Úterý 6. listopadu 1928

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 172. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze v úterý dne 6. listopadu 1928.

1. Øeè posl. Horpynky (viz str. 8 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Je kürzer eine dem bisherigen Parlament vorgelegte Gesetzesnovelle ist, desto mehr fordert sie erfahrungsgemäß durch ihre Mängel zur Kritik heraus. Trotzdem dieser Umstand dem Präsidium des Abgeordnetenhauses sehr gut bekannt ist, so wird doch ganz mechanisch die Redezeit im Plenum nach der Länge und nach der Paragraphenanzahl des Gesetzesantrages bemessen und gedrosselt. Den vielfachen Beschwerden über diesen unhaltbaren Zustand wurde immer noch nicht stattgegeben.

So will sich auch heute wieder das Abgeordnetenhaus in denkbar kürzester Zeit mit der Regierungsvorlage Druck Nr. 1780 beschäftigen, die zwar nur drei Artikel enthält, welche aber für die ganze Baubewegung in diesem Staate von größter Bedeutung und folgenschwerer Wichtigkeit ist.

Der Inhalt der Regierungsvorlage ist, in wenigen Worten ausgedrückt, folgender: Das Gesetz vom 28. März 1928, Z. 43 Slg. d. G. u. V., wird in dem Sinne ergänzt, daß Bauten, die vor dem 1. September 1928 begonnen worden sind, und bis zum 31. Dezember 1929 fertiggestellt werden, auf Grund einer Bewilligung der Finanzbehörde II. Instanz noch der 25oder 35jährigen Steuerbefreiung teilhaftig werden können, wie sie § 49 des Gesetzes vom 7. April 1927, Z. 44 Slg. d. G. u. V., vorsieht. Außerdem wird den bis Ende 1929 vollendeten Bauten auch die weitergehende Befreiung von der Übertragungsgebühr zugestanden, die das Bauförderungsgesetz des Jahres 1927 festsetzt.

Auf den ersten Blick hin macht es den Eindruck, als ob die Bestimmungen dieses Gesetzes, die Steuer- und Gebührenerleichterungen für Neubauten auf eine längere Frist auszudehnen, ohne weiteres annehmbar wären.

Will man aber das Gesetz auf seine Güte und Zweckdienlichkeit untersuchen, dann muß man doch zuerst fragen, welche Gründe den Gesetzgeber zu diesen Bestimmungen bewogen haben, welche Erscheinungen der Baubewegung der Gesetzgeber durch diesen Antrag beeinflussen will und ob er seinen Zweck durch die Vorlage auch zu erreichen Aussicht hat.

Der Motivenbericht der Regierungsvorlage gibt uns auf die ersten beiden Fragen Antwort. Die Regierung hat die Wahrnehmung gemacht, daß die Einschränkung der Steuerbegünstigung - nebenbei gesagt die einzige Form, durch welche der Staat die Baubewegung unterstützt - das Bautempo zwangsweise überhastet und durch die damit verbundene gesteigerte Nachfrage den Wucher mit Grund und Boden und mit unnatürlich verteuerten Baumaterialien bewirkt.

Mit dieser Argumentation des Motivenberichtes gibt die Regierung uneingeschränkt zu, daß die Warnungen der Opposition bei den Beratungen der früheren Bauförderungsgesetze sich vollinhaltlich erfüllt haben. Also war doch wieder einmal die Opposition in diesem Parlamente klüger und weiterschauend als die Regierung, jene Opposition, deren aufbauende Arbeit in diesem Hause nicht gewertet wird, über deren Mitarbeit man verächtlich zur Tagesordnung übergeht.

Allerdings übersieht die Regierung, daß die unbegründete Einschränkung von Steuer- und Gebührenerleichterungen für Neubauten nicht allein das überhastete und schleuderhafte Bauen mit drohenden Baukatastrophen, wie sie sich leider auch in Prag ereignet haben, zur Folge hat, sondern auch die Verteuerung des Baugrundes und die Preistreiberei mit Baumaterialien bewirken muß. Hier kommen noch viel schwerere Folgen für das große Heer der Wohnungskonsumenten in Betracht.

Durch den Bodenwucher und durch die Preissteigerung der Baumaterialien werden die Mietzinse für neue Wohnungen, die heute schon sehr hoch sind, derartig in die Höhe getrieben, daß sie für den größten Teil der Bevölkerung unerschwinglich sind. So sehr also eine gesteigerte Bautätigkeit zu begrüßen ist, so bleibt sie doch wirkungslos für die Behebung der Wohnungsnot, sie muß vielmehr infolge der vielen leerstehenden Wohnungen zu einem Häuserkrach führen, dessen Zeche diejenigen Bauunternehmer zahlen müssen, die sich zum Bauen durch solche Gesetze haben verleiten lassen.

Die aber bis zu unnatürlicher Höhe gesteigerten Mietzinse in Neubauten vergrößern immer mehr den Unterschied zwischen den Mietzinsen in neuen und alten Häusern und machen mit der Zeit es der Regierung unmöglich, jenen Ausgleich zwischen den Mietzinsen für alte und neue Wohnungen vorzunehmen, der eine unbedingte Voraussetzung für die Wiederkehr normaler Verhältnisse im Wohnungswesen ist. Unter solchen Umständen kann sich dieser Mietzinsausgleich natürlich nicht ohne den schwersten wirtschaftlichen Erschütterungen und ohne Gehalts- und Lohnkämpfen der Arbeitnehmer durchführen lassen.

Auf alle diese Umstände hat die Opposition schon bei früheren Gelegenheiten hingewiesen, ohne aber gehört worden zu sein. Wenn nun die Regierung der Ansicht ist, durch den vorliegenden Gesetzesantrag eine bessere zeitliche Verteilung der Bautätigkeit zu erreichen, so befindet sie sich meiner Meinung nach in einem unverzeihlichen Irrtum.

Vor allem wird es der Regierung nicht gelingen, das Arbeitstempo bei allen bisher begonnenen Bauten, für welche das teuere Baumaterial bereits beschafft ist und die notwendigen Arbeitskräfte vorhanden sind, irgendwie zu verlangsamen. Jeder Bauherr, der bereits Kapital in den Bau investiert hat, wird ein begreifliches Interesse daran haben, seinen Bau möglichst rasch zu Ende zu führen, damit der Verlust der Interkalarzinsen vom Bauaufwand auf ein Minimum heruntergedrückt werde.

Das vorliegende Gesetz wird aber sogar noch eine ganze Reihe anderer Bauherren, die sich bisher Zeit gelassen haben, veranlassen, sofort mit der Bautätigkeit zu beginnen. Denn wenn das Gesetz alle Steuer- und Gebührenerleichterungen nur jenen Bauten zubilligt, die vor dem 1. September begonnen und bis Ende des Jahres 1929 beendet werden, so verlieren damit alle jene Bauherren die letzte Hoffnung, die bisher immer damit gerechnet haben, daß diese Erleichterungen doch noch auf eine längere Frist erstreckt werden könnten. Sie werden daher mit ihrem beabsichtigten Bau sofort beginnen und trachten, den Bau bis Ende 1928 zu Ende zu führen, damit sie der in § 49 des vorjährigen Bauförderungsgesetzes angeführten Begünstigungen teilhaftig werden. Daraus ergibt sich, daß durch den vorliegenden Gesetzesantrag statt einer Verlangsamung des Bautempos geradezu eine Rekordleistung in der Schnelligkeit des Bauens heraufbeschworen wird.

Der Regierungsantrag Druck Nr. 1780 ist daher nicht nur nicht geeignet, den von der Regierung gewünschten Erfolg zu erzielen, sondern er kann sogar unter Umständen das gerade Gegenteil davon zur Folge haben.

Dabei ist aber dieser Regierungsantrag noch in anderer Richtung sehr bemerkenswert, denn er setzt Ungerechtigkeiten, wie sie nur in einem èechoslovakischen Gesetz vorkommen können, das von einer Regierung selbstherrlich gemacht und von einer kommanidierten Regierungsmehrheit unverändert unter absichtlicher Außerachtlassung aller Kritiken und Abänderungsanträge angenommen wurde.

Das zur Beratung stehende Gesetz macht die Steuer- und Gebührenerleichterungen von der Bedingung abhängig, daß der Bau vor dem 1. September 1928 begonnen wurde. Wo in aller Welt ist es möglich, daß bei solcher Fristbestimmung das Gesetz überhaupt erst am 11. September dem Parlamente vorgelegt wird? Bedenkt man, daß das Abgeordnetenhaus dieses Gesetz jetzt im November, der Senat vielleicht erst im Dezember beschließen wird, so wird man das merkwürdige Schauspiel erleben, daß im Dezember 1928 ein Gesetz rechtswirksam wird, das für die Bürger dieses Staates eine mit dem verflossenen 1. September desselben Jahres einzuhaltende Frist festsetzt. Dadurch wird eine Zufälligkeit in das System der Baubegünstigungen hineingetragen, die jeder Beschreibung spottet. Denn niemand konnte vorher wissen, daß dem 1. September als Stichtag eine entscheidende Bedeutung zukommen werde. Die Bauherren, die also vor dem 1. September ihren Bau begonnen haben, verdanken dies einem bloßen. Zufall, keineswegs aber einer planmäßigen Handlungsweise; alle anderen Bauherren haben aber ohne ihr Verschulden die nachträglich bekanntgemachte Frist versäumt und durch die Schuld des Gesetzgebers einen Schaden erlitten. Diese Tatsache stellt wohl ein Unding dar, wie sie in der Gesetzgebung eines anderen europäischen Staates wohl kein Gegenstück aufzuweisen haben wird.

Ungerecht ist es auch, daß das Gesetz bei der Terminsetzung auf den 1. September keine Rücksicht auf die Verhältnisse in den großen Kurorten dieses Staates genommen hat. Denn in diesen Gemeinden kann nur in den Herbst- und Wintermonaten gebaut werden, wenn die Kursaison bereits vorüber ist. In den Kurorten kann daher niemals mit einem Neubau bis zum 1. September begonnen werden. Die Neubauten in den Kurorten werden daher durch dieses Gesetz von der 25oder 35jährigen Steuerfreiheit vollkommen ausgeschlossen bleiben. Nach den Beratungen in den Ausschüssen ist es klar, daß die Regierung diesen besonderen Verhältnissen in den Kurorten nicht Rechnung tragen will.

Schließlich ist entschieden zu bemängeln, daß das Gesetz keine Möglichkeit vorsieht, Ausnahmen für besondere Verhältnisse zu bewilligen. Solche besonderen Verhältnisse treten überall dort ein, wo infolge der intensiven Bautätigkeit die Bauarbeiterschaft ihre erhöhten Lohnforderungen durch Streiks zu erzwingen trachtet. Dies war im heurigen Jahre z. B. der Fall in den nordböhmischen Bezirken Grottau, Kratzau, Deutsch-Gabel, Zwickau, Friedland, Neustadt und Reichenberg, wo die Bauarbeiterschaft von Anfang Mai bis Ende August im Streik verharrte. In solchen Bezirken sind die Bauherren nicht in der Lage, die verzögerten Bauten bis zum Ende des Jahres 1928 zu Ende zu führen. Aber eine ganze Reihe von geplanten Bauten muß in jenen Bezirken in diesem Jahre unterbleiben, weil infolge der langen Dauer des Bauarbeiterstreiks die Arbeitskräfte in andere Gebiete abgewandert sind und auch jetzt noch, nach Beendigung des Streiks in diesen Gebieten großer Arbeitermangel herrscht.

Ein einwandfreies Gesetz müßte für solche Verhältnisse unbedingt Ausnahmsbestimmungen vorsehen, wofür aber die jetzige Regierung leider nicht das notwendige Verständnis hat.

Unter Berücksichtigung der von mir aufgezählten Mängel und schädlichen Folgen dieses Gesetzes wird meine Partei in erster und zweiter Lesung gegen den Regierungsentwurf stimmen. (Potlesk poslancù nìm. strany národní.)

2. Øeè posl. Schustera (viz str. 15 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Am 9. Oktober durcheilte die Straßen Prags die Schreckenskunde, daß ein furchtbares Bauunglück geschehen sei. Ein siebenstöckiger fast fertiggestellter Zementbau war eingestürzt, unter seinen Trümmern lagen 80 Menschen begraben, 46 kamen dabei ums Leben, 100 Verletzte harren noch ihrer Genesung und sind dauernd oder vorübergehend berufsinvalid. Nach der ersten Bestürzung, als die Rettungsarbeiten in Angriff genommen wurden, suchte man zu ergründen, wer an diesem furchtbaren Unglück schuld sei, und da wurde festgestellt, daß außer leichtsinnigem Arbeiten, Schlamperei und schlechtem Material auch das Baugesetz mitschuldig sei, dessen Verlängerung in einzelnen Bestimmungen heute hier beschlossen werden soll. Es ist bezeichnend, daß die "Prager Presse" am 10. Oktober schrieb, daß das Baugesetz infolge seiner Befristung, da die Begünstigungen desselben schon mit 31. Dezember d. J. ablaufen, im Baugewerbe eine schwere Beunruhigung hervorgerufen habe, daß eine ungeheuerliche Hast in der Bautätigkeit eingetreten sei, und diese überhastete Arbeit sei auch mit eine der Ursachen dieses furchtbaren Unglücks. Das war dieselbe "Prager Presse", die am 16. April anders schrieb. Damals hat sie die Bauvorlage der Regierung pflichtgemäß verteidigt und gegenüber den seitens der Opposition hier erhobenen Bemängelungen der zu kurzen Fristen die Behauptung aufgestellt, daß die kurze Befristung für die Bautätigkeit deshalb eine zweckmäßige Notwendigkeit sei, weil dadurch viele Menschen, die sonst das Bauen hinauszögen oder vielleicht gar unterließen, doch einen gewissen Anreiz hätten, möglichst rasch zu bauen, um innerhalb der Begünstigungsfrist doch noch mit dem Bauffertig zu werden. Das Regierungsorgan hat also am 16. April anders geschrieben als am 10. Oktober. Hier liegt ein schwerer Widerspruch in seiner Auffassung vor. Das Bauunglück hat selbstverständlich auch in den gesetzgebenden Körperschaften ein Echo gefunden; da das Plenum des Parlamentes damals nicht tagte, wurde in den Ausschüssen u. zw. im sozialpolitischen und im Budgetausschuß von den Mitgliedern unseres Klubs und des Klubs der èechischen Sozialdemokraten sofort das Verlangen gestellt, eine verschärfte Bauaufsicht zu führen und auch hierzulande der Arbeiterschaft einen Einfluß auf die Gewerbeinspektionen bei den Bauten zu wahren, ihr das Recht zu geben, durch ihre bevollmächtigten Organe auf den Bauten die Aufsicht zu üben und festzustellen, ob die Bauten den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen. Wie sieht es nun mit der Gewerbeinspektion praktisch aus? Die Gewerbeinspektoren berichten alljährlich auch über die Verhältnisse auf den Bauten und es wird von ihnen allgemein festgestellt, daß auf den Baustellen die denkbar ungünstigsten Verhältnisse anzutreffen sind und daß das Ergebnis ihrer Inspektionstätigkeit zwecks Besserung der Verhältnisse gleich Null ist, weil ihre Anzeigen in der Regel wenig oder gar nichts fruchten, oder nur mit dem Erfolge enden, daß die Unternehmer, die sich Übertretungen der Bauvorschriften und der Schutzbestimmungen des Gesetzes vom Jahre 1907 zuschulden kommen ließen, mit geringen Geldstrafen belegt werden, welche geradezu eine Prämie dafür bilden, daß die Schutzbestimmungen weiter ignoriert werden und weiterhin Menschenleben in gewissenlosester Weise aufs Spiel gesetzt werden. In Prag hat ja die Bauhast schon vor dem großen Unglück des 9. Oktober und auch nachher schwere Opfer gefordert, wenn auch nicht in dem Umfange, wie bei dem Unglücke auf dem Poøíè. Es muß auch festgestellt werden, daß die ministeriellen Erklärungen hier im Abgeordnetenhaus wie auch im Senat vollständig unzulänglich gewesen sind und daß die Behauptung des Herrn Arbeitsministers, daß dem Ministerium keine Möglichkeit einer entsprechenden Einflußnahme auf den privaten Bauunternehmer zusteht, eine nichtssagende Erklärung für uns bedeuten muß; und wir müssen auch feststellen, daß die Äußerungen der maßgebenden politischen Behörden, daß ihnen die Möglichkeit der Einflußnahme und des Einspruches fehle, für uns durchaus nicht stichhältig sind.

Es wird auch bei den Gewerbeinspektionsfragen der Bauaufsicht immer geltend gemacht, daß es an Menschen und Zeit mangle, um den Bauten genügende Aufmerksamkeit zu widmen. Daß es unter Umständen der Staatsgewalt weder an Menschen noch an Zeit mangelt, wenn sie diese ihre Macht zur Geltung bringen will, sehen wir jetzt kurz nach der Ausschreibung der Wahlen. Wir sehen, daß die politischen Behörden außerordentlich viel Zeit dafür aufbringen, um Wahlplakate, Wahlaufrufe und ähnliche Maßnahmen der politischen Parteien für den Wahlkampf zu prüfen, daß es genügend Zeit und Menschen gibt, die sich der Mühe unterziehen, auch die Beschlagnahmungen, Konfiskationen und sonstigen Rotstiftdienstleistungen vorzunehmen. (Výkøiky posl. Schweichharta.) Wenn man für diese Zwecke genügend Menschen hat, dann muß es auch genügend Menschen geben, Gesundheit und Leben der Bürger in diesem Staate einigermaßen besser zu schützen als bisher.

Man hat auch in Regierungskreisen anerkannt, daß das Baugesetz sich gerade nach dieser Richtung hin schlecht bewährt hat, daß das Baugesetz nichts anderes geworden ist. als die Eröffning einer gewaltigen Spekulationsmöglichkeit für kapitalskräftige Menschen, und so ist die staatliche Bauförderung, die eine Wohltat für die Bevölkerung werden sollte, nichts weiter geworden als ein Mordbaugesetz, das sich in seiner furchtbaren Wirksamkeit hier in Prag ganz besonders ausgelebt hat. Wir müssen nun an dieser Stelle, da das Gesetz verlängert wird und die noch etwas säumigen Spekulanten erneut Luft bekommen, um die Spekulationstätigkeit zur Erringung der staatlichen Begünstigungen bis Ende des nächsten Jahres fortzusetzen, mit allem Nachdruck darauf verweisen, daß die Überprüfung der baulichen Verhältnisse und der Baumaterialien in Hinkunft eine andere werde als bisher. Ich will bei diesem Anlasse darauf verweisen, daß in einem Hauptstück des Baugesetzes 1921 bis 1924 auch Preiskommissionen vorgesehen waren. Die bürgerlichen Parteien haben sofort getrachtet, diese Preiskommissionen aus der Welt zu schaffen, angeblich weil sie ihren gesetzlichen Zweck nicht zu erfüllen vermöchten, in Wirklichkeit aber, weil sich die bürgerliche Produktionsspekulation nicht gesetzlich beengen lassen und sich nicht dreinreden lassen wollte, welche Profite sie bei den Baustoffmaterialien nehmen dürfe. Es darf nicht wundernehmen, wenn von schlechten Baumaterialien gesprochen wird, wenn man nur einen kurzen Blick auf die Bilanzen der Baustoffindustrien wirft und dabei feststellen kann, daß eine der größten Baustoffindustrien, die Königshofer Zementfabrik, im abgelaufenen Geschäftsjahre eine 22%ige Dividende abgeworfen hat. Wenn nun die Baustoffindustrie in der Lage ist, bei aller Konkurrenz noch derartige Dividenden auszuschütten, muß dies ganz selbstverständlich zumindest zum größten Teile auf Kosten der Güte der Baumaterialien gehen.

Ein paar-Worte über die Arbeiterinspektionen außerhalb unseres Staates. Wir haben ja vor wenigen Tagen große Lobhymnen gehört, wie die Entwicklung dieses Staates in jeglicher Richtung so glänzend sieh vollzogen hat. Es mag sein, daß bestimmte Schichten dieses Staates die Entwicklung der Republik am eigenen Leibe sehr wohltuend empfunden haben. Zu diesen gehört aber entschieden nicht die Arbeiterklasse, von der leider konstatiert werden muß, daß ihre Verhältnisse in den 10 Jahren des Bestandes der Republik sich bedeutend verschlechtert haben. Wenn wir die Bauinspektionen des Auslandes betrachten, finden wir, daß schon vor dem Kriege die süddeutschen Bundesstaaten in der Zeit 1902 bis 1904 die sogenannte Einrichtung der Baukontrollore aus Arbeiterkreisen trafen, 1907 ist Rheinland-Westphalen gefolgt, 1910 Sachsen, die Hansa-Staaten. Preußisch-Schlesien, heute hat ganz Deutschland eine geregelte Bautenkontrolle, auf die Arbeiter Einfluß haben. Wir sehen, daß sogar das alte reaktionäre Österreich, das für die Bedürfnisse der Arbeiterklasse nichts übrig hatte, im Jahre 1911 wenigstens vor dem Rechte der Arbeiterinspektion auf den Bauten eine Verbeugung dadurch machte, daß es zwei Arbeiter zu Gewerbeinspektoren ernannte. Einer davon war der im Vorjahre verstorbene Wiener Stadtrat Siegel, der sich auf dem Gebiete der Wohlfahrtsbauten hervorragend bewährt hat. Wir müssen konstatieren, daß in Österreich überhaupt die Bauteninspektion stark von den Arbeiterkammern zugunsten der Arbeiter beeinflußt wird, und selbst in Horthy-Ungarn muß man feststellen, daß die Bautenkontrolle eine wesentlich bessere ist als bei uns hierzulande.

Mit der gegenwärtigen Gesetzvorlage, zu der wir einige Abänderungsanträge ein bringen, wird ja natürlich an den derzeitigen Verhältnissen nicht allzuviel geändert werden. Die Arbeiterwohnungsfrage wird damit nicht gelöst werden, wie sie bisher nicht gelöst worden ist. Die Verlängerung wird den bürgerlichen Parteien, den Gegnern des Mieterschutzes, ein willkommener Anlaß sein, darauf hinzuweisen, daß durch die Novellierung des Baugesetzes ein Grund mehr vorhanden sei, den Mieterschutz aus der Welt zu schaffen. Man hat schon 1m heurigen Frühjahr die Baunovelle mit dem Mieterschutze verquickt, um Mietsteigerungen durchzubringen, und am 1. Jänner wird die Arbeiterschaft eine neuerliche Mietsteigerung von 20%. über sich ergehen lassen müssen. Die Feinde des Mieterschutzes sind rührig am Werke und tragen dafür Sorge, daß das Mieterschutzgesetz über kurz oder lang zu Falle gebracht werde. Auch dieses Gesetz, das sich als kapitalistisches Gesetz gegen die Arbeiterklasse richtet, kann und muß nur dazu führen, daß wir hier schärfsten Protest gegen diese Art der Gesetzgebung erheben, daß wir verlangen, daß ein ordentliches, langfristiges Bauförderungsgesetz geschaffen werde, daß ein geregelter und geordneter Mieterschutz für die Arbeiterklasse dieses Staates geschaffen werde. Wir wollen hoffen, daß es der Arbeiterschaft am 2. Dezember möglich sein werde, durch ihr Votum mit dem Stimmzettel diese ihre Wünsche zu erzwingen. (Souhlas a potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)

3. Øeè posl. Sedorjaka (viz str. 23 tìsnopisecké zprávy):


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