Ètvrtek 4. prosince 1930

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 90. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 4. prosince 1930.

1. Øeè posl. Simma (viz str. 8 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Wir können die erste Sitzung, welche das Abgeordnetenhaus nach der Verabschiedung des Staatsvoranschlages abhält, nicht vorübergehen lassen, ohne der tagespolitischen Aktion der Volkszählung mit einem Worte zu gedenken. Die deutschen Parteien haben zu gleichen Teilen dem Hohen Hause den deutschen Standpunkt dahingehend gekennzeichnet, daß die Volkszählung eine exakte unbeeinflußte Durchführung erhält, weil es andererseits unmöglich erscheint, ihr Ergebnis als ein einwandfreies zu bezeichnen. Schon bei den Budgetberatungen ist auf die Vorkommnisse aufmerksam gemacht worden, welch entgegengesetzte Standpunkte die Vorbereitung und Durchführung der Volkszählung kennzeichnen. Nachdem nun in die tatsächliche Volkszählung seit den letzten Tagen eingegangen worden ist, haben wir weit mehr noch Beschwerde zu führen. Wenn ich mich heute enthalte, eine breitere Besprechung der Übergriffe bei der Volkszählung in deutschen Gebieten durchzuführen, so nur aus dem Grunde, um das gesammelte Material abzuwarten. Dasselbe wird dann die Grundlage abgeben zu einem gemeinsamen Schritt aller deutschen Parteien. Auf die bestimmteste Weise aber möchte ich in diesem Augenblicke schon erklären, daß wir nach den Praktiken der Volkszählung deren Ergebnis nie anerkennen werden, sondern heute schon darauf aufmerksam machen, daß unser Standpunkt gegenüber der durchgeführten Volkszählung nach den bisher gemachten Erfahrungen nur ein ablehnender sein kann. (Potlesk.) und daß wir Sorge tragen werden, daß diese Art der Durchführung der Volkszählung nicht nur im Inland und den sudetendeutschen Volksgenossen zur Kenntnis gebracht wird. (Potlesk.), um sie nicht etwa in Pessimismus zu versetzen, wenn das Ergebnis der augenblicklichen Volkszählung gegenüber der letzten ein Minus aufweisen sollte, sondern auch das Ausland in genügender Art und Weise über die Volkszählung und über die Wertung ihres Ergebnisses aufklären werden. (Potlesk.)

Nun zu dem vorliegenden Gesetze.

Meine Damen und Herren! Ich habe erst vor wenigen Wochen, am 21. Oktober, als das Abgeordnetenhaus den Bericht des gewerblichen und äußeren Ausschusses über den Regierungsantrag, Druck 629 zum rumänischen Handelsvertrag verhandelte, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Staates einer kritischen Betrachtung unterzogen. Ich habe bei dieser Gelegenheit, wie es eine Selbstverständlichkeit sein mußte, die Wirtschaftslage in ihrer furchtbaren Auswirkung auf die Einzelexistenzen dargestellt und hiebei dem staatlichen Steuerproblem auch eine besondere Bemerkung zugewandt.

Bei der Verhandlung des Regierungsantrages zu einem Gesetz, womit das Gesetz über die Umsatz- und Luxussteuer abgeändert und seine Geltung verlängert wird, habe ich in einem noch stärkeren Auftrage meiner Partei die Steuerpolitik des Staates von diesem Gesichtspunkte aus abzulehnen. Ich glaube, es gibt für uns keine Gelegenheit, die uns mit so starker Pflicht gegenüber der steuertragenden Bevölkerung erfüllt aufzeigen muß, als eine Beratungsstunde wie die heutige und das aus folgenden Gründen:

Die Umsatz- und Luxussteuer ist die einträglichste Staatssteuer, sie ist, wie die Regierung das so schön ausdrückt, zu einem Pfeiler der staatlichen Finanzpolitik geworden. Die Erträgnisübersicht dieser Steuergattung bestätigt das leider allzusehr. Im Jahre 1920 betrug das Erträgnis der Umsatzsteuer 500·3 Millionen Kronen, das ist 9·18% aus den staatlichen Einnahmen und in den folgenden Jahren sind die Erträge der Umsatzsteuer und der Prozentsatz derselben im Komplex aller Einnahmen aus den staatlichen Abgaben folgend gestaltet: 1921 1943·2 Millionen Kronen, das ist 15·63 %, 1922 1631·1 Millionen Kronen, d. i. 18·28%, 1923 1433·6 Millionen Kronen, d. i. 17·68%, 1924 1552·8 Millionen Kronen, d. i. 17·80 %, 1925 1779·6 Millionen Kronen, d. i. 19·42 %, 1926 1933·9 Millionen Kronen, d. i. 19·46 %, 1927 2101·6 Millionen Kronen, d. i. 18·90 %, 1928 1997·9 Millionen Kronen. Für 1931 präliminieren wir nach dem Berichterstatter 2247·5 Millionen Kè, von denen an die Selbstverwaltungskörper 243 Millionen und auf die Lehrergehalte 800 Millionen entfallen.

Im ersten Jahr der Wirksamkeit des Umsatzsteuergesetzes betrug also deren Erträgnis rund 500 Millionen Kronen gegenüber einem Ertrag der direkten Steuern von 1215·5 Millionen Kronen. 1922 trägt die Umsatzsteuer schon 1613·1 Millionen Kronen, das ist nurmehr um 100 Millionen Kronen weniger als das Erträgnis der direkten Steuern beträgt. In den ersten 4 Monaten des Jahres 1923 hält die Umsatzsteuer bei einem Ertrage von 500 Millionen Kronen, was gegenüber dem Ertrage der direkten Steuern dieses Zeitraumes nurmehr ein Minus von 29 Millionen ausmacht. Die nächsten Jahre zeigt dann das Erträgnis der Umsatzsteuer in dem schon aufgezeigten Schema. Nirgendwo wird das Wirken der Steuerinflation so aufgezeigt, als bei der Umsatzsteuer.

Als die Umsatzsteuer im Jahre 1919 zum Beschluß erhoben wurde, hat der Berichterstatter hierüber, es ist der heutige Minister Dr. Engliš gewesen, ausdrücklich betont, daß diese Steuer in der Bevölkerung nach dem Maße und der Verschiedenheit ihres Ver brauches kleinere Einkünfte verhältnismäßig stärker trifft. Größere Einkünfte können gar nicht verbraucht werden, ein Teil derselben wird zur Kapitalbildung verwendet. Und weiter ist es Herr Finanzminister Engliš gewesen, der als seinerzeitiger Berichterstatter geradezu leidenschaftlich erklärte, daß alle Wirtschaftlichkeit und Sittlichkeit gegen diese Steuer spricht und daß sie unbedingt in dem Zeitmaße entfallen muß, als im Staate die wirtschaftlichen Verhältnisse geregelt werden. Heute wird nicht mehr von der vorübergehenden Geltung der Steuer gesprochen. Die Regierungsvorlage will das Gesetz über die Umsatz- und Luxussteuer verewigen.

Wir hörten in der letzten Zeit viel davon, daß zur Entspannung der wirtschaftlichen Krisenlage es unbedingt nötig ist, daß die Preiskrise überwunden wird. Der Herr Finanzminister hat sich in seinem Exposée vom 25. September 1930 sehr ausführlich hiefür ausgesprochen. Der Minister für soz. Fürsorge und der Minister für Ernährung haben in gleicher Weise das Wort geführt. Wir stellen hier fest, daß die Prolongation des Umsatzsteuergesetzes solche Aktionen, die auf Verbilligung der Lebensführung hinzielen, unterhöhlt. In keinem anderen Falle verteuert sich der Konsum, so als durch die Umsatzsteuer. Hieraus erklärt sich, wie notwendig es gewesen wäre, daß gerade die um die soziale Seite des Lebens der Staatsbürger verpflichteten Mitglieder der Regierung gegen eine unveränderte ewige Geltung des Gesetzes Stellung zu nehmen gehabt hätten.

Denn nur den kleinen Mann trifft diese Steuer in der größten Härte; den Arbeiter, den Angestellten der Privatwirtschaft, den Festbesoldeten des Staates, den kleinen Gewerbetreibenden, für den diese Steuer eine Quelle ewiger Schikanen ist. (Sehr richtig!) Wir haben nur nochmals auf das Eingeständnis des Herrn Finanzministers, das im Jahre 1919 erfolgte zu verweisen, um einen besonderen Kronzeugen für unsere Behauptungen zu haben. Also es mußte bedacht werden, wenn andrerseits der Preissenkungsaktion keine unüberwindliche Barriere entgegengesetzt werden sollte, das Umsatzsteuergesetz in einem andern Sinne zu kodifizieren.

Es geht nicht an, daß der Herr Finanzminister heute im Gegensatz zu früher erklärt, daß aus staatsfinanziellen Gründen die Aufrechterhaltung der Umsatzsteuer notwendig erscheint. Die Finanzwirtschaft des Staates kann so revidiert werden, daß die Voraussetzung einer Revision der staatlichen Einnahmequellen damit gegeben erscheint (Potlesk.) Wenn der Herr Finanzminister desgleichen auf die große Rolle verweist welche die Umsatzsteuer bei der Sanierung der öffentlichen Verbände spielt, so kann auch dem gegenüber gehalten werden, daß eine Revision der staatlichen Verwaltung die Lage so schafft, daß die Umsatzsteuer auch für die öffentlichen Verbände von minderer Bedeutung ist. Das ist unser kardinaler Standpunkt.

Auf alle Fälle hat, wenn das Gesetz heute trotz aller Proteste einer Verewigung zugeführt wird, die Klageführung bezüglich der Einhebung der Umsatzsteuer und der Kontrolle über dieselbe eine weitestgehende Beachtung zu finden. Die Berechnung und Abführung der Steuer nimmt Industrie, Handel und Gewerbe noch immer in erheblichem Maße in Anspruch, setzt die Steuerträger ständigen Revisionen und Untersuchungen aus und erfordert einen umfangreichen amtlichen Apparat, dessen Kosten einen nicht gering zu schätzenden Teil des Erträgnisses aufzehren. Dabei muß der Finanzminister selbst zugestehen, daß diese Tatsache besteht. Es ist durchaus angängig, daß unsere Steuerverhältnisse, den speziellen Fall der Umsatzsteuer betreffend, nach dem Muster anderer Staaten gestaltet werden. Ich verweise nur auf die Gesetzgebung gleicher Art in Deutschland und Deutsch-Österreich. Die Linie der Finanzverwaltung muß so gehen, daß sich die letzte Schikane abstellt und das im Augenblick. Wir präjudizieren uns mit dieser Forderung nicht bezüglich unseres Standpunktes der Umsatzsteuer gegenüber überhaupt.

Unsere Ausfuhr leidet selbstverständlicher Weise unter der Umsatzsteuer desgleichen schwer. In diesem Sinne sind der Finanzverwaltung seit Jahren durch die Handelskorpo rationen entsprechende Aufklärungen gegeben worden. So sehr dieselben bisher nur eine mangelhafte Berücksichtigung gefunden haben, so sehr wäre auch hier eine Beachtung geboten und weiter geboten, daß die Durchführung einer Begünstigung nicht den Effekt nimmt.

Der Erwerbszweig der Agenten ist nicht in der Lage, entgegen der Absicht des Gesetzes die Umsatzsteuer zu überwälzen. Die Agenten empfinden es deshalb mit Recht als eine besondere Belastung, daß ihr schwer errungenes Arbeitseinkommen durch die Umsatzsteuer empfindlich getroffen wird. In der Vergangenheit blieben alle Versuche, Abhilfe zu schaffen, so insbesondere zwischen selbständigen und nichtselbständigen Agenten, sowie nach der Machtbefugnis und Haftung des Agenten zu unterscheiden, ergebnislos. Endlich ist man der Meinung geworden, die Interessen der Agenten mehr zu wahren. Wir hoffen nur, daß die Auswirkung des Gesetzes für diese Interessenten keine Enttäuschung bereitet.

Der Pauschalierung der Umsatzsteuer ist weitere größte Bedeutung zu schenken. Das System der Pauschalierung ist z. B. in Österreich stark ausgebaut worden. Vor allem sollte auch bei gewerblichen Unternehmungen geringen Umfanges die Steuergrundlage viel häufiger als bisher durch Übereinkommen bestimmt werden. Ansätze hiefür bieten schon gepflogene Vereinbarungen.

Die vom Entwurf für die nicht rechtzeitige Einzahlung der vierteljährigen Steuerabschlagszahlungen oder der Steuer überhaupt in Aussicht genommene Strafe einer 5 % igen Erhöhung begegnet dem berechtigten Widerstande der Wirtschaftskreise. Diese Strafandrohung wäre wohl nicht nötig, wenn die Steuerverwaltung selbst auf die ordentliche und fristgerechte Einzahlung dringen würde. Daran haben auch die Wirtschaftskreise ein Interesse.

Ich kann mich über das Gesetz nicht weiter äußern, weil mein Klubkollege Köhler noch in entsprechender Weise zu dem Gesetz Stellung nehmen wird.

Ich habe mir jedoch vorgenommen Ihnen heute das Wirtschaftsbild eines Bezirkes zu ntwickeln, das genügender Beweis hiefür ist, daß sich die wirtschaftliche und finanzielle Politik des Staates künftighin in anderen Formen hält, als sie sich in dem Umsatz*teuergesetz ausdrücken.

Zum besonderen Beweise will ich lediglich Einzelheiten aus dem Bezirke anführen, den ich überschauen kann, den Gablonzer Bezirk.

Ich habe eine Rundfrage an die dortigen Gemeinden ergehen lassen, deren Beantwortung geradezu trostlose Verhältnisse schildert. Gablonz a. Neisse berichtet mir, daß in der Gablonzer Glas- und Schmuckindustrie, der einzigen Industrie des Bezirkes, andere Erwerbsmöglichkeiten bestehen wegen des gebirgigen Charakters des Gebietes nicht, ein Rückgang von rund 50% im Beschäftigungsgrade besteht. Es gibt im Stadtgebiete allein 300 Arbeitslose und 2000 Kurzarbeiter, deren Leben mit dem ihrer Angehörigen in Frage gestellt ist. Mit den zugeteilten staatlichen Lebensmittelanweisungen konnte bisher nur ein geringer Teil der Arbeitslosen unterstützt werden. Die Stadtgemeinde ist genötigt, die Arbeitslosen durch städtische Zuwendungen zu unterstützen. Für Notstandsarbeiten, hauptsächlich Erdarbeiten, können jedoch die Glasarbeiter nur schwer herangezogen werden, weil die Verrichtung dieser Art der Arbeiten ihnen sehr große Schwierigkeiten macht. Nach einer bemerkten kurzen Besserung hat sich die Lage wieder außerordentlich verschlechtert, hauptsächlich durch die Einwirkung der amerikanischen Zölle. Kenner der Verhältnisse sehen für die nächste Zeit keine Besserung voraus. (Hört! Hört!)

Die Gemeinde Schlag, eine Gemeinde von schätzungsweise 600 Familien, deren Haupterwerbszweig ebenfalls die Gablonzer Glasschliffindustrie ist, die dort ausschließlich in Kleingewerbebetrieben getätigt wird, hat über ein halbes Hundert Familien, deren Erhalter arbeitslos sind. Die Gesamtzahl der von der Krise berührten Existenzen ist hier nicht geschätzt. Die Kurzarbeiter verdienen höchstens 80 bis 150 Kronen die Woche. Die männlichen Arbeitslosen werden, gleich der Unterstützungsmethode der Stadt Gablonz a. Neisse, derzeit noch zu Notstandsbauten, Straßenregulierungen und Pflasterungsarbeiten herangezogen, die von der Gemeinde nur schwer finanziert werden. Die Steuerlage ist außerordentlich ungünstig, wofür am besten spricht, daß innerhalb der letzten Zeit es zu 102 Feilbietungen und 30 gerichtlichen Versteigerungen von Mobilar gekommen ist. Das Gemeindeamt von Schlag sieht desgleichen keine Besserung der Wirtschaftslage voraus, es erwartet im Gegenteil noch eine Verschlimmerung derselben.

In der kleinen Gemeinde Hennersdorf mit 600 Einwohnern und rund 200 Familien, in der der Beschäftigungsgrad durchgehend vermindert ist, gibt es 10 % Arbeitslose und 10 % Kurzarbeiter. Der Kleinheit der Gemeinde gemäß sind die Unterstützungsmöglichkeiten durch Notstandsarbeiten gering, obwohl die mangelhafte staatliche Unterstützung auch hier wesentliche Eigenhilfe nötig machte.

In Wiesenthal a. Neisse, welche Stadt 3744 Einwohner und 1000 Haushaltungen zählt, gibt es 600 arbeitslose Menschen. Hier ist die Notlage auch infolge des vollständigen Erliegens der Spezialbeschäftigung, der Ringeerzeugung, so katastrophal geworden. Als Notstandsbau ist die Errichtung einer Schwimmanlage geplant und anderes, so Straßen- und Wegbauten. Die Steuerlage ist furchtbar. Die Finanzverwaltung geht rücksichtslos mit Exekutionen und mit dem Eintreiben der Rückstände vor und leistet keine Erleichterungen, nicht einmal durch Abstriche von Rückständen bei ganz besonders berücksichtigungswerten Fällen oder verzugszinsenfreie Stundungen der Steuern. Hier sind weit über 200 Feilbietungen durch die Steuerbehörde in die Wege geleitet worden. Die Stadtgemeinde ist weiter bestrebt, der Stagnation in der Wirtschaft zu begegnen, doch sind hier nicht zuletzt in Auswirkung des Gemeindefinanzgesetzes die Möglichkeiten sehr beschnitten. Die Stadt hat seit Mai keine Umlagen mehr von der Finanzbehörde angewiesen erhalten.

Grünwald a. Neisse mit 4000 Einwohnern und 1310 Haushaltungen, deren Vorstände in der Weberei, in einer Glasfabrik, in der Glasund Bijouteriewarenerzeugung tätig sind, ist nicht anders gestellt als die genannten Gemeinden. Hier zählte man schon vor Wochen 150 Arbeitslose und 70 Kurzarbeiter. Notstandsstraßenbauten bedingen die Aufnahme eines Darlehens von 40.000 Kronen. Die Steuerlage der Steuerträger wird von Tag zu Tag komplizierter, wozu fortgesetzte Pfändungen und Anordnung von Feilbietungen beitragen. Kürzlich sind ca 200 Feilbietungen seitens der Finanzverwaltung angeordnet worden, deren teilweise Verschiebung nur durch die größte Anstrengung der Steuerträger durch Ratenzahlungen erwirkt wurde. Die Aussichten für die Zukunft sind trostlos. (Hört! Hört!)

Reinowitz zählt rund 1800 Einwohner und 600 Familien. Die Bewohnerschaft war tätig in einer Glasfabrik, 3 Ziegeleien, einer Metallwarenfabrik und einigen kleinen Gürtlereien. Mindestens 50 % der Erwerbsmöglichkeiten sind lahmgelegt. Es gibt hier 50 gemeldete Arbeitslose und 80 Kurzarbeiter, deren wöchentlicher Verdienst höchstens 80 Kronen beträgt. Infolge Geldmangels kann die Gemeinde kaum irgendwelche Notstandsarbeiten durchführen, um zu lindern. Die Steuerlage ist schlecht, ca 250.000 Kronen Steuerrückstände beweisen dies. In der letzten Zeit erfolgten 20 Exekutionsführungen, 3 Versteigerungen von Häusern und 11 von Mobilaren.

In Lautschnei zählt man 572 Einwohner und rund 200 Haushaltungen. Hauptbeschäftigung ist hier die Textilarbeit, Gürtlerei, die Glaswarenerzeugung. Alles erledigt sich in Heimarbeit. Großindustrie gibt es keine. Die Heimarbeit ist meist stillgelegt. Es gibt hier rund 40 Familien, die vor der Vernichtung ihrer Existenz stehen. Die Gemeinde hat eine Straßenverbreiterung vorgenommen, die aber nur durch die Aufnahme eines Darlehens Deckung erfahren konnte. So klein die Gemeinde ist, gibt es auch hier sehr hohe Steuerrückstände, deren Entstehen in der Hauptsache auf verspätete Vorschreibung zurückzuführen ist.

In der kleinen Gemeinde Luxdorf mit 600 Einwohnern und 150 Familien gibt es nur Kurzarbeiter. Jede Unterstützung ist lediglich auf die staatliche Arbeitslosenunterstützung gestellt. Die Gemeinde kann keine besondere Fürsorge entwickeln, weil sie des Geldmangels wegen daran gehindert ist. Die Steuerrückstände betragen hier rund 80.000 Kronen. Exekutionen sind auf der Tagesordnung.

Johannesberg mit 2897 Einwohnern und 778 Haushaltungen hat als wirtschaftliche Grundlage nur Glasschleiferei und Glasdruckerei gehabt. Diese Grundlage ist heute auf das schwerste erschüttert, wovon Zeugnis ablegt, daß es hier 887 Arbeitslose und 432 Kurzarbeiter gibt, von welch letzteren täglich kaum 12 Kronen verdient werden. Die Gemeinde hat ein Darlehen von 300.000 Kronen aufgenommen, um ihren schweren sozialen Pflichten in dieser Zeit einigermaßen nachkommen zu können. Es werden Notstandsstraßenbauten verrichtet. Die Steuerrückstände betragen 2,000.000 Kronen. Wie katastrophal hier die Verhältnisse liegen, davon kann die Steuerbehörde berichten, die zwar alle Anstrengungen macht, durch Maßnahmen die Rückstände an Steuern für sich auszugleichen, ohne Erfolg zu haben. Alle Pfändungen verlaufen negativ. Die Lage in Johannesberg ist als besonders ernst zu betrachten und es ist durchaus ein Problem, wie die vielen Hundert arbeitslosen Menschen und Kurzarbeiter den Winter über erhalten werden können.

Seidenschwanz zählt 2.800 Einwohner und 826 Haushaltungen. Als Großindustrie kommt hier die Brauerei A.-G. in Betracht, welche 142 Arbeiter beschäftigt. Die übrigen Gewerbebetriebe können nur als Kleingewerbe bezeichnet werden. Dieses Kleingewerbe, Glas- und Gürtlerei, ist zu hohen Teilen stillgelegt. Wo noch gearbeitet wird, geschieht das nur mit der Verkürzung der Arbeitstage in der Woche (3 bis 4 Tage). Die Gemeinde zählt heute 135 gänzlich arbeitslose Menschen und 82 Kurzarbeiter, deren Wochenverdienst 60 Kronen ist. Die Arbeitslosen werden durch Notstandsarbeiten versorgt. Die Steuerlage der Steuerträger ist höchst ungünstig, weil die Steuerträger die ernormen Zahlungsaufträge nicht erfüllen können. Die Steuerrückstände betragen weit über eine halbe Million Kronen. Vor kurzer Zeit wurden 266 Feilbietungen vorgenommen und 8 Transferierungen durchgeführt. Die Arbeitslosigkeit steigt, der kommende Winter ist nach den Berichten des Gemeindeamtes trostlos anzusprechen. Die vorhandenen Geldmittel der Gemeinde gehen zu Ende. Der Zusammenbruch droht auch hier.

In Kukan mit 3000 Einwohnern und 900 Haushaltungen beschäftigt sich die Bewohnerschaft ausschließlich in Heimbetrieben und kleineren Gewerbeunternehmungen mit der Gürtlerei und Glaswarenerzeugung. In Kukan werden 100 Arbeitslose gezählt, während alle anderen Arbeiter auf Kurzarbeit gestellt sind. Das Einkommen der Kurzarbeiter ist mit wöchentlich 80 Kronen eher zu hoch als zu niedrig angenommen. Als Notstandsarbeit ist der Ausbau einer Bezirksstraße vorgesehen, dessen Vorarbeiten bereits eingeleitet wurden. An Feilbietungen sind in der letzten Zeit 32 Fälle bekannt geworden, an Mobilarversteigerungen wurden im Laufe dieses Jahres gleichfalls 32 Fälle gezählt. Die Lage der Arbeiter in Kukan ist im allgemeinen äußerst trostlos, so daß es den meisten Familien nur unter härtesten Einschränkungen möglich ist das Auskommen zu finden.

Puletschnei mit rund 1000 Einwohnern und 285 Haushaltungen ist zur Hälfte auf Landwirtschaft und zur anderen Hälfte auf Glasindustrie, Druck, Spinnen, Schleifen usw. eingestellt. Beide Erwerbszweige bieten ein recht trostloses Bild, die Einkommensverhältnisse sind um mehr als die Hälfte verschlechtert worden, so daß die Großzahl der Arbeitnehmer in ihrer Existenz bedroht erscheinen, zumal der Gemeinde keine Mittel für Notstandsarbeiten zur Verfügung stehen. Die allgemeine Notlage in Puletschnei wird durch die strenge Durchführung der Steuereintreibungen noch bedeutend erschwert. In letzter Zeit wurden 20 Feilbietungen durchgeführt. Die Mittel der Gemeinde sind durch das infolge des Gemeindefinanzgesetzes notwendig gewordene Herabmindern der Steuerbasis sowie durch Steuerabschreibungen unerträglich beschnitten worden und es werden nach Beurteilung des Gemeindeamtes für die nächste Zeit kaum bessere Aussichten bestehen.

Auch die 2766 Einwohner zählende Stadt Reichenau, in welcher die Gablonzer Heimindustrie gleichfalls die Hauptbeschäftigung bildet, meldet gänzliche und teilweise Stilllegungen. Vielfach wird nur einige Stunden wöchentlich gearbeitet. Dadurch sind auch die anderen Erwerbsmöglichkeiten stark vermindert worden bzw. zum gänzlichen Stillstande verurteilt. Die Zahl der gemeldeten Arbeitslosen wird mit rund 130 Verdienern angegeben, in welcher aber der überwiegende Teil der tatsächlich Arbeitslosen nicht enthalten ist. Der Wochenverdienst der Vollarbeiter übersteigt nur in den seltensten Fällen einen Durchschnittslohn von 120 Kronen. Im Frühjahr steuerte die Gemeinde rund 9000 Kronen als außerordentlichen Unterstützungsbeitrag zur Arbeitslosenfürsorge bei. Von der Durchführung von Notstandsbauten mußte die Stadtgemeinde Abstand nehmen, weil es ihr infolge der durch das Gemeindefinanzgesetz bedingten geringen Umlagenhöhe nicht möglich war, die hiefür notwendigen Mittel aufbringen zu können und ein Ansuchen beim Straßenfond um die Gewährung einer Subvention abgewiesen wurde. Auch die Erlangung eines für die Linderung der herrschenden Notlage äußerst dringenden Darlehens konnte trotz angestrengter Bemühungen nicht erwirkt werden. Durch die strenge Handhabung der Steuereintreibungen sind besonders zahlreiche Kleingewerbeexistenzen auf das ärgste bedroht, welche Tatsache in der Zahl der in letzter Zeit durchgeführten Feilbietungen, insgesamt 212, unzweideutig bestätigt wird. Durch diese Feilbietungen und Mobilarexekutionen, die seitens der Steuerbehörden sehr streng durchgeführt wurden, sind allein 942.975 Kè eingetrieben worden. Daraus ist ersichtlich, daß die Lage im Gebiete der Stadtgemeinde Reichenau als äußerst ernst bezeichnet werden muß. Sollte sich die triste Wirtschaftslage nicht noch vor Eintritt des Winters erheblich bessern, steht das Schlimmste zu befürchten. Das Stadtamt gibt der Meinung Ausdruck, daß die bisherigen ministeriellen Fürsorgemaßnahmen und Hilfsaktionen ohne fühlbare Bedeutung geblieben sind und auch weiterhin keine merkliche Auswirkung zeigen können, wenn den Gemeinden nicht bald durch Erweiterung ihrer Selbstverwaltungsrechte die Möglichkeit zur Regelung ihrer Finanzen gegeben wird.

In der Gemeinde Radl mit etwa 1600 Einwohnern, bzw. 460 Haushaltungen ist die Glasindustrie, die vornehmlich als Heimarbeit (Glasschleiferei und Glasdruckerei) betrieben wurde, gegenwärtig sogar bis zu 75 % stillgelegt. Rund ein Drittel aller Familienerhalter sind als arbeitslos gemeldet, alle anderen Industriearbeiter müssen sich mit wenigen Stunden Kurzarbeit wöchentlich begnügen. Der Wochenverdienst dieser Kurzarbeiter schwankt zwischen 20 bis bestenfalls 100 Kronen. Die Gemeinde war genötigt, alle staatlichen Fürsorgeaktionen für ihre Arbeitslosen in Anspruch zu nehmen und mußte darüber hinaus aus eigenen Mitteln weit über 10.000 Kronen für Lebensmittelaktionen beisteuern. Für Notstandsarbeiten hat die Gemeinde bereits 10.000 Kronen aus eigenen Mitteln flüssig gemacht. Es sollen noch heuer Straßenverbreiterungen und Kanalisationen durch den Ort als Notstandsbauten unter zu Hilfenahme der staatlichen produktiven Arbeitslosenfürsorge durchgeführt werden. Auch hier wird über das exekutive Vorgehen bei Eintreibung der Steuerrückstände bitter Klage geführt. Bei vorsichtiger Schätzung kann die Höhe der - Steuerrückstände mit 250.000 Kronen angenommen werden. Den Steuerträgern wurden trotz ungezählter Rekurse keine nennenswerten Erleichterungen bewilligt. Es werden gegen 50 Feilbietungen gemeldet. Obwohl die Finanzlage der Gemeinde selbst derzeit noch als halbwegs gesund bezeichnet werden kann, muß, da die Einnahmsquellen immer mehr versiegen, der weiteren Entwicklung mit Bangen entgegengesehen werden.

In Marschowitz, das 602 Einwohner von 210 Haushaltungen aufzuweisen hat, wird ausschließlich nur 2 bis 3 Tage wöchentlich in der Glaswarenerzeugung bzw. Heimindustrie gearbeitet. Es gibt hier mehr als 30 Arbeitslose und etwa 80 bis 100 Kurzarbeiter, deren Einkommensverhältnisse sehr gering sind. An die Durchführung von Notstandsarbeiten konnte nicht geschritten werden, da die Vermögenslage der Gemeinde sehr trostlos ist.

Auch in der Glasdruckerei, die die einzige Erwerbsmöglichkeit in der Gemeinde Schumburg-Gistei bildet, sind starke Beschäftigungsrückgänge zu verzeichnen. Die Gemeinde, welche 1150 Einwohner in 400 Haushaltungen zählt, meldet rund 50 Kurzarbeiter, die Steuerrückstände werden mit etwa 62.000 Kronen beziffert. Die an sich geringe Höhe dieser Steuerrückstände ist vor allem auf die rücksichtslose Vorgangsweise der Steuerbehörden zurückzuführen, die 180 Feilbietungen, etwa 15 Transferierungen und rund 30 Mobilarversteigerungen durchführen ließ.

Die ca 1000 Einwohner zählende Gemeinde Labau ist ausschließlich auf die Glaswarenerzeugung und Heimarbeit eingestellt. Mit Ausnahme einiger weniger besser bezahlter Facharbeiter betragen die Löhne bei wöchentlicher Vollarbeit etwa 40 bis 100 Kronen. Der Beschäftigungsgrad wird als ungemein schwach bezeichnet. Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit führte die Gemeinde aus eigenen Mitteln den Bau einer Gemeindestraße durch, außerdem wurden aus Vereinsmitteln mit Unterstützung der Gemeinde sowie der Bevölkerung der Bau einer Turnhalle und eines Raiffeisenhauses bewerkstelligt. Hier klagt man besonders über die Verschleppung bzw. Verlegung der heimischen Industrie in das benachbarte èechische Gebiet, wodurch die finanzielle Lage der Gemeinde und ihrer Industrie ganz bedeutend verschlechtert worden ist. Durch die Aufnahme eines Darlehens von 300.000 Kè hofft die Gemeinde wenigstens vorübergehend die größten Schwierigkeiten überbrücken zu können. In der jüngsten Zeit wurde eine Total-Exekution mit Erfolg durchgeführt. Bei einem schätzungsweisen Steuerrückstande von 80.000 Kronen werden die jährlich durchgeführten Exekutionen mit etwa 100 angezeigt. Die vorhandenen Arbeitslosen werden ausnahmslos aus Gemeindemitteln unterstützt.

Auch Neudorf a. Neisse mit ungefähr 2300 Einwohnern in 800 Haushaltungen ist in Ermangelung anderer Fabrikationszweige allein auf die Gablonzer Glasindustrie als Heimindustrie angewiesen. Die derzeit gemeldeten 10 Arbeitslosen werden zum Teil aus dem Armenfond unterstützt. Die herrschende Krise trifft besonders hart die große Zahl der kleinen selbständigen Gewerbetreibenden, vor allem Glasdrucker, die früher eine große Anzahl von Gehilfen beschäftigen konnten und heute kaum allein das Auskommen finden. Es wird fast überall nur an drei bis vier Tagen wöchentlich gearbeitet. Die Löhne sind beispiellos niedrig. Steuerrückstände werden mit 40.000 Kronen eingeschätzt. Exekutionsmaßnahmen sind in letzter Zeit nicht durchgeführt worden. Trotz größter Einschränkungen und Sparmaßnahmen ist es der Gemeinde nicht möglich, auch nur die dringendsten Straßenreparaturen und öffentlichen Arbeiten durchzuführen. Auch von hier werden schwere Schikanen seitens der Finanzverwaltung gemeldet.


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