Pátek 13. èervence 1928

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 154. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze v pátek dne 13. èervence 1928.

Øeè posl. Simma (viz str. 7 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Wenn es dem Beurteiler der Entwicklungen des Staates einfiele, die Bedeutsamkeit derselben aus der Art und Weise zu klassifizieren, wie das Parlament zu ihnen Stellung nimmt, müßte er zu einem Schlusse kommen, der keineswegs der Tatsächlichkeit entspricht. Das Parlament tagt monatelang nicht, obwohl es nach der Verfassung Organ des souveränen Volkes ist, das Gesetze gibt, sie vollzieht und Recht findet und alle Ereignisse, die den Staat berühren, zu beobachten und zu besprechen hat. Wenn nun diese Tätigkeit durch lange Zeit eingestellt bleibt, so kann nach Annahme eines Nichteingeweihten kein Vorwand zu ihrer Vornahme vorliegen. Dann muß nach dieser Annahme der Zustand des Staates ein vorzüglicher sein, der jede größere oder kleinere Sorge ausschließt und es möglich macht, daß die Verantwortlichkeit sich außer Aktion hält.

Aber, wie gesagt, jeder solche Schluß ist ein Fehlschluß. Die Entwicklungen, u. zw. die innerstaatlichen wie die den Staat von außen berührenden, sind gerade in der letzten Zeit so außerordentlich schwerwiegend, daß eben dieser Stillstand des Parlaments als ernstes Symptom zu bezeichnen ist, das nichts anderes beweist, als die Unaufrichtigkeit, mit der man dem Geiste der Verfassung begegnet. Während die Verfassung vom Volke spricht, das über seine Angelegenheiten beratend zu Tische sitzen soll, ist dieser Geist der Verfassung so umgesetzt, daß aus dem Volk ein Konventikel wird. Diese Konventikel finden wir immer und immer wieder an der Arbeit. Wir haben sie auch in den letzten Tagen verspürt und das Parlament in seiner Gänze wird dadurch zu seiner Bedeutungslosigkeit herabgedrückt.

Meine Herren, dann darf es nicht Wunder nehmen, daß wir jede Kammersitzung und auch diese vorletzte vor Eintritt des Hauses in die Ferien dazu benützen, um unsere Bedenken gegenüber einer solchen Handhabung der verfassungsmäßigen Rechte der Bevölkerung auszudrücken. Das soll so gewertet werden, wie es gewertet zu werden nötig ist.

Die heute zur Beratung stehende Vorlage soll mir Anlaß sein, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Staates ein bißchen kritisch unter die Lupe zu nehmen. Es ist in den letzten Wochen viel über die politischen Angelegenheiten, viel über die politischen Vorgänge im Staate beraten und gesprochen worden, ich habe die Absicht, vor Ausgang der Sommertagung des Parlaments auf eine drohende wirtschaftliche Komplizierung hinzuweisen, von der ich meine, daß sie beachtet werden muß.

Wir konnten die Signale drohender wirtschaftlicher Erschwerungen und Verwicklungen in der letzten Zeit verschiedentlich hören, wir konnten sie bei uns vernehmen, wir konnten sie aus anderen Ländern vernehmen, aus England, Deutschland, Österreich, Ungarn, Polen und Amerika. Nichts wäre strafbarer, als diese Signale drohender wirtschaftlicher Verwicklungen etwa übertönen zu wollen. Kein Anlaß kann so hoch gewertet werden, daß er nicht zurückgestellt werden müßte, vorausgehend uns den Veränderungen gegenüber einzustellen, die sich weltwirtschaftlich und handelspolitisch für uns als Industrie-, Handels- und Exportstaat mehr fühlbar als für andere erweisen, und es wäre ein um so größerer Fehler, sie verschweigen zu wollen, etwa wegen Eintritts der Ferien oder in Voraussicht großer Feste aus Anlaß irgend eines Jubiläums des Staates.

Es ist sehr kennzeichnend, daß der èechoslovakische Gesandte in London Jan Masaryk, von dem wir wissen, daß er in seinem Amte nicht lediglich wirtschaftlichen und handelspolitischen Missionen dient, der vielmehr repräsentative oder slavisch-kulturpropagandistische Aufgaben erfüllt, über drohende Schwierigkeiten für die èechoslovakische Wirtschaft berichtet, u. zw. sehr eindeutig, wenn er in der "Tribuna" schreibt: "Man müsse in der èechoslovakischen Wirtschaft darauf gefaßt sein, bei weitem mit größeren Schwierigkeiten zu kämpfen, als man vor unlanger Zeit sie gehabt hat."

Soll mit diesem Worte die drohende große Krise angedeutet werden? Es spricht allerdings vieles dafür, daß wir zu einer solchen treiben, einer Krise, die - und das erhöht ihre Gefahr - das Format einer Weltwirtschaftskrise hat. Diese Feststellung ist gewiß unerfreulich, aber wir können sie nicht umgehen. Prophezeiung ist es trotzdem keine, welche wir uns leisten. Den Kenner der Auswirkungen der Nachkriegsordnung konnte es nicht beruhigen, daß letzthin eine konjunkturale Periode lief, er weiß, daß dieselbe die Besserung des Zustandes eines Schwerkranken, der die absolut unerläßliche radikale Operation ablehnt, vor dem Tode ist. Die erste Nachkriegsweltwirtschaftskrise ist die Liquidation des 4 1/2jährigen Krieges gewesen. Die kommende allgemeine Krise ist die Folge des Friedens, der im besonderen in wirtschaftlicher Beziehung unsinnige Verhältnisse schuf.

Es mag Kreise geben, welche die kommende Katastrophe für unmöglich halten und allen Mahnern und Warnern mit einem überlegenen Lächeln begegnen. Sie begehen, um mit Keynes zu sprechen, "den Irrtum, zu schnell unvermeidliche Folgen von Ursachen zu erwarten".

Aber wir können eine Maßnahme wie die neuen englischen Zoll- und Finanzgesetze gar nicht begreifen, wenn wir nicht die Gesamtheit der in Betracht kommenden Kräfte, die hierzu treiben, erfassen. Die Rohzuckerzollermäßigung ist ein sprechendes Beispiel hierfür. Sie entspringt dem Bestreben Englands, das bisher auf den Import ausländischen Zukkers angewiesen war, sich in dieser Richtung autark zu machen. Um zu dem Ziele zu gelangen, führt man in England das System der Zollschranken ein und erteilt an die eigene Zuckerindustrie, vor allem an die Raffinerien, Subsidien, um sie unter allen Umständen gegen eine drohende Konkurrenz zu sichern, hebt damit die eigene Industrie - so meint man - paralysiert einen Teil der Arbeitslosigkeit und gewinnt dadurch Zolleinnahmen.

Ich stelle das zunächst einmal als wirtschaftliche Neuerung Englands fest und schildere kurz die Wirkung auf uns: Bisher genoß Rohzucker gegenüber raffiniertem Zucker in England einen Vorzugszoll von etwa 15 Kè bei 100 kg, den jedoch unsere Raffinerien überbrücken konnten. In dem am 24. April 1928 vom englischen Parlamente angenommenen Budget wurde den eigenen Raffinerien eine Erhöhung des Vorzugszolls auf  2/4 per cwt, d. i. 50.8 kg zugebilligt, so daß sich die Differenz zwischen dem Einfuhrzoll auf Rohzucker und Raffinade auf 52 Kè stellt. Das ist gleichbedeutend damit, daß der Export unserer Raffinade nach England unmöglich wird. Die Folge für die heimische Zuckerindustrie im besonderen, wie die Wirtschaft im allgemein en, ist unabsehbar. Unser Export war an dem Konsum Englands von 7 Mill. q mit 3.25 Mill. q beteiligt.

Gleichzeitig wurde vom englischen Unterhaus ein Gesetzentwurf genehmigt, wornach auf Knöpfe fremden Ursprungs ein Zoll von 33.3% eingehoben wird. Diese Zollerhöhumg ist wieder für die èechoslovakische Knopfindustrie, die annähernd 19.000 Personen beschäftigt und deren Ausfuhr nach England im Jahre 1926 18 Mill. Kè ausmachte, ruinös. Wir würden unseriös sein, diese englischen Zollfinanzmaßnahmen ausschließlich unserer Handelspolitik in die Schuhe zu schieben. Es ist das zunächst versucht worden. Aber wenn ich auch kein Anwalt der èechoslovakischen Handelspolitik bin - ich werde mich mit ihr noch kritisch beschäftigen - sie für das geschilderte haftbar zu machen, geht nicht an. England kam zwangsläufig zum Zuckerdifferenzialzoll, zum Knopfzoll, zur Assimilierung der Carrency Notes an die valutarischen Banknoten der Bank von England und allen den neuen Gesetzen der letzten Zeit. England ist durch den Krieg arm geworden. Es befindet sich wie die übrigen europäischen Staaten unter der finanziellen Botmäßigkeit Amerikas, seine Handelsbilanz ist passiv., was die Statistik der Einfuhrüberschüsse der Jahre nach dem Kriege beweist. Das sind grundlegende Veränderungen in den englischen Verhältnissen, die grundlegende Reformen auslösen.

Wenn der englische Schatzkanzler dann in seinem Budget dem allem Rechnung zu tragen versucht, ist das wohl begreiflich. Aber wir fragen, trotzdem wir uns nicht anmaßen, die Einsichten Lord Balfours in die Weltlage und die Englands zu haben, ob die angewandten Mittel Hilfe bringen werden? Wir geben die kurze Antwort vor unserer ausführlichen Meinung über den Wert der englischen Maßnahmen vorweg: Sie wird nicht in dem erdachten Sinne Hilfe bringen.

Lord Balfour will England zu jener wirtschaftlichen Robinsonade leiten, welche das Ideal der engstirnigen Handels- und Wirtschaftspolitiker Europas ist: Nichts kaufen, damit kein Geld außerhalb des Landes gerät, sich selbst genügsam werden. Robinson war bei einem solchen Zustand nicht freiwillig. Die Führung der heutigen Wirtschaftspolitik aber will freiwillig den Inselzustand schaffen und denkt nicht, daß das Leben so verfeinert ist und sich auf einer so wechselseitig sich dienenden Organisation aufgebaut hält, daß jede Revolution zum Primitiven geradezu absurd ist. Dabei wollen wir uns nicht weiter darüber verbreiten, daß es gerade England gewesen ist, das jenem System diente, das sich in dem bekannten Worte ausdrückt: "Laissez faire et laissez passer".

Die augenblicklich für ganz Europa wirkenden wirtschaftlichen und finanziellen Hemmnisse können nur gelindert werden, wenn man das sie verursachende Übel im Kern trifft: das ganze europäische Schulden- und Wirtschaftsproblem allgemein zu lösen, den europäischen Wirtschaftsaufbau allgemein vorzunehmen, möglichst ohne einen Teil hierbei auszuschließen. Nur so kann auch die englische Finanz- und Wirtschaftskrise, die sich auf uns so böse auswirkt, ein Ende finden. Leider können wir nicht feststellen, daß über die theoretische Anerkennung der Mittel zu einer Besserung der Gesamtweltlage, wie sie angeführt wurden, hinausgekommen wurde.

Ich mußte diese Exkursion in die allgemeine Welt-, Handels- und Finanzpolitik machen, um die wahren Ursachen der für uns so folgenschweren Entwicklungen aufzudecken und damit jene Aufgaben anzuzeigen, die sich nicht einzig in dem Umkreis des èechoslovakischen Staates finden. Auch für uns muß es vorzügliches Bemühen sein, die wirtschaftliche Ordnung Europas unter allgemeinen Gesichtspunkten vorzunehmen. Freilich ist gerade in dieser Beziehung die èechoslovakische Handels- und Wirtschaftspolitik fehlerhaft gewesen. Selbst das mögliche, das von ihr zur Besserung einer größeren Lage mitgetan werden konnte, ist verdorben worden. Es gibt, um beim Zuckerbeispiel zu bleiben, für diese Behauptung keine sprechendere Illustration, als die spezielle èechoslovakische Zuckerpolitik.

Der Artikel 222 des Friedensvertrages, unterzeichnet in St.-Germain en Laye am 10. September 1919, bot die Handhabe zu eventuellen zolltarifarischen Begünstigungen, welche nicht der Meistbegünstigung unterlagen, zwischen der österreichischen Regierung einerseits und der ungarischen oder èechischen andererseits. Hier bot sich für den Zucker- und Kohlenbezug Österreichs aus der Èechoslovakei, bezw. des Zucker- und Kohlenexportes der Èechoslovakei nach Österreich, viel. Die verantwortliche Leitung des èechoslovakischen Staates, seine Handels- und Wirtschaftspolitik, konnten mit Hilfe des Artikels 222 trotz der politischen Teilung Österreichs die Gesetze der bestandenen wirtschaftlichen Komposition Österreich-Ungarns fortführen. Das mußte das große Interesse der èechoslovakischen Industrie gebieten, jener Industrie, deren Basis die große österreichisch-ungarische Komposition war. Dagegen aber beschäftigte man sich mit der Vernichtung eben dieser Komposition. Wenn das auch nicht gelang, viel Elend trug man doch in die Lande und in die Bevölkerung. Schließlich war aber der Effekt doch nur der, daß sich die Bedrückten mit dem Reste ihrer Energie neue Grundlagen ihres Lebens sicherten, aus der jener, der Schaden stiftete, selbst zum größten Schaden kam. Wer kennt nicht das trübe Kapitel der Zuckerpolitik der Jahre 1920/21? Damals bat Wien fast flehentlich um Belieferung mit Zucker. Es war ja wie aller Lebensmittel, so auch des Zuckers bar. Wir dagegen besaßen überfüllte Magazine. Anstatt jedoch das Selbstverständliche zu tun, Wien von unserem Überschuß an Zucker abzugeben und d amit dem Nachbarn zu helfen und uns mit der Bezahlung für die zu liefernde Ware ausgleichen, hielt man jede Zuckersendung nach Wien zurück. Herr Hotowetz spekulierte und er spekulierte in diesem Falle um so lieber, weil es den Nachbarn traf. Österreich hat sich damals in aller Stille Zucker aus Java zu importieren verstanden und die èechoslovakische Zuckerindustrie hatte das Nachsehen. Wenn es damals zu einer Finanzkrise kam, die nur in der bekannten Anspannung des fiskalischen Experimentes ausgeglichen wurde, lag die Schuld bei uns. Es war mit der Kohle ebenso. Und die Kosten solcher Handelspolitik? Die Kosten solcher Handelspolitik trägt in der Regel die Allgemeinheit sehr hart und sauer. Zunächst wird die betreffende Industrie geschädigt. Wenn sie Einnahmsquelle des Staates gewesen ist, wird sie in dieser Hinsicht ein imaginärer Posten. Sind aber die in Wegfall gekommenen Einnahmen als Einnahmen unerläßlich, muß der Finanzminister die Entgänge dann ersetzen durch andere Einnahmen. Meist werden es allgemeine und Verbrauchersteuern sein. In diesem bösen Zirkel bewegt sich dann die sogenannte Korrektur.

Auch der Verlust von nachbarlichen, also praktischesten Absatzgebieten ist ein Kostenpunkt unserer geschilderten fehlerhaften Handelspolitik gewesen. Das beweisen folgende Zahlen: Von der Gesamtausfuhr der Èechoslovakei gingen nach Österreich, ferner nach Ungarn, Polen, Jugoslavien und Rumänien im Jahre 1921 57%, 1922 41%, 1923 40%, 1924 36%, 1925 19%. In den Jahren 1926 und 1927. spannt sich die Sache wieder etwas an. Auf dem österreichischen Markt haben die Fabriken aus dem èechoslovakischen Staatsgebiete also durchschnittlich mehr als 50% des Absatzes bestritten. Die absteigenden Zahlen der Jahre 1921 bis 1927 zeigen, wohin wir gekommen sind durch die ganze Politik, durch die ganze Handelspolitik, die sich in den ersten Jahren in der Hauptsache von Haßgefühlen gegen Österreich und Deutschland leiten ließ, anstatt getragen zu sein von der Vernunft und von der Erkenntnis, daß gerade die uns benachbarten Staatsgebiete unsere besten Absatzgebiete in der Vorkriegszeit gewesen waren und auch in der Nachkriegszeit sein müssen. Es ist aber interessant zu bemerken, daß in derselben Zeit, in der die èechoslovakische Ausfuhr in diese nachbarlichen und dadurch für uns am praktischesten gelegenen Absatzgebiete in der Weise, wie ich es durch die Zahlen ausgedrückt habe, katastrophal gesunken ist, der Export Deutschlands und Englands in diese Länder, also nach Österreich, Ungarn, Jugoslavien und Rumänien fast in demselben Maße gestiegen ist, als unser Export gefallen ist.

Zum Überfluß kommen dann, wie gesagt, als Folgewirkungen einer solchen Handels- und Wirtschaftspolitik, die sich auf die Allgemeinheit unendlich schwer auswirken, die Exportindustrien mit dem Verlangen nach Entschädigungen in Form von Exportprämien, Subsidien, Steuernachlässen usw. und da beginnt der böse Zirkel. Über die Entschädigungsformen bezüglich der Zuckerindustrie ist in der letzten Zeit viel diskutiert worden. Wir müssen zu diesem Experiment, das das Ramponieren der Industrie, insbesondere der Zuckerindustrie einleitet, Stellung nehmen, weil eine jede derartige diesen Industrien gewährte Maßnahme wieder einen Rückfall auf die breiten Schichten der arbeitenden Bevölkerung, auf die breiten Verbraucherschichten bedeutet. Regelung der Steuerbelastung, Herabsetzung der Verbrauchssteuern, der Umsatzsteuer, der Kohlen- und Transportsteuer und dgl. ist erwogen worden. Eine neue Tarifpolitik wird genannt usw. Dabei wird ohne Zweifel über das Ziel gegangen. Man verlangt seitens der Zuckerindustrie und in diesem Falle auch der Rübenbauerschaft nicht nur eine Paralysierung der Schäden, sondern wünscht hierbei noch ein Geschäft zu machen. Wir kennen die Akteure solcher Politik. Aber wir sagen hier öffentlich, daß wir auf das Schärfste gegen ein solches Experiment protestieren, daß wir allerschärfstens aber protestieren, daß die Kosten des Zuckerkartells auf die Verbraucher gewälzt werden. Mögen die Akteure immerhin selbst auch ein kleines Opfer bringen, ihre letztjährigen Gewinne machen das gewiß möglich.

Eine Erhöhung des Inlandszuckerpreises wäre das Gefährlichste, was man an Korrektur der englischen Zollmaßnahmen einleiten könnte. Vielmehr müßte, um als Korrektur des Verlustes des ausländischen Absatzes zu einem großen Inlandskonsum zu gelangen, dieser durch eine vernünftige Preispolitik nach unten vorbereitet werden. Einzig das wird eine gesteigerte Verwendung von Zucker bei uns ergeben. Wir stehen nicht an, zu erklären, daß die Erhöhung des Inlandskonsums möglich ist. Wir haben eine viel geringere Zuckerkopfquote, als z. B. Deutschland. Aber ja keine Erhöhung des Inlandszuckerpreises zur Erreichung solchen Zieles ins Auge gefaßt! Unsere Stellungnahme geht dahin, an die Regierung zu appellieren, bei den Maßnahmen im Interesse der durch die englischen Zollmaßnahmen geschädigten Zuckerindustrie ja nicht an eine Erhöhung des Inlandszuckerpreises zu denken. In diesem Sinne bewegt sich auch meine am 26. April an die Gesamtregierung eingebrachte Interpellation, betreffend Maßnahmen gegen eine Erhöhung des Inlandszuckerpreises. Ich wiederhole die Anfrage an die Regierung, die die Interpellation stellt, auch hier im Haus: "Ist sie geneigt, bei Beratung der Maßnahmen zur Abwendung der Verluste in der Zuckerindustrie alle Maßnahmen zu ergreifen, um eine Erhöhung des Inlandpreises für Zucker abzuwenden, ja im Gegenteil, den Zuckerpreis im Inland so günstig als möglich zu gestalten, um jede neuerliche Belastung der Konsumenten zu vermeiden und eine Erhöhung des Zuckerkonsums im Inland zu ermöglichen?"

Suchen wir zu einer sachlichen Wirtschaftspolitik zu kommen, die uns die Sorgen erleichtert, die uns wenigstens zu den auf uns ausstrahlenden Schwierigkeiten aus der allgemeinen Weltlage nicht noch eigene schafft. Sie zu interpretieren, liegt in unserem eigenen Vermögen. Sie endgültig zu berücksichtigen, müßte lehrreich gewesen sein die bittere Erfahrung der Jahre nach dem politischen Umsturz.

Die letzten gegen ein solche Auffassung gegerichteten Maßnahmen sind die Markprioritätsangelegenheit und die neue Tarifpolitik. Die Angelegenheit der Einlösung der. Markprioritäten zeigt am deutlichsten auf, wie es außerordentlich gefährlich werden kann, zehn Jahre nach dem Kriege in handels-, wirtschafts-, wie finanzpolitischer Beziehung der Kriegspsychose dienen zu wollen. Die Zwangseinlösung der ehemaligen Privatbahnwerte, mit deren Erlös vor Jahrzehnten die Eisenbahnen des nordwestböhmischen Kohlenbekkens mit vorwiegend deutscher Finanzhilfe aufgebaut wurden, ist die gleiche staatliche Transaktion, denen früher die Privateigentümer der Buštìhrader Eisenbahn, der Aussig-Teplitzer Eisenbahn und der Kaschau-Oderberger Bahn ausgesetzt waren. Der Einlösungsmaßstab entsprach auch der Tradition, mit der schon die Kriegsanleiheangelegenheit behandelt wurde. Für 100 Vorkriegsmark werden 2 1/2%, also ungefähr 20 Kè geboten. Die reichsdeutschen Besitzer der Markprioritäten werden sich gegenüber einer solchen Lösung zur Wehr setzen. Es stehen ihnen manche Mittel offen. Sie können mit einer Nachtragsnovelle zu der reichsdeutschen Aufwertungsgesetzgebung aufwarten, die sehr unangenehme Folgen für den èechoslovakischen Altbesitzer an Wertpapieren und Spareinlagen zur Folge haben könnte. Dann können die Besitzer von Markprioritäten auf die Einreichung der Stücke überhaupt verzichten und alle Anstrengungen auf Entscheidung des Falles vor einem unparteiischen Forum konzentrieren. Das Größte und Folgenschwerste besteht darin, daß sich der Staat, dessen Glieder durch eine Wirtschaftsmaßnahme wie die Markprioritäteneinlösung betroffen werden, zur Wehr setzt. Das kann geschehen, auch wenn dieser Staat Deutschland heißt. "Zas - wieder zas", so spricht ein sehr zirkulierendes Sprichwort. Die Gegenmaßnahme kommt und im Nu hat der Wirtschaftskrieg begonnen. Das Verhältnis der Èechoslovakei zu Deutschland ist nach der wirtschaftspolitischen Seite hin heute Kriegsverhältnis, leider, das muß festgestellt werden, provoziert durch unsere Herren. Und doch gibt es keine brennendere Frage für die Gesamtheit des èechoslovakischen Staates, als die Herstellung eines geordneten Wirtschaftszustandes mit dem großen Nachbar auf der Grundlage eines alle befriedigenden Handelsvertrages.

Deutschland steht in handelspolitischer Beziehung der Èechoslovakei gegenüber an erster Stelle. Seine Handelsbilanz mit uns betrug im Jahre 1927 1092 Millionen Kè zugunsten der Èechoslovakei bei einem gesamten eigenstaatlichen Außenhandelsüberschuß von 2189 Millionen Kè und wog sogar mit dem Aktivum des èechoslovakischen Außenhandels mit Österreich von 1789 Millionen Kè die Handelsabgänge mit Polen und Frankreich auf. Auch nach den großen Verlusten infolge der Kündigung des èechoslovakisch - deutschen Handelsvertrages betrug das Handelsaktivum der Èechoslovakei mit Deutschland und Österreich zusammengenommen in den ersten vier Monaten 1928 508.3 Millionen Kè....

Pøedseda (zvoní): Pane poslanèe, upozoròuji vás, že øeènická lhùta uplynula.

Posl. Simm (pokraèuje):... und entsprach fast genau dem Gesamtüberschuß unseres Außenhandels per 513 Millionen Kè in dieser Zeit. Deshalb ist es notwendig, mit unserem nächsten Nachbar, mit Deutschland, zu geordneten Vertragsverhältnissen zu kommen. Es ist unsere Aufgabe hier, auch von dieser Stelle in dieser Beziehung an die Regierung zu appellieren.

Meine Herren! Es ist mir nicht möglich, weil mich der Herr Präsident gebeten hat, ich möge meine Ausführungen schließen, die Betrachtungen über die Handels- und Wirtschaftspolitik des Staates, ihre Führung und die Fehler ihrer Führer zu Ende zu führen. Wir werden ja bei einer anderen Gelegenheit hierzu noch Stellung zu nehmen wissen.

Zu dem vorliegenden Gesetz habe ich namens meiner Partei zu erklären, daß es uns in seinen Bestimmungen als ungenügend erscheint, besonders in den Bestimmungen über die zeitliche Grenze der Wirksamkeit des Gesetzes. Dennoch werden wir für das Gesetz stimmen, weil wir darin immerhin eine Tendenz in der Richtung vorfinden, jene Zollbewegungen, die sich nicht nur zum Schaden unseres Staates, sondern des gesamten mitteleuropäischen und europäischen Wirtschaftskomplexes in der ganzen Welt auswirken, einigermaßen zu durchbrechen. (Potlesk poslancù nìm. strany nár. socialistické.)

Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP