Úterý 19. kvìtna 1931

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 120. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v úterý dne 19. kvìtna 1931.

Øeè posl. dr Rosche (viz str. 18 tìsnopisecké zprávy):

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das verspätet vorgelegte Gesetz über die Verlängerung der Gültigkeit der Zollerleichterungen für Maschinen und Werkzeuge wird von uns aufs lebhafteste begrüßt und wir werden dafür stimmen. Der Grund, warum ich mir erlaubt habe, im gegenwärtigen Zeitpunkt in die Debatte einzugreifen, liegt darin, kurz zu den vorläufigen Genfer Ergebnissen und dann auch zu der Polemik in der èechischen Presse Stellung zu nehmen, die meine Ausführungen auf dem Brüxer Kreisparteitag ausgelöst haben. Die Stellungnahme der Sudetendeutschen zur èechoslovakischen Außenpolitik in Genf werden wir erst nach der Rede des Ministers Beneš beziehen können. Ich weiß nicht, ob heute die sogenannte positive Arbeit schwerer oder die oppositionelle Kritik leichter ist. Ich behaupte, daß das letztere ebenso schwer ist wie das erstere, weil es sich im Grundgedanken der Stellungnahme zu den Problemen doch ganz gleich bleibt, ob jemand in der Regierung oder in der Opposition ist, weil die Probleme derart ernster Natur sind, daß sie alle parlamentarischen Vertreter, Stände und Berufe der Wählerschaft berühren. Ich möchte sagen, wir sollten im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in Rekriminationen arbeiten, wir sollen im gegenwärtigen Zeitpunkt auch nicht das Gefühl des Hasses sprechen lassen. Unsere Heimat kann nicht das Gestern, die muß das Morgen sein. Es muß sich darum drehen: Wie werden sich die Dinge in der Zukunft gestalten, weil sich ja alle darüber klar sind, daß das Debakle, in dem wir uns befinden, schließlich ein Ende nehmen muß. Ich glaubesagen zu können, daß es sich heute nicht um slavische und nicht um deutsche Politik in Europa handelt, sondern um europäische Politik. Wenn wir heute die Geschehnisse der Weltpolitik betrachten, so sind sie eigentlich berührt von der Krise im allgemeinen, von der Abrüstung und den Reparationen, während die europäische Politik vollständig von den Diskussionen über die Zollunion eingenommen ist, während die Politik der Èechoslovakei neben der Krise vor dem ungelösten nationalen Problem steht.

Ich möchte mir, bevor ich ein paar Worte über die Zollunion spreche, einmal die Frage gestatten: Wer hat den eigentlich den Krieg verloren? Den Krieg hat nicht Deutschland, hat nicht Österreich verloren, den Krieg hat Europa verloren und den Krieg hat Amerika gewonnen. Drüber möchten sich doch endlich einmal auch die Diplomaten, die Regierungen und die parlamentarischen Vertretungen der europäischen Staaten und Völker klar werden, weil davon sehr viel abhängig ist. Es ist doch ganz merkwürdig, daß man heute in Genf den Hauptstreit um die Zulässigkeit der Zollunion zwischen Deutschland und Österreich führt, während man auf der anderen Seite die geschlossene Stellungnahme gegenüber Amerika und Rußland vollständig vermissen läßt, wo doch diese beiden Komponenten gegen das übrige partikularistisch aufgeteilte Europa in einem einengenden Kräfteverhältnis wirken und sich mit der Zeit erschreckend auswirken müssen. Ich darf wohl das Beispiel dafür anführen, daß England jährlich Schuldzinsen von 6·3 Milliarden Reichsmark, Frankreich jährlich Schuldzinsen von 3ÿ6 Milliarden Reichsmark zahlt, daß Deutschland über 2 Milliarden nur an Reparationen bezahlt, außer den normalen Schuldzinsen, die mehrere Milliarden ausmachen und daß dieser Betrag von zusammen ca. 15 Milliarden zum allergrößten Teile nach Amerika geht und diese Schuldzinsen dann in der Form von teueren Darlehen von Amerika zurückkommen, oder mit anderen Worten: daß Europa sein eigenes Geld von Amerika teuer wieder ausleiht. Auf der anderen Seite scheint man auch zu übersehen, welche Bedeutung Rußland heute schon einnimmt und in wenigen Jahren gegenüber dem übrigen Europa noch einnehmen wird; ich möchte Ihnen da zur Illustration nur 2 Zahlen anführen, indem ich sage, daß der Finanzplan, der für das vorliegende Jahr vorgelegt ist, 32 Milliarden Rubel vorsieht gegenüber Ausgaben von 30ÿ5 Milliarden Rubel. Um Ihnen das zu illustrieren, mögen Sie zur Kenntnis nehmen, daß dieser Finanzplan die Summe von 537ÿ6 Milliarden èechische Kronen in den Einnahmen ausmacht, gegenüber 512ÿ4 Milliarden èechische Kronen in den Ausgaben und daß von dieser Summe von mehr als 500 Milliarden Kè der Betrag von 352.8 Milliarden Kè zum Aufbau des industriellen und landwirtschaftlichen Apparates verwendet wird. Da gibt es eigentlich nur den einen Ruf: Europa, horche auf, Europa, beobachte, was dort vorgeht! Man geht heute achtlos an den Dingen vorüber und verwechselt Sowjetrußland mit unserem Kommunismus. Das ist der große Irrtum und Fehler. Unser Wunsch für die Verhandlungen in der Zollunionsfrage in Genf war der, daß man in Genf aus den theoretischen Diskussionen zu einer praktischen Lösung für die Zusammenarbeit der Völker Europas kommen möge, daß man mit anderen Worten, von den schönen Reden zu Taten, von den europäischen Resolutionen zu tatsächlichen Entschlüssen, von der Theorie zur Praxis übergehen möge.

Wenn wir aber die Dinge bei den Verhandlungen in Genf recht betrachten, so macht es den Eindruck, als ob Genf, oder sagen wir besser, die heutige Diplomatie außer Stande wäre, Europa von den Irrwegen, aus dem gegenwärtigen Debakle, aus dieser Wirtschaftsnot, in der sich die Länder und die Staaten, in der sich Millionen von Arbeitslosen befinden, herauszuführen. Wenn sich die Dinge, wie sie in Wirklichkeit sind, verfolgen, macht es den Eindruck, als wenn Genf unter der Rache des nichtgewählten Präsidentschaftskandidaten Briand stünde, denn was an Ränkespiel der Diplomatie in Genf aufgeführt wird, überschreitet das Maß des Erlaubten. Die Präsidentenwahl in Frankreich war das wahre Bekenntnis der französischen Politik in geheimer Abstimmung, während das Vertrauensvotum für Briand in der Kammer der Ausdruck der Parteidisziplin Briand gegenüber war. Ist es nicht merkwürdig, daß vor ganz kurzer Zeit des Zollfriedensübereinkommen von Frankreich ratifiziert wurde und daß das Scheitern der Zollfriedenskonferenz auf Frankreich zurückzuführen ist? Ist es nicht ganz sonderbar, daß gerade Frankreich in Verbindung mit der Èechoslovakei die Zollunion bekämpfen, die letzten Endes ihren Ursprung im Scheitern der Zollfriedenskonferenz hat? Ich frage, wäre es zur Zollunion gekommen, wenn die Zollfriedenskonferenz zustande gekommen wäre? Nein! Frankreich hat die Zollfriedenskonferenz verhindert, jetzt muß die Zollunion auch verhindert werden. Die èechische Politik hat erklärt: "Wenn die Zollunionsfrage für die Èechoslovakei nichts gutes gehabt hat, so hat sie unter allen Umständen das eine gezeigt, daß sich die Handelspolitik der Èechoslovakei in einem argen Stadium befindet und daß wir in der Èechoslovakei andere Wege beschreiten müssen." Das ist die allgemeine Meinung, nicht nur die der sudetendeutschen Politik und Wirtschaft, sondern allgemeine Meinung, selbst die Meinung des Ministers Beneš, daß die Handelspolitik der Èechoslovakei sich auf falschen Wegen bewegt.

Nun die eine Frage: Genf wird so enden, daß man wird nach Hause mit der Behauptung kommen können: "Mit der Zollunion ist Schluß, die Zollunion ist zumindest verschoben." Ich frage: Die Zollunion ist verhindert, ist verschoben, was aber nun? Da wird es sich zeigen, daß wir auf demselben Punkte, vor denselben Schwierigkeiten stehen werden wie vorher. Da möchte ich gleich eine Bemerkung in der Polemik der èechischen Presse widerlegen: Ich habe behauptet, daß eine Zollunion zwischen der Èechoslovakei-Rumänien und Jugoslavien unmöglich ist. Und dabei bleibe ich, aus dem einfachen Grunde, weil die wirtschaftlichen Interessensphären dieser Länder zu grundverschieden sind und weil eine Union zwischen diesen drei Staaten glatt den Tod der èechischen Landwirtschaft bedeuten würde. Aber diese drei Staaten, dem Übereinkommen Deutschland-Österreich beigetreten, würden einen ungeheueren Ausgleich der wirtschaftlichen Gegensätze herbeiführen, weil Industriestaaten mit Agrarstaaten zusammenkämen. Es ist letzten Endes dasselbe, was Briand in seinem Plane vorschlägt, der im Grunde genommen nichts anderes darstellt als den Ausgleich zwischen Agrar- und Industriestaaten, indem er auf dem Wege des Präferenzsystems die Industriestaaten dazu verhalten will, die Agrarprodukte den Agrarländern abzunehmen, während er auf der andern Seite - ich glaube, wir können heute darüber noch nicht debattieren - im Wege des Ausbaues des Kartellwesens den Industriestaaten helfen will.

Man hat sich über die Methoden aufgeregt, über die Form, wie Deutschland und Österreich das Zollübereinkommen proklamiert haben. Aber das ist ja nicht der wahre Grund. Die Ursache der ablehnenden Haltung ist die einseitige politische Auffassung. "Zollunion" ist ja auch für die Èechoslovakei kein unbekannter Begriff.

Wissen Sie denn nicht, daß bereits im Mai 1919 zu Renners Zeiten in Österreich an hoher èechischer Stelle von Österreich der Èechoslovakei eine Zollunion Österreich-Jugoslavien-Rumänien-Ungarn-Polen unter der Garantie der ge enseitigen Abnahme der Erzeugnisse angeboten wurde? Wissen Sie, daß zweimal Herrn Minister Beneš von Berlin aus die Zollunion mit der Èechoslovakei angeboten wurde? In beiden Fällen wurde seitens der Èechoslovakei abgelehnt. Es ist doch ganz merkwürdig, daß heute die Stellungnahme zur Zollunionsfrage und gegenüber Ungarn, wenn Sie recht zwischen den Zeilen lesen, dort schon so weit hält, daß man heute den Thron in Ungarn besetzen läßt, nur um den eventuellen Anschluß Österreichs an Deutschland zu verhindern. Das ist eine Verschiebung der politischen Ansichten, die eigentlich sehr Wunder nehmlen muß. Aber Sie werden sehen, daß sich die Dinge in dieser Richtung entwickeln werden.

Die Wirtschaft der Èechoslovakei und die der ganzen europäischen Staaten hätte von Genf unbedingt ein positives Ergebnis für die Zusammenarbeit der Völker erwarten müssen. Und wir landen heute dort, daß man sich nicht loslösen will, sich nicht loslösen kann von der Behauptung, daß das Zollübereinkommen zwischen Deutschland und Österreich eine politische Maßnahme ist. Meine Verehrten, ich glaube, daß die Diplomatie zu weit geht, diese Behauptung aufzustellen, während Henderson im Gegenteil in Genf erklärt, Deutschland und Österreich seien durch zwingende wirtschaftliche Gründe zu ihrem Schritt veranlaßt worden. Das sagt der englische Außenminister. Der italienische Außenminister Grandi sagt, daß ohne Zweifel an Deutschland und Österreich außer den allgemeinen Krisenerscheinungen auch besondere Kennzeichen krisenhafter Natur vorhanden sind. Was sagt Briand? Briand steht heute auf dem Standpunkt, daß eine unbedingte wirtschaftliche Unterstützungsnotwendigkeit Österreichs und, wenn Sie auch zwischen den Zeilen lesen, auch eine solche Deutschlands vorhanden ist. Und trotzdem die drei Außenminister von England, Italien und Frankreich die wirtschaftliche Not Deutschlands und Österreichs anerkennen, bleibt man dabei, daß es eine politische Maßnahme ist. Ja, meine Herren, wenn es eine politische Maßnahme ist, dann wäre es doch zweckdienlich, dabei zu sein und mitzutun, um zu wissen, was vorgeht. Ich glaube, es ist ein großer Irrtum und Fehler, die Zollunion zu verhindern, sie stellt doch nichts anderes dar, als einen Versuch, die Dinge von unten herauf zu ändern, weil es doch von oben nicht zustande kommt. Paneuropa im Vorschlage Briands ist doch in Genf schon seinerzeit gefallen. Es ist ein schwerer Fehler, den Versuch von unten herauf zu bekämpfen, wenn man an seine Stelle nichts anderes setzen kann. Wenn man die Dinge recht betrachtet, so muß man sagen, daß es sich letzten Endes bei Frankreich doch um nichts anderes handelt, als um die Aufrechterhaltung der Hegemonie, d. h. ins Deutsche übersetzt, er Vorherrschaft über Europa. Die Politiker, die mit Versailles anfangen und mit Versailles aufhören, müßten die Vorherrschaft, die Hegemonie über Europa aufgeben und müßten sich einem freiwilligen Übereinkommen zwischen den Staaten unterordnen. Das will man heute noch nicht. Und wissen Sie warum? Frankreich hat bekanntlich den minimalsten Prozentsatz an Arbeitslosen, Frankreich lebt bei der verschiedenartigen Verteilung der Goldreserven in einer ganz anderen Lage als Deutschland und Österreich; Frankreich ist heute in der Lage, im Kampfe gegen die Zollunion politische Anleihen geben zu können. Denn die Konversionsanleihe, meine verehrten Damen und Herren, ist doch, aufrichtig ausgedrückt, nichts anderes als eine politische Anleihe, genau so wie Jugoslavien die politische Anleihe bekommt und wie sie auch Rumänien bekommen wird.

Meine Herren auf der èechischen Seite! Sie nehmen es uns Sudetendeutschen übel, daß wir den ersten Versuch von unten herauf begrüßen. Sie sehen darin bei uns Sudetendeutschen einen staatsfeindlichen Akt. Sie befinden sich in einem großen Irrtum. Genau so wie die wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland und Österreich schlecht sind, so sind sie auch in der Èechoslovakei bei uns Sudetendeutschen viel schlechter als bei Ihnen auf der èechischen Seite, meine Herren. Und ich will kein Prophet sein, wenn ich Ihnen hier sage: wenn heute die Verhältnisse auf der èechischen Seite in wirtschaftlicher Beziehung so wären, wie bei uns auf deutscher Seite, würden Sie morgen schon einem Zollübereinkommen beistimmen. Wir werden Gelegenheit haben, über diese Dinge zu sprechen, und die Zukunft wird es lehren, ob Sie oder wir auf deutscher Seite Recht haben. Eines aber steht fest und die Frage wird man sich vorlegen müssen: wenn man unter den anerkannten Verhältnissen in Deutschland und Österreich es vorzieht, Deutschland an die Seite Rußlands zu treiben, glaube ich, daß man denselben Fehler begeht, als wenn man durch diesen harten politischen Kampf gegen diese zwei Staaten letzten Endes ja doch statt der Erkenntnis politischer Natur, die Revolution, den gewaltsamen Weg auslöst. Denn darüber sind wir uns doch auch klar, meine Herren, daß die Èechoslovakei in ihren engen wirtschaftlichen Beziehungen zu Deutschland leidet, wenn sich die Verhältnisse in Deutschland verändern, verschlechtern. Und vergessen Sie nicht, daß im Jahre 1928 noch Deutschland mit Österreich zusammen von der Èechoslovakei um 7ÿ1 Milliarden Waren abgenommen haben, im Jahre 1930 um 5ÿ5 Milliarden und daß wir heute, glaube ich schon, bei ungefähr 3 Milliarden halten. Vergessen Sie nicht, daß unsere Gesamtausfuhr in den ersten vier Monaten des Jahres 1931 gegenüber den letzten 2 Jahren um ungefähr 5 Milliarden zurück ist. Ich habe das Empfinden, daß heute die Diplomatie, wie sie in Genf beisammensitzt, das ganze Problem nur politisch betrachtet, das anze Problem überhaupt nicht von der sozialen Seite beurteilt. Wenn Sie heute von einer Krise sprechen, so werden Sie die Krise doch niemals mildern, geschweige denn beheben, wenn Sie nicht daran schreiten, ihre Ursachen zu beheben. Die Ursachen werden durch so ein Verhalten absolut nicht geändert und ich sage Ihnen das eine, ohne eine Prophezeiung machen zu wollen: die Diplomaten haben Zeit, aber keine Zeit werden haben die hungernden Millionen Arbeitsloser in Europa. Und da entsteht auch die Frage, welcher Weg besser sein wird: ob man den Weg politischer Erkenntnis beschreitet oder ob man den Weg revolutionärer Gewalt beschreiten will. Vergessen Sie eines nicht: man kann mit Phrasen vielleicht in der Politik auskommen, man kann aber mit Phrasen nicht in der Wirtschaft auskommen, weil der Hunger von Millionen Menschen keine Grenzen kennt und Änderungen verlangt. Sehen Sie, das ist der staatsfeindliche Standpunkt, den wir Sudetendeutschen einnehmen. Und ich glaube, es wird sich in der Zukunft zeigen, daß unser Standpunkt konstruktiver ist und wir werden uns in Zukunft die Frage erlauben, wer staatsfeindlicher gehandelt hat, ob nicht die staatsfeindliche Auffassung in erster Linie bei Ihnen ist, wo Sie nur politisch gesehen haben, während ihre glänzende Landwirtschaft, ihr Industrieapparat zugrundegegangen ist und Hunderttausende arbeitslos geworden sind. Es ist leichtfertig von der èechischen Presse, diesen Standpunkt gegen die Sudetendeutschen einzunehmen. Ich glaube, wir stehen heute im Zeichen nicht nur der schärfsten Wirtschaftskrise, wir stehen auch im Zeichen der schärfsten Vertrauenskrise zu unseren diplomatischen, zu unseren parlamentarischen und zu unseren internationalen wirtschaftlichen Institutionen. Aus diesem Grunde muß ich Ihnen ganz ehrlich sagen, daß wir wegen der Art der Behandlung dieses wichtigen Problems der Zollunion, wegen der Verschleppungstaktik, wo wir doch jetzt schon im Haag angelangt sind, um eine neuerliche juristische Prüfung durch den Völkerbund vornehmen zu lassen, daß wir wegen dieser absichtlichen Verhinderung und des vollständigen Verkennens der Tatsachen auf das ärgste bestürzt und auch empört sind und auch dagegen energisch protestieren.

In diesem Zusammenhange ein paar Worte - sie berühren mich zwar persönlich - zu der Polemik, wie sie auf èechischer Seite zu meinen Ausführungen auf dem Brüxer Kreisparteitag am 10. Mai einsetzte, Ich habe auf dem Brüxer Kreisparteitag am 10, Mai die Sache so ausgeführt, wie ich sie jetzt vorgetragen habe. Sie hörten dort, daß wir Sudetendeutschen mit Beneš einig sind in der Auffassung der notwendigen Zusammenarbeit der europäischen Völker, daß wir aber seinen Standpunkt gegenüber der Zollunion nicht billigen, sondern die Zollunion als ersten Versuch von unten herauf begrüßen und daß wir den einheitlichen Standpunkt der Sudetendeutschen erklären. Das war der Tenor der Rede auf dem Kreisparteitag. Das hat nun die "Lidové Noviny", die "Èeskoslovenská Republika", das haben auch, glaube ich, die "Lidové Listy" und die "Národní Politika" dazu veranlaßt, gegen mich persönlich und auch gegen meine Partei loszuziehen. Ich möchte Ihnen von vornherein sagen: Das, was wir im Parlament vertreten, vertreten wir aus Überzeugung, und von dem, was ich gesagt habe, wird kein Wort weggelassen. Aber eines ist merkwürdig auf èechischer Seite: wenn man so spricht, wie es Ihnen paßt, dann ist Demokratie Diskussion, wenn man aber, ohne persönlich gehässig sein zu wollen, nur kritisch eingestellt ist, dann ist es bei Ihnen Staatsfeindlichkeit, Chauvinismus, dann verdient eine solche Stellungnahme den ärgsten persönlichen Kampf. Für eines aber bin ich in der Sache dankbar, daß die èechische Presse diese Polemik aufgenommen hat, weil die èechische Presse die Ausführungen der deutschen Politiker vollständig sabotiert. Sie kommen in die èechische Presse nur dann, wenn sie von großer, übergroßer Loyalität durchdrungen oder in der Kritik scharf sind. Dann nehmen sie die Kritik, die Stellungnahme auf mit der Charakterisierung als staatsfeindlich. Aber es hat das Gute für sich, daß die èechische Öffentlichkeit auch den Standpunkt sudetendeutscher Politiker erfährt, weil es sich ja schließlich in der Zukunft einmal zeigen wird, welcher von beiden Teilen Recht gehabt hat. Vergessen Sie nicht, daß es doch einmal eine Täuschung der politischen Öffentlichkeit bedeutet, wenn man den gegnerischen Standpunkt dem eigenen Volke verheimlicht. Ich glaube nicht, daß das vielleicht der richtige Weg ist. Soviel wollte ich über diese Dinge gesprochen haben.

Ich habe in diesem Zusammenhange noch etwas mit Ihnen zu bereden. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Taub.) Das, was ich mit Ihnen zu bereden habe, ist die Frage der Österreichischen Kreditanstalt. Sie werden staunen, wieso ich ein paar Worte darüber sprechen will. Die Frage der Österreichischen Kreditanstalt wird von mir deswegen berührt, um im Zusammenhang mit der deutsch-österreichischen Zollunion Ihnen zu sagen, daß es ein Zeichen der wirtschaftlichen Krise ist, daß eine Bank den Verlust von 140 Millionen Schilling aufweist. Es ist aber auf der anderen Seite doch ein Vergleich zu ziehen zwischen Österreich und der Èechoslovakei. Das möchte ich damit begründen: In Österreich saniert man durch das Gesetz - Herr Koll. Hodáè hat mich sofort verstanden - indem man die 140 Millionen Schilling auf die Regierung, die Nationalbank und Rothschild aufteilt. Die Regierung hat sich im Wege des Nationalrates die Zustimmung dazu geben lassen. Es ist doch ein sehr betrübliches Zeichen, daß man den Verlust von 140 Millionen Schilling ausweist, wenn man sechs oder acht Monate vorher noch einen Reingewinn zur Auszahlung der Dividende an die Aktionäre und der Tantiemen an den Verwaltungsrat festgestellt hat. Es ist doch unmöglich, daß den nächsten Monat darauf ein Verlust von 140 Millionen Schilling festgestellt wird. Da hat sich mir die Frage aufgeworfen: Ist die Bevölkerung nicht berechtigt, von der Regierung, von dem Parlament Maßnahmen zu verlangen, damit sie volles Vertrauen zu den Instituten haben kann? Ich habe gesagt, in Österreich hat man offen saniert. Es ist kein Geheimnis, daß man in der Èechoslovakei im geheimen saniert hat. Man hat es nur einmal offen gemacht, das waren die 310 Millionen. Da gestatte ich mir doch einmal die höfliche Frage in diesem Zusammenhang: Wieviel macht denn die Summe aus, die man bei uns zur Sanierung der Banken gebraucht hat? Gestatten Sie mir als deutschem Abgeordneten auch die Frage, welcher Teil auf die deutschen Banken davon fällt, gestatten Sie mir aber auch die Frage, ob es möglich ist, Banken zu sanieren und sie dann eine Erhöhung der Dividende vorn ehmen oder Prachtbauten im Betrage von 30, 40, 60 Millionen aufführen zu lassen. Wie kommt es, daß im Verwaltungsrat der Kreditanstalt in Österreich z. B. niemand darauf kommt, daß ein Verlust von 140 Millionen da ist? Das hat den Grund, daß der Verwaltungsrat eine Puppe darstellt und nichts in die Spekulation der Direktoren dreinzureden hat. Wie kommt es, daß es möglich ist, daß der Regierungskommissär, also die staatliche Aufsicht, davon nichts weiß? Was hat denn die staatliche Aufsicht für einen Zweck, wenn sie vor die fertige Tatsache eines Verlustes von 140 Millionen Schilling gestellt wird? Da glaube ich, daß wir die verdammte Pflicht und Schuldigkeit haben, in dieser Beziehung doch endlich einmal nachzusehen und zu forschen, damit unsere Bevölkerung eben ein fundiertes Vertrauen zu unseren Geldinstituten haben kann.

Ein paar Worte zur Konversionsanleihe. Die Konversionsanleihe bildet jetzt einen strittigen Punkt in der Koalition. Ich glaube auch von unserem Standpunkt aus sagen zu können, daß wir sie in der Form, wie sie jetzt geplant ist, soweit man das den Zeitungen entnehmen kann, nicht akzeptieren können. Erstens können wir es nicht akzeptieren, daß konvertiert wird, ehe man weiß, wie die Verhältnisse zu der Zeit liegen werden, wo man die Konversion vornehmen will. Zweitens muß man prüfen, ob es nicht den Weg einer billigeren Konversion geben würde. Drittens wäre es unter allen Umständen zu verurteilen, mehr Anleihe aufzunehmen, als zur Konversion selbst notwendig ist, und viertens muß es schließlich abgelehnt werden, die sogenannte Staatsnotenschuld im gegenwärtigen Stadium ablösen zu wollen, wo wir sie zinsenfrei haben.

Meine sehr Verehrten! Vergessen Sie doch eines nicht: Wir stehen in einem Stadium schwerster Krise, und heute, wo wir uns auf den Anleiheweg begeben und dabei mehr leihen wollen, als notwendig ist, wissen wir noch gar nicht, was wir in den nächsten Monaten, oder vielleicht im nächsten Jahre an dringenden sozialen Bedürfnissen zur Behebung und Milderung der Arbeitslosigkeit brauchen werden. Wir dürfen in dieser schweren Zeit uns den Anleiheweg nicht verstopfen sondern müssen ihn für schwere kritische Zeiten offen lassen.

Soviel möchte ich zu dieser Sache gesprochen haben. Ich glaube Ibnen sagen zu können zu den Dingen, wie ich sie hier kurz berührt habe, ob es nun die Zollunion war, ob es die Stellungnahme zu unseren Sudetendeutschen, ob es die Stellungn ahme zu den ganzen Bank-, Devisen- und Kreditverhältnissen, ob es die Stellungnahme zur Konversionsanleihe betrifft, entscheidend ist in dem heutigen kritischen Verhältnissen nicht nur die Politik allein, sondern nur die Verbindung zwischen Politik und Wirtschaft, weil Ihnen schließlich die ganze Politik nichts nützt, wenn Sie auf der anderen Seite einen asthmatischen Wirtschaftsapparat zur Verfügung haben, der Ihnen nichts bringen kann, weil Sie mit einer ausgepumpten Wirtschaft soziale Fragen unmöglich lösen können. (Potlesk.)

Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP