Úterý 27. kvìtna 1930

Ich komme zu einem ganz kurzen Resumé der Ergebnisse von Paris. Ich habe seinerzeit gesagt, es wurde im Haag gut und erfolgreich gearbeitet, und ich wiederhole es heute, wenn ich die finanzpolitische Seite der Frage betrachte, mit allem Nachdrucke, wobei ich nur Vorbehalte bezüglich gewisser juristischer Mängel, die im Haag unterlaufen sind, mache. Die Delegation bei der Pariser Konferenz hat meines Erachtens in der ungünstigen Situation, in der sie sich befunden hat, außerordentlich gut gearbeitet, und ich stehe nicht an zu erklären, daß wir jetzt mit ruhigem Gewissen für die Genehmigung dieser Verträge stimmen können, das anerkennen können, was im Haag und in Paris finanzpolitisch geleistet worden ist. Erleichtert wird uns diese zustimmende Stellungnahme noch dadurch, daß wir auch die politischen Werte der ganzen Entwicklung von Paris und Haag sehen und nicht unterschätzen und der Ansicht sind, wie ich schon in meinen Darlegungen zur Haager Konferenz ausgeführt habe, daß die politischen Auswirkungen, die endgültige Liquidierung gewisser Fragen, die Erledigung des Zustandes der zwei Lager in Europa als ein großer politischer Gewinn zu betrachten sind.

Dieser Gewinn wirkt sich auch schon aus. Denn in keiner früheren Zeit wäre es meines Erachtens möglich gewesen, daß Briand mit seinem Memorandum hervorgetreten wäre. Er hat es angekündigt zu einer Zeit, wo bereits die Konturen der künftigen Gestaltung der europäischen Lage sich auf dem Horizont zeigten und hat es nach dem Abschluß der Pariser Konferenz versendet. Das ist kein zufälliges Zusammentreffen, meine Damen und Herren. Dieses Memorandum Briands ist viel kritisiert worden. Mit Recht und begreiflich. Man hat die Fragen aufgeworfen: wie steht es mit England bezw. dem British Empire? Wie steht es mit dem Problem Rußland? Wie wird es denn mit Amerika sein? Soll das ganze eine feindliche Attitude gegen die Vereinigten Staaten oder gegen Amerika überhaupt bedeuten oder nicht?

Diese Fragen sind längst aufgerollt in der paneuropäischen Literatur und sind längst beantwortet, wenn auch nicht einheitlich, in einer Art, die die Bedenken meines Erachtens zerstreut, insbesondere insoweit es sich um das Verhältnis des Kontinentes zu Amerika handelt. Es sind auch andere Bedenken erhoben worden. Von deutscher Seite sind Bedenken geltend gemacht worden, daß es sich hier um eine Kulisse handelt, hinter der sich gewisse Sonderinteressen Briands und Frankreichs verstecken. Meine Damen und Herren! Diese Zweifel sind sehr verständlich. Das bedeutet kein Mißtrauen gegen die Persönlichkeit Briands, dessen Idealismus wir kennen, trotzdem wir wissen, daß sein Idealismus immer realpolitisch wohl temperiert war, auch kein Mißtrauen gegen das französische Volk, dem die Menschheit gewiß manche erlösende Tat und manche erlösende Idee dankt. Die Skepsis ist ausgelöst vor allem durch den Umstand, daß gerade das gegenwärtige Regime in Frankreich Briand die Vollmacht erteilt hat, mit einem solchen Schritt vor die Öffentlichkeit zu treten, das gegenwärtige Regime, bei dem wir allerdings glauben, daß ihm nicht so sehr die Interessen der europäischen Solidarität, als gewisse französiche Sonderinteressen am Herzen liegen, wenn es einen derart schwerwiegend en diplomatischen Schritt ermöglicht. Dazu kommt, daß auch der Inhalt des Memorandums Briands zu manchen Zweifeln Anlaß gibt. Wir sind uns alle darüber klar, daß die Notwendigkeiten, die zu Paneuropa führen, in allererster Linie auf wirtschaftlichem Gebiete liegen. Trotzdem aber unterstreicht Briand mit durchsichtiger Absichtlichkeit die Unterordnung des wirtschaftlichen Problems unter die politische Problemstellung und verquickt in unnötiger Weise mit dem ganzen Plan die bereits zum Überdruß abgehandelte sogenannte Sicherheitsfrage.

Wenn ich die Kritik analysiere, komme ich zu noch einem Bedenken, das auch hier geäußert wurde, einem Bedenken, das übrigens scheinbar international ist. Es hat davon nicht nur der Koll. Hajn hier gesprochen, sondern auch Briand selbst sprach davon in seinem Memorandum, und Reichskanzler Brüning hat es erwähnt. Ich denke an die Angst um die Wahrung der eigenen Souveränität. Und da gestatten Sie mir nun, daß ich mich als einen absoluten Ketzer gegenüber dem Souveränitätsideal bekenne. Ich gehöre nicht zur Kelsenschule und lehne absolut die Umstellung ab, die dort vorgenommen wird. Ich stehe aber auf dem Standpunkt: die Souveränität ist eine historische Kategorie, die ihre Aufgabe schon seit Jahrhunderten erfüllt hat. Wenn wir aber den Souneränitätsbegriff noch weiter schleppen wollen - wogegen ich gar nichts habe, weil man durch die Verwendung dieses traditionellen Begriffes vielleicht manchmal längere Umschreibungen vermeidet, das ist der ganze Wert dieser Terminologie - so muß man sich dessen bewußt sein, daß der Souveräni tätsbegriff nichts anderes ist als ein rein formaler Begriff. Er bedeutet, daß es auf dem Territorium des eigenen Staates keine höhere Gewalt geben darf, als die eigene Staatsgewalt, außer es habe die eigene Staatsgewalt freiwillig gewisse Zuständigkeiten an überstaatliche Organisationen abgegeben. Wenn heute jemand aufstünde und behauptete, die Staaten haben ihre Souveränität preisgegeben oder abgebaut, als sie das erstemal dem Weltpostverein beigetreten sind, würden alle lachen und doch ist der Beitritt zum Weltpostverein in nuce gar nichts anderes als das, was meistens als Preisgabe der Souveränität bezeichnet wird, nichts anderes als die Abgabe von Zuständigkeiten an eine Organisation, der der eigene Staat als vollberechtigtes Mitglied angehört, der eigene Staat, der, wenn die Organisation noch dazu aufgebaut ist auf dem Prinzip der Einstimmigkeit, sogar verhindern kann, daß etwas geschieht, was ihm nicht paßt. Wenn man mit dem Popanz der Souveränitätseinbuße gegen Paneuropa arbeiten will, so ist das, glaube ich, keine bis ans Ende durchdachte Argumentation. Ich glaube im Gegenteil: ein kleiner Staat ist in seiner sogenannten Souveränität, die ich lieber politische Unabhängigkeit nennen würde, wesentlich gefährdeter in jeder politischen Allianz mit einer Großmacht als durch seine Mitgliedschaft in einer überstaatlichen Organisation von der Struktur, wie sie etwa der Völkerbund zeigt. Aber wir müssen uns bei der Beurteilung aller dieser Projekte klar sein, daß bei ihnen nicht entscheidend ist die Organisationsform, nicht entscheidend ist das Aktionsprogramm, sondern, daß entscheidend sind die Gedanken, von denen die Organisationen beherrscht werden. Wir haben das beim Völkerbund gesehen. Der Völkerbund war zunächst nichts anderes - wie immer man es versteckt hat - als ein Instrument der Siegerstaaten zur Festhaltung dessen, was sie sich genommen haben. Als allmählich die Siegerentente in sich zerbröckelte, als neue Glieder des Völkerbundes hinzukamen, als die neutralen Staaten sich ihres Einflusses bewußt wurden, bekam der Völkerbund einen Januskopf: die einen wollen noch, daß er nur im Sinne der alten realpolitischen Begründung arbeitet, die anderen wollen, daß er zu seiner eigentlichen Tätigkeit erwacht. Zwischen diesen beiden Extremen schwankt er heute noch hin und her, und seine Aufgabe wird er erst erfüllen, wenn man die Nebenmotive mancher seiner Gründer ein bißchen vergessen haben wird und dazu kommt, ihn zu jenem Instrument der Solidarität zu gestalten, das er unbedingt sein muß. So wird es auch mit Paneuropa gehen. Aber entscheidend ist nicht der Paneuropaapparat, sondern entscheidend ist der Paneuropageist. Wenn nun manche Staaten in diesen Apparat Nebenzwecke und Sonderegoismen hineintragen wollen, so werden wir das nicht verhindern können, aber wir werden deshalb nicht darauf verzichten dürfen, den Apparat zu schaffen, sondern, es wird Aufgabe aller jener, die es ehrlich mit der Paneuropaidee meinen sein, den Paneuropagedanken durchzusetzen gegen alle abwegigen Bemühungen. Denn daß eine Organisation Europas - mag man sie nun Paneuropa nennen oder wie immer, am Namen liegt uns nichts - notwendig ist, darüber ist heute kein ernster Mensch im Zweifel, der sich der Verantwortung gegenüber der Zukunft bewußt ist. Ich wage zu sagen, daß die Agrarkrise ganz anders ausschauen würde, wenn eine Agrarsituation für ganz Europa da wäre und nicht für jedes Land in Europa. Und wenn man von Rationalisierung der industriellen Produktion spricht, so sage ich, daß jede Rationalisierung der industriellen Produktion, die in kleinen Teilgebieten geschieht, wertlos ist, und daß nur eine Rationalisierung der industriellen Produktion in einem so großen Wirtschaftsgebiete, wie es der europäische Kontinent darstellt, wirklich helfen kann. Das sind Notwendigkeiten, wie immer man vom politischen und vom sentimentalen Standpunkte aus auf die Dinge schauen mag.

Wir erwarten von der èechoslovakischen Regierung, daß sie bei allen Bedenken, die wir selbst haben, bei allen Bedenken, die sie haben mag, und die vielleicht anderen Quellen entstammen als die unseren, dem Grundsatz des Planes Briands gegenüber eine sympathische Haltung einnimmt, vorbehaltlich der Prüfung aller Einzelheiten, und der gebotenen Reserve, von der der Herr Minister gesprochen hat und der ich zustimme. Ich richte aber an den Herrn Minister des Äußern das Ersuchen, daß bei der Feststellung der Grundsätze unserer Antwort an Briand das Parlament nicht vor vollendete Tatsachen gestellt wird, sondern, daß das Parlament dazu gelangt, mitzuarbeiten. Ich respektiere vollkommen die Grenze zwischen Exekutive und Parlament. Die Beantwortung der Note in formali ist Sache des Außenministeriums, beziehungsweise der Regierung, aber über die Grundsätze, von denen diese Antwort geleitet sein soll, möge der Herr Minister im Außenausschuß, wenn er will in vertraulicher Sitzung, Bericht erstatten, um dem Außenausschuß die Möglichkeit zu geben, sich zu den in Aussicht genommenen Leitgedanken zu äußern. Ich wäre dem Herrn Minister dankbar, wenn er in seinem Schlußwort sagen wollte, ob er meiner Anregung zu entsprechen gedenkt oder nicht.

Wenn ich davon gesprochen habe, daß die Erledigung des Abkommens im Haag und Paris den Paneuropavorstoß on Briand ermöglicht hat und damit zu gewißen günstigen Auswirkungen der Übereinkommen übergegangen wird, so möchte ich nur ferner feststellen, daß die Übereinkommen wohl auch die allseits bemerkte andere Sprache des Herrn Ministers des Äußern gegenüber Ungarn ermöglicht haben. Wir begrüßen diesen geänderten Ton und sind bereit, wenn der Minister des Äußern diesen Ton aufrechterhalten und auch durch die Tat bestärken will, ihm dabei Gefolgschaft zu leisten. Umsomehr bedauern wir, daß manche Redner in der Debatte gegen Ungarn in einer Weise gesprochen haben, die geeignet war, den Eindruck der korrekten Einstellung des Ministers des Äußern zuu verwischen.

Besonders aber begrüßen wir die Erkenntnis des Ministers des Äußern - ich zitiere jetzt wörtlich - "daß die Politik der nationalen Gerechtigkeit eine der stärksten Waffen für den Staat ist". Leider ist durch 12 Jahre von dieser Erkenntnis kein Gebrauch gemacht worden, leider sind wir auch heute noch weit davon entfernt, daß von dieser Erkenntnis der entsprechende Gebrauch gemacht wird. Und doch haben wir von deutscher Seite - ich erinnere mich an die erste Rede, die ich in diesem Hause vor 10 Jahren gehalten habe - wiederholt festgestellt, daß die Bereinigung der inneren nationalen Fragen nicht nur ein Interesse der deutschen oder magyarischen Bevölkerung ist, sondern im eminentesten Sinne des Wortes ein Interesse des Staates selbst. Ich glaube, daß sich Herr Koll. Dr. Stránský im wesentlichen auf denselben Standpunkt gestellt hat wie Minister Dr Beneš. Nur hat er ein Wortspiel gebraucht, zu dem eine gewisse Aufklärung notwendig ist. Er hat gesagt: "Paneuropa! Gut! Aber vorher Panèechoslovakei!" Meint er eine Panèechoslovakei, wie wir uns Paneuropa vorstellen, ohne Hegemonie, aufgebaut auf dem Boden der Solidarität aller Völker, oder meint er eine Èechoslovakei als ein Gebilde, bei dem es eine Vorherrschaft einer der Nationen gibt? (Posl. dr. Stránský: Loyalita!) Wir lehnen absolut für Paneuropa alles, was zur Hegemonie irgendeines Staates führen würde, ab, wir lehnen auch für die Èechoslovakei unter allen Umständen jede Gestaltung ab, bei der einem Volke die Vorherschung über andere Völker des Staates zufallen sollte. (Souhlas.)

Die Èechoslovakei hat ihr Sicherheitsproblem wie jeder andere Staat. Das weiß man seit langem und man bemüht sich, zu einer gedeihlichen Lösung dieses Sicherheitsproblems zu kommen durch Rüstungen und durch politische Allianzen. Ich aber sage, indem ich die Worte des Ministers des Äußern unterstreiche, das spezielle Sicherheitsproblem der Èechoslovakei ist nur dadurch befriedigt zu lösen, daß im Innern des Staates der nationale Friede herbeigeführt wird, daß das Problem der Natonalitäten so bereinigt werde, daß alle Bürger des Staates ein Interesse am Staate haben. Auch eine gute Außenpolitik beginnt, wie das Wohltun, zuhause, und wenn der Herr Minister des Äußern in diesem Sinne seine Außenpolitik auch nach Innen betreibt, wenn er auch durch Beeinflussung der Innenpolitik jene Erkenntnis vertritt, die er im Exposé dargelegt hat, die Erkenntnis von der staatlichen Notwendigkeit des nationalen Friedens, so werden wir ihm diese scheinbare Überschreitung seiner Kompetenzgrenzen, diesen scheinbaren Eingriff in die Souveränität der Innenpolitik nicht verargen, sondern er wird uns bereit finden, ihn restlos bei diesem Bemühen zu unterstützen. (Potlesk.)

3. Øeè posl. inž. Kalliny (viz str. 28 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Die Berichterstatter über die Haager bezw. Pariser Abkommen erblicken in diesen am 20. Jänner 1 930 im Haag und am 28. April 1930 in Paris unterfertigten Abkommen die endgültige Regelung der Auswirkungen der Friedensdiktate in finanzieller und wirtschaftlicher Beziehung, bezw. die endgültige Feststellung der Forderungen und Verpflichtungen der einzelnen Staaten. Der verstorbene Reichsaußenminister Dr. Stresemann hat in seiner letzten großen Rede in Genf festgestellt, daß man im Jahre 1919 in Versailles zwar mit großer Siegergeste versucht hat, ein neues politisches Europa zu diktieren, aber, wie die Entwicklung seither gelehrt hat, unfähig war, die Vorbedingungen und Voraussetzungen für eine entsprechende neue europäische Wirtschaftsordnung zu schaffen. Wer heute unvoreingenommen auf die Entwicklung der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse Europas zurückblickt, wird mir doch beipflichten müssen, daß sich all die unsinnigen Besti mmungen der Friedensdiktate, eingestellt auf die Vernichtung des deutschen Volkes, in Mitteleuropa gleichzeitig auch allen anderen Völkern schweren Schaden zugefügt haben. Die bis zu diesem Zeitpunkte noch nicht richtig erkannten weltwirtschaftlichen Zusammenhänge haben erst nach Bedrohung und teilweiser Vernichtung wertvoller Kulturgüter die verantwortlichen Machthaber erkennen lassen, daß ein Fortschritt auf dieser Bahn zum vollständigen Zusammenbruch Europas und zum Siege des Bolschewismus führen müßte. Es ist aber bezeichnend, daß der während des Weltkriegs auf eine Lügenpropaganda sondergleichen gestützte Haßfeldzug gegen die deutsche Bevölkerung es auch bis zum heutigen Tage einzelnen klardenkenden Führern der Westmächte noch immer nicht ermöglicht, eine volle Abkehr von den in den Friedensdiktaten eingeschlagenen brutalen Machtmethoden zu vollziehen. Es sind eben die Geister, die sie damals riefen und heute noch immer nicht loswerden können. Beweis dafür, welcher Einstellung der englische Schatzkanzler Snowden bei den jetzigen Verhandlungen eingenommen hat, obwohl er im Jahre 1923 im englischen Unterhause auf die Frage, was wohl Deutschland, als Sieger im Weltkriege getan hätte, geantwortet hat: "Ich weiß es nicht, aber ich kann sagen, was Deutschland getan hat, als es Frankreich vor 50 Jahren schlug. Es hat keine französischen Provinzen genommen, es hat nicht französische Güter zerstört; es nahm allerdings zwei französische Provinzen weg, die Frankreich nur 200 Jahre besessen hatte und die vorher 800 Jahre lang deutsch gewesen waren. Die Bevölkerung dieser Provinzen war bis 90 von 100 deutschen Ursprungs und deutscher Sprache. Deutschland legte Frankreich eine Entschädigung von 5 und nicht von 132 Milliarden auf. Es zerstörte nicht den nationalen Kredit Frankreichs. Ich weiß nicht, was Deutschland jetzt getan hätte, aber eines weiß ich: es hätte den Alliierten nicht einen Frieden auferlegt, der brutaler, ungerechter, ehrloser und herausfordernder gewesen wäre und der mehr dauernden Haß hervorgerufen hätte, als es die Alliierten getan haben, die vorgaben, höhere Ideale zu vertreten als die Deutschen." Die Friedensdiktate atmen eben nur französischen Rachegeist und erhoffte man sich, auf diesem Wege einen Wiederaufstieg Deutschlands dauernd verhindern zu können. Der Weltöffentlichkeit gegenüber wurde dieses Beginnen mit der Errichtung eines Völkerbundes verbrämt, der aber in Wirklichkeit zu einem Bunde der neugegründeten Machtstaaten, also zu einem Staatenbunde ausgestaltet wurde, der es Frankreich ermöglichen sollte, die Durchführung der Pariser Vorortediktate zu garantieren. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr Lukavský.)

Wenn ich mich noch kurz mit dem Völkerbund beschäftige, so deshalb, weil bekanntlich unter anderen Bestimmungen in den verschiedenen Artikeln des Völkerbundes als einer der wichtigsten vorgesehen ist die Abrüstung. Die vier Mittelmächte wurden zu dieser Abrüstung gezwungen und die anderen Staaten verpflichteten sich, nach durchgeführter Abrüstung der Mittelmächte ihrerseits die Abrüstung vorzunehmen. Bis zum heutigen Tage konnte man aber nur feststellen, daß das Gegenteil eingetreten ist. Die Mittelmächte wurden abgerüstet und zwar restlos und vollständig, auf der anderen Seite aber rüstete die ganze Welt und vor alem die Staaten, die unter Frankreichs Führung stehen, und zwar in solchem Maße, wie es in der Vorkriegszeit überhaupt unbekannt war. Bezeichnend für die Verhältnisse ist, daß gerade der Außenminister jenes Staates, der am häufigsten das Wort vom Frieden im Munde führt, der am lautesten von der Abrüstung gesprochen hat, zum Präsidenten der Abrüstungskommission gewählt wurde und als solcher wohl der Welt mit gutem Beispiel vorangehen sollte. Ich hatte schon wiederholt in diesem Hause die Gelegenheit nachzuweisen, daß gerade Minister Beneš dieser Aufgabe nicht gerecht geworden ist, sondern im Gegenteil, daß unter seiner verantwortlichen Führung gerade in diesem Staate Tausende und Tausende von Millionen für die Ausrüstung alljährlich aufgewendet wurden und daß wir heute hier über einen Militarismus verfügen, durch den der des alten Österreich-Ungarn in den Schatten gestellt wird. Im allgemeinen hat das abgelaufene Jahrzehnt schon den Beweis erbracht, daß die Lebensnotwendigkeiten der Völker stärker sind als noch so raffiniert ausgedachte Diktatsbestimmungen. Die an Deutschland gestellten auf der Kriegsschuldlüge aufgebauten Reparationsforderungen haben in dieser kurzen Zeitspanne folgende Entwicklung genommen: am 22. Juni 1920 wurde zu Boulogne die Reparationsschuld mit 269 Milliarden Goldmark festgestellt. Am 25. Jänner 1921 wurde nurmehr von einer Ziffer von 226 Milliarden gesprochen. Am 27. April 1921 wurde in London die Reparationsschuld mit 132 Milliarden Goldmark beziffert, am 16. August 1924 wurde auf Grund des Dawesplanes 50 Milliarden Goldmark festgesetzt und am 20. Jänner 1930 wurde diese Schuld mit rund 36 Milliarden bestimmt. Diese Gegenüberstellung allein läßt erkennen, wie wahnsinnig überspannt die Forderungen und Bestimmungen des Friedensdiktates waren, und das letzte Haager Abkommen ist eben auch nur eine Etappe in dieser Weiterentwicklung zu gesunden wirtschaftlichen Verhältnissen. Für mich ist entgegen der Ansicht des Berichterstatters Haag 1930 eben nicht ein Abschluß, sondern nur eine weitere Etappe auf dem Wege zur Rückkehr geordneter Verhältnisse in Europa. Ich halte es daher für verfehlt, von einer Liquidation des Weltkrieges zu sprechen, denn bisher wurde nur eine Revision der unmöglichsten finanziellen Best immungen vorgenommen. Alle anderen harren noch immer ihrer Lösung.

Im Verlaufe der Debatte über das Haager und Pariser Abkommen hat eine Reihe von Rednern, besonders Koll. Dr. Pergler sich mit der Frage beschäftigt, ob durch dieses Haager Abkommen nicht die Staatssouveränität eingeschränkt wurde und hat darauf hingewiesen, daß die von Beneš verfolgte Politik letzten Endes von vornherein schon mit der Preisgabe der Staatssouveränität eingesetzt hätte und zwar anläßlich des Abschlusses der Minderheitenschutzverträge. Wir haben durchaus nicht die Absicht uns zu irgendwelchen Schützern der èechoslovakischen Nationalstaatssouveränität aufzuspielen, ich möchte aber auf die diesbezüglichen Ausführungen Dr. Perglers deshalb aufmerksam machen, um zu beweisen, daß eben diese Minderheitsschutzverträge erst das Produkt der überspannten Forderungen gewesen sind, die die Èechoslovakei bei der Gründung an die Westmächte gestellt hat und zwar in der Richtung der Zuteilung weiter nichtèechischer Sprachgebiete zu dem sogenannten èechischen Nationalstaat. Die Westmächte konnten eben damals noch nicht mit dem Weltgewissen so spielen, wie es heute bereits der Fall ist und haben zur Beruhigung des sogenannten Weltgewissens damals von den Staaten, die bei der Aufrichtung ihrer nationalen Souveränität über ihre eigenen Sprachgebiete weit hinausgegriffen haben, wie dies beosnders bei der Èechoslovakei der Fall war, die bekanntlich nur 50% Èechen und 50% Nichtèechen hat, verlangt die sogenannten Minderheitsschutzverträge zu unterschneiben, auf Grund welcher der Weltöffentlichkeit vorgetäuscht wurde, als ob das völkische Schicksal der in diesem Staat zwangsweise einverleibten Volksteile nunmehr auf Grund dieser Bestimmungen gesichert wäre. Das ist der wahr Grund, warum diese Staaten diese Minderheitsschutzverträge unterschreiben mußten. Wir alle wissen, daß keine von diesen unterschriebenen Bestimmungen in diesem Staate erfüllt worden sind.

Die Haager und Pariser Verhandlungen haben nur ein begrüßenwertes Ergebnis gezeitigt und das ist die Aufhebung aller finanziellen Verpflichtungen aus dem sogenannten Friedensvertrag oder besser gesagt Friedensdiktat für Deutschösterreich, das vorderhand noch immer gezwungen ist, seine Selbständigkeit zu erhalten. Es ist nur zu hoffen, daß bald auch noch die letzte Fessel, das Anschlußverbot, fällt und die 6 Millionen Deutschösterreicher als erste von ihrem Selbstbestimmungsrecht Gebrauch machen und die Heimkehr ins große deutsche Vaterland vollziehen können. Ich halte es für einen der größten Fehler der èechischen Außenpolitik, daß sie im Dienste der französischen Politik noch immer diese naturnotwendige Entwicklung zu hemmen versucht, statt im Interesse der Konsolidierung Mitteleuropas eine Entwicklung fördern zu helfen, die in der Richtung der Schaffung größerer Wirtschaftseinheiten liegt, als der ersten Stufe des auf wirschaftlicher Grundlage erstrebten mitteleuropäischen Staatenbundes, von dessen Verwirklichung letzten Endes doch das Schicksal Mitteleuropas überhaupt abhängt. Die Weltwirtschaftskrise mit ihren Auswirkungen wird in nicht allzulanger Zeit alle diese Staaten zwingen, sich entweder für die Aufrechterhaltung der Balkanisierung Südosteuropas zu entscheiden und dadurch einem wirtschaftlichen Chaos Tür und Tor zu öffnen, oder den Anschluß zu suchen an ein großes mitteleuropäisches Wirtschaftsgebiet, das allein imstande sein kann, erfolgreich den Konkurrenzkampf mit Nordamerika aufzunehmen und der vielleicht schon in wenigen Jahre spruchreif gewordenen Konkurrenz, die aus dem Osten droht, entgegenzuwirken.

In Rußland kann gestützt auf ein Millionen-Arbeitersklavenheer und eine beispiellose Herabdrückung des Lebensstandards bei der Durchführung des bekanntes "Fünfjahrplanes" eine so gewaltige Konkurrenz erstehen, daß dann ein zerstückeltes Mitteleuropa bei Aufrechterhaltung seiner sozialen Einrichtungen für die Arbeitnehmerschaft außerstande wäre, seiner Bevölkerung ein menschenwürdiges Dasein zu gewährleisten. Es ist außerordentlich bedauerlich, daß heute Frankreich und die kleinen Ententestaaten, einschließlich Polen, sich noch immer in der Hoffnung wiegen, dieser Entwicklung, gestützt auf ihren stark ausgebauten Militarismus, die Parole bieten zu können. Auch die Brianïschen Paneuropapläne fußen nicht auf dieser volkswirtschaftlichen Überlegung. Briand erhofft sich von diesem Paneuropa die Verewigung der Friedensdiktatbestimmungen, während der von mir und allen Gleichgesinnten erstrebte wirtschaftliche Zusammenschluß zur Voraussetzung hat, alle Volkskräfte zu mobilisieren, also zuerst das Befreiungswerk der Völker zu vollenden und nach Bildung von Nationalstaaten, also nach Ausschaltung aller nationalen Kämpfe, einen Zusammenschluß herbeizuführen, der es ermöglichen würde, aus jedem Einzelnen der diesen Raum bewohnenden Völker in friedlichem Wettkampfe die höchsten Leistungen hervorzubringen, um dieses Mitteleuropa wieder zum Mittelpunkt der Kultur zu machen, sozialen Einrichtungen auszubauen, also fürwahr an einer Menschheitsaufgabe zu arbeiten, die des Schweißes der Edelsten wert ist.

Haag und Paris sind daher in meinen Augen nur kleine Etappen auf dem Wege zu diesem von mir gekennzeichneten Europäertum. Die gefährlichen Klippen auf diesem Wege zu diesem Ziele aber sind der nationale Haß und die Rachsucht, von der leider ein Teil der sogenannten Staatsmänner der Nachkriegszeit mehr beherrscht wird denn je. Wie die Religionskriege, die Jahrhunderte hindurch Schrecken und Elend über Europa gebracht haben, erst dann ihr Ende gefunden haben, als die Freiheit der Religionsausübung, also das Selbstbestimmungsrecht auf religiösem Gebiete, restlos zur Durchfüh rung gebracht worden war, werden auch nationaler Haß und Hader erst dann schwinden, bis das heilige Naturrecht der Selbstbestimmung auf nationalpolitischem Gebiete den Völkern wird zuerkannt werden. Wer also die Konsolidierung Europas wahrhaft erstehen sehen, wer an der sittlichen Wiedergeburt dieses Europäertums mitwirken, wer den wahren Frieden in Europa verankern helfen will, der muß sich zu diesem gekennzeichneten Ziele bekennen und auch bereit sein, sich von der Nachkriegspsychose zu befreien. Soweit die letzten Haager und Pariser Abkommen als Etappen auf diesem Wege gelten können, werden auch wir ihrem Ergebnisse zustimmen können.

Es ist nur bedauerlich, daß weder der Berichterstatter noch Außenminister Beneš in ihren bisherigen Ausführungen diesen von mir geäußerten Gedankengängen auch nur nahegekommen sind, sondern die Lösung der Reparationsfrage einzig und allein nur vom Standpunkte des Staatsprestiges behandelt haben. Der Berichterstatter Dr Hnídek sieht nur Zahlen und stellt sich auf einen mir unverständlichen Standpunkt, indem er behauptet, daß durch den nunmehr in Kraft tretenden Young-Plan Deutschlands Tributlasten von 132 Milliarden auf 36 Milliarden ermäßigt wurden, daß durch die Kommerzialisierung der Reparationsschuld diese Frage endgültig geregelt sei und man von dieser Frage nicht mehr sprechen werde. Deutschlands Leistungen bis zum 1. September 1929 betragen 76.1 Milliarden, ungerechnet die ungeheueren Werte, deren Deutschland durch die Wegnahme der ehemals reichsdeutschen Gebiete und der Kolonien verlustig gegangen ist. Die Tributzahlungen, die Deutschland auf 2 Menschenalter im Betrage von rund 2 Milliarden jährlich noch auferlegt wurden und die Tatsache, daß Deutschland heute schon fast 3 Millionen Arbeitslose zählt, sollte einem ernsten Volkswirtschaftler, einem Manne, der tatsächlich an einer Konsolidierung der mitteleuropäischen Verhältnisse mitarbeiten will, zu denken geben. Die èechische Außenpolitik begnügt sich aber mit der für sie heute noch erfreulichen Tatsache, daß Deutschlands Wirtschaft darniederliegt und sie erblickt darin die Gewähr der Verhinderung eines Wiederaufstieges der deutschen Volkskraft.

Die èechische Vertretung hat im Haag und in Paris nur eine Schlappe schwer empfunden, und das ist die restlose Verurteilung der Methoden der Bodenreform, die eben mit den westeuropäischen Eigentumsbegriffen nicht in Einklang zu bringen sind. Dies beweist die Tatsache, daß die ungarischen Großgrundbesitzer ihren Boden nunmehr fast doppelt so hoch honoriert erhalten, als die eigenen Staatsbürger. Die Verhandlungen im Haag und in Paris haben überhaupt erkennen lassen, daß der Einfluß der Kleinen Ententestaaten im Sinken begriffen ist, was durch die Verpflichtung der Èechoslovakei, durch 37 Jahre hindurch 10 Millionen Reichsmark auf das Konto "Freiheitsschuld" abzahlen zu müssen, am augenfälligsten in Erscheinung tritt. Man versucht zwar, der èechischen Öffentlichkeit gegenüber mit Erfolgen zu prunken, indem behauptet wird, daß das èechoslovakische Bodenreformgesetz voll respektiert wurde, die Èechoslovakei auf die Bodenreform bloß das zahlt, was ihr Gesetz bestimmt und die èechische Öffentlichkeit mit dem Hinweise darauf tröstet, daß die beiden ins Leben gerufenen Fonds A und B nur aus Zahlungen Ungarns, Frankreichs, Englands und Italiens aufgefüllt werden. Man übersieht füglich, daß die Èechoslovakei eben durch die 37 Jahreszahlungen den genannten drei Ententeländern das Geld abliefern muß, das diese Staaten zum Teil wieder diesen Fonds zuführen, aus welchem der erhöhte Preis für den auf Grund der èechoslovakischen Bodengesetzgebung beschlagnahmten Bodens der ungarischen Großgrundbesitzer in der Èechoslovakei seine Dekkung findet. Dr Beneš hat in seinem Exposé einbekannt, daß bei Lösung dieser Bodenreformfrage es in Paris zu schweren politischen Komplikationen und diplomatischen Kämpfen gekommen ist und sogar auch die Inkraftsetzung der Haager Übereinkommen und des ganzen Youngplans gefährdet war. Dieser Satz Dr Beneš' allein bestätigt die Richtigkeit der von mir in der Haager Debatte am 3. Feber d. J. aufgestellten Behauptung von dem klaren Mißerfolg im Haag, denn damals stellte sich Dr Beneš auf den Standpunkt, daß die Verhandlungen auch bezüglich Ungarn abgeschlossen seien und nur ein Redaktionskomitee in Paris die Haager Beschlüsse zu formulieren habe. In Wirklichkeit hat sich die Sitzung des Pariser Redaktionskomitees zu langwierigen Verhandlungen gewandelt und klar erkennen lassen, daß von einem einheitlichen Auftreten der ehemaligen Ententemächte keine Rede mehr sein kann. Immer deutlicher trat der italienisch-französische Gegensatz in die Erscheinung. Ungarn erfreute sich bei allen seinen Forderungen einer zielbewußten Förderung durch Italien, was auch zur Folge hatte, daß Italien seine Unterschrift auf dem Haager Vertragswerke abhängig machte von der befriedigenden Bereinigung der ungarischen Bodenreformforderungen.


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP