Von den Bauten für Flußschiffahrt und Wasserwirtschaft
wird der allergrößte Teil in den èechischen
Gebieten aufgewendet. Insbesondere sind die großen Bauten
der hydroelektrischen Zentrale in Kolin mit 1,600.000 Kè
das Gesamterfordernis beträgt 3 Mill. 300.000 Kè,
dann 240.000 Kè für das Elektr. Werk bei der Talsperre
in Setsch, der Beitrag für Niøejowitz der insgesamt
14 Mill. Kè beträgt - mit heuer 2 Mill. Kronen anzuführen.
Die Hydrozentrale am Strohorskybach
(Slowakei) erfordert, 1,2 Mill. Kè, die Ausnützung
der Wasserkräfte an der Waag 3,8 Mill. Kè, und die
Errichtung der Hydrozentrale am Flusse Ung. 1,500,000 Kè.
Insgesamt sind 11 Mill. Kè veranschlagt, von denen nicht
ein Heller im deutschen Gebiete Verwendung
findet. (Hört! Hört!) Die Direktion für
den Bau von Wasserstraßen hat in ihrem Budget 39 Mill. Kè
für Bauten bei Jaromìø, Elbeteinitz, Prerau,
an der Elbe bis Melnik, die Moldauregulierung für den Hafenbau
für Melnik, ferner Štìchowice
usw., davon entfällt wieder nicht ein Heller auf das deutsche
Gebiet. Wenn in ähnlicher Weise der Straßenfond verwaltet
wird, und wir haben dafür schon Anzeichen, dann werden die
Millionenopfer, welche die deutschen Steuerträger für
diesen Fond beitragen, ausschließlich für èechische
Straßenbauten Verwendung finden. Wir verweisen ferner auf
die ununterbrochenen ungerechten Wohnungszuweisungen an deutsche
Bergarbeiter, in den durch den sogenannten Kohlenfond erbauten
Bergarbeiterhäusern. Auch hier hat sich
unter dem deutschen Minister gar nichts geändert, und nach
wie vor werden die èechischen Bergarbeiter
bei der Wohnungsvergabe bevorzugt, während deutsche Bergarbeiter
keine Wohnung oder doch nicht in genügendem Maße erhalten
können.
Während wir so große und berechtigte
Beschwerden über die nationale Benachteiligung der Sudetendeutschen
vorbringen müssen, sind jene Anklagen, die das Gebiet der
Sozialpolitik betreffen, nicht geringer.
Noch immer ist die Frage der Altpensionisten
nicht gelöst. Zahlreiche Interpellationen und Dringlichkeitsanträge,
Vorsprachen bei den Ministern und Aktionen einzelner Parlamentsparteien
vermochten es noch immer nicht, diese dringendste Frage einer
Erledigung zuzuführen. Der Herr Finanzminister hat sich andauernd
hinter der Ausrede verschanzt, daß für diese Ausgaben
keine Bedeckung vorhanden sei. Wir haben heute aufgezeigt, wie
man mit den Millionen für die Auslandspropaganda, für
die Militärerfordernisse, ja sogar für die russ. u.
ukrain. Flüchtlinge, umgeht, Da sind Millionenbeträge
ohne weiteres und bedenkenlos zur Verfügung. Wie lange will
die Regierung diese Schande der Vernachlässigung alter Staatsangestellter
noch offen zur Schau tragen? Aber genau so wie die Regelung der
Altpensionistenbezüge, wird auch die Novellierunng des Kriegsverletztengesetzes
behandelt. Es ist jetzt genau ein Jahr verstrichen, seitdem vom
soz.-politischen und Budgetausschuß einstimmig eine Resolution
angenommen wurde, in der die Regierung aufgefordert wurde, einen
Novellierungsantrag des Kriegsbeschädigtengesetzes ehestens
dem Abgeordnetenhause vorzulegen. Trotzdem diese Resolution auch
vom Abgeordnetenhause und dem Senate einstimmig angenommen wurde,
hat sich die Regierung noch immer nicht bemüssigt gefüllt,
diesem Beschluß beider Häuser nachzukommen. Sie sabotiert
den Willen des Parlamentes in unerhörtester Weise, sogar
den Willen der Regierungsparteien, und geht einfach zur Tagesordnung
über. Haben die Regierungsparteien, die im Vorjahre diesen
Resolutionsantrag stellten, gar kein Gefühl für die
Schande, die sie damit auf sich laden, daß sie sich von
der Regierung eine derartige Mißachtung ihrer eigenen Anträge
gefallen lassen müssen? (Souhlas a potlesk na levici.)
Die Regierungsvorlage über die Versorgung
der Überaltern, die vor zwei Jahren dem Hause vorgelegt und
wegen ihrer Unzulänglichkeit zurückgewiesen wurde, ist
nicht erneuert und wieder aufgelegt worden. Wann gedenkt die Regierung
diese dringende Frage zu lösen, die gleichzeitig mit dem
Inkrafttreten des Sozialversicherungsgesetzes hätte in Kraft
treten sollen?
Wo ist die seit langem angekündigte Novellierung
der Pensionsversicherung der Privatangestellten, wo die Sozialversicherung
der Privatbeamten? Wie lange glaubt die Regierung noch Zeit zu
haben, bis sie die Hungerbezüge der Versicherten in den Pensionsanstalten
ausgiebig erhöht? Wir weisen die nicht nur unsoziale sondern
auch ungeheuer schlampig gearbeitete Vorlage betreffend die Novellierung
der Sozialversicherung auf das entschiedenste zurück und
fordern gleichzeitig, daß die auf 6 Monate verlängerte
Arbeitslosenunterstützung nicht nur von Fall zu Fall auf
bestimmte Gruppen seitens des Ministeriums für soziale Fürsorge
ausgedehnt wird, sondern obligatorisch für alle Arbeitslosen
in Geltung gesetzt wird.
Gerade die Frage der Arbeitslosenfürsorge
gibt mir Gelegenheit auf die Ausführungen des Abg, Viškovský
zurückzukommen, die er anläßlich seiner Budgetrede
geboten hat. Dr, Viškovský sagte, daß
die Opposition desha!b jetzt einen schweren Standpunkt hat, weil
weder von Arbeitslosigkeit noch auch von schlechtem Verdienst
gesprochen werden könne, und weil jeder Mensch in der Republik,
der arbeiten will, sein Brot finde und jeder, der nur einigermaßen
mehr arbeitet, dieses Brot nicht trocken zu essen braucht. (Výkøiky
posl. inž. Junga.) Diese Ausführungen
zeigen nicht nur von einer geradezu unglaublichen Unkenntnis der
Wirtschaftslage, sondern stellen geradezu die Dinge auf den Kopf
und sind eine Verhöhnung der Wirtschaft. Herr Dr. Viškovský
scheint nicht zu wissen, daß wir in einer ganzen Anzahl
von Industrien seit Wochen wieder mit Kurzarbeit rechnen müssen,
daß insbesonders der Bergbau wöchentlich 2-3 Feierschichten
einschieben muß und daß neben diesen Kurzarbeitern,
die tatsächlich auf ein Hungereinkommen gesetzt sind, zehntausende
Arbeitslose vorhanden sind, die auch trotz aller Bemühungen
keine Anstellungen und keine Arbeit bekommen können.
Neben den zehntausenden Arbeitslosen, die von
der staatlichen Statistik erfaßt werden, gibt es heute noch
mindestens die doppelte Anzahl Arbeitsloser, die keine Arbeitslosenunterstützung
beziehen, weil sie entweder schon mehr als 3 Monate arbeitslos
sind oder aber deshalb, weil sie keiner gewerkschaftlichen Organisation
angehören, überhaupt nicht in den Genuß der Arbeitslosenunterstützung
gelangen und in der Statistik gar nicht geführt werden. Es
ist daher nicht nur irreführend, sondern auch eine Täuschung
der gesamten Öffentlichkeit, wenn in diesem Hause davon gesprochen
wird, daß es eine Arbeitslosigkeit in diesem Lande überhaupt
nicht gibt. Aber gerade Herr Dr Viškovský,
der ehemalige Präsident des Bodenamtes, dessen Wirkung ebenfalls
zehntausende Arbeitslose verursacht hat, hätte am wenigsten
Anlaß gehabt an dieses Problem zu erinnern. (Výkøiky
posl. Knirsche.) Ganz richtig!
Nach den Angaben des Präsidenten Dr Voženílek
wurden 63.500 Angestellte. welche durch die Durchführung
der sogenannten Bodenreform brotlos wurden, mit 260 Millionen
Kè versorgt. Dies ergibt pro Kopf einen Betrag von rund
4090 Kè einmalige Abfertigung. Stellt man in Rechnung,
daß in dieser Summe alle Aufwendungen
enthalten v: sind, die das Bodenamt für die Beamten, Angestellten
und Arbeiter machte, die durch die Bodenreform ihren Arbeitsplatz
verloren haben, also Aufwendungen durch Zuteilung von Grund und
Boden, durch Abfindungen und Pensionierungen u. dgl, mehr, so
zeigt die oben erwähnte Kopfquote, wie lächerlich gering
die Fürsorge für die Arbeiter ist. Im Durchschnitt kommt
ein Betrag zur Auszahlung, der ein jährliches Existenzminimum
nicht erreicht.
In diesem Zusammenhange komme ich auf die Budgetrede
des Ministerpräsidenten Švehla zurück, der
sagte, daß es nicht in seinen Intentionen gelegen wäre,
die Bodenreform zu nationalen Zwecken zu verwenden. (Smích
na levici.) Als Beweis führt er den Verkauf von Boden
an langjährige Kleinpächter an, an dem nach seiner
Angabe mehr deutsche als èechische Bewerber im Verhältnis
von 60 zu 40% partizipieren.
(Výkøiky.) Her
zu ist zu bemerken, daß das Gesetz über die Sicherstellung
des Bodens für langjährige Kleinpächter eine rühmliche
Ausnahme in der Reihe der Bodenreformgesetze bildet. Nach diesem
haben Kleinpächter, die Pachtgrund stücke des beschlagnahmten
Großgrundbesitzes seit 1901 bewirtschaftet haben, das Recht
auf Erwerb dieser ins Eigentum. Dieses Gesetz ist das einzige
von allen Bodenreformgesetzen, das den Bodenbewerbern einen Rechtsanspruch
auf Zuteilung zuerkennt und dessen Durchführung nicht in
die Hand des Bodenamtes, sondern in die Hände der ordentlichen
Gerichte gelegt ist. Auf Grund dieses Gesetzes haben tatsächlich
80.885 ha den Eigentümer gewechselt und 31.172 ha, mithin
also 38,53% der Flächen fielen nach amtlicher Angabe auf
deutsche Erwerber. Ganz anders stellt sich die Bodenreform im
Lichte der Zahlen dar, wenn man jene Flächen heranzieht,
die das Bodenamt nach freiem Ermessen, also nicht nach dem erwähnten
Gesetz. Neuerwerbern zuteilen konnte. Nach der letzten amtlichen
Statistik des Bodenamtes veröffentlicht auf der landw. Ausstellung
in Prag, Mai 1927, wurden von landwirtschaftlich en Gründen
nach der Aktion "S" (Zuteilung von Baugründen)
6311 ha, nach der Aktion "R" (Zuteilung von zerstreut
liegenden Grundstücken) 9302 ha und bei der ordentlichen
Zuteilung 419.799 ha, insgesamt also 435.412 ha Neuerwerbern zugeteilt.
An dieser Summe sind die Deutschen höchstens mit 15.000 ha
beteiligt. Sie erhielten demnach nicht mehr als 3% der zugeteilten
Flächen, während der Prozentsatz der deutschen Staatsbürger
in der Republik 23,36% beträgt und die Enteignung ehemals
deutschen Besitzes relativ einen noch höheren Hundertsatz
ausmacht. So sieht das Ministerwort "Von Gleichen unter Gleichen"
bei der Bodenreform aus. (Pøedsednictvi pøevzal
místopøedseda dr Buday.)
Die Durchführung dieser Bodenreform auf
landwirtschaftlichem Besitz steht in keiner Übereinstimmung
mit den Absichten, die der Ministerpräsident in seiner Budgetrede
am 8. November 1927 ihr unterlegt. Es paßt hierher weit
besser die Erklärung des Präsidenten des Bodenamtes
Dr Viškovský im Budgetausschuß am 15.
November 1923, wo er ausdrücklich konstatierte, daß
er niemals, weder für seine Person noch von amtswegen erklärt
habe, daß die Bodenreform nicht national durchgeführt
werde und daß sie keinen nationalen Charakter habe. Im Gegenteil.
Wenn der Ministerpräsident die nationalen Tendenzen der Bodenreform
leugnet, so ist es zweckmäßig, ihm die intime
Zusammenarbeit mit den Èechisierungsvereinen ins Gedächtnis
zurückzurufen. So veröffentlichte die "Landpost"
vom 16. Feber 1924 ein Schreiben der "Národní
Jednota Severoèeská" folgenden Inhaltes:
Národní Jednota Severoèeská. Praha
II., Vladislavova ul. è. 13, landwirtschaftliche Abteilung.
È. j. 194/24. Prag, den 31. Jänner 1924.
Sehr geehrter Herr! Wir erhielten von der Gebietsstelle
des staatlichen Bodenamtes die vertrauliche Mitteilung, mittels
welcher wir von den mit der Durchführung der Reform
im verdeutschten Gebiete vertrauten Beamten, Herrn Ing. Hrdlièka,
aufgefordert werden, einen verläßlichen, charakterfesten
örtlichen Kenner zu nennen, welcher dem genannten Beamten
vollständig verläßliche objektive, und sachliche
Nachrichten in Bezug auf den örtlichen
Großgrundbesitz zu geben im Stande wäre.
Wir ersuchen Sie daher höfl., die Daten
über die Liegenschaften, um deren Zuteilung sich die örtlichen
Korporationen und Einzelpersonen bewerben und welche den Zwecken
der örtlichen Minderheiten dienen, verläßlich
zu überprüfen (Gasthäuser, Gebäude, Bauplätze,
kleinere abseits gelegene Waldteile, Grundstücke, Garten.
Es ist notwendig die Katastergemeinde, Parzellen und Grundbuchnummer
anzuführen.) Vielleicht ist es Ihnen mit Hilfe der
Národní Jednota Severoèeská oder mit
anderen Vertrauensmännern möglich, das Gewünschte
in Bezug auf die örtlichen, heuer zur Aufteilung gelangenden
Großgrundbesitzungen in Erfahrung zu bringen. In das heurige
Programm fallen: Friedland, Grafenstein, Lämberg,
Neuschluß, Reichenberg, Niemes, Hainsbach und Hirschberg.
Wir erwarten, daß Sie unserem Ansuchen freundlichst entsprechen
und mit dem Herrn Ing. Hrdlièka in Verbindung treten werden.
Gleichzeitig verständigen wir den genannten Herrn, daß
wir Sie als Vertrauensmann für die Bodenreform
genannt haben. Indem wir dieses Ihnen mitteilen, empfehlen wir
uns mit dem Ausdrucke der vorzüglichsten Hochachtung für
den Bodenreformreferenten Unterschrift unleserlich.
Im Mittelpunkt der Bodenreform steht heute
das Projekt der Wälderverstaatlichung, hat doch Präsident
Dr Voženílek in seiner
Budgetrede ausdrücklich auf die Verstaatlichungsabsichten
hingewiesen. Es ist merkwürdig, daß Präsident
Voženílek in seiner
letzten Rede nirgends auf die Zwecke hingewiesen hat, die mit
dieser Aktion verfolgt werden. Wirtschaftliche Gründe waren
überhaupt nie maßgebend und niemand konnte behaupten,
daß der Staat ein besserer Wirtschafter wäre als die
Großgrundbesitzer. Wir brauchen aber nur ein wenig in der
Geschichte des Bodenamtes zurückzublättern, um die Bedeutung
der Waldverstaatlichung zu erhellen.
Es ist nach wie vor das nationale Moment, die Absicht, das deutsche
Gebiet mit Èechen zu durchsetzen und an Stelle des deutschen
Beamten und Arbeiters den èechischen zu bringen.
(Souhlas na levici.)
Hat doch erst kürzlich in der Hauptversammlung des Verbandes
der èechoslovakischen Forstwirtschaft der Generaldirektor
der Staatsforstdirektion Dr Šiman an die Versammlung die
Frage gerichtet, ob in den historischen Ländern nicht mehr
Waldboden verstaatlicht werden sollte, damit die Forstingenieure
èechischer Nationalität, die in der - Slovakei den
slovakischen Platz machen müssen, eine Anstellung finden.
Das ganze, jetzt aktuelle Waldprogramm paßt sich vollständig
- den nationalen Tendenzen des Bodenamtes an.
Es ist eine allbekannte Sache, daß das
Bodenamt ein Herd der Korruptionen ist. Bezeichnend dafür
ist die jetzt aufgerollte Affäre Dubický, die
aber in ihrem Ausmaße und ihren Auswirkungen noch weit hinter
der Coburg-Affäre des vorigen Jahres zurückbleibt. Auch
bei der Zuteilung und bei der sonstigen Verschaffung von Grund
und Boden läßt das Bodenamt Unparteilichkeit und objektive
Behandlung vermissen. Mit Rücksicht auf die nationale und
die Parteizugehörigkeit der einzelnen Beteiligten werden
unverantwortlich verschiedene Behandlungen verzeichnet. Hierfür
folgende Fälle von vielen:
Herr Bartoò ist Großindustrieller in Náchod,
besitzt dortselbst Baumwollspinnereien und Webereien und ist nebenbei
Besitzer des Großgrundbesitzes in Neustadt a. d. Mettau
im Ausmaße von 1820 ha. Bartoò war im Zuge der Bodenreform
gezwungen, landwirtschaftliche Grundstücke abzutreten, aber
seine Stellung als einflußreiche Person im èechischen
Regierungslager gab ihm die Gewißheit, für die Schmälerung
seines Vermögens auf der anderen Seite schadlos gehalten
zu werden. Und dies geschah auch. Die angrenzenden beiden Großgrundbesitzer
wurden gezwungen, an Herrn Bartoò je ca 600 ha Wald zu
verkaufen. Den Zwang zu diesen Verkäufen übte das Bodenamt
bei den Verhandlungen zur Durchführung
der Bodenreform aus, und Herr Bartoò konnte zu den günstigsten
Bedingungen 1200 ha Wald dazuerwerben. Der Kaufpreis, den er hierfür
zahlte, betrug 3000 bis 4000 Kè pro 1 ha, also weniger
als die Hälfte des wahren Wertes. Wir
haben einen typischen Fall der Durchführung der Bodenreform.
Herrn Bartoò soll nichts geschehen und er wird auf Kosten
seiner Nachbarn schadlos gehalten. Hier gelten also die Bodenreformgesetze
im anderen Sinne.
Thomas Magliè ist Generalrat der Skodawerke
in Pilsen und was einem anderen nie gelang, gelang diesem Industriekapitän,
dem selbst die primitivsten Voraussetzungen zur Land- und Forstwirtschaft
mangeln. Er konnte durch die Bodenreform Großgrundbesitzer
werden. Mit der selbstverständlichen Protektion maßgebender
Faktoren erwarb er die Herrschaft Neu-Perstein im Gesamtausmaße
von 2700 ha zu einem lächerlich geringen Preise. Die einzige
Verpflichtung, die er dabei übernahm, war, 80 ha an einige
kleine Bewerber abzutreten. Die Bodenreform machte den èechischen
Industriekapitän Thomas Magliè zu einem Großgrundbesitzer
mit einem Besitz von 2600 ha, der heute sein freies Eigentum ist.
Es kommt aber auch bei der Bodenreform der einfach ungeheuerliche
Fall vor, daß Beamte und Kommissäre des Bodenamtes
selbst gleichzeitig in ihrer Amtsfunktion und
als Bodenwerber auftreten. (Nìmecké výkøiky.)
So hat z. B. der Zuteilungskommissär in Troppau, Øezák,
den Großgrundbesitz GroßHoschitz im Hultschiner Land
im Ausmaße von 477 ha folgendermaßen aufgearbeitet.
Dem alten Besitzer verblieben einschließlich Park 211 hat,
75 gehen auf Kleinzuteilung auf und vom Reste wurde ein Restgut
von 191 ha errichtet, das dem Zuteilungskommissär zugeteilt
wurde! Øezák hat also in eigener Sache amtiert und
sich selbst einen Großgrundbesitz zugeteilt.
(Smích na levici. - Výkøiky
posl. Knirsche a inž. Junga.)
Aber nicht nur Industrie-Kapitäne und
Bodenamtsbeamte, auch Advokaten können durch die Bodenreform
Großgrundbesitzer werden, also Leute, die mit der Landwirtschaft
nichts zu tun haben. So ließ sich der Rechtsanwalt
Dr Šolc - er schreibt sich natürlich mit háèek
- die Herrschaft Grafenstein im Ausmaße von rund 250 ha
Landwirtschaft und 300 ha Wald vom Bodenamte zuteilen. Šolc
war aber nicht nur Advokat, sondern vorher schon Großgrundbesitzer
und Eigentümer des Gutes Zbuzan bei Prag. Von diesem Gute
trat er dem Bodenamte 70 ha ab und erhielt dafür die Herrschaft
Grafenstein mit 250 ha, wobei er noch einen Betrag von etwas mehr
wie eine halbe Million Kè zu erlegen hatte. Durch diese
Transaktion hat das Bodenamt dem Rechtsanwalt
und bisherigen Großgrundbesitzer Dr Šolc reichlich
2 Mill. Kè geschenkt.
Abg. Špaèek,
unser alter Freund, erwarb zusammen mit einem gewissen Chrastina
die Herrschaft Fulnek im Ausmaße von 1264 ha Wald,, 355
ha Landwirtschaft und 25 ha sonstigen Boden. Der Kaufpreis betrug
etwa 61/2 Mill. Kè, also kaum
die Hälfte des tatsächlichen Wertes. Aber nicht nur
mit dem Geschäfte bei Erwerb des Großgrundbesitzes
gab sich Herr Špaèek zufrieden,
er ließ sich auch eine außerordentliche Schlägerungsbewilligung
auf fast das dreifache des Normaletats erteilen und begann den
Wald auszubeuten. Daß Špaèek
entschieden ein höchst qualifizierter Bodenbewerber ist,
geht daraus hervor, daß er im Privatleben Kanzleidirektor
des Gemeindeamtes in Schles. Ostrau und Abg. der èechischen
nationaldemokratischen Partei ist. (Výkøiky na
levici.)
Wenn die Bodenreform unter dem Titel "der
Boden dem Volke" betrieben wird, so ist besonders interessant
zu sehen, was das Bodenamt unter dem Begriff "Volk"
versteht. In manchen Fällen können es auch Zuckerkonzerne
sein. So erwarb die Gödinger Zuckerfabrik durch die Bodenreform
6 Höfe der Herrschaft Mähr. Kromau und 2 Höfe der
Herrschaft Frischau in Mähren. Noch krasser ist der Fall
in der Slovakei, wo die Zuckerfabriken Trenèin-Teplitz
und Dioszeg der Kuffnerschen Zuckerfabrik A. G. die Zuckerfabrik
Dürnau der Stummerschen Zuckerfabrik A. G. und die Droskasche
der Schoellerschen Zuckerfabrik A. G. von den umliegenden Großgrundbesitzern
1700 ha gepachtet hatten. Das Gesamtausmaß
der Großgrundbesitze der dortigen Gegend betrug 42000 ha
und nach Durchführung der Bodenreform konnten die genannten
Zuckerfabriken ihre Pachtungen auf dem jetzt verstaatlichten Grundbesitz
auf 20.000 ha außer ihren neuen Erwerbungen erweitern. Was
mit dieser Art der Reform bezweckt wurde sagt der jetzige Präsident
des Bodenamtes Dr Voženílek in seinem
Buche "Pozemková reforma v Èeskoslovenské
republice" auf Seite 219, wo es heißt: "Eine erfolgreiche
Bodenreform auf den Zuckerfabriksgütern
bildet einen weiteren Schritt zur Festigung der dortigen Verhältnisse.
Die Reform hat nicht der Unterstützung der kleinen Landwirte
zu dienen, die der ungarischen Nation angehören, sondern
sie ist der Schlüssel des ungeheuren Komplexes von hochwichtigen
nationalen und gesamtstaatlichen Fragen." (Výkøiky.)
Also er hat sich selbst enthüllt.
Im Zuge der Bodenreform konnte auch die Genossenschaft Mara &
Cie. die Herrschaft Dlouhá Lhota erwerben und es wurde
ihr die Genehmigung zur Ausbeutung der dortigen Wälder erteilt,
während sich das Bodenamt das Rückkaufsrecht nach 20
Jahren vorbehalten hat. Das Bodenamt billigt hier ganz offen die
Güterschlächterei. Präsident Voženílek
hat in seiner Budgetrede vom 15. November die Bodenreform geradezu
mit poetischen Worten gepriesen. Er sagte: "Auf den Trümmern
der Latifundien steht der freie kleine Mann, der die durch den
Bodenerwerb übernommenen Funktionen glänzend erfüllt.
Dieser kleine Mann steht da als verläßlichste Stütze
unseres jungen Staates in guten und schlechten Zeiten." Ein
Blick auf die Praxis des Bodenamtes lehrt uns, wen Präsident
Voženílek unter dem
kleinen freien Mann versteht.
Es sind èechische Abgeordnete, Industrielle, Zuckerfabriken
und Advokaten - kurz die Leuchten der èechischen Demokratie!
(Výkøiky posl. Knirsche.)
Wenn auf solche Nutznießer einer sogenannten
sozialen Reform der Staat als auf seine verläßlichste
Stütze baut, dann muß es um ihn wahrhaftig schlecht
bestellt sein. Jüngst hat es selbst der Präsident der
Republik für nötig gefunden, die Bodenreform zu verteidigen
und im Hinblick auf die Übereinkommen mit zahlreichen alten
Besitzern erklärt, daß die Bodenüberführung
meist freiwillig erfolgt ist. Wie diese freiwillige Überführung
des Bodens in die Hände der Protektionskinder des Bodenamtes
in Wirklichkeit vor sich ging, ist ja genügend bekannt. Wir
haben es hier mit einer Art republikanischen Erlkönigs zu
tun, der nach dem Prinzip handelt: "und folgst du nicht willig,
so brauch ich Gewalt!" (Sehr gut!) Oder der
Erlkönig ins Èechische übersetzt:
"Er erwarb den Hof mit Mühe und Not, in seinen Armen,
der Staat war tot." Oder in der Sprache des Bodenamtes ausgedrückt,
entweder ein freiwilliges Übereinkommen oder wir nehmen alles,
was uns paßt. (Sehr richtig!) Und nun zum Schlusse
einiges über die Konstruktion und Richtlinien des heurigen
Staatsvoranschlages. Der Finanzminister Dr Engliš
hat in seinem Exposé folgendes angeführt: "Stellen
wir methodisch die Voranschläge für das Jahr 1927 und
1926 auf die gleiche Basis, so zeigt sich klar, daß die
Richtlinie beider Voranschläge unverändert geblieben
ist und weil dasselbe auch im Vorjahre gegenüber dem Voranschlage
für das Jahr 1926 konstatiert werden konnte, ergibt sich
hieraus, daß die Richtlinie der staatlichen Administrative
in den letzten Jahren in keiner Weise verschoben worden ist."
Diese Feststellung ist für den Herrn Finanzminister als èechischen
Politiker ebenso wichtig, als für uns als deutsche Politiker.
Er erklärt mit diesen dürren und außerordentlich
eindeutigen Worten, daß das Prinzip dieses
Voranschlages, für den die deutschen Regierungsparteien nicht
mehr so wie im Vorjahre die Verantwortung ablehnen können,
unverändert geblieben ist. Daß es also den deutschen
Regierungsparteien nicht gelungen ist, die von ihnen selbst noch
vor 2 Jahren scharf bekämpfte Struktur des Budgets zu ändern
und daß alle Redensarten, von der Teilnahme an der Macht
"von Gleichen unter Gleichen" und von den materiellen
Erfolgen der regierungsparteilichen Aktivisten nichts als leeres
Gerade sind. (Sehr richtig!) Dieser Voranschlag
ist ein antideutscher Voranschlag wie alle seine Vorgänger.
Dieser Voranschlag hat nichts gutgemacht, was an seinen Vorgängern
bekämpft worden ist. Dieser Voranschlag ist ein unsozialer,
militaristischer, èechischer Voranschlag, in dem keine
Spur einer warhaften Versöhnung zu lesen ist.
Aus allen diesen Gründen wird auch unsere
Haltung zu diesem Budget die gleiche sein, wie zu allen seinen
Vorgängern: wir lehnen den Staatsvoranschlag für das
Jahr 1928 auf das entschiedenste ab und werden daher gegen seine
Annahme stimmen. (Potlesk poslancù nìm.
strany nár. socialistické.)