Ètvrtek 24. bøezna 1927

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 66. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze ve ètvrtek dne 24. bøezna 1927.

1. Øeè posl. Hackenberga (viz str. 299 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! In jedem anderen Parlamente wäre bei der Beratung über solch wichtige Vorlagen, mit denen wir uns gegenwärtig zu beschäftigen haben, eine ziemlich eingehende Debatte und sicherlich auch eine direkte Auseinandersetzung zwischen der Opposition und den Vertretern der Mehrheitsparteien, welche diese Vorlagen zu vertreten und zu verteidigen haben, zu erwarten gewesen. Bei uns in der Èechoslovakei, in diesem Parlamente, ist dem nicht so. Die Beratung dieser Vorlagen vollzieht sich mit Gleichgültigkeit und wir müssen feststellen, daß bis nun ein einziger Redner von den Mehrheitsparteien sich gefunden hat, der die Notwendigkeit gefühlt hat, diese Vorlagen zu begründen. Es war dies einzig und allein Koll. Ježek von der nationaldemokratischen Partei. Außer ihm hat sich bis jetzt kein einziger Redner der Mehrheit gefunden, der es für notwendig gehalten hätte, für diese Vorlagen einzutreten oder der den Mut gefunden hätte, sein Wort für diese Vorlagen einzulegen. Es mag natürlich auch ein anderer Umstand bei den Mehrheitsparteien die Ursache für eine solche Teilnahmslosigkeit und Gleichgültigkeit vorhanden sein, ein Grund, der nicht von heute datiert, sondern der sich in diesem Parlamente schon seit langer Zeit bemerkbar macht, nämlich das System der "Pìtkas", das System des Verhandelns außerhalb des Sitzungssaales des Plenums. Als die deutschen Regierungsparteien noch in der Opposition waren, konnten sie nicht genug scharfe Worte gegen das "Pìtka"system finden, nicht genug scharfe Worte dagegen, daß das Parlament zu einem Komödienhause herabgewürdigt werde, um mit den Ausdrücken zu reden, die die Herren von der jetzigen Mehrheit selbst seinerzeit gebraucht haben. Sie haben dem "Pìtka"system den schärfsten Kampf angesagt, und zwar noch vor kurzem in ihren Reden und in ihren Blättern, und sie haben erklärt, wenn sie in die Regierung und in die Regierungsmehrheit eingetreten sind, so auch aus dem Grunde, um diesem System ein Ende zu bereiten. Sie sitzen nun in der Regierung und in der Regierungskoalition und das System hat sich nicht nur nicht gebessert, sondern vielmehr noch verschlechtert. Eine Änderung ist nur insofern eingetreten, als wir statt der "Pìtkas" die diversen "Osmièkas" haben und während das Haus hier verhandelt, wird ernstlich eigentlich nur in den "Osmièkas" verhandelt, um über die verschiedenen strittigen Vorlagen die Mehrheit zu erzielen, und das Interesse für jene Vorlagen, über die sich die Parteien der Mehrheit zu einigen vermochten, ist in demselben Momente verschwunden, in welchem in der betreffenden "Osmièka" die Einigung erzielt wurde. Daß Vertreter der Mehrheitsparteien sehr häufig nicht einmal wissen, worüber man sich geeinigt hat und was der Inhalt der Vereinbarung ist, das haben wir gestern im landwirtschaftlichen Ausschuß aus dem Munde des Vertreters einer der Mehrheitsparteien vernehmen können, der zugeben mußte, daß auch ihm unbekannt sei, über welche Abänderungen man sich in der landwirtschaftlichen "Osmièka" geeinigt habe, der also selbst zugestehen mußte, daß es der Vertreter seiner Partei in der "Osmièka" nicht einmal für notwendig findet, die eigenen Klubkollegen über das zu informieren, was in der "Osmièka" vorgeht. Bei solchen Verhältnissen darf es einen natürlich nicht wundernehmen, wenn eine solche Gleichgültigkeit bei der Beratung der Vorlagen und insbesondere solcher Vorlagen, wie es die gegenwärtigen sind, bei den Mehrheitsparteien zu beobachten ist.

Ich glaube aber, daß auch eine bestimmte Absicht darin liegt, daß die Herren der Mehrheitsparteien sich bei der Beratung der Vorlagen nicht allzusehr anstrengen. Denn es ist sehr unangenehm, diese Vorlagen begründen zu müssen, und es könnte sehr leicht passieren, daß der Vertreter einer Mehrheitspartei, wenn er zu diesen Vorlagen spricht, den anderen Mehrheitsparteien große Schwierigkeiten bereitet. Es hat, wie ich vorhin bereits festgestellt habe, bisher nur ein einziger Vertreter der Mehrheitsparteien zur Begründung dieser Vorlagen das Wort ergriffen. Wenn auch schon der Berichterstatter des Ausschusses Koll. Špaèek ziemlich das gleiche sagte, so wird es den deutschen Mehrheitsparteien doch sehr unangenehm gewesen sein, wenn von Seite des Koll. Ježek dann noch mit besonderem Nachdruck unterstrichen wurde, wozu die Rüstungen in der Èechoslovakei notwendig sind und gegen wen gerüstet wird, daß es nämlich vorwiegend Deutschland ist, gegen das diese Rüstungen vorgenommen werden sollen. Aber es ist sicherlich nicht nur den deutschen Regierungsparteilern unangenehm, wenn derartiges von Seiten der èechischen Regierungsparteiler gesagt wird; es wird den Herren Nationaldemokraten naturgemäß auch nicht ganz gleichgültig und angenehm sein, wenn wieder aus dem Munde der deutschen Regierungsparteiler versichert wird, daß eine dieser Vorlagen, mit der wir uns zu beschäftigen haben, ein nationaler Erfolg ist. Das sind wohl mit die Gründe, die wahrscheinlich die Vertreter der Regierungsparteien dazu bewegen, sich nicht allzusehr zur Begründung der Vorlagen anzustrengen.

Wir haben uns nun nicht nur mit Vorlagen zu beschäftigen, die eine arge Belastung der Bevölkerung und insbesondere derjenigen, die zur Dienstleistung herangezogen werden, bedeuten, sondern wir haben unter diesen Vorlagen auch eine, durch die denen, die den Militärdienst verrichten, Rechte genommen werden sollen, und zwar die wichtigsten Rechte, die den Bürgern des Staates durch das Staatsgrundgesetz eingeräumt werden. Die Regierung hat diese Vorlage, mit der ich mich hauptsächlich zu beschäftigen gedenke, weil die anderen Vorlagen schon von meinem Koll. Heeger einer eingehenden Kritik unterzogen worden sind, damit begründet, daß eine Entpolitisierung der Armee notwendig sei, daß es im Interesse des Staates gelegen sei, die Entpolitisierung durchzuführen, und daß die Entpolitisierung nur vorgenommen werden könne, wenn man den Soldaten das Wahlrecht nehme. Im Berichte des verfassungsrechtlichen Ausschusses finden wir nun allerdings diese so scharfe Begründung, daß vor allem die Entpolitisierung notwendig sei, nicht mehr wiederholt. Der Herr Berichterstatter des verfassungsrechtlichen Ausschusses hat nach anderen Begründungen gesucht und hat da insbesondere hervorgehoben, daß die Voraussetzungen, unter denen in der Revolutionsnationalversammlung den Soldaten das Wahlrecht gegeben worden ist, derzeit nicht mehr bestehen und daß es deswegen am Platze sei, das Soldatenwahlrecht wieder zu beseitigen; zur Zeit nach dem Umsturz sei das Militär nur aus Angehörigen der èechoslovakischen Nationalität zusammengesetzt gewesen, seither habe sich das geändert und es sei nicht mehr eine Armee, welche eigentlich die Aufgabe hat, den Staat zu errichten, sondern eine Armee, welche die Aufgabe haben soll, den Staat gegen den inneren und äußeren Feind zu verteidigen; eine solche Armee dürfe nicht politisieren, müsse entpolitisiert werden. Das wird an einer Stelle gesagt, in einem anderen Satz des Berichtes des Herrn Berichterstatters wird aber schon glatt zugegeben, daß wir Recht gehabt haben mit unseren Behauptungen im Verfassungsausschuß, daß es sich nicht so sehr darum handelt, die Armee durch den Raub des Wahlrechtes zu entpolitisieren, sondern daß es sich Ihnen viel mehr darum handelt, daß Sie mit der Politik, welche durch die Armee, durch den Großteil der Soldaten getrieben wurde, nicht einverstanden sind und daß die Herren von den Regierungsparteien deswegen den Soldaten das Wahlrecht nehmen wollen. Ich verweise hier auf den Satz im Bericht des Ausschusses, wo dies ohne weiters zugegeben wird. Es wird hier gesagt: "Nýbrž vojenská massa pøijala volební právo ve velké vìtšinì jako možnost projevu a protestu proti tìžkým povinnostem vojenským, které nesla na sobì pro zájem státu". Es haben also die Soldaten das Wahlrecht in mißverständlicher Auffassung desselben dazu benützt, um gegen die schweren Lasten zu protestieren, welche ihnen, nämlich den Soldaten, im Interesse des Staates auferlegt wurden. Was versteht man darunter, worum handelt es sich? Das Militär hat nicht so gestimmt, wie es die Mehrheitsparteien erwartet haben, sondern hat durch die Abgabe der Stimme für bestimmte Parteigruppen gegen die Verhältnisse protestiert, welche beim Militär eingerissen sind. Es ist selbstverständlich, daß die Soldaten, die drangsaliert werden, die Soldaten, die mißhandelt werden, die Soldaten, die schlecht behandelt werden, die Wahl wie alle anderen Bürger des Staates dazu benützen, um ihrem Mißmut gegen die herrschenden Parteien Ausdruck zu verleihen, welche an den Verhältnissen schuldtragend sind. Das haben die Soldaten getan, dazu hatten sie natürlich auch das Recht und es wäre verwunderlich, wenn sie anläßlich der Wahlen nicht diesem ihren Unmut in dieser Form Ausdruck verliehen hätten. Sie haben wirklich alle Ursache dazu. Nehmen Sie nur einige der Vorkommnisse aus der jüngsten Zeit. Es muß bei uns gespart werden, um nach außen und nach innen den Nachweis zu erbringen, daß die Èechoslovakei konsolidiert sei, um den Voranschlag aktiv zu gestalten; und um zu ersparen, wurde auch ein bißchen beim Militäraufwand gedrosselt und gespart. Wie wir dann nachgeforscht haben, wo diese Ersparungen gemacht wurden, haben wir feststellen können, daß es vor allem die Teuerungszulagen sind, die man den Soldaten gestrichen hat. Daß sich das auswirkt, daß die Soldaten davon nicht begeistert, daß sie vielmehr unzufrieden sind, ist begreiflich und selbstverständlich.

Jetzt beschäftigten wir uns wieder mit einer Vorlage, wodurch die Dienstzeit auf 18 Monate verlängert werden soll, d. h. wodurch die 18monatliche Dienstzeit für die nächsten Jahre beibehalten werden soll. Es haben viele damit gerechnet, nach 14 Monaten abrüsten und nach Hause gehen zu können. Sie wissen jetzt, daß sie 4 Monate länger zu dienen haben. Vergnügen ist es nicht, beim Militär zu dienen. Jeder, der sich gefreut hat, nach Hause zu gehen, wird deswegen, weil die Mehrheitsparteien einen solchen Beschluß faßten, natürlich seinem Unmut gegen diese Mehrheitsparteien Ausdruck geben. Es wird in den Kasernen sicherlich auch das Verhalten jener Parteien kritisiert worden sein, die für den Militäraufwand stimmten, jener Parteien, die gegen die Soldaten, gegen die Bevölkerung gestimmt haben. Die Soldaten haben ihrem Unmut bei den letzten Wahlen Ausdruck gegeben, indem sie oppositionellen Parteien die Stimme gegeben haben. Sowohl der Herr Berichterstatter als auch der Herr Minister haben versichert, das sei nicht die Triebfeder dafür, daß man das Soldatenwahlrecht beseitigt. Denn die Soldatenstimmen seien gar nicht in Betracht gekommen. Es haben sich an den letzten Wahlen von den rund 80.000 Soldaten, die wahlberechtigt gewesen sind, etwas über 60.000 beteiligt, das seien schließlich nur 2 bis 3 Mandate und das spiele schon in der Frage des Kräfteverhältnisses und der Verteilung der Mandate nicht die entscheidende Rolle, so daß das nicht die Triebfeder sein könne. Dasselbe sagte auch hier der Herr Berichterstatter. Er erklärte, daß durch die Beseitigung des Soldatenwahlrechtes nicht einseitig die eine oder andere Partei oder die eine oder andere Nation in Mitleidenschaft gezogen werde, denn das Soldatenwahlrecht werde allgemein beseitigt und es werden alle verlieren; es könne keine Rede davon sein, daß die Beseitigung des Soldatenwahlrechtes in parteipolitischen Gründen gesucht werden könne. Wenn wir uns aber das Ergebnis der letzten Wahlen in Erinnerung rufen, so sehen wir, daß das Kräfteverhältnis für die damaligen Regierungsparteien schon äußerst unangenehm gewesen ist. Sie wissen ja, daß es bei dem Wahlrecht, das wir haben, möglich ist, die Mehrheit in eine Minderheit und die Minderheit in eine Mehrheit bei der Mandatsverteilung zu verwandeln, aber es kam immerhin bei dem Gesamtresultat schon auf einige tausend Stimmen an und es war nicht ganz gleichgiltig, ob die Soldaten für die Majoritätsparteien oder der Großteil der Soldaten für die Oppositionsparteien stimmte. Wir können schon daraus und aus dem Satze, den der Herr Berichterstatter ganz unvorsichtigerweise in seinem Bericht hereingenommen hat, feststellen, daß wir den Nagel auf den Kopf treffen, wenn wir sagen: Die Beseitigung des Soldatenwahlrechtes wird nicht gewünscht, um die Armee zu entpolitisieren, sondern sie soll herbeigeführt werden, um zu verhindern, daß die Soldaten durch ihre Abstimmung zu Ungunsten der Mehrheit den Ausschlag geben, weil man sie für die Mehrheit nicht gewinnen kann. Die Agitation, die von der anderen Seite betrieben wird, die ist den Herren, die diese Vorlage unterstützen und begründen, nicht unangenehm. Es hat vor kurzem mein Vorredner Kol. Jaša schon darauf verwiesen, daß den Herren der nationaldemokratischen Partei nicht unangenehm ist die Agitation in der Armee durch die Faszisten, daß ihnen nicht unangenehm gewesen ist die Agitation, die durch die Herren der Generalität betrieben wurde, es ist ihnen nur unangenehm, wenn die eine oder andere politische Partei in die Kasernen eindringt. Der Herr Berichterstatter bat erklärt, daß man sich die Zusicherung gegeben habe, daß man sich jedweder Agitation in den Kasernen enthalten werde, daß die politischen Parteien diese Verpflichtung übernommen hätten. Ich habe, als der Herr Berichterstätter diese Äußerung wiederholte, schon in einem Zwischenruf hier im Hause festgestellt und will das noch einmal feststellen, daß sich ein solches Übereinkommen nur auf eine bestimmte Anzahl von Parteien beziehen könne. Es ist sicher, daß nicht alle politischen Parteien dieses Staates die Verpflichtung übernommen haben, sich jedweder Agitation in den Kasernen zu enthalten. Wenn der Berichterstatter und schließlich der Minister des Innern zur Begründung der Vorlage der Minister des Innern allerdings nicht im Hause, sondern nur im Ausschusse - erklärt haben, es gehe nicht an, den Soldaten das Wahlrecht zu belassen, weil man im Widerspruch mit den Bestimmungen gerät, die den Soldaten die politische Betätigung verbieten, die ihnen sogar verbieten, Abzeichen zu tragen und an Versammlungen teilzunehmen, so will ich nur feststellen, daß diese Verbote, die erlassen wurden und durch die den Soldaten die Betätigung im politischen Leben verwehrt werden soll, im Widerspruch stehen mit dem Verfassungsgesetzen, da wir nirgends eine verfassungsrechtliche Bestimmung haben, durch die ein solches Verbot gerechtfertigt werden könnte. Es geht nicht an, das Wahlrecht zu beseitigen. Es wäre vielmehr Pflicht einer guten Staatsverwaltung und eines Parlamentes, das auf die Verfassungsrechte etwas hält, gewesen, jene Bestimmungen zu beseitigen, die im Widerspruch mit dem Wahlrechte und mit den Verfassungsgesetzen stehen. Daß man hier den umgekehrten Weg wählt, beweist so recht, daß wir uns in absteigender Linie, in einer reaktionären Strömung befinden.

Nun möchte ich darauf verweisen, daß als Begründung für die Beseitigung des Soldatenwahlrechtes das höhere Staatsinteresse angeführt wird, sowohl von Herrn Berichterstatter des Ausschusses, wie auch vom Herrn Minister des Innern und schließlich von dem einzigen Redner der Mehrheitsparteien, der hier aufgetreten ist. Ich frage mich nur, ob dieses höhere Staatsinteresse auch bei den deutschen Mehrheitsparteien das Motiv gewesen ist, für diese Vorlage einzutreten. Die Antwort darauf ist, daß von den deutschen Parteien dieses Motiv nicht angeführt wird. Die deutschen Parteien suchen ihre Haltung zur Frage des Soldatenwahlrechtes damit zu motivieren, daß dessen Beseitigung als nationaler Erfolg, als nationaler Fortschritt zu werten sei. Es war insbesondere der gegenwärtige Justizminister Dr Mayr-Harting, welcher in einigen seiner Versammlungen, die er in letzter Zeit abgehalten hat, auch beim Kreisparteitage in Warnsdorf, diesen nationalen Erfolg herauszustreichen versucht hat. Ich habe schon darauf verwiesen, daß diese Äußerung Mayr-Hartings den èechischen Regierungsparteilern nicht gerade angenehm sein dürfte, die wiederum ihre Haltung gegenüber den èechischen Parteien, die sich in Opposition befinden, zu vertreten haben. Ich möchte da gleich einige Worte zu den Ausführungen des Koll. Špatný sagen. Der nationalsozialistische Koll. Špatný hat in äußerst temperamentvoller Rede auseinanderzusetzen versucht, welch schwere nationale Schädigung für die Èechen die Beseitigung des Soldatenwahlrechtes wäre. Wenn man nun die Rede des Koll. Špatný gehört hat, kann man leicht der Meinung sein, daß Justizminister Mayr-Harting und seine engeren Parteigenossen mit ihrer Darstellung wirklich recht haben, daß es sich bei der Beseitigung des Soldatenwahlrechtes um einen Erfolg der deutschen Regierungsparteiler handle. In Wirklichkeit ist die Sache denn doch etwas anders.

Wir geben ohne weiteres zu, daß ein arger Mißbrauch mit den Soldatenwählern getrieben wurde, die als Wahlbattaillone nach Znaim, Iglau, Olmütz und anderen Orten der Republik kommandiert wurden, um dort eine Verschiebung der nationalen Machtverhältnisse herbeizuführen. Wir haben gegen diesen Mißbrauch der Soldaten als Wähler schon damals sofort mit aller Leidenschaftlichkeit Stellung genommen und haben damals, nicht erst als der Mißbrauch geschah, sondern bevor er noch ermöglicht wurde, Anträge gestellt, um diesen Mißbrauch zu verhindern. Es ist Ihnen nicht unbekannt, daß in der Gemeindewahlreform von 1919 die Bestimmung enthalten ist, daß die Soldaten dort zu wählen haben, wo sie 3 Monate vor der Einrückung seßhaft gewesen sind, also in ihrem Heimatsorte. Erst durch die Änderung der Gemeindeordnung im Jahre 1922 und durch die Änderung auch des Gesetzes über die ständigen Wählerverzeichnisse wurde der Mißbrauch mit den Soldaten ermöglicht. Wir haben bei der Verhandlung des Gesetzes vom Jahre 1922, Nr. 253, sofort verlangt, daß der Wortlaut des § 1 des Gesetzes wieder hergestellt werde, daß die Soldaten dort ihr Wahlrecht haben, wo sie sich vor ihrer Einrückung befanden. Wir haben naturgemäß auch gegen den § 12 dieses Gesetzes Stellung genommen, wonach die Gemeindewahlen auf Grund der ständigen Wählerverzeichnisse vorzunehmen sind. Bei den Parlamentswahlen ist es ganz gleichgiltig, wo der Soldat das Wahlrecht ausübt. Seine Stimme kommt seiner Partei oder der Partei, der er die Stimme gegeben hat, zugute, wo immer er vom Wahlrechte Gebrauch macht, und er kann keine Verschiebung der Machtverhältnisse in einem bestimmten Gebiete herbeiführen. Es kommt seine Stimme zur Geltung in den gesetzgebenden Körperschaften, für deren Wahl sie bestimmt gewesen ist. Anders ist es bei den Gemeindewahlen. Der Soldat aus der Slovakei hat kein Interesse an der Zusammensetzung der Gemeindevertretung in Iglau oder Znaim, um nur ein Beispiel zu nennen. Er hat aber naturgemäß ein großes Interesse an der Zusammensetzung der Gemeindevertretung seines Heimatsortes, in den er nach Leistung seiner Militärdienstpflicht wieder zurückkehren wird. Deshalb haben wir uns gesagt, es gehe nicht an, diesen Mißbrauch der Soldatenwähler dadurch zu verhindern, daß man ihnen das Wahlrecht nimmt, sondern es sei die einzige Möglichkeit und Notwendigkeit gegeben, daß man herbeiführt, daß der Soldatenwähler sein Wahlrecht dort ausübe, wo er an der Zusammensetzung der Gemeindevertretung interessiert ist. Dann kann kein Mißbrauch mit den Soldatenwählern geschehen; der Soldatenwähler hat sein Wahlrecht und es entfällt die schädigende Wirkung.

Damit will ich gleich gegenüber dem Koll. Špatný sagen, daß wir mit aller Entschiedenheit den Kampf dagegen aufnehmen, daß mit den Soldatenwählern ein solcher Mißbrauch getrieben werde, wie es vom Abg. Špatný gewünscht worden ist, der bei seiner Begründung immer nur auf die Hranièáøi, auf die èechischen Minderheiten in den Grenzgebieten, hingewiesen hat.

Den Deutschen will ich sagen, daß der nationale Erfolg, den sie da ausschreien, den sie gemacht haben wollen, hätte erzielt werden können ohne einen solchen gemeinen Raub, wie man ihn hier vornimmt, daß man vielmehr die Wiederherstellung der Gemeindewahlordnung von 1919 hätte beantragen und dafür eintreten sollen. Wir haben diese Wiederherstellung des alten Zustandes bei jeder Gelegenheit, die sich uns bot, gefordert, waren aber leider nicht in der Lage, die Mehrheit für diesen unseren Antrag zu erhalten.

Und nun, meine Herren, möchte ich mich auch mit der anderen Seite der Frage beschäftigen, mit der Frage der Beseitigung des Soldatenwahlrechtes. Diese Beseitigung bedeutet einen Bruch der Verfassung, bedeutet eine Änderung des Verfassungsgesetzes. Es wurde das zwar bestritten; ich möchte vor allem erklären, daß eigentlich nicht wir berufen sein sollen, die Verfassung, die wir nicht geschaffen haben, an der wir nicht mitgewirkt haben, an der wir nicht mitwirken konnten, zu schützen und für deren Beachtung einzutreten. Das wäre eigentlich Aufgabe der èechischen Regierungsparteien, welche dem Staat in der Revolutionsnationalversammlung die Verfassung gegeben haben. Aber es ist selbstverständlich, daß wir, die wir in diesem Staate ohnehin ungeheuer zu leiden haben, wenigstens die kargen Rechte, die den Bürgern des Staates durch die Verfassung eingeräumt werden, zu erhalten und zu schützen suchen müssen. Sehen wir uns nun einmal die Verfassung genauer an. Der oberste Grundsatz der èechoslovakischen Verfassung ist im § 1 niedergelegt, welcher lautet: "Das Volk ist die einzige Quelle aller Staatsgewalt in der Èechoslovakischen Republik." (Smích nìm. soc.-demokratických poslancù.) Es liest und hört sich das wunderbar an, wie wenig aber es den Tatsachen entspricht, das sehen wir jeden Tag und bekommt jeder Einzelne an sich zu fühlen. Der zweite Absatz des § 1 sagt aber dann u. a.: "Die Verfassungsurkunde bestimmt, durch welche Organe sich das souveräne Volk Gesetze gibt, sie durchführt und Recht findet." Die Verfassungsurkunde steckt auch die Grenzen ab, die diese Organe nicht überschreiten dürfen, damit die durch die Verfassung verbürgten bürgerlichen Freiheiten nicht verletzt werden. In der Verfassungsurkunde sind also bestimmte Grenzen gezogen, die nicht überschritten werden dürfen, Grenzen zum Schutze der Verfassung selbst. Und diese Grenzen für den Fall finden wir in den §§ 9, 14, 33 und 106 der Verfassungsurkunde. § 9, welcher von dem Wahlrecht in die gesetzgebende Körperschaft handelt, lautet: "Das Wahlrecht in das Abgeordnetenhaus haben alle Staatsbürger der Èechoslovakischen Republik ohne Unterschied des Geschlechtes, die das 21. Lebensjahr überschritten haben und den übrigen Bedingungen der Wahlordnung entsprechen." Eine ähnliche Bestimmung, nur mit der Abweichung, daß das Alter mit 26 Jahren festgesetzt ist, enthält § 14 der Verfassungsurkunde bezüglich der Wahl in den Senat. Der § 33 der Verfassungsurkunde sagt: "Zur Abänderung dieser Verfassungsurkunde und ihrer Bestandteile ist die 3/5 Mehrheit aller Mitglieder in jeder Kammer erforderlich." Es ist also zweifelsohne, wenn schon nicht zur Änderung des Wahlgesetzes selbst, weil das nicht als Bestandteil der Verfassungsurkunde zu betrachten ist, aber zur Änderung der §§ 9 und 14 des Verfassungsgesetzes die qualifizierte Mehrheit notwendig, wie sie in § 33 der Verfassungsurkunde vorgeschrieben ist. Und wenn nun § 9 davon spricht, daß alle Staatsbürger ohne Unterschied des Geschlechtes, die das 21. Lebensjahr erreicht oder überschritten haben, das Wahlrecht haben, so geht es nicht an, durch ein Spezialgesetz, wie mäßig gewährleistete Recht zu nehmen. Denn man kann nicht sagen, wenn man einen ganzen Beruf, einen ganzen Stand vom Wahlrecht ausschaltet, daß das einzugliedern sei unter die Bestimmungen, unter die übrigen Bedingungen der Wahlordnung, die durch ein spezielles Gesetz geregelt werden sollen. Daß die Verfassung so etwas nicht im Auge hatte, daß es nicht angeht, Stände oder Berufe anders, schlechter zu behandeln, erhellt noch aus den Bestimmungen des § 106 der Verfassungsurkunde, wo es heißt, daß Vorrechte des Geschlechtes, der Geburt und des Berufes nicht anerkannt werden. Es gibt also keine Vorrechte, es geht nicht an, irgendeinen Beruf, irgendeine Klasse, irgendjemand in einer Stellung schlechter zu behandeln als den anderen. Sie ersehen aus der Zitierung dieser Bestimmungen, daß ich recht habe mit meiner Auffassung, die dahin geht, daß es sich bei dieser Vorlage um einen Bruch, um eine Mißachtung der Verfassungsurkunde, der verfassungsmäßig gewährleisteten Rechte handelt. Und es ist sicherlich eine Schmach für alle Parteien, die dabei mitgewirkt haben. Das krasseste ist aber, daß durch diese Gesetzesvorlage das Wahlrecht nicht nur genommen werden soll den aktiven Mannschaften, Unteroffizieren, Offizieren und Gagisten, den Gendarmen, sondern daß man sogar weiter geht. Wenn Sie sich die Gesetzesvorlage ein bißchen genauer ansehen - und man muß sie sich genauer ansehen, um darauf zu kommen - so sehen Sie, daß Reservisten wohl in das ständige Wählerverzeichnis aufzunehmen sind, daß sie auch das passive Wahlrecht, nicht aber das aktive Wahlrecht haben. Es heißt nämlich im § 1, Abs. 2 des Gesetzes, daß die Personen, die im § 1, Abs. 1 bezeichnet sind, nicht wahlberechtigt sind. Wer sind nun die in Abs. 1 des § 1 näher bezeichneten Personen? Nehmen wir uns das Wehrgesetz zur Hand und gehen wir die §§ 22, 23, 27 und 28 durch, so finden wir, daß es sich in erster Linie handelt um die Reservisten, in zweiter Linie um die Personen, die zur Mobilisierungsdienstleistung während der Mobilisierung einrücken müssen und in dritter Linie auch um Personen, die während des Friedens, wenn es besondere Verhältnisse erfordern, zur aktiven Dienstleistung einberufen werden. Es heißt nämlich im § 27 des Wehrgesetzes: "Wenn besondere Verhältnisse es erfordern, kann der Präsident der Èechoslovakischen Republik die Einberufung der drei jüngsten Jahrgänge der ersten Reserve zum ausnahmsweisen aktiven Dienst auf die Zeit des unerläßlichen Bedarfes nach Anhörung der Regierung anordnen." Es sind also nicht nur die Soldaten, welche zur Reservedienstleistung einberufen werden, während dieser Zeit ihres aktiven Wahlrechtes beraubt, nicht nur alle, die zur Mobilisierung einrücken müssen, während der ganzen Zeit der Mobilisierung, es kann auch der Regierung einmal einfallen, weil besondere Verhältnisse, politische Verhältnisse gegeben sind, die jüngsten Jahrgänge zur Dienstleistung einzuberufen, um herbeizuführen, daß sie während der Zeit der Dienstleistung des Wahlrechtes beraubt werden. Eine vollständige Verschiebung der politischen Machtverhältnisse durch einen solchen Willkürakt ist nicht ausgeschlossen. Aber wenn es sich selbst nicht darum handelt, daß diese Möglichkeiten in der Gesetzesvorlage gegeben sind, so ist es schon kraß genug, daß man nicht nur die aktive Mannschaft, sondern auch die Reservisten, die zur Mobilisierungsdienstleistung einrücken, glatt des Wahlrechtes beraubt. Nun wissen wir, daß es sich nicht bei der Vorlage nur um eine einzelne Tat handelt, sondern, daß diese Vorlage nichts anderes ist als der erste Schritt, der auf dem Gebiete der reaktionären Taten, des Raubes der politischen Rechte an der Bevölkerung unternommen wird.

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