Støeda 19. prosince 1928

Nun sagt man, wir sind in der Regierung, die deutschen Parteien werden dort dafür sorgen können, daß nichts gegen die Deutschen geschieht. Es hat dieser Tage Minister Spina ausdrücklich zur Beruhigung der deutschen Bevölkerung in Bezug auf ihre Zukunft gesagt, durch den entscheidenden Schritt, den sie im Oktober 1926 getan haben, als sie in die Regierung eingetreten sind, seien wir aus bisher leidenden Objekten mitbestimmende, tätige Subjekte geworden. Ich frage einmal: Wo zeigt sich denn das jetzt, bei dieser einfachen Sache der deutschen Landesstellen in der Pensionsversicherung, wo zeigt sich da, daß wir in der Regierung auch deutscherseits tätige Subjekte haben, wenn sie nicht einmal in dieser Frage imstande gewesen sind, einen Erfolg davonzutragen? Es ist gesagt worden: "Wir können nicht weiter gehen, wir müssen uns damit abfinden". Wenn man es auch nicht eingestehen will, so zeigt doch das ganze Verhalten, daß die deutschen Regierungsparteien auch das schlucken, wie sie alles bisher hingenommen haben. Sie werden es in der Öffentlichkeit zu drehen versuchen, behaupten, daß darin ein Erfolg liege, daß sie auf die Regierungsverordnung Einfluß nehmen könnten. Ich weiß nicht, ob es zutrifft, aber es soll bei den letzten Verhandlungen über die deutschen Landesstellen gesagt worden sein: Wenn ihr Deutsche uns Schwierigkeiten bereitet, wird man sich eben eine andere Mehrheit suchen. Und davor, daß nämlich eine der drei deutschen Regierungsparteien in einen Konflikt mit den èechischen Koalitionsgenossen komme, davor haben sie eine heillose Scheu. Um Himmelswillen, nur das nicht. Namentlich den Christlichsozialen braucht man nur mit einem Wink zu drohen, daß die Herrlichkeit von heute in Brüche gehen könnte, dann schlucken sie alles, dann nehmen sie jeden Schlag entgegen, dann finden sie sich ab mit der ärgsten Schädigung der Positionen der deutschen Bevölkerung in der Èechoslovakei. Weil es eine sehr wichtige Frage ist, haben wir uns im sozialpolitischen A usschuß eingehend mit dieser Sache beschäftigt und beantragen nun dem Hause ei ne bestimmte Fassung des § 84, eine solche Fassung, die keinen Zweifel darüber läßt, daß die deutschen Landesstellen in ihrem bisherigen Umfang bestehen bleiben; denn die jetzige Bestimmung ist nichts anderes als der Anfang der Beseitigung der deutschen Landesstellen. Die deutsche Landesstelle in Brünn wird in absehbarer Zeit als nicht mehr notwendig bezeichnet wer den, das ist ja auch hier ausgeführt worden. Haben wir es einmal nur mit einer deutschen Landesstelle zu tun, so wird man tausend Gründe dafür finden, auch mit dieser aufzuräumen. Ich sage ganz offen: Wenn die deutschen Regierungsparteien in der Koalition nicht anders Interessen und Bedürfnisse der deutschen Bevölkerung, der deutschen Angestellten vertreten können, so ist das ein überaus trauriger Zustand, der die schärfste Brandmarkung verdient. Ich gebe zu, auch in einer allnationalen Koalition kann der Abbau einer solchen Einrichtung eintrete. Aber meine Herren, zustimme darf ich doch nicht, daß der deutschen Angestelltenschaft solche Schläge versetzt werden, ich darf mich nicht selber ohrfeigen, ich darf mich nicht selber um Rechte und Einrichtungen bringen, die jahrzehntelang existieren, eingelebt sind und sich gut bewährt haben, das darf ich nicht tun. Ich darf nicht, um in der Regierung zu bleiben, derartig wichtige Forderungen und wichtige Interessen einfach mit Füssen treten.

Wenn wir die ganze Vorlage betrachten, so merke wir, daß in der Pensionsversicherung abermals ein unsozialer Geist zu konstatieren ist. Wir erleben, was wir von dem jetzigen Fürsorgeministerium schon gewöhnt sind und ich brauche es nicht erst weiter zu erörtern, daß vor allem der jetzige Leiter des Ministeriums für soziale Fürsorge, Monsignore Šrámek, der Stellvertreter des Herrn Ministerpräsidenten, derjenige ist, der sich gegen jede weit ausgreifende Verbesserung irgendeines sozialpolitischen Gesetzes stellt, der vor allem die Triebfeder gewesen ist, daß man im Ministerium für soziale Fürsorge, in der Regierung und in der "Osmièka" die notwendigen und wichtigen Anregungen der Vorschlagskommission einfach in den Wind geschlagen hat. Es ist auch bekannt, daß in der Frage der Erhaltung der deutschen Landesstellen ein, befriedigender Ausgleich gefunden worden wäre, daß es innerhalb der èechischen Koalitionsparteien durchaus keine einmütige starre Ablehnung gegeben hat, wir wissen, daß man geneigt war, dem Rechnung zu tragen, was die deutschen Angestellten forderten, aber im letzten Augenblick ist Minister Šrámek dazwischen getreten, er hat es auf einmal für unmöglich erklärt, daß man zweierlei Organisationsarten in der Pensionsversicherung ertrage. Man könne nicht in Mähren das Personalitätsprinzip zur Grundlage nehmen und in Böhmen das Territorialprinzip. Das könne man nicht. Was zehn Jahre hindurch in der Èechoslovakei bestand, was vordem im alten Österreich bestand, ohne daß es Reibungen gegeben hätte, ohne daß die Angestellten zu Schaden gekommen wären, ohne daß sich auch die Arbeitgeber darüber aufgehalten hätten, um auch von diesen zu reden, das ist auf einmal unter Monsignore Šrámek unerträglich, ist unmöglich, es könne nur ein Prinzip in der ganzen Èechoslovakei Grundlage der Organisation der Pensionsversicherung sein und daß dann gerade die Grundlage in den Vordergrund gestellt wird, die die ungünstigste für die deutschen Angestellten ist, nun, das hängt wahrscheinlich mit der christlichen Einsicht des jetzigen Fürsorgeministers zusammen. (Posl. Hackenberg: Im alten Österreich sind sie alle miteinander für die Sektionierung eingetreten!) Der Herr Minister Šrámek war auch Mitglied des österreichischen Reichsrates, er hat sich damals im Kurienparlament in Gemeinschaft mit anderen èechischen Abgeordneten ganz entschieden dagegen verwahrt, (Posl. Hackenberg: Sogar bei der Sozialversicherung im österreichischen Reichsrat ist er für die nationale Sektionierung eingetreten!) er hat sich mit andern èechischen Abgeordneten des Parlamentes mit aller Schärfe dafür eingesetzt, daß nicht eine starre Zentralisation beobachtet wird bei der Pensionsversicherung, daß nationalgegliederte Landesstellen errichtet werden. Und nachdem wir in Mähren den èechisch-deutschen Ausgleich erhalten haben, war es ganz natürlich, daß das Personalitätsprinzip auch zur Grundlage der Organisation der Pensionsversicherung genommen wurde. In Böhmen sind andere Verhältnisse. Aber was soviele Jahrzehnte bestanden hat, woran man sich in der Èechoslovakei gewöhnt hat, woran niemand Anstoß genommen hat und aus verwaltungstechnischen Gründen niemand Anstoß nehmen konnte, erklärt auf einmal der Herr Minister Šrámek als unmöglich, als undenkbar, daß man zweierlei Formen in der Pensionsversicherung dulden könne. Und die deutschen Regierungsparteien, die da von ihren Rednern auf großen Versammlungen erzählen lassen, daß sie nicht mehr leidende Objekte sind, sondern daß sie jetzt mitbestimmen, daß sie mit an der Macht seien, die lassen sich ruhig ein solches Vorgehen bieten. (Posl. Hackenberg: Sie werden in Mitleidenschaft gezogen werden!) Sie werden auch politisch in Mitleidenschaft gezogen, sie werden auch politisch die Antwort auf die Verleugnung der Hauptforderungen der deutschen Angestellten bekommen. Eine kleine Anzahlung darauf ist ihnen schon am 2. Dezember gegeben, worden, und dem übrigen Teil werden sie auf die Dauer nicht entgehen können. Die Angestellten haben jetzt wieder einmal gesehen, daß das richtig ist, was ihnen durch ihre Organisationen oft und oft gesagt wurde: wenn es sich um sozialpolitische, wenn es sich um wirtschaftliche Angelegenheiten handelt, wenn es sich darum handelt, ihren Bedürfnissen zu entsprechen, so treten ihnen jene Parteien, die so gerne, wenn sie von Angestellten sprechen, von einem neuen Mittelstand reden, genau so entgegen, wie der Arbeiterklasse. Sie können aus der jetzigen Vorlage und aus der Art, wie sie zustande gekommen ist, sehr gut wahrnehmen, daß sie in der jetzigen Koalition keine volle Berücksichtigung ihrer wichtigsten Forderungen erwarten dürfen. Was da versäumt worden ist, das wird den Angestellten in Erinnerung bleiben es wird ihnen die jetzige Pensionsversicherung zeigen, daß auch sie nicht anders behandelt werden, wie die Arbeiter, auch sie kommen unter die Vormundschaft der staatlichen Bürokratie, auch sie werden behandelt, als ob sie Bürger zweiten Grades wären, und sie werden einsehen, daß sie nur durch selbstbewußtes Auftreten, durch Kampf und aus eigener Kraft sich aus dieser Vormundschaft, die man ihnen jetzt im Pensionsversicherungsgesetz schmiedet, befreien können. Das ist die Lehre, die die Privatangestellten aus der Behandlung der Reform der Pensionsversicherung durch den Bürgerblock und seine Regierung ziehen müssen. (Souhlas a potlesk poslancù nìm. soc. dem. strany dìlnické.)

2. Øeè posl. Bartela (viz str. 30 tìsnopisecké zprávy):

Meine Herren! Ich habe bei Beginn der Beratungen des sozialpolitischen Ausschusses erklärt, daß wir uns die berechtigten Forderungen der Privatbeamtenschaft zu eigen machen, und daß wir bedauern, daß der Regierungsentwurf gegenüber dem Kommissionsentwurf eine bedeutende Verschlechterung aufweist. Ich habe auch gleichzeitig erklärt, daß es möglich sein muß, in sachlicher Beratung die großen Härten des Regierungsentwurfes zu beseitigen. Grundsätzlich kann gesagt werden: alles, was wir erstrebt haben, ist nicht gelungen. Es blieben Wünsche offen und es wurden manche Wünsche nur teilweise erfüllt, so hinsichtlich der Versicherungspflicht, des Invaliditätsbegriffes, der Landesstellen, des Staatsbeitrages, des Heilfondes usw. Aber immerhin stellt nach unserer Auffassung das vorliegende Gesetz einen Fortschritt zugunsten der Privatangestellten dar. Hunderte älterer Privatangestellten, die es bisher nicht gewagt hätten, in Pension zu gehen, können etwas beruhigter in die Zukunft blicken. Sie können früher oder später mit einem Gefühle der Sicherheit dem Nachwuchs Platz machen. Es muß zugegeben werden, daß die Leistungen, sagen wir die wirtschaftlichen. Leistungen, gegenüber dem alten Gesetze bedeutend verbessert wurden und auch ein Vergleich mit dem Kommissionsentwurf zeigt auf, daß aus dem Kommissionsentwurf fast alle Verbesserungen übernommen wurden, ja in einigen Punkten auch ihm gegenüber Verbesserungen erzielt wurden. Begrüßen müssen wir vor allem, daß die Streichung des § 196, des Junktims mit der Krankenversicherung, erfolgt 1st, das, wie auch schon Vorredner betont haben, die Hauptursache der bisherigen Verschleppung des Pensionsversicherungsgesetzes gewesen ist. Nur durch die Streichung dieses Paragraphen war es möglich, daß die Pensionsversicherung mit 1. Jänner 1929 in Kraft tritt.

Im Anfang des Pensionsversicherungsgesetzes haben sich schon Schwierigkeiten hinsichtlich Titel und Versicherungspflicht ergeben. Es war außerordentlich schwer für die Beteiligten, hier Stellung zu nehmen, umso schwerer, als unter den Angestellten selbst große Meinungsverschiedenheiten bestanden. Die einen wollten die Fördermaschinisten, die Maschinenmeister, Kellner, Chauffeure, Gärtner usw. hineinnehmen, die anderen wieder forderten, daß der Beamtenstand als solcher möglichst rein gehalten wird.

Wir haben aus Ostrau und aus anderen Gegenden mehrere solche Briefe und Forderungen bekommen, daß man diese oder jene Gruppe in das Pensionsversicherungsgesetz nicht einbezogen wünsche. Für meine Person war mir klar, daß man in dem Augenblicke, wo man im Gesetze beginnt, einzelne Berufe aufzuzählen, in Schwierigkeiten kommen muß. Es hätte meiner Ansicht nach vollständig genügt, auf das Dienstverhältnis hinzuweisen. Freilich - das gestehe ich unumwunden zu - fehlt hier die Vorbedingung, wie in Deutschland, wo man einen Berufskatalog führt. Alle Wünsche und Anträge hinsichtlich dieses ersten und zweiten Paragraphen zu berücksichtigen, hätte schließlich geheißen, in der Sozialversicherung nur die Taglöhner zu belassen.

Auf den ersten Blick erschien es unsozial, daß die Koalition sich auf ein Alter von 16 Jahren festlegte. Die Opposition forderte den Versicherungsbeginn mit 14 Jahren. Nun, das hätte bestimmt in Beamtenkreisen nicht überall Anklang gefunden, zumindestens nicht bei denen, die nicht in der glücklichen Lage sind, mit 14 Jahren in eine Dienststelle einzutreten, sondern die noch irgendeine Schule, eine Handelsschule, eine Webschule usw. besuchen müssen und die infolgedessen gegenüber den anderen um 2 Jahre Wartezeit verkürzt gewesen wären. Es wäre auch sehr schön gewesen und ich hätte es begrüßt, wenn bei § 13 die Militärdienstzeit beispielsweise in der vierten Klasse eingerechnet worden wäre. Aber wie in den meisten ähnlichen Fragen, muß man auch in dieser Frage auch die anderen Stände hören und schließlich und endlich haben doch auch die Bauern und Gewerbetreibenden recht, wenn sie sagen: Wieso sollen unsere Söhne dazu kommen, für die Militärdienstzeit, zu der sie gezwungen sind, wie alle anderen, nichts als Entlohnung zu erhalten. Wir haben innerhalb der Koalition dann doch durchgesetzt, daß die Militärdienstzeit nur für die vorher nicht Versicherten in der ersten, für alle übrigen in der zweiten Klasse eingerechnet wird.

Die Auslegung des Invaliditätsbegriffes ist - das gebe ich unumwunden zu - eine sehr heikle Frage. Es war sehr schwer für uns hier etwas anderes zu erreichen als im Gesetzestext festgelegt ist, schon mit Rücksicht darauf, weil der sicherlich maßgebendste Fachmann im Pensionsversicherungsgesetz, Prof. Schönbaum, sich dagegen stellte, weil dieser Paragraph mit anderen gesetzlichen Bestimmungen zusammenhängt und er wiederholt darauf hinwies, daß, wenn daran gerührt werde, das ganze System zusammenfalle. Es handelt sich bei § 17 um eine Auslegung des Invaliditätsbegriffes, um eine rein versicherungstechnische Frage, die umso heikler ist, weil sie auch mit der Stellenlosenversicherung im engen Zusammenhange steht. Die Sicherheit für die Invaliden ist nach meiner Meinung, wenigstens teilweise, durch die Bestimmung gegeben, daß der Ersatzberuf angemessen der praktischen und theoretischen Ausbildung und der bisherigen Beschäftigung sein muß. Der Konstrukteur des Gesetzes, Professor Schönbaum, warnte vor der Erweiterung, denn die Reserve wäre sehr klein. Die Begründung der Opposition, daß das alte Gesetz günstiger war, ist nicht recht stichhältig, denn es bringt uns ziffernmäßig keine Grundlagen. (Posl. Klein: So?) Sie werden zugeben, Herr Koll. Klein, daß wir Pensionisten in Privatangestelltenberufen bis jetzt sehr wenige gehabt haben, die Leute konnten infolge der schlechten Unterlagen, die für sie bestanden, nicht in Pension gehen. Auf solche Ziffern kann man keine versicherungsmathematischen Grundlagen aufbauen. Wir als Nichtfachleute müssen uns wohl oder übel in diesen Dingen den Fachleuten anpassen. (Posl. Klein: Auf einmal Fachleute! - Posl. Taub: Also Sie sind mit dem § 17 einverstanden?) Nein, nicht, aber unter den gegebenen Verhältnissen läßt sich nichts anderes erreichen. (Posl. Taub: Wo ist Ihre Opposition?) Dort, wo sie am Platze ist, wurde sie gemacht.

Beim § 27 haben wir uns freilich etwas den Unmut gewisser Parteien zugezogen. Es galt, die schuldlos getrennte Ehegattin zu schützen. Die Haltung unserer Partei in dieser Frage brauche ich wohl nicht erst näher zu erklären, Sie werden begreifen, uns steht die Gattin näher als die sogenannte Lebensgefährtin. Was die Staatsaufsicht betrifft, so möchte auch ich die Staatsaufsicht etwas mehr eingeschränkt sehen. Der Staat trägt auch zu wenig zur Pensionsversicherung bei. Das Ministerium für soziale Fürsorge hat schließlich genug anderes zu tun, womit es scheinbar nicht fertig wird und es gehört ein gewisser Mut dazu, sich mit dieser Staatsaufsicht noch neue Arbeit aufzuladen. Die Zukunft wird ja lehren, inwieweit ich recht habe oder nicht.

Was die Ernennungen betrifft, so hat der Herr Abg. Schäfer die Sache in seiner Rede so dargestellt, als ob wir deutschen Regierungsparteien darauf hingewiesen hätten, die Ernennungen werden ja nicht nur für die jetzige Regierung gemacht, sondern auch für eine spätere, die eventuell anders sein kann, und die spätere Regierung kann dann daraus Vorteil ziehen. Eine solche Erklärung ist von unserer Seite niemals erfolgt, sie kann höchstens seitens der èechischen Koalition erfolgt sein. Wir haben für die nächste Koalition nichts vorzuarbeiten, für uns ist das Gesetz maßgebend und die Bedürfnisse der Privatangestellten. Aber ganz richtig ist der Standpunkt der Opposition nicht, der im Ausschuß betont wurde, daß nur die Wahlen die richtigen Leute in die Pensionsversicherung und in die Leitung derselben zu bringen vermögen. Es ist kein Geheimnis, daß Wahlen auch dort, wo sie unpolitisch sein sollen, auch bei der Pensionsversicherung, immer wieder auf dem Parteienverhältnis aufgebaut werden und daß man in erster Linie trachten wird - wir haben in der Sozialversicherung die Beispiele zu hunderten, ich brauche sie nicht erst anzuführen, in der Krankenversicherung usw. eine Parteiliste aufzustellen und tüchtige Parteileute hineinzubringen, wo die Qualifikation als Fachmann erst in zweiter Linie maßgebend ist. (Posl. Schmerda: Also sind Sie für die Ernennungen?) Wir sind dafür, daß gewählt wird, wir haben aber nichts dagegen, wenn Fachmänner ernannt werden, das sage ich ganz offen, in einem solchen Ausmaß, daß sie das Wahlergebnis nicht zu beeinflussen vermögen, wie es auch hier tatsächlich der Fall ist. (Posl. Schmerda: Wie bei den Landes- und Bezirkswahlen!) Aber, Herr Koll. Schmerda, wo war Ihre Opposition bei der Sozialversicherung? Auch in der Sozialversicherung gibt es ernannte Fachleute, warum soll das auf einmal dort demokratisch und hier undemokratisch sein? Das verstehe ich nicht! (Výkøiky.)

Nun noch zu den Landesstellen. Es hat vor hin einer der Herren Redner, der Herr Abg. Schäfer, geruht, uns des Betruges zu bezichtigen. Ich weise diesen Vorwurf, der nicht gerade sehr kollegial ist, zurück. Betrug haben wir keinen beabsichtigt, sondern wir haben bisher mit ganz offenen und ehrlichen Mitteln gekämpft und werden es auch in Hinkunft tun, auch in der Frage der Landes stellen. Wie war die Sache eigentlich? Wurde eine Unwahrheit gesprochen, als die christlichsoziale Partei und vornehmlich ich schrieb und in Versammlungen berichtete, daß die Landesstellen erhalten bleiben? Die Abmachungen in der politisch en Osmièka waren so, daß es für uns ganz klar war, daß die deutschen Landesstellen erhalten bleiben. Wenn es nicht so richtig ist, so wünsche ich, daß ich noch von einem Mitglied der èechischen Koalitionsparteien widerlegt werde. Die Abmachungen waren ganz klar und verbindlich. Erst im letzten Augenblick kam das Ministerium, bezw. Herr Minister Šrámek, der darauf hinwies, daß er in der politischen Osmièka nicht dabei war und forderte, daß die Landesstellen nicht erhalten bleiben, sondern daß mit der Unifizierung vorgegangen werde. (Posl. Schmerda: Dann seid ihr eingeseift worden!) Es handelt sich auch hier um kein Einseifen, sondern es ist ein Kampf der Meinungen. Minister Šrámek hat die Forderung aufgestellt und selbstverständlich konnten wir, die wir es sozusagen schwarz auf weiß hatten, daß die deutschen Landesstellen erhalten bleiben, dieser Forderung nicht nachgeben und ihr nicht zustimmen. Es kam infolgedessen zu neuerlichen Verhandlungen, und zu der bekannten Unterbrechung der Sitzung des sozialpolitischen Ausschusses. Ohne Zweifel hat es die Opposition sehr leicht. Auch wir sind für die Aufrechterhaltung des reinen Status quo. Ich will unsere Parteien nicht besonders herausstreichen, auch die Vertreter des Bundes der Landwirte und der Gewerbepartei haben hier ihre Pflicht vollständig erfüllt. Wir haben gekämpft. Es wäre zwecklos, hier im Hause, wo das Reden doch nur mehr agitatorischen Wert hat, zu wiederholen, was im politischen Achterausschuß, der einzig maßgebenden Stelle, gesagt wurde. Es würde mir seitens meiner èechischen Koalitionsgenossen das zweitemal das Zeugnis des bösen Mannes eintragen, der scharf, aber nicht unehrlich und betrügerisch seiner Meinung Ausdruck gab. Es ist kein Geheimnis, daß das Ministerium für soziale Fürsorge die Unifizierung auf allen Gebieten anstrebt und diesen Standpunkt auch hartnäckig vertritt, auch heute noch.

Es bedurfte zäher Arbeit, um die Herren von diesem Standpunkt abzubringen. Schöne Proteste in der Opposition hätten uns hier nichts geholfen. Daß wir es ernst meinten, zeigte seinerzeit die Ministerdemission, aber auch dann wurde immer noch versucht, uns die Landesstellen völlig zu nehmen, u. zw. auf dem Wege der Sektionierung. Erst im letzten Augenblick gelang es wieder, die Landesstellen zu sichern. Und nun möge die Opposition sagen, was sie will. Die Landesstellen bestehen und es ist einzig und allem der Erfolg der Regierungsdeutschen, nicht vielleicht der Opposition, wenn in Böhmen die Landesstellen bestehen, wie sie sind, und in Mähren die Landesstelle erhalten bleibt, freilich mit der Einschränkung, daß im Verordnungswege die Gebietseinteilung für Mähren-Schlesien geregelt wird. Auch darüber ist ja noch nicht das letzte Wort gesprochen. Im Motivenbericht steht zwar, daß die Einteilung nach politischen Bezirken erfolgt, es ist aber darüber noch nicht das letzte Wort gesprochen und augenblicklich schweben noch die Verhandlungen darüber, denn unsere Abmachungen und das erkläre ich ganz offen - aus dem politischen Achterausschuß lauten anders und nicht für die Einteilung nach politischen Bezirken. Die deutschen Minister und damit die deutschen Regierungsparteien haben auch hier mitzureden. Die Opposition will der Öffentlichkeit glauben machen, daß erstens die deutsche Landesstelle in Brünn in absehbarer Zeit fällt und daß es zweitens hätte anders gemacht werden sollen. Nun, erstens ist es nicht richtig, ich sagte es schon, die Landesstelle Brünn ist nicht gefallen und braucht auch in absehbarer Zeit nicht zu fallen, und zweitens, anders machen! Nun, machen Sie es anders, wenn Sie es anders zu machen vermögen! Wie wollen Sie denn Koalitionspolitik betreiben? Wir haben von den deutschen Sozialdemokraten in Deutschland gelernt, die die Wahlen erzwungen haben, weil der Panzerkreuzer gebaut werden sollte. Wie sie aber dann in der Regierung saßen, mußten sie doch mitstimmen und so den Panzerkreuzer miterbauen helfen. (Výkøiky posl. Tauba.) Koalitionspolitik, verehrter Herr Koll. Taub, wie die gemacht werden muß, wissen Sie ganz genau. Wir haben uns ja wiederholt darüber ausgesprochen, nur können Sie das in der Öffentlichkeit nicht zugeben und müssen es anders sagen. Das ist ja ganz selbstverständlich. In der Koalition kann man nicht mit dem Schädel durch die Wand rennen, man kann nicht alle seine Wünsche durchsetzen, man muß immer wieder den Anschauungen anderer Rechnung tragen. Das ist in der Èechoslovakei ebenso wie in Österreich und in Deutschland, wo die Sozialdemokraten das maßgebendste Wort in der Regierung mitzusprechen haben. Lesen Sie doch Ihre eigenen Blätter. Im Leitartikel des Aussiger "Volksrecht" ist unsere Politik so glänzend verteidigt, wie es in unserem eigenen christlichsozialen Organ besser nie geschehen kann. Es wäre sehr schön gewesen, die deutschen Landesstellen so zu erhalten, wie es die Opposition wollte. Wir wollten es auch und mußten Stück um Stück darum kämpfen, während Sie in der Opposition es leicht hatten, darauf loszuschlagen. Ich gönne Ihnen diese Freude und gönne Ihnen auch den Erfolg. Wir wissen, daß die einsichtigen Privatangestellten sehr wohl unsere Arbeit zu schätzen wissen. (Potlesk.) Wollten Sie vielleicht, daß die Gesetzwerdung hinausgeschoben wird, daß die Angestellten weitere fünf oder zehn Jahre auf die Pensionsversicherung warten sollten? (Rùzné výkøiky.) Die Sozialdemokraten sagen doch bei jeder Gelegenheit, daß die wirtschaftlichen Vorteile für den einzelnen das Wichtigste sind und daß erst, wenn der Mensch zu leben hat, er auch national sein kann. Hier ist auf einmal der Standpunkt ein anderer? Es ist doch ganz merkwürdig, daß die Herren Sozialdemokraten gerade hier die nationale Seite hervorkehren. Die deutschen Sozialdemokraten stehen mit der èechischen Sozialdemokratie nicht bloß politisch, sondern auch national in engster Verbindung und ich verstehe nicht, warum sie sich gerade hier bei den Landesstellen auf den nationalen Standpunkt versteifen. Das finde ich sehr merkwürdig. Ich bedauere, daß ich von dieser Stelle aus so sprechen muß, aber die Zeit ist vorüber, wo wir zu der Art Ihrer Kampfesweise ruhig gewesen sind. Gewisse Zeitungen sind voll davon und können sich nicht genug daran tun, vom Kampfe für die Pensionversicherung zu reden. Du lieber Gott, vom Kampf? Wo doch heute jedes Kind weiß, daß der Kampf der Opposition ein Kampf mit Papierprotesten ist, nur geeignet, höchstens die Gegensätze zu verschärfen, ein Kampf, der nur selten das gewünschte Resultat bringt, besonders dann nicht, wenn keine aktivistischen Parteien da wären, die sich diese Forderungen zu eigen machen und die in zäh em Verhandeln für die anderen die Kastanien aus dem Feuer holen müssen.

Das vorliegende Gesetz ist gewiß nicht ein Ideal, aber es ist ein gewaltiger Schritt nach vorwärts auf dem Wege der sozialen Gesetzgebung und bedeutet für die Privatangestellten ganz sicher eine wohltuende Weihnachtsgabe, wenn auch damit nicht alle ihre Wünsche in Erfüllung gehen. Jeder von uns hat schließlich seine Weihnachtswünsche, keiner aber wird ganz erfüllt. Wir müssen, wie in der Familie, so auch hier, immer wieder auf die anderen Familienmitglieder, auf die Mitglieder der anderen Stände Rücksicht nehmen und uns nach der Decke strecken.

Wir stimmen für das Gesetz und verantworten vor der Öffentlichkeit sehr gerne unser Tun. (Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany køes. sociální.)

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