Meine Damen und Herren! In jedem anderen Parlamente
wäre bei der Beratung über solch wichtige Vorlagen,
mit denen wir uns gegenwärtig zu beschäftigen haben,
eine ziemlich eingehende Debatte und sicherlich auch eine direkte
Auseinandersetzung zwischen der Opposition und den Vertretern
der Mehrheitsparteien, welche diese Vorlagen zu vertreten
und zu verteidigen haben, zu erwarten gewesen. Bei uns in der
Èechoslovakei, in diesem Parlamente, ist dem nicht so.
Die Beratung dieser Vorlagen vollzieht sich mit Gleichgültigkeit
und wir müssen feststellen, daß
bis nun ein einziger Redner von den Mehrheitsparteien sich gefunden
hat, der die Notwendigkeit gefühlt hat, diese Vorlagen zu
begründen. Es war dies einzig und allein Koll. Ježek
von der nationaldemokratischen Partei.
Außer ihm hat sich bis jetzt kein einziger Redner der Mehrheit
gefunden, der es für notwendig gehalten hätte, für
diese Vorlagen einzutreten oder der den Mut gefunden hätte,
sein Wort für diese Vorlagen einzulegen. Es mag natürlich
auch ein anderer Umstand bei den Mehrheitsparteien die Ursache
für eine solche Teilnahmslosigkeit und Gleichgültigkeit
vorhanden sein, ein Grund, der nicht von heute datiert, sondern
der sich in diesem Parlamente schon seit langer Zeit bemerkbar
macht, nämlich das System der "Pìtkas",
das System des Verhandelns außerhalb des Sitzungssaales
des Plenums. Als die deutschen Regierungsparteien noch in der
Opposition waren, konnten sie nicht genug scharfe Worte gegen
das "Pìtka"system finden, nicht genug scharfe
Worte dagegen, daß das Parlament
zu einem Komödienhause herabgewürdigt werde, um mit
den Ausdrücken zu reden, die die Herren von der jetzigen
Mehrheit selbst seinerzeit gebraucht haben. Sie haben dem "Pìtka"system
den schärfsten Kampf angesagt, und zwar noch vor kurzem in
ihren Reden und in ihren Blättern, und sie haben erklärt,
wenn sie in die Regierung und in die Regierungsmehrheit eingetreten
sind, so auch aus dem Grunde, um diesem System ein Ende zu bereiten.
Sie sitzen nun in der Regierung und in der Regierungskoalition
und das System hat sich nicht nur nicht gebessert, sondern vielmehr
noch verschlechtert. Eine Änderung ist nur insofern eingetreten,
als wir statt der "Pìtkas" die diversen "Osmièkas"
haben und während das Haus hier verhandelt, wird ernstlich
eigentlich nur in den "Osmièkas"
verhandelt, um über die verschiedenen strittigen Vorlagen
die Mehrheit zu erzielen, und das Interesse für jene Vorlagen,
über die sich die Parteien der Mehrheit zu einigen vermochten,
ist in demselben Momente verschwunden, in welchem
in der betreffenden "Osmièka" die Einigung
erzielt wurde. Daß Vertreter der Mehrheitsparteien sehr
häufig nicht einmal wissen, worüber man sich geeinigt
hat und was der Inhalt der Vereinbarung ist, das haben wir gestern
im landwirtschaftlichen Ausschuß aus
dem Munde des Vertreters einer der Mehrheitsparteien vernehmen
können, der zugeben mußte, daß auch ihm unbekannt
sei, über welche Abänderungen man sich in der landwirtschaftlichen
"Osmièka" geeinigt habe, der also selbst zugestehen
mußte, daß es der Vertreter
seiner Partei in der "Osmièka" nicht einmal für
notwendig findet, die eigenen Klubkollegen über das zu informieren,
was in der "Osmièka" vorgeht. Bei solchen Verhältnissen
darf es einen natürlich nicht wundernehmen, wenn eine solche
Gleichgültigkeit bei der Beratung der
Vorlagen und insbesondere solcher Vorlagen, wie es die gegenwärtigen
sind, bei den Mehrheitsparteien zu beobachten ist.
Ich glaube aber, daß auch eine bestimmte
Absicht darin liegt, daß die Herren der Mehrheitsparteien
sich bei der Beratung der Vorlagen nicht allzusehr anstrengen.
Denn es ist sehr unangenehm, diese Vorlagen begründen zu
müssen, und es könnte sehr leicht passieren, daß
der Vertreter einer Mehrheitspartei, wenn er zu diesen Vorlagen
spricht, den anderen Mehrheitsparteien große Schwierigkeiten
bereitet. Es hat, wie ich vorhin bereits festgestellt habe, bisher
nur ein einziger Vertreter der Mehrheitsparteien zur Begründung
dieser Vorlagen das Wort ergriffen. Wenn auch schon der Berichterstatter
des Ausschusses Koll. Špaèek ziemlich
das gleiche sagte, so wird es den deutschen Mehrheitsparteien
doch sehr unangenehm gewesen sein, wenn von Seite des Koll. Ježek
dann noch mit besonderem Nachdruck unterstrichen wurde, wozu
die Rüstungen in der Èechoslovakei notwendig sind
und gegen wen gerüstet wird, daß es nämlich vorwiegend
Deutschland ist, gegen das diese Rüstungen vorgenommen werden
sollen. Aber es ist sicherlich nicht nur den deutschen Regierungsparteilern
unangenehm, wenn derartiges von Seiten der èechischen Regierungsparteiler
gesagt wird; es wird den Herren Nationaldemokraten naturgemäß
auch nicht ganz gleichgültig und angenehm sein, wenn wieder
aus dem Munde der deutschen Regierungsparteiler versichert wird,
daß eine dieser Vorlagen, mit der wir uns zu beschäftigen
haben, ein nationaler Erfolg ist. Das sind wohl mit die Gründe,
die wahrscheinlich die Vertreter der Regierungsparteien dazu bewegen,
sich nicht allzusehr zur Begründung der Vorlagen anzustrengen.
Wir haben uns nun nicht nur mit Vorlagen zu
beschäftigen, die eine arge Belastung der Bevölkerung
und insbesondere derjenigen, die zur Dienstleistung herangezogen
werden, bedeuten, sondern wir haben unter diesen Vorlagen auch
eine, durch die denen, die den Militärdienst verrichten,
Rechte genommen werden sollen, und zwar die wichtigsten Rechte,
die den Bürgern des Staates durch das Staatsgrundgesetz eingeräumt
werden. Die Regierung hat diese Vorlage, mit der ich mich hauptsächlich
zu beschäftigen gedenke, weil die anderen Vorlagen schon
von meinem Koll. Heeger einer eingehenden Kritik unterzogen
worden sind, damit begründet, daß eine Entpolitisierung
der Armee notwendig sei, daß es im Interesse des Staates
gelegen sei, die Entpolitisierung durchzuführen, und daß
die Entpolitisierung nur vorgenommen werden könne, wenn man
den Soldaten das Wahlrecht nehme. Im Berichte des verfassungsrechtlichen
Ausschusses finden wir nun allerdings diese so scharfe Begründung,
daß vor allem die Entpolitisierung notwendig sei, nicht
mehr wiederholt. Der Herr Berichterstatter des verfassungsrechtlichen
Ausschusses hat nach anderen Begründungen gesucht und hat
da insbesondere hervorgehoben, daß die Voraussetzungen,
unter denen in der Revolutionsnationalversammlung den Soldaten
das Wahlrecht gegeben worden ist, derzeit nicht mehr bestehen
und daß es deswegen am Platze sei, das Soldatenwahlrecht
wieder zu beseitigen; zur Zeit nach dem Umsturz sei das Militär
nur aus Angehörigen der èechoslovakischen Nationalität
zusammengesetzt gewesen, seither habe sich das geändert und
es sei nicht mehr eine Armee, welche eigentlich
die Aufgabe hat, den Staat zu errichten, sondern eine Armee, welche
die Aufgabe haben soll, den Staat gegen den inneren und äußeren
Feind zu verteidigen; eine solche Armee dürfe nicht politisieren,
müsse entpolitisiert werden. Das wird an einer Stelle gesagt,
in einem anderen Satz des Berichtes des Herrn Berichterstatters
wird aber schon glatt zugegeben, daß wir Recht gehabt haben
mit unseren Behauptungen im Verfassungsausschuß, daß
es sich nicht so sehr darum handelt, die Armee durch den Raub
des Wahlrechtes zu entpolitisieren, sondern daß es sich
Ihnen viel mehr darum handelt, daß Sie mit der Politik,
welche durch die Armee, durch den Großteil der Soldaten
getrieben wurde, nicht einverstanden sind und daß die Herren
von den Regierungsparteien deswegen den Soldaten das Wahlrecht
nehmen wollen. Ich verweise hier auf den Satz im Bericht des Ausschusses,
wo dies ohne weiters zugegeben wird. Es wird hier gesagt: "Nýbrž
vojenská massa pøijala volební právo
ve velké vìtšinì jako možnost projevu
a protestu proti tìžkým povinnostem
vojenským, které nesla na sobì pro zájem
státu". Es haben also die Soldaten das Wahlrecht in
mißverständlicher Auffassung desselben dazu benützt,
um gegen die schweren Lasten zu protestieren, welche ihnen, nämlich
den Soldaten, im Interesse des Staates auferlegt
wurden. Was versteht man darunter, worum handelt es sich? Das
Militär hat nicht so gestimmt, wie es die Mehrheitsparteien
erwartet haben, sondern hat durch die Abgabe der Stimme für
bestimmte Parteigruppen gegen die Verhältnisse protestiert,
welche beim Militär eingerissen sind. Es ist selbstverständlich,
daß die Soldaten, die drangsaliert werden, die Soldaten,
die mißhandelt werden, die Soldaten, die schlecht behandelt
werden, die Wahl wie alle anderen Bürger des Staates dazu
benützen, um ihrem Mißmut gegen die herrschenden Parteien
Ausdruck zu verleihen, welche an den Verhältnissen schuldtragend
sind. Das haben die Soldaten getan, dazu hatten sie natürlich
auch das Recht und es wäre verwunderlich, wenn sie anläßlich
der Wahlen nicht diesem ihren Unmut in dieser Form Ausdruck verliehen
hätten. Sie haben wirklich alle Ursache dazu. Nehmen Sie
nur einige der Vorkommnisse aus der jüngsten Zeit. Es muß
bei uns gespart werden, um nach außen und nach innen den
Nachweis zu erbringen, daß die Èechoslovakei
konsolidiert sei, um den Voranschlag aktiv zu gestalten; und um
zu ersparen, wurde auch ein bißchen beim Militäraufwand
gedrosselt und gespart. Wie wir dann nachgeforscht haben, wo diese
Ersparungen gemacht wurden, haben wir feststellen
können, daß es vor allem die Teuerungszulagen sind,
die man den Soldaten gestrichen hat. Daß sich das auswirkt,
daß die Soldaten davon nicht begeistert, daß sie vielmehr
unzufrieden sind, ist begreiflich und selbstverständlich.
Jetzt beschäftigten wir uns wieder mit
einer Vorlage, wodurch die Dienstzeit auf 18 Monate verlängert
werden soll, d. h. wodurch die 18monatliche Dienstzeit für
die nächsten Jahre beibehalten werden soll. Es haben viele
damit gerechnet, nach 14 Monaten abrüsten und nach Hause
gehen zu können. Sie wissen jetzt, daß sie 4 Monate
länger zu dienen haben. Vergnügen ist es nicht, beim
Militär zu dienen. Jeder, der sich gefreut hat, nach Hause
zu gehen, wird deswegen, weil die Mehrheitsparteien einen solchen
Beschluß faßten, natürlich seinem Unmut gegen
diese Mehrheitsparteien Ausdruck geben. Es wird in den Kasernen
sicherlich auch das Verhalten jener Parteien kritisiert worden
sein, die für den Militäraufwand stimmten, jener Parteien,
die gegen die Soldaten, gegen die Bevölkerung gestimmt haben.
Die Soldaten haben ihrem Unmut bei den letzten Wahlen Ausdruck
gegeben, indem sie oppositionellen Parteien die Stimme gegeben
haben. Sowohl der Herr Berichterstatter als auch der Herr Minister
haben versichert, das sei nicht die Triebfeder dafür, daß
man das Soldatenwahlrecht beseitigt. Denn die Soldatenstimmen
seien gar nicht in Betracht gekommen. Es haben sich an den letzten
Wahlen von den rund 80.000 Soldaten, die wahlberechtigt gewesen
sind, etwas über 60.000 beteiligt, das seien schließlich
nur 2 bis 3 Mandate und das spiele schon in der Frage des Kräfteverhältnisses
und der Verteilung der Mandate nicht die entscheidende Rolle,
so daß das nicht die Triebfeder sein könne. Dasselbe
sagte auch hier der Herr Berichterstatter. Er erklärte, daß
durch die Beseitigung des Soldatenwahlrechtes nicht einseitig
die eine oder andere Partei oder die eine oder andere Nation in
Mitleidenschaft gezogen werde, denn das Soldatenwahlrecht werde
allgemein beseitigt und es werden alle verlieren; es könne
keine Rede davon sein, daß die Beseitigung des Soldatenwahlrechtes
in parteipolitischen Gründen gesucht werden könne. Wenn
wir uns aber das Ergebnis der letzten Wahlen in Erinnerung rufen,
so sehen wir, daß das Kräfteverhältnis für
die damaligen Regierungsparteien schon äußerst unangenehm
gewesen ist. Sie wissen ja, daß es bei dem Wahlrecht, das
wir haben, möglich ist, die Mehrheit in eine Minderheit und
die Minderheit in eine Mehrheit bei der Mandatsverteilung zu verwandeln,
aber es kam immerhin bei dem Gesamtresultat schon auf einige tausend
Stimmen an und es war nicht ganz gleichgiltig, ob die Soldaten
für die Majoritätsparteien oder der Großteil der
Soldaten für die Oppositionsparteien stimmte. Wir können
schon daraus und aus dem Satze, den der Herr Berichterstatter
ganz unvorsichtigerweise in seinem Bericht hereingenommen hat,
feststellen, daß wir den Nagel auf den Kopf treffen, wenn
wir sagen: Die Beseitigung des Soldatenwahlrechtes wird nicht
gewünscht, um die Armee zu entpolitisieren, sondern sie soll
herbeigeführt werden, um zu verhindern, daß die Soldaten
durch ihre Abstimmung zu Ungunsten der Mehrheit den Ausschlag
geben, weil man sie für die Mehrheit nicht gewinnen kann.
Die Agitation, die von der anderen Seite betrieben wird, die ist
den Herren, die diese Vorlage unterstützen und begründen,
nicht unangenehm. Es hat vor kurzem mein Vorredner Kol. Jaša
schon darauf verwiesen, daß den Herren der nationaldemokratischen
Partei nicht unangenehm ist die Agitation in der Armee durch die
Faszisten, daß ihnen nicht unangenehm gewesen ist die Agitation,
die durch die Herren der Generalität betrieben wurde, es
ist ihnen nur unangenehm, wenn die eine oder andere politische
Partei in die Kasernen eindringt. Der Herr Berichterstatter bat
erklärt, daß man sich die Zusicherung gegeben habe,
daß man sich jedweder Agitation in den Kasernen enthalten
werde, daß die politischen Parteien diese Verpflichtung
übernommen hätten. Ich habe, als der Herr Berichterstätter
diese Äußerung wiederholte, schon in einem Zwischenruf
hier im Hause festgestellt und will das noch einmal feststellen,
daß sich ein solches Übereinkommen nur auf eine bestimmte
Anzahl von Parteien beziehen könne. Es ist sicher, daß
nicht alle politischen Parteien dieses Staates die Verpflichtung
übernommen haben, sich jedweder Agitation in den Kasernen
zu enthalten. Wenn der Berichterstatter und schließlich
der Minister des Innern zur Begründung der Vorlage der Minister
des Innern allerdings nicht im Hause, sondern nur im Ausschusse
- erklärt haben, es gehe nicht an, den Soldaten das Wahlrecht
zu belassen, weil man im Widerspruch mit den Bestimmungen gerät,
die den Soldaten die politische Betätigung verbieten, die
ihnen sogar verbieten, Abzeichen zu tragen und an Versammlungen
teilzunehmen, so will ich nur feststellen, daß diese Verbote,
die erlassen wurden und durch die den Soldaten die Betätigung
im politischen Leben verwehrt werden soll, im Widerspruch stehen
mit dem Verfassungsgesetzen, da wir nirgends eine verfassungsrechtliche
Bestimmung haben, durch die ein solches Verbot gerechtfertigt
werden könnte. Es geht nicht an, das Wahlrecht zu beseitigen.
Es wäre vielmehr Pflicht einer guten Staatsverwaltung und
eines Parlamentes, das auf die Verfassungsrechte etwas hält,
gewesen, jene Bestimmungen zu beseitigen, die im Widerspruch mit
dem Wahlrechte und mit den Verfassungsgesetzen stehen. Daß
man hier den umgekehrten Weg wählt, beweist so recht, daß
wir uns in absteigender Linie, in einer reaktionären Strömung
befinden.
Nun möchte ich darauf verweisen, daß
als Begründung für die Beseitigung des Soldatenwahlrechtes
das höhere Staatsinteresse angeführt wird, sowohl von
Herrn Berichterstatter des Ausschusses, wie auch vom Herrn Minister
des Innern und schließlich von dem einzigen Redner der Mehrheitsparteien,
der hier aufgetreten ist. Ich frage mich nur, ob dieses höhere
Staatsinteresse auch bei den deutschen Mehrheitsparteien das Motiv
gewesen ist, für diese Vorlage einzutreten. Die Antwort darauf
ist, daß von den deutschen Parteien dieses Motiv nicht angeführt
wird. Die deutschen Parteien suchen ihre Haltung zur Frage des
Soldatenwahlrechtes damit zu motivieren, daß dessen Beseitigung
als nationaler Erfolg, als nationaler Fortschritt zu werten sei.
Es war insbesondere der gegenwärtige Justizminister Dr Mayr-Harting,
welcher in einigen seiner Versammlungen, die er in letzter Zeit
abgehalten hat, auch beim Kreisparteitage in Warnsdorf, diesen
nationalen Erfolg herauszustreichen versucht hat. Ich habe schon
darauf verwiesen, daß diese Äußerung Mayr-Hartings
den èechischen Regierungsparteilern nicht gerade
angenehm sein dürfte, die wiederum ihre Haltung gegenüber
den èechischen Parteien, die sich in Opposition befinden,
zu vertreten haben. Ich möchte da gleich einige Worte zu
den Ausführungen des Koll. Špatný
sagen. Der nationalsozialistische
Koll. Špatný hat in äußerst
temperamentvoller Rede auseinanderzusetzen versucht, welch schwere
nationale Schädigung für die Èechen die Beseitigung
des Soldatenwahlrechtes wäre. Wenn man nun die Rede des Koll.
Špatný gehört
hat, kann man leicht der Meinung sein, daß Justizminister
Mayr-Harting und seine engeren Parteigenossen mit ihrer
Darstellung wirklich recht haben, daß es sich bei der Beseitigung
des Soldatenwahlrechtes um einen Erfolg der deutschen Regierungsparteiler
handle. In Wirklichkeit ist die Sache denn doch etwas anders.
Wir geben ohne weiteres zu, daß ein arger
Mißbrauch mit den Soldatenwählern getrieben wurde,
die als Wahlbattaillone nach Znaim, Iglau, Olmütz und anderen
Orten der Republik kommandiert wurden, um dort eine Verschiebung
der nationalen Machtverhältnisse herbeizuführen. Wir
haben gegen diesen Mißbrauch der Soldaten als Wähler
schon damals sofort mit aller Leidenschaftlichkeit Stellung genommen
und haben damals, nicht erst als der Mißbrauch geschah,
sondern bevor er noch ermöglicht wurde, Anträge gestellt,
um diesen Mißbrauch zu verhindern. Es ist Ihnen nicht unbekannt,
daß in der Gemeindewahlreform von 1919 die Bestimmung enthalten
ist, daß die Soldaten dort zu wählen haben, wo sie
3 Monate vor der Einrückung seßhaft gewesen sind, also
in ihrem Heimatsorte. Erst durch die Änderung der Gemeindeordnung
im Jahre 1922 und durch die Änderung auch des Gesetzes über
die ständigen Wählerverzeichnisse wurde der Mißbrauch
mit den Soldaten ermöglicht. Wir haben bei der Verhandlung
des Gesetzes vom Jahre 1922, Nr. 253, sofort verlangt, daß
der Wortlaut des § 1 des Gesetzes wieder hergestellt werde,
daß die Soldaten dort ihr Wahlrecht haben, wo sie sich vor
ihrer Einrückung befanden. Wir haben naturgemäß
auch gegen den § 12 dieses Gesetzes Stellung genommen, wonach
die Gemeindewahlen auf Grund der ständigen Wählerverzeichnisse
vorzunehmen sind. Bei den Parlamentswahlen ist es ganz gleichgiltig,
wo der Soldat das Wahlrecht ausübt. Seine Stimme kommt seiner
Partei oder der Partei, der er die Stimme gegeben hat, zugute,
wo immer er vom Wahlrechte Gebrauch macht, und er kann keine Verschiebung
der Machtverhältnisse in einem bestimmten Gebiete herbeiführen.
Es kommt seine Stimme zur Geltung in den gesetzgebenden Körperschaften,
für deren Wahl sie bestimmt gewesen ist. Anders ist es bei
den Gemeindewahlen. Der Soldat aus der Slovakei hat kein Interesse
an der Zusammensetzung der Gemeindevertretung in Iglau oder Znaim,
um nur ein Beispiel zu nennen. Er hat aber naturgemäß
ein großes Interesse an der Zusammensetzung der Gemeindevertretung
seines Heimatsortes, in den er nach Leistung seiner Militärdienstpflicht
wieder zurückkehren wird. Deshalb haben wir uns gesagt, es
gehe nicht an, diesen Mißbrauch der Soldatenwähler
dadurch zu verhindern, daß man ihnen das Wahlrecht nimmt,
sondern es sei die einzige Möglichkeit und Notwendigkeit
gegeben, daß man herbeiführt, daß der Soldatenwähler
sein Wahlrecht dort ausübe, wo er an der Zusammensetzung
der Gemeindevertretung interessiert ist. Dann kann kein Mißbrauch
mit den Soldatenwählern geschehen; der Soldatenwähler
hat sein Wahlrecht und es entfällt die schädigende Wirkung.
Damit will ich gleich gegenüber dem Koll.
Špatný sagen, daß wir mit aller Entschiedenheit
den Kampf dagegen aufnehmen, daß mit den Soldatenwählern
ein solcher Mißbrauch getrieben werde, wie es vom Abg. Špatný
gewünscht worden ist, der bei seiner Begründung
immer nur auf die Hranièáøi, auf die èechischen
Minderheiten in den Grenzgebieten, hingewiesen hat.
Den Deutschen will ich sagen, daß der
nationale Erfolg, den sie da ausschreien, den sie gemacht haben
wollen, hätte erzielt werden können ohne einen solchen
gemeinen Raub, wie man ihn hier vornimmt, daß man vielmehr
die Wiederherstellung der Gemeindewahlordnung von 1919 hätte
beantragen und dafür eintreten sollen. Wir haben diese Wiederherstellung
des alten Zustandes bei jeder Gelegenheit, die sich uns bot, gefordert,
waren aber leider nicht in der Lage, die Mehrheit für diesen
unseren Antrag zu erhalten.
Und nun, meine Herren, möchte ich mich
auch mit der anderen Seite der Frage beschäftigen, mit der
Frage der Beseitigung des Soldatenwahlrechtes. Diese Beseitigung
bedeutet einen Bruch der Verfassung, bedeutet eine Änderung
des Verfassungsgesetzes. Es wurde das zwar bestritten; ich möchte
vor allem erklären, daß eigentlich nicht wir berufen
sein sollen, die Verfassung, die wir nicht geschaffen haben, an
der wir nicht mitgewirkt haben, an der wir nicht mitwirken konnten,
zu schützen und für deren Beachtung einzutreten. Das
wäre eigentlich Aufgabe der èechischen Regierungsparteien,
welche dem Staat in der Revolutionsnationalversammlung die Verfassung
gegeben haben. Aber es ist selbstverständlich, daß
wir, die wir in diesem Staate ohnehin ungeheuer zu leiden haben,
wenigstens die kargen Rechte, die den
Bürgern des Staates durch die Verfassung eingeräumt
werden, zu erhalten und zu schützen suchen müssen. Sehen
wir uns nun einmal die Verfassung genauer an. Der oberste Grundsatz
der èechoslovakischen Verfassung ist im § 1 niedergelegt,
welcher lautet: "Das Volk ist die einzige Quelle aller Staatsgewalt
in der Èechoslovakischen Republik." (Smích
nìm. soc.-demokratických poslancù.) Es
liest und hört sich das wunderbar an, wie wenig aber es den
Tatsachen entspricht, das sehen wir jeden Tag und bekommt jeder
Einzelne an sich zu fühlen. Der zweite Absatz des §
1 sagt aber dann u. a.: "Die Verfassungsurkunde bestimmt,
durch welche Organe sich das souveräne Volk Gesetze gibt,
sie durchführt und Recht findet." Die Verfassungsurkunde
steckt auch die Grenzen ab, die diese Organe nicht überschreiten
dürfen, damit die durch die Verfassung verbürgten bürgerlichen
Freiheiten nicht verletzt werden. In der Verfassungsurkunde sind
also bestimmte Grenzen gezogen, die nicht überschritten werden
dürfen, Grenzen zum Schutze der Verfassung selbst. Und diese
Grenzen für den Fall finden wir in den §§ 9, 14,
33 und 106 der Verfassungsurkunde. § 9, welcher von dem Wahlrecht
in die gesetzgebende Körperschaft handelt, lautet: "Das
Wahlrecht in das Abgeordnetenhaus haben alle Staatsbürger
der Èechoslovakischen Republik ohne Unterschied des Geschlechtes,
die das 21. Lebensjahr überschritten haben und den übrigen
Bedingungen der Wahlordnung entsprechen." Eine ähnliche
Bestimmung, nur mit der Abweichung, daß das Alter mit 26
Jahren festgesetzt ist, enthält §
14 der Verfassungsurkunde bezüglich der Wahl in den Senat.
Der § 33 der Verfassungsurkunde sagt: "Zur Abänderung
dieser Verfassungsurkunde und ihrer Bestandteile ist die 3/5
Mehrheit aller Mitglieder in jeder Kammer erforderlich."
Es ist also zweifelsohne, wenn schon nicht zur Änderung des
Wahlgesetzes selbst, weil das nicht als Bestandteil der Verfassungsurkunde
zu betrachten ist, aber zur Änderung der §§ 9 und
14 des Verfassungsgesetzes die qualifizierte Mehrheit notwendig,
wie sie in § 33 der Verfassungsurkunde vorgeschrieben ist.
Und wenn nun § 9 davon spricht, daß alle Staatsbürger
ohne Unterschied des Geschlechtes, die das 21. Lebensjahr erreicht
oder überschritten haben, das Wahlrecht haben, so geht es
nicht an, durch ein Spezialgesetz, wie mäßig gewährleistete
Recht zu nehmen. Denn man kann nicht sagen, wenn man einen ganzen
Beruf, einen ganzen Stand vom Wahlrecht ausschaltet, daß
das einzugliedern sei unter die Bestimmungen, unter die übrigen
Bedingungen der Wahlordnung, die durch ein spezielles Gesetz geregelt
werden sollen. Daß die Verfassung so etwas nicht im Auge
hatte, daß es nicht angeht, Stände oder Berufe anders,
schlechter zu behandeln, erhellt noch aus den Bestimmungen des
§ 106 der Verfassungsurkunde, wo es heißt, daß
Vorrechte des Geschlechtes, der Geburt und des Berufes nicht anerkannt
werden. Es gibt also keine Vorrechte, es geht nicht an, irgendeinen
Beruf, irgendeine Klasse, irgendjemand in einer Stellung schlechter
zu behandeln als den anderen. Sie ersehen aus der Zitierung dieser
Bestimmungen, daß ich recht habe mit meiner Auffassung,
die dahin geht, daß es sich bei dieser Vorlage um einen
Bruch, um eine Mißachtung der Verfassungsurkunde, der verfassungsmäßig
gewährleisteten Rechte handelt. Und es ist sicherlich eine
Schmach für alle Parteien, die dabei mitgewirkt haben. Das
krasseste ist aber, daß durch diese Gesetzesvorlage das
Wahlrecht nicht nur genommen werden soll den aktiven Mannschaften,
Unteroffizieren, Offizieren und Gagisten, den Gendarmen, sondern
daß man sogar weiter geht. Wenn Sie sich die Gesetzesvorlage
ein bißchen genauer ansehen - und man muß sie sich
genauer ansehen, um darauf zu kommen - so sehen Sie, daß
Reservisten wohl in das ständige Wählerverzeichnis aufzunehmen
sind, daß sie auch das passive Wahlrecht, nicht aber das
aktive Wahlrecht haben. Es heißt nämlich im §
1, Abs. 2 des Gesetzes, daß die Personen, die im §
1, Abs. 1 bezeichnet sind, nicht wahlberechtigt sind. Wer sind
nun die in Abs. 1 des § 1 näher bezeichneten Personen?
Nehmen wir uns das Wehrgesetz zur Hand und gehen wir die §§
22, 23, 27 und 28 durch, so finden wir, daß es sich in erster
Linie handelt um die Reservisten, in zweiter Linie um die Personen,
die zur Mobilisierungsdienstleistung während der Mobilisierung
einrücken müssen und in dritter Linie auch um Personen,
die während des Friedens, wenn es besondere Verhältnisse
erfordern, zur aktiven Dienstleistung einberufen werden. Es heißt
nämlich im § 27 des Wehrgesetzes: "Wenn besondere
Verhältnisse es erfordern, kann der Präsident
der Èechoslovakischen Republik die Einberufung der drei
jüngsten Jahrgänge der ersten Reserve zum ausnahmsweisen
aktiven Dienst auf die Zeit des unerläßlichen Bedarfes
nach Anhörung der Regierung anordnen." Es sind also
nicht nur die Soldaten, welche zur Reservedienstleistung
einberufen werden, während dieser Zeit ihres aktiven Wahlrechtes
beraubt, nicht nur alle, die zur Mobilisierung einrücken
müssen, während der ganzen Zeit der Mobilisierung, es
kann auch der Regierung einmal einfallen, weil besondere Verhältnisse,
politische Verhältnisse gegeben sind, die jüngsten Jahrgänge
zur Dienstleistung einzuberufen, um herbeizuführen, daß
sie während der Zeit der Dienstleistung des Wahlrechtes beraubt
werden. Eine vollständige Verschiebung der politischen Machtverhältnisse
durch einen solchen Willkürakt ist nicht ausgeschlossen.
Aber wenn es sich selbst nicht darum handelt, daß diese
Möglichkeiten in der Gesetzesvorlage gegeben sind, so ist
es schon kraß genug, daß man nicht nur die aktive
Mannschaft, sondern auch die Reservisten, die zur Mobilisierungsdienstleistung
einrücken, glatt des Wahlrechtes beraubt. Nun wissen wir,
daß es sich nicht bei der Vorlage nur um eine einzelne Tat
handelt, sondern, daß diese Vorlage nichts anderes ist als
der erste Schritt, der auf dem Gebiete der reaktionären Taten,
des Raubes der politischen Rechte an der Bevölkerung unternommen
wird.