Støeda 11. èervence 1928
Ich habe mich zum Worte gemeldet, um auch hier
von dieser Tribüne aus einige Feststellungen zu den Ereignissen
des 6. Juli zu machen. Die ganze bürgerliche und sozialdemokratische
Presse jubelt darüber, daß die Aktion des Roten Tages
nicht gelungen ist. Wir sind der Meinung, daß der Bourgeoisie
und den Sozialdemokraten bei diesem Jubel nicht sehr wohl zu Mute
ist und daß sie selbst sehr gut empfinden, daß die
Dinge nicht ganz so liegen, wie es die Bourgeoisie und die sozialdemokratischen
Führer gerne sehen möchten. Wir haben nicht die Absicht,
irgendetwas zu verschleiern. Wir sind eine Partei, die gewohnt
ist, den Tatsachen offen ins Auge zu sehen, selbst wenn sie noch
schlimmer wären, als sie in Wirklichkeit sind, und auszusprechen,
was ist. Wir geben offen zu, daß die große Kampfaktion,
die wir gegen die kapitalistische Offensive und gegen die imperialistische
Kriegsgefahr unter dem Namen des Roten Tages vorbereitet haben,
nicht so gelungen ist, wie es im Interesse aller arbeitenden Schichten
des Volkes in Stadt und Land, im Interesse aller politisch, wirtschaftlich,
national und kulturell Unterdrückten und Ausgebeuteten notwendig
gewesen wäre. Wir geben offen zu, daß auch eigene Fehler
und Mängel mit schuld daran sind, daß die Aktion nicht
den Erfolg hatte, der notwendig gewesen wäre. Das bedeutet
aber durchaus nicht, daß die Dinge so liegen, wie sie die
arbeiterfeindliche Einheitsfront der Reaktion und die reformistischen
Führer darstellen. Heute versuchen alle diese Feinde der
Arbeiter die Sache so darzustellen, als ob sie die kommunistische
Partei und die Kampfaktion nicht gefürchtet hätten,
als ob sie vorausgewußt hätten, daß die Aktion
nicht gelingen werde, aber bis zum letzten Tage, vor dem 6. Juli
und am 6. Juli selbst handelten sie vollständig anders. Noch
niemals hat es während der 10jährigen Geschichte dieser
kapitalistischen Republik die Regierung notwendig gehabt, ein
solches Aufgebot der bewaffneten Macht und des ganzen staatlichen
Gewaltapparates in Bewegung zu setzen, wie gegen unsere geplante
Kundmachung des Roten Tages. Ganz Prag und nicht nur Prag, sondern
die ganze Republik befand sich in einer Art Belagerungszustand.
Mehr als 10.000 Gendarmen und Polizisten zu Pferd und zu Fuß,
mit Gewehren und Bajonetten, ja sogar mit Maschinengewehren und
schwer beladen mit Kriegsmunition waren in Prag konzentriert.
Und ähnliche Vorbereitungen wurden in allen größeren
Städten in der ganzen Republik und überall, wo man Kundgebungen
der Arbeiter befürchtete, getroffen. Der Altstädter
Ring war durch ein derartiges Aufgebot schwer bewaffneter Gendarmerie
besetzt, als ob es gegolten hätte, den Angriff einer Kriegsarmee
abzuwehren. Darüber hinaus wurde in der ganzen Republik das
Militär in Bereitschaft gehalten. Die Regierung mit ihrem
ganzen Machtapparat war augenscheinlich von einer panischen Furcht
vor den Aktionen erfüllt, von denen man jetzt den Anschein
zu erwecken sucht, als ob man sie nicht ernst genommen hätte.
Sogar schon am Tage des Legionärkongresses wurden solche
Vorbereitungen getroffen, als ob man eine große Schlacht
schlagen wollte. Der Umzug der Legionäre erfolgte durch ein
Spalier von Gewehren, Revolvern und Bajonetten. Im 10. Jahre des
glorreichen Bestandes der Ausbeuterrepublik müssen die Bourgeoisie
und ihre Regierung bei jeder Gelegenheit zittern und ihren ganzen
Machtapparat mobilisieren, wo eine größere Masse von
Arbeitenden zusammenkommt, und sei es auch nur zu einem Feste
oder zu sportlichen Veranstaltungen. Auch unter dem Schutze der
Bajonette und sogar der Maschinengewehre fühlte sich die
Bourgeoisie noch nicht sicher. Ein geheimes Zirkular nach dem
anderen wurde hinausgejagt, um alle Behörden, sogar die Verkehrsbeamten
zu mobilisieren, damit der angekündigte Zug von Arbeitern
nach Prag aufgehalten werde. Mit den Mitteln des brutalsten und
völlig gesetzwidrigen Terrors wurde den Privatbesitzern von
Lastautos und den Chauffeuren die Beförderung von Arbeitenden,
die nach Prag wollten, verboten. Man versuchte sogar, die Beförderung
von Einzelpersonen auf den Bahnen zu kontrollieren und zu verhindern
und selbstverständlich wurde die Fahrt größerer
Gruppen schon als eine ernste Bedrohung des Staates betrachtet
und behandelt. Es wurden Anweisungen herausgegeben jeden Radfahrer
anzuhalten und zu kontrollieren. In Prag trachtete man auf allen
Bahnhöfen herauszubekommen, wer zum Roten Tag gekommen ist,
um ihn sofort verhaften zu können. Wer eine Blume oder sonst
irgendein Zeichen trug, von welchem die Behörden glaubten,
daß es ein Zeichen für Ordner sei, wurde sofort verhaftet.
Eine ganze Armee von Spitzeln wurde in Bewegung gesetzt, um in
allen Teilen Prags zu kontrollieren ob nicht irgendetwas geschieht,
was den Bestand der Republik erschüttern könnte. Selbstverständlich
fehlten unter den Mitteln zur Vorbereitung der Regierung gegen
den Roten Tag auch nicht die giftigen Mittel des Betruges und
der Verleumdung. Mit allen Mitteln wurde versucht, die Pläne
der Kommunisten zu entstellen, den Anschein hervorzurufen, als
ob die Kommunisten irgendeinen Putsch, einen bewaffneten Aufstand,
einen Kampf um die Macht am 6. Juli planen oder wenigstens Angriffe
auf wichtige Regierungsgebäude, vor allem auf das wichtigste,
was es im kapitalistischen Staate gibt, auf die Banken. Die Regierung
ließ sich durch ihre Verleumdungskampagne schließlich
selbst in einen solchen Zustand panikartiger Angst setzen, daß
sie einen großen Teil der Gendarmen und Polizisten zum Schutze
solcher Ämter und Banken, an deren Bedrohung kein einziger
Mensch dachte, verwenden mußte. Es war mit einem Worte eine
herrliche Feier des zehnjährigen Jubiläums der Republik.
Vor der ganzen Öffentlichkeit mußte der wahre Charakter
dieser angeblich demokratischen Volksrepublik enthüllt und
vordemonstriert werden, gezeigt werden, daß diese Republik
nichts anderes ist, als ein brutaler Gewaltapparat zur Unterdrückung
der Arbeitenden, bereit zu den niederträchtigsten Provokationen
und zu den blutigsten Massakern unbewaffneter Angehöriger
der arbeitenden Klasse, die friedlich für ihre Lebensinteressen
demonstrieren wollten. Schon daß die Regierung zu einem
derartigen offenen Aufgebot ihres ganzen Machtapparates und zu
einer derartigen Entlarvung des wahren Charakters dieses Staates
und noch dazu im Jubiläumsjahre gezwungen war, ist ein Erfolg
unserer vorbereiteten Aktion, den kein Geschrei aus der Welt schaffen
kann. Die Regierung schreckte auch vor offenen Lügen nicht
zurück. Eine solche niederträchtige Lüge ließ
die Polizeidirektion in allen Straßen Prags öffentlich
plakatieren. Ein Teil der Übungen der Föderation war
tatsächlich bewilligt worden, die Polizei aber plakatierte
die Behauptung, daß die Meldung über diese Bewilligung
eine Mystifikation sei. Das war eine ganz brutale Lüge, denn
diese Bewilligung wurde in Wirklichkeit erteilt und erst am nächsten
Tage zurückgenommen.
Aber das alles genügte der Regierung,
genügte der Bourgeoisie nicht. Die Furcht vor der Aktion,
die man jetzt als eine Sache bezeichnen möchte, die nicht
ernst zu nehmen war, war viel zu groß. Die Bourgeoisie sah
sich genötigt, ihre sichersten Helfer in der größten
Not, die reformistischen Führer, offen zur Hilfe heranzuziehen.
Viele Monate lang hatten diese reformistischen Führer einen
parlamentarischen Scheinkampf in der Frage der Sozialversicherung
geführt, ohne von der Regierung auch nur das kleinste Scheinzugeständnis
erbetteln und erschleichen zu können. Die Blamage und Niederlage,
welche sie dadurch erlitten, ist so ungeheuerlich, daß sie
am allerwenigsten Ursache haben, über ein Fiasko des Roten
Tages zu höhnen. Als die Reformisten, um wenigstens ein Scheinzugeständnis
zu erlangen und sich den Weg in die Regierung zu ebnen, der Bourgeoisie
drohten, daß sie gemeinsam mit den Kommunisten die Massen
auf die Straße führen würden, da kamen die Massen,
aber beseelt von wirklichem Kampfgeist und beherrscht von den
Losungen der kommunistischen Partei. Darüber erschraken vor
allem die reformistischen Führer selbst und sie beeilten
sich die Front zu zerschlagen, die Arbeiter zu verwirren, vom
außerparlamentarischen Kampf abzulenken und alles wieder
auf das friedliche Geleise des parlamentarischen Schachers zu
bringen. Kein Wunder, wenn die Bourgeoisie vor den papierenen
Drohungen der reformistischen Führer nicht erschrak, wenn
sie fest blieb und wenn Šrámek erklärte,
daß die Regierungsmehrheit fest entschlossen sei, das Diktat
in der Sozialversicherungsfrage unbedingt zu verwirklichen. Nur
der von den Kommunisten organisierte außerparlamentarische
Kampf zwang die Regierung, diesen Standpunkt zu verlassen und
sich bereit zu erklären, wenigstens Scheinzugeständnisse
zu gewähren. Es ist kein Zufall, daß unmittelbar nach
der Ankündigung des Roten Tages die Sprache der Regierungspresse
auf einmal eine ganz andere wurde, zum erstenmal erklärte
sich die Regierung bereit, mit den Reformisten zu verhandeln.
Der Zweck war klar, die Arbeitenden sollten eingelullt, ihr Kampfgeist
gebrochen werden. Und die Reformisten gaben sich zu diesem schändlichen
Betrug sofort willig her. Den Massen wurde eingeredet, daß
die Regierung in allen wesentlichen Punkten nachgegeben habe.
Die Regierung erklärte sogar in dem einzigen noch strittigen
Punkt, in der Frage der Parität, Zugeständnisse machen
zu wollen. Das, was die Reformisten damit begangen haben, das
war ein wahrer Dolchstich in den Rücken der kämpfenden
Front der Arbeitenden, eine Judastat niederträchtigster Art,
welche den reformistischen Führern in der Geschichte des
Befreiungskampfes der Arbeitenden unvergessen bleiben wird. Eine
Einheitsfront wurde geschlossen von Winter, Tuèný
und Czech bis zu Šrámek
und Kramáø.
Eine Einheitsfront des wütenden Hasses und der Verleumdung,
des Verrates und der Gewalt gegen die Arbeitenden, welche für
ihre Lebensinteressen kämpfen. Das Signal zum Verbot der
Spartakiade wurde von den deutschen Sozialdemokraten gegeben,
welche den Mitgliedern des Arbeiter-Turn- und Sportverbandes,
in welchem es eine starke revolutionäre Minderheit gibt,
die offizielle Teilnahme an der Spartakiade verboten. Die èechischen
Sozialdemokraten verboten ihren Mitgliedern
die Teilnahme an Protestkundgebungen gegen den Verbot der Spartakiade.
Als die Reaktion, gestärkt durch die Schützenhilfe der
Reformisten, immer schärfer gegen die revolutionäre
Arbeiterbewegung vorging, erklärten die Reformisten, daß
die Kommunisten selbst daran Schuld seien, weil sie nicht auf
den Kampf gegen die Reaktion verzichten und das Äußerste,
wozu sie sich verstanden, war die tückische Erklärung,
daß man die Kommunisten nicht durch Verfolgung stärken
solle, also ebenfalls ein Bekenntnis, daß sie mit der Bekämpfung
der Kommunisten einverstanden sind.
Wir Kommunisten hätten es heute sehr leicht,
wenn wir erklären wollten, daß diese Einheitsfront
zu stark war und daß wir deshalb gegen sie nicht aufkommen
konnten. Wir verschmähen diese billige Erklärung unseres
Mißerfolges. Wir geben offen zu, daß auch eigene Mängel
und Schwächen Schuld daran sind, daß unsere Aktion
nicht gelungen ist. Hätten wir nicht schwere Fehler begangen,
so hätte das ganze Aufgebot der staatlichen Gewalt und des
reformistischen Verrates nicht genügt, um unsere Aktion zu
vereiteln. (Potlesk komunistických poslancù.)
Unsere Aktion war kein leichtfertiges Unternehmen,
kein Abenteuer des Trotzes, keine Justamentaktion wegen des Verbotes
der Spartakiade. Sie war eine durch die ganze politische Situation
mit Notwendigkeit erforderte Kampfaktion für die Lebensinteressen
aller Arbeitenden in Stadt und Land. Wie war die ganze Lage, als
wir uns zu dieser Aktion entschließen mußten? Trotz
des furchtbaren Elends in den breitesten Massen, trotz der niedrigen
Löhne der Arbeiter, des jämmerlichen Verdienstes der
Bauern, der steigenden Teuerung, setzte die Bourgeoisie ihre räuberischen
Angriffe gegen die Lebenslage der Arbeitenden unvermindert, ja
sogar gesteigert fort und begleitete sie mit Angriffen auf dem
Gebiete der politischen, nationalen und kulturellen Reaktion.
Fieberhaft bereitet sich auch die Bourgeoisie auf einen neuen
blutigen Krieg vor. Unsere Partei und die von ihr beeinflußten
revolutionären Massenorganisationen waren die einzigen, welche
den Widerstand gegen diese Angriffe organisierten und die breitesten
Massen um sich zum Kampfe sammelten. Am anschaulichsten zeigten
das die Ergebnisse des Bergarbeiterkampfes in Nordwestböhmen
und die gewaltigen Kundgebungen im Kampfe gegen die Sozialversicherung.
Um diesen einzigen Widerstand aus den Weg zu räumen, um ihre
für die Arbeitenden so verhängnisvollen Pläne verwirklichen
zu können, begann die Bourgeoisie einen Vernichtungskampf
gegen die kommunistische Partei und gegen alle revolutionären
proletarischen Organisationen. Die Provokation des Verbotes der
Spartakiade war nur ein Teil eines ganzen Systems der Persekution,
welches wir hier oft genug geschildert haben und welches darauf
hinauslief, den revolutionären Organisationen jede Betätigungsmöglichkeit
zu rauben. Das war nicht nur eine Bedrohung dieser Organisationen,
die ja nicht Selbstzweck sind. Das war eine ungeheuerliche Bedrohung
aller Arbeitenden mit gesteigertem Elend und mit blutigem Krieg.
Deshalb war es unsere Pflicht, die Arbeitenden zum Kampfe gegen
all diese Gefahren aufzurufen und deshalb ist der Verrat der reformistischen
Führer an diesem Kampfe ein so ungeheuerliches Verbrechen
an allen Arbeitenden. Heute erklären selbst die reformistischen
Führer, daß unser Mißerfolg eine Stärkung
der Reaktion, eine Gefährdung der Interessen der Arbeitenden
bedeutet. Sie haben das also gewußt und dennoch alles aufgeboten,
was in ihrer Kraft stand, um der Bourgeoisie zu helfen, diesen
Mißerfolg herbeizuführen. Sie haben alles getan, um
in die Reihen der Arbeitenden Verwirrung und Angst hineinzutragen,
um sie davon abzuhalten, einen Kampf aufzunehmen, den ihre Lebensinteressen
unbedingt erfordern. Die Regierung und ihre reformistischen Agenten
jubeln zu früh und ich glaube, sie wissen das ganz genau.
Aus ihrem Jubel ist sehr deutlich auch ein großer berechtigter
Katzenjammer zu hören. Trotz des Aufgebotes der ganzen Staatsgewalt,
trotz des Verrates der Reformisten, trotz der Fehler und Schwächen
der kommunistischen Partei sind Tausende von Arbeitern nach Prag
gekommen und Tausende von Prager Arbeitern mit ihnen gemeinsam
aufmarschiert ohne Furcht vor den Bajonetten und Maschinengewehren,
ohne Angst vor der Absicht der Regierung, ein Blutbad unter ihnen
anzurichten. Schon vor dem 6. Juli hat eine ganze Reihe verbotener
Kundmachungen in Prag und in anderen Teilen der Republik durch
die Gendarmerie nicht verhindert werden können und noch sind
die Demonstrationen des Genossenschaftstages nicht vergessen.
Am 6. Juli selbst gab es in allen Teilen der Republik Kundgebungen,
welche in vielen Städten einen wirklich en Massencharakter
angenommen haben. Das alles beweist, daß die Lage durchaus
nicht so ist, wie es die bürgerliche und reformistische Presse
hinzustellen versucht. In den Massen lebt der Wille zum Kampf.
Und alle die Ursachen, welche die Massen zum Kampfe zwingen, wirken
weiter und werden mit Notwendigkeit eine Verschärfung dieses
Kampfes herbeiführen. Die Massen werden in diesem Kämpfen
nicht ohne die Führung einer revolutionären Partei bleiben.
In der kommunistischen Partei ist keine Spur von der Panikstimmung
und von dem Chaos zu bemerken, welches unsere Feinde bei uns vermuten
oder behaupten. Unsere Partei ist vollständig einig in dem
Willen, alle unsere Mängel, Schwächen und Fehler rücksichtslos
bloßzustellen und sich durch ihre Beseitigung zu erneuern
und besser als bisher fähig zu sein, die Massen in ihren
Kämpfen zu führen. Wir werden in der Weiterführung
der notwendigen Kämpfe keinen Augenblick erlahmen. Auch unsere
Niederlagen tragen dazu bei, daß wir stärker und kampffähiger
werden. Die Bourgeoisie und die reformistischen Führer geben
sich einer schweren Täuschung hin, wenn sie glauben, daß
nun die Bahn frei ist für die unbehinderte Weiterführung
ihres Angriffes gegen die Arbeitenden und für die ungestrafte
Abwicklung kapitalistisch-reformistischer Schacher- und Koalitionsgeschäfte.
Die Entwicklung drängt sie mit unerbittlicher Notwendigkeit
zu neuen verschärften Kämpfen und die kommunistische
Partei wird unbeirrt durch vorübergehende Mißerfolge
und nur belehrt und geläutert durch die Erfahrungen derselben
in diesen Kämpfen an der Spitze stehen und ihre Pflicht voll
und ganz erfüllen. (Potlesk komunistických
poslancù.)
Hohes Haus! Die in Verhandlung stehende Regierungsvorlage
ist eines jener hier zu Lande nicht seltenen Gelegenheits- und
Zweckgesetze, die bestimmte kapitalistische und Klickinteressen
verfolgen. Die Sachlage ist folgende: Im Jahre 1924 wurde durch
Gesetz Nr. 64 der staatliche Vertrag mit der Oder-Schiffahrtsgesellschaft
abgeschlossen, der damit als solcher ein Bestandteil des Gesetzes
geworden ist. Die Regierung hat neben dem Privatkapital in der
Oder-Schiffahrtsgesellschaft eine entsprechende Vertretung gefunden.
Nun soll durch ein einfaches Ermächtigungsgesetz an Stelle
einer Abänderung des Gesetzes die Möglichkeit geboten
werden, den Vertretungsschlüssel zu ändern. Das
ganze dient dem Interesse des èechoslovakischen Schuhkönigs
Baa, der 12 1/2
% der Aktien erworben hat und den Ehrgeiz besitzt, in der Gesellschaft
sein Wort und seinen Einfluß zur Geltung zu bringen. Wie
er als gerissener Kapitalist behauptet, seine Schuhfabrikation
erfolge ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit, dürfte
er auch hier ähnlich sprechen. Seine Vertretung in der Oder-Schiffahrtsgesellschaft
geschieht beileibe nicht aus Profitinteressen. Sein Prozeß
mit dem Eisenbahnärar ist sicher nicht aus kapitalistischen
Motiven entsprungen.
In formeller Beziehung haben wir die Tatsache
zu verzeichnen, daß richtiger Weise der Vertrag so wie im
ursprünglichen Gesetz als dessen wesentlicher Bestandteil
vom Hause beschlossen werden müßte, während die
Regierung das einfach mit einer Ermächtigung besorgen will.
Gegen diese offenkundige Verletzung parlamentarischer Vorschriften
wenden wir uns durch zwei Abänderungsanträge. Der Artikel
1, Abs. 3 hat demnach zu lauten: "Die Vereinbarungen gemäß
Abs. 1 bedürfen der Zustimmung der Nationalversammlung".
Im Artikel 2, Abs. 1 sind die Worte "a provedla" zu
streichen und Abs. 2 hat zu lauten: "Die Vereinbarungen bedürfen
der Zustimmung der Nationalversammlung". In den Ausschüssen
haben wir uns bemüht, unseren Standpunkt, der gesetzestechnisch
der allein richtige ist, durchzusetzen, doch ist die Mehrheit
glatt über unsere Anträge hinweggegangen. Wir erheben
gegen diesen Vorgang an dieser Stelle entschiedenen Einspruch.
Wir wollen den Inhalt der Verträge genau kennen und können
uns nicht darauf einlassen, alles der Regierung allein zu überlassen.
Wir machen für diese saloppe und vorschriftswidrige Gesetzesmacherei
in erster Linie die deutschen Regierungsparteien verantwortlich,
die doch versprochen haben, nicht nur eine bessere politische
Atmosphäre zu schaffen, sondern für das gesamte deutsche
Volk praktische Vorteile herauszuholen.
Die Großagrarier, die Geistlichkeit,
Generäle, hohe Beamte, Bankleute, Industriellen etc., deren
Interessen der Bürgerblock bisher mit Feuereifer vertrat,
sind noch lange nicht das ganze deutsche Volk. Die vom großkapitalistischen
Schuhfabrikanten Baa niederkonkurrierten Schuhmacher gehören
jedenfalls mehr zum Volk wie die Ausbeuter aller Grade. Was sich
in dieser Beziehung abspielt, ist eine
wahre Tragödie des kleinen Handwerks, das nach gewerbe-retterischer
Behauptung einst einen goldenen Boden hatte, heute aber immer
mehr durch den Großbetrieb zugrundegerichtet wird. In der
Èechoslovakei sind 60.000 Schuhmachermeister durch die
mit allen Mitteln arbeitende Konkurrenz Baas in ihrer
Existenz bedroht. In zahllosen Städten, aber auch schon in
vielen Dörfern besitzt Baa seine Verkaufsstellen, wobei
er selbst keine Regie trägt. Es wäre volkswirtschaftlich
sehr interessant festzustellen, wie viel selbständige
Schuhmachermeister ihr ehrsames Gewerbe infolgedessen an den Nagel
hängen mußten und um wie viel weniger Gehilfen die
noch existierenden Schuhmachermeister beschäftigen. Die deutsche
Gewerbepartei ist von Haus aus verpflichtet, das vom Großkapitalismus
bedrohte Handwerk zu schützen. Man führt wohl in Zeitungen
einen papierenen Krieg gegen Baa, wettert gegen ihn in Versammlungen,
vermag sich aber nicht zu einer erfolgreichen Abwehr in der Form
genossenschaftlich er Produktion zusammenzuschließen
und im politischen Leben hilft die deutsche Gewerbepartei die
bereits überragende Macht Baa zu stützen durch
Annahme dieser Vorlage. Ob die deutschen Gewerbetreibenden, insbesondere
die von Baa ins Mark getroffenen Schuhmachermeister, den
Herren Stenzl und Konsorten dafür sehr dankbar sein
werden, ist eine andere Frage, die sie untereinander bereinigen
mögen.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich wieder
einmal die Stimme erheben zu Gunsten einer erhöhten Vorsorge
für die Elbeschiffahrt. Trotz der angeblich besseren politischen
Atmosphäre, trotz der feierlich verkündeten Gleichberechtigung
der Nationen, besteht immer noch die unverhüllte Tendenz,
die im deutschen Sprachgebiet liegenden Elbehäfen zu Gunsten
anderer zu vernachlässigen. Es kommen hierbei vor allem Laube,
Rosawitz und Aussig in Betracht. Die unselige offiziöse Handelspolitik
hat es glücklich zuwege gebracht, daß die Kohlenausfuhr
auf der Elbe seit Jahren fast völlig lahmgelegt ist, wodurch
insbesondere Aussig und Rosawitz leiden. Der letztere Umschlagplatz
ist heute kaum mehr als ein Winterhafen und dient nur mehr der
Fischzucht. Die umfangreichen Geleise sind lediglich ein Lager
leerer Waggons. Die ganze große Geleisanlage ist also unausgenutzt.
Durch billige Tarife hat man künstlich versucht, die
Warenausfuhr auf der Elbe in die èechischen Umschlagplätze
Raudnitz, Melnik und Holeschowitz abzulenken, nachdem man sie
mit großen Kosten technisch ausgestattet hat. Gegen die
Förderung der èechischen Umschlagplätze wäre
an sich gar nichts einzuwenden, wenn dies nicht
auf Kosten der deutschen Umschlagplätze ginge. (Posl.
Krebs: Und auf Kosten der Eisenbahnen!) Ja, auch auf Kosten
der Eisenbahnen selbstverständlich, die Extratarife erstellen.
Die fast rein nationalistische Tendenz in der Volkswirtschaft
ist unter allen Umständen verwerflich, da sie die Gesamtinteressen
schädigt. Praktisch ist es so, daß große tief
beladene Kähne bei geringem Wasserstand z. B. nicht in Melnik
leichtern können. Der Bau von Staustufen, wie jener in Schreckenstein,
kann einmal leicht im Gefolge haben, daß die unteren Umschlagplätze,
also Aussig, Rosawitz und Laube zeitweise zu wenig Wasserstand
besitzen. Laube ist unstreitig der wichtigste Elbeumschlagsplatz.
Wie geht es aber dort zu. Die "Konsumgenossenschaft"
vom 15. Juni d. J. schreibt hierüber: "Seit Jahren klagen
alle Importeure über die unmöglichen Zustände in
unseren Elbehäfen, soweit sie in deutschem Gebiete liegen.
Besonders unerträglich sind die Mißstände in Laube.
Die unzähligen Interventionen bei der Regierung, öffentliche
Kritiken im Parlamente und in der Presse hatten bislang keinen
Erfolg. Laube ist und bleibt das Stiefkind. Die Regierung hat
für Laube kein Geld, w ährend die Häfen im èechischen
Gebiete ununterbrochen ausgebaut werden. Über einen typischen
Fall aus den letzten Tagen kann die GEC berichten. Eine Weinsendung
der französischen Großeinkaufsgesellschaft an die GEC-Kellerei
nach Bodenbach hat Hamburg am 2. Mai 1928 per Eilkahn verlassen.
Schon am 9. Mai war die Sendung in Laube, wurde dort erst am 15.
Mai gelöscht und der Transport von Laube nach Bodenbach (6
Bahnkilometer) dauerte weitere 7 Tage. Der Wein kam erst am 22.
Mai 1928 in das GEC-Lager. Also 7 Tage benötigte die Ware
zu dem weiten Weg von Hamburg nach Laube, genau so lange für
das Entlöschen aus dem Kahn i. Laube in den Waggon,
und weitere 7 Tage für die 6 Kilometer von Laube nach Bodenbach.
Die Schuld an diesen unglaublichen Zuständen, die mitunter
noch viel krasser sind, tragen zunächst die beschränkten
Raumverhältnisse und der Mangel an Kränen. Die Kaimauer
müßte in Laube verlängert werden, was gar nicht
schwer und nicht allzu kostspielig wäre. Auch müßten
die Ausladekräne vermehrt werden. Dann könnte es nicht
vorkommen, daß beladene Kähne wochenlang auf ihre Löschung
warten müssen, wobei ganz beträchtliche Summen in Form
von Liegegeldern, Zinsenverlusten und Löhnen verloren gehen."
(Pøedsednictví pøevzal
místopøedseda Horák.)
Erinnern möchte ich daran, daß unsererseits
schon vor 8 Jahren der Antrag gestellt wurde, für den Ausbau
des Umschlagplatzes Laube einen größeren Betrag im
Budget einzustellen, was damals leider abgelehnt wurde. Bei einigermaßen
gutem Willen wäre der Aufbau sofort möglich. Die Pläne
hierfür sind noch aus der österreichischen Zeit vorhanden,
das Gelände ist gesichert, die Rentabilität wäre
gegeben, nur die vorhandene nationalistische Einseitigkeit läßt
das nicht zu. Dabei muß immer wieder hervorgehoben werden,
daß der Umschlagplatz Laube deshalb nicht umgebracht werden
kann, weil die Hauptabnehmer der einzuführenden Rohstoffe
im deutschen Sprachgebiet, im Norden des Staates sind. Von Laube
aus wird die starke deutschböhmische Industrie beliefert,
aber auch für landwirtschaftliche Produkte bildet Laube bezw.
Tetschen einen wichtigen Stappelplatz. Es ist daher überaus
töricht, die natürliche Entwicklung Laubes nicht zu
fördern, sie zu unterbinden, und eine rein protektionistische
Politik zu Gunsten èechischer Umschlageplätze
zu treiben.
Wir warnen wiederum vor der Weiterführung
einer derartig kurzsichtigen Politik und müssen unser Staunen
ausdrücken über die Einflußlosigkeit der deutschen
Regierungsparteien, die einem solchen verderblichen Treiben keinen
Einhalt zu gebieten vermögen. Herr Minister Dr Spina
(Posl. Krebs: Er ist ganz genau über die Verhältnisse
informiert!) Um so schlimmer ist die Sache.... Herr Minister
Dr Spina sollte in dieser Beziehung in seinem eigenen Machtbereich
denn doch dem mehr Augenmerk widmen, als es bis heute der Fall
zu sein scheint.
Dieser Tage war in der "Tribuna"
der interessante Bericht eines èechischen Journalisten
zu lesen über den kolossalen wirtschaftlichen Aufschwung
Deutschlands auf allen Gebieten trotz aller drückenden Reparationen.
Auch auf dem Gebiete der Binnenschiffahrt ist dies der Fall. Schon
vor Jahren hat man z. B. in der Nähe der böhmischen
Grenze bei Schandau einen großen Winterhafen gebaut, während
man bei uns den wichtigsten Elbeumschlagplatz förmlich sabotiert
und boykottiert.
Zurückkommend auf die in Rede stehenden
Vorlagen betone ich, daß wir in dieser Fassung für
sie unmöglich stimmen können. (Potlesk nìm.
soc. demokratických poslancù.)