definition des Begriffes "Landwirt" geben, damit kleinere Geldanstalten, die nun auf die Rückzahlung auf Darlehen warten, ganz genau darüber orientiert sind, in welcher Art sie eventuell gegen hartnäckige Schuldner vorgehen können. Heute berufen sich so und so viele darauf, daß sie unter dem Schutze des Gesetzes stehen, während schon die einfache Ûberlegung ergibt, daß man es in bestimmten Fällen nicht mit Landwirten zu tun hat.
Ich habe hier erwähnt, daß Steuerschulden bis zum Jahre 1930 im Wege der Zeichnung der Arbeitsanleihe ihre Verminderung erfahren können. Für die Landwirtschaft bedeuutet dies kein besonderes Entgegenkommen, da es nur die wenigsten Landwirte in Anspruch nehmen werden. Ich will aber in Verbindung mit der Arbeitsanleihe nur darauf verweisen, daß man von Seite der Staatsverwaltung an die unterschiedlichen Kreise den Appell gerichtet hat, diese Arbeitsanleihe zu zeichnen. Nun ist aber vorauszusetzen, daß diese Einladung zur Zeichnung der Arbeitsanleihe in einer Art geschieht, die der Bevölkerung verständlich ist. Wenn wir nun in unserem sudetendeutschen Gebiet auf den Bahnen fahren, finden wir zwar in den Bahnabteilen Plakate ausgehängt, in denen die Bevölkerung zur Zeichnung der Arbeitsanleihe eingeladen wird, Plakate, die jedoch ihren Zweck nicht ganz erfüllen können, weil sie einsprachlich èechisch gehalten sind. Es wäre doch zumindest notwendig, daß man im Bereich des sudetendeutschen Gebietes mit der deutschen Bevölkerung in einer Weise in Verkehr tritt - es handelt sich doch um eine ungemein wichtige Angelegenheit - die von der deutschen Bevölkerung verstanden wird. Es wäre daher notwendig, daß man bis Ende Juni, bis zu welchem Zeitpunkt noch die Zeichnungsfrist läuft, den Mangel, der hier gerügt wird, beseitigt.
Es wäre aber weiter notwendig, daß man bei Ausschreibung einer neuen Anleihe gewisse Verbindlichkeiten, die aus früheren Anleihen resultieren, nicht übersehen hätte, sie zumindest erledigt hätte. In dieser Beziehung möchte ich nur auf Folgendes verweisen: Es gibt bei uns im nördlichen Böhmen eine ganze Menge von Geldanstalten, bei denen bis zum heutigen Tage noch nicht einmal der Umtausch der Kriegsanleihe gegen die Ersatzpapiere durchgeführt ist. Es handelt sich in der Ges amtzahl der Fälle um viele Millionen Kè und es wäre im Jahre 1933, das bereits das neunte Jahr nach dem Zeitpunkt der Annahme des Gesetzes über die endgültige Regelung der österreichisch-ungarischen Kriegsanleihen ist - das Gesetz wurde im Jahre 1924 beschlossen - nun endlich notwendig, daß man auch bezüglich der Kriegsanleihe und der Ausfolgung der Erssatzpapiere endlich einmal reinen Tisch macht. Viele Geldanstalten warten auf die Ausfolgung der Ersatzpapiere, weil besonders bei uns im nordböhmischen Gebiet durch Runs auf verschiedene Geldanstalten bedeutend mehr Geldbeträge abgehoben als eingelegt wurden. Dadurch sind so und so viele Geldanstalten in pekuniäre Not geraten und sie vermeinen ihre Geldbestände nur dadurch auffüllen zu können, daß es ihnen gelingt, die Ersatzpapiere, wenn sie sie in der Hand haben, verpfänden zu können und die erhaltenen Lombardbeträge zur eventuellen Befriedigung der Spareinleger bereitzuhalten. Es ist also notwendig, daß auch in dieser Richtung möglichst bald etwas geschieht und daß man dieses Kapitel der Kriegsanleihe und der Ausfolgung der Umtauschpapiere möglichst bald abschließt.
Wenn ich hier davon gesprochen habe, daß so und so viele Geldanstalten in Not geraten sind, so ist das zum Teil auch auf verschiedene Gerüchte zurückzuführen, die viele Spareinleger veranlaßt haben, ihre Einlagen aus den Geldanstalten herauszunehmen. Es hat sich aber gezeigt, daß diese behobenen Beträge nicht etwa anderen Geldanstalten zugeführt worden sind, sondern, daß man sie thesauriert hat. Eine Ursache, die seinerzeit dazu geführt hat, die Bevölkerung zu beunruhigen, war auch der Ausspruch eines Abgeordneten, der besagte, daß man zur Durchführung einer Zwangsanleihe schreiten werde, wenn die Bevölkerung nicht freiwillig Geld hergibt. Dieser Ausspruch von einer Zwangsanleihe hat eine Menge von Einlegern nervös gemacht, und die Folge davon war, daß sie sich bestrebten, von den Einlagen möglichst viel herauszunehmen, oder überhaupt die gesamten Einlagen zu beheben. Andere Gründe, die zur Beunruhigung der Bevölkerung führten, waren Gerüchte bezüglich der Erschütterung unserer Währung. Auch in dieser Richtung wurde von manchen unverantwortlichen Stellen verschiedenes getan, was dazu geführt hat, die Bevölkerung zu beunruhigen und sie zu veranlassen, in den Geldinstituten Abhebungen vorzunehmen. Eine weitere Ursache, kopflos Behebungen vorzunehmen, waren Inflationsgerüchte, die die Beheber der Einlagen dazu geführt haben, Investierungen vorzunehmen, um von dem Gelde, das sie beheben, nichts zu verlieren.
Am Schlusse meiner Ausführungen
möchte ich an die maßgebenden Kreise im Staate den Appell richten,
daß es unter allen Umständen notwendig ist zu sparen, das Sparprinzip
bis zum äußersten zu treiben, damit unsere Ausgabenwirtschaft
endlich in das richtige Verhältnis zu den Einnahmen gebracht wird.
Es ist aber anderseits notwendig, daß nicht etwa Maßnahmen getroffen
werden, die unsere Bevölkerung noch weiter beunruhigen, denn es
ist notwendig, daß das zu einem großen Teil verloren gegangene
Vertrauen wieder hergestellt wird, und gerade dieser Umstand veranlaßt
uns Vertreter des Bundes der Landwirte, mit den Faktoren im Staate,
die auf eine Besserung der Verhältnisse hinarbeiten, zusammenzuarbeiten.
(Potlesk.)