Úterý 23. øíjna 1928

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 168. schùzi poslanecké snìmovny Národ ního shromáždìní republiky Èeskoslovenské

v Praze v úterý dne 23. øíjna 1928.

1. Øeè posl. Kunze (viz. str. 3 tìsnopisecké zprávy):

Meine Herren! Zum drittenmale beteiligt sich unsere Partei an den Arbeiten dieses Staatshaushaltes. Mit Befriedigung müssen wir feststellen, daß, seitdem die gegenwärtige Koalition besteht, die Staatswirtschaft einer Besserung zugeführt worden ist. Vom Jahre 1919 bis 1926 schließt die gesamte Staatswirtschaft alljährlich mit einem Abgang von 2 bis 5 Milliarden Kè. Neben der etatsmäßigen Gebahrung stand eine außeretatsmäßige noch viel größeren Umfangs, welche die Staatswirtschaft noch anders gestaltete, als das Budget vorsah. War diese unsichere und die Gesamtheit bedrückende Bilanz den Sturm- und Drangjahren der jungen Republik zuzuschreiben oder war es vielleicht die Machtlosigkeit der entsprechenden Behörden gegenüber den damals am Staatsruder stehenden politischen Parteien, die oft unberechtigte Sonderausgaben bewilligten, was letzteres wohl vorwiegend der Fall gewesen sein dürfte - wir, die wir seit dieser Zeit der Schuldenwirtschaft im Rahmen der gegenwärtigen Koalition mit an der Sanierung gearbeitet haben, blicken mit Befriedigung darauf zurück, daß wir den dem Versinken nahen Staatskarren, in dem wir Deutsche uns mitbefinden, wieder in ein nur halbwegs annehmbares finanzielles Geleise gebracht haben. Diese unsere Mitarbeit berechtigt uns umso mehr, immer wieder auf alle die bestehenden Übelstände in diesem Staate in sozialer, nationaler, kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht hinzuweisen.

Sowie wir bereits im Budgetausschuß den Herren Ministern gegenüber die für unseren kleinen Staat zu großen Militärausgaben und die zu großen Auslagen der Auslandspropaganda eingehend besprochen haben, so müssen wir diese Kritik auch heute vor dem Forum dieses Hauses neuerdings wiederholen und mit allem Nachdruck verlangen, daß diese Ausgaben dem Verhältnis zu den anderen Staaten und der Größe dieses Staates entsprechend angepaßt werden. Denn es geht nicht an, daß wir für das Heer dieses Staates immer noch 1400 Mill. Kè verausgaben, hingegen für die Volksbildung, also für den Aufbau des Volkes, nur 923.9 Mill. Kè zur Verwendung gelangen.

Ich weise neuerdings auf die Post "Minderheitsschulen" mit 88 Mill. Kè hin, welche um 13 Mill. Kè höher ist als im Vorjahr, obwohl selbst èechische Zeitungen den Abbau der Minderheitsschulen verlangt haben. Von diesem Betrag wird nur eine verschwindend geringe Summe für solche Schulen deutscher Nationalität verwendet. Sonst könnte es nicht vorkommen, daß man den berechtigten Wünschen und Forderungen des Hulèiner Landes, wo die Kinder von 7707 deutschen Einwohnern nur über 3 deutsche Schulen verfügen und die Kinder von 5000 deutschen Einwohnern entweder stundenweit bis Troppau in die deutsche Schule fahren müssen oder den kostspieligen Privatunterricht benützen müssen, um in ihrer Muttersprache unterrichtet zu werden. Ich verweise neuerdings darauf, daß bei der Errichtung von èechischen Minderheitsschulen oft ganz gegen den Willen des Gesetzgebers vorgegangen wird, wie sich dies z. B. bei der Errichtung der èechischen Minderheitsschule in Benisch in Schlesien ereignet hat. Im Juni d. J. kam in diese Stadt ein èechischer Lehrer und begann dort seine Werbearbeit zu Gunsten einer zu errichtenden èechischen Schule. Unter Assistenz eines Gendarmen wurden die Bewohner, hauptsächlich Staatsangestellte, selbst in der Nacht zwischen 10 und 11 Uhr aus ihrem Bette geholt, und obwohl den Gendarmen bekannt war, daß sie es mit deutschen Beamten zu tun haben, unter Drohungen zur Unterschrift für die Einsehreibung ihrer Kinder in die èechische Schule genötigt. (Hört! Hört!) Bei Eröffnung dieser Schulen stellte es sieh heraus, daß von den 13 Schulkindern 10 deutsch waren, welche der èechischen Sprache überhaupt nicht mächtig sind. Wir müssen verlangen, daß dieser Fall untersucht und analog den Zusagen des Herrn Unterrichtsministers diese Kinder wieder in die deutsche Schule zurückversetzt werden.

Eines unserer wichtigsten Kapitel ist die soziale Fürsorge, ganz besonders was die Versorgung der Kriegsbeschädigten anlangt. Daß hier die Èechoslovakei bezüglich der Höhe der Rentenbezüge fast an letzter Stelle steht, ist bekannt. Die Erhöhung der Renten der Schwerinvaliden und erwerbsunfähigen Kriegswitwen ist eine dringende Forderung. Die 4. Jahresversammlung der internationalen Arbeitsgemeinschaft dieser Kriegsopfer, welche am 9., 10. und 11. August d. J. in Berlin tagte, mußte mit Bedauern feststellen, daß die èechoslovakische Regierung nicht nur die Zuschriften der internationalen Arbeitsgemeinschaft unbeantwortet ließ, sondern auch nichts unternommen hat, um die Versorgung zu verbessern. Wenn der Herr Minister für soziale Fürsorge im Ausschuß erklärt hat, daß die Anmeldefrist für Kriegsbeschädigte aus prinzipiellen Gründen nicht verlängert werden kann. (Posl. Heeger: Ihr habt doch gegen unseren darauf abzielenden Antrag gestimmt!) Wenn wir für alles hätten stimmen wollen, was Ihr verlangt, hätte das Budget nicht 13, sondern 26 Milliarden ausgemacht. Wenn der Herr Minister dies erklärt hat, so verweise ich auf die vom Hause angenommene Resolution, welche in berücksichtigungswürdigen Fällen eine verspätete Anmeldung zuläßt. Es wäre doch menschlich gehandelt, wenn das Ministerium wenigstens jene Anmeldungen einer wohlwollenden Behandlung unterzöge, welche bis jetzt eingebracht worden sind, von den Landesämtern abgewiesen wurden und erst im Rekursweg einer Behandlung zugeführt werden. Die bisher vorliegenden Anmeldungen sollte das Ministerium überprüfen und bei unverschuldeter Fristversäumnis berücksichtigen. Es wäre dies auch für diese unglücklichen Opfer eine Jubiläumsgabe, wie selbe vielleicht kaum humanitärer anzuwenden ist. (Posl. Heeger: Ihr braucht doch nur dafür zu stimmen!) Ich komme schon darauf. Unter diesen verspäteten Anmeldungen befinden sich auch eine Anzahl solcher, die der Vormund für seine Mündel, also Waisen, aus Unkenntnis nicht rechtzeitig eingebracht hat. Hier müßte ganz besonders aus sozialen und humanitären Gründen möglichste Nachsicht obwalten, umso mehr, als das Ministerium ein Ministerium für soziale Fürsorge ist. (Posl. Heeger: Sein soll.) Sein soll! Die Forderungen unserer Kriegsbeschädigten sind allen bekannt. Sie werden verdolmetscht durch die berufenen Stellvertreter dieser Opfer, durch die Kriegsbeschädigtenorganisationen. Es ist begreiflich, daß diese Organisationen, welche Tausende von Kriegsopfern umfassen, in der entschiedensten Weise dafür eintreten, daß den Kriegsbeschädigten das zuteil werde, was ihnen gebührt. Ist es doch ihre Pflicht, dies zu tun. Es muß anerkannt werden, daß die Interessenvertretung der deutschen Kriegsbeschädigten, der Bund der Kriegsverletzten, bisher seine Mitglieder in maßvoller und sachlicher Weise vertreten hat. Schon deshalb ist es dringend zu empfehlen, daß diese Organisation nicht zu ignorieren und deren Wünsche und Forderungen anzunehmen und zu verhandeln sind. Es besteht auch beim Ministerium für soziale Fürsorge ein sog. Beirat, dem auch Mitglieder der Organisationen angehören. Leider scheint man an diese sicher gutgemeinte Institution vergessen zuhaben, da dieser Beirat überhaupt nicht zu Rate gezogen wird. Wir müssen auch darauf verweisen, daß die èechoslovakischen Kriegsopfer, welche im Auslande wohnen, eine ganz unzureichende Versorgung genießen und daß auch die gesamte Heilfürsorge der Kriegsopfer, obwohl in den letzten Jahren große Ersparnisse bei dieser Ausgabspost erzielt worden sind, immer noch sehr ungenügend ist. Meine Partei ist als Regierungspartei bemüht, die Forderungen der unglücklichen Kriegsopfer zu unterstützen, und wenn wir auch nicht das erreichen, was wir verlangen, und unsere Tätigkeit gegenüber diesen Unglücklichen vielleicht mancher Kritik unterzogen wird so verweise ich nur auf die ersten acht Jahre des Bestandes dieses Staates, während welcher Zeit das Ministerium für soziale Fürsorge ausschließlich in sozialistischen Händen war, aus welcher Zeit die mangelhaften Kriegsopferfürsorgegesetze datieren.

Ein weiteres wichtiges Kapitel der sozialen Fürsorge ist die Wohnungsfürsorge. Nicht allein durch Bauförderung oder Mieterschutzabbau kann derselben gesteuert werden, sondern nur durch planmäßige Förderung dieser beiden Maßnahmen läßt sich dieser Übelstand mildern. Der Mieterschutz muß allmählich abgebaut werden und die Bauförderung, sei es durch Staatsgarantie für Bauwerte oder durch weitere Steuerfreiheit für Neubauten behoben werden. Für das Gewerbe verlangen wir die Änderung der Gewerbeordnung, so daß sie den gegenwärtigen Verhältnissen entspricht. Da dies jedoch noch längere Zeit beanspruchen dürfte, ist eine teilweise Verbesserung vorzunehmen, so z. B. ist der Befähigungsnachweis für sämtliche Handelsgewerbe einzuführen mit Ausnahme der Eigenerzeugung land- und forstwirtschaftlicher Produkte. Wenn das beliebte Schlagwort der Gewerbegegner zu behaupten trachtet, die Entwicklung des Standes komme nur aus der Gewerbefreiheit, so ist das unrichtig, da gerade die Gewerbefreiheit des Jahres 1859 eine Zügellosigkeit im Gewerbe, besonders aber im Handelsgewerbe zur Folge hatte, wodurch sowohl kaufmännische wie auch Konsumenteninteressen benachteiligt werden. Auch ist dem seit dem Umsturze schwer bedrängten Schuhmachergewerbe ein besonderes Augenmerk zuzuwenden. Es geht nicht an, daß 10.000 Schuhmacherfamilien durch das Großkapital dem Ruin zugeführt werden. Wenn durch die Bodenreform Großgrundbesitz an kleine Unternehmer zu Existenzgründungen aufgeteilt werden soll, so muß auch den Kleingewernetreibenden geholfen werden, sei es dadurch, daß endlich der § 38 und 38 a der Gewerbeordnung dahin abgeändert wird, daß Verkaufsfilialen der Großindustrie in der Bekleidungsbranche nur in jenem Maßstabe an den verschiedenen Orten errichtet werden dürfen, wie sie die Gemeinde nach Anhörung der zuständigen Genossenschaft als zulässig anerkennt, um die einheimischen bodenständigen Kleingewerbetreibenden vor dem Ruin zu schützen und die bestehenden in befristeter Zeit auf dieses Ausmaß zurückzuführen, sei es, daß durch entsprechende Subventionierung der kleingewerblichen Körperschaften und Organisationen die Existenz dieser bedrängten Berufe gehoben wird. Ganz besonders aber sind Reparaturwerkstätten der Großindustrie in der Bekleidungsbranche aufzuheben.

Auch ist darauf Rücksicht zu nehmen, daß in den Strafanstalten nicht Massenartikel erzeugt werden, welche dem Kleingewerbe Konkurrenz bieten. Ebenso beanspruchen wir, daß auch das deutsche Gewerbe bei der Vergebung von staatlichen Lieferungen entsprechend berücksichtigt werde. Die Tätigkeit der Konsumvereine hat sich lediglich auf Konsumartikel zu beschränken und den Handel mit Galanterie- und Bekleidungswaren und dergleichen auszuschalten.

Der einheimischen Industrie ist durch Gewährung von Ausfuhrprämien und Frachtenermäßigung die Konkurrenz auf dem Weltmarkte zu sichern. Ein besonderes Augenmerk ist dem bei der Handels- und Gewerbekammer in Reichenberg geschaffenen Forschungsinstitut durch entsprechende Subventionierung zu widmen, da ein ähnliches Institut für die Textilbranche in diesem Staate noch nicht besteht, obwohl solche in Amerika, England und Deutschland schon Jahre lang für die Textilbranche nutzbringend arbeiten.

Zu unserem Verkehrswesen muß ich neuerdings auf die Wünsche und Beschwerden der deutschen Bevölkerung in sprachlicher Hinsicht verweisen und mit allem Nachdruck das Ersuchen stellen, daß Bahn und Post im Verkehr mit den deutschen Parteien zumindest zweisprachige Drucksorten benützen und auf deutsche brauchbare Beamte und Angestellte im Interesse des Unternehmens und der Bevölkerung Rücksicht nehmen. Ganz besonders verweise ich wieder auf den Ausbau der Bahnstrecken Olbersdorf - Zuckmantel, Bautsch-Hof und Benisch-Freudenthal in Schlesien, auf den Ausbau des Hauptbahnhofes in Gablonz a. N., Aussig und Nieder-Lindewiese, da diese Bahnhofsanlagen den Verkehr hindernd beeinträchtigen. Auch wäre es an der Zeit, daß endlich einmal der Betrieb auf den Lokalbahnstrecken Zauchtel-Bautsch und Kriegsdorf-Römerstadt in Mähren einer Modernisierung unterzogen wird, wo der Personenverkehr immer noch 15 bis 20 km pro Stunde beträgt.

Im Staatsvoranschlag weist den größten Reinertrag die Tabakregie auf. Und es ist deshalb recht und billig, daß wir den berechtigten Forderungen der Angestellten in diesem Unternehmen möglichst Rechnung tragen. Ich habe bereits im Budgetausschuß auf einige dieser Forderungen hingewiesen, muß jedoch noch ganz besonders auf die Übelstände der Werkmeisterfrage sowie auf Gewährung einer Teuerungsaushilfe für die aktive Arbeiterschaft, Erhöhung der Gnadenpensionen, Gleichstellung der Alt- und Neupensionisten sowie Einführung von Wirtschaftsprämien auf Grund des Reingewinnes hinweisen. Auch ist bei Anstellung von Arbeitern auf solche deutscher Nationalität Rücksicht zu nehmen. Endlich verweise ich auf die berechtigte Gleichstellung der staatlichen Alt- und Neupensionisten.

Das Budget weist u. a. eine Ausgabepost von 280 Mill. Kè für Gendarmerie und 150 Mill. Kè für Polizei aus. Wir sind nicht Gegner der Verstaatlichung der Polizei, da hierdurch einerseits die Gemeinden entlastet werden sollen und andererseits die Autorität und Objektivität dieses Standes gefördert werden soll. Wir verlangen aber auch hier mit allem Nachdruck, daß deutschen Angestellten und deutschen Bewerbern um eine Anstellung volle Gleichberechtigung gewährleistet wird. Die Gendarmerie ist auf ihren Vorkriegsstand herabzusetzen, da es nicht angeht, daß, ganz besonders in der Provinz, an Orten, wo früher zwei bis drei Mann den Sicherheitsdienst zur größten Zufriedenheit versehen haben, heute 10 bis 12 Mann den Dienst verrichten. Diese Herabsetzung ist umso berechtigter, da dies die Sicherheit des Staates wohl nicht beeinträchtigen dürfte. Die dadurch überzählige Mannschaft kann dem Militärstand zugeführt werden, wodurch eher die nötige Anzahl der Unteroffiziere erreicht wird, welche zur Herabsetzung der Militärdienst zeit erforderlich ist. Der verbleibende Gendarmeriekörper soll jedoch in einer Weise besoldet werden, daß er sich sowohl hinsichtlich der Besoldung als auch betreffs der Vorrückung nicht benachteiligt fühlt, wodurch dieser Stand wieder auf eine Höhe gelangen wird, wie er dies als Elitetruppe in der Vorkriegszeit war.

Die Beratungen des Staatsjausjaltes sowohl im Ausschuß wie auch im Hause nehmen leider einen oft recht unsachlichen Charakter an, und müssen wir feststellen, daß die Aussprache besonders einiger deutscher oppositioneller Parteien hauptsächlich in Angriffe gegen die deutschen Christlichsozialen ausgeartet ist. Verwaltungsreform und Gemeindefinanzgesetz werden dazu benützt, um bereits hier eine Wahlpropaganda gegen die deutschen Christlichsozialen zu entfalten, obwohl das Parlament nicht der richtige Ort hierzu zu sein scheint. Wir deutsche Christlichsoziale müssen mit allem Nachdruck feststellen, daß wir es gewesen sind, die durch unsere Mitarbeit am Gesetze über die Verwaltungsreform darauf hingewirkt haben, daß der ursprüngliche Gesetzentwurf in einer Weise abgeändert worden ist, derzufolge das gegenwärtige Gesetz, wenn wir auch nicht vollinhaltlich damit einverstanden sind, den demokratischen Grundsätzen und Interessen der Bevölkerung mehr entspricht, als es die schon im Jahre 1920 beschschlossene Gauverfassung bietet. Wenn man uns den Vorwurf macht, daß wir Schlesien verraten haben, so hat sich dieser Vorwurf selbst als Demagogie bestraft, da wir schon vor drei Viertel Jahren dieselben Forderungen in das Gesetz hereingebracht haben, welche heute von den Verteidigern Schlesiens öffentlich verlangt werden (Výkøiky posl. Heegera.), die Schaffung einer Expositur für Schlesien und Beibehaltung aller jener Ämter und Behörden, welche mit der politischen Verwaltung nicht verbunden sind. Der Ernst dieser Kampfweise erhellt schon daraus, daß ein und dieselben Verfechter der Verwaltungsreform gegen dieselbe Stellung nehmen und gleichzeitig über die gegenwärtigen unhaltbaren Verhältnisse Klagge führen und die Durchführung der Neuwahlen verlangen.

Wir halten es für selbstverständlich, daß seitens der Regierung dem Wortlaute des Gesetzes sowie allen gemachten Zusicherungen Rechnung getragen wird und rechnen mit Bestimmtheit damit, daß auch die zweite Präsidentenstelle des Landes Mähren und Schlesien mit einem deutschen Schlesier besetzt wird.

Wir haben uns an den Arbeiten am Staatshaushalt beteiligt und werden auch für den Staatsvoranschlag stimmen in der Voraussetzung, daß durch unsere Mitarbeit ein weiterer Schritt zur Völkerverständigung geschaffen ist und rechnen mit Bestimmtheit damit, daß auch die anderen Nationen diese Mitarbeit in ihrem eigenen Interesse, wie im Interesse der gesamten Volkswirtschaft, die berechtigten Forderungen und Wünsche der Deutschen zu würdigen wissen. (Potlesk poslancù nìm. køes. soc. strany lidové.)

2. Øeè posl. Heegera (viz str. 21 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die kurze Redezeit, die für die Budgetdebatte zur Verfügung gestellt wurde, macht es unmöglich, sich mit den einzelnen Ziffern des Voranschlages, besonders der politischen Kapitel, ausführlich zu beschäftigen. Es bleibt daher nichts übrig, als einige politische Betrachtungen anzustellen, die jetzt wohl von besonderer Bedeutung sind, weil alle die Herren von der Regierungskoalition im zehnten Jahr der Republik soviel von der Konsolidierung und den demokratischen Einrichtungen in diesem Staate zu erzählen wußten. Der Herr Außenminister Dr Beneš hat vor einigen Tagen in einer Legionärversammlung einen Vortrag gehalten und darin u. a. festgestellt, daß die Washingtoner Deklaration nicht bloß eine feierliche Kundgebung sei, sondern ein festes Programm, nach welchem sich die Grundsätze der Verfassung richten und die gesetzestechnische Tätigkeit in diesem Staate abspielen sollen. Und Herr Dr Viškovský hat in seiner gestrigen Rede über die zehn Jahre demokratischen Regimes in diesem Staate festgestellt, daß die Èechoslovakische Republik ein Nationalitäten-Locarno geworden ist. Wenn wir nun einigige Betrachtungen darüber anstellen, was sich von den Grundsätzen der Washingtoner Deklaration verwirklicht hat, können wir das Gegenteil dessen feststellen, was dort steht: Volle Freiheit des Gewissens, Freiheit der Presse, Freiheit der Versammlungen, Gleichberechtigung der nationalen Minderheiten, Trennung der Kirche vom Staate, Umwandlung der Heeresorganisation in eine Volksmiliz. Innerhalb dieser zehn Jahre hat sich nicht das Geringste von diesen Grundsätzen verwirklicht. Die Freiheit in Wort und Schrift ist ein Märchen, nicht einmal auf parlamentarischem Boden gilt diese Freiheit. Hier wird die Redefreiheit gedrosselt und wenn es der parlamentarischen Mehrheit nicht genehm ist, sogar Streichungen der Abgeordnetenreden vorgenommen, sicherlich eine Tätigkeit, die mit der Freiheit des Wortes wahrlich nicht in Einklang gebracht werden kann. Freiheit der Presse - darüber ließe sich vieles sagen. Das geschriebene Wort ist gedrosselt durch das Preßgesetz und das, was noch übrig bleibt, wird im Konfiskationswege unmöglich gemacht. In keinem Staat haben sich die Konfiskationen so vermehrt, wie gerade gegenwärtig in der Èechoslovakei, und noch dazu unter der Leitung eines deutschen Justizministers. Was nun weiter die Freiheit der Versammlungen anbetrifft, so gibt es wohl keinen demokratischen Staat, der Kundgebungen mit den lächerlichsten Begründungen verbietet; es gibt wohl keinen Staat, der auf Demokratie Anspruch erheben kann, wo die Versammlungen unter ein derartiges Überwachungssystem gestellt werden, wie es hier der Fall ist. Sogar in Versammlungen, die gar keinen politischen Charakter tragen, sogar in Zusammenkünften von Betriebsarbeitern werden bis in die entlegensten Dörfer Regierungsbeamte, Staatspolizisten und Spitzel geschickt und all das nennt man dann Versammlungsfreiheit, was zur Folge hat, daß auf Grund dieses Spitzelwesens eine Reihe von Anklagen nach den Bestimmungen des Schutzgesetzes erhoben werden. Besonders in Schlesien ist die Zahl der Verurteilungen überaus reich.

Und dann noch ein Wort zu den allgemeinen politischen Kapiteln. Wenn wir unsere Verwaltung betrachten, eine Bürokratisierung der Verwaltung, die den Machteinfluß der hohen Bürokratie steigert und die, soweit die strafrechtliche Seite in Betracht kommt, den letzten Rest der bürgerlichen Freiheit aufgehoben und den Staatsbürger vollständig unter die Aufsicht der Staatspolizei gestellt hat, dann kommen wir zu anderen Urteilen über diesen Staat, als die Mehrheitsparteien. Soweit es sich um die autonome Verwaltung handelt, hat gerade die Verwaltungsreform gezeigt, daß das bißchen Autonomie, das vorhanden war, restlos geraubt und die ganze Verwaltung unter die Aufsicht der staatlichen Bürokratie gestellt wird. Es haben sich alle die gemachten Zusagen und Versprechungen nicht erfüllt. Gerade heute sprach vor mir ein Vertreter der Mehrheitsparteien, noch dazu ein Schlesier, ich meine nicht den Koll. Špaèek, sondern vor ihm den Koll. Kunz, der sich dazu verstieg, die Behauptung aufzustellen, daß die deutschen Christlichsozialen mit Befriedigung auf ihre bald dreijährige Mitarbeit innerhalb der Koalition zurückblicken, weil sich die Wirtschaftsverhältnisse dieses Staates durch ihre Mitarbeit bedeutend gebessert haben. Derselbe Herr Kollege hat auch über die Art der Angriffe der politischen Parteien gesprochen und gemeint, die Verwaltungsreform sei gar nicht so schlecht, wie sie durch die Agitation der Oppositionsparteien hingestellt werde. Und er hat die Kühnheit gehabt, die Behauptung aufzustellen, er als Schlesier, daß das Land Schlesien ja eigentlich nichts verloren habe, daß das Land Schlesien eine Expositur bekomme, daß die Ämter in Schlesien verbleiben und die, die wegkommen, durch technische Ämter ersetzt werden sollen. Zufällig hat gestern abends in Troppau eine große Kundgebung stattgefunden, an der sich auch christlichsoziale Gewerbetreibende beteiligt haben, die dort protestierten, weil sich keine der Zusagen, die Herr Dr Luschka ihnen gegenüber gemacht hat, bis heute erfüllte. Nichts bekommt Schlesien, weder eine Expositur, noch Ersatz für die Ämter, das einzige, was ihnen verbleibt, ist der Adler, der historische Begriff, und davon kann die Selbständigkeit Schlesiens wirklich nicht leben.

Meine Herren, es ließe sich auch zu den Kapiteln "Ministerium des Innern" und "Finanzgesetz" vieles sagen, mit Rücksicht auf die Kürze der Redezeit ist das aber unmöglich. Aber eines möchte ich doch feststellen. Ich glaube, auch die Regierungskreise sind zu der Überzeugung gekommen, daß die Auswirkung des Finanzgesetzes für die ganze Wirtschaft der Gemeinden unerträglich ist, daß die unsinnigsten Streichungen vorgenommen werden, ich will gar nicht reden von der gehässigen Einstellung der Bürgerlichen gegen alles Soziale, was in diesen Voranschlägen enthalten ist. Dafür, daß die unsinnigsten Streichungen von den Regierungsorganen vorgenommen werden, die die gesamte Regierung und Verwaltung lächerlich machen, möchte ich nur einen Fall herausgreifen. Da ist eine Gemeinde, die Schulgrundstücke besitzt. Für diese Schulgrundstücke muß sie jährlich 800 Kè Steuern bezahlen. Dieser Betrag wird in den Gemeindevoranschlag eingestellt, die Landesverwaltunggskommission streicht die Post auf 400 Kè zusammen und erklärt: Ihr dürft für die Grundstücke nur 400 Kè Steuern bezahlen. Dieselbe Gemeinde hat einen Irren. Über Auftrag der Landesverwaltungskommission muß der Irre in die Nervenheilanstalt in Troppau überführt werden. Diese untersteht der Verwaltung der schlesischen Landeskommission. Die Verwaltung der Irrenanstalt schreibt der Gemeinde einen Betrag von 1800 Kè vor, die Gemeinde setzt diesen Betrag in den Voranschlag ein und verweist auf die Rechnung der Landesirrenananstalt und der Landesverwaltungsbeamte streicht ihn bis auf die Hälfte zusammen und sagt: Auch die Hälfte ist genügend bezahlt für den Irren in der Nervenheilanstalt! So ließen sich unzählige Beispiele anführen, die aufzeigen, wie widersinnig Streichungen vorgenommen werden und daß das die Folgen der Bürokratisierung des letzten Restes von Autonomie und Verwaltung sind.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch darauf verweisen, daß gerade jetzt vor mir der Herr Koll. Špaèek aus Mähr. Ostrau gesprochen hat. Die Einstellung dieses Herrn ist sehr interessant. Aber festgehalten zu werden verdient, daß derselbe Herr Koll. Špaèek, der jetzt gerade das Loblied der deutschen aktivistischen Parteien gesungen und erklärt hat, man sei ihnen zu Dank verpflichtet dafür, daß sie für die Militärvorlagen, für das Finanzgesetz und für alle diese unpopulären Dinge gestimmt haben, trotzdem in der nächsten Minute eine ganze Reihe von Unratkübeln auf diese aktivistischen Parteien ausgeschüttet hat. Derselbe Herr Koll. Špaèek hat auf die sog. nationalen Verhältnisse in Ostrau und Witkowitz verwiesen und hat gemeint, daß dort noch immer die Deutschen bevorzugt, daß mehr deutsche Arbeiter, als ihnen zusteht, untergebracht werden, während die èechische Bevölkerung von den leitenden Organen drangsaliert wird. Der Herr Koll. Špaèek hat schon öfter die Unwahrheit gesprochen und in der nationalen Frage heute nicht das erstemal, das gerade Gegenteil ist der Fall. Alle Arbeitsvermittlungsanstalten in Mähr. Ostrau und Witkowitz versuchen über höheren Auftrag jeden Deutschen vom Arbeitsplatze fernzuhalten. Es ließen sich unzählige Beispiele anführen, die das Gegenteil von dem bestätigen, was Herr Koll. Špaèek hier gesagt hat. Ich verweise nur auf die Entlassung Tausender von deutschen Angestellten im Staatsdienste, aber auch auf die ziffernmäßig festgehaltenen Entlassungen einer großen Zahl deutscher Arbeiter gerade aus dem Ostrauer und Witkowitzer Revier. Ich glaube also, mit dem nationalen Locarno im èechoslovakischen Staate ist es trotz der Jubiläumsbetrachtungen sehr schlecht gestellt.


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