Ètvrtek 9. èervna 1927

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 84. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze ve ètvrtek dne 9. èervna 1927 odpol.

Øeè posl. Knirsche (viz str. 1580 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Ich bitte den Herrn Präsidenten von vornherein um Entschuldigung, daß ich mich nicht streng an die Tagesordnung halten werde. Aber es sind in den letzten Tagen in unserem Lande eine Anzahl Verhaftungen vorgenommen worden, Hausdurchsuchungen bei Parteigenossen und anderen Volksgenossen, deren Veranlassung, Form und offensichtliche Absicht mich verpflichten, die erste Gelegenheit zu ergreifen, um darüber von dieser Stelle aus zu sprechen.

Als Veranlassung zu diesen Verhaftungen wird in den meisten Fällen die Teilnahme an Geheimbündeleien oder aber die Verbindung mit Geheimorganisationen des Auslandes angeführt, deren Ziel die Unterwühlung des èechischen Staates, beziehungsweise der gewaltsame Sturz seiner Verfassung sei. (Výkøiky posl. inž. Junga a dr Schollicha.) Aus den Memoiren der èechischen Staatsmänner und Politiker, aus der Geschichte ihrer nationalen Revolution wissen wir, daß vor dem Umsturz jede Ihre nationale Schutzvereinigung, der Volksrat, die Sokolvereine, im Dienste der Freiheitsbewegung ihres Volkes gestanden sind. Und nun setzen Sie das gleiche auch von den Schutzvereinigungen, Turnvereinen und sonstigen nationalen Vereinigungen der Deutschen voraus. In dieser Ihrer Sorge, in der Ängstlichkeit (Posl. dr Schollich: Das schlechte Gewissen!) und auch Ihr schlechtes Gewissen läßt Sie hinter jedem Abzeichen, sei es auch nur eine einfache Knopflochnadel, hinter jedem Bändchen und Mäschchen das Symbol einer Geheimorganisation erblicken.

Ich habe vor kurzem Veranlassung genommen, von dieser Stelle aus ausführlich darzulegen, daß die Organisationen, die von Ihrer Regierung und ihren Organen als geheime Organisationen hingestellt werden, in Wirklichkeit Vereinigungen sind, deren Aufgabe lediglich die Pflege der nationalen und kulturellen Beziehungen unseres Volkes mit den Brüdern im Auslande oder umgekehrt ist. Ich habe mit dem Koll. Jung neuerdings an den Herrn Justizminister Mayr-Harting eine Interpellation gerichtet und um klare Auskunft darüber ersucht, auf welche Gründe oder welches Beweismaterial sich die Annahme der Regierung stützt. (Výkøiky posl. inž. Junga.) Wir haben in der Interpellation die Bekanntgabe des vorliegenden Materials im offenen Hause oder aber die Zurückziehung der von der Regierung an die Behörden hinausgegebenen Weisungen verlangt, falls solches Material nicht vorliegt. Der Herr Justizminister hat uns auf unsere Anfrage die Antwort erteilt, daß die Beurteilung, ob eine Organisation als eine Geheimorganisation zu betrachten sei, die Beurteilung darüber, ob die Verbindung mit solchen Organisationen oder die Betätigung darin unter das Strafgesetz fällt, in jedem einzelnen Falle dem zuständigen Richter obliegt (Výkøiky posl. dr Schollicha.) und er sagt in dieser Antwort, daß da dem Richter seine Unabhängigkeit nach dem Staatsgrundgesetz gewährleistet erscheint, die Regierung nicht in der Lage ist, die Stellung zu nehmen, die wir verlangen. Das ist die Antwort des Herrn Justizministers. Wie sieht nun in Wirklichkeit die objektive Stellungnahme der Regierung diesen Organisationen, bzw. dem Gerichtsverfahren gegenüber aus?

Es liegt uns das Gutachten des Ministeriums des Innern vor, das dem Kreisgericht Leitmeritz erstattet wurde. (Výkøiky posl. inž. Junga.) Über Ersuchen des Rechtsanwaltes und zwar betreffend die Beurteilung dieser geheimen Organisation seitens der Regierung. Das Gutachten erstreckt sich auf den Verein für das Deutschtum im Auslande, also den deutschen Schulverein mit dem Sitz in Berlin. Das Gutachten des Ministeriums des Innern über die Betätigung dieses rein kulturellen Zielen dienenden Vereines, lautet folgendermaßen: "Das Justizministerium hat im Einvernehmen mit dem Ministerium des Äußern die dortgerichtliche Zuschrift vom soundsovielten, Zl. soundso viel, betreffend die Anfrage rücksichtlich Tendenz und Wirksamkeit des Vereins für das Deutschtum im Auslande mit dem Untertitel "Deutscher Schulverein" mit dem Ersuchen anher" - nämlich an das Ministerium des Innern - "abgetreten, daß das Ministerium des Innern dem dortigen Gericht die ersuchte Information erteile. Indem das Ministerium des Innern diesem Ersuchen entspricht, übersendet es in der Beilage einen Anszug aus den Statuten des genannten Vereines zur Einsichtnahme und dies mit dem Bemerken, daß es sich um einen in Deutschland rechtsgültig existierenden und seine Tätigkeit unter dem Titel "Verein für das Deutschtum im Auslande (Deutscher Schulverein)", auf welchen Titel der ursprüngliche Titel des Vereines "Allgemeiner deutscher Schulverein zur Erhaltung des Deutschtums im Auslande" geändert wurde, ausübenden Verein handelt.

Und nun hört! Die Statuten enthalten zwar die ausdrückliche Bestimmung, daß der Verein keine politische, sozial-politische oder religiöse Tendenz verfolge, jedoch erscheint es nötig, diese Bestimmung dahin auszulegen, daß der Verein nicht beabsichtige, auch politisch, für eine bestimmte politische Partei, sich zu engagieren, sondern nur an den politischen Kämpfen der Parteien untereinander nicht teilzunehmen, vielmehr mit der Mitarbeit des gesamten national fühlenden Deutschtums ohne Unterschied der Partei rechnet. In Wirklichkeit ist die Tätigkeit dieses Vereines eine ausgesprochen politischen (Výkøiky posl. dr Schollicha.) alldeutschen und irredentistischen Grundsätzen huldigende. (Výkøiky na levici.) Der Verein ist mit irredentistischen Vereinen, besonders mit den sudetendeutschen Heimatbünden (Výkøiky posl. dr Koberga.) und mit dem deutschen Schutzbund in Verbindung und veranstaltet mit denselben Kundgebungen irredentistischen Charakters. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Slavíèek.) Bei diesen Manifestationen kam es wiederholt zu gehässigen, verhetzenden Kundgebungen gegen die Èechoslovakische Republik. (Výkøiky posl. Simma.) Von der irredentistischen gegen die Èechoslovakische Republik gerichteten Tätigkeit dieses Vereines zeigt sicherlich, und dies genügt, der Umstand, daß sich in den von dem Verein veranstalteten Kundgebungen die größten politischen Gegner der Èechoslovakischen Republik, insbesondere der gewesene èechoslovakische Abgeordnete Baeran betätigen. (Výkøiky na levici.) Es wird jedoch auch bei den Versammlungen und Veranstaltungen, bei den Vorträgen und öffentlichen Kundgebungen, bei welchen nur inländische Redner auftreten, gegen die Èechoslovakische Republik losgegangen, die Zugehörigkeit zum Großdeutschtum insbesondere der Deutschen aus der Èechoslovakischen Republik betont, die großdeutsche Idee bekräftigt, und aus den Kundgebungen geht als Endziel die Errichtung des großen deutschen Staates, Großdeutschland, hervor. (Výkøiky posl. dr Schollicha.) Der Verein betreibt die Propaganda auch im Druck und gibt eigene Broschüren. Zeitschriften, Flugschriften u. s. w. heraus. So wurden seitens der "Österreichischen Südmark", die sich im Jahre 1925 mit dem Verein für das Deutschtum im Auslande vereinigte, die Mappe mit der Aufschrift: "Friedensverträge sind nur Menschenwerk, Gott will es anders" herausgegeben, darstellend Deutschland und Österreich mit den von ihnen losgelösten Gebieten und erscheinen auf dieser Mappe auch sämtliche in Böhmen, Mähren und Schlesien gelegenen und von den Deutschen bewohnten Gebiete als losgelöst angeführt.

Schon aus dem hier Angeführten geht hervor, daß der Verein "Verein für das Deutschtum im Auslande" sich nicht nur politisch betätigt und mit den politischen Verhältnissen in der Èechoslovakischen Republik beschäftigt, vielmehr gegen unseren Staat feindlich auftritt und gegen dessen Selbständigkeit und Verfassungseinheit arbeitet.

Zum Schlusse wird bemerkt, daß ein ausführliches Gutachten des Ministeriums über die Tendenz, den Titel und die Tätigkeit des Vereines bereits im Urteile des Kreisgerichtes Iglau am 19. Mai 1926, betreffend die Strafsache Ignatz Göth und Genossen, enthalten ist. (Výkøiky posl. inž. Junga.)

Das ist das amtliche Gutachten der Regierung über den Verein für das Deutschtum im Auslande und, wenn nun der Herr Justizminister in der Beantwortung unserer Frage darauf verweist, daß er zu dieser Frage, ob das geheime Organisationen sind, nicht Stellung nehmen kann, weil damit die Unabhängigkeit des Richters tangiert würde, dann fragen wir: Ist das keine Stellungsnahme der Regierung, ist das keine Beeinflussung des Richters, wenn ein derartiges amtliches Dokument vom Ministerium dem Kreisgerichte vorgelegt wird? Für den Richter ist die weitere Durchführung eines Wahrheitsbeweises gegenstandslos und tatsächlich lehnt der Richter auch in solchen Fällen die Durchführung des Beweisverfahrens ab. (Výkøiky posl. Simma.) Im Falle Krebs, der denselben Vorfall zur Grundlage hatte, stellte der Abg. Krebs Beweisanträge, der Richter lehnte die Durchführung ohne weitere Untersuchung dieser Beweisanträge mit der Begründung ab, daß für ihn der Zeugenbeweis der Regierung maßgebend ist, nach welchem diese Organisationen, darunter also nicht nur der Heimatbund, das Institut für das Auslandsdeutschtum in Stuttgart, der Verein für das Auslandsdeutschtum in Berlin usw. als Geheimorganisationen betrachtet werden. (Výkøiky posl. inž. Junga.) Das Beweisverfahren wird abgelehnt und der Angeklagte zu einer wochenlangen Arreststrafe verurteilt.

Meine verehrten Damen und Herren! Es mag sein, daß in diesen großen Organisationen - und der Verein für das Deutschtum im Auslande zählt Millionen Mitglieder - in der einen oder anderen Kundgebung einzelne Vereinsmitglieder oder Redner, die als Gäste gewonnen wurden, auftreten und über den Rahmen des Vereinszieles hinausgehen. Kann man dafür die gesamte Organisation verantwortlich machen, wie es in dieser Stellungnahme der Regierung tatsächlich geschehen ist? Es ist einfach unerhört, so große Vereinigungen, die nachweisbar rein national-kulturellen Zwecken dienen, wie es der Verein für das Deutschtum im Auslande ist, in solcher Weise zu stigmatisieren. Der Verein für das Deutschtum im Auslande hat sich die kulturelle Förderung des gesamten Minderheitsdeutschtums zur Aufgabe gemacht, er hat eine wirklich anerkennenswerte verdienstliche kulturelle Tätigkeit in dieser Hinsicht entfaltet, die auch von Regierungen der Staaten anerkannt wird, die Minderheiten beherbergen und deren Schutz die Arbeit des Vereins für das Deutschtum im Auslande gilt. Weder in Rumänien, noch in Ungarn, noch in Polen oder Rußland hat sich jemals jemand gefunden, eine amtliche Stelle, den Verein für das Deutschtum im Ausland deswegen zu beanständen, nur die Èechoslovakische Republik, bzw. deren Regierung kommt mit einer derartigen Verfolgung. So wie es mit dem Verein für das Deutschtum im Ausland ist, ist es mit den übrigen Vereinigungen, mögen es das Auslandsinstitut in Stuttgart oder unsere sudetendeutschen Heimatbünde sein. Ich habe bereits das letztemal von dieser Stelle aus erklärt, daß wir nicht leugnen, daß es eine deutsche Irredenta draußen gibt, eine sudetendeutsche Irredenta (Výkøiky posl. dr Schollicha.) und habe mich zu dieser Irredenta offen und rückhaltlos bekannt. Wir scheuen uns unserer Gesinnung nicht, wir stehen als Männer dafür ein, und werden, wenn wir einmal vor dem Richterstuhl stehen sollten, unsere Konsequenzen ziehen. Aber dort Verfolgungen einzuleiten, wo eine derartige Betätigung absolut nicht vorhanden ist, nur in der Absicht, die kulturellen und völkischen Verbindungen zu unseren Brüdern draußen und den Volksgenossen hier zu unterbinden, uns abzuschnüren, das weisen wir mit aller Entschiedenheit zurück und dagegen werden wir immer und immer ankämpfen. Ich verweise bezüglich der Tendenzen dieser Organisationen, speziell des Heimatbundes in Wien, Berlin und Passau, auf die letzte Tagung des Heimatbundes in Wien, auf der zu diesen Verfolgungen durch die Èechoslovakische Regierung Stellung genommen wurde. Die Hauptversammlung wies sie mit entschiedenstem Protest zurück und der Präsident des Vereins, also wohl der verantwortlichste Faktor für die Tätigkeit und die Arbeit der Vereinigungen, hat die Ziele der Heimatbünde klar in folgenden Worten zusammengefaßt. "Der Heimatbund ist in allen Ländern ein auf Grund behördlich genehmigter Satzungen aufgebauter Verein, der keinerlei Kontrolle seiner inneren und äußeren Arbeit zu scheuen hat. Wie in Deutschösterreich verweisen besonders auf die am 24. November 1922 im Wiener Nationalrat abgegebene Regierungserklärung, der zufolge die Èechoslovakei in den Bestimmungen des Artikels IV. des Staatsvertrages von Lana" ich zitiere wörtlich - "keinerlei Maßnahmen ergreift gegen den Bestand und die Tätigkeit von Vereinigungen, deren Zweck die Pflege des nationalen Charakters und die Unterstützung der wirtschaftlichen und kulturellen Ziele ihrer Volksgenossen ist. Die Hilfe, welche sich die beiden Staaten in Gemäßheit des fraglichen Artikels leisten werden, erstreckt sich auf jedweden Versuch einer gewaltsamen Änderung der gegenwärtigen Staatsform, von welcher Seite immer dieselben kommen möge. Der Heimatbund und ich persönlich, nämlich der Präsident desselben, lehnen grundsätzlich die Unterstützung von Unternehmungen, welche politische Gewalttätigkeiten und ähnliche in Betracht der gegenwärtigen Situation geradezu kindische Gedanken im Auge haben, ganz entschieden ab. Wir gehen den geraden Weg des natürlichen Selbstbestimmungsrechtes eines jeden Volkes und wollen durch wahrheitsgemäße Aufklärung des eigenen und der gesamten Völker die moralische Unterstützung für den schweren Kulturkampf der Heimat erringen. Fest geschlossen ohne Unterschied der Partei und des Standes stehen wir Heimatbündler in Liebe zu Volk und Heimat und als Verkünder und Anwalt ihrer reinen Rechte vor dem Urteil der Geschichte und dem Gewissen der Welt da. Das ist das klare Ziel der Heimatbewegung, das die Hauptversammlung einmütig nicht nur festlegte, sondern sich auch als Richtschnur der ferneren Arbeit setzte."

Nun, meine Herren, was hat die Stellungnahme der Regierung zu diesen Auslandsverbänden, für Folgen? Wir haben sie in so und so vielen Prozessen bereits beobachten können. In jüngster Zeit scheint neuerlich eine Art Razzia vorgenommen zu werden, auf Grund irgend welcher Denuntiationen, und wie geradezu lächerlich sich der Verfolgungswahn der Behörden auswirkt, möchte ich an dem einen oder anderen Fall hier vorbringen.

In Troppau wurde ein gewisser Huber Glässer verhaftet. Die Staatsanwaltschaft Troppau hat unter dem 8. Feber 1927 gegen diesen Glässer die Anklage erhoben, daß er der Ortsgruppe Neiße des sudetendeutschen Heimatbundes angehört. Die Anklage gründet sich auf die Tatsache der Mitgliedschaft des Glässer und auf die angebliche Tatsache, er habe sich im Sinne dieser anerkannt staatsfeindlichen und geheimen, den Bestand der Èechoslovakischen Republik unterbindenden Organisation betätigt, hört, wie betätigt: Weil er am 7. Mai 1925 als Musiker bei einem Heimatfest dieser Organisation mitgewirkt (Rùznì výkøiky. Hluk. - Místopøedseda Slavíèek zvoní.) und auf diese Weise die Organisation in ihren unterwühlerischen Bestrebungen unterstützt hat. Die Anklage behauptet, die Organisation sei notorisch eine geheime staatsfeindliche Organisation, welche den Zweck hat, die Selbständigkeit und verfassungsmäßige Einheit der Èechoslovakischen Republik zu unterwühlen und welche ihre Tätigkeit im Endziel auch auf die Gebiete der Èechoslovakischen Republik erstreckt.

Ein weiterer Fall: Drei Mitglieder des Turvereins Samthübel u. zw. verantwortliche Vorstandsmitglieder wurden verhaftet und sitzen seit Jänner dieses Jahres in Untersuchungshaft, weil der Turnverein Samthübel an einer Kundgebung des Heimatbundes teilgenommen hat und dort turnerische Übungen veranstaltet hat. Der Turnverein wurde aufgelöst und die drei Vorstandsmitglieder sitzen seit Jänner 1927 in Untersuchungshaft. (Rùzné výkøiky. Hluk -Místopøedseda Slavíèek zvoní.) Vor einigen Tagen wurde beim Bürgermeister von Röchlitz, unserem Parteigenossen Kleinert, eine Hausdurchsuchung vorgenommen. Die Privatwohnung wurde umgestülpt, das genügte nicht, man fand dort nichts, also ging es in das Amtslokal des Bürgermeisters, man eröffnete die Schreibtische im Bürgermeisteramt und stöberte dort die Korrespondenz nach weiß Gott wie staatsfeindlichen Dokumenten oder Beweismaterial durch. Man durchschnüffelte natürlich auch die Privatkorrespondenz und irgendein Anhaltspunkt, der sich in einem Briefe fand, führte dazu, daß eine hochnotpeinliche Untersuchung eingeleitet wurde. Bei Kleinert fand man beispielsweise in der Schublade einen harmlosen Brief von mir, in dem ich mich entschuldigte, daß ich ein Schreiben Kleinerts erst nach einigen Tagen beantwortete, weil ich in Budapest gewesen bin und erst zurückgekehrt war. Sofort fragte man: "Was hat der Abgeordnete in Budapest gemacht?" (Výkøiky na levici.) Nun - der Zweck der Übung - die Korrespondenz wird zusammengepackt und nun wird dieser Briefwechsel natürlich zum Gegenstand einer hochnotpeinlichen Untersuchung gemacht. Wenn es nicht in diesem Falle der Bürgermeister Kleinert gewesen wäre, sondern irgendein Volksgenosse draußen, würde er vom Fleck weg verhaftet worden sein und würde 4 Wochen und noch länger in Untersuchungshaft sitzen, bis herauskommt, was der Abg. Knirsch in Budapest gemacht hat. (Místopøedseda Slavíèek zvoní.) Ich bin gleichfertig. (Výkøiky na levici.)

Der Kreisjugendführer Schwarz des Gablonzer Kreises wurde vorgeladen und einer hochnotpeinlichen Einvernahme unterzogen. Man hielt ihm eine photographische Aufnahme irgendeiner Tagung vor, ein Gruppenbild von draußen im Reiche. Sie war klein, so daß die Köpfe oder die Gesichter nicht ganz kenntlich waren, und nun hat man sich darauf versteift, daß der eine von den Hundert oder Zweihundert, die photographiert sind, unser Kreisjugendführer Schwarz sein müsse. (Hluk.) Er war in der Lage, den Nachweis zu erbringen, daß er an diesen Tagen gar nicht draußen, sondern anderswo gewesen ist; man glaubte ihm nicht, und nun war es interessant, die Art der Verhandlung zu beobachten. Der eine Polizist oder Staatsanwalt behauptete, das müsse er sein, denn das Bild stimme beiläufig mit ihm überein. Der andere sagte, es sei nicht so ganz sicher, es könne auch ein anderer sein. Weil man nicht so ganz sicher war, wurde der Kreisjugendführer wieder entlassen. (Výkøiky na levici.)

Vor einigen Tagen hat man den Führer unserer Ordnertruppe Richter in Schutzhaft genommen. Der Grund ist bis heute nicht bekannt. Angeblich soll auch eine Verbindung mit einer geheimen Organisation mit Spionagegrundlage vorhanden sein. Mit ihm wurden zwei weitere Parteigenossen verhaftet, Kretschmer und Köttner in Gablonz, wahrscheinlich, weil sie Windjacken trugen und sich wo als Ordner betätigten. Bei einem hat man eine Hakenkreuzfahne beschlagnahmt und sie zum Beweismaterial gemacht. Ein Prager Student wurde vor einigen Tagen mitten aus der Unterrichtsstunde von Staatspolizisten geholt, zum Gericht geschleppt und dort einem hochnotpeinlichen Verhör unterzogen, eine Hausdurchsuchung wurde vorgenommen. (Výkøiky posl. dr Schollicha, Simma a dr Koberga.) Und was ist der Zweck dieser Hausdurchsuchungen? Um aus der Privatkorrespondenz nicht nur verschiedene Anhaltspunkte für politische Verfolgungen zu bekommen, sondern auch die politische Arbeit der einzelnen Parteien kennen zu lernen. Das ist der Zweck der Hausdurchsuchungen in Sekretariaten, bei einzelnen Parteigenossen, mögen sie welcher politischen oppositionellen Richtung angehören, weil man aus diesem Material Schlüsse für die Betätigung der Parteien draußen zieht. Anstatt, daß sich die Organe, die mit der Hausdurchsuchung betraut werden, wirklich nur mit dem Material befassen, das gesucht werden soll, oder mit dem Gegenstände, dessentwegen die einzelnen unter Anklage gestellt sind, wird die gesamte Korrespondenz durchschnüffelt und werden stoßweise Privatbriefe und Privatkorrespondenz politischer Natur einfach mit auf das Amt genommen. Dagegen müssen wir uns verwahren.

Was ist weiters der mögliche Zweck der Übung? Ich spreche vom Verein für das Deutschtum im Auslande. Unsere sudetendeutschen Schutzvereine, der Bund der Deutschen, der Kulturverband, andere Schutzvereinigungen, ja, Regierungsparteien, Abgeordnete derselben und vielleicht die Parteien in ihrer Gesamtheit stehen in schriftlichen und persönlichen Verbindungen mit diesem deutschen Schulverein draußen, und auch unsere Zentralen in Prag. Ja, wenn dieser Verein für das Deutschtum im Ausland vom Ministerium des Innern, beziehungsweise von unserer Regierung als eine irredentistische Geheimorganisation hingestellt wird, kann es morgen oder übermorgen denn erstbesten Staatsanwalt einfallen, morgen die Deutschpolitische Arbeitsstelle, übermorgen den Kulturverband und den Turnverband mit der Begründung aufzulösen, daß sie mit ausländischen irredentistischen Geheimorganisationen Verbindungen haben.

Wir protestieren daher von dieser Stelle aus gegen dieses System, gegen diese Verhängung der Untersuchungshaft in ganz belanglosen Fällen, die sich oft auf Wochen erstreckt, ferner, daß die Hausdurchsuchung in solcher Form vorgenommen wird, wie ich sie geschildert habe, und verlangen die Richtigstellung dieser ministeriellen Informationen an die Gerichte. Wir appellieren in dieser Hinsicht in erster Linie an die deutschen Regierungsparteien, die mit ihrem Namen ein solches reaktionäres Schandsystem, das sich gegen die Volksgenossen richtet, nicht decken dürfen. Wir werden den Kampf dagegen aufnehmen und uns in unserer Arbeit für Freiheit und Volkstum nicht durch ein derartiges System hindern lassen. (Potlesk poslancù nìm. nár. socialistické strany dìlnické.)

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