Úterý 12. bøezna 1929
Hohes Haus! Ich brauche nicht zu wiederholtenmalen
versichern, daß unsere Partei, die deutsche Sozialdemokratie,
für alle Gesetze eintritt, die die Förderung der Landwirtschaft
bezwecken. Aber diese Gesetze müssen klar aussprechen, was
sie wollen. Wir haben wahrlich keinen Mangel an unklaren Gesetzen;
und das vorliegende Gesetz ist ebenfalls unklar, spricht nicht
offen aus, was es will. Das bewiesen schon die Verhandlungen im
landwirtschaftlichen Ausschuß. Es wurde auf die Mängel
hingewiesen und es sind nicht weniger als vier Resolutionen diesem
Gesetze angehängt worden. Charakteristisch war, daß
bei den Verhandlungen im landwirtschaftlichen Ausschuß von
den Beamten des Finanzministeriums eine neue Gesetzesvorlage überreicht
wurde und zwar nur die Hälfte des Gesetzes; die zweite Hälfte
erhielten wir erst nach den Verhandlungen im landwirtschaftlichen
Ausschuß. Ja, ich gebe zu, daß diese Vorlage von den
Regierungsparteien recht schlampig ausgearbeitet war. Ich will
die Beamten des Finanzministeriums nicht beschuldigen, sie konnten
sich nicht anders helfen, weil mit der Vorlage der Regierungsparteien
kaum etwas anzufangen war. Aber dieser Vorgang bedeutet trotzdem
einen Eingriff in die parlamentarischen Rechte der Abgeordneten.
Wir müssen daher auf das entschiedenste gegen diesen Vorgang
protestieren. Für die Regierungsparteien hat also das Parlament
nur mehr formale Bedeutung, nämlich Bewilligung der Mittel
zur Realisierung ihrer Forderungen, das andere macht dann schonn
eine Durchführungsverordnung oder auch nicht. Denn ohne Durchführungsverordnung
arbeitet es sich ja auch nicht schlecht; vielleicht noch besser.
Wie präzise und pünktlich diese Durchführungsverordnungen
bei uns ausgearbeitet werden, zeigt folgendes Beispiel: Das Gesetz
vom 1. Juli 1926 über die finanzielle Unterstützung
der Elektrifizierung des flachen Landes sah für den
genannten Zweck 50 Mill. Kè vor, mit der ausdrücklichen
Bemerkung, daß sofort eine Regierungsverordnung nähere
Bestimmungen erlasse. Diese Verordnung erschien aber erst am 29.
Dezember 1928 und trat am 1. Jänner 1929 in Kraft, also nach
2 1/2 Jahren. Mittlerweile war der genannte Fond aufgebraucht.
So wird bei uns die Elektrifizierung gemacht. Ein Plan zur Elektrifizierung
ist überhaupt noch nicht ausgearbeitet. Wir haben zwar ein
Gesetz über die finanzielle Unterstützung der Elektrifizierung
und ein Gesetz über die finanzielle Unterstützung der
Elektrifizierung, aber es wird planlos gearbeitet. Auch das vorliegende
Gesetz sieht nur einen Fond zur Durchführung der Elektrifizierung
vor. Es ist geradezu lächerlich, mit einem Fond von 200 Millionen
Kè die Elektrifizierung des Staatsgebietes durchführen
zu wollen. Das bedeutet wieder eine Verzettelung der Gelder, denn
Großzügiges kann nicht geleistet werden, es ist unbedingt
eine Milliarde notwendig, und vor allem natürlich ein ausgearbeiteter
Plan. Also wieder ein Fonds! Die Schaffung von Fonds ist eine
Einrichtung speziell dieses Staates. Wenn die Sache so weiter
geht, werden wir nur mehr Fondsverwaltungen statt Ministerien
haben. Mit Fonds arbeitet es sich natürlich viel bequemer.
Die Fonde unterliegen weniger der Kontrolle, ja es gibt Fonds,
die überhaupt nicht kontrolliert werden können, von
den Geheimfonds gar nicht zu reden. Ich verweise z. B. auf den
Kunstdüngerfonds, der aus öffentlichen Geldern, aus
Zuschlägen zur direkten Grundsteuer gebildet wurde und viele,
viele Millionen erreichte. Uns hat damals Minister Brdlík
wirklich auf das Eis geführt. Er hat uns vorgemacht, daß
durch diesen Fond der Landwirtschaft ungeheuere Möglichkeiten
erstehen, besonders die Kleinlandwirte würden unterstützt
werden durch Subventionen für den Einkauf von Kunstdünger
u. s. w. Auf einmal war es Schluß mit diesem Fonds, wir
haben wiederholt interveniert: "Wohin sind diese Gelder gekommen?"
Niemals haben wir Antwort erhalten. Erst in der letzten Zeit ist
die Nachricht aufgetaucht, daß in der Slovakei ein
Museum gebaut wurde. Jetzt ist ein Gasthaus daraus gemacht worden;
dazu hat man 20 Mill. Kè verwendet. Aber auch die deutschen
Regierungsparteien, soviel mir bekannt ist, haben nur mit Neid
von diesem Fonds gehört und bis heute
auch nichts erhalten. Bestimmt weiß ich es nicht, ich nehme
es an.
Nun, der Fonds, der hier geschaffen wird, wird
ebenfalls nicht so leicht zu kontrollieren sein. Aber das Gesetz
sieht auch keine Kontrolle über die Strompreise vor. Es wird
vorkommen, daß Lichtgenossenschaften viel zu hohe Strompreise
verlangen werden. Diese Genossenschaften erhalten Staatsgelder
und werden die Gemeinden schröpfen. Wir haben nichts dagegen,
wenn Bezirksverbände, Überlandzentralen u. s. w. staatliche
Unterstützungen erhalten. In Gemeinden hat jedoch die Schaffung
von Lichtgenossenschaften keinen Sinn. Durch diese Genossenschaften
kommt die Gemeinde in ein Abhängigkeitsverhältnis. Der
Vorgang ist in der Regel folgender: Die größeren Besitzer
in der Gemeinde bilden die Genossenschaften. Diese Genossenschaften
haben gar oft die Mehrheit in der Gemeinde, und es kommt ein Gemeindebeschluß
zustande, wonach die Gemeinde ermächtigt wird, zur Elektrifizierung
des Ortes ein Darlehen aufzunehmen. Anstandslos übernimmt
diese Lichtgenossenschaft die Gelder, errichtet das Ortsnetz und
baut den Transformator. Ohne gesetzliche Einschränkung wird
nun diese Genossenschaft private Besitzerin des Ortsnetzes und
diktiert der Gemeinde und allen Stromabnehmern den Preis. Die
Gemeinde gibt also das Geld her und die Lichtgenossenschaft ist
Besitzerin des Ortsnetzes. Für solche Fälle muß
unbedingt eine Bestimmung in das Gesetz aufgenommen werden, dahingehend,
daß jeder Lichtabnehmer, auch jeder Minderbemittelte, die
Möglichkeit erhält, in die Genossenschaft zu jeder Zeit
und zu möglichen Bedingungen einzutreten. Es wird oft gesagt,
daß die Genossenschaft, also Privatbetrieb, billiger arbeitet
als die Gemeinde. Das ist nicht richtig, zumindest nicht in diesem
Falle, weil die Gemeinde in 99% der Fälle keinen Strom erzeugt
und infolgedessen keine Arbeiter beschäftigt. Sie bezieht
den Strom von den Überlandzentralen, bei den Elektrizitätsverbänden
oder Elektrizitätswerken. Die einzige Arbeit, die bei den
Lichtgenossenschaften zu verrichten sind, ist die Kontrolle des
Zählers, und diese versieht gewöhnlich ein Gemeindeangestellter.
Diese Auslagen sind minimal, zumindest nicht höher als bei
den Lichtgenossenschaften. Die Herren Agrarier auf den Dörfern
verfolgen einen alten, ganz bestimmten Plan. Auf diese Art sind
sie im Besitze von Gemeindegut, Gemeindeziegeleien, Gemeindeteichen,
Hutweiden gekommen; auch Gemeindehäuser haben sie sich angeeignet.
Nun wollen sie auch den Besitz des Ortsnetzes, um wenn möglich,
den widerspenstigen Häuslern den Strom entziehen zu können.
Man wird vielleicht ein wenden, daß das übertrieben
ist, aber die Kleinbesitzer und Inwohner haben schon viele ärgere
Sachen erlebt.
Eine recht böse Sache ist es, daß
im vorliegenden Gesetze jene Gemeinden, welche vor dem Jahre 1926
die elektrischen Ortsleitungen ausgebaut haben und deren Ansuchen
um Subvention abgewiesen worden ist, wiederum nicht berücksichtigt
werden. Es trifft leider fast wieder nur die ärmsten Gemeinden,
die noch dazu am teuersten gebaut haben und die leider nicht die
Erfahrung hatten, die uns jetzt zur Verfügung steht. Diese
Gemeinden sind heute furchtbar verschuldet, und es besteht keine
Hoffnung, daß diese Schulden in absehbarer Zeit bezahlt
werden. Ich nenne unter anderen die Gemeinden Duppau, Dürrmaul,
Sonnenberg, Friedersreuth, Neuhammer u. a. 10 Millionen
für die deutschen und èechischen Gemeinden würden
genügen. Wir fordern daher, daß man in den ersten fünf
Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes je 2 Millionen für
vorgenannte Gemeinden bestimmt. Weiters fordern wir, daß
diese Aktion ohne nationale Voreingenommenheit
durchgeführt wird, denn die bisherige Übung war eine
gegenteilige. So ist der 50-Millionenfond vom Jahre 1926, wie
mir mitgeteilt wird, fast zur Gänze aufgebracht und von diesen
50 Millionen haben die Deutschen im ganzen 3,382.959 Kè
zugesagt erhalten. Nach einem gerechten Schlüssel hätten
sie zumindest 10 Millionen bekommen sollen. Maßgebend ist
also noch immer trotz deutscher Beteiligung an der Regierung der
nationale Chauvinismus statt volkswirtschaftlicher Erkenntnis.
Wir pflichten dem neuen Herrn Ministerpräsidenten
bei, wenn er sagt, daß in diesem Staate die Gemeinschaft
der volkswirtschaftlichen Gesinnung fehlt. Leider haben in diesen
Belangen gerade die vernünftigsten und tüchtigsten Èechen
dieses Staates nichts dreinzureden. Der Phrasendrescher
einer nationalen Minderheit ist mächtiger als einer der ersten
Beamten dieses Staates.
Ein weiterer großer Übelstand ist
es, daß bewilligte Unterstützungen oft einige Jahre
später ausbezahlt werden. Die Folge davon ist, daß
die Zinsen die Subvention aufzehren. Wenn der Staat also etwas
geben will, so muß er es rechtzeitig tun. Über Gewährung
von Darlehen und Unterstützungen entscheidet in erster Linie
nach wie vor der Iandeskulturrat. Nun ist aber der Landeskulturrat
heute ein ausgesprochenes Instrument der Agrarier. Bei der deutschen
Sektion des Landeskulturrates sind die Landbündler die alleinigen
Herren. Nur Mitglieder des Bundes der Landwirte werden in die
Kommissionen aufgenommen. Die heutige Zusammensetzung des Landeskulturrates
gibt uns keine Gewähr, daß die einlangenden Gesuche
objektiv beurteilt werden, haben doch Funktionäre des Bundes
der Landwirte öffentlich erklärt, daß sie schön
dumm wären, wenn sie anderen als ihren Parteigängern
Subventionen zukommen ließen. Weiters verlangen wir, daß
in Bezug auf die Rentabilität nicht engherzig entschieden
wird. Es gibt Gemeinden in armen Bezirken, wo nur durch ausgiebige
staatliche Unterstützung die Elektrifizierung durchgeführt
werden kann. Solche Gemeinden müssen einen höheren Unterstützungsbeitrag
erhalten; denn diese armen Gemeinden haben in der Regel eine schlechte
Bahnverbindung, schlechte Postverhältnisse, und ihr Existenzkampf
ist viel schwieriger als in den besseren Getreidegebieten. Schließt
man sie von der Elektrifizierung aus, sind sie im vollsten Sinne
des Wortes Stiefkinder des Staates.
Ein großer Übelstand herrscht bei
der administrativen Erledigung der Elektrifizierungsansuchen.
Es dauert manchmal über zwei Jahre, bis ein Ansuchen erledigt
wird. Der Weg dieser Ansuchen ist ein viel zu komplizierter. Eingebracht
werden die Elektrifizierungsprojekte beim Landeskulturrat, derselbe
gibt sein Gutachten ab, und sendet es an das Landesamt, welches
den Akt überprüft und ihn dann dem Arbeitsministerium
überreicht; zum Schlusse wird das Ansuchen dem Finanzministerium
vorgelegt. Es kann nun vorkommen, daß alle Arbeit vergebens
war, wenn das Finanzministerium die Mittel nicht bewilligt. Zu
bemerken ist noch, daß die Akten in der Regel monatelang,
oft ein Jahr, in den einzelnen Ämtern liegen bleiben. Ich
habe mich bei zuständigen Fachchbeamten erkundigt, und da
wurde mir erklärt, daß der ganze Vorgang vereinfacht
werden könnte. Es wäre eine Kommission zu wählen,
in welcher die zuständigen Körperschaften und Ämter
vertreten sind und die ermächtigt wird, die vorgelegten Projekte
zu genehmigen. Dadurch wäre das viele Hin- und Herexpedieren
der Akten erspart, es würde auch viel kostbare Zeit gewonnen
werden. Es ist aber leider mit Sicherheit anzunehmen, daß
man solchen Anträgen kein Verständnis entgegenbringt;
denn wem der Amtsschimmel bequem vorkommt, der will keine neuen
Einführungen. Wir anerkennen die Elektrifizierung des flachen
Landes, die ist für die Landwirtschaft von der größten
Bedeutung. Sie ist für die Landwirtschaft von der größten
Bedeutung, besonders für die hunderttausende von Kleinlandwirten.
Wenn dieselben in ihrer wirtschaftlichen Organisation der Kleinwirte
zusammengeschlossen sind, können sie sich viele Vorteile
verschaffen. Maschinen, die sich der einzelne nicht leisten kann,
können gemeinsam angeschafft und benützt werden, und
der elektrische Betrieb ist verhältnismäßig der
billigste. Was bedeutet es für einen Verlust für den
kleinen Landwirt und die gesamte Volkswirtschaft, wenn der kleine
Landwirt seine Kühe in den Göppel einspannen muß!
In zehn Tagen kann ein Rind 50 kg am Gewicht
einbüßen, und mit der Milchleistung ist es bei den
Kühen überhaupt vorbei. Durch die Elektrifizierung erwächst
der gesamten Volkswirtschaft bedeutender Nutzen, wenn der Staat
planmäßig eingreift. Nicht jede landwirtschaftliche
Organisation ist imstande, sich die notwendigen Maschinen aus
eigenem anzuschaffen. Besonders nicht in den armen Gebirgsgegenden.
Es wird daher mehr als bis jetzt Pflicht des Staates sein, hier
wirtschaftlich einzugreifen und solche kleinlandwirtschaftliche
Organisationen zu subventionieren. Vor allem aber fordern wir,
daß das vorliegende Gesetz nur im Sinne der Volkswirtschaft
durchgeführt werde. Es soll nicht wie bei vielen Gesetzen
in diesem Staate das politische und das nationale Moment bestimmend
sein.
Und nun: Ich erachte es als meine Pflicht,
auch auf die sozialen Auswirkungen des Gesetzes hinzuweisen. Wir
begrüßen die Errungenschaften und die modernen Maschinen,
die den Menschen heute die Arbeit erleichtern sollen. Aber wir
wollen diese Wohltaten, diesen Fortschritt nicht mit der Verelendung
der Massen erkaufen. Nach Durchführung der Elektrifizierung
werden zehntausende Arbeiter überflüssig sein. Ich habe
vor ca. 3 Wochen eine elektrisch betriebene Dreschmaschine gesehen.
Diese Dreschmaschine wird statt 25 Arbeiter nur 3 Arbeiter zur
Bedienung brauchen. Ähnlich ist es auch bei anderen Maschinen.
Ich kann mich noch erinnern, wie die Häusler und die Inwohner
den ganzen Winter in der Landwirtschaft beim Drusch beschäftigt
waren. Die sind heute vollkommen ausgeschaltet. Heute steht die
große, mit Kraft betriebene Dreschmaschine im Orte und nicht
ein einziger von den Arbeitern wird aufgenommen, sondern die Großbauern
borgen einander ihr Gesinde, um ja niemanden anderen in den Betrieb
einstellen zu müssen, und sie freuen sich schon heute, wieviel
Arbeiter sie wieder in der Landwirtschaft werden entlassen können.
Wir können heute konstatieren, daß gerade die agrarische
Partei das geringste Verständnis für die soziale Gesetzgebung
hat. Daher werden wir zur richtigen Zeit anfragen, was mit diesen
zehntausenden Arbeitslosen geschieht, und ich wünsche, daß
die Regierung eine Antwort zu unserer Zufriedenheit gäbe.
(Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany
soc. demokratické.)
Hohes Haus! Die Vorlage, die uns heute hier
beschäftigt, ist eigentlich das Eingeständnis, daß
die bisherigen Bemühungen der staatlichen Förderung
der Elektrifizierung des Flachlandes nicht zu jenem befriedigenden
Ergebnis geführt hat, welches man wünschte. Wer die
Vorlage und wer die vor einiger Zeit herausgegebene Broschüre
der Ministerien, des Landesausschusses, der Landesverwaltungskommission
einer Durchsicht unterzieht, kommt zum Schluß auf einige
wesentliche Bemerkungen. Die Bemerkungen kehren zum Teil im Motivenbericht
zu diesen Gesetzen wieder, wurden aber heute in den Betrachtungen
nicht angeführt, weshalb ich versuchen will, aus diesem Gesichtswinkel
unsere grundlegende Stellung zum ganzen Problem, zur schaffenden
Arbeit zu fixieren. Es heißt in dieser Begründung:
Der Bau von Hochspannungsleitungen kann aber erst in einigen Jahren
beginnen, sobald der Energieverbrauch ihre Rentabilität sicherstellt.
Wir stoßen also wiederum auf das eherne Gesetz, daß
die kapitalistische Wirtschaft nicht nach den Bedürfnissen
der Bevölkerung Werke entstehen läßt, nicht nach
der Notwendigkeit, sondern erst dann den wirklich notwendigen
Strom liefert, wenn die Rentabilität gesichert ist, das heißt,
wenn von vornherein die Aufwendungen mit einem Zuschlag, dem Zins,
sichergestellt sind. Infolgedessen werden wir trotz der heutigen
Vorlagen wahrscheinlich auf Jahre hinaus nicht zu den notwendigen
Leistungen des im Staate befindlichen Energienetzes kommen, weil,
wie der Motivenbericht sagt, die bisherigen staatlichen
Zuwendungen nach dem Gesetz für 1926, die 10 Mill. Kè
betrugen, nicht genügten, auch wenn sie nun auch längere
Zeit auf 35 Mill. Kè jährlich erhöht werden.
Geht man den Mitteilungen und der Übersicht
über die Elektrifizierung im ersten Jahrzehnt des
èeehoslovakischen Staates nach, sieht man, daß zuerst
in den größten Zentren, meist in der Nähe von
Kohle oder von Wasserkräften, die ersten größeren
Elektrizitätswerke entstehen und wie dann die Elektrifizierung
sprungweise von diesen Zentren auf die Nachbargebiete, von da
aber sehr schwer und langsam fortschreitet. Auch da ist ein sehr
prägnantes Merkmal einer scharfen Unterbrechung der Entwicklung
festzustellen, die allerdings weniger in diesen Annalen der Elektrifizierung
zu verzeichnen ist, die aber von jenen, die im praktischen Leben
stehen, schon bei hundert Gelegenheiten besprochen wurde. Ich
erinnere an das große Elektrizitätswerk Kaaden, das
mit einem Aufwand von 180 Mill. Kè in der Zeit der
höchsten Inflation erbaut und kurz nach der Deflation in
Betrieb gesetzt wurde. Das Werk in Kaaden ist trotz steigenden
Stromverbrauches und trotz Erhöhung der Einnahmen bis heute
nicht imstande gewesen, auch nur die
5% Zinsen aufzubringen, sodaß eine Reihe von Sparkassen
und Banken die Zinsforderungen zum Kapital schlug, so daß
Kaaden heute mit 240 Mill. Kè belastet dasteht. An diesem
Beispiel sehen Sie das Wirken der ungeheueren Zinslavine. Eine
Sanierung ohne eine durchgreifende kolossale
Abschreibung ist da nicht möglich.
Der Bericht sagt, daß im großen
und ganzen die größeren Gemeinden und Industrieunternehmungen
mit Energie versorgt sind, sagt aber auch, daß die gegenwärtige
Versorgungsart von den mittleren und auch großen Werken
nicht streng rationalisiert ist. Es ist der immer wiederkehrende
Begriff der sagt: Nach der bisherigen Methode fällt noch
zu wenig Dividende und zu wenig Zins ab, infolgedessen muß
die Arbeit zusammengelegt werden, man spricht dann von Fusionen.
Aber darüber hinaus ist ein großes und weites Gebiet
noch sehr dünn von elektrischer Energie durchzogen, ich habe
schon eingangs gesagt, daß eigentlich nur eine einzige große
Leitung künftig bestehen wird, die von Seestadtl nach Prag,
da alle übrigen Konzentrationen mangels Rentabilität
verschoben werden.
Die Lage ist die, daß in Böhmen
ungefähr 52% der Gemeinden angeschlossen sind, in Mähren
und Schlesien 37%, in der Slovakei 4 1/2 % und in Karpathorußland
ungefähr 3 1/2 % aller Gemeinden, so daß
rund die Hälfte aller Gemeinden der Èechoslovakei
noch ohne Energie dasteht. Aus dem Bericht wird aber klar, daß
es auch in Hinkunft noch nicht anders sein wird, außer man
beginnt damit, daß man diese Zuwendungen in Form von Anleihen
gewissen Gebieten zuführt und andere Gebiete
weiterhin ausschaltet, also fortschreitend auf die nächst
kleineren Ortschaften vorgeht.
Ich möchte Ihnen aus den Erfahrungen der
reichsdeutschen Elektrizitätswirtschaft zwei prägnante
Zahlen vor Augen führen. Im Reichsdurchschnitt der großen
und kleinen Versorgungszentren, aber auch der privaten und kleinen
Werke ergibt sieh ohne Berücksichtigung von Amortisation
und ohne Berücksichtigung von Zinsen ein Gestehungspreis
der Kilowattstunde in den großen Werken von acht Hellern,
in den kleinen Werken von 20 Hellern. Dem gegenüber stehen
an Zinsverpflichtungen 700 bis 1200% der Gestehungskosten, sodaß
also das sieben- bis zwölffache dieser 8 bis 20 Heller dem
Preis zugeschlagen werden muß, dazu kommt noch Abschreibung
und Instandhaltung, aber insgesamt halten sich Zinsrate auf der
einen Seite und die übrigen Produktions- und Kostenberechnungen
auf der anderen Seite die Wage.
Man beschreitet bei uns nun folgenden Weg für
die Elektrifizierung: Es wird ein Fond von 200 Mill. Kè
angelegt, aus welchem die gemeinnützigen Genossenschaften
und Gemeinden Darlehen bekommen, die sie dem Fond mit 4%
verzinsen, während der Fond seinerseits seinen Geldgebern,
der Zentralsozialversicherungsanstalt oder eventuell auf seine
Teilschuldverschreibungen 5 1/2 % zu zahlen haben wird.
Da komme ich auf die grundsätzliche Frage zu sprechen: Ist
es im Interesse des Staates, Anleihen aufzunehmen, ist es im Interesse
des Staates, durch Anleihen den direkten Weg zwischen den Staatsbürgern
untereinander auszuschalten und sich auf einem Umweg Geld zu beschaffen,
das ja doch wieder schließlich vom letzten Lohnempfänger
mit einem Zuschlag, dem Zins aufgebracht werden muß? Ich
komme zu unserem Standpunkt aller Ablehnung der Anleihen aus dem
Grunde, weil jede. Anleihe eine Schonung des Besitzes und des
großen Besitzertrages ist, weil jede Anleihe, die ein Staat
aufnimmt, oder aufzunehmen sich anschickt, ein Verzicht auf die
Besteuerung als dem reinen im staatlichen Sinne möglichen
Wege der Aufbringung der Mittel für die Allgemeinheit darstellt.
In dieser Beziehung hat sich vor ungefähr 300 bis 400 Jahren
die Privatinitiative vermischt mit der Staatsinitiative und was
man im Einzelnen gemacht hat, hat man nun, aus Verlegenheit vielleicht
zuerst, und später aus Bequemlichkeit, auf den Staat übertragen.
Dabei vergißt man aber folgende drei wichtigen Grundsätze:
Der Staat ist gegenüber dem Einzelnen, dem Privaten, nach
jeder Richtung hin im Vorteil, denn er ist mit der Leistungshoheit
ausgestattet, er kann von seinen Angehörigen, von
seinen Staatsbürgern, Leistungen verlangen, und wir wissen,
daß der èechische Staat genau so wie der französische
oder der italienische in dieser Beziehung nicht sparsam ist, wo
es sich um persönliche Leistungen handelt.
Wir haben Militärgesetze, wir haben aber auch eine Reihe
von Gesetzen, die diese Leistungsfähigkeit in negativem Sinne
durch Verbot ausnützen, wir haben die Gesetze zur Behinderung
unter dem Namen "Schutz des Arbeitsmarktes", die ebenfalls
unter dieses Kapitel gehören. Der Staat hat aber etwas anderes,
was der Private nicht hat und was ihm jederzeit die Möglichkeit
gibt, auf Grund seiner Leistungsfähigkeit die Mittel in die
Hand zu geben, das ist die Münzhoheit. Wenn ein Einzelner
Geld herstellt, so ist das ein Verbrechen. Der èechoslovakische
Staat hat nun - leider - durch das Gesetz vom Jahre 1925, wie
die übrigen Staaten der Welt, auf die nächste Zeit,
ich weiß nicht auf wieviele Jahre oder
Jahrzehnte hinaus, auf dieses höchste aller Staatsrechte
Verzicht geleistet, er hat dieses Recht sogar für ein Linsengericht
hergegeben und zahlt noch dafür, daß andere private
Auftraggeber dieses sein Hoheitsrecht in ihrem Sinne ausnützen;
ich meine damit die Gründung der Staatsbank, die Übertragung
der Münzhoheit auf diese und die Verpflichtung des
Staates für seine Zwecke einem privaten Institut noch Zins
zu zahlen. Damit hat sich auch die Èechoslovakische Republik
vollständig eingegliedert in das internationale Weltsystem
des Leihkapitals und muß nun auch seine Konsequenzen
und Folgerungen über sich ergehen lassen. Das dritte Recht
ist die Finanzhoheit und da ist es, wie ich schon vorhin angedeutet
habe, einerseits Bequemlichkeit und andererseits Furcht, daß
man von dieser Finanzhoheit keinen Gebrauch macht. Trotzdem aber
wäre es nicht einmal so schwer, denn es ist uns vor einigen
Tagen berichtet worden, daß der Rechnungsabschluß
für das Jahr 1928 mit einem beträchtlichen Überschuß
abgeschlossen hat, daß über 1 1/2 Milliarden
Kè mehr eingegangen sind, und hier hätte der Herr
Finanzminister auf den Plan treten und sagen können: Wir
wollen nicht den Weg der Anleihe beschreiten, um produktiv die
Elektrifizierung durchzuführen, ich werde dem Fonde 200 Millionen
Kè zur Verfügung stellen, aus diesem werden die Gemeinden
und Genossenschaften beteilt, ohne Zinspflicht, ohne Zinsversprechen
wird in 25 oder 30 Jahresraten das empfangene
Geld wieder zurückgezahlt; dadurch wäre überdies
der Fond auf eine Reihe von Jahren durch die Rückzahlungen
gespeist worden und das Parlament hätte sich wahrscheinlich
auf Jahre hinaus mit dieser Frage nicht mehr beschäftigt,
weil wie durch ein perpetuum mobile durch das zurückfließende
Geld ohne Belastung der Wirtschaft, ohne Zins, infolgedessen zu
ganz anderen Produktionsbedingungen, auch in der kleinsten Gemeinde,
auch ohne komplizierte Hochspannungen mit der Elektrifizierung
hätte begonnen werden können. Es kann aber heute in
kleinen Gemeinden damit nicht begonnen werden, weil auch der 4%ige
Zinsfuß die Energie so teuer macht, daß der Bauer
weiterhin bei der Petroleumlampe bleiben oder daß er das
Karbid vorziehen wird, wenn es ihm ein paar Heller billiger kommt.
Die Anleihewirtschaft ist aber auch verwerflich
und verderblich, weil sie den künftigen Ertrag vorwegnimmt
und in die Hände von Leuten gibt, die eigentlich Kraft ihrer
sozialen Besserstellung zur Steuerleistung herangezogen werden
könnten. Es ist also ein Ausweichgeleise, ein Verschubgeleise,
daß man den Besitzer schont und den Lohnempfänger dabei
trifft. Gehen wir weiter, so finden wir ja die Erklärung.
Seit ungefähr 10 Jahren ist die Welthochfinanz eifrigst bestrebt,
einen Staat um den anderen unter ihre Fuchtel zu bringen.
Ich habe schon einmal gesagt, daß leider auch der èechoslovakische
Staat seine Münzhoheit und seine Souveränität bereits
verloren hat und noch dazu unter schwersten Bedingungen. Gerade
vor wenigen Tagen haben wir in den Zeitungen gelesen, daß
noch 4 1/2 Milliarden Kè
alte Staatsnotenschuld abzutragen ist. Ja, wer ist der Schöpfer?
Der Staat ist der Schöpfer. Aber da kommt man mit den mittelalterlichen
Anschauungen und stolziert einher, indem man die ungeheueren Währungspfuschereien
am Ende des Weltkrieges und in der ersten Periode
nach dem Kriege der einfachen Bevölkerung in verzerrtem Lichte
darstellt, und man ruft wieder nach der alten Geißel der
Menschheit, man ruft wieder das Gold auf den Plan. Und es ist
symptomatisch, wie in dieser Beziehung die europäischen Staaten
dem heutigen Goldtresor der Wall Street in New York auf die Leimspindel
gegangen sind. Selbst der große Staatsmann Mussolini mußte
daran glauben, Frankreich mußte zur Goldwährung zurückkehren,
Ungarn hat man in das Joch hineingezwängt, ja selbst Schweden
und Norwegen, die vor dem Kriege schon den Wahrheitsbeweis erbracht
haben, daß es ohne Gold besser geht, sind zum alten Fetisch
des Goldes zurückgekehrt, trotzdem gerade dort und auch in
England nicht nur aus der Zeit Knapps, sondern darüber hinaus
in der Zeit unserer gegenwärtigen wirtschaftlichen Erschütterungen
Männer aufgestanden sind, die den Versuch unternommen haben,
die Währungsfragen von all diesem Nebel der mittelalterlichen
Romantik zu entkleiden und ganz kurz und nackt die große
Dynamik im Produktionsprozeß und dem Tauschprozeß
aufzuzeigen. Jahrelang hat man in Versailles, Paris. Locarno usw.
gehandelt und gefeilscht, und auf einmal tritt eine Wendung ein.
Schon einmal hat man eine Entpolitisierung durchgeführt.
Morgan II., der ungekrönte Cäsar der Dollarkönige,
ist vor kurzem nach Europa herübergeschwommen, und wenn Morgan
über den großen Teich fährt, muß er große
Dinge im Auge haben, und diese Dinge berühren auch
uns in der Èechoslovakei. Denn wir werden ihren Wellenschlag
früher oder später verspüren, genau so wie die
deutsche Wirtschaftskrise auch mit dem gleichen
Wellenschlag begonnen hat, mit welchem in Amerika die stabilisierte
Währung durch Diskontpolitik in Schüttelbewegung versetzt
wurde. Wenn wir einen Blick in eine Zeitung - die einmal ihr Innerstes
entblößt - werfen, da möchte ich eine einzige
Stelle vorlesen, die zeigt, daß Parlamente, daß Monarchen,
Präsidenten und Minister der Welt nichts oder nur wenig bedeuten,
daß heute in der Hand von wenigen Leuten das ganze Weltgeschick
liegt: Das "Prager Tagblatt" vom 8. März schreibt:
"Die kühnsten Träume derer, die einst in der Politik
und vor allem auch in der Diplomatie einen größeren
Einschlag an Wirtschaft vermißten, gehen in Erfüllung.
Die Zeiten sind vorbei, wo sich Hochfinanz und Großindustrie
damit begnügen mußten, um auf dem Wege der Verschwägerung
zum Glanze der adeligen Wappen beizusteuern, die in manchen Staaten
als untrügliches Mittel zur Errichtung vorteilhafter internationaler
Beziehungen galten. Überraschender Weise stellt sich dann
freilich heraus, daß die vorteilhaftesten Beziehungen von
einem Lande weggeschnappt wurden, dessen wichtigste Auslandsposten
mit Leuten aus gemeinem Bürgerstande besetzt waren. Ohne
Zweifel hat diese auffallende Erfahrung mitgeholfen, auch in den
Ländern, wo einst das aristokratische Privileg in den auswärtigen
Angelegenheiten am üppigsten entfaltet war, den allmählichen
Übergang zu einer mehr bürgerlichen Rekrutierung des
Diplomatenkorps zu erleichtern. Ohnehin waren die Probleme, um
die es sich bei den internationalen Auseinandersetzungen nach
dem Kriege meistens handelt, mehr für Händler als für
Kavaliere geeignet". Und als der große Unterhändler
des großen Gläubigers Amerika, Morgan, erschien, da
traten alle die Schachts und Loucheurs in den Hintergrund, denn
er kommt ausgerüstet mit einem fix fertigen Plan, und unter
dem Namen "Emanzipierung" und unter dem Namen "Entpolitisierung"
wird Europa und vor allem Deutschland in das schwerste Joch, das
die Goldpolitik jemals noch den Völkern aufgezwungen hat,
hineingepreßt. Der Dollar ist König, aber er ist als
Gold so grausam und so unheilvoll, daß jede Nation die sittliche
Pflicht hat, aus diesem Rausch aufzuwachen. Wenn Sie nur bedenken,
daß die Weltproduktion von Jahr zu Jahr durch die steigende
Arbeitsteilung um 3% zunimmt, daß die Goldproduktion in
den letzten Jahren wieder rapid zurückgegangen ist, werden
Sie begreifen, daß man davon spricht, daß die Golddecke
zu kurz ist, daß zwischen der vorhandenen sogenannten Deckungsmenge
des Goldes und den umlaufenden Noten nach dem Prinzip der 30 oder
40%igen Notendeckung die größte Diskrepanz besteht,
und daß für den Barometer der Diskonterhöhung
oder Diskontsenkung, bezw. Zurückziehens des Goldes aus dem
Markt und seiner plötzlichen Aufwallung dann die ganzen Wirtschaftsverhältnisse
durcheinandergeworfen werden. Sehen Sie, was ganz eigentümlich
ist: Während Morgan in Paris sitzt und die Statuten der neuen
Kommerzbank der unterdrückten Völker Europas ausarbeitet,
ist einer aus London schon daran, die nötigen Konsequenzen
daraus zu ziehen und dem Achtstundentag den Krieg anzusagen. Alles
leitet sich aus einer Ader und aus einer Quelle ab. Die Placierung
der Obligationen, der höhere Zinsfuß, das alles wird
von dort aus auch auf uns überwälzt werden, denn wir
sind mit eingeschlossen. Der Herr Gouverneur der Nationalbank
hat selbst gesagt, daß wir schon inoffiziell - es wird erst
offiziell beschlossen werden - die Goldwährung haben und
eine Krone einen bestimmten Goldwert, darstellt. Damit hat er
eine wirklich vornehme Geste getan, aber er irrt sich, wenn er
glaubt, daß in der bisherigen Währungseinheit
und in ihrer Stabilisierung keine Änderung eintritt. Damit
hat auch die Èechoslovakei sich das Halfter umgelegt, daß
von drüben aus um die Staaten gelegt wird.
Ich habe schon gesagt, daß Gold kein
verläßlicher Maßstab, nicht anpassungsfähig
an die Wirtschaft ist. Es ermöglicht nicht ein dynamisches
System, ist ein starrer Stab und gerade in den Augenblicken,
wo das Gold der Wirtschaft den Dienst als Verkehrsmittel, als
Translator leisten sollte, gerade dann zieht es sich feige zurück.
(Sehr richtig!) Wir wissen ja, wie es sich beim Ausbruch
des Weltkrieges zurückgezogen hat; daß es aber auch
die Auf- und Abwärtsbewegung des Diskonts das Wirtschaftsleben
erschüttert das können Sie tagtäglich in den Zeitungen
lesen. Ich will Ihnen eine kurze Notiz, die mir gerade heute in
die Augen fiel, vorlesen. In Triest, bezw. in Mailand ist eine
große Firma fallit geworden, bezw. soll in den nächsten
Tagen fallit werden, wenn die Hausse und Baisse weiterhin anhält.
Es handelt sich um die Firma Brunner in Triest, die in Not ist
und zwar aus welchen Gründen? Unter dem Eindruck des großen
Konzeptes des Herrn Morgan in Paris ist es in Amerika zu turbulenten
Szenen gekommen, zu einer Hausse, wobei das Taggeld von 9 auf
13% in die Höhe schnellte. Solche Ziffern werfen die Produktionsbedingungen
des großen Kontinents über den Haufen, die müssen
natürlich auch ihre Welle bis zu uns werfen. In manchen Gebieten
spürt man das schon. Auch in Deutschland zieht der Zinsfuß
schon an; und um das auszugleichen, haben London und Berlin Goldsendungen
vorgenommen, um diesem irrationalen Wesen des Goldpunktes zu dienen.
Die Folge davon war, daß Kredite gekündigt wurden und
die weitere Folge war, daß eben die erwähnte Firma,
die in Amerika und England engagiert war, in die größte
Not kam Ich kann mir ersparen, den Artikel wörtlich anzuführen.
Diese Verhältnisse werfen auch auf unsere Wirtschaft ihre
Schatten. Ich kann Ihnen sagen, wenn Spengler behauptet, das Abendland
gehe seinem Untergang entgegen, so wird er recht haben, wenn die
Völker ihre Aufgaben nicht erkennen, wenn sie die Wirtschaft
nicht freimachen von den Fesseln der Bodenausbeutung, von den
Quoten der Bodenrente, durch Einzug derselben und Abschaffung
des Kapitalzinses. So werden Sie in ganz kurzer Zeit ihre Begleiterscheinungen
zweifellos in einer Versteifung der Ein- und Ausfuhrbeschränkung
sehen. Nur wer den Vorsprung hat, profitiert momentan, wer hinten
steht, trägt die Folgen sowohl der Hausse - wie der Baissepolitik.
Dieser Untergang des Abendlandes ist nur aufzuhalten wenn in den
Parlamenten gründlicher als bisher Währungsfragen besprochen
werden und wenn die Lösung der Wirtschaftsfragen unter Ausschluß
von Anleihen erfolgt, auf dem direkten Wege der Aufbringung notwendiger
Beträge auf Grund der Steuer- und Finanzhoheit des Staates.
Darum sehen wir in der Vorlage eine Lösung,
wie jede andere Lösung, nämlich einen Pumpversuch, die
breiten Schichten der Lohnempfänger, und dazu gehören
alle die untersten Einkommenstufen, geben dem Staat in. Form von
indirekten Steuern bis zu 80% das, was ihnen Hilfe und Erleichterung
schaffen sollte. Zu 80% sind sie selbst die Träger der Lasten,
die zum Bau beisteuern müssen, während die sozial höher
gestellten Kreise die Zinsen ein streichen und dabei noch das
Vergnügen nebenbei genießen.
Wir können zu dieser Vorlage nur mit der
Einschränkung Stellung nehmen, daß wir den Weg der
Anleihe als ungerechten Lösungsversuch, als verderblichen
Lösungsversuch betrachten, und wir werden erst dann vollen
Herzens einem Gesetz zustimmen, das ohne Anleihe im direkten Wege
der Flüssigmachung der Mittel und ihres Rückflusses
in die Staatskasse die Frage löst, damit daraus wieder anderen
Zweigen der Wirtschaft auf gleichem Wege geholfen werde. Erst
bei der zinslosen Wirtschaft wird sich die Wirtschaft entfalten
können, dann werden diese Schranken fallen, dann wird eine
Besserung der Verhältnisse eintreten und der Augenblick gekommen
sein, den Spengler nicht erwartet hat, den Aufstieg des Abendlandes.
Zum Gesetz selbst wäre noch zu bemerken,
daß die Kontrolle seitens des Rechnungskontrollamtes unseres
Erachtens nach eine verspätete Sache ist. Wenn alles beschlossen
und vergeben ist, kann das Rechnungskontrollamt höchstens
nur die Ziffern und die Rechnungsbelege überprüfen,
und zugleich konstatieren, inwieweit für das laufende Jahr
und für die ablaufenden Posten den Vorschriften Genüge
getan wurde.
Am Prinzip kann das nichts mehr ändern.
Wenn irgendwo Überschreitungen vorkommen - und wir wissen
ja, wie es gemacht wird - so werden sie mit einem Nachtrags schreiben
entschuldigt und die Sache läuft dann weiter. Unsere Befürchtungen
in nationalpolitischer Hinsicht brauche ich ja nicht erst besonders
aussprechen. Wieder wird es wahrscheinlich wie bei allen diesen
Dingen, wie bei der Bauförderung und bei andern Gesetzen
so kommen; daß wir national geschädigt werden, und
wenn es so weiter geht wenn unsere deutschen Regierungsparteien
nicht alle ihre Kraft einsetzen, so werden die deutschen Parteien
wahrscheinlich auch aus diesem Gesetze nur Brosamen ernten. (Souhlas
a potlesk poslancù nìm. strany nár. socialistické.)