Nun sagt man, wir sind in der Regierung, die
deutschen Parteien werden dort dafür sorgen können,
daß nichts gegen die Deutschen geschieht. Es hat dieser
Tage Minister Spina ausdrücklich zur Beruhigung der
deutschen Bevölkerung in Bezug auf ihre Zukunft gesagt, durch
den entscheidenden Schritt, den sie im Oktober 1926 getan haben,
als sie in die Regierung eingetreten sind, seien wir aus bisher
leidenden Objekten mitbestimmende, tätige Subjekte geworden.
Ich frage einmal: Wo zeigt sich denn das jetzt, bei dieser einfachen
Sache der deutschen Landesstellen in der Pensionsversicherung,
wo zeigt sich da, daß wir in der Regierung auch deutscherseits
tätige Subjekte haben, wenn sie nicht einmal in dieser Frage
imstande gewesen sind, einen Erfolg davonzutragen? Es ist gesagt
worden: "Wir können nicht weiter gehen, wir müssen
uns damit abfinden". Wenn man es auch nicht eingestehen will,
so zeigt doch das ganze Verhalten, daß die deutschen Regierungsparteien
auch das schlucken, wie sie alles bisher hingenommen haben. Sie
werden es in der Öffentlichkeit zu drehen versuchen, behaupten,
daß darin ein Erfolg liege, daß sie auf die Regierungsverordnung
Einfluß nehmen könnten. Ich weiß nicht, ob es
zutrifft, aber es soll bei den letzten Verhandlungen über
die deutschen Landesstellen gesagt worden sein: Wenn ihr Deutsche
uns Schwierigkeiten bereitet, wird man sich eben eine andere Mehrheit
suchen. Und davor, daß nämlich eine der drei deutschen
Regierungsparteien in einen Konflikt mit den èechischen
Koalitionsgenossen komme, davor haben sie eine
heillose Scheu. Um Himmelswillen, nur das nicht. Namentlich den
Christlichsozialen braucht man nur mit einem Wink zu drohen, daß
die Herrlichkeit von heute in Brüche gehen könnte, dann
schlucken sie alles, dann nehmen sie jeden Schlag entgegen,
dann finden sie sich ab mit der ärgsten Schädigung der
Positionen der deutschen Bevölkerung in der Èechoslovakei.
Weil es eine sehr wichtige Frage ist, haben wir uns im sozialpolitischen
A usschuß eingehend mit dieser Sache
beschäftigt und beantragen nun dem Hause ei ne bestimmte
Fassung des § 84, eine solche Fassung, die keinen Zweifel
darüber läßt, daß die deutschen Landesstellen
in ihrem bisherigen Umfang bestehen bleiben; denn die jetzige
Bestimmung ist nichts anderes als der Anfang der Beseitigung der
deutschen Landesstellen. Die deutsche Landesstelle in Brünn
wird in absehbarer Zeit als nicht mehr notwendig bezeichnet wer
den, das ist ja auch hier ausgeführt worden. Haben wir es
einmal nur mit einer deutschen Landesstelle zu tun, so wird man
tausend Gründe dafür finden, auch mit dieser aufzuräumen.
Ich sage ganz offen: Wenn die deutschen Regierungsparteien in
der Koalition nicht anders Interessen und Bedürfnisse der
deutschen Bevölkerung, der deutschen Angestellten vertreten
können, so ist das ein überaus trauriger Zustand, der
die schärfste Brandmarkung verdient. Ich gebe zu, auch in
einer allnationalen Koalition kann der Abbau einer solchen Einrichtung
eintrete. Aber meine Herren, zustimme darf ich doch nicht, daß
der deutschen Angestelltenschaft solche Schläge versetzt
werden, ich darf mich nicht selber ohrfeigen, ich darf mich nicht
selber um Rechte und Einrichtungen bringen, die jahrzehntelang
existieren, eingelebt sind und sich gut bewährt haben, das
darf ich nicht tun. Ich darf nicht, um in der Regierung zu bleiben,
derartig wichtige Forderungen und wichtige Interessen einfach
mit Füssen treten.
Wenn wir die ganze Vorlage betrachten, so merke
wir, daß in der Pensionsversicherung abermals ein unsozialer
Geist zu konstatieren ist. Wir erleben, was wir von dem jetzigen
Fürsorgeministerium schon gewöhnt sind und ich brauche
es nicht erst weiter zu erörtern, daß vor allem der
jetzige Leiter des Ministeriums für soziale Fürsorge,
Monsignore Šrámek, der Stellvertreter des Herrn
Ministerpräsidenten, derjenige ist, der sich gegen jede weit
ausgreifende Verbesserung irgendeines sozialpolitischen Gesetzes
stellt, der vor allem die Triebfeder gewesen ist, daß man
im Ministerium für soziale Fürsorge, in der Regierung
und in der "Osmièka" die notwendigen und
wichtigen Anregungen der Vorschlagskommission einfach in den Wind
geschlagen hat. Es ist auch bekannt, daß in der Frage der
Erhaltung der deutschen Landesstellen ein, befriedigender Ausgleich
gefunden worden wäre, daß es innerhalb
der èechischen Koalitionsparteien durchaus keine einmütige
starre Ablehnung gegeben hat, wir wissen, daß man geneigt
war, dem Rechnung zu tragen, was die deutschen Angestellten forderten,
aber im letzten Augenblick ist Minister Šrámek
dazwischen getreten, er hat es auf
einmal für unmöglich erklärt, daß man zweierlei
Organisationsarten in der Pensionsversicherung ertrage. Man könne
nicht in Mähren das Personalitätsprinzip zur Grundlage
nehmen und in Böhmen das Territorialprinzip. Das könne
man nicht. Was zehn Jahre hindurch in der Èechoslovakei
bestand, was vordem im alten Österreich bestand, ohne daß
es Reibungen gegeben hätte, ohne daß die Angestellten
zu Schaden gekommen wären, ohne daß sich auch die Arbeitgeber
darüber aufgehalten hätten, um auch von diesen
zu reden, das ist auf einmal unter Monsignore Šrámek
unerträglich, ist unmöglich, es könne nur ein Prinzip
in der ganzen Èechoslovakei Grundlage der Organisation
der Pensionsversicherung sein und daß dann gerade die Grundlage
in den Vordergrund gestellt wird, die die ungünstigste
für die deutschen Angestellten ist, nun, das hängt wahrscheinlich
mit der christlichen Einsicht des jetzigen Fürsorgeministers
zusammen. (Posl. Hackenberg: Im alten Österreich sind
sie alle miteinander für die Sektionierung eingetreten!)
Der Herr Minister Šrámek war auch Mitglied
des österreichischen Reichsrates, er hat sich damals im Kurienparlament
in Gemeinschaft mit anderen èechischen Abgeordneten ganz
entschieden dagegen verwahrt, (Posl. Hackenberg:
Sogar bei der Sozialversicherung im österreichischen Reichsrat
ist er für die nationale Sektionierung eingetreten!) er
hat sich mit andern èechischen Abgeordneten des Parlamentes
mit aller Schärfe dafür eingesetzt, daß nicht
eine starre Zentralisation beobachtet wird bei der Pensionsversicherung,
daß nationalgegliederte Landesstellen errichtet werden.
Und nachdem wir in Mähren den èechisch-deutschen
Ausgleich erhalten haben, war es ganz natürlich, daß
das Personalitätsprinzip auch zur Grundlage der Organisation
der Pensionsversicherung genommen wurde. In Böhmen sind andere
Verhältnisse. Aber was soviele Jahrzehnte bestanden hat,
woran man sich in der Èechoslovakei gewöhnt
hat, woran niemand Anstoß genommen hat und aus verwaltungstechnischen
Gründen niemand Anstoß nehmen konnte, erklärt
auf einmal der Herr Minister Šrámek
als unmöglich, als undenkbar, daß man zweierlei Formen
in der Pensionsversicherung dulden könne. Und die deutschen
Regierungsparteien, die da von ihren Rednern auf großen
Versammlungen erzählen lassen, daß sie nicht mehr leidende
Objekte sind, sondern daß sie jetzt mitbestimmen, daß
sie mit an der Macht seien, die lassen sich ruhig ein solches
Vorgehen bieten. (Posl. Hackenberg: Sie werden in Mitleidenschaft
gezogen werden!) Sie werden auch politisch in Mitleidenschaft
gezogen, sie werden auch politisch die Antwort auf die Verleugnung
der Hauptforderungen der deutschen Angestellten bekommen. Eine
kleine Anzahlung darauf ist ihnen schon am 2. Dezember gegeben,
worden, und dem übrigen Teil werden sie auf die Dauer nicht
entgehen können. Die Angestellten haben jetzt wieder einmal
gesehen, daß das richtig ist, was ihnen durch ihre Organisationen
oft und oft gesagt wurde: wenn es sich um sozialpolitische, wenn
es sich um wirtschaftliche Angelegenheiten handelt, wenn es sich
darum handelt, ihren Bedürfnissen zu entsprechen, so treten
ihnen jene Parteien, die so gerne, wenn sie von Angestellten sprechen,
von einem neuen Mittelstand reden, genau so entgegen, wie der
Arbeiterklasse. Sie können aus der jetzigen Vorlage und aus
der Art, wie sie zustande gekommen ist, sehr gut wahrnehmen, daß
sie in der jetzigen Koalition keine volle Berücksichtigung
ihrer wichtigsten Forderungen erwarten dürfen. Was da versäumt
worden ist, das wird den Angestellten in Erinnerung bleiben es
wird ihnen die jetzige Pensionsversicherung zeigen, daß
auch sie nicht anders behandelt werden, wie die Arbeiter, auch
sie kommen unter die Vormundschaft der staatlichen Bürokratie,
auch sie werden behandelt, als ob sie Bürger zweiten Grades
wären, und sie werden einsehen, daß sie nur durch selbstbewußtes
Auftreten, durch Kampf und aus eigener Kraft sich aus dieser Vormundschaft,
die man ihnen jetzt im Pensionsversicherungsgesetz schmiedet,
befreien können. Das ist die Lehre, die die Privatangestellten
aus der Behandlung der Reform der Pensionsversicherung durch den
Bürgerblock und seine Regierung ziehen müssen. (Souhlas
a potlesk poslancù nìm. soc. dem.
strany dìlnické.)
Meine Herren! Ich habe bei Beginn der Beratungen
des sozialpolitischen Ausschusses erklärt, daß wir
uns die berechtigten Forderungen der Privatbeamtenschaft zu eigen
machen, und daß wir bedauern, daß der Regierungsentwurf
gegenüber dem Kommissionsentwurf eine bedeutende Verschlechterung
aufweist. Ich habe auch gleichzeitig erklärt, daß es
möglich sein muß, in sachlicher Beratung die großen
Härten des Regierungsentwurfes zu beseitigen. Grundsätzlich
kann gesagt werden: alles, was wir erstrebt haben, ist nicht gelungen.
Es blieben Wünsche offen und es wurden manche Wünsche
nur teilweise erfüllt, so hinsichtlich der Versicherungspflicht,
des Invaliditätsbegriffes, der Landesstellen, des Staatsbeitrages,
des Heilfondes usw. Aber immerhin stellt nach unserer Auffassung
das vorliegende Gesetz einen Fortschritt zugunsten der Privatangestellten
dar. Hunderte älterer Privatangestellten, die es bisher nicht
gewagt hätten, in Pension zu gehen, können etwas beruhigter
in die Zukunft blicken. Sie können früher oder später
mit einem Gefühle der Sicherheit dem Nachwuchs Platz machen.
Es muß zugegeben werden, daß die Leistungen, sagen
wir die wirtschaftlichen. Leistungen, gegenüber dem alten
Gesetze bedeutend verbessert wurden und auch ein Vergleich mit
dem Kommissionsentwurf zeigt auf, daß aus dem Kommissionsentwurf
fast alle Verbesserungen übernommen wurden, ja in einigen
Punkten auch ihm gegenüber Verbesserungen erzielt wurden.
Begrüßen müssen wir vor allem, daß die Streichung
des § 196, des Junktims mit der Krankenversicherung, erfolgt
1st, das, wie auch schon Vorredner betont haben, die Hauptursache
der bisherigen Verschleppung des Pensionsversicherungsgesetzes
gewesen ist. Nur durch die Streichung dieses Paragraphen war es
möglich, daß die Pensionsversicherung mit 1. Jänner
1929 in Kraft tritt.
Im Anfang des Pensionsversicherungsgesetzes
haben sich schon Schwierigkeiten hinsichtlich Titel und Versicherungspflicht
ergeben. Es war außerordentlich schwer für die Beteiligten,
hier Stellung zu nehmen, umso schwerer, als unter den Angestellten
selbst große Meinungsverschiedenheiten bestanden. Die einen
wollten die Fördermaschinisten, die Maschinenmeister, Kellner,
Chauffeure, Gärtner usw. hineinnehmen, die anderen wieder
forderten, daß der Beamtenstand als solcher möglichst
rein gehalten wird.
Wir haben aus Ostrau und aus anderen Gegenden
mehrere solche Briefe und Forderungen bekommen, daß man
diese oder jene Gruppe in das Pensionsversicherungsgesetz nicht
einbezogen wünsche. Für meine Person war mir klar, daß
man in dem Augenblicke, wo man im Gesetze beginnt, einzelne Berufe
aufzuzählen, in Schwierigkeiten kommen muß. Es hätte
meiner Ansicht nach vollständig genügt, auf das Dienstverhältnis
hinzuweisen. Freilich - das gestehe ich unumwunden zu - fehlt
hier die Vorbedingung, wie in Deutschland, wo man einen Berufskatalog
führt. Alle Wünsche und Anträge hinsichtlich dieses
ersten und zweiten Paragraphen zu berücksichtigen, hätte
schließlich geheißen, in der Sozialversicherung nur
die Taglöhner zu belassen.
Auf den ersten Blick erschien es unsozial,
daß die Koalition sich auf ein Alter von 16 Jahren festlegte.
Die Opposition forderte den Versicherungsbeginn mit 14 Jahren.
Nun, das hätte bestimmt in Beamtenkreisen nicht überall
Anklang gefunden, zumindestens nicht bei denen, die nicht in der
glücklichen Lage sind, mit 14 Jahren in eine Dienststelle
einzutreten, sondern die noch irgendeine Schule, eine Handelsschule,
eine Webschule usw. besuchen müssen und die infolgedessen
gegenüber den anderen um 2 Jahre Wartezeit verkürzt
gewesen wären. Es wäre auch sehr schön gewesen
und ich hätte es begrüßt, wenn bei § 13 die
Militärdienstzeit beispielsweise in der vierten Klasse eingerechnet
worden wäre. Aber wie in den meisten ähnlichen Fragen,
muß man auch in dieser Frage auch die anderen Stände
hören und schließlich und endlich haben doch auch die
Bauern und Gewerbetreibenden recht, wenn sie sagen: Wieso sollen
unsere Söhne dazu kommen, für die Militärdienstzeit,
zu der sie gezwungen sind, wie alle anderen, nichts als Entlohnung
zu erhalten. Wir haben innerhalb der Koalition dann doch durchgesetzt,
daß die Militärdienstzeit nur für die vorher nicht
Versicherten in der ersten, für alle übrigen in der
zweiten Klasse eingerechnet wird.
Die Auslegung des Invaliditätsbegriffes
ist - das gebe ich unumwunden zu - eine sehr heikle Frage. Es
war sehr schwer für uns hier etwas anderes zu erreichen als
im Gesetzestext festgelegt ist, schon mit Rücksicht darauf,
weil der sicherlich maßgebendste Fachmann im Pensionsversicherungsgesetz,
Prof. Schönbaum, sich dagegen stellte, weil dieser Paragraph
mit anderen gesetzlichen Bestimmungen zusammenhängt und er
wiederholt darauf hinwies, daß, wenn daran gerührt
werde, das ganze System zusammenfalle. Es handelt sich bei §
17 um eine Auslegung des Invaliditätsbegriffes, um eine rein
versicherungstechnische Frage, die umso heikler ist, weil sie
auch mit der Stellenlosenversicherung im engen Zusammenhange steht.
Die Sicherheit für die Invaliden ist nach meiner Meinung,
wenigstens teilweise, durch die Bestimmung gegeben, daß
der Ersatzberuf angemessen der praktischen und theoretischen Ausbildung
und der bisherigen Beschäftigung sein muß. Der Konstrukteur
des Gesetzes, Professor Schönbaum, warnte vor der Erweiterung,
denn die Reserve wäre sehr klein. Die Begründung der
Opposition, daß das alte Gesetz günstiger war, ist
nicht recht stichhältig, denn es bringt uns ziffernmäßig
keine Grundlagen. (Posl. Klein: So?) Sie werden zugeben,
Herr Koll. Klein, daß wir Pensionisten in Privatangestelltenberufen
bis jetzt sehr wenige gehabt haben, die Leute konnten infolge
der schlechten Unterlagen, die für sie bestanden, nicht in
Pension gehen. Auf solche Ziffern kann man keine versicherungsmathematischen
Grundlagen aufbauen. Wir als Nichtfachleute müssen uns wohl
oder übel in diesen Dingen den Fachleuten anpassen. (Posl.
Klein: Auf einmal Fachleute! - Posl. Taub: Also Sie sind
mit dem § 17 einverstanden?) Nein, nicht, aber
unter den gegebenen Verhältnissen läßt sich nichts
anderes erreichen. (Posl. Taub: Wo ist Ihre Opposition?) Dort,
wo sie am Platze ist, wurde sie gemacht.
Beim § 27 haben wir uns freilich etwas
den Unmut gewisser Parteien zugezogen. Es galt, die schuldlos
getrennte Ehegattin zu schützen. Die Haltung unserer Partei
in dieser Frage brauche ich wohl nicht erst näher zu erklären,
Sie werden begreifen, uns steht die Gattin näher als die
sogenannte Lebensgefährtin. Was die Staatsaufsicht betrifft,
so möchte auch ich die Staatsaufsicht etwas mehr eingeschränkt
sehen. Der Staat trägt auch zu wenig zur Pensionsversicherung
bei. Das Ministerium für soziale Fürsorge hat schließlich
genug anderes zu tun, womit es scheinbar nicht fertig wird und
es gehört ein gewisser Mut dazu, sich mit dieser Staatsaufsicht
noch neue Arbeit aufzuladen. Die Zukunft wird ja lehren, inwieweit
ich recht habe oder nicht.
Was die Ernennungen betrifft, so hat der Herr
Abg. Schäfer die Sache in seiner Rede so dargestellt,
als ob wir deutschen Regierungsparteien darauf hingewiesen hätten,
die Ernennungen werden ja nicht nur für die jetzige Regierung
gemacht, sondern auch für eine spätere, die eventuell
anders sein kann, und die spätere Regierung kann dann daraus
Vorteil ziehen. Eine solche Erklärung ist von unserer Seite
niemals erfolgt, sie kann höchstens seitens der èechischen
Koalition erfolgt sein. Wir haben für
die nächste Koalition nichts vorzuarbeiten, für uns
ist das Gesetz maßgebend und die Bedürfnisse der Privatangestellten.
Aber ganz richtig ist der Standpunkt der Opposition nicht, der
im Ausschuß betont wurde, daß nur die Wahlen die richtigen
Leute in die Pensionsversicherung und in die Leitung derselben
zu bringen vermögen. Es ist kein Geheimnis, daß Wahlen
auch dort, wo sie unpolitisch sein sollen, auch bei der Pensionsversicherung,
immer wieder auf dem Parteienverhältnis aufgebaut werden
und daß man in erster Linie trachten wird - wir haben in
der Sozialversicherung die Beispiele zu hunderten, ich brauche
sie nicht erst anzuführen, in der Krankenversicherung usw.
eine Parteiliste aufzustellen und tüchtige Parteileute hineinzubringen,
wo die Qualifikation als Fachmann erst in zweiter Linie maßgebend
ist. (Posl. Schmerda: Also sind Sie für die Ernennungen?)
Wir sind dafür, daß gewählt wird, wir haben
aber nichts dagegen, wenn Fachmänner ernannt werden, das
sage ich ganz offen, in einem solchen Ausmaß, daß
sie das Wahlergebnis nicht zu beeinflussen vermögen, wie
es auch hier tatsächlich der Fall ist. (Posl. Schmerda:
Wie bei den Landes- und Bezirkswahlen!) Aber, Herr Koll. Schmerda,
wo war Ihre Opposition bei der Sozialversicherung? Auch in der
Sozialversicherung gibt es ernannte Fachleute, warum soll das
auf einmal dort demokratisch und hier undemokratisch sein? Das
verstehe ich nicht! (Výkøiky.)
Nun noch zu den Landesstellen. Es hat vor hin
einer der Herren Redner, der Herr Abg. Schäfer, geruht,
uns des Betruges zu bezichtigen. Ich weise diesen Vorwurf, der
nicht gerade sehr kollegial ist, zurück. Betrug haben wir
keinen beabsichtigt, sondern wir haben bisher mit ganz offenen
und ehrlichen Mitteln gekämpft und werden es auch in Hinkunft
tun, auch in der Frage der Landes stellen. Wie war die Sache eigentlich?
Wurde eine Unwahrheit gesprochen, als die christlichsoziale Partei
und vornehmlich ich schrieb und in Versammlungen berichtete,
daß die Landesstellen erhalten bleiben? Die Abmachungen
in der politisch en Osmièka waren so, daß es für
uns ganz klar war, daß die deutschen Landesstellen erhalten
bleiben. Wenn es nicht so richtig ist, so wünsche ich, daß
ich noch von einem Mitglied der èechischen
Koalitionsparteien widerlegt werde. Die Abmachungen waren ganz
klar und verbindlich. Erst im letzten Augenblick kam das Ministerium,
bezw. Herr Minister Šrámek, der darauf
hinwies, daß er in der politischen Osmièka
nicht dabei war und forderte, daß die Landesstellen nicht
erhalten bleiben, sondern daß mit der Unifizierung vorgegangen
werde. (Posl. Schmerda: Dann seid ihr eingeseift worden!) Es
handelt sich auch hier um kein Einseifen, sondern es ist ein Kampf
der Meinungen. Minister Šrámek hat die Forderung
aufgestellt und selbstverständlich konnten wir, die wir es
sozusagen schwarz auf weiß hatten, daß die deutschen
Landesstellen erhalten bleiben, dieser Forderung nicht nachgeben
und ihr nicht zustimmen. Es kam infolgedessen zu neuerlichen Verhandlungen,
und zu der bekannten Unterbrechung der Sitzung des sozialpolitischen
Ausschusses. Ohne Zweifel hat es die Opposition sehr leicht. Auch
wir sind für die Aufrechterhaltung des reinen Status quo.
Ich will unsere Parteien nicht besonders herausstreichen, auch
die Vertreter des Bundes der Landwirte und der Gewerbepartei haben
hier ihre Pflicht vollständig erfüllt. Wir haben gekämpft.
Es wäre zwecklos, hier im Hause, wo das Reden doch nur mehr
agitatorischen Wert hat, zu wiederholen, was im politischen Achterausschuß,
der einzig maßgebenden Stelle, gesagt wurde. Es würde
mir seitens meiner èechischen Koalitionsgenossen
das zweitemal das Zeugnis des bösen Mannes
eintragen, der scharf, aber nicht unehrlich und betrügerisch
seiner Meinung Ausdruck gab. Es ist kein Geheimnis, daß
das Ministerium für soziale Fürsorge die Unifizierung
auf allen Gebieten anstrebt und diesen Standpunkt auch hartnäckig
vertritt, auch heute noch.
Es bedurfte zäher Arbeit, um die Herren
von diesem Standpunkt abzubringen. Schöne Proteste in der
Opposition hätten uns hier nichts geholfen. Daß wir
es ernst meinten, zeigte seinerzeit die Ministerdemission, aber
auch dann wurde immer noch versucht, uns die Landesstellen völlig
zu nehmen, u. zw. auf dem Wege der Sektionierung. Erst im letzten
Augenblick gelang es wieder, die Landesstellen zu sichern. Und
nun möge die Opposition sagen, was sie will. Die Landesstellen
bestehen und es ist einzig und allem der Erfolg der Regierungsdeutschen,
nicht vielleicht der Opposition, wenn in Böhmen die Landesstellen
bestehen, wie sie sind, und in Mähren die Landesstelle erhalten
bleibt, freilich mit der Einschränkung, daß im Verordnungswege
die Gebietseinteilung für Mähren-Schlesien geregelt
wird. Auch darüber ist ja noch nicht das letzte Wort gesprochen.
Im Motivenbericht steht zwar, daß die Einteilung nach politischen
Bezirken erfolgt, es ist aber darüber noch nicht das letzte
Wort gesprochen und augenblicklich schweben noch die Verhandlungen
darüber, denn unsere Abmachungen und das erkläre ich
ganz offen - aus dem politischen Achterausschuß lauten anders
und nicht für die Einteilung nach politischen Bezirken. Die
deutschen Minister und damit die deutschen Regierungsparteien
haben auch hier mitzureden. Die Opposition will der Öffentlichkeit
glauben machen, daß erstens die deutsche Landesstelle in
Brünn in absehbarer Zeit fällt und daß es zweitens
hätte anders gemacht werden sollen. Nun, erstens ist es nicht
richtig, ich sagte es schon, die Landesstelle Brünn ist nicht
gefallen und braucht auch in absehbarer Zeit nicht zu fallen,
und zweitens, anders machen! Nun, machen Sie es anders, wenn Sie
es anders zu machen vermögen! Wie wollen Sie denn Koalitionspolitik
betreiben? Wir haben von den deutschen Sozialdemokraten in Deutschland
gelernt, die die Wahlen erzwungen haben, weil der Panzerkreuzer
gebaut werden sollte. Wie sie aber dann in der Regierung saßen,
mußten sie doch mitstimmen und so den Panzerkreuzer miterbauen
helfen. (Výkøiky posl. Tauba.) Koalitionspolitik,
verehrter Herr Koll. Taub, wie die gemacht werden muß,
wissen Sie ganz genau. Wir haben uns ja wiederholt darüber
ausgesprochen, nur können Sie das in der Öffentlichkeit
nicht zugeben und müssen es anders sagen. Das ist ja ganz
selbstverständlich. In der Koalition kann man nicht mit dem
Schädel durch die Wand rennen, man kann nicht alle seine
Wünsche durchsetzen, man muß immer wieder den
Anschauungen anderer Rechnung tragen. Das ist in der Èechoslovakei
ebenso wie in Österreich und in Deutschland, wo die Sozialdemokraten
das maßgebendste Wort in der Regierung mitzusprechen haben.
Lesen Sie doch Ihre eigenen Blätter. Im Leitartikel
des Aussiger "Volksrecht" ist unsere Politik so glänzend
verteidigt, wie es in unserem eigenen christlichsozialen Organ
besser nie geschehen kann. Es wäre sehr schön gewesen,
die deutschen Landesstellen so zu erhalten, wie es die Opposition
wollte. Wir wollten es auch und mußten Stück um Stück
darum kämpfen, während Sie in der Opposition es leicht
hatten, darauf loszuschlagen. Ich gönne Ihnen diese Freude
und gönne Ihnen auch den Erfolg. Wir wissen, daß die
einsichtigen Privatangestellten sehr wohl unsere Arbeit zu schätzen
wissen. (Potlesk.) Wollten Sie vielleicht, daß die
Gesetzwerdung hinausgeschoben wird, daß die Angestellten
weitere fünf oder zehn Jahre auf die Pensionsversicherung
warten sollten? (Rùzné
výkøiky.) Die Sozialdemokraten
sagen doch bei jeder Gelegenheit, daß die wirtschaftlichen
Vorteile für den einzelnen das Wichtigste sind und daß
erst, wenn der Mensch zu leben hat, er auch national sein kann.
Hier ist auf einmal der Standpunkt ein anderer? Es ist doch ganz
merkwürdig, daß die Herren Sozialdemokraten
gerade hier die nationale Seite hervorkehren. Die deutschen Sozialdemokraten
stehen mit der èechischen Sozialdemokratie
nicht bloß politisch, sondern auch national in engster Verbindung
und ich verstehe nicht, warum sie sich gerade hier bei den Landesstellen
auf den nationalen Standpunkt versteifen. Das finde ich sehr merkwürdig.
Ich bedauere, daß ich von dieser Stelle aus so sprechen
muß, aber die Zeit ist vorüber, wo wir zu der Art Ihrer
Kampfesweise ruhig gewesen sind. Gewisse Zeitungen sind voll davon
und können sich nicht genug daran tun, vom Kampfe für
die Pensionversicherung zu reden. Du lieber Gott, vom Kampf? Wo
doch heute jedes Kind weiß, daß der Kampf der Opposition
ein Kampf mit Papierprotesten ist, nur geeignet, höchstens
die Gegensätze zu verschärfen, ein Kampf, der nur selten
das gewünschte Resultat bringt, besonders dann nicht, wenn
keine aktivistischen Parteien da wären, die sich diese Forderungen
zu eigen machen und die in zäh em Verhandeln für die
anderen die Kastanien aus dem Feuer holen müssen.
Das vorliegende Gesetz ist gewiß nicht
ein Ideal, aber es ist ein gewaltiger Schritt nach vorwärts
auf dem Wege der sozialen Gesetzgebung und bedeutet für die
Privatangestellten ganz sicher eine wohltuende Weihnachtsgabe,
wenn auch damit nicht alle ihre Wünsche in Erfüllung
gehen. Jeder von uns hat schließlich seine Weihnachtswünsche,
keiner aber wird ganz erfüllt. Wir müssen, wie in der
Familie, so auch hier, immer wieder auf die anderen Familienmitglieder,
auf die Mitglieder der anderen Stände Rücksicht nehmen
und uns nach der Decke strecken.
Wir stimmen für das Gesetz und verantworten
vor der Öffentlichkeit sehr gerne unser Tun. (Souhlas
a potlesk poslancù nìm. strany køes.
sociální.)