So ist es auch mit der sogenannten Pariser
Sachverständigenkonferenz. Schon in dem Titel dieser Konferenz
ist eine innere Unwahrheit enthalten, denn es ist nicht wahr,
daß dort unabhängige Sachverständige zu Rat gesessen
sind, und wer den Verlauf dieser Beratungen verfolgt hat, wird
mir beipflichten müssen, daß mindestens von französischer
und belgischer Seite Vertreter mitberaten haben, die streng an
das zu erreichende politische Ziel gebunden waren. Denn in Wirklichkeit
handelt es sich bei dieser Pariser Sachverständigenkonferenz
doch nur darum, daß man notgedrungen, um nicht die vollständige
Zahlungsunfähigkeit des deutschen Sklavenvolkes herbeizuführen,
sich bemüßigt sah, von den bisherigen Forderungen ein
klein wenig abzugehen, d. h. die Sklavenketten etwas zu lockern,
damit die deutschen Arbeitssklaven weiterhin voll im Dienste des
Ententekapitalismus weiter schuften könne, ohne zusammenzubrechen.
Daß diese meine Auffassung die richtige ist, beweist auch
der gestern von Dr. Schacht getane Ausspruch: "Der neue Zahlungsplan
ist keine wirtschaftliche Lösung des Reparationsproblems
und niemand kann behaupten, daß er durchführbar wäre.
Er ist nur eine Etappe auf dem Wege zur endgültigen Befreiung
von den Lasten des Krieges." Man sieht also, daß der
Orakelspruch Dr. Beneš's in der gestrigen Sitzung
des Außenausschusses doch wieder daneben getroffen hat und
es ist erkennbar, daß, wenn Dr. Beneš zu uns
spricht, letzten Endes immer der Vorsitzende der Sicherheitsabrüstungskommission
zu uns spricht, der nur seinem politischen Leitmotiv nacheilend
im Interesse seines Staates und der Kleinen Entente und damit
im Interesse Frankreichs sich bemüht, eine Wiedererstarkung
des deutschen Volkes in Mitteleuropa mitverhindern zu helfen,
ohne sich einzugestehen, daß eine wirkliche und wahre Liquidierung
des Krieges nur auf der Grundlage der Revision der Pariser Friedensdiktate
durchgeführt werden kann. Wenn wir seine Tätigkeit verfolgen,
so sehen wir, daß er einer der Führer im Kampfe gegen
die vernünftige Revision ist und es ist dadurch erklärlich,
und man muß in ihm einen der Hauptverantwortlichen erblicken.
(Výkøiky na levici.) Ich
möchte mich nunmehr jener Frage zuwenden, die uns besonders
am Herzen liegt, der Frage des Minderheitenschutzes. Diese Frage
erfordert eine ausführlichere Besprechung, denn es ist hiebei
die Möglichkeit geboten, gewissermaßen an einem Schulbeispiele,
den Nachweis der Unlauterkeit der demokratischen Nachkriegsmethoden
zu erbringen. Bevor ich auf Einzelheiten eingehe, möchte
ich feststellen, daß das Sudetendeutschtum mit seinen 31/2
Millionen Köpfen, von denen 86% innerhalb des geschlossenen
deutschen mitteleuropäischen Sprachgebietes wohnen, nicht
als Minderheit im landläufigen Sinne des Wortes gelten kann,
denn wir sind in unseren Heimatsgebieten die erdrückende
Mehrheit. Durch das Saint Germainer Diktat wurden wir zwar
als sogenannte deutsche Minderheit dem èechischen Staate,
entgegen unserem laut und feierlich verkündeten Willen zwangsweise
einverleibt und sogezwungen, auf Grund der zur Zeit noch herrschenden
Machtverhältnisse, auf Grundlage der Bestimmungen
der Minderheitenschutzverträge wenigstens um die Anerkennung
und Durchsetzung der uns durch diese Minderheitenschutzverträge
zuerkannten kärglichen Rechte zu ringen. Es gibt eben echte
und unechte Minderheiten; unechte sind solche Volksteile, die
mit ihrem Muttervolk auf geschlossenem Volksboden siedeln und
nur durch staatliche Zwangsgrenzen von diesem getrennt leben.
Für diese unechten Minderheiten bleibt die Erringung des
Selbstbestimmungsrechtes letztes und höchstes Ziel aller
Politik und ist die Forderung nach dem Ausbau der Autonomie,
bezw. des Minderheitenrechtes nur ein Notbehelf für den Zeitraum,
bis sich das Naturrecht der Selbstbestimmung durchgesetzt haben
wird. Mir persönlich ist es unbegreiflich, daß das
so national bewußte Èechenvolk
sich ständig an diesem heiligen Volksrecht versündigt
und vom imperialistischen Machtwahn befallen, glaubt, besser gesagt
noch immer glaubt, die 31/2 Millionen Sudetendeutsche
ihrem angestammten Volkstum abtrünnig machen zu können.
Wie frivol man uns Sudetendeutschen aber auch die geringfügigen,
in den Minderheitenschutzverträgen festgesetzten Rechte vorenthält,
die doch unter den Schutz des Völkerbundes gestellt wurden,
geht am klarsten aus der Tatsache hervor, daß wir Sudetendeutsche
entgegen der vertraglichen Verpflichtung gleicher bürgerlicher
und politischer Rechte, schon zu Beginn des Staates von der Teilnahme
an der Beschlußfassung über die Verfassungsgesetze
ausgeschlossen wurden. Diese Tatsache liefert das beste Kriterium
für die Beurteilung der Stellungnahme der èechischen
Machthaber zum Minderheitenschutzvertrag überhaupt. Die èechische
Regierung berief sich bekanntlich auf Grund der von uns beim Völkerbund
diesbezüglich eingebrachten und ausführlich begründeten
Beschwerde darauf, daß zur Zeit der Erlassung
der Verfassungsgesetze, bekanntlich im März 1920, der Minderheitenschutzvertrag
für sie noch nicht verbindlich war. Ich will heute nicht
darüber sprechen, welche Moral einer solchen Beweisführung
zugrundeliegt, einerseits einen Vertrag abzuschließen und
andererseits bewußt den darin übernommenen Verpflichtungen
entgegenzuwirken und zwar in dem Zeitraum, der bis zum formellen
Inkrafttreten des abgeschlossenen Vertrags verstreicht, solche
Vorkehrungen zu treffen - wie dies beim Verfassungsoktroi der
Fall war. Zur richtigen Beurteilung der Sachlage muß man
sich vor Augen halten, daß bereits am 30. September 1919
bei der Beratung des Minderheitenschutzvertrages im Prager Parlament,
besser gesagt Revolutionskonvente, Dr. Beneš wörtlich
erklärte: "Den Friedensvertrag über die
Minderheiten haben wir unterschrieben und ich bin fest davon überzeugt,
daß die Èechoslovakische Republik das gegebene Wort
in vollem Umfang halten wird". Dr. Beneš
hat also zweifellos den Vertrag
schon in diesem Zeitpunkt für durchaus verbindlich gehalten.
Dieser Minderheitenschutzvertrag wurde bekanntlich dann am 7.
November 1919 vom Revolutionskonvent genehmigt und am 10. November
1919 vom Präsidenten der Republik unter Gegenzeichnung des
Außenministers Dr. Beneš urkundlich ratifiziert.
Heute stellt sich merkwürdigerweise die èechoslovakische
Regierung bezw. Dr. Beneš auf
den Standpunkt, daß der Minderheitenschutzvertrag erst am
16. Juli 1920, also nach der Erlassung des Verfassungsoktrois,
in Kraft getreten sei und daß daher das Vorgehen der Regierung
berechtigt ist. Hiebei wird jedoch übersehen, daß im
Falle der Richtigkeit dieser Auslegung Dr. Beneš's
die èechoslovakische Regierung auch die gleichzeitig am
16. Juli formell in Kraft getretenen Verträge von St. Germain
und die darin ausgesprochene Abtrennung der böhmischen Länder
von Österreich erst in diesem Zeitpunkte, also am 16. Juli
1920, erfolgte, es also vorher, im März 1920, zur Zeit der
Erlassung des Verfassungsoktrois, überhaupt noch keine èechoslovakischen
Staatsbürger gegeben hat, (Výkøiky
posl. dr Lehnerta.) und daß daher die Erlassung der
Verfassungsgesetze vorzeitig erfolgte, da es in diesem Zeitpunkte
noch keine Staatsbürger, für die man èechoslovakische
Staatsgrundgesetze hätte erlassen können, gegeben hat.
Also, entweder hat es schon früher èechoslovakische
Staatsbürger gegeben, nämlich vor dem 16. Juli 1920,
dann galt auch schon die Bestimmung der politischen Gleichberechtigung,
wie sie in den Minderheitenschutzverträgen ausgesprochen
ist, und es wäre die Regierung verpflichtet
gewesen, die Ungesetzlichkeit der Verfassungsgesetze, weil im
Widerspruch mit den Minderheitenschutzverträgen stehend,
anzuerkennen und die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. Ich
habe mich mit dieser Materie etwas ausführlicher beschäftigt,
um zu beweisen, wie hoch die Unverletzbarkeit der Friedensverträge
bei der èechischen Regierung im Kurse steht.
Mit aller Entschiedenheit aber muß ich
mich aber auch von dieser Stelle gegen die gestrigen Äußerungen
des Herrn Außenministers wenden, der bei der Besprechung
der Minderheitenschutzverträge im Außenausschusse,
die mangelnde Beweiskraft seiner Ausführungen durch die Schroffheit
der Ausdrucksweise zu ersetzen suchte. Er sagte: "Aus dem
Text dieser Verträge ist zu ersehen, und ich würde wünschen,
daß jeder bei uns" - er hat wahrscheinlich die beiden
deutschen Minister gemeint - "diese Verträge abermals
durchlese, um ihre Buchstaben und Geist kennen zu lernen, daß
die Frage irgendwelcher Verhandlungen über den Schutz unserer
Minderheiten und die Durchführung unseres Friedensvertrages
eigentlich überflüssig ist, einfach deshalb, weil unsere
Friedensverträge weit überholt sind zugunsten der Minderheiten
durch den faktischen Zustand dessen, was bei uns existiert."
Und an anderer Stelle sagt er: " Unsere Minderheiten"
- und zwar mit dem Brustton der Überzeugung - "erhalten
im Inlande mehr, als sie wann und wo immer durch den Einfluß
des Auslandes erreichen können".
Ich glaube, vor allem Herrn Dr. Beneš
empfehlen zu müssen, das Prophetentum bei Seite zu
lassen und sich damit zu begnügen, èechoslovakische
Außenpolitik zu machen. Denn es haben sich schließlich
gar manche Propheten überzeugen müssen, daß ihre
Prophezeiungen nicht in Erfüllung gegangen sind. Ich glaube
auch, feststellen zu müssen, daß sich
Dr. Beneš einerseits durch diese Feststellungen demaskiert
hat, und andererseits in diesen Worten eine Herabsetzung des von
ihm sonst vergötterten Völkerbundes und der Völkerbundsinstitutionen
gelegen ist. Denn auch ihm kann nicht unbekannt sein, daß
die Minderheitenschutzverträge unter dem Schutz des Völkerbundes
stehen, und daß es daher die heiligste Pflicht des Völkerbundes
wäre, die Einhaltung dieser Minderheitsschutzverträge
zu überwachen. Das Letztere ist gerade da für Herrn
Beneš unangenehme, weil er sich dessen bewußt
ist, daß bei genauer, unter Öffentlichkeit stehender
Kontrolle die meisten dieser Staaten, die sich beim sogenannten
Friedensschlusse nicht genug tun konnten, möglichst große
anderssprachige Gebiete ihrem Staate einzuverleiben, nunmehr zur
Rechenschaft gezogen werden könnten wegen Nichterfüllung
der eingegangenen Verpflichtungen.
Wenn Dr. Beneš vom Geist dieser
Verträge und Vertragsbestimmungen spricht, möchte ich
ihm entgegenhalten, daß der Geist dieser Minderheitsschutzverträge
doch der war, daß die Pariser Machthaber in Erkenntnis des
schweren Unrechts, das darin gelegen war, daß man Millionen
Anderssprachiger in diese neu gegründeten mitteleuropäischen
Staaten hineingezwungen hat - um vor dem Gewissen der Weltöffentlichkeit
bestehen zu können - diese Minderheiten unter einem bestimmten
Schutz stellten und die Einhaltung dieser Minderheitsschutzbestimmungen
unter den Schutz des Völkerbundes stellten. Herrn Beneš
sollte es klar sein, daß bei körperschaftlichen
Entscheidungen, diese niemals getroffen werden können auf
der Grundlage einseitiger Angaben, am allerwenigsten einseitiger
Angaben derjenigen Machtfaktoren, gegen die sich die Beschwerden
der Minderheiten richten (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda inž. Dostálek.)
sondern nur auf der Grundlage von Verhandlungen,
die er aber für überflüssig erklärt.
Es ist bezeichnend, daß Herr Dr. Beneš
auf der einen Seite Verhandlungen für überhaupt
überflüssig hält, auf der anderen Seite aber schon
seit Jahren bemüht ist, langwierige Verhandlungen zu pflegen,
so z. B. in der Reparationsfrage. Wir wissen doch - und Dr. Beneš
hat es selbst einmal ausgesprochen - daß die
große Gefahr besteht, daß die Reparationskommission
die Entscheidung trifft, daß die Èechoslovakei ungefähr
30 Milliarden Kronen wird zahlen müssen
als Entgelt für den vom früheren österreichischen
Staate übernommenen Staatsbesitz. Hier ist Dr. Beneš
bemüht, im Wege von Verhandlungen, diese Forderungen
auf das möglichst geringste Maß herabzusetzen. Aber
er wird mir auch beipflichten, daß die endgültige und
letzte Bestimmung nicht abhängen wird von der Entscheidung
eines Juristenkomitees auf der Grundlage des Wortlautes der diesbezüglichen
Vertragsbestimmungen, sondern einzig und allein von der politischen
Machtlage in jenen Zeitpunkte, in welchem der Spruch gefällt
werden wird. (Výkøiky na levici.)
Wenn Herr Dr. Beneš sich bei Auslegung
der Minderheitsschutzverträge immer wieder auf den Geist
dieser Verträge beruft, so ist uns der von Dr. Beneš
gemeinte Geist nicht unbekannt. Der Völkerbundvertreter
Brasiliens Mello Franco, hat offen erklärt, daß die
Minderheitenschutzverträge letzten Endes dazu da sind, um
diese Minderheiten langsam aber sicher zu assimilieren, also im
Staatsvolk aufgehen zu lassen. Herr Dr. Beneš müßte
den Mut haben, offen zu erklären, welchen Geist er meint,
ob diesen Geist Mello Francos oder aber den Geist der Menschlichkeit,
der doch nur dahin gehen kann: Wenn man schon so schweres Unrecht
an diesen fremden Staaten zugeteilten Volksteilen begangen hat,
man auch verpflichtet ist, diesen Volksteilen wenigstens ihren
Volksbesitzstand und vor allem ihren kulturellen Besitzstand zu
sichern. Aber, meine Herren, Dr. Beneš meint ja gar
nicht diesen Friedensgeist, schon die Wahl seiner Berater, bei
den Friedensverhandlungen in Paris beweist dies. Einer
seiner Berater war bekanntlich der èechische Hochschulprofessor
Dvorský, der in seinem 1923 erschienenen Buche klipp und
klar die Benešschen Absichten
gekennzeichnet hat, indem er für die èechische Staatspolitik
Forderungen aufstellt, von denen ich nur einige wenige zum näheren
Verständnis hier vortragen will. Die Leitidee Dvorskýs,
die unbestritten auch die Leitidee der èechischen Regierungen
seit 1918 ist, geht dahin, daß der èechische Staat
nur als ausgesprochener Nationalstaat
bestehen kann, wenn es gelingt, sowohl das Deutsche Reich wie
auch die innerhalb der èechischen Grenzen wohnenden 31/2
Millionen Sudetendeutschen in ihrer gegenwärtigen Schwäche
zu erhalten. Um dieses Ziel zu erreichen, schlägt er u. a.
die Befolgung nachstehender Èechisierungsmethoden
vor: Es ist dafür zu sorgen, daß der ziffernmäßige
Unterschied zwischen Nation und Nationalitäten - unter Nation
ist das èechische Volk gemeint, Nationalitäten sind
die Minderheiten - ständig zum Vorteil der Nation wachse.
Weiters: Wir müssen unsere Pflicht erfüllen und alles
tun, damit diese Minderheitengruppen so schwach als möglich
werden und niemals einen Einfluß auf die Führung des
Staates gewinnen. Der Kolonisationstätigkeit des Staates
muß eine besondere Obsorge gewidmet werden. Das wirkliche
Ziel dieser Kolonisierung ist, gewisse Teile der Erdoberfläche,
also des Staatsgebietes für die Bedürfnisse einer bestimmten
Gruppe von Menschen zu Nutzen und dieses Ziel läßt
sich nicht anders erreichen als durch das Auseinanderlegen dieser
Gruppe über das ganze Staatsgebiet. Weiter: Die Nationalisierung
der Bergwerke, der Wälder- und Wasserkräfte, das Entwinden
von Unternehmungen aus fremder Führung - lies: aus deutscher
Führung - ist durchzuführen. Er sagt weiter: Eine Kolonisation
in unseren Gebirgs- und Waldgebieten hat auch besondere politische
Bedeutung, daß mit einem verhältnismäßig
kleinen Aufwand an Personen sehr große Gebiete umfaßt
werden können. Darin liegt die besondere politische Bedeutung
der Nationalisierung - lies "Entdeutschung" - der deutschen
Randgebiete.
Ich glaube, daß die Verlesung dieser
wenigen Punkte genügt, um zu zeigen, welches der wahre Geist
ist, der Herrn Dr. Beneš und seinen Mithelfer beseelt,
und unsere Sache ist es, selbstverständlich mit diesen Absichten
zu rechnen und in der Abwehr die entsprechend notwendigen Vorkehrungen
zu treffen. Wir sind aber auch überzeugt, daß die jetzt
herrschende Gewaltethik abgelöst werden wird, von einem wahrhaft
demokratischen Regime, an dessen Wiege die Durchführung des
Selbstbestimmungsrechtes für alle Völker stehen wird,
und daß dann auf Grund unbeeinflußter Volksabstimmung
auch dem sudetendeutschen Volk die Möglichkeit gegeben sein
wird, sein staatliches Schicksal selbst zu bestimmen. Die bisherigen
Erfahrungen mit den Minderheitsschutzverträgen haben den
Beweis erbracht, daß auf diesem Wege nicht einmal der kulturelle
Besitzstand der Minderheiten, weder der echten noch der unechten,
gesichert werden kann; dies in erster Linie deshalb, weil herrschende
Völker, wie ich ausführlich dargelegt habe, das Leitmotiv
Mello Francos sich zur Richtschnur ihres Handelns genommen haben.
Das klare Hervortreten dieser Absichten ist aber auch, und daß
muß endlich einmal offen erklärt werden, die wahre
Ursache der immer größer werdenden Beunruhigung der
Minderheiten und letzten Endes der Anlaß zu dem bekannten
und erfreulichen Eingreifen des kanadischen Vertreters Dandurand
und des deutschen Reichsaußenministers Stresemann in Genf
gewesen, die sich aus rein menschlichen Beweggründen und
nicht zuletzt im Interesse der Erhaltung des Friedens bemüßigt
sahen, der Frage der wirklichen Durchführung der Minderheitenschutzverträge
ihr Augenmerk zuzuwenden und den Völkerbund zur Erfüllung
seiner übernommenen Pflichten in dieser Richtung zu veranlassen.
Daß z. B. Reichsaußenminister Dr. Stresemann auch
nationale Interessen mitverfolgt, müßte doch für
jeden volksbewußten Èechen eine Selbstverständlichkeit
sein. Bezeichnend für das schlechte Gewissen der Regierenden
in diesen Staaten aber ist, daß sie eine
öffentliche Kontrolle scheuen und von ihr, nach wie vor nichts
wissen wollen. Alle Bestrebungen Dr. Benešs und seiner
Kleinen Entente, gestützt durch die französische Diplomatie,
laufen letzten Endes daraus hinaus, eine Änderung des Verfahrens
auf Grund der Minderheitenschutzverträge zu verhindern, weil
sie mit dem jetzigen Zustand der vollständigen Rechtlosigkeit
der Minderheiten begreiflicherweise zufrieden sind.
Wer halbwegs mit dem beim Völkerbund herrschenden
Modus der Behandlung von Minderheitsbeschwerden vertraut ist,
muß mir beipflichten, daß diese Zustände eine
offene Verhöhnung der Demokratie aber auch eine Kette von
Verletzungen der Minderheitenschutzverträge, also auch der
Friedensverträge in sich schließen. Es ist selbstverständlich
eine Umkehrung der Wahrheit, wenn z. B. Dr. Beneš sich
in Genf auf den Standpunkt stellt, daß schon der Beweis,
daß der Einlauf an Minderheitsbeschwerden in der letzen
Zeit rapid zurückgegangen sei, darauf hinweise, daß
die Minderheiten immer zufriedener und zufriedener werden. In
Wirklichkeit ist die Sachlage ganz anders. Der Ausschluß
der Öffentlichkeit besonders im Laufe des Verfahrens hat
es bewirkt, daß die Minderheiten zwar berechtigt sind solche
Beschwerden einzubringen, daß sie aber niemals die Gewähr
haben, daß überhaupt über diese Minderheitsbeschwerden
verhandelt wird und soweit uns bekannt ist, soll im Laufe der
Jahre beim Völkerbundssekretariat über 180 solcher Minderheitsbeschwerden
eingelaufen und überhaupt nur 21 solcher Beschwerden in Verhandlung
gezogen worden sein, ohne daß aber auch die Beschwerdeführenden
unter diesen 21 jemals erfahren hätten, was beschlossen wurde
und ob überhaupt irgend etwas unternommen wurde, um ihren
berechtigten Beschwerden in irgend einer Art und Weise Rechnung
zu tragen. Es ist bezeichnend, daß in der Abänderung
unsinniger und undurchführbarer Bestimmungen der Friedensdiktate
sowohl in der Verhandlung der Durchführung der Völkerbundbestimmungen
an den Grenzen deutschen oder magyarischen Gebietes oder z. B.
die Frage des Anschlusses Deutschösterreichs an Deutschland,
Dr. Beneš immer eine besondere Bedrohung des Friedens
erblickt, oder wie er sich in Verfolge seiner stets betonten pazifistischen
Einstellung ausdrückt. Kriegsgefahr erblickt, ja daß
er sich nicht einmal soweit eine Mäßigung auferlegt
und mit dem Kriege droht in dem Falle, daß z. B. Deutschösterreich
und Deutschland sich zu einer Zollunion zusammenschließen.
Wir sehen also, daß der èechische Pazifismus nur
ein Mäntelchen ist, unter dem sich der èechische
Militarismus und Imperialismus verbirgt, der, wie selbst der èechische
Unterrichtsminister vor einigen Tagen es in Preßburg ausgesprochen
hat, die ewigen Grenzen der Èechoslovakei zu sichern berufen
ist. Ob das laute Reden von ewigen Grenzen nicht ein Zeichen
innerer Unsicherheit ist, will ich heute untersucht lassen. Besonders
da man diesen Äußerungen auch andere Äußerungen
entgegenhalten kann und zwar führender Persönlichkeiten
in diesem Staate, die eine Abänderung z. B. der Grenze gegenüber
Ungarn durchaus nicht außer dem Bereiche der Möglichkeit
halten, freilich unter einer bestimmten Vorbedingung, daß
dann die Gewähr der politischen Zusammenarbeit mit Ungarn
geboten sein müsse. Man erinnert sich unwillkürlich
bei diesem Sachverhalt an eine Parallele aus den ersten Kriegstagen
des Jahres 1914, wo auch bekanntlich zwischen Österreich
und Italien Verhandlungen wegen Abtretung bestimmter Gebiete schwebten,
bis es zu spät war.
Der Herr Außenminister schildert immer
seine erfolgreiche Ententepolitik und dies besonders, wenn er
von einer Ententekonferenz zurückkehrt, wie diese zuletzt
in Belgrad getagt hat. Er schildert die Verhältnisse im Staate,
um den Staat herum, ja in der ganzen Welt in den rosigsten Farben.
Seine Ausdrucksweise ist aber die alte geblieben: Viel Reden,
wenig sagen und sich zu nichts verpflichten. Das ist und war seine
Devise. Die beste Charakteristik seiner Politik hat er uns aber
vor Monatsfrist selbst geliefert und zwar im folgenden Satz, der
tausendfach variiert, der das Alpha und Omega seiner politischen
Methoden und Reden ist. Er schrieb damals wörtlich unter
Bezugnahme auf die Kleine Ententepolitik: "Die Gefahren,
die wir überwunden haben, können zwar in ihrer ursprünglichen
Gestalt kaum wiederkehren, aber es ist kein Zweifel, daß
sie wiederkommen können und daß sie in anderen Formen
wiederkehren werden". Welche Gefahren sind das? Es ist die
Gefahr, die er ja mit Recht kommen sieht, daß sich letzten
Endes die Völker Mitteleuropas, und vor allem die 40 Millionen
unterdrückter Menschen in diesem Raume, zusammenschließen
werden, um eine Revision der unhaltbaren Friedensdiktatsbestimmungen
zu erzwingen. Dieser Satz beweist aber auch, welch schwere Sorgen
auf Dr Beneš lasten und wie ernst er die Zukunft der
außenpolitischen Entwicklung seines Staates beurteilt, ja
wie bedrohlich er die Entwicklungsmöglichkeiten sieht. Dr
Beneš ist sich dessen andererseits aber auch wohl
bewußt, daß seine größte Aktivpost die
Mitregierung deutscher Parteien in seinem Staate ist; denn sie
allein ermöglicht es ihm, in einer der für ihn unangenehmsten
Fragen, die ich zum Teil erörtert habe, und zwar in der Minderheitenfrage
mit dem Scheinargument aufzuwarten, das bei der letzten Genfer
Tagung bereits der französische Minister des Äußern
Briand aufgegriffen hat und ihn zu der Äußerung veranlaßt
hat, darauf hinzuweisen, daß eine Abänderung der sogenannten
Prozedur nicht notwendig sei, weil ja die Vertretung durch zwei
deutsche Minister in der Regierung den besten Beweis dafür
liefere, daß die bisherigen Methoden zu einem einwandfreien
und angeblich gerechten Ziele zur vollständigen Befriedigung
der sudetendeutschen Minderheit geführt habe. Daß der
von Dr Beneš so falsch orientierte französische
Außenminister so sprechen konnte, ist eine der schwerwiegendsten
Anklagen, die wir gegen die sudetendeutschen Regierungsparteien
erheben müssen, weil sie für diese Auswirkungen ihrer
Regierungspolitik voll verantwortlich sind. Es muß aber
auch darauf hingewiesen werden, daß es durchaus ungenügend
war, was in Abwehr dieses Mißbrauches der deutschen Regierungsteilnahme
getrieben wurde. Und wir stehen auf dem Standpunkt, daß
unbedingt die Frage geklärt werden muß, ob die von
Dr Beneš überreichten Memoranden den Ministerrat
beschäftigt haben oder nicht, denn die Öffentlichkeit
hat ein Recht zu erfahren, ob es sich um ein privates Schriftstück
des Außenministers gehandelt hat oder um eine Meinungsäußerung
der gesamten Regierung. Daß die beiden deutschen Minister
sich in ihrem merkwürdigerweise viel Staub aufwirbelnden
Interview der Förderung des internationalen Minderheitenschutzes
angeschlossen haben und für seinen weiteren Ausbau eintreten,
ist doch nur eine Selbstverständlichkeit und ich kann für
die durchsichtige Erregung einzelner èechischer Kreise
nur ein mitleidiges Lächeln aufbringen.
Denn was die beiden deutschen Minister hier zum Ausdruck gebracht
haben, ist ja nicht mehr und nicht weniger als das, was unter
der Förderung ihrer Regierungen z. B. die Vertreter der 20.000
Deutschen in Estland mit aller Offenheit fordern. Wenn man schon
von illoyaler Haltung sprechen will, so kann ein solcher Vorwurf
meines Erachtens nur auf Dr Beneš Bezug haben, der
in seinen beiden Denkschriften einen offensichtlich deutschfeindlichen
Standpunkt eingenommen hat, was mit der von Švehla
verkündeten Grundlage der deutsch-èechischen
Koalition "Gleiche unter Gleichen" nicht nur im Widerspruch
stehen, sondern auch als bewußte Torpedierung aufgefaßt
werden muß. Das Verhalten Dr Beneš's
läßt erkennen, daß immer mehr und mehr der Parteimann
in ihm den Sieg über den Außenminister der jetzigen
Regierungskoalition davonträgt. Übrigens muß die
Abwehr der deutschen Minister als schwächlich bezeichnet
werden; denn sie haben als verantwortliche Vertreter des Sudetendeutschtums
die selbstverständliche Pflicht, die sudetendeutschen Interessen
voll und ganz zu vertreten, ja, es wäre geradezu ein Verbrechen,
wenn sie noch länger zu dieser Entwicklung geschwiegen hätten.
Seit mehr als 21/2 Jahren dienen die deutschen
Regierungsparteien dem Staate und dies vorbehaltslos, ohne
irgendwelche Erfolge auf innen- oder außenpolitischem Gebiet
zu erzielen. Wie ich bereits nachgewiesen habe, treibt die deutschfeindliche
Außenpolitik genau wie in den Zeiten der èechischen
allnationalen Koalition ihre Blüten, und ich bin mir dessen
voll und ganz bewußt, daß der Herr Außenminister
im stillen Kämmerlein tagtäglich dem Herrgott dankt,
daß er ihm diese beiden Minister beschert hat, die es ihm
ermöglichen, ungestört den alten Kurs weiter zu segeln.
Inwieweit trotz all dem seine Politik von Erfolgen
begleitet ist, will ich nur durch einen kurzen Umblick erörtern.
Vor allem möchte ich feststellen, daß von den in die
Welt hinausposaunten Erfolgen der Belgrader Entente-Konferenz,
wenn man dem tatsächlich Geschaffenen nach spürt, eigentlich
herzlich wenig übriggeblieben ist. Mit welch großen
weitausreichenden Plänen ist Dr Beneš zu den
früheren und auch zu der jetzigen Kleinen Entente-Konferenz
gefahren und wie bescheiden trat er bisher immer und auch diesmal
in Belgrad wieder den Rückzug an. Es ist nicht unbekannt,
daß es sein Bestreben war, die bisher gesonderten Verträge,
den èechisch-rumänischen und den èechisch-südslavischen
abzulösen durch einen Dreistaatenvertrag. Er mußte
sich mit der Erneuerung dieser beiden gesonderten Verträge
begnügen. Wir wissen auch, welches
die Hemmnisse waren, die dieses Dreistaatenbündnis nicht
zustandekommen ließen. Wir wissen, daß Rumänien
noch ganz andere Sorgen hat, als die èechische Außenpolitik
zu stützen, das Rumänien die Sorge um Besarabien hat,
daß es Sorgen wegen seiner allfälligen
Grenzregulierung gegenüber Bulgarien hat, und wir wissen,
daß Dr Beneš nicht in der Lage ist, in dieser
Richtung befriedigende Verpflichtungen gegenüber Rumänien
einzugehen. Genau so ist die Sachlage bezüglich Südslaviens,
und das Ergebnis der Belgrader Konferenz schrumpft zusammen in
ein gemeinsames Protokoll, dessen letzte Schlußfassung bis
heute noch nicht fertig ist, in welches Protokoll für die
getrennt abgeschlossenen alten erneuerten Verträge Bestimmungen
aufgenommen wurden bezüglich der automatischen Verlängerung
dieser Verträge in der Zukunft, selbstverständlich mit
dem sogenannten suveränen Vorbehalt, daß auch eine
Kündigungsklausel vorgesehen wird. Also dieses magere Protokoll
ist letzten Endes der große Erfolg der Benešschen
kleinen Entente-Politik. Beneš hat aber doch einen
Erfolg erzielt: er hat einen Schiedsgerichtsvertrag mit Südslavien
und mit Rumänien geschlossen. Es ist bezeichnend für
die in diesen drei Staaten herrschenden Verhältnisse, daß
sie sich bemüßigt fühlen, trotz ihrer Sonderverträge
einen Schiedsgerichtsvertrag abzuschließen, der doch letzten
Endes als nichts anderes, denn als eine offensichtliche Augenauswischerei
bezeichnet werden muß. Denn ob dieser Schiedsgerichtsvertrag
nach dem Genfer Muster A oder B ausgearbeitet ist, ist gleichgültig;
denn entweder bestehen zwischen diesen drei Staaten innige freundschaftliche
Beziehungen, dann gibt es keine Streitigkeiten, die zu schlichten
wären, oder es bestehen diese vorgetäuschten Beziehungen
nicht, dann wird auch dieser Schiedsgerichtsvertrag weder Dr Beneš,
noch seine Kleine-Entente-Politik retten.
Dr Beneš hat aber bekanntlich seit
Jahren noch weitgehendere Pläne. Es hat lange gedauert, um
zu erkennen, daß schließlich die Politik von den wirtschaftlichen
Verhältnissen ausschlaggebend beeinflußt wird, in diesem
Falle die Staatenpolitik von den mitteleuropäischen Wirtschaftsverhältnissen,
und er hat sich demnach bemüht, um sein politisches Konzept
weiter verfolgen zu können, einen sogenannten Wirtschaftsblock
in Mitteleuropa zu schaffen, der sich auf die Èechoslovakei,
Rumänien und Südslavien erstrecken sollte. Eine Wirtschaftsallianz
sollte aufgerichtet werden, die ein Gegengewicht gegen den wirtschaftlichen
Einfluß Deutschlands in Europa bieten
sollte. Es ist das eingetreten, was alle Wirtschaftler der Welt
vorausgesagt haben. In Joachimstal hat man zwar beschlossen, eine
Kommission einzusetzen, die die Formulierung für die Aufrichtung
dieser Wirtschaftsallianz zu treffen hätte. Die drei Staaten
waren aber mit Rücksicht auf die innere wirtschaftliche Lage,
mit Rücksicht auf die Agrar- und Industrieverhältnisse
in den einzelnen Staaten, nicht unter einen Hut zu bringen; und
das ist die Ursache, warum diese Wirtschaftsallianz niemals praktisch
ins Leben treten wird oder kann. Dr Beneš erhoffte
sich von der Wirtschaftsallianz die Ausübung eines Druckes
auf die seinen politischen Konzepten widerstrebenden Staaten Ungarn
und Deutschösterreich, er erhoffte, durch Einbeziehung Deutschösterreichs
in diese Wirtschaftsallianz den Anschlußgedanken in Deutschösterreich
erschlagen zu können. Inwieweit sind die Verhältnisse
in dieser Richtung gediehen? Herr Dr Beneš hat uns
mit einem außerordentlich optimistischen Bericht über
die Beziehungen zu den Nachbarstaaten überrascht. Er sprach
von sehr guten freundschaftlichen Beziehungen zu fast allen Staaten,
er sprach von normalen Beziehungen zu Ungarn, u. zw. in dem gleichen
Zeitpunkte, wo der ungarische Außenminister Walko im Budapester
Parlament erklärte, das nicht einwandfreie Verhältnis
drohe noch mehr verschlechtert zu werden. Wer von den beiden Außenministern
hat recht, wer von den beiden Außenministern sprach die
Wahrheit?
Wir sehen, daß Dr Beneš immer
genügsamer wird. Vor 5 Jahren hat er von dieser Stelle aus
über Ungarn noch in einem Tone gesprochen, den er sich kaum
seinen Hörern in seiner Schule gegenüber gestattet hätte.
Er hat mit dem Säbel gerasselt. Er sieht sich heute gezwungen
von dem Verhältnis zu Ungarn als von einem normalen zu sprechen,
in einem Zeitpunkte, wo der ungarische Außenminister geradezu
das Gegenteil zum Ausdruck brachte. Also, mit der Eingliederung
Ungarns und Deutschösterreichs wird es noch lange Wege haben,
aber auch die Bestrebungen, Polen in die Kleine Entente, wenn
nicht schon einzugliedern, so doch a la suite zu stellen, sind
als restlos mißlungen zu bezeichnen, denn immer deutlicher
erheben sich die Konturen einer antirussischen Affärefront
ab, die sich erstrecken dürfte über Polen, Ungarn, Rumänien
und Italien, und wir haben es ja auch gerade bei uns erlebt, daß
bis heute alle Versuche des Dr Beneš seine beiden
kleinen Entente-Staaten wenigstens zu einer De jure Anerkennung
für Rußland zu bewegen, bisher Schiffbruch gelitten
haben. Wir sehen, daß Dr Beneš eine ungeheuere
Anzahl von Konzepten zu entwickeln vermag, denn wir haben bis
heute immer erleben müssen, daß alle diese Konzepte
letzten Endes in den Papierkorb wandern mußten, weil sie
undurchführbar sind, weil sich seine Politik nur auf die
im Jahre 1918 auf den Spitzen der Bajonette aufgerichteten Schandfriedensverträge
stützte und weil er glaubte, auf Jahrhunderte hinaus vielleicht
die Weltentwicklung zum Stillstand bringen zu können und
die Machtverhältnisse des Jahres 1918 dauernd aufrecht erhalten
zu können.
Meine Damen und Herren! Daß besonders die Revisionsbestrebungen
sich immer mehr verstärken werden und daß auch der
Wahlausfall in England auf diese Entwicklung nicht ohne Einfluß
bleiben werde, daß kann auch durch verschiedene èechoslovakische
Dementis nicht aus der Welt geschaffen werden. Auch die Entwicklung
in Südslavien, wo die kraftvollen Bestrebungen vorläufig
noch unter Druck gehalten, aber sehr bald auch offensichtlich
werden dürften, die Bestrebungen nach Aufrichtung der Autonomie
für Kroatien lassen darauf schließen, daß
wir am Balkan unruhigen Zeiten entgegengehen, und daß es
höchste Zeit ist, daß sich die Èechoslovakei
von allen Bindungen nach dem Balkan freimacht, um nicht in diesen
Hexenkessel mit verwickelt zu werden. Den letzten
Endes wird auch Dr Beneš die Tatsache erkennen müssen,
daß die innerpolitische Lage seines Staates, welche auf
Grund der wirtschaftlichen Entwicklung darauf hinweist, daß
sich dieser Staat, ob er will oder nicht, dort wird eingliedern
müssen, wo er auf Grund der praktischen Erfahrungen sich
schon lange zu seinem eigenen Vorteil hätte eingliedern müssen
nämlich in den mitteleuropäischen Raum sowohl im Interesse
der Aufrechterhaltung des Friedens als auch im Interesse der wirtschaftlichen
und sozialen Sicherheit, der diesen Raum bewohnenden Völker
nur unter Deutschlands Führung der Genesung wird zugeführt
werden können, das ist für mich eine Binsenwahrheit,
die letzten Endes über allen Fanatismus der kleinen Völker
den Sieg davontragen wird. Von der politischen Weitsicht und dem
Verantwortungsgefühl der Führer dieser Völker wird
es abhängen, wann und wie sich diese Entwicklung vollziehen
wird. Das Sudetendeutschtum auf Grund seiner Lagerung die geschichtliche
Aufgabe, dieser Entwicklung die Wege zu ebnen unter der
Voraussetzung, daß das èechische Volk endlich begreifen
lernt, uns in dieser Mittelrolle zu bestärken und nicht wie
bisher in blinder französischer Gefolgschaft an unserer Vernichtung
zu arbeiten. Ich bin fest überzeugt, daß diese meine
realpolitische Auffassung sich in der
Zukunft als richtig bestätigen wird, und möchte nur
wünschen, und dies im Interesse beider Völker, daß
die èechoslovakische Außenpolitik sich von den Realitäten
der ersten Nachkriegszeit, wie sie Dr Beneš
immer nennt, sich endlich durchringen möge zu den Realitäten
der nächsten Zukunft, die sich immer deutlicher am Horizont
abheben und die in der Schaffung größerer Wirtschaftsgebiete
ihre Krönung finden werden. Daß dies nur schrittweise,
vielleicht in jahrzehntelanger Entwicklung vor sich gehen wird,
kann leider bei der Mentalität der Völker der Fall sein.
Doch ist es eine Forderung des natürlichen Rechtes und der
Vernunft, daß als Vorstufe die freiwilligen Zusammenschlüsse,
die auf dieser Entwicklungslinie gelegen sind, nicht gehindert
werden dürfen. Der Anschluß Deutschösterreichs
an Deutschland wird die erste Etappe in dieser Entwicklung sein.
Sich ihm entgegenstämmen heißt, sich an der Menschheit
und dem Frieden der Völker versündigen, denn der wahren
Friedensgrundlagen müssen wir solange entbehren, als Menschen
glauben, daß Haß- und Machtdiktate dauernd das Antlitz
der Welt bestimmen können. Die Änderung der politischen
Lage im Laufe des letzten Jahrzehntes allein hat den Beweis erbracht,
daß es in der Weltpolitik ein starres Festhalten an toten
Paragraphen nicht geben kann, und es ist auch unsere feste Hoffnung,
daß es nur Ewigkeitswerte gibt, die sich als Keimzellen
auf die Völker niemals auf Zwangsgebilde wie die neugegründeten
Staaten des Jahres 1918 gründen.
Nachdem die Außenpolitik des Dr Beneš
sich nur von der letzteren Auffassung leiten läßt,
lehnen wir seine Politik grundsätzlich ab und bekennen uns
zu dem wahren demokratischen Prinzip des Selbstbestimmungsrechtes
der Völker, auf Grund dessen Durchführung es erst möglich
sein wird, durch Ausschaltung der nationalen Kämpfe alle
Volkskräfte in friedlichem Wettkampf einzusetzen zum Heile
und Wohle des angestammten Volkes, und damit gleichzeitig der
ganzen Menschheit. (Souhlas a potlesk poslancù
nìm. strany národní.)