Der èechoslovakische Kriegsminister hat es seinen Ressortkollegen
im Auslande glücklich abgeguckt, wie sie sich räuspern
und wie sie spucken, er bringt es fertig mit der dreisten Schwätzerei
von der Friedensliebe der Èechoslovakei die unerhörten
Kriegslasten zu rechtfertigen. Die Milliarden
der den arbeitenden Massen erpreßten Steuergelder werden
dem Moloch Militarismus in den Rachen geworfen, natürlich
im Namen der Friedensliebe der Herrschenden des Staates; die militärische
Dienstpflicht wird verlängert, selbstverständlich
im Interesse der Friedens; den Soldaten wird das Wahlrecht gestohlen
- zum Zwecke der Erhaltung des Friedens; und schließlich
ist es die reinste Friedenspolitik, wenn im èechoslovakischen
Heer die Züchtung jenes Kadavergehorsams mit aller Energie
betrieben wird, der schon das alte Österreich
in der ganzen Welt lächerlich gemacht hat. In dem einen Punkt
hat ja unser Kriegsminister, der Herr Udržal recht,
wenn er nämlich von der Ansicht ausgeht, daß die èechoslovakische
Republik den Frieden will. Aber gerade in diesem
Punkt kommt die volle Abhängigkeit unserer Republik von den
westeuropäischen imperialistischen Staaten zum Ausdruck.
Die militärische Ausrüstung, der riesengroße militärtechnische
Aufwand dieses Staates wird u. a. von den Bedürfnissen der
Westmächte, insbesondere des französischen Imperialismus
diktiert. Der besondere reaktionäre Charakter der Militärvorlagen
erklärt sich aus der Tatsache, daß der èechische
Militarismus nicht nur, wie das erst kürzlich ein Abgeordneter
der deutschen Regierungsparteien, nämlich
Abg. Jos. Mayer offen darstellte, als wirksamste
Waffe im Kampfe gegen den inneren Feind, d. h. gegen die Arbeiterklasse
dienen soll, sondern, daß er auch als Werkzeug im Dienste
der europäischen Kontrarevolution in Betracht kommt. Der
èechische Militarismus hat die beiden Aufgaben zu erfüllen:
Ein gefügiges Werkzeug, sowohl im Interesse der reaktionären
europäischen Mächte zu sein, als auch zur Niederhaltung
der Massen in der Èechoslovakei zu dienen, die infolge
der Ausplünderung und Unterdrückungspolitik
zur Verzweiflung getrieben werden. Als erste haben die Arbeiter
und die kleinen Leute in Stadt und Land in Form des rafiniertestenindirekten
Steuersystems die Kosten unseres riesenhaften militärtechnischen
Apparates zu tragen.
Nicht genug damit, daß entgegen dem Wehrgesetz,
durch welches automatisch mit diesem Jahr die 14monatige Dienstzeit
in Kraft zu treten hat, die 18monatige Dienstzeit beibehalten
wird, werden die Soldaten, um sie gefügiger und leichter
gegen ihre eigenen sozialen Interessen und die ihrer Klassengenossen
mißbrauchen zu können, um das primitivste Staatsbürgerliche
nach der Verfassung allen Bürgern zustehende Recht, das Wahlrecht,
bestohlen. Und das ist, wie sich z. B. der bekannte Bauernbündler
Windirsch äußerte, vollkommen in der Ordnung.
Wird der Soldat um das Wahlrecht betrogen, wird nach dem Verwaltungsreformentwurf
das Alter zur Ausübung des Wahlrechtes vom 21. auf das 24.
Lebensjahr erhöht, dann sei dieser Akt nach der Ansicht Windirsch
sehr gesund, denn er bewirke die Ausscheidung des unreifen Elementes
aus der Masse der Wahlberechtigten. Diese Unverschämtheiten
nehmen sich besonders im Munde dieses Windirsch vorzüglich
aus, der während des Krieges als tapferer Hinterlandsheld
und Kriegsanleihepropagandist zu den größten Kriegshetzern
gehörte. (Výkøiky posl. Neuratha.)
Damals war er im Interesse der deutschen Belange für
die Fortsetzung des Weltkrieges und heute frißt dieser Germanenheld
dem èechischen Erbfeind aus der Hand. Es gehört eine
eiserne Stirne dazu, den Raub des Wahlrechtes, der an Hunderttausenden
Staatsbürgern begangen wird, zu rechtfertigen. Nach der Ansicht
solcher Herren haben die jungen Leute nur die Pflicht, gelegentlich
wieder im Dienste eines imperialistischen Krieges im Schützengraben
zugrundezugehen. (Výkøiky posl. Wünsche.)
Oder wenn Polizei und Gendarmerie
nicht mehr ausreichen, streikende Arbeiter im Zaum zu halten,
auf diesem Gebiete in Aktion zu treten. Deshalb soll dem Soldaten
das Wahlrecht entzogen, er soll zu einem Staatsbürger zweiten
Grades gemacht werden. Unter der heuchlerischen Parole "Entpolitisierung
des Militärs" wird ein System der Verfolgung, Bewachung
und Bespitzelung der Soldaten angewendet, das den Zweck hat, sie
zu vollständig willenlosen und rechtlosen Individuen zu machen.
Nach diesem System darf der Soldat nur das lesen, was seine vorgesetzte
Behörde zensuriert hat, er soll nicht mit der Arbeiterschaft
und natürlich erst recht nicht mit der kommunistischen Partei
in Berührung kommen. Bisher konnten sich die Regierung und
die Behörden auf keine gesetzlichen Bestimmungen berufen,
wenn sie den Soldaten den Gebrauch ihrer staatsbürgerlichen
Rechte vorenthielten. Aber diese Herrschaften zeichneten sich
schon immer dadurch aus, daß sie auf die Gesetze pfeifen,
wenn dies ihre Klasseninteressen erfordern. Dieses System der
stupidesten Bespitzelung, Verfolgung und Sekkatur, das, sämtliche
altösterreichische Methoden übertreffend, gegen die
Soldaten angewendet wird, deren Widerstandskraft nicht so leicht
gebrochen werden kann, führte bereits zu zahlreichen Selbstmorden
und Selbstmordversuchen. Die Entrechtung des Soldaten wird ergänzt
durch ein System der Sekkatur, das eine wachsende Anzahl dieser
jungen Leute zur Verzweiflung treibt. Es gehört die ganze
Engstirnigkeit einer kapitalistischen Regierung dazu, um zu meinen,
daß dieses System ausreiche, den Widerstand der Soldaten
gegen ihre Peiniger zu brechen. Wir werden dafür zu sorgen
wissen, daß die Verbindung zwischen der Arbeiterklasse und
dem Militär in unserem Sinne hergestellt und aufrechterhalten
wird. Wir sind die Feinde jedes im Dienst des Kapitalismus sich
befindenden Militarismus, aber wir sind und bleiben die Freunde
und Verbündeten der Soldaten. Mit Hilfe der deutschbürgerlichen
Lakaien kann dieses Parlament die Militärvorlagen beschließen,
aber sie werden uns und die Arbeiterschaft nicht hindern, dafür
zu sorgen, daß der Widerstand gegen die aufreizende, provokatorische
reaktionäre Gesetzgebung dieses Parlaments auch aus den Reihen
der Soldaten stets kräftigere Formen annehmen wird.
Es ist nach der Ansicht der koalierten Ausbeuterparteien
nicht genug, daß Zehntausende junger Leute 14 Monate ihres
Lebens in der denkbar nutzlosesten Weise verbringen und die soziale
Lage ihrer Angehörigen verschlechtern, indem sie während
der Dauer der Militärdienstzeit jeder produktiven
Arbeit entrückt sind. Die Soldaten werden wieder durch 18
Monate lang dem Militarismus ausgeliefert. Die èechoslovakische
Bourgeoisie konnte im Sinne der Steuergesetzgebung, der Verwaltungsreform
als auch der Militärvorlagen erst zu den äußersten
und unverschämtesten An griffen auf die Arbeiterschaft übergehen,
nachdem sie sich die Unterstützung der deutschen Regierungsknechte
gesichert hatte. Im Raub des Soldatenwahlrechtes, in der Verlängerung
der Militärdienstzeit, in der Verfeinerung jenes Systems
der Sekkatur der Gerichte gegen die Soldaten kommen die positiven
Erfolge, die nationalen Errungenschaften der deutschbürgerlichen
Regierungspolitiker zum Ausdruck.
Daß das Zertifikatistensystem, die Erhöhung
der Zahl der längerdienenden Unteroffiziere auf 6000 und
deren Unterbringung in Staatsämtern eine weitere außerordentliche
Schädigung der Beamten und da natürlich in erster Linie
der Beamten der nationalen Minderheiten bedeutet, geniert unsere
deutschen Helden, die in der Koalitionsregierung sitzen, in keiner
Weise. Aber jeder versteht, daß das Reservieren Tausender
von Beamtenstellen für die längerdienenden Unteroffiziere
den bekannten Willkürakten und Gewaltmaßnahmen gegen
die Beamten der nationalen Minderheiten Tür und Tor öffnet.
Aber die deutschen Helden der nationalen Phrase gehen über
diese Schwierigkeiten zur Tagesordnung über. Die Hauptsache
ist ihnen, daß in der Vermittlung der Kohlenlieferungsscheine
an ihre Parteikassen keine Stockung eintritt. Wie schwer ihnen
eine Preisgabe der nun einmal erworbenen Privilegien fallen würde,
geht aus den Worten des Abg. Windirsch, die er nach dem
Bericht der "Reichenberger Zeitung" in der am 13. Feber
abgehaltenen Versammlung des Bezirksverbandes des Bundes der deutschen
Landwirte in Friedland gebraucht hat, hervor. Ich zitiere: "Eine
Ablehnung dieser Wehrgesetze durch die deutschen Regierungsparteien
wäre gleichbedeutend mit der Zurückziehung der deutschen
Minister, mit dem Austritt der Deutschen aus der Regierung und
mit der Preisgabe jener groß en, im Interesse des gesamten
Deutschtums geleisteten Politik".
Was unter dieser für das ganze Deutschtum
geleisteten Politik zu verstehen ist, sind die Agrarzölle
und die Kongrua, die Steuerreform in ihrem Gefolge die Belastung
der arbeitenden Bevölkerung durch die gewaltigen indirekten
Steuerlasten, der Raub der Gemeindeautonomie, das Polizeiregime
als Ergebnis der Verwaltungsreform. Der Beseitigung des Soldatenwahlrechtes
wird von diesen Herrschaften ohne weiters zugestimmt, der Raub
politischer Rechte an den Arbeitern ist für diese Regierungshungrigen
selbstverständlich. Der durchschnittliche Friedensstand der
Armee soll 120.000 Mann betragen. In Berücksichtigung dessen,
daß gleichzeitig noch eine Ersatzreserve geschaffen werden
soll und diese, wie zu vermuten ist, ein Privileg für die
Söhne der Agrarbourgeoisie sein wird, die diejenigen sein
werden, welche nur 3 Monate zu dienen haben werden, ergibt sich,
daß das große Kontingent des Friedensstandes der Armee
aus den Reihen der Industrie- und Landarbeiter entnommen werden
wird.
Für Kè 1.50
täglicher Löhnung, wovon noch die verschiedenen Proprietäten
gekauft und Tabak gezahlt werden muß, werden die Soldaten
18 Monate lang zum Totschlagen einer für sie kostbaren Zeit
verurteilt. Sinnloses Exerzieren, zu totmüdes Herumtreiben
in den Manövern, Monturklopfen, bedingungslose, jedes Selbstbewußtsein
ertötende Unterwürfigkeit, sogenannte Disziplin, das
ist das Leben aller jener, die keine silbernen Achselstücke
tragen. Das ist in wenigen Worten jener Militarismus, wie ihn
die Arbeiter auch in dieser demokratischen Republik, der sogenannten
höheren Schweiz, auch jetzt verspüren. Alle diese Maßnahmen,
Steuerreform, Verwaltungsreform und die jetzigen Militärvorlagen
mit ihrem reaktionären Inhalt werden in einer Zeit
durchgeführt, in der die Arbeitslosigkeit immer größeren
Umfang annimmt, verursacht durch eine nur der Èechoslovakei
eigene Handels- und Wirtschaftspolitik, gesteigerte Nationalisierungsbestrebungen
der Kapitalisten, steigende Teuerung usw.
Ganz besonders wirkt sich die Krise in der
Glasindustrie des Iser- und Riesengebirges aus. Seit 4 Jahren
haben die Glasarbeiter in den Krystallerie- und Flaconbranche,
Ringbranche und Steinelbranche keine Existenzmöglichkeiten
mehr. Wochenund monatelang kommen die Arbeiter gar nicht in die
Betriebe. Bei einigen Unternehmern können die Arbeiter nur
1 bis 2 Tage in der Woche arbeiten. Der größte Teil
ist durch das famose Gesetz über das Genter System schon
seit Monaten ausgesteuert. Die Not und das Elend dieser Arbeiter
ist einfach nicht wiederzugeben.
In der letzten Zeit schwindet durch die gesteigerte
Produktion der Schmirgelware die letzte Hoffnung für die
Arbeiter, aus diesem Elend wieder einmal herauszukommen. Die Arbeiter
und ein Teil der Unternehmer fordern ein Verbot der Produktion
der Schmirgelware. Die Bestrebungen in diesen Branchen sind, durch
gute Qualitätsware den verlorenen Absatz zurückzuerobern.
Diese Bemühungen werden durch die Schmirgelerzeugnisse, deren
Qualität keinesfalls an die geschliffene Ware heranreicht,
jedoch verhältnismäßig billiger zum Verkauf kommen,
zunichte gemacht. Die verschiedenen Zölle und Abgaben, Umsatzsteuer
und dergleichen, sind eine weitere Ursache zur ständigen
Verschärfung der Krise. An Stelle der reaktionären Militärvorlagen
und ungeheueren unproduktiven Ausgaben für den Militarismus
hätte die jetzige Regierung besonders die deutschen Regierungsparteien
Ursache, alles zu unternehmen, um das Zugrundegehen eines ganzen
Industriezweiges zu verhindern und die Not tausender Arbeiter
und vieler kleiner Leute zu lindern. In einer Zeit, wo die Arbeiter
infolge der tauben Ohren der Regierung und der maßgebenden
Stellen im Kampfe gegen die Industrieschädiger nur auf ihre
eigene Kraft bauen können und zu öffentlichen Protestkundgebungen
übergehen, verbietet die Behörde derartige Kundgebungen.
Wenn derartige Maßnahmen der Behörden von der Regierung
geduldet werden, so dokumentiert sie dadurch ihre Unfähigkeit,
auch die geringste Linderung einer Krise herbeizuführen.
Bei dieser Gelegenheit erinnere ich mich an
eine Mitteilung, die vor Monaten in dem bürgerlichen Blättern
erschienen ist, wornach ein Ausschuß zum Studium der wirtschaftlichen
Verhältnisse im Iser- und Riesengebirge ins Leben gerufen
wurde. Diesem Ausschuß gehörte nach den genannten Mitteilungen
auch der Abg. Windirsch an, von dem man wohl bei jeder
Brotverteuerung recht viel, dafür aber bei der Linderung
der Not der Arbeitslosen noch nichts gehört hat. Alle Erwartungen
übertreffend, marschierten am Montag in Gablonz gewaltige
Massen auf, ihrer Not und Entbehrung Ausdruck gebend, aber nicht
nur um zu demonstrieren und dann wieder in Ruhe den Industrievernichtern
zuzusehen und das zum guten Teil durch die Regierung verschuldete
Elend zu ertragen. Es ist ein letzter Ruf der Glasarbeiter an
die Regierung, alles zu tun, um eine Linderung der Not herbeizuführen,
wenn nicht die Massen zur Selbsthilfe greifen sollen.
Wir protestieren auf das schärfste gegen
die jetzigen Maßnahmen der Behörden, die nichts Besseres
zu tun wissen, als auf Verlangen eines durch Arbeiterfeindlichkeit
übergeschnappten Unternehmers und vielleicht auch eines größenwahnsinnigen
Angestellten in einer Gemeinde, die mehr als 400 Arbeitslose zählt,
eine Unmenge von Gendarmerie zu schicken, wie ich gestern Gelegenheit
hatte, in Josefsthal bei Gablonz festzustellen. Wir verlangen
die sofortige Abberufung derselben. Die Arbeitslosen fordern eine
entsprechende staatliche Arbeitslosenunterstützung, Durchführung
von Notstandsarbeiten, Anerkennung Sovjetrußlands, Erleichterung
für die Produktion und den Export an Stelle aller dieser
das gesamte Wirtschaftsleben schwer belastenden Militärvorlagen.
(Potlesk komunistických poslancù.)