Pátek 13. èervence 1928
Meine Damen und Herren! Wenn es dem Beurteiler
der Entwicklungen des Staates einfiele, die Bedeutsamkeit derselben
aus der Art und Weise zu klassifizieren, wie das Parlament zu
ihnen Stellung nimmt, müßte er zu einem Schlusse kommen,
der keineswegs der Tatsächlichkeit entspricht. Das Parlament
tagt monatelang nicht, obwohl es nach der Verfassung Organ des
souveränen Volkes ist, das Gesetze gibt, sie vollzieht und
Recht findet und alle Ereignisse, die den Staat berühren,
zu beobachten und zu besprechen hat. Wenn nun diese Tätigkeit
durch lange Zeit eingestellt bleibt, so kann nach Annahme eines
Nichteingeweihten kein Vorwand zu ihrer Vornahme vorliegen. Dann
muß nach dieser Annahme der Zustand des Staates ein vorzüglicher
sein, der jede größere oder kleinere Sorge ausschließt
und es möglich macht, daß die Verantwortlichkeit sich
außer Aktion hält.
Aber, wie gesagt, jeder solche Schluß
ist ein Fehlschluß. Die Entwicklungen, u. zw. die innerstaatlichen
wie die den Staat von außen berührenden, sind gerade
in der letzten Zeit so außerordentlich schwerwiegend, daß
eben dieser Stillstand des Parlaments als ernstes Symptom zu bezeichnen
ist, das nichts anderes beweist, als die Unaufrichtigkeit, mit
der man dem Geiste der Verfassung begegnet. Während die Verfassung
vom Volke spricht, das über seine Angelegenheiten beratend
zu Tische sitzen soll, ist dieser Geist der Verfassung so umgesetzt,
daß aus dem Volk ein Konventikel wird. Diese Konventikel
finden wir immer und immer wieder an der Arbeit. Wir haben sie
auch in den letzten Tagen verspürt und das Parlament in seiner
Gänze wird dadurch zu seiner Bedeutungslosigkeit herabgedrückt.
Meine Herren, dann darf es nicht Wunder nehmen,
daß wir jede Kammersitzung und auch diese vorletzte vor
Eintritt des Hauses in die Ferien dazu benützen, um unsere
Bedenken gegenüber einer solchen Handhabung der verfassungsmäßigen
Rechte der Bevölkerung auszudrücken. Das soll so gewertet
werden, wie es gewertet zu werden nötig ist.
Die heute zur Beratung stehende Vorlage soll
mir Anlaß sein, die wirtschaftlichen Verhältnisse des
Staates ein bißchen kritisch unter die Lupe zu nehmen. Es
ist in den letzten Wochen viel über die politischen Angelegenheiten,
viel über die politischen Vorgänge im Staate beraten
und gesprochen worden, ich habe die Absicht, vor Ausgang der Sommertagung
des Parlaments auf eine drohende wirtschaftliche Komplizierung
hinzuweisen, von der ich meine, daß sie beachtet werden
muß.
Wir konnten die Signale drohender wirtschaftlicher
Erschwerungen und Verwicklungen in der letzten Zeit verschiedentlich
hören, wir konnten sie bei uns vernehmen, wir konnten sie
aus anderen Ländern vernehmen, aus England, Deutschland,
Österreich, Ungarn, Polen und Amerika. Nichts wäre strafbarer,
als diese Signale drohender wirtschaftlicher Verwicklungen etwa
übertönen zu wollen. Kein Anlaß kann so hoch gewertet
werden, daß er nicht zurückgestellt werden müßte,
vorausgehend uns den Veränderungen gegenüber einzustellen,
die sich weltwirtschaftlich und handelspolitisch für uns
als Industrie-, Handels- und Exportstaat mehr fühlbar als
für andere erweisen, und es wäre ein um so größerer
Fehler, sie verschweigen zu wollen, etwa wegen Eintritts der Ferien
oder in Voraussicht großer Feste aus Anlaß irgend
eines Jubiläums des Staates.
Es ist sehr kennzeichnend, daß der èechoslovakische
Gesandte in London Jan Masaryk, von dem wir wissen, daß
er in seinem Amte nicht lediglich wirtschaftlichen und handelspolitischen
Missionen dient, der vielmehr repräsentative oder slavisch-kulturpropagandistische
Aufgaben erfüllt, über drohende Schwierigkeiten für
die èechoslovakische Wirtschaft
berichtet, u. zw. sehr eindeutig, wenn er in der "Tribuna"
schreibt: "Man müsse in der èechoslovakischen
Wirtschaft darauf gefaßt sein, bei weitem mit größeren
Schwierigkeiten zu kämpfen, als man vor unlanger Zeit sie
gehabt hat."
Soll mit diesem Worte die drohende große
Krise angedeutet werden? Es spricht allerdings vieles dafür,
daß wir zu einer solchen treiben, einer Krise, die - und
das erhöht ihre Gefahr - das Format einer Weltwirtschaftskrise
hat. Diese Feststellung ist gewiß unerfreulich, aber wir
können sie nicht umgehen. Prophezeiung ist es trotzdem keine,
welche wir uns leisten. Den Kenner der Auswirkungen der Nachkriegsordnung
konnte es nicht beruhigen, daß letzthin eine konjunkturale
Periode lief, er weiß, daß dieselbe die Besserung
des Zustandes eines Schwerkranken, der die absolut unerläßliche
radikale Operation ablehnt, vor dem Tode ist. Die erste Nachkriegsweltwirtschaftskrise
ist die Liquidation des 4 1/2jährigen
Krieges gewesen. Die kommende allgemeine Krise ist die Folge des
Friedens, der im besonderen in wirtschaftlicher Beziehung unsinnige
Verhältnisse schuf.
Es mag Kreise geben, welche die kommende Katastrophe
für unmöglich halten und allen Mahnern und Warnern mit
einem überlegenen Lächeln begegnen. Sie begehen, um
mit Keynes zu sprechen, "den Irrtum, zu schnell unvermeidliche
Folgen von Ursachen zu erwarten".
Aber wir können eine Maßnahme wie
die neuen englischen Zoll- und Finanzgesetze gar nicht begreifen,
wenn wir nicht die Gesamtheit der in Betracht kommenden Kräfte,
die hierzu treiben, erfassen. Die Rohzuckerzollermäßigung
ist ein sprechendes Beispiel hierfür. Sie entspringt dem
Bestreben Englands, das bisher auf den Import ausländischen
Zukkers angewiesen war, sich in dieser Richtung autark zu machen.
Um zu dem Ziele zu gelangen, führt man in England das System
der Zollschranken ein und erteilt an die eigene Zuckerindustrie,
vor allem an die Raffinerien, Subsidien, um sie unter allen Umständen
gegen eine drohende Konkurrenz zu sichern, hebt damit die eigene
Industrie - so meint man - paralysiert einen Teil der Arbeitslosigkeit
und gewinnt dadurch Zolleinnahmen.
Ich stelle das zunächst einmal als wirtschaftliche
Neuerung Englands fest und schildere kurz die Wirkung auf uns:
Bisher genoß Rohzucker gegenüber raffiniertem
Zucker in England einen Vorzugszoll von etwa 15 Kè bei
100 kg, den jedoch unsere Raffinerien überbrücken konnten.
In dem am 24. April 1928 vom englischen Parlamente angenommenen
Budget wurde den eigenen Raffinerien eine Erhöhung des Vorzugszolls
auf 2/4
per cwt, d. i. 50.8 kg zugebilligt, so daß sich die
Differenz zwischen dem Einfuhrzoll auf Rohzucker und Raffinade
auf 52 Kè stellt. Das ist gleichbedeutend damit, daß
der Export unserer Raffinade nach England unmöglich wird.
Die Folge für die heimische Zuckerindustrie
im besonderen, wie die Wirtschaft im allgemein en, ist unabsehbar.
Unser Export war an dem Konsum Englands von 7 Mill. q mit 3.25
Mill. q beteiligt.
Gleichzeitig wurde vom englischen Unterhaus
ein Gesetzentwurf genehmigt, wornach auf Knöpfe fremden
Ursprungs ein Zoll von 33.3% eingehoben wird. Diese Zollerhöhumg
ist wieder für die èechoslovakische Knopfindustrie,
die annähernd 19.000 Personen beschäftigt und deren
Ausfuhr nach England im Jahre 1926 18 Mill. Kè ausmachte,
ruinös. Wir würden unseriös
sein, diese englischen Zollfinanzmaßnahmen ausschließlich
unserer Handelspolitik in die Schuhe zu schieben. Es ist das zunächst
versucht worden. Aber wenn ich auch kein Anwalt der èechoslovakischen
Handelspolitik bin - ich werde mich mit ihr noch kritisch
beschäftigen - sie für das geschilderte haftbar zu machen,
geht nicht an. England kam zwangsläufig zum Zuckerdifferenzialzoll,
zum Knopfzoll, zur Assimilierung der Carrency Notes an die valutarischen
Banknoten der Bank von England und allen den neuen Gesetzen der
letzten Zeit. England ist durch den Krieg arm geworden. Es befindet
sich wie die übrigen europäischen Staaten unter der
finanziellen Botmäßigkeit Amerikas, seine Handelsbilanz
ist passiv., was die Statistik der Einfuhrüberschüsse
der Jahre nach dem Kriege beweist. Das sind grundlegende Veränderungen
in den englischen Verhältnissen, die grundlegende Reformen
auslösen.
Wenn der englische Schatzkanzler dann in seinem
Budget dem allem Rechnung zu tragen versucht, ist das wohl begreiflich.
Aber wir fragen, trotzdem wir uns nicht anmaßen, die Einsichten
Lord Balfours in die Weltlage und die Englands zu haben, ob die
angewandten Mittel Hilfe bringen werden? Wir geben die kurze Antwort
vor unserer ausführlichen Meinung über den Wert der
englischen Maßnahmen vorweg: Sie wird nicht in dem erdachten
Sinne Hilfe bringen.
Lord Balfour will England zu jener wirtschaftlichen
Robinsonade leiten, welche das Ideal der engstirnigen Handels-
und Wirtschaftspolitiker Europas ist: Nichts kaufen, damit kein
Geld außerhalb des Landes gerät, sich selbst genügsam
werden. Robinson war bei einem solchen Zustand nicht freiwillig.
Die Führung der heutigen Wirtschaftspolitik aber will freiwillig
den Inselzustand schaffen und denkt nicht, daß das Leben
so verfeinert ist und sich auf einer so wechselseitig sich dienenden
Organisation aufgebaut hält, daß jede Revolution zum
Primitiven geradezu absurd ist. Dabei wollen wir uns nicht weiter
darüber verbreiten, daß es gerade England gewesen ist,
das jenem System diente, das sich in dem bekannten Worte ausdrückt:
"Laissez faire et laissez passer".
Die augenblicklich für ganz Europa wirkenden
wirtschaftlichen und finanziellen Hemmnisse können nur gelindert
werden, wenn man das sie verursachende Übel im Kern trifft:
das ganze europäische Schulden- und Wirtschaftsproblem allgemein
zu lösen, den europäischen Wirtschaftsaufbau allgemein
vorzunehmen, möglichst ohne einen Teil hierbei auszuschließen.
Nur so kann auch die englische Finanz- und Wirtschaftskrise, die
sich auf uns so böse auswirkt, ein Ende finden. Leider können
wir nicht feststellen, daß über die theoretische Anerkennung
der Mittel zu einer Besserung der Gesamtweltlage, wie sie angeführt
wurden, hinausgekommen wurde.
Ich mußte diese Exkursion in die allgemeine
Welt-, Handels- und Finanzpolitik machen, um die wahren
Ursachen der für uns so folgenschweren Entwicklungen aufzudecken
und damit jene Aufgaben anzuzeigen, die sich nicht einzig in dem
Umkreis des èechoslovakischen Staates finden. Auch für
uns muß es vorzügliches Bemühen
sein, die wirtschaftliche Ordnung Europas unter allgemeinen Gesichtspunkten
vorzunehmen. Freilich ist gerade in dieser Beziehung die èechoslovakische
Handels- und Wirtschaftspolitik fehlerhaft gewesen. Selbst das
mögliche, das von ihr zur Besserung einer
größeren Lage mitgetan werden konnte, ist verdorben
worden. Es gibt, um beim Zuckerbeispiel zu bleiben, für diese
Behauptung keine sprechendere Illustration, als die spezielle
èechoslovakische Zuckerpolitik.
Der Artikel 222 des Friedensvertrages, unterzeichnet
in St.-Germain en Laye am 10. September 1919, bot die Handhabe
zu eventuellen zolltarifarischen Begünstigungen, welche nicht
der Meistbegünstigung unterlagen, zwischen der österreichischen
Regierung einerseits und der ungarischen oder èechischen
andererseits. Hier bot sich für
den Zucker- und Kohlenbezug Österreichs aus der Èechoslovakei,
bezw. des Zucker- und Kohlenexportes der Èechoslovakei
nach Österreich, viel. Die verantwortliche Leitung des èechoslovakischen
Staates, seine Handels- und Wirtschaftspolitik,
konnten mit Hilfe des Artikels 222 trotz der politischen Teilung
Österreichs die Gesetze der bestandenen wirtschaftlichen
Komposition Österreich-Ungarns fortführen. Das mußte
das große Interesse der èechoslovakischen Industrie
gebieten, jener Industrie, deren Basis die
große österreichisch-ungarische Komposition war. Dagegen
aber beschäftigte man sich mit der Vernichtung eben dieser
Komposition. Wenn das auch nicht gelang, viel Elend trug man doch
in die Lande und in die Bevölkerung. Schließlich war
aber der Effekt doch nur der, daß sich die Bedrückten
mit dem Reste ihrer Energie neue Grundlagen ihres Lebens sicherten,
aus der jener, der Schaden stiftete, selbst zum größten
Schaden kam. Wer kennt nicht das trübe Kapitel der Zuckerpolitik
der Jahre 1920/21? Damals bat Wien fast flehentlich um Belieferung
mit Zucker. Es war ja wie aller Lebensmittel, so auch des Zuckers
bar. Wir dagegen besaßen überfüllte Magazine.
Anstatt jedoch das Selbstverständliche zu tun, Wien von unserem
Überschuß an Zucker abzugeben und d amit dem Nachbarn
zu helfen und uns mit der Bezahlung für die zu liefernde
Ware ausgleichen, hielt man jede Zuckersendung nach Wien zurück.
Herr Hotowetz spekulierte und er spekulierte in diesem
Falle um so lieber, weil es den Nachbarn traf. Österreich
hat sich damals in aller Stille Zucker aus Java zu importieren
verstanden und die èechoslovakische Zuckerindustrie hatte
das Nachsehen. Wenn es damals zu einer Finanzkrise kam, die nur
in der bekannten Anspannung des fiskalischen Experimentes ausgeglichen
wurde, lag die Schuld bei uns. Es war mit der
Kohle ebenso. Und die Kosten solcher Handelspolitik? Die Kosten
solcher Handelspolitik trägt in der Regel die Allgemeinheit
sehr hart und sauer. Zunächst wird die betreffende Industrie
geschädigt. Wenn sie Einnahmsquelle des Staates gewesen ist,
wird sie in dieser Hinsicht ein imaginärer Posten. Sind aber
die in Wegfall gekommenen Einnahmen als Einnahmen unerläßlich,
muß der Finanzminister die Entgänge dann ersetzen durch
andere Einnahmen. Meist werden es allgemeine und Verbrauchersteuern
sein. In diesem bösen Zirkel bewegt sich dann die sogenannte
Korrektur.
Auch der Verlust von nachbarlichen, also praktischesten
Absatzgebieten ist ein Kostenpunkt unserer geschilderten fehlerhaften
Handelspolitik gewesen. Das beweisen folgende Zahlen: Von
der Gesamtausfuhr der Èechoslovakei gingen nach Österreich,
ferner nach Ungarn, Polen, Jugoslavien und Rumänien im Jahre
1921 57%, 1922 41%, 1923 40%, 1924 36%, 1925
19%. In den Jahren 1926 und 1927. spannt sich die Sache wieder
etwas an. Auf dem österreichischen Markt haben die
Fabriken aus dem èechoslovakischen Staatsgebiete also durchschnittlich
mehr als 50% des Absatzes bestritten. Die absteigenden Zahlen
der Jahre 1921 bis 1927 zeigen, wohin wir gekommen sind durch
die ganze Politik, durch die ganze Handelspolitik,
die sich in den ersten Jahren in der Hauptsache von Haßgefühlen
gegen Österreich und Deutschland leiten ließ, anstatt
getragen zu sein von der Vernunft und von der Erkenntnis, daß
gerade die uns benachbarten Staatsgebiete unsere besten Absatzgebiete
in der Vorkriegszeit gewesen waren und auch in der Nachkriegszeit
sein müssen. Es ist aber interessant zu bemerken, daß
in derselben Zeit, in der die èechoslovakische Ausfuhr
in diese nachbarlichen und dadurch für uns am praktischesten
gelegenen Absatzgebiete in der Weise, wie ich
es durch die Zahlen ausgedrückt habe, katastrophal gesunken
ist, der Export Deutschlands und Englands in diese Länder,
also nach Österreich, Ungarn, Jugoslavien und Rumänien
fast in demselben Maße gestiegen ist, als unser Export gefallen
ist.
Zum Überfluß kommen dann, wie gesagt,
als Folgewirkungen einer solchen Handels- und Wirtschaftspolitik,
die sich auf die Allgemeinheit unendlich schwer auswirken, die
Exportindustrien mit dem Verlangen nach Entschädigungen in
Form von Exportprämien, Subsidien, Steuernachlässen
usw. und da beginnt der böse Zirkel. Über die Entschädigungsformen
bezüglich der Zuckerindustrie ist in der letzten Zeit viel
diskutiert worden. Wir müssen zu diesem Experiment, das das
Ramponieren der Industrie, insbesondere der Zuckerindustrie einleitet,
Stellung nehmen, weil eine jede derartige diesen Industrien gewährte
Maßnahme wieder einen Rückfall auf die breiten Schichten
der arbeitenden Bevölkerung, auf die breiten Verbraucherschichten
bedeutet. Regelung der Steuerbelastung, Herabsetzung der Verbrauchssteuern,
der Umsatzsteuer, der Kohlen- und Transportsteuer und dgl. ist
erwogen worden. Eine neue Tarifpolitik wird genannt usw. Dabei
wird ohne Zweifel über das Ziel gegangen. Man verlangt seitens
der Zuckerindustrie und in diesem Falle auch der Rübenbauerschaft
nicht nur eine Paralysierung der Schäden, sondern wünscht
hierbei noch ein Geschäft zu machen. Wir kennen die Akteure
solcher Politik. Aber wir sagen hier öffentlich, daß
wir auf das Schärfste gegen ein solches Experiment protestieren,
daß wir allerschärfstens aber protestieren, daß
die Kosten des Zuckerkartells auf die Verbraucher gewälzt
werden. Mögen die Akteure immerhin selbst auch ein kleines
Opfer bringen, ihre letztjährigen Gewinne machen das gewiß
möglich.
Eine Erhöhung des Inlandszuckerpreises
wäre das Gefährlichste, was man an Korrektur der englischen
Zollmaßnahmen einleiten könnte. Vielmehr müßte,
um als Korrektur des Verlustes des ausländischen Absatzes
zu einem großen Inlandskonsum zu gelangen, dieser durch
eine vernünftige Preispolitik nach unten vorbereitet werden.
Einzig das wird eine gesteigerte Verwendung von Zucker bei uns
ergeben. Wir stehen nicht an, zu erklären, daß die
Erhöhung des Inlandskonsums möglich ist. Wir haben eine
viel geringere Zuckerkopfquote, als z. B. Deutschland. Aber ja
keine Erhöhung des Inlandszuckerpreises zur Erreichung solchen
Zieles ins Auge gefaßt! Unsere Stellungnahme geht dahin,
an die Regierung zu appellieren, bei den Maßnahmen im Interesse
der durch die englischen Zollmaßnahmen geschädigten
Zuckerindustrie ja nicht an eine Erhöhung des Inlandszuckerpreises
zu denken. In diesem Sinne bewegt sich auch meine am 26. April
an die Gesamtregierung eingebrachte Interpellation, betreffend
Maßnahmen gegen eine Erhöhung des Inlandszuckerpreises.
Ich wiederhole die Anfrage an die Regierung, die die Interpellation
stellt, auch hier im Haus: "Ist sie geneigt, bei Beratung
der Maßnahmen zur Abwendung der Verluste in der Zuckerindustrie
alle Maßnahmen zu ergreifen, um eine Erhöhung des Inlandpreises
für Zucker abzuwenden, ja im Gegenteil, den Zuckerpreis im
Inland so günstig als möglich zu gestalten, um jede
neuerliche Belastung der Konsumenten zu vermeiden und eine Erhöhung
des Zuckerkonsums im Inland zu ermöglichen?"
Suchen wir zu einer sachlichen Wirtschaftspolitik
zu kommen, die uns die Sorgen erleichtert, die uns wenigstens
zu den auf uns ausstrahlenden Schwierigkeiten aus der allgemeinen
Weltlage nicht noch eigene schafft. Sie zu interpretieren, liegt
in unserem eigenen Vermögen. Sie endgültig zu berücksichtigen,
müßte lehrreich gewesen sein die bittere Erfahrung
der Jahre nach dem politischen Umsturz.
Die letzten gegen ein solche Auffassung gegerichteten
Maßnahmen sind die Markprioritätsangelegenheit und
die neue Tarifpolitik. Die Angelegenheit der Einlösung der.
Markprioritäten zeigt am deutlichsten auf, wie es außerordentlich
gefährlich werden kann, zehn Jahre nach dem Kriege in handels-,
wirtschafts-, wie finanzpolitischer Beziehung der Kriegspsychose
dienen zu wollen. Die Zwangseinlösung der ehemaligen Privatbahnwerte,
mit deren Erlös vor Jahrzehnten die Eisenbahnen des nordwestböhmischen
Kohlenbekkens mit vorwiegend deutscher Finanzhilfe aufgebaut wurden,
ist die gleiche staatliche Transaktion, denen früher die
Privateigentümer der Buštìhrader Eisenbahn,
der Aussig-Teplitzer Eisenbahn und der Kaschau-Oderberger
Bahn ausgesetzt waren. Der Einlösungsmaßstab entsprach
auch der Tradition, mit der schon die Kriegsanleiheangelegenheit
behandelt wurde. Für 100 Vorkriegsmark werden 2 1/2%,
also ungefähr 20 Kè geboten. Die reichsdeutschen Besitzer
der Markprioritäten werden sich gegenüber einer solchen
Lösung zur Wehr setzen. Es stehen ihnen manche Mittel offen.
Sie können mit einer Nachtragsnovelle zu der reichsdeutschen
Aufwertungsgesetzgebung aufwarten, die sehr unangenehme Folgen
für den èechoslovakischen Altbesitzer an Wertpapieren
und Spareinlagen zur Folge haben könnte. Dann können
die Besitzer von Markprioritäten auf die Einreichung der
Stücke überhaupt verzichten und alle
Anstrengungen auf Entscheidung des Falles vor einem unparteiischen
Forum konzentrieren. Das Größte und Folgenschwerste
besteht darin, daß sich der Staat, dessen Glieder durch
eine Wirtschaftsmaßnahme wie die Markprioritäteneinlösung
betroffen werden, zur Wehr setzt. Das kann geschehen, auch wenn
dieser Staat Deutschland heißt. "Zas - wieder zas",
so spricht ein sehr zirkulierendes Sprichwort. Die Gegenmaßnahme
kommt und im Nu hat der Wirtschaftskrieg begonnen. Das Verhältnis
der Èechoslovakei zu Deutschland ist nach der wirtschaftspolitischen
Seite hin heute Kriegsverhältnis, leider, das muß festgestellt
werden, provoziert durch unsere Herren. Und doch gibt es keine
brennendere Frage für die Gesamtheit des èechoslovakischen
Staates, als die Herstellung eines geordneten Wirtschaftszustandes
mit dem großen Nachbar auf der Grundlage eines alle befriedigenden
Handelsvertrages.
Deutschland steht in handelspolitischer Beziehung der Èechoslovakei
gegenüber an erster Stelle. Seine Handelsbilanz mit uns betrug
im Jahre 1927 1092 Millionen Kè zugunsten der Èechoslovakei
bei einem gesamten eigenstaatlichen Außenhandelsüberschuß
von 2189 Millionen Kè und wog sogar mit dem Aktivum des
èechoslovakischen Außenhandels mit Österreich
von 1789 Millionen Kè die Handelsabgänge mit
Polen und Frankreich auf. Auch nach den großen Verlusten
infolge der Kündigung des èechoslovakisch - deutschen
Handelsvertrages betrug das Handelsaktivum der Èechoslovakei
mit Deutschland und Österreich zusammengenommen
in den ersten vier Monaten 1928 508.3 Millionen Kè....
Pøedseda (zvoní): Pane
poslanèe, upozoròuji vás, že øeènická
lhùta uplynula.
Posl. Simm (pokraèuje):...
und entsprach fast genau dem Gesamtüberschuß
unseres Außenhandels per 513 Millionen Kè
in dieser Zeit. Deshalb ist es notwendig, mit unserem nächsten
Nachbar, mit Deutschland, zu geordneten Vertragsverhältnissen
zu kommen. Es ist unsere Aufgabe hier, auch von dieser Stelle
in dieser Beziehung an die Regierung zu appellieren.
Meine Herren! Es ist mir nicht möglich,
weil mich der Herr Präsident gebeten hat, ich möge meine
Ausführungen schließen, die Betrachtungen über
die Handels- und Wirtschaftspolitik des Staates, ihre Führung
und die Fehler ihrer Führer zu Ende zu führen. Wir werden
ja bei einer anderen Gelegenheit hierzu noch Stellung zu nehmen
wissen.
Zu dem vorliegenden Gesetz habe ich namens
meiner Partei zu erklären, daß es uns in seinen Bestimmungen
als ungenügend erscheint, besonders in den Bestimmungen über
die zeitliche Grenze der Wirksamkeit des Gesetzes. Dennoch werden
wir für das Gesetz stimmen, weil wir darin immerhin eine
Tendenz in der Richtung vorfinden, jene Zollbewegungen, die sich
nicht nur zum Schaden unseres Staates, sondern des gesamten mitteleuropäischen
und europäischen Wirtschaftskomplexes in der ganzen Welt
auswirken, einigermaßen zu durchbrechen. (Potlesk
poslancù nìm. strany nár. socialistické.)